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Die Bergdoktorin

Kurzbeschreibung
GeschichteFamilie, Liebesgeschichte / P16 / Gen
Dr. Martin Gruber Elisabeth Gruber Hans Gruber Lilli Gruber OC (Own Character) Susanne Dreiseitl
05.05.2020
01.05.2023
138
307.025
15
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18.02.2022 2.614
 
Am Morgen werde ich ganz liebevoll von Martin geweckt. "Schatz, aufwachen.", hörte ich ihn sagen und brummte widerwillig. "Mag noch nicht aufstehen.", murmelte ich. "Das musst du auch nicht, weil ich hab beschlossen das du heute nicht mit in die Praxis kommen musst. Allerdings müsstest du dich wenigstens hinsetzen, wäre sonst schade um das Frühstück."
Neugierig wie ich war, öffnete ich die Augen ein wenig. Martin saß neben mir auf dem Bett, auf dem Nachttisch stand ein Tablett mit allerhand Sachen für ein ausgiebiges Frühstück. "Ist das etwa für mich?", erkundigte ich mich. "Nein, das ist alles allein nur für mich. Ich hab dich nur geweckt, damit du mir beim Essen zuschauen kannst.", antwortete Martin frech. "Das würde ich dir wirklich übel nehmen.", meinte ich und setzte mich nun auf.
"Guten Morgen erstmal." Er gab mir einen langen Kuss. "Guten Morgen.", erwiderte ich. "Hast du denn gut geschlafen?", wollte Martin wissen. "Mehr als nur gut und du?" Aber wir wurden nun von seinem Handy unterbrochen. "Entschuldige.", sagte Martin ein wenig schuldbewusst. "Kein Problem." Damit mussten wir nun einmal leben. "Ich bin gleich wieder da."
Martin ging aus dem Zimmer um zu telefonieren, während ich mir schnell frische bequeme Klamotten aus dem Schrank holte und anschließend wieder ins Bett huschte. Ich betrachtete das Frühstück und lächelte. Schon ewig hatte man das nicht mehr für mich gemacht und das Martin sich nun so ins Zeug legte, war ein Zeichen für mich das es ihm wirklich leid tat und ich ihm tatsächlich wichtig war. Martin kam nach wenigen Minuten wieder.
"Ich muss los in die Klinik.", teilte er mir mit. "Warum das?" Das er so früh schon nach Hall musste fand ich etwas komisch. "Alexander." Das war seine Standardantwort, doch glaubte ich ihm gerade nicht. "Was hat er jetzt wieder für ein Anliegen?" Zuerst druckste Martin ein wenig herum und erzählte mir dann wieder etwas von einer OP. Aber da Alexander eigentlich erst in einer halben Stunde Dienstbeginn hatte, konnte an der Geschichte etwas nicht stimmen.
"Genieß das Frühstück und deinen freien Tag, wir sehen uns heute Abend." Er gab mir noch einen Kuss und verließ wenige Minuten später die Wohnung.
Ich beschloss mir erstmal keine Gedanken darüber zu machen. Vielleicht war Kahnweiler wirklich wegen eines dringenden Falls früher in die Klinik gefahren und brauchte tatsächlich Martins Hilfe. Ich ließ mir dann das Frühstück schmecken und kuschelte mich anschließend noch etwas ins Bett. Zwei Stunden später stand ich auf und brachte das Tablett in die Küche. Martin hatte bereits alle Spuren von gestern beseitigt und so musste ich nicht aufräumen. Die übliche Hausarbeit musste allerdings trotzdem erledigt werden und deshalb machte ich mich gleich an die Arbeit.
Ich saugte die gesamte Wohnung, schaltete eine Maschine Wäsche ein und legte diese gleich zusammen nachdem sie aus dem Trockner kam. Dann nahm ich das Telefon zur Hand und rief bei Lisbeth an, damit sie wusste das ich kam um Kira abzuholen. Ich zog mich um und setzte mich gleich ins Auto, um zum Gruberhof zu fahren.
Lisbeth saß mit meiner Tochter auf dem Arm auf der Bank vor dem Haus. "Na, ihr beiden.", sagte ich nachdem ich ausgestiegen war. "Na du.", erwiderte Lisbeth. "Setz dich zu uns." Und das machte ich auch. "War alles gut?" Lisbeth nickte. "Genau wie ich gestern schon gesagt habe, deine Tochter ist ein richtiger kleiner Engel.", antwortete Lisbeth. "Danke, dass sie nochmal eine Nacht bleiben durfte."
Ich nahm Kira an mich. "Hallo, mein Schatz.", sagte ich und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. "Jederzeit wieder. Hattet ihr gestern noch einen schönen Abend?", wollte Lisbeth wissen. "Ja, den hatten wir allerdings.", erwiderte ich schon fast verträumt. "Wir haben zusammen gegessen und anschließend gemeinsam gebadet. So romantisch hätte ich deinen Sohn eigentlich nie eingeschätzt." Lisbeth lachte. "Er kann schon, wenn er will. Man muss ihm nur einen kleinen Anstoß geben."
Nun hatte ich eine Vermutung. "Du hast ihn darauf gebracht, stimmt's?" Lisbeth nickte. "Du hast mich ertappt. Aber sag ihm bloß nicht, dass du Bescheid weißt. Wer nimmt schon gerne Beziehungstipps von seiner Mutter an." Wir mussten lachen, dann klingelte mein Handy. "Wenn man gerade von ihm spricht.", meinte ich, da es Martin war der mich gerade anrief.
Ich hob gleich ab. "Hallo, Schatz. So ein Zufall, wir haben gerade von dir geredet.", sagte ich. "Gem, gut das du ran gegangen bist.", antwortete Martin ohne richtig auf meine Worte einzugehen. "Wieso, ist etwas passiert?", fragte ich erschrocken, da er ziemlich aufgeregt klang. "Nein, keine Angst. Ich habe nur großartige Neuigkeiten, die ich dir gerne mitteilen würde. Wo bist du?", wollte er wissen. "Bei deiner Mutter. Aber ich kann auch nach Hause kommen, ich wollte sowieso nur Kira holen.", erklärte ich ihm. "Bleibt einfach wo ihr seid, ich komme hin."
Daraufhin legte er auf. "Ok, was is'n mit dem los?", stellte ich die Frage aufgekommene Frage laut. "Wieso?", fragte Lisbeth. "Weil der gerade total aufgeregt war und jetzt einfach aufgelegt hat. Er kommt jetzt auch hierher und will mir irgendwelche Neuigkeiten mitteilen." Auch Lisbeth war nun neugierig, weshalb Martin sich so verhielt. "Magst auch einen Kaffee?", fragte Lisbeth. "Wenn wir jetzt sowieso auf Martin warten, können wir die Zwischenzeit wirklich zum Kaffee trinken nutzen.", antwortete ich und Lisbeth stand auf.
Sie verschwand im Haus und ich schaute in die Ferne. Die Aussicht hier war einfach wunderschön. Lisbeth kam nach wenigen Minuten mit zwei Tassen Kaffee zurück und wir plauderten wie immer miteinander. "Die Aussicht ist unbeschreiblich.", sagte ich dann nach ein paar Augenblicken des Schweigens. "Oh ja, das denke ich mir auch oft.", erwiderte Lisbeth. "Es war damals wirklich eine gute Entscheidung her zu kommen. Wenn ich jetzt sehe, wie sich das Ganze nach fast einem Jahr entwickelt hat.", meinte ich. "Bist du jetzt wirklich schon fast ein Jahr hier? Unglaublich wie schnell die Zeit vergeht." Lisbeth schien nun etwas nachdenklich geworden zu sein.
"Lisbeth, ist alles gut?", fragte ich sicherheitshalber. "Natürlich. Ich frage mich nur gerade, wo all die Jahre hin sind. Es kommt mir vor als wäre es erst gestern gewesen das meine Jungs hier als kleine Buben Fußball gespielt haben und jetzt sind sie schon so erwachsen." Ich konnte sie sehr gut verstehen, dass sie darüber nachdenken musste.
Rund eine halbe Stunde verging, dann sahen wir Martin den Hügel hoch fahren. Er parkte und stieg aus, dann nahm er seine Sonnenbrille ab. "Servus, Mama.", sagte er. "Servus, Martin.", antwortete Lisbeth. "Und Hallo meine zwei Süßen." Inzwischen war er bei uns angelangt und gab mir einen Kuss, dann streichelte er Kira über den Kopf. "Ihr habt es euch hier ja wirklich gemütlich gemacht." Martin setzte sich neben mich. "Und du warst am Telefon ziemlich aufgeregt.", lenkte ich auf ein anderes Thema hin. "Und das aus gutem Grund."
Mir fiel nun auf, dass er ein Geheft in der Hand hielt. Doch ich konnte nicht erkennen um was es sich dabei handelte. "Jetzt erzähl schon!", bat ich ihn ungeduldig. "Ich glaube, ich lasse euch mal alleine. Es muss ja wichtig sein, wenn du so aus dem Häuschen bist und da will ich nicht stören. Soll ich die Kleine mit rein nehmen?" Ich überlegte kurz, dann nickte ich. Lisbeth nahm Kira zu sich und ging mit ihr ins Haus. "So, jetzt aber raus mit der Sprache." Martin grinste. "Da ist aber jemand ungeduldig.", stellte er fest. "Aber du musst mir versprechen, dass du nicht sauer sein wirst.", fügte er hinzu. "Sauer weshalb?" Er sprach in Rätseln. "Ich war in Hall, aber nicht wegen Alexander." Also hatte ich doch recht gehabt. "Weshalb dann?" Ich ließ mir nicht anmerken, dass ich das bereits geahnt hatte.
"Ich war bei Professor Böning." Was hatte Martin bei meinem Chef gewollt? "Bei meinem Chef? Was hattest du dort zu suchen?", verlangte ich zu wissen. Wie er schon befürchtet hatte war ich davon nicht wirklich begeistert. "Wir haben nur geredet.", begann er. "Ich nehme an über mich?" Er nickte. "Martin, das ist.." Ich wollte ihn schon in die Schranken weisen, als er mich gleich unterbrach. "Bevor du dich aufregst, lass es mich erklären. Ich habe mit ihm über die Sache gestern geredet und über seinen Vorschlag, dass du doch die Facharztrichtung wechseln solltest."
Ich seufzte genervt. "Das Thema hatten wir schon gestern. Ich müsste nochmal 6 Jahre Assistentin sein und müsste aus der Praxis aussteigen." Jedoch schüttelte Martin den Kopf. "Auf diesem Weg hier nicht.", antwortete er und übergab mir das Geheft.
"Was ist das?", fragte ich. "Eine Möglichkeit, wie du die sechs Jahre Weiterbildung umgehen könntest. Mit dieser ganz neuen Möglichkeit würdest du schon in drei Jahren Chirurgin sein." Was er da sagte konnte ich kaum glauben. "Wenn du mich gerade veralbern willst, dann.." Martin redete gleich dazwischen. "Gem, ich weiß das klingt verrückt. Aber es stimmt wirklich, es soll in Zukunft einen Weg geben wie Mediziner wie du die Fachrichtung wechseln können ohne die komplette Ausbildung zu absolvieren." Es klang so unwirklich, aber das würde er sich wohl kaum ausdenken. "Das klingt interessant. Nur sagtest du gerade, dass es das erst geben soll. Das bedeutet doch, dass es so eine Weiterbildungsmöglichkeit noch gar nicht gibt.", schlussfolgerte ich. "Doch, die gibt es. Bald jedenfalls. Sie sind im Moment dabei, Kandidaten für ihr Vorhaben zu suchen. Das soll quasi erstmal ein Probedurchlauf sein und wenn es funktioniert, wird man das weiterführen.", erklärte Martin. "Und woher weißt du das?" Er deutete auf das Geheft in meinen Händen. "Steht alles da drin. Ich war heute Morgen so früh wach und habe ein wenig recherchiert, dabei bin ich eben darauf gestoßen."
Das klang plausibel. "Und deshalb warst du bei Böning?" Er nickte. "Ich habe heute früh gleich in der Klinik angerufen, aber da war er noch nicht da. Er hat mich aber zurück gerufen und deshalb bin ich auch so schnell losgefahren. "Ich wollte erstmal wissen, was er davon hält und er würde dich definitiv unterstützen.", meinte Martin begeistert. "Wo ist der Haken?", wollte ich nun wissen. "Welcher Haken?", fragte Martin. "Eine Ausbildungszeit von sechs Jahren auf drei zu reduzieren geht nicht einfach so. Irgendeinen Haken muss die Sache doch haben."
Und damit hatte ich auch nicht unrecht. "Nun ja, es ist so das nur ausgewählte Ärzte in dieses Programm aufgenommen werden. Die Zulassungsbedingungen sind ziemlich streng. Es wird einen Aufnahmetest geben, bei dem nur 15 der Bewerber eine Chance auf einen Platz haben." Und die Bewerber mussten zahlreich sein, da es sich wirklich um eine einmalige Gelegenheit handelte eine erneute lange Ausbildung zu verkürzen.
"Das ist zwar eine interessante Sache, aber ich werde unter diesen Bedingungen nie einen Platz bekommen." Ich wollte es gleich von Anfang an realistisch sehen und mir nicht irgendwelche Hoffnungen machen wo keine waren. "Wieso nicht?", fragte Martin verblüfft. "Hast du dir mal überlegt, dass das eine einmalige Chance für eine verkürzte Facharztweiterbildung ist? Da werden einige versuchen einen Platz zu ergattern und es gibt nur 15 Plätze. Und davon werde ich keinen bekommen, also.."
Martin fiel mir einfach ins Wort. "Gem, jetzt denk nicht gleich wieder so negativ. Du bist eine sehr gute Ärztin, du kennst dich in deinem Fachgebiet bestens aus und deshalb wirst du auch einen Platz bekommen. Das einzige was du tun musst ist noch ein bisschen für den Test wiederholen, dann bist du in drei Jahren Chirurgin."
Ich konnte seine Zuversicht nicht teilen. "Wann ist dieser Test?", fragte ich. "In zwei Monaten an der Universität in Innsbruck, das ist zumindest die für dich nächstgelegene Uni an der man den Test anbietet. Er umfasst 480 Multiple Choice Fragen." Ich schluckte. "Das sind 160 mehr als im Physikum damals." Bei dem Gedanken wurde mir schlecht, da ich Prüfungen schon immer verabscheut hatte. Ich war deshalb auch froh, es eigentlich endlich hinter mir zu haben. "Es wird hart, ja. Aber dafür bleibt dir eine mündliche Prüfung erspart. Geprüft werden erstmal die gleichen Fächer wie im Physikum aufgeteilt auf zwei Tage. Physiologie und Physik 100 Fragen und Biochemie und Chemie ebenfalls 100 Fragen. Am zweiten Tag Anatomie und Biologie mit 120 Fragen und Psychologie und Soziologie mit 40 Fragen. Dafür hast du jeweils vier Stunden Zeit. Am dritten Tag wird das Wissen im jeweiligen Fachgebiet geprüft. In deinem Fall wären das 120 Fragen in Allgemeinmedizin. Da jedes Fachgebiet zugelassen ist, kommt ihr alle aus verschiedenen. Solltest du dann einen Platz bekommen wird es ein Gespräch geben und du darfst frei wählen in welche Fachrichtung du wechseln willst. Aber das steht alles nochmal genauer in den Unterlagen."
Das waren jetzt eindeutig zu viele Informationen auf einmal. "Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.", gab ich ehrlich zu. "Jetzt erstmal noch gar nichts. Ließ dir erstmal die Infos durch und denk drüber nach, es ist bestimmt keine leichte Entscheidung. Aber ich bin wirklich überzeugt davon, dass du das schaffen würdest.", antwortete Martin. "Ich aber nicht. Martin, da erstmal rein zu kommen ist schon schwer und sollte ich es schaffen was ich nicht glaube.. Wie soll das funktionieren? Ich werde lernen, Erfahrungen in Operationen und und mir Nächte um die Ohren schlagen müssen. Mir fiel es damals im Studium schon schwer den ganzen Stoff in den Kopf zu bekommen, geschweige denn in der Facharztweiterbildung zur Allgemeinmedizinerin. Chirurgie ist kein einfaches Fachgebiet und jetzt soll man das in der Hälfte der Zeit schaffen."
Ich hatte noch mehr Bedenken, die ich ihn mitteilte. "Außerdem bin ich mit für die Praxis verantwortlich und habe ein Kind, das mich braucht. Den Alltag mit Kira und meinem Job so zu vereinbaren das es einigermaßen passt ist jetzt schon ein Kampf. Wie soll das dann erst funktionieren, wenn ich das Fachgebiet wechsle? Ich werde überhaupt keine Zeit mehr für sie haben, ich werde aus der Praxis aussteigen müssen und was wird aus uns? Es geht einfach nicht!"
Plötzlich begann Martin zu lachen. "Ich wüsste nicht, was daran jetzt lustig sein sollte!", ging ich ihn sofort an. "Ach, Gem.", meinte Martin amüsiert. "Dass du gleich immer an alle Konsequenzen denkst, finde ich wirklich süß. Aber du solltest dir wirklich die Infos durchlesen. Du wirst sicherlich nicht die einzige Mutter sein oder eine Ärztin, die Teilhaberin einer Praxis ist. Das haben die alles bedacht, glaub mir. Und ich werde dich so gut ich kann unterstützen. Natürlich wirst du mehr Zeit in der Klinik verbringen müssen als jetzt, aber wir werden das bestimmt hinkriegen. Als erstes müsstest du ja erstmal den Test bestehen, was in meinen Augen aber kein Problem darstellt. So eine Möglichkeit ist einmalig und du solltest es wirklich versuchen."
Martin war wirklich begeistert von dieser Art von Weiterbildung, ich hingegen blieb weiterhin skeptisch.
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