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Liebe überwindet alles

von grantaire
Kurzbeschreibung
GeschichteDrama, Liebesgeschichte / P12 / Gen
OC (Own Character)
27.05.2020
12.01.2023
7
16.324
3
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5 Reviews
Dieses Kapitel
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27.05.2020 1.911
 
Alice's Sicht
☆☆☆☆☆☆☆
Weinend verließ ich den Speisesaal der ersten Klasse und den Bereich des Schiffes der für die Passagiere bestimmt war die in der ersten Klasse reisten. Ich lief weiter und weiter fort von meiner autoritären Mutter auf der Suche nach einem Ort wo mich erstmal niemand fand. Warum war meine Mutter nur so kaltherzig? Wie konnte sie mich nur ohne mein Wissen einem Mann versprechen den ich noch niemals gesehen hatte und der zwanzig Jahre älter als ich war? Laut meiner Mutter war Arthur King eine sehr gute Partie und steinreich. Doch war das Grund genug mich quasi zu verkaufen? Wütend lief ich weiter ohne zu bemerken wohin mich meine Füße trugen. Erst eine raue Stimme riss mich aus meinen Gedanken. "He, kleine was machst du hier?" Erst jetzt fiel mir auf wo ich mich befand. Ich war bis hinunter in einen der Kesselräume gelaufen wo mich einer der Kohle verschmierten Heizer angesprochen hatte. Eben dieser packte mich jetzt am Arm und zog mich aus dem Kesselraum einen Gang entlang in eine kleine Kajüte. "Dann mal los, kleine was treibt eine Blume aus der ersten Klasse nach hier unten?" Eigentlich wollte ich es ihm garnicht sagen was ich hier unten machte denn was gingen einen Mann den ich noch nicht einmal kannte meine Probleme an. Aber der Heizer, übrigens ein junger Mann der nur etwas älter als ich zu sein schien, schaute mich so freundlich und offen an und schien sich ehrlich dafür zu interessieren wie es mir ging. "Ich... ich brauchte etwas Abstand zu meiner Mutter" brachte ich mit zitternder Stimme heraus mich fragend warum ich mich schon nach wenigen Minuten einem fremden Mann anvertraute normalerweise war ich viel zurückhaltender doch irgendetwas an ihm kam mir vertraut vor ich konnte nur nicht genau sagen was es war. Während er sich am Waschbecken wusch schaute ich ihn mir aus den Augenwinkeln nochmal genauer an und musste zugeben dass er nichtmal schlecht aussah.  Ein leichter Rotschimmer ob dieser Gedanken kroch auf meine Wangen und ich riskierte noch einen Blick. Der Heizer war groß und schlank und sah ziemlich einschüchternd aus. Sein Gesicht, seine Hände und seine Kleidung waren mit Kohlenstaub bedeckt und er roch nach Feuer, Kohle und Schweiß. Doch trotz seines einschüchternden Aussehens wusste ich intuitiv dass er mir nichts antun würde.

Nachdem er sich gewaschen hatte wandte er sich wieder an mich. "Nun, Miss..." "Alice Seward" stellte ich mich vor und meinte für wenige Sekunden Traurigkeit in seinen Augen aufblitzen zu sehen. Erst das Knurren meines Magens holte mich zurück in die Wirklichkeit. Ich spürte wie sich meine Wangen röteten und senkte verlegen den Kopf. "Nun, Mademoiselle wollen sie etwas essen?" Fragte mich der Heizer zögernd und ich stimmte zu. Irgendetwas an ihm faszinierte mich. Nachdem er das wenige an essen was er noch besaß auf den Tisch gestellt hatte herrschte peinliche Stille zwischen uns. "Ich weiß,  dass es nichts besonderes ist" sagte er noch "doch essen sie ruhig. Ich teile es gerne mit ihnen und danach erzählen sie mir noch einmal warum sie geweint haben". Da ich ihm nicht alles von dem wenigen was er noch hatte weg essen wollte begnügte ich mich mit einer scheibe Brot. Während des Essens fiel mir auf dass er unverwandt meine schlichte silberne Halskette anschaute die mir einst jemand geschenkt hatte der mir sehr wichtig gewesen war. Da mir der Blick des Heizers langsam unangenehm wurde stand ich auf um zu gehen. "Warte, ich bringe dich zurück in die erste Klasse" bot er mir an und dankend nahm ich sein Angebot an da ich ohne Hilfe vermutlich nicht so schnell aus diesem Labyrinth von Gängen zurück in die erste Klasse finden würde. "Warum starren sie eigentlich dauernd meine Halskette an?" Fragte ich ihn als mir sein Blick langsam unbehaglich wurde. "Wissen sie noch von wem sie die Kette haben?" Lautete seine Gegenfrage. "Ich habe es von jemandem der mir sehr viel bedeutet hat und der vor ungefähr fünf Jahren verschwunden ist. Ich weiß weder ob er noch lebt noch wo er sich aufhält doch ich würde ihn gerne wiedersehen". Unerwartet blieb der Heizer plötzlich stehen und drehte sich zu mir um. Auf seinem Gesicht lag ein Lächeln und in seinen Augen konnte ich erkennen dass ihm gerade ein Stein vom Herzen gefallen war. Langsam wurde mir der junge Mann unheimlich. Warum kam er mir so bekannt vor? Warum hatte er mich nicht sofort weggeschickt als er mich im Kesselraum erwischte wo ich nichts verloren hatte? Warum interessierte er sich so für meine Kette und warum sah er jetzt so erleichtert aus? Ich hatte mich bereits vorsichtig einige Schritte von ihm entfernt und war bereit wegzulaufen sollte er nur die geringste Bewegung in meine Richtung machen.

"Alice, erkennst du mich etwa nicht mehr?" Fragte mich der junge Mann vorsichtig als rechne er damit von mir zurechtgewiesen zu werden weil er unter meinem Stand war. Da erst erkannte ich ihn und lang unterdrückte Gefühle sprudelten durch meinen Körper. Der junge Mann war Frederik Barrett. Er und seine Eltern hatten bei uns im Haushalt gearbeitet. Seine Mutter war die Zofe von meiner Mutter gewesen. Frederik und sein Vater hatten sich um die Pferde gekümmert und hin und wieder kleine Arbeiten in und ums Haus erledigt. Frederik und ich waren wie Geschwister aufgewachsen was meine Eltern keineswegs duldeten aber auch nicht verbaten weil sie der Meinung waren dass ich einen Spielgefährten brauchte. Als Frederik achtzehn war und ich sechzehn entdeckte ich völlig neue Gefühle für ihn in mir die er durchaus erwiderte. Acht Wochen lang schwebte ich auf Wolke sieben und traf mich so oft ich es einrichten konnte mit Frederik. Wir machten bereits Pläne für die Zukunft die wir uns zusammen aufbauen wollten. Eines Tages, nach einem besonders heftigen Streit mit meinen Eltern lief ich wie so oft zu Frederik's Lieblingsplatz im Wald doch er war nicht da. Auch in den folgenden Tagen tauchte er nicht auf und auch seine Eltern waren und blieben verschwunden. Ich suchte wochenlang nach Frederik und weinte mich jeden Abend in den Schlaf. Enttäuschung und Liebeskummer wurden zu meinen ständigen Begleitern.  Warum nur war er gegangen? Waren seine Gefühle für mich am Ende doch nicht so stark gewesen wie er immer gesagt hatte? Sein verschwinden war schon komisch gewesen ich hatte in der ersten Zeit noch versucht Nachforschungen wegen seines Verschwindens anzustellen doch weder meine Mutter noch mein Vater erwähnten jemals wieder seinen Namen und dem Hauspersonal hatten sie verboten mit mir über Frederik zu reden. Mir blieben nur noch meine Erinnerungen an ihn und die Halskette die er mir damals geschenkt hatte und welche ich hütete wie meinen Augapfel. Mit der Zeit wurde es besser und ich fing wieder an das Leben zu genießen obwohl mich alles um mich herum an Frederik erinnerte. Warum war er ohne ein Wort gegangen? Hatte er mich am Ende doch nicht so geliebt wie er mir immer und immer wieder geschworen hatte?

Freudig umarmte ich Frederik und genoss seine Nähe. Erst jetzt bemerkte ich wie sehr er mir all die Jahre gefehlt hatte. "Wieso bist du damals eigentlich so sang und klanglos verschwunden nur wenige Wochen nachdem du mir deine Liebe gestanden hast? Und wie hast du dich seitdem durchgeschlagen?" "Dein Vater hat meine Eltern und mich rausgeschmissen als er erfahren hat dass wir beide eine geheime Beziehung geführt haben und irgendwann heiraten wollten. Nachdem dein Vater uns vor die Tür gesetzt und mir verboten hat jemals wieder sein Landgut zu betreten oder Kontakt zu dir aufzunehmen. Um für meine Eltern zu sorgen habe ich jede Arbeit angenommen die ich finden konnte und bin schließlich vor einigen Wochen als Heizer für die Titanic angeheuert worden. Vorher habe ich bereits auf der Olympic und der Baltic als Heizer gearbeitet. Meine Eltern sind ein Jahr nachdem dein Vater uns rausgeworfen hat verstorben". Dies schokierte mich zutiefst. Frederik's Mutter hatte mich stehts behandelt wie ihr eigenes Kind und ich hatte sie geliebt wie ein Kind seine Mutter liebte. "Warum hast du mir denn nie geschrieben? Ich habe fünf Jahre nichts von dir gehört". Frederik senkte betreten den Kopf schaute mich dann aber erstaunt an "wie meinst du das ich hätte dir nie geschrieben? Ich habe dir dutzende Briefe geschrieben aber du hast nie geantwortet. Nach einer Weile habe ich dann mit dem Briefe schreiben aufgehört weil ich annahm du hättest kein Interesse mehr an mir". Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. DESHALB also hatte mein Vater in den vergangenen Jahren immer wieder Briefe im Kamin verbrannt. Am liebsten wäre ich sofort zu meinem Vater gelaufen und hätte ihn zur Rede gestellt wie er mir und Frederik das hatte antun können doch mein Vater war bereits seit anderthalb Jahren tot und meine Mutter wollte ich erstmal nicht mehr sehen.

Die Nacht verbrachte ich in Frederik's Kajüte während er im Kesselraum 6 schuftete. Erst in den frühen Morgenstunden kam er wieder in seine Kajüte und legte sich todmüde zu mir auf das schmale Bett. Eigentlich hatte er auf dem Boden schlafen und mir sein Bett überlassen wollen doch ich überredete ihn schließlich sich zu mir ins Bett zu legen. Als ich dass nächste mal die Augen öffnete war es bereits sechs Uhr morgens. So schnell ich konnte verließ ich Frederik's Kajüte der munter weiter schnarchte und eilte durch die langen Gänge des Schiffes zu meiner Suite. Ich schaffte es noch gerade rechtzeitig mir mein Nachthemd anzuziehen und mich ins Bett zu legen da betrat meine Mutter bereits den Raum. "Wo bist du gewesen?" keifte sie mich sofort an "und was ist mit deiner Frisur und deinem Kleid passiert? Weiß du wie lange es dauern wird das wieder hinzukriegen und dass ausgerechnet in dem teuren Kleid. Seitdem du mit diesem unmöglichen Arbeiterjungen angebändelt hast bist du unerträglich geworden. Dann noch dein Auftritt gestern Abend im Speisesaal das ziemt sich einfach nicht. Eine Dame weint nicht in der Öffentlichkeit und sie verlässt auch nicht den Speisesaal bevor dass Dinner aufgehoben wurde und...". Irgendwann mitten in der Tirade meiner Mutter schaltete ich auf Durchzug um ihre ewigen Beschwerden nicht mehr hören zu müssen. Als nächstes würde sie mir wieder einmal erzählen wie wichtig es war dass ich einen guten Ehemann bekam, wie sie sich meine Hochzeit vorstellte und was ich von meinem zukünftigen Gatten zu erwarten hatte und welches Betragen er erwartete. Mister King war anscheinend der reichste Mann in ganz New Jersey. Dass er mindestens zwanzig Jahre älter als ich war schien meine Mutter nicht zu stören. Beim Frühstück kam dann wieder die selbe alte Leier. "Setz dich gerade hin, schling nicht so und verhalte dich endlich mal so wie es eine Frau von unserem Stand tun sollte". Während meine Mutter sich weiter echauffierte wanderten meine Gedanken zu Frederik der bestimmt froh wäre mehr als einige scheiben Brot zum Frühstück zu bekommen. An keinem anderen Ort auf diesem Schiff sah man die Klassenunterschiede so deutlich wie hier im Speisesaal und in den Kajüten. Den Vormittag flanierten meine Mutter und ich mit Miss Widener, Lady Astor und einigen anderen Frauen deren Namen ich nicht kannte über das Promenadendeck. Erst am Nachmittag gelang es mir mich hinunter zu Frederik's Kajüte zu schleichen.
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