[Daft Punk] Bonjour Tristesse
von papirossy
Kurzbeschreibung
Eine Geschichte über die verlorene Liebe aus Guy-Mans Sicht. (schließt an "Saudade" an, steht aber auch irgendwie für sich)
KurzgeschichteFreundschaft, Liebesgeschichte / P18 / MaleSlash
Guy-Manuel de Homem-Christo
Play Paul
Sébastien Tellier
Thomas Bangalter
23.02.2020
23.02.2020
3
5.058
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23.02.2020
1.547
Heute aber genügte diese Hitze, mein Halbschlaf und diese ungeschickte Geste, um etwas in mir sanft zerreißen zu lassen.
Françoise Sagan
Bonjour Tristesse
Die Art wie ich liebe ist portugiesisch, die Art wie ich leide französisch.
Mein Freund hat mich verlassen (oder habe ich ihn verlassen? Haben wir uns gegenseitig verlassen?) und ich blase Trübsal am offenen Fenster, bis der Anruf von Paul kommt.
„Du solltest besser kommen.“
Es war ein Schlaganfall.
„Die Ärzte glauben, es dauert nicht mehr lang“, raunt mir Paul vertraulich im Krankenhausflur zu. Ihre Enkel sollen es nicht hören.
Ich setze mich zu ihr und nehme ihre Hand. Sie ist weich und warm und hat etwas Tröstendes. Auf einmal überkommt es mich und ich weine heiße, hässliche Tränen in ihr weißes Bettlaken.
„Maman“, schluchze ich und ich spüre eine Hand in meinen Haaren.
„Nicht weinen, mein Schatz.“
Sie ist wach. In mehr als einer Hinsicht. Ich kann es in ihren Augen sehen. Sie ist völlig klar.
Ich küsse ihre Hand und dann breche ich mit meinem Kopf in ihrem Schoß zusammen. Sie streichelt meine Haare und alles ist ein letztes Mal gut.
„Mein kleiner Guy! Nicht traurig sein!“
*
Die Trauerfeier findet an der Côte D’Azur statt.
Dort, wo sie ihren schönsten Sommer verbracht hat. Sie hat Papa dort kennengelernt und es war – laut eigener Aussage – alles ein bisschen wie in einem Roman von Françoise Sagan.
„Ich war gerade mal 17. Und ich habe mich zum ersten Mal verliebt“, schwärmt sie an ihrem letzten Abend. „Oh Guy, du solltest dort hingehen und dich ebenfalls verlieben. Nichts ist so schön wie die Lavendelblüte in der Provence und frisch verliebt zu sein.“
„Ich bin verliebt“, seufze ich.
Aber manchmal ist Liebe eben nicht genug. Da hilft auch keine Lavendelblüte.
*
Thomas ist ebenfalls hier. Ich habe ihn noch in derselben Nacht angerufen und ins Telefon geflennt. „Kannst du kommen?“
Jetzt ist er hier und sieht zu allem Überfluss niederschmetternd gut aus (das schwarze Samtsakko, das seinem schlaksigen Körper etwas Kontur verleiht, die Ärmel lässig in die Ellbogen geschoben). Ich treffe ihn in der Hotel-Lobby, als er gerade einchecken will.
„Salut“, sage ich traurig und wir küssen uns links und rechts auf die Wangen, nahe am Mund vorbei. Wehmütiges Verharren. Herber, vertrauter Duft.
Lavendelblüte. Ich sehe uns auf einem kleinen Moped durch die Felder fahren.
„Schön, dass du hier bist.“
„Natürlich“, sagt er und wir schauen uns hilflos an. Es ist furchtbar verkrampft zwischen uns. „Ich wollte kurz auf mein Zimmer, meinen Anzug anziehen.“ Er trägt ihn in einem Wäschesack an einem Finger baumelnd über seiner Schulter.
„Sicher.“
*
Es ist eine schöne Zeremonie. Wir stehen in einer kleinen Gruppe vor einem kleinen Steinschuppen in einem lilafarbenen Lavendelfeld. Die untergehende Sonne streckt orangefarbene Strahlen wie Arme über den Rand des Feldes, wie um nach uns zu greifen. Das war Mamans Wunsch. Hier verstreuen wir ihre Asche. Kurz vor Sonnenuntergang.
Paul hält eine kleine Rede darüber, wie sie hier Brot und Wein mit Papa verzehrt und er ihr den Heiratsantrag gemacht hat. „Und danach haben sie den kleinen Guy-Man gemacht.“ Alle lachen traurig und mir schießen die Tränen in die Augen. Ich spüre eine Hand in meiner. Thomas. Dankbar drücke ich zu und seufze mich tapfer durch die Zeremonie.
*
„Warum ist dein Ex hier?“, will Paul wissen, als wir alle zusammen auf der Hotelterrasse dinieren. Wir stehen etwas abseits und rauchen. Unten funkelt das Meer im Mondlicht. „Seid ihr wieder zusammen?“
„Nein.“
„Kommt ihr wieder zusammen?“
„Nein.“
„Tut ihr es heute Nacht trotzdem?“
Es ist mehr ein Vorschlag als eine Frage.
„Hm?“
„Lass dich heute von ihm flach legen. Es wird dir gut tun.“
„Er hat vielleicht eine Freundin“, knurre ich und Paul sieht mich mit diesem Ich bitte dich-Blick an.
„Na, was tuschelt ihr beiden hier?“ Emma, Pauls Verlobte, hakt sich sanft bei ihm ein.
„Nichts“, sagt Paul. „Ich habe Guy nur ans Herz gelegt, heute Nacht nicht allein zu sein.“
„Ja, um ehrlich zu sein, ich habe nie verstanden, warum ihr euch getrennt habt.“
Ich auch nicht.
Aber das geht auch nur Thomas und mich was an. Um eine Antwort verlegen, entschuldige ich mich also und flüchte auf die Toilette. Dort spritze ich mir kaltes Wasser ins Gesicht und starre in den Spiegel.
Verquollene, traurige Augen, ein paar sprießende Barthaare, die ich beim Rasieren übersehen habe.
Bin ich noch der Mann, in den du dich damals verliebt hast?
„Hey!“ Wir begegnen uns im schummerigen Korridor. Aus Angst, ich könnte zusammenbrechen, habe ich die meiste Zeit versucht ihm aus dem Weg zu gehen.
„Wie geht es dir denn?“, will er wissen und ich starre ihn nur an. „Guy? Ist alles in Ordnung?“
Nichts ist in Ordnung.
„Ich will dich noch immer!“, sage ich und er schaut mich geschockt an. Von draußen gedämpfte Stimmen und das Klimpern von Geschirr.
„Guy, ich weiß nicht--“
„Nein, nein“, murmele ich benommen und dann schießen mir schon wieder die Tränen in die Augen und er zieht mich in seine Arme. Ich passe so gut in sie hinein. Ich stelle mich auf die Zehenspitzen und vergrabe mein Gesicht in seinen weichen Locken. Er riecht so gut. Herb, süß, nach Zuhause. Ich schlinge meine Arme fester um ihn. Niemand sonst gibt mir dieses Gefühl. Keine Umarmung fühlt sich jemals so an.
„Ich will heute mit dir schlafen!“, seufze ich in sein Ohr, meine Stimme ist kaum mehr als heißer Atem.
Er sagt nichts, drückt mich nur noch fester an sich.
*
Er nuckelt an meiner Brust, als wäre ich eine Frau. Hingebungsvoll und verzweifelt. Ich atme gierig in seine weichen Locken. Es tut so gut, begehrt zu werden. Von jemanden berührt zu werden, der dich liebt – egal, was euch trennt. Ich wollte es eigentlich ein bisschen schmutzig und hart, stattdessen drückt er mich auf den Rücken und macht diese Sache mit seinem Penis, die ich so liebe; streichelt mich überall damit, Hoden, dahinter, Schaft, Penisspitze. Ich zittere vor Sehnsucht und starre in haselnussbraune Augen. Sein offener Mund schwebt keuchend über meinem.
Das Bett knarrt unter seinen Bewegungen und wir müssen ein bisschen aufpassen, weil das Hotel so hellhörig ist. Thomas legt sich ordentlich ins Zeug, verrenkt sich, gleitet mit seinem langen Penis über meinen, entlockt mir die peinlichsten Geräusche.
Fiebrig atme ich in meinen Handrücken, halte mir den Kopf, bettle nach mehr.
„Los, steck ihn rein!“, zische ich zwischen zwei atemlosen Küssen. Es tut weh. Jedesmal wieder. Und doch verzehre ich mich nach dem Gefühl ihn in mir zu haben. „Atme“, schnauft er. „Du musst atmen!“
„Ich atme ja“, schnaufe ich fiebrig zurück.
Das alte Holzbett knarrt. Er versucht es leise zu tun und hält nach ein paar Stößen atemlos inne. „Gott, Thomas, ich schwöre…“
„Wenn ich das hier richtig machen soll, dann weiß morgen jeder, dass wir Sex hatten.“
„Das wissen sie doch sowieso schon.“
*
Ich krame meinen Notfall-Joint aus meiner Tasche und krieche nackt zurück zu ihm ins Bett.
Ich habe vergessen, wie schön das ist.
„Hier!“
Ich reiche ihm den brennenden Joint und er zieht daran. Früher haben wir das öfter gemacht – nur ohne Sex. Nach einem Rave im Hotelzimmer oder einer Session bei ihm im Kinderzimmer.
Ein süßlich-herber Duft verbreitet sich im Raum und vermischt sich mit dem Geruch von Schwanz, Schweiß und Klöten, wie Sébastien immer sagt, und ich muss grinsen.
„Sie hat dich immer gemocht“, nuschele ich mit dem Kopf auf seiner haarigen Brust. Ich lasse meinen Finger um seine weiche Brustwarze kreisen, bis sie hart wird und drücke verträumt auf seinem Nippel herum.
Mir war immer klar, dass Thomas‘ Mutter mich nie sehr gemocht und mich für einen schlechten Einfluss für ihren Goldjungen gehalten hat. Schlechte Noten, faul, versaut, verknallt.
Ohja, verknallt. Wahrscheinlich wusste sie es noch bevor ich es wusste und hat mich deswegen nicht gemocht.
Maman dagegen mochte Thomas – vielleicht aus demselben Grund, warum Thomas‘ Mutter mich nicht mochte.
„Ich hab sie auch immer gemocht. Ich hatte immer das Gefühl zur Familie zu gehören.“
„Das hast du!“, sage ich beinahe panisch, wie um den geringsten Zweifel daran sofort zu beseitigen. Ich starre ihm in seine dunklen Augen.
„Ich versuche gerade über dich hinwegzukommen.“
Er schnauft ein kraftloses Lachen.
„Und wie läuft das so?“
„Richtig gut.“ Wir lachen und es ist beinahe so wie früher. Ich werde sentimental und mit vor Sehnsucht triefendem Herzen frage ich:
„Hast du jemanden?“
Er wird traurig, aber seine Finger streicheln noch immer durch meine Haare.
„Ja.“
„Eine Frau?“
„Ja.“
*
Am nächsten Morgen liegt ein Zettel auf seinem Kopfkissen.
Musste zurück nach Paris. Ich ruf dich heute Abend an.
– T
Vage Erinnerung, als er mir in den frühen Morgenstunden, nachdem ich lesend eingeschlafen bin, das Buch (Bonjour Tristesse) von meiner Brust nimmt und wir uns einen Moment reuevoll ansehen. Nicht weil wir miteinander geschlafen haben, sondern weil wir es nicht mehr tun.
Ich streiche meine langen Haare nach hinten und fühle mich lächerlich. So müssen sich all die Mädchen früher gefühlt haben, aus deren Zimmer ich mich morgens geschlichen habe.
„Verdammt.“
Nach einem trostlosen Frühstück mit Orangensaft, Debussy und beschämten Blicken, ziehe ich mir Shorts und Latschen an und watschele runter zur Bucht.
Ich stehe bis zu den Knien im Meer und starre auf den Horizont. Eine Weile denke ich an nichts und es ist schön. Nur ich, die salzige Meeresluft und das Geräusch der Wellen.
Françoise Sagan
Bonjour Tristesse
Die Art wie ich liebe ist portugiesisch, die Art wie ich leide französisch.
Mein Freund hat mich verlassen (oder habe ich ihn verlassen? Haben wir uns gegenseitig verlassen?) und ich blase Trübsal am offenen Fenster, bis der Anruf von Paul kommt.
„Du solltest besser kommen.“
Es war ein Schlaganfall.
„Die Ärzte glauben, es dauert nicht mehr lang“, raunt mir Paul vertraulich im Krankenhausflur zu. Ihre Enkel sollen es nicht hören.
Ich setze mich zu ihr und nehme ihre Hand. Sie ist weich und warm und hat etwas Tröstendes. Auf einmal überkommt es mich und ich weine heiße, hässliche Tränen in ihr weißes Bettlaken.
„Maman“, schluchze ich und ich spüre eine Hand in meinen Haaren.
„Nicht weinen, mein Schatz.“
Sie ist wach. In mehr als einer Hinsicht. Ich kann es in ihren Augen sehen. Sie ist völlig klar.
Ich küsse ihre Hand und dann breche ich mit meinem Kopf in ihrem Schoß zusammen. Sie streichelt meine Haare und alles ist ein letztes Mal gut.
„Mein kleiner Guy! Nicht traurig sein!“
*
Die Trauerfeier findet an der Côte D’Azur statt.
Dort, wo sie ihren schönsten Sommer verbracht hat. Sie hat Papa dort kennengelernt und es war – laut eigener Aussage – alles ein bisschen wie in einem Roman von Françoise Sagan.
„Ich war gerade mal 17. Und ich habe mich zum ersten Mal verliebt“, schwärmt sie an ihrem letzten Abend. „Oh Guy, du solltest dort hingehen und dich ebenfalls verlieben. Nichts ist so schön wie die Lavendelblüte in der Provence und frisch verliebt zu sein.“
„Ich bin verliebt“, seufze ich.
Aber manchmal ist Liebe eben nicht genug. Da hilft auch keine Lavendelblüte.
*
Thomas ist ebenfalls hier. Ich habe ihn noch in derselben Nacht angerufen und ins Telefon geflennt. „Kannst du kommen?“
Jetzt ist er hier und sieht zu allem Überfluss niederschmetternd gut aus (das schwarze Samtsakko, das seinem schlaksigen Körper etwas Kontur verleiht, die Ärmel lässig in die Ellbogen geschoben). Ich treffe ihn in der Hotel-Lobby, als er gerade einchecken will.
„Salut“, sage ich traurig und wir küssen uns links und rechts auf die Wangen, nahe am Mund vorbei. Wehmütiges Verharren. Herber, vertrauter Duft.
Lavendelblüte. Ich sehe uns auf einem kleinen Moped durch die Felder fahren.
„Schön, dass du hier bist.“
„Natürlich“, sagt er und wir schauen uns hilflos an. Es ist furchtbar verkrampft zwischen uns. „Ich wollte kurz auf mein Zimmer, meinen Anzug anziehen.“ Er trägt ihn in einem Wäschesack an einem Finger baumelnd über seiner Schulter.
„Sicher.“
*
Es ist eine schöne Zeremonie. Wir stehen in einer kleinen Gruppe vor einem kleinen Steinschuppen in einem lilafarbenen Lavendelfeld. Die untergehende Sonne streckt orangefarbene Strahlen wie Arme über den Rand des Feldes, wie um nach uns zu greifen. Das war Mamans Wunsch. Hier verstreuen wir ihre Asche. Kurz vor Sonnenuntergang.
Paul hält eine kleine Rede darüber, wie sie hier Brot und Wein mit Papa verzehrt und er ihr den Heiratsantrag gemacht hat. „Und danach haben sie den kleinen Guy-Man gemacht.“ Alle lachen traurig und mir schießen die Tränen in die Augen. Ich spüre eine Hand in meiner. Thomas. Dankbar drücke ich zu und seufze mich tapfer durch die Zeremonie.
*
„Warum ist dein Ex hier?“, will Paul wissen, als wir alle zusammen auf der Hotelterrasse dinieren. Wir stehen etwas abseits und rauchen. Unten funkelt das Meer im Mondlicht. „Seid ihr wieder zusammen?“
„Nein.“
„Kommt ihr wieder zusammen?“
„Nein.“
„Tut ihr es heute Nacht trotzdem?“
Es ist mehr ein Vorschlag als eine Frage.
„Hm?“
„Lass dich heute von ihm flach legen. Es wird dir gut tun.“
„Er hat vielleicht eine Freundin“, knurre ich und Paul sieht mich mit diesem Ich bitte dich-Blick an.
„Na, was tuschelt ihr beiden hier?“ Emma, Pauls Verlobte, hakt sich sanft bei ihm ein.
„Nichts“, sagt Paul. „Ich habe Guy nur ans Herz gelegt, heute Nacht nicht allein zu sein.“
„Ja, um ehrlich zu sein, ich habe nie verstanden, warum ihr euch getrennt habt.“
Ich auch nicht.
Aber das geht auch nur Thomas und mich was an. Um eine Antwort verlegen, entschuldige ich mich also und flüchte auf die Toilette. Dort spritze ich mir kaltes Wasser ins Gesicht und starre in den Spiegel.
Verquollene, traurige Augen, ein paar sprießende Barthaare, die ich beim Rasieren übersehen habe.
Bin ich noch der Mann, in den du dich damals verliebt hast?
„Hey!“ Wir begegnen uns im schummerigen Korridor. Aus Angst, ich könnte zusammenbrechen, habe ich die meiste Zeit versucht ihm aus dem Weg zu gehen.
„Wie geht es dir denn?“, will er wissen und ich starre ihn nur an. „Guy? Ist alles in Ordnung?“
Nichts ist in Ordnung.
„Ich will dich noch immer!“, sage ich und er schaut mich geschockt an. Von draußen gedämpfte Stimmen und das Klimpern von Geschirr.
„Guy, ich weiß nicht--“
„Nein, nein“, murmele ich benommen und dann schießen mir schon wieder die Tränen in die Augen und er zieht mich in seine Arme. Ich passe so gut in sie hinein. Ich stelle mich auf die Zehenspitzen und vergrabe mein Gesicht in seinen weichen Locken. Er riecht so gut. Herb, süß, nach Zuhause. Ich schlinge meine Arme fester um ihn. Niemand sonst gibt mir dieses Gefühl. Keine Umarmung fühlt sich jemals so an.
„Ich will heute mit dir schlafen!“, seufze ich in sein Ohr, meine Stimme ist kaum mehr als heißer Atem.
Er sagt nichts, drückt mich nur noch fester an sich.
*
Er nuckelt an meiner Brust, als wäre ich eine Frau. Hingebungsvoll und verzweifelt. Ich atme gierig in seine weichen Locken. Es tut so gut, begehrt zu werden. Von jemanden berührt zu werden, der dich liebt – egal, was euch trennt. Ich wollte es eigentlich ein bisschen schmutzig und hart, stattdessen drückt er mich auf den Rücken und macht diese Sache mit seinem Penis, die ich so liebe; streichelt mich überall damit, Hoden, dahinter, Schaft, Penisspitze. Ich zittere vor Sehnsucht und starre in haselnussbraune Augen. Sein offener Mund schwebt keuchend über meinem.
Das Bett knarrt unter seinen Bewegungen und wir müssen ein bisschen aufpassen, weil das Hotel so hellhörig ist. Thomas legt sich ordentlich ins Zeug, verrenkt sich, gleitet mit seinem langen Penis über meinen, entlockt mir die peinlichsten Geräusche.
Fiebrig atme ich in meinen Handrücken, halte mir den Kopf, bettle nach mehr.
„Los, steck ihn rein!“, zische ich zwischen zwei atemlosen Küssen. Es tut weh. Jedesmal wieder. Und doch verzehre ich mich nach dem Gefühl ihn in mir zu haben. „Atme“, schnauft er. „Du musst atmen!“
„Ich atme ja“, schnaufe ich fiebrig zurück.
Das alte Holzbett knarrt. Er versucht es leise zu tun und hält nach ein paar Stößen atemlos inne. „Gott, Thomas, ich schwöre…“
„Wenn ich das hier richtig machen soll, dann weiß morgen jeder, dass wir Sex hatten.“
„Das wissen sie doch sowieso schon.“
*
Ich krame meinen Notfall-Joint aus meiner Tasche und krieche nackt zurück zu ihm ins Bett.
Ich habe vergessen, wie schön das ist.
„Hier!“
Ich reiche ihm den brennenden Joint und er zieht daran. Früher haben wir das öfter gemacht – nur ohne Sex. Nach einem Rave im Hotelzimmer oder einer Session bei ihm im Kinderzimmer.
Ein süßlich-herber Duft verbreitet sich im Raum und vermischt sich mit dem Geruch von Schwanz, Schweiß und Klöten, wie Sébastien immer sagt, und ich muss grinsen.
„Sie hat dich immer gemocht“, nuschele ich mit dem Kopf auf seiner haarigen Brust. Ich lasse meinen Finger um seine weiche Brustwarze kreisen, bis sie hart wird und drücke verträumt auf seinem Nippel herum.
Mir war immer klar, dass Thomas‘ Mutter mich nie sehr gemocht und mich für einen schlechten Einfluss für ihren Goldjungen gehalten hat. Schlechte Noten, faul, versaut, verknallt.
Ohja, verknallt. Wahrscheinlich wusste sie es noch bevor ich es wusste und hat mich deswegen nicht gemocht.
Maman dagegen mochte Thomas – vielleicht aus demselben Grund, warum Thomas‘ Mutter mich nicht mochte.
„Ich hab sie auch immer gemocht. Ich hatte immer das Gefühl zur Familie zu gehören.“
„Das hast du!“, sage ich beinahe panisch, wie um den geringsten Zweifel daran sofort zu beseitigen. Ich starre ihm in seine dunklen Augen.
„Ich versuche gerade über dich hinwegzukommen.“
Er schnauft ein kraftloses Lachen.
„Und wie läuft das so?“
„Richtig gut.“ Wir lachen und es ist beinahe so wie früher. Ich werde sentimental und mit vor Sehnsucht triefendem Herzen frage ich:
„Hast du jemanden?“
Er wird traurig, aber seine Finger streicheln noch immer durch meine Haare.
„Ja.“
„Eine Frau?“
„Ja.“
*
Am nächsten Morgen liegt ein Zettel auf seinem Kopfkissen.
Musste zurück nach Paris. Ich ruf dich heute Abend an.
– T
Vage Erinnerung, als er mir in den frühen Morgenstunden, nachdem ich lesend eingeschlafen bin, das Buch (Bonjour Tristesse) von meiner Brust nimmt und wir uns einen Moment reuevoll ansehen. Nicht weil wir miteinander geschlafen haben, sondern weil wir es nicht mehr tun.
Ich streiche meine langen Haare nach hinten und fühle mich lächerlich. So müssen sich all die Mädchen früher gefühlt haben, aus deren Zimmer ich mich morgens geschlichen habe.
„Verdammt.“
Nach einem trostlosen Frühstück mit Orangensaft, Debussy und beschämten Blicken, ziehe ich mir Shorts und Latschen an und watschele runter zur Bucht.
Ich stehe bis zu den Knien im Meer und starre auf den Horizont. Eine Weile denke ich an nichts und es ist schön. Nur ich, die salzige Meeresluft und das Geräusch der Wellen.