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Bankgeschäfte

von Yavia
Kurzbeschreibung
GeschichteAllgemein / P12 / Gen
Millibelle
17.05.2020
08.06.2020
5
9.197
3
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20.05.2020 1.959
 
Deepnest

Nein, nein, diese Tram war schrecklich. Es gab doch die Stags, was sollte das? Blöde Neuerungen! Nun war sie im Reich des Biestes und verzog den Mund mit Unbehagen. Es war finster hier, stickig und überall krabbelten sie herum und knisterten und knackten mit ihren Zangen und Körpern. Nein, Deepnest war nicht schön.
Sie fand eine Stelle weiter oben in den finsteren Tiefen und baute dort ihren Stand auf. Kleine Spinnen waren die einzigen Begegnungen. Doch dann kam jemand und es war ausgerechnet Herrah selbst, die Königin von Deepnest, das Biest.
Bei sich hatte sie drei kleine Spinnenbegleiter, die ewig hopsten und an dem Aufsteller hochsprangen, Millibelle fürchtete, er würde umfallen und die Herrscherin würde ihr falsches Spiel durchschauen. Die hohen Hörner unter dem Schleier würden nach ihr stechen, sie würde die Spinnen auf sie hetzen.
Der Aufsteller blieb stehen und Herrah bemerkte nichts. Sie eröffnete ein Konto und ließ 200 Geo dort, bevor sie wieder ging. Millibelle atmete erleichtert aus, aber wunderte sich, dass es nur so wenig Geld war. Die Herrscherin besaß doch bestimmt mehr als 300 Geo. Sie erhoffte sich nun allerdings eine größere Bekanntheit und sie wartete.
Einige der Arbeiter für die Schienenbahn kamen vorbei, doch sie wollten kein Konto. Freundlich lächelnd versuchte Millibelle sie zu überzeugen, doch erfolglos.
Herrah kam einige Zeit später nochmals, ihr Schleier war nun fast schwarz und mit sich brachte sie erneut diese kleinen rumspringenden Kugeln. Millibelle wich vor ihnen zurück, aus Angst, gebissen zu werden. Nur ein Wort von Herrah veranlasste die drei Begleiter auf dem Boden niederzukauern und erleichtert bot Millibelle ihren Service an.
1130 Geo zu den 200, für später, für ihr Kind, wenn es groß genug war, trug Herrah ihr auf. Millibelle wusste nichts von einem Kind. Sie lächelte und beteuerte, dass das Geo in ihrem Panzer sicher war.
Herrah sah sie an, die sechs Augen waren auf sie gerichtet. „Du trägst das Geld bei dir? In deinem Panzer?“
„Äh, Eure Hoheit, ich verwahre es gut …“
„Ich bin keine Hoheit. Der Pale King ist die Hoheit, die es wagt, noch eine Schienenbahn in mein Reich zu legen, Technik, so bizarr, so laut und unnötig! Pass mir gut auf mein Geld auf, Bänkerin, es ist für Hornet! Nichts davon soll verloren gehen, während ich …“ Herrah senkte den Blick und drehte sich dann herum, ging ein paar Schritte, nur um nochmals drohend zurück zu sehen. „Wenn du nicht darauf aufpasst, werden die Spinnen dich jagen! Ich komme wieder“, endete sie. Ihre kleinen Begleiter folgten ihr springend.
Millibelle schluckte. Das war keine gute Ausrede gewesen, sie musste sagen, das Geld würde in einem Safe liegen, genau, das war gut. Besser, als die Wahrheit. Sie neigte den Kopf und zog die Arme in ihren Panzer zurück, zählte nochmals ihr Geo. 200 aus Kingdoms Edge, 800 aus dem Hive und nun 1430 von hier, das war zwar ziemlich gut, aber Herrah würde wiederkommen, hatte sie gesagt. Es könnte noch mehr Geo kommen.

Nach einiger Zeit tauchten erneut Bahnarbeiter auf, aber flüchtend, verfolgt von den großen Wächtern die beim Vorbeirauschen den Aufsteller zum Wackeln brachten. Explosionen und Schreie kamen von der kaum fertig gebauten Station und Millibelle reckte den Kopf hinaus um zu sehen, was da los war. Aus Rufen vernahm sie die Neuigkeiten. Herrah schien beschlossen zu haben, dass es keine neue Bahnverbindung zu ihrem Nest geben soll. Es gab bereits eine, Millibelle hatte sie widerwillig benutzt um hier her zu kommen. Warum hatte Herrah die erste nicht schon verhindert? Sie wäre vom Hive aus woanders hin gegangen, nicht hierher in dieses finstere Loch.
Ein Kampf tobte nun an der Station und Millibelle schluckte. Kein sicheres Gebiet für Bankgeschäfte. Wenn der Pale King von Herrahs Ablehnung erfahren würde, würde er gewiss die Grenzen schließen, vielleicht würden die vier Mantis Lords sie bewachen und Millibelle würde hier nicht mehr raus kommen. Sie atmete tief ein und steckte den Arm durch das Fenster des Aufstellers. Ihn sicher unter den Arm geklemmt, sah sich sich nochmals kurz um. Zeit zu gehen. Mit raschen, tippelnden Schritten verschwand sie von dort, fort von dem Kampf, fort von den Unruhen und hinaus aus dem finsteren Nest voller kribbelnder, knackender Spinnen.

Ihr Versuch aus Deepnest heraus zu gelangen, erwies sich als schwerer als sie dachte, denn sie verlief sich immer wieder in den wirren Gängen. Mit ihrem Aufsteller unter dem Arm war sie auch nicht besonders prädestiniert, um herumzuklettern. Sie gelangte an die stillgelegten Arbeiten an der Schienenbahn und seufzte. Sie war im Kreis gelaufen. Sie betrachtete die toten Käfer. Der Kampf war nicht ohne gewesen, stellte sie besorgt fest. Ihr Blick auf die geschlossenen Tore der Schienenbahn gerichtete seufzte sie nochmals. Es war keine Bahn hier und kein Knopf um sie zu rufen. Musste sie etwa dieses Tor öffnen? Wie?
Sie lehnte ihren Aufsteller an eine Bank und zog ihren Trampass aus dem Panzer. Sich aufmerksam umsehend suchte sie einen Automaten. Aber es gab keinen, keinen Knopf, keine...
„Wer bist du und was willst du?“, rief eine Stimme und erschreckte sie sehr. Sie schnellte herum und stieß dabei den Aufsteller von der Erhöhung. Er fiel das Eisengestell herunter und landete flach auf dem grauem Boden mit einem staubigem „Puff“
Ein Käfer der Schienengesellschaft hatte sie angesprochen, angeschrien eher, und näherte sich ihr. „Du kannst hier nicht weg! Wir werden alle sterben!“ Seine Augen leuchteten orange und sie schrie furchtsam auf, als er anfing nach ihr zu schlagen. Sie ließ den Pass fallen und zog sich komplett in ihren Panzer zurück.
„Oh!“, rief der Käfer aus. „Ein Pass. Sie dürfen ihn nicht kriegen, diese Monster, das Biest! In die Bahn, schnell, ich muss hier weg!“ Millibelle hörte ein unkoordiniertes Kratzen auf dem Boden, dann schnelle Schritte und es wurde ruhig. Langsam schob sie den Kopf aus dem Panzer und sah sich um.
War der verrückt geworden? Wo war er hin?
Es gab keine Spur von ihm zu sehen, ihr Pass war fort und ihr Aufsteller unerreichbar auf dem Boden. Nun, vielleicht war sie ohne den hier eh besser dran.

Sie eilte davon. Schnell lief sie die Gänge entlang, begegnete Spinnen, die auf sie schossen. Wahrscheinlich, weil sie hier nicht hingehörte. Oder weil Herrah gemerkt hatte, dass sie und das Geld für Hornet fort waren.
Sehr viel beweglicher erklomm sie mehrere Etagen und erreichte einen Ausgang. Aus einer Öffnung links von ihr hörte sie jemanden singend reden, rechts ging es irgendwo hin. Sie betrat den Raum links.
Ein Moos Prophet stand auf einer Erhöhung und schrie laut wirre Glaubensbekenntnisse heraus. Kleine orange Bläschen waren an seinem Moosfell. In dem Raum waren drei Gläubige, die apathisch waren, ein leichtes oranges Leuchten in den Augen. Ihre Stimmen waren dünn und wiederholten lethargisch Bruchstücke dessen, was der Prophet schrie. Er schrie verdammt laut, Millibelle konnte kaum ihre eigenen Gedanken hören.
„Oooohhh erleuchtetes Wesen, wir sind gesegnet. Deine Stahlen berühren uns, deine Wärme füllt uns! Hollownest wird wiedergeboren, vereint in deinem strahlendem Glanz! Licht ist Leben, strahlend, rein, klar. Das Licht zu ersticken ist Natur unterdrücken! Natur unterdrücken entstellt uns, befällt uns mit der Plage! Umarme das Licht! Erreiche Zusammenhalt! Ohhhh. Ahhhh!“

Der Prophet betete die Radiance an, die schon so lange in Vergessenheit geraten war. Das war unheimlich und Millibelle ging hinaus und nach rechts. Der Sprung bis auf die andere Seite war zu weit, das konnte sie niemals schaffen. Als sie es versuchte, fiel sie wie vermutet und landete wieder in der Nähe, wo sie bereits startete.
Wo musste sie hin, wo ging es hinaus? Oje, oje, hätte sie doch nur einen Kompass. An einigen Stellen war sie gewiss schon fünf mal gewesen.
Einige der Spinnen griffen sie an, doch sie zog sich einfach in ihren Panzer zurück und die Angreifer verloren das Interesse an ihr. Oder schubsten sie mit ihren Geschossen beiseite, wo sie rollend einen Ausgang erreichen konnte.

Nach erfolgloser Suche und stetem im Kreis rennen gelangte Millibelle an eine heiße Quelle und fand sich eine lange Zeit darin wieder. Sie genoss die wohltuende Wärme. Zwar wusste sie, dass sie einen anderen Ausgang aus diesem finsteren und muffigem Ort finden musste, aber es war so schön in dem Wasser. Waren 2430 Geo nicht genug? Es war eine Menge, aber es konnte noch mehr sein.
Unwillig wollte sie die Quelle verlassen, als von oben jemand in das Wasser fiel.

Die Person entließ die Luft mit einem Laut beim Aufprall und es gab eine große Flutwelle. Millibelle blinzelte das Wasser aus den Augen und schob ihre Brille zurecht. Die Person war bei weitem nicht groß und wie sie diese gewaltige Flutwelle verursacht hatte, war ihr ein Rätsel. Ein weißer Kopf mit zwei ungleich langen Hörnern tauchte neben ihr auf, der Rest blieb unter Wasser. Das Gesicht war grummelig verzogen und sogleich begann der Mann zu schimpfen.
„Gnah, der Kampf ist noch nicht zuende, wie kannst du es wagen, ich bin Zote der Mächtige, erzittere vor meinem Namen!“
Millibelle blinzelte nochmals und sah hinauf. Zote war durch einen langen Gang heruntergefallen, den sie zuvor gar nicht bemerkt hatte. Wenn er aus einem Kampf geflohen war, dann könnte der Kontrahent gleich nach folgen. Sie bewegte sich langsam zur Seite.
„Du Wurm, ich werde dich lehren, meine Klinge, Life Ender, zu scheuen. Glaube ja nicht, dass du mich aus dem Kampf gestoßen hast, mickriger Feigling. Ich habe schon hunderte, ja, tausende von Feinden erschlagen. Dieser Sprung war Absicht, aber du verstehst davon nichts. Garpede, ha! Was für ein lächerlicher Name! Du glaubst du bist ein Krieger aber kannst nur kriechen mit den tausend Klingen. Ich brauche nur eine Klinge um dich zu erlegen. Sieh meine Klinge Life Ender! Sie trägt ihren Namen zurecht!“ Er zog ruppig einen Nagel aus dem Wasser und streckte ihn empor. Millibelle zuckte vor Schreck zusammen. Zote warf ihr einen bösen Blick zu, bemerkte sie. „Gna, Was machst du denn hier? Steh mir nicht im Weg. Ich bin Zote, der Mächtige und nun, hinfort mit dir!“
„Wo kommst du her?“, wagte sie den grummeligen Kerl zu fragen.
„Ich bin ein Ritter, ich komme und gehe wie es mir beliebt!“
„Hast du von der Infektion erfahren?“
„Pah“, schnaufte Zote. „Infektion. Der Pale King hat jemand anstatt seiner selbst die Infektion bannen lassen. Pah, Wertlos! Einen niemand, einen Hollow Knight. Was soll das schon großes sein? Hohl, wie lächerlich für einen Ritter. Ich, Zote der Mächtige, bin ein ganzer Ritter. Nah, ein Brunnen haben sie ihm gebaut oben in der Stadt. Keine große Leistung. Wenn ein hohler Ritter das kann, kann es nichts großes sein. Aber ich und mein Schwert Life Ender haben wichtigeres zu tun, als Krankheiten zu heilen!“
„Die Infektion ist gebannt? Sie haben ein Denkmal gebaut?“ Erschrocken stellte Millibelle fest, dass sie wohl schon sehr lange hier in den Gängen herumirrte.
„Gedenken an den Hollow Knight, in dem schwarzen Verlies hoch oben, durch sein Opfer wird Hallownest ewig bestehen, blah,blah, blah“, leierte Zote herunter, steckte sein Schwert ein und schnaufte erneut. „Ich habe keine Zeit anderer Leute Opfer zu besprechen. Wer stirbt war nicht stark genug. Ich muss mich jetzt ausruhen für meine nächsten Kampf. Verschwinde und lass mich in Ruhe!“
Millibelle sah ihn an, trat dann aus dem Wasser und blieb nochmals stehen. „Kannst du mir vielleicht sagen, wo es hier raus geht?“
„Natürlich kenne ich den Weg wegen meiner beachtlichen Erinnerung, doch ich habe kein Zeit, dich an die Hand zu nehmen. Ich reise allein! Und nun geh mir aus den Augen.“

Was für ein grummeliger Kerl, dachte Millibelle und ging diesmal einen neuen Weg, zumindest war sie hier noch nicht gewesen. Sie kletterte hinauf und stieß auf Ranken, mit spitzen Dornen daran. Mühsam war es, ohne gestochen zu werden an ihnen hinaufzuklettern. Doch sie erreichte ein bewachsenes Gebiet, umwickelte die von Dornenstichen malträtierten Hände mit zwei Tüchern und hüpfte ein paar Stufen hinauf.
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