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Die Bergdoktorin

Kurzbeschreibung
GeschichteFamilie, Liebesgeschichte / P16 / Gen
Dr. Martin Gruber Elisabeth Gruber Hans Gruber Lilli Gruber OC (Own Character) Susanne Dreiseitl
05.05.2020
19.03.2023
135
302.248
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20.12.2021 2.342
 
Ein paar Tage später ging es mir wieder soweit gut, sodass ich arbeiten konnte.
Seit zwei Stunden  waren Martin und ich bereits in der Praxis. Heute würde er die Patienten dort versorgen und ich würde die Hausbesuche erledigen. "Und du traust dir das wirklich schon zu?", fragte Martin skeptisch. "Wie oft noch? Ich fühle mich dazu bereit, deshalb würde ich es gerne probieren. So kannst du mal wieder ordentlich praktizieren und ich komme mal ein bisschen rum, ich muss die Gegend kennenlernen."
Er verdrehte die Augen. "Jetzt vertrau mir doch mal.", meinte ich etwas sauer. "Ich vertraue dir, Schatz. Aber du bist noch nicht ganz fit und da hätte ich dich lieber hier unter Aufsicht von Roman, anstatt das du allein in der Prärie herum fährst und dich hundertprozentig noch verirrst."
Roman musste ihm erzählt haben, dass ich mich anfangs verfahren hatte und er erinnerte sich daran obwohl es schon Monate zurück lag. "Ich hab im Notfall ein Navi.", beruhigte ich ihn. "In Ordnung, wenn du das unbedingt möchtest werde ich dich nicht daran hindern. Aber du rufst sofort an, wenn etwas sein sollte."
Das musste ich ihn versprechen, erst dann ging er zu seinem Patienten in den Behandlungsraum. "Kira bleibt hier?", wollte Roman wissen. "Ist besser so, ja." Ich schaute mir dann die Akten der Patienten an, die ich später besuchen würde und nahm kurzerhand Fräulein Schneiders Schreibtisch in Beschlag. Aber das störte sie nicht, da sie mit einem jungen Mann im Wartebereich flirtete. Der hatte vorhin den Patienten her gebracht, den Martin gerade versorgte.
Ich schüttelte bei dem Anblick nur den Kopf und ich nächsten Moment musste ich ans Telefon gehen. Die Frau die anrief berichtete mir, dass ihr Mann gestürzt sei und nun über Schmerzen im Bein klagte. Ein Notfall also, zu dem ich fahren würde. Aber nicht ohne Martin Bescheid gegeben zu haben und deshalb klopfte ich gleich an der Tür zum Nebenzimmer.
"Martin, es hat gerade jemand angerufen und da fahre ich jetzt hin. Wir sehen uns später." Ich gab ihm einen Kuss. "Wo geht's hin?", fragte er noch. "Zu irgendeinem Hof, Distelmeier oder so ähnlich." Da ich einfach hinaus ging, bemerkte ich seinen erschrockenen Blick nicht mehr.
Umso mehr überrumpelte es mich, als ich bereits im Auto saß und er einfach einstieg. Er hatte sich schnell eine Jacke über gezogen und seine Tasche stellte er im Fußraum vor sich ab. "Was ist denn los?", fragte ich ihn. "Nichts, fahr ruhig los.", wollte er ablenken. "Gleich, aber erst möchte ich wissen warum du mir jetzt hinterher bist. Ich kann das alleine, wirklich."
Nur das sah er offenbar anders. "Nein, kannst du nicht. Zumindest nicht bei dem, du bist noch nicht soweit." Das verärgerte mich nun. "Ich bin noch nicht soweit? Das denkst du.. Das ich noch nicht soweit bin?", wollte ich wissen. "Genau das denke ich, Gem. Du bist eine gute Ärztin, aber für Soloausflüge dieser Art bist du noch zu unerfahren.", wollte er mir weiß machen. "Ich werde doch wohl selbst wissen, was ich mir zutrauen kann und was nicht! Ich war oft genug bei dir dabei, ich habe gelernt wie es läuft. Ich.." Martin fiel mir einfach ins Wort. "Schluss jetzt! Du fährst nicht alleine zu diesem Hof, ich komme mit und fertig!" Er vergriff sich nun ordentlich im Ton. "Aber..", versuchte ich erneut dagegen zu gehen. "Gemma, akzeptier es jetzt  einfach und fahr los!" Seinen plötzlichen Sinneswandel konnte ich mir nicht erklären und er hatte es geschafft, mich wütend zu machen.
"Weißt du was? Wenn ich angeblich nicht dafür geeignet bin, dann brauche ich auch nicht mitkommen!" Vielleicht würde ihn das wieder zur Vernunft bringen. "Das wäre sogar am besten, wenn du nicht mitkommen würdest." Das hatte er wohl erreichen wollen. "Dann mach's doch alleine, du elendiger Sturkopf! Ich hab keine Ahnung was dir jetzt über die Leber gelaufen ist, aber.. Ach, vergiss es!" Daraufhin stieg ich wütend wie ich war aus und hatte den Schlüssel extra abgezogen, damit er gezwungen war mit seinem Wagen zu fahren. Er machte sich nicht einmal die Mühe mir hinterher zu gehen, denn ich hörte wie er hinüber zu seinem Auto stapfte und los fuhr. Er fühlte sich also tatsächlich noch im Recht, ich konnte es nicht fassen.
Ich ging wieder hinein und ließ die Tür hinter mir zu knallen. "Der spinnt doch!", rief ich aufgebracht und es war mir vorerst egal das Fräulein Schneider und ihre neue Bekanntschaft das zwangsläufig mitbekamen. "Was ist denn los, Frau Doktor?", fragte Fräulein Schneider. "Nichts ist los!", blaffte ich sie sauer an. "Aber sie sollten endlich wieder an die Arbeit gehen, sie werden hier nicht fürs Flirten bezahlt!" Ich nutzte meine Laune aus um ihr das zu sagen. "Ja, Frau Doktor.", erwiderte die Sprechstundenhilfe kleinlaut und setze sich gleich wieder hinter ihren Schreibtisch.
"Was gibt's hier draußen zu diskutieren?" Roman musste mich wohl gehört haben und schaute nun aus dem Behandlungszimmer heraus. "Wie oft noch? Es ist nichts! Braucht ihr noch lange da drin, ich müsste mal an den PC." Das konnte ich natürlich auch hier draußen, aber ich wollte einfach mal kurz für mich allein sein. "Wir sind fertig, der Patient zieht sich nur noch an."
Und nach ein paar Minuten konnte ich mich in den Raum zurück ziehen. Das aber auch nicht lange, da es plötzlich klopfte. "Ja bitte?", fragte ich genervt und hatte schon geahnt, dass es Roman sein musste. "Können wir kurz reden?" Aber er ging wohl davon aus, da er schon die Tür geschlossen hatte. "Gleich kommt der nächste Patient.", meinte ich ausweichend und tat so als wäre ich schwer beschäftigt. Dabei hatte ich die ganze Zeit über nichts anderes getan als nachgedacht. "In einer halben Stunde erst, Gemma. Das reicht mir voll und ganz."
Also stimmte ich dann doch zu, los bekam ich ihn sowieso nicht mehr. "Ich dachte, du und Martin wollten zu dem Notfall fahren. Warum bist du jetzt doch hier?" Dadurch das wir im Auto gesessen hatten, hatte er von unserem Streit wohl nichts mitbekommen. "Weil Martin der Meinung ist, dass ich noch nicht soweit bin und keine Soloausflüge machen sollte. Ich bin zu unerfahren, dabei war ich jetzt schon so oft dabei! Aber anscheinend kann er nicht damit leben, dass ich immer selbstständiger werde und ihn nicht mehr überall dabei haben muss! Von mir aus soll er sein Zeug alleine machen, steig ich halt aus wenn das halbe Jahr bald um ist!"
Roman hörte mir aufmerksam zu. "Nix da, du steigst nicht aus. Er wollte wahrscheinlich nur nicht, dass du allein ausgerechnet zu den Distelmeiers fährst.", versuchte er Martin zu verteidigen, was mir natürlich ganz und gar nicht passte. "Aber warum nicht? Er hat es mir nicht einmal erklärt, sondern mir gleich solche Sachen an den Kopf geworfen! Und das du ihn verteidigst, ist mal wieder so typisch!", ging ich nun auch Roman an.
"Gemma, bitte. Ich verteidige Martin nicht wirklich, ich möchte dir nur erklären was vielleicht die Ursache für sein plötzliches Umdenken war. Er weiß, dass du eine gute Ärztin bist und hätte dich wirklich alleine fahren lassen. Aber was den Distelmeier angeht, nun ja.. das ist kompliziert." Roman druckste herum, was ich unterbinden wollte. "Egal wie kompliziert es ist, erkläre es mir trotzdem.", bat ich ihn. "Okay, obwohl ich der Meinung bin das du das besser mit Martin.." Ich warf ihm einen Blick zu, der Bände sprach. "In Ordnung, in Ordnung, ich fange ja schon an."
Und endlich begann er zu berichten. Es herrschte seit Jahren eine Art Konkurrenzkampf zwischen den Höfen der Grubers und der Distelmeiers. Die Hintergründe wusste Roman auch nicht mehr so genau, aber soweit konnte ich ihm wenigstens folgen. "Und das jüngste Ereignis von dem ich weiß ist, dass der Arthur Distelmeier beinahe dafür gesorgt hat das der Hans im Gefängnis landet. Aber Gemma, du solltest wirklich lieber mit Martin sprechen. Er kann dir das ausführlicher erklären und glaub mir wenn ich dir sage, dass ihm das was er vorhin von sich gegeben hat unglaublich leid tut."
Ich dachte einen Augenblick über Romans Worte nach. "Ich brauch ne Ablenkung.", sagte ich dann nur und stand auf. "Gemma..", wollte Roman mich noch aufhalten. "Sei mir nicht böse, Roman. Aber ich fahr jetzt in die Klinik und lasse mich irgendeiner OP zuteilen. Wenn Martin wieder kommt sag ihm das bitte und auch, dass er seine Hausbesuche alleine machen kann. Kira nehme ich mit, wir sehen uns." Und  ohne mich noch weiter aufhalten zu lassen, verließ ich den Behandlungsraum und zog mir meine Jacke an. Mit Kira im Schlepptau lief ich hinaus zu meinem Wagen und fuhr nach Hall. So musste ich Martin für den Rest des Tages nicht mehr sehen. Es war nicht gerade die beste Lösung, aber vorerst ging ich so neuem Streit aus dem Weg bis wir heute Abend in Ruhe reden konnten.  Zumindest dachte ich das, aber es sollte anders kommen.
Kira gab ich in der Kinderbetreuung ab und anschließend ging ich mich umziehen. Um diese Uhrzeit war ich allein in der Umkleide und das war mir gerade Recht. Ich mochte meine Kollegen, zumindest die meisten, aber manchmal konnte ich ihren Gesprächen kaum folgen. Und da ich sowieso mit den Gedanken ganz woanders war, konnte ich es kaum abwarten im OP-Saal zu stehen und mich ablenken zu können.
Ich machte mich auf die Suche nach Alexander und fand ihn in der Notaufnahme, aber er war nicht allein. Martin stand bei ihm und sie unterhielten sich, weshalb ich mich gleich wieder umdrehte und gehen wollte. Jedoch war es zu spät, Kahnweiler hatte mich bereits entdeckt. "Gemma, was suchst du hier?", rief er und so musste ich wohl zu ihnen gehen. "Ich möchte gerne einer OP zugeteilt werden.", offenbarte ich ihm und würdigte Martin keines Blickes. Der verkniff sich bis jetzt ein Kommentar, obwohl er sich sicherlich auch wunderte mich plötzlich hier zu sehen.
"Aber.. du hast doch heute Praxistag." Alexander schaute hilfesuchend zu Martin. "Sie hat doch heute Praxistag.", wiederholte er an ihn gewandt. "Eigentlich schon, aber dort ist man der Meinung ich wäre noch nicht soweit.", antwortete ich und provozierte damit meinen Lebensgefährten absichtlich. "Was meint sie damit?", fragte Alexander Martin erneut etwas. "Sie hat was falsch aufgefasst und macht mal wieder ein Drama draus. Teil sie einfach irgendwo ein, wenn sie schon mal da ist.", erwiderte Martin ungerührt.
"Du fühlst dich tatsächlich noch im Recht!", entfuhr es mir sauer. "Gem, wir klären das nicht jetzt hier in der Klinik.", antwortete er bestimmt. "Dafür wäre ich auch.", mischte sich Alexander kleinlaut ein. "Und eigentlich hab ich keine OP bei der du helfen könntest, da sind überall genügend Kollegen beschäftigt. Wenn du aber unbedingt etwas machen möchtest, kannst du bei dem Patienten in Raum 3 einen Gips anlegen."
Das war besser als nichts, jedoch schien Martin auch dagegen etwas zu haben. "Das wird sie ganz sicher nicht tun!", ging er seinen Freund an. "Doch, das wird sie und da hast du doch gar nicht einzumischen!", entgegnete ich wütend. "Eben. Ich verstehe auch nicht, warum sie das nicht machen sollte.", wandte Alexander ein. "Hast du zufällig vergessen, wen wir gerade in Raum 3 gebracht haben?", wollte Martin von ihm wissen und Kahnweiler ging offenbar ein Licht auf.
"Oh, sagte ich Raum 3? Ich.. ich meinte du könntest.. nachschauen ob Dr. Richter Hilfe im OP braucht.", änderte er nun seine Aussage. "Du hast ganz sicher gesagt, dass in Raum 3 ein Patient auf mich wartet. Sind das die Röntgenaufnahmen?" Ich deutete auf einen Umschlag, den Alexander in den Händen hielt. "Ja.", bestätigte dieser unbeholfen und ich nahm ihm den einfach ab. "Danke, Herr Kollege.", sagte ich und ließ die Beiden einfach zurück.
"Gemma, du wirst da nicht rein gehen!" Ich war fast bei dem besagten Behandlungsraum angelangt, als Martin mich plötzlich fest hielt und ich mich los riss. "Nochmal zum mitschreiben, das hast du nicht zu bestimmen! Ich denke mal so wie du dich aufregst, liegt dort drin dieser Herr Distelmeier. Aber Roman hat mir schon einiges erzählt und mich betreffen diese Unstimmigkeiten zwischen euch nicht! Er ist ein Patient und ich bin Ärztin, ich werde ihn also behandeln und es ist mir egal was du darüber denkst!" Wir blickten uns einen Moment lang in die Augen, in seinen erkannte ich die Wut die er empfand und in meinen musste er dasselbe sehen.
"Dieser Mann hat meiner Familie schon genug angetan! Ich will einfach nicht, dass.." Ich wollte nichts mehr von seinen Ausreden hören. "Sei still!", befahl ich ihm. "Sei einfach ruhig und spar dir deine Ausreden!" Martin schluckte. "Du hättest es mir vorhin schon erklären können, aber stattdessen machst du mich so runter und stellst mich als unfähig dar! Aber ich bin Ärztin, zwar keine Chirurgin, trotzdem weiß ich immer was ich tue! Du hast mich vorhin knallhart auflaufen lassen und das gleiche mache ich jetzt mit dir, damit du mal selbst spürst wie sich so etwas anfühlt!"
Erneut ließ ich ihn einfach stehen und betrat den Behandlungsraum, verschloss aber sofort die Tür. Er sollte jetzt machen was er wollte, mir aber erstmal gestohlen bleiben. Außerdem war ich neugierig, wie dieser Arthur  aussah und ob er wirklich so böse war wie Roman es mir geschildert hatte.
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