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Die Bergdoktorin

Kurzbeschreibung
GeschichteFamilie, Liebesgeschichte / P16 / Gen
Dr. Martin Gruber Elisabeth Gruber Hans Gruber Lilli Gruber OC (Own Character) Susanne Dreiseitl
05.05.2020
19.03.2023
135
302.248
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24.02.2022 1.909
 
Lisbeth und Sarah saßen derweil immer noch draußen im Flur und starrten gebannt auf die Tür vor ihnen. Beschützend hielt Sarah die kleine Kira im Arm, die inzwischen keine Kraft  mehr hatte um noch weiter zu schreien.
"Was da drin nur vor sich geht?", fragte Lisbeth, hörte sich aber an als hätte sie ihre Gedanken nur laut ausgesprochen. 'Ich kann es mir denken.', dachte Sarah und schluckte hart. Außerdem hatte sie es ja mal kurz gesehen und da bis jetzt keiner raus gekommen war hatte sich wohl nichts geändert. Böning war zudem noch gekommen, seitdem war nichts mehr passiert. Sie saßen da, konnten da nicht rein und keiner kam heraus um zu berichten. Die Frauen konnten nichts in Erfahrung bringen, sie mussten abwarten und das fiel beiden unheimlich schwer.
"Sie darf einfach nicht sterben!", flüsterte Lisbeth. "Das würde ihn zerstören, er hat erst seinen Sohn verloren und Gemma.. Das darf einfach nicht passieren!" Lisbeth legte den Kopf in die Hände und Sarah schaffte es Kira mit einem Arm zu halten, sodass sie sich auch noch um die Frau neben ihr kümmern konnte. "Ich muss mal kurz raus an die Luft."
Lisbeth stand auf und war gleich darauf verschwunden. Nun saß Sarah alleine da, nur Kira war noch bei ihr, die vermutlich gleich einschlafen würde so erschöpft war das kleine Ding vom vielen Schreien und Weinen. Sarah konzentrierte sich darauf nicht zu weinen und starrte weiterhin auf die Tür vor ihr. Dann plötzlich vernahm sie Stimmen die näher kamen und sie bildete sich ein eine von ihnen zu kennen. Und tatsächlich bog gleich darauf Paul um die Ecke, er war in Begleitung eines Kollegen.
"Was machst du denn hier?", fragte Sarah sofort. "Ich habe gehört was passiert ist und dachte ich übernehme die Befragung von Gemma doch selbst. Sie soll inzwischen wach sein, hat man uns gesagt." Sarah kamen sofort wieder die Tränen und Paul merkte gleich das etwas nicht stimmte. "Geh du nochmal raus zum Wagen, ich sag Bescheid wenn wir rein können."
Das sagte der Polizist nur, um seinen Kollegen los zu sein. "Ihr könnt da nicht rein.", flüsterte Sarah, nachdem der Kollege von Paul gegangen war und er sich neben sie gesetzt hatte. "Was ist denn passiert?", fragte Paul ruhig. "Sie stirbt wahrscheinlich.", sagte Sarah leise. "Sie stirbt wahrscheinlich und ich kann nichts tun, das können wir alle nicht!", schluchzte die Ärztin. "Gemma?", fragte Paul um sicherzugehen und Sarah nickte.
"Aber man sagte uns, dass sie aufgewacht sei. Deshalb bin ich ja auch hier, ich dachte es ist besser wenn ich das mache. Allein schon wegen dir.", antwortete Paul. "Gem war auch wach.. kurzzeitig und in der Zeit hat sie.. Ein Testament aufsetzen lassen. Damit für die Kleine gesorgt ist, wenn sie.. Sie hatte eine Vorahnung, weil anders kann ich mir das einfach nicht erklären.. ich.."
Sarah fand kaum mehr Worte, weshalb Paul sie und Kira einfach in den Arm nahm. "Ist ja gut.", redete er beruhigend auf seine weinende Freundin ein. "Sie hat einen Herzstillstand und keiner.. Keiner hat bis jetzt gesagt wie es ihr geht! Die sind alle noch da drin und ich konnte ihr das mit uns nicht einmal sagen, es war einfach.. einfach nicht der richtige Zeitpunkt! Ich wollte den ganzen Tag nichts anderes und jetzt.. ich bin so egoistisch! Das ihr etwas passiert hätte ich doch nie gedacht und jetzt.."
Sarah war am Ende mit den Nerven. "Damit hat keiner gerechnet, also mach dich jetzt bitte nicht fertig! Gemma schafft das, sie ist hart im Nehmen und das sage ich obwohl ich euch noch gar nicht so lange kenne." Fest hielt er Sarah im Arm. "Ich hoffe so, dass du Recht behältst.", flüsterte sie und sah Paul dann in die Augen. "Du wirst sehen, bald ist sie wieder auf den Beinen und ihr Beide stellt wieder die ganze Klinik auf den Kopf." Nun musste Sarah lachen, da es stimmte. Die Beiden trieben zusammen schon den ein oder anderen Unsinn und das von Anfang an. "Danke das du da bist.", sagte Sarah und lächelte leicht. "Selbstverständlich. Und wenn du immer noch warten willst bis wir das mit uns offiziell machen bis Gemma es weiß, dann werden wir das tun." Sarah nickte heftig. "Wenn es für dich kein Problem ist, möchte ich damit so lange warten.", bestätigte die Ärztin. "Dann warten wir.", antwortete Paul und küsste seine Freundin zärtlich. Denn keiner wusste, dass sie seit ihrem letzten Date vor ein paar Tagen ein Paar waren. Sarah wollte einfach, dass Gemma es als erste erfuhr.
Im Zimmer hatte sich die Lage allerdings immer noch nicht beruhigt. Böning hielt ziemlich gut durch was die Herzmassage betraf und währenddessen hatte Alexander Gemma das ein oder andere Medikament verabreicht. Aber bis jetzt half nichts was sie taten, die Minuten verstrichen erbarmungslos. "Geben sie noch einmal Epi!", befahl der Professor und ohne zu zögern zog Alexander das Medikament auf, um es Gemma gleich über ihren Zugang zu verabreichen.
"Die wievielte Dosis war das?", fragte der Chefarzt. "Die Vierte.", antwortete Alexander. "Und wir sind seit über 20 Minuten hier, immer noch Asystole.", fügte der Oberarzt betroffen hinzu. Kurz hörte Professor Böning mit der Herzmassage auf und blickte betroffen auf das EKG. "Wir verlieren sie.", rutschte es dem Chefarzt heraus und beinahe alle waren insgeheim seiner Meinung. Alle dachten dasselbe, bis auf Martin, der noch immer wie gelähmt da stand. Dann aber überkam es ihn.
"Weitermachen!", befahl er. "Herr Gruber, sie ist..", setzte Professor Böning an, aber Martin ließ ihn nicht aussprechen. "Nein, das ist sie nicht! Und wir werden sie jetzt nicht aufgeben, ich sagte weitermachen!" Die zwei anderen Ärzte warfen sich einen vielsagenden Blick zu, aber dann führte der Professor die Reanimation weiter durch. Auch ihm fiel es schwer daran zu denken das sie Gemma nicht retten konnten, nur war inzwischen so viel Zeit vergangen und die Wahrscheinlichkeit das ihr Herzschlag wieder einsetzte wurde immer geringer.
Dies wurde dem Chefarzt schmerzlich bewusst und er hörte erneut auf. "Es hat keinen Sinn mehr.", sagte er schweren Herzens. "Lassen wir sie gehen, quälen wir sie und auch uns nicht länger. Wir haben alles versucht."
Der ältere Herr konnte selbst nicht glauben was er sagte, aber es war nun einmal die Wahrheit, es waren die knallharten Fakten. Sie hatten alles gegeben, aber hatten in diesem Fall gegen den Tod nichts ausrichten können. "Das können sie vergessen!", rief Martin außer sich und eilte zum Bett. "Wenn ihr alle gehen wollt, dann verzieht euch! Aber ich werde sie nicht aufgeben, ich bleibe!"
Und dann übernahm er die Herzmassage selbst, denn er hatte die Hoffnung noch längst nicht aufgegeben. "Martin.." Alexander wollte seinen Freund davon abhalten, aber er fiel ihm gleich ins Wort. "Lass mich, Alexander!", rief Martin aufgebracht und führte die Herzmassage weiter durch. "Jetzt stehen sie hier nicht so blöd rum, beatmen sie sie gefälligst weiter!" Martin meinte die Krankenschwester, die mit dem Ambubeutel auf der Bettseite gegenüber stand. Unsicher blickte sie zu Professor Böning. Dieser schaute erst zu Martin, dann zu Gemma, dann wieder zu Martin. Er sah den Schmerz in den Augen seines Kollegen, der verbissen um das Leben seiner Partnerin kämpfte. Dann dachte er an Gemmas Mutter und wusste jetzt schon das sie zusammenbrechen würde, wenn er sie über den Tod ihrer jüngsten Tochter aufklären musste. John, Gemmas Vater, war ihm in diesem Augenblick egal. Denn der Professor konnte immer noch nicht glauben, was er seinem Kind angetan hatte. Er hatte sie fort geschickt, sie verstoßen nur weil sie nicht das getan hatte was er gewollt hat.
Nun lag sie da, leblos, wurde seit einer gefühlten Ewigkeit reanimiert und es schien nichts zu helfen. Aber es gab Wunder in der Medizin und deshalb regte sich nun doch noch ein kleiner Funken Hoffnung in ihm weshalb er der Schwester zu nickte. Diese begann dann wieder Gemma zu beatmen.
"Wir versuchen es mit einer letzten Runde REA-Medikamente.", sagte der Professor bestimmt und Martin blickte ihn kurz dankend an, konzentrierte sich dann aber wieder vollends auf die Wiederbelebung. Der Professor übernahm nun selbst die Injektionen. Ein Medikament nach dem anderen zog er auf und verabreichte es der Patientin. Obwohl Martin spürte wie seine Kräfte nachließen, drückte er weiter. "Entweder sie schafft es jetzt oder nicht.", meinte der Chefarzt und schaute gebannt auf das EKG. Aber es veränderte sich einfach nichts, das Herz begann einfach nicht mehr zu schlagen.
"Gem, komm schon!", flehte Martin leise. "Bleib bei mir, kämpfe!" Dass Gemma durch die inzwischen vergangene Zeit Gehirnschäden erlitten haben könnte, daran wollte der sonst so taffe Arzt nicht denken. Er wollte nur das dieser lang gezogene Ton wieder in ein gleichmäßiges Piepen überging, dass Gemma wieder zu sich kam und ganz die Alte war.
Aber das Schicksal wollte es offenbar anders. Trotz der erneuten Injektionen und der Weiterführung der Reanimation blieb Gemmas Herz stehen. "Bitte, komm zurück, bitte!" Martin sagte solche Dinge am laufenden Band, er war wie weggetreten. Deshalb spürte er auch nicht das seine Arme langsam zu schmerzen begannen. "Du schaffst das, ich weiß es!"
Alle anderen Anwesenden kämpften ebenfalls mit den Emotionen. Jeder hier in dem Raum kannte Gemma, die meisten nur als Kollegin die sie aber sehr schätzten. Gemma behandelte das Pflegepersonal mit Respekt, im Gegensatz zu manch anderen Ärzten und jeder arbeitete gerne mit ihr zusammen. Sie hatte sich in der Klinik Respekt und Ansehen verschafft, was ihr aber nicht zu Kopf stieg.
Jeder hatte seine eigenen Erlebnisse mit ihr. Die Schwester zum Beispiel, die gerade den Ambubeutel betätigte, war dabei gewesen als Gemma einem Mann auf dem Krankenbett den Thorax geöffnet und ihm eine Perikardtamponade entfernt hatte. Damit hatte sie sich auch unter ihren studierten Kollegen Respekt verschafft und deshalb wollte sie nun doch in die Chirurgie wechseln. Dafür musste sie aber überleben und es sah verdammt schlecht aus.
"Martin, ich glaube nicht das sich noch etwas ändert.", meinte Alexander, der ebenfalls schockiert war. Aber er behielt im Gegensatz zu seinem Freund die Fassung, er dachte weiterhin rational, als Arzt war das seine Pflicht. "Ich muss Kollege Kahnweiler leider zustimmen. Es ist zu spät, wir können nichts mehr tun." Professor Böning hasste sich dafür, dass er das aussprach. Nur musste es gesagt werden, damit Martin es selbst merkte und aufhörte sich an Hoffnungen zu klammern wo keine mehr waren. Alexander lief zu seinem Freund und zog ihn von Gemma weg.
"Martin, es ist vorbei.", sagte er. "Nein! Das EKG muss kaputt sein, sie ist nicht tot, das darf nicht sein!" Alexander trat vor und überprüfte mit dem Stethoskop ob das Herz vielleicht doch schlug, aber da war nichts.
"Das Herz steht still.", teilte er den anderen mit und der Chefarzt ergriff wieder das Wort.
"Zeitpunkt des Todes 20 Uhr 47.", zitierte er die üblichen Worte und schaltete das EKG aus. Im Zimmer wurde es daraufhin erstmal komplett still.


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Schon Kapitel 100! Ich hoffe, euch gefällt die Geschichte :) Hinterlasst mir gerne eure Meinungen und Anregungen
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