Gedankentagebuch einer Halbelfe
von Stellaria
Kurzbeschreibung
Das reale D&D Spiel unserer Gruppe als eine Art Gedankentagebuch meines Charakters, einer Halbelfe namens Ravera, die nicht ganz freiwillig Teil einer Abenteuergruppe wird. Da wir inzwischen beim aktuellen Spielstand sind, kommen die Updates natürlich unregelmäßig, aber der Stoff reicht bisher schon für etwa zwei Bücher ;-)
GeschichteAbenteuer, Fantasy / P16 / Gen
OC (Own Character)
18.02.2020
18.03.2023
169
497.852
6
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18.03.2023
17.878
Ich erwachte nach einem sehr langen und tiefen Schlaf genau dort, wo ich ins Bett gegangen war – in Emerias Zimmer. Kaum hatte ich mich aufgesetzt, da wurde ich auch schon erneut von Faro mit einem „Guten Morgen“ begrüßt. Er saß ganz ruhig an einem der kleinen Tischchen, ein Notizbuch vor sich und eine kleine Pfeife im Mund.
Emeria, die ebenfalls aufgewacht war, zog sich bei Faros Worten mit einem Ruck die Decke bis ans Kinn und schien ausgesprochen dankbar, als dieser anbot, draußen zu warten, bis wir alle fertig waren, um uns dann seine bisherigen Erkenntnisse mitzuteilen.
Auch ich folgte ihm vor die Tür, ging dann aber weiter bis auf mein eigenen Zimmer, wobei ich unterwegs bei einem der Pagenzwerge Essen für fünf auf Emerias Zimmer orderte. Dort angekommen gab ich Sval und Guinney durch den Ohrring Bescheid, tauschte das weiße Kleid gegen meine übliche Aufmachung und holte meine Nimmervollen Beutel aus ihren Verstecken.
Eine Viertelstunde später waren wir alle inklusive Frühstück wieder bei Emeria im Zimmer versammelt, nur sie selbst war immer noch im Bad beschäftigt. Als sie sich endlich zu uns gesellte, war ihr Gesicht erneut unter der üblichen Schicht Schminke verschwunden, sodass sie mich wieder an das Porzellangesicht der Rabenkönigin erinnerte.
Nun verstand ich zwar den Sinn und Zweck dieser Art von Maskerade, doch gerade deshalb erklärte ich ihr, dass ich es ohne Schminke besser gefunden hatte. Mit einem Schulterzucken meinte sie, es sei für sie ein Schutz, worauf ich ihr nur noch einen strengen Blick zuwarf – es wurde höchste Zeit, dass sie aufhörte sich vor allem zu verstecken.
Während wir uns nun alle dem nach Asche schmeckenden Frühstück zuwandten und Emeria den Rückruf von Mordai vorbereitete, begann Faro (der das Essen als einziger genießen konnte) uns von seinen bisherigen Erfolgen zu berichten.
Es war ihm gelungen, vier Kontakte zu aktivieren, die nützlich für unser Vorhaben sein könnten, wobei aktivieren bedeutete, dass wir nur noch mit der richtigen Losung an sie herantreten mussten.
Der erste Kontakt hieß Gottmir Arora, eine Wache am Westtor des Felsenhimmels, der sich bei den Langfüßen hoch verschuldet hatte und deshalb für sie bestimmte Besucher ungeprüft durch sein Tor schmuggelte, was uns wiederum ein Druckmittel in die Hand gab, dasselbe von ihm zu verlangen.
Der zweite Kontakt hieß Baldumir Ehrenbart, ein Schreiberling im Felsenhimmel, der seine Zeugnisse und Referenzen gefälscht hatte, weshalb er nun gezwungenermaßen bereit war, sein Wissen über den Zugang zur Schatzkammer und die darin enthaltenen Fallen mit uns zu teilen.
Der dritte Kontakt war ein gewisser Kaltran Essenzweber, ein Lehrling im Arkanen Konservatorium, der sich nach Verhandlungen mit Faro bereit erklärt hatte, einem von uns einen einmaligen Zugang zu den öffentlichen Bereichen des Arkanen Konservatoriums zu verschaffen, wobei Faro uns bat, Kaltran dadurch nicht in Gefahr zu bringen.
Bei dem vierten Kontakt handelte es sich schließlich um Dorantan. Ihn dazu zu bringen, uns zu helfen, war für Faro eine ganz persönliche Freude gewesen, und bedeutete ganz konkret, dass wir von diesem einen Gefallen (der im Rahmen seiner Möglichkeiten lag) einfordern konnten. Allerdings warnte Faro uns, dies nur zu tun, wenn wir keine andere Wahl hatten, und auch sehr vorsichtig zu sein, was genau wir verlangten, da er selbst und die Organisation, der er angehörte, sehr mächtig waren.
Um die ersten drei Kontakte zu aktivieren sollten wir ihnen die Losung, Der Schatten von Mond und Sonne grüßt die Verdammten, sagen, Dorantan hingegen würde bei dem Stichwort Kumquats Bescheid wissen.
Zusätzlich dazu hatte Faro noch herausgefunden, dass man für die Schatzkammer eine Art magische Karte oder Schlüssel mit einzigartiger Signatur brauchte, um die Lore zum richtigen Ort navigieren zu können. All dies waren wirklich gute Neuigkeiten und nachdem wir Faro über unsere neuesten Erkenntnisse unterrichtet hatten, begannen wir unsere übliche Diskussion zum weiteren Vorgehen.
Schließlich entschieden wir, Faro auf die Runenschlüssel anzusetzen, da wir immer noch nicht wussten, wo exakt sie sich befanden oder wie sie überhaupt aussahen. Da er vom gestrigen Tag noch 250 Gold übrig hatte, reichten ihm für diese Aufgabe 500 weitere Goldmünzen, dann wünschte er uns Glück und machte sich auf den Weg.
Wir selbst wollten den Tag tatsächlich nutzen, um über unseren offiziellen Auftrag die Schatzkammer soweit möglich schon mal zu inspizieren. Da wir nicht all unsere Sachen mit in den Felsenhimmel nehmen wollten, wo wir ja voraussichtlich durchsucht werden würden, packten wir den Großteil unserer Wertsachen (und die von Eisenbeißer gestohlenen Notizbücher) in einen meiner Nimmervollen Beutel, den wir anschließend dem Tresor des Zwilton zur sicheren Verwahrung anvertrauten.
Pünktlich zum zwölften Gong fuhren wir also mit der königlichen Gondel wieder in den königlichen Ring, wo wir von den Wachen in den Felsenhimmel und zu einem Schreiberling eskortiert wurden, der, als wir ihm unser Vorhaben (mit dem Auftrag anzufangen) erklärten, losging, um unseren Begleiter zu holen.
Wir mussten eine ganze Weile warten, dann tauchte endlich ein Zwerg mit hellbraunem Haar und Bart in sehr feiner Kleidung mit einer leichten Lederrüstung darüber auf, der sich uns als Eckhardt Seeliger vorstellte.
Er führte uns nun durch weitere Eingeweide des Felsenhimmels, bis wir an eine goldene gut fünf Meter hohe und sicherlich doppelt so breite Doppeltür gelangten, deren einer Flügel ein kleines Stück offen stand, sodass wir dahinter ein engmaschiges Fallgitter aus einem vertrauten grünen Metall erkennen konnten.
Eckhardt rief durch den Spalt, die Dwarvenspirits seien hier, um in die Schatzkammer zu gehen, doch erst beim dritten Mal, als er nach einem gewissen Sigmund schrie, kam eine Antwort und das Adamantitgitter wurde gut zwei Meter in die Höhe gezogen.
Der Raum dahinter, den wir nun betraten, erinnerte entfernt an die unterirdische Lorenstation in Eiden, nur um einiges größer. Wir befanden uns auf einer Art Plattform, die an zwei Schienen endete, zwischen denen noch eine weitere seltsam gearbeitete Stange verlief. Dahinter erhob sich eine merkwürdige Metallkonstruktion und links von uns erstreckte sich ein sehr langer Tresen, der ebenfalls mit Adamantitgittern geschützt wurde. Dahinter saß ein weiterer Zwerg, der sich verschlafen die Augen rieb und sich uns dann als Sigmund Winkelmann vorstellte, zuständig für die Loren und die dafür nötigen Runenschlüssel.
Als Guinney meinte, sie würde nie den Überblick über so viele Schlüssel behalten können, erklärte er ihr freundlich, die Schlüssel würden im Arkanen Konservatorium immer für einen speziellen Zweck angefertigt und nach Gebrauch vernichtet, was eine wichtige und gleichzeitig unerfreuliche Information war.
Der Runenschlüssel, der für uns angefertigt worden war und den er gleich darauf Eckhardt aushändigte, sah aus wie ein abgerundeter, von Einbuchtungen überzogener Zylinder mit einer Art Griff am anderen Ende, der mit blau leuchtenden Runen bedeckt war. Dann ging Sigmund ans andere Ende des Tresens, wo er an zwei in die Wand eingelassenen Hebeln zog, woraufhin wir von rechts das arbeiten von Maschinen hörten und schließlich eine Lore auftauchte, die vor uns anhielt.
Sie war um einiges geräumiger und stabiler als die Variante in Eiden und bot acht Passagieren Platz. In dem schmalen Gang zwischen den rechten und linken Sitzen ragte mittig ein kleiner Pfeiler auf, an dem Seile befestigt waren, die in Haken endeten, mit denen wir uns sichern sollten, für den Fall, dass wir herausgeschleudert wurden.
Eckhardt nahm den Sitz vorne rechts, wo der Runenschlüssel in eine passende Vorrichtung gesteckt werden konnte. Guinney, die schon ganz aufgeregt war und sich auf die Fahrt freute, kletterte auf den Platz neben ihm. Ich selbst schlüpfte auf den Sitz hinter ihr, da ich ziemlich sicher war, dass Guinney die Fahrt überstehen würde, ohne sich zu übergeben. Emeria wiederum setzte sich hinter mich und Sval setzte sich schräg hinter sie ganz nach hinten.
Sobald wir alle eingehakt waren, drückte Eckhardt den Schlüssel ins Schloss, woraufhin überall an der Lore Runen aufleuchteten und sie vor magischer Energie regelrecht zu vibrieren begann. Mit einem Ruck schoss sie nach vorne und in einen Tunnel hinein und als es um die erste Kurve ging, bemerkte ich, dass die Schienen verschwanden und die Lore nur noch auf der mittleren Stange dahinraste.
Ähnlich wie in Eiden schienen die Erbauer keinen rechten Verstand gehabt zu haben, die Lore wechselte ständig die Richtung, fuhr in schwindelerregenden Spiralen abwärts, stürzte einmal sogar ein ganzes Stück senkrecht nach unten (hier übergab Emeria sich zum zweiten Mal) und kam mit einem sehr unangenehmen Ruck wieder zum Stehen. Einzig als wir an Maliburfs Goldfall vorbeikamen (einer Sehenswürdigkeit von endlos in die Tiefe fallenden Goldmünzen, beleuchtet von einer riesigen Feuerstelle, auf die Eckhardt uns aufmerksam machte) war die Fahrt für mich angenehm, wohingegen Guinney jede Sekunde lauthals johlend genoss.
Während wir also alle etwas steif und wackelig auf die Plattform stolperten, die zu unserer Tür führte, meinte Guinney enttäuscht, die Fahrt wäre viel zu kurz gewesen und sie wolle das unbedingt noch mal machen.
Eckhardt erklärte nun, ab hier wären wir auf uns gestellt, er würde uns nur als Beobachter in sicherem Abstand begleiten, um dafür zu sorgen, dass wir uns an die Regeln hielten und unseren Auftrag erfüllten. Wie wir gleich darauf feststellen mussten, bedeutete das auch, dass er die Tür, die mit 113-77 bezeichnet und mit einem Rätsel versiegelt war, nicht für uns öffnen würde.
In der Tür waren vier Löcher in Form von Zahnrädern eingelassen und rechts daneben fand sich auf einer kleinen Tafel eine Art Gedicht, das Emeria uns vorlas und in die Handelssprache übersetzte:
Four in one and three in four,
two needs all that came before.
Three seems last,
but with only half of one and two and also four.
Darunter lagen auf einem großen Haufen Unmengen von Messingzahnrädern, alle mit verschieden vielen Zähnen. Ich fand ziemlich schnell eines mit vier für das erste und eines mit drei Zähnen für das letzte Loch, doch danach mussten wir erst ein wenig überlegen, wie die restlichen Zeilen zu verstehen waren, ehe wir noch zwei Zahnräder mit je sieben Zähnen suchten und diese in die beiden mittleren Löcher drückten.
Sobald alle vier Löcher entsprechend besetzt waren, zog ich an einem kleinen Hebel daneben, woraufhin die Zahnräder in die Tür hineingezogen wurden, wobei sie sich immer mal ein Stück weiter drehten, bis schließlich das unverkennbare Geräusch eines sich öffnenden Schließmechanismus' ertönte und die doppelflüglige Tür langsam aufschwang.
Der Raum dahinter lag in völliger Dunkelheit, die meine Augen in gewohnter Weise durchdrangen, doch war er wohl länger, als meine begrenzte Sichtweite. Ich schaute zuerst an den Seiten neben der Tür, ob ich irgendeinen Mechanismus oder auch nur einen Fackelhalter entdecken konnte, fand aber nichts dergleichen, sodass ich nun wie die anderen dem Raum meine volle Aufmerksamkeit schenkte.
Mit etwas über zwanzig Metern Breite und knapp zehn Metern Höhe handelte es sich eher um eine Halle, die von Säulen gestützt wurde, die teilweise aber bereits eingebrochen waren. Der Boden selbst war übersät mit Schutt, zerbrochenem Mobiliar und Löchern und dazwischen erkannte ich die Überreste humanoider Gestalten, die bereits weitgehend skelettiert waren.
Kurz vor dem Ende meiner Sichtweite lagen zudem die Überreste eines Trolls und ein wenig rechts von uns ragten drei Speere verquer aus einer Wand – offenbar eine der Fallen, die sich nach dem Auslösen nicht wieder in die Ausgangsposition begeben hatte.
Da nichts zu hören war und sich innerhalb meiner Sichtweite auch nichts bewegte, schoss ich einen Feuerpfeil gerade die Halle hinunter, der auf seinem Weg ein sich in gleicher Art fortsetzendes Bild beleuchtete, ehe seine Reichweite erschöpft war und er auf dem Boden aufschlug, woraufhin ein Geräusch wie von einer Sprungfeder zu hören war.
Wir lauschten angestrengt, ob sich irgendetwas Lebendiges regte, doch abgesehen von leisem Steingeriesel, das sicher mein Feuerpfeil verursacht hatte, war nichts zu hören. Nachdem wir sicher waren, dass alles wieder ruhig war, erklärte Guinney, ihrer Meinung nach sei der Raum noch stabil, doch wenn noch mehr Säulen einstürzten, würde vermutlich auch die Decke nachgeben, weshalb wir versuchen sollten, keine weiteren Strukturschäden zu verursachen.
Mir fiel in diesem Moment Eckhardt wieder ein, den ich nun nach einem Beleuchtungsmechanismus befragte, doch er bot uns nur (gegen Bezahlung natürlich!) eine Laterne aus der Lore an. Wir verzichteten dankend und als wir im nächsten Moment das leise Klicken von Zahnrädern hörten und die beiden Türflügel sich sehr langsam wieder zu schließen begannen, fragten wir ihn, ob er mit rein kommen oder lieber draußen warten wolle.
Obwohl er zunächst zögerte (immerhin war keiner seiner Vorgänger wieder zurückgekommen) und wir ihm versicherten, wir würden niemandem verraten, wenn er einfach vor der Tür wartete, erklärte er nach einem Moment des Mit-sich-ringens, er würde fürs Erste mit hineinkommen, sich aber wie bereits erklärt hinten halten.
Guinney verdrehte die Augen und ich überlegte, dass wir wohl gute Chancen hätten, ihn notfalls mit einer Illusion in die Flucht zu schlagen. Währenddessen traten wir alle ein, wobei wir die gut fünf mal fünf Fuß großen Bodenplatten argwöhnisch in Augenschein nahmen. Viele von ihnen schienen Fallen zu enthalten, von denen aber bereits einige ausgelöst und dauerhaft zerstört waren, sodass wir zumindest aktuell sicher standen.
Ich schlug vor, uns zunächst die skelettierten Überreste näher zu betrachten, um herauszufinden, was passiert war und wie lange das zurücklag. Ich glaubte nicht, dass in diesem weitgehend zerstörten Raum noch viele Fallen aktiv waren und es einfach sein müsste, sichere Wege auszumachen, sodass wir uns aufteilen konnten, doch die anderen wollten lieber kein Risiko eingehen.
Schließlich schaltete Emeria sich auf Mordai, der zu einem der Skelette hinüber flatterte und darauf landete. Halb zu uns, halb zu sich selbst teilte Emeria uns murmelnd ihre Erkenntnisse mit. Die Leiche war offenbar schon älter, mindestens ein Jahr, sah aber zugleich so aus, als wäre sie abgenagt worden – vielleicht von Menschen?
Ein plötzlicher Gedankenblitz ließ mich herumwirbeln, die unbewegliche Metallstange aus meinem Beutel ziehen, zur sich nach wie vor langsam schließenden Tür hechten und die Stange so vor den rechten Türflügel klicken, dass dieser sich nicht weiter schließen konnte.
Tatsächlich stockte der Türflügel und verschiedene klirrende und reißende Geräusche erklangen, als kämpfte eine Maschine gegen eine unerwartete Blockade. Der linke Türflügel schloss sich weiter, doch wenn der rechte in dieser Position bliebe, würde eine ausreichend große Lücke bleiben, durch die wir die Halle wieder verlassen konnten.
Schnell wandte ich mich an Sval mit der Aufforderung, diese Lücke mit einem Steinblock zu sichern und er und Guinney, die meinen Gedankengang offenbar verstanden hatten, eilten los, um eine der zerbrochenen Bodenplatten zu holen und in der Lücke zu verkannten.
Ich sprach meine Überlegung, dass diese Abenteurer vielleicht einfach nicht wieder herausgekommen waren, weil sie die Tür nicht wieder hatten öffnen können, nun laut aus, ehe ich mich mit der Frage an Eckhardt wandte, wie lange schon Söldnergruppen wie wir hier herunter geschickt wurden. Er wusste aber wie wir auch nur von den letzten Wochen und hatte keine Ahnung, ob vor über einem Jahr bereits ähnliche Bemühungen stattgefunden hatten.
Inzwischen hatte sich der linke Türflügel vollständig geschlossen und nachdem Guinney und Sval den herangeschafften Stein ordentlich verkanntet hatten, klickte ich die unbewegliche Metallstange wieder aus, woraufhin wir alle einen Moment den Atem anhielten.
Zwar schien die Konstruktion zu halten, doch Guinney war sich nicht sicher, für wie lange und auch nachdem sie mit Sval noch einen weiteren Felsblock in die Lücke geschoben hatte (sodass man nur noch einzeln durch die verbliebene Lücke kriechen konnte) schätzte sie, dass uns vielleicht nur wenige Stunden blieben, da sie nicht vorhersagen konnte, ob auf Dauer der Stein oder der magisch angetriebene Schließmechanismus gewinnen würde.
Während sich Guinney und Sval also mit dem zweiten Steinblock abmühten, wandte ich meine Aufmerksamkeit wieder den Skeletten zu, von denen eines neben einer Säule halb von einem großen Stück Stoff bedeckt war.
Neugierig ging ich dorthin und erkannte, dass es sich um ein gut zwei Meter langes Stück eines Banners handelte, auf dem das Zeichen von Bhara Lugdur abgebildet war. Ein Blick nach oben zeigte mir, dass dort der kleine Rest des Banners hing. Da der Brustkorb des Skelettes seltsam versetzt zum restlichen Körper schien, überlegte ich, dass, wer auch immer das Skelett zu seinen Lebzeiten auch gewesen war, dieses von einem mächtigen Schlag des Trolls gegen das Banner geschleudert worden war, das daraufhin abgerissen war.
Da die Tür inzwischen soweit möglich gesichert war, stellte ich meine innere Uhr auf etwa sechs Stunden ein (Guinney schätzte, zumindest so lange dürfte die Tür offen bleiben) und ging mit Emeria zusammen los, da ich mit meinem Feuerpfeil und sie mit ihren unheimlichen Strahlen die Bodenplatten auf ihre Sicherheit testen konnten.
Wir lösten nur eine Bodenplatte aus, unter der wohl mal eine Fallgrube gewesen war, die aber bereits mit Schutt aufgefüllt worden war (war das ein Hinweis auf hier unten lebende intelligente Kreaturen, die regelmäßig hier vorbeikamen?) und gelangten so bis zu dem Trollskelett (Eckhardt folgte uns in einigem Abstand, darauf bedacht, unserem Weg zu folgen), wo Guinney sich eine lange Rippe herausbrach, die sie in der Folge als Taststock benutzen wollte, da das weniger auffällig als unsere Zauber war.
Wir stellten fest, dass auch der Troll schon seit mindestens einem Jahr hier lag. Außerdem entdeckte Emeria die Spuren schwerer Stiefel, die jedoch auch alle tiefer in die Halle führten – Spuren in der entgegengesetzten Richtung konnten wir keine ausmachen.
Ich schoss einen weiteren Feuerpfeil die Halle hinunter, der nach knapp dreißig Metern in ein Hindernis einschlug, sodass wir dort das Ende der Halle vermuteten, auch wenn wir es nicht sicher hatten erkennen können.
Da Guinney nun ihre Rippe hatte, führte sie uns an, gefolgt von mir, Emeria und schließlich Sval, während Eckhardt uns wieder ein gutes Stück Vorsprung ließ, ehe auch er unserem Weg folgte.
Zwar bemerkte Guinney eine verdächtig nachgebende Bodenplatte rechtzeitig, sodass sie uns darum herumführen konnte, doch gerade als wir uns daran vorbei bewegten, rutschte ein Stück Schutt ab, was die Falle auslöste. Drei Speere schossen aus dem Boden und nur Guinney gelang es, ihrem vollständig auszuweichen.
Ich selbst machte noch rechtzeitig einen Schritt zur Seite, sodass die Spitze nur leicht meine Haut aufschrammte, doch Sval hatte nicht ganz so viel Glück und trug einen richtigen Schnitt davon.
Als die Falle sich anschließend wieder neu aufbauen wollte, verhakte sich offenbar der Mechanismus, ein Knirschen war zu hören und die Platte zerbrach halb, sodass wir einen Blick auf das ausgeklügelte Getriebe werfen konnten, das schon ordentlich mit zu Sand zermahlenen Schutt zugesetzt war.
Nach diesem Zwischenfall passierte nichts unerwartetes mehr, sodass wir kurz darauf auch tatsächlich das Ende der Halle erreichten. An der letzten Säule bemerkte ich ein weiteres Banner von Bhara Lugdur, das völlig intakt aussah, ganz im Gegensatz zu der Tür, deren rechter Flügel zwar offen war, allerdings so verschüttet, dass wir nur durch ein kleines Loch kriechen konnten. Emeria spähte auf meinen Vorschlag mit dem Schrumpfkopf durch das Loch, hinter dem sich offenbar ein kleiner Tunnel anschloss, der zudem um mindestens eine Ecke führte.
Guinney erklärte sich (nachdem wir es für unwahrscheinlich erklärt hatten, dass am anderen Ende Geister lauerten) bereit, als erste hindurch zu kriechen. Schneller als erwartet meldete sie sich über den Ohrring, dass sie auf der anderen Seite angekommen war, also machte ich mich als nächste auf den Weg.
Direkt hinter dem Tor schien der Tunnel parallel zur Wand nach links zu führen, ehe er nach knapp zwei Metern nach rechts abbog – als ich die Biegung erreichte, öffnete er sich im Schutt auch schon in einen weiteren Raum, der ganz ähnlich wie der erste aufgebaut zu sein schien.
Ich gesellte mich zu Guinney, die hinter einer nahen Säule wartete, dann gab ich flüsternd durch den Ohrring weiter, dass der nächste los konnte. Gerade als ich mich neben Guinney an die Säule drückte, flüsterte sie durch den Ohrring, hier sei irgendetwas und dass wir uns beeilen sollten.
Als wir gleich darauf wieder lauschten, hörte ich etwas, das mich entfernt an eine Kuh erinnerte. Ich warf Guinney einen fragenden Blick zu, die erklärte, sie hätte zuvor so etwas wie ein Klappern gehört, das allerdings definitiv nicht so klang wie Geröll, das sich löste und in die Tiefe kullerte.
Gleich darauf hörte ich es auch, bis Emeria auftauchte, was die leisen Geräusche für den Moment übertönte. Sie hatte gerade Sval das Zeichen gegeben, dass der Tunnel wieder frei war, als Guinney sich auf den Ohrring schaltete und ihn fragte, ob er den Tunnel hinter sich zum Einsturz bringen könnte, um Eckhardt loszuwerden. Hektisch griff auch ich an den Ohrring, um Sval eindringlich zu erklären, dass wir diesen Gang noch brauchten, da wir heute ohnehin nur zum kundschaften hier waren.
Während wir nun wieder still auf Sval warteten, hörten wir das eindeutige Geräusch von Metall, das über den Boden gezogen wurde. Emeria meinte, es würde sich ganz so anhören, als würde jemand eine große Axt oder dergleichen hinter sich herziehen.
Gleich darauf tauchte Sval auf, der es trotz seiner Rüstung offenbar ebenfalls problemlos durch den Tunnel geschafft hatte. Flüsternd berichteten wir auch ihm von den Geräuschen, die wir gehört hatten, dann lauschten wir alle noch einmal, bis Sval meinte, er könne mindestens zwei verschiedene Geräuschquellen unterscheiden.
Nach einer kurzen Besprechung hielt Emeria Mordai um die Ecke der Säule, hinter der wir uns versteckten, und schaltete sich auf ihn drauf. Gleich darauf erklärte sie, diese Halle sei ein gutes Stück kürzer als die erste, ansonsten aber ganz ähnlich. Außerdem konnte sie gut ein Dutzend Schemen erkennen, von denen zwei so groß waren, dass sie bis fast unter die Decke reichten. Allerdings bewegten sie sich auf eine Art, die Emeria vermuten ließ, es handle sich um Untote.
Um ganz sicher zu gehen, schickte Emeria Mordai auf einen vorsichtigen Erkundungsflug, von dem sie ihn einige Sekunden später zurückrief, offenbar gerade noch rechtzeitig, um einem Bolzen auszuweichen. Tatsächlich handelte es sich bei den Schemen um Untote in Form von Skeletten und Zombies, auch im Fall der beiden sehr großen Gestalten, bei denen es sich um ungewöhnlich hochgewachsene Trollzombies handelte.
Ein wenig irritiert fragte ich bei Emeria nach, um sicher zu gehen, dass Untote nicht einfach so entstanden, und sie bestätigte, dass es dafür normalerweise einen nekromantischen Auslöser brauchte, auch wenn es nicht immer absichtlich geschah. Sie fügte noch hinzu, dass Zombies und Skelette normalerweise nicht sehr intelligent und auch keine größere Gefahr waren, dass sie aber oftmals gegen verschiedene Dinge (wie zum Beispiel Gifte) resistent oder sogar immun waren und sie gewisse Fähigkeiten aus ihren Lebzeiten auch im Untot behielten, was alles mögliche von Schwertkampftechniken bis hin zu Magiebeherrschung sein konnte.
Meine Erinnerung, was Untote wie Skelette betraf, war, dass diese nicht besonders viel aushielten, wenn es um Feuermagie ging. Also schlug ich vor, den Teleportwecker von Sandrino in den Raum zu werfen, zu warten, bis sich alle Untoten darum versammelt hatten, und dann mit einem Feuerball sie so weit möglich aus dem Spiel zu nehmen, sodass Guinney und Sval sich um die beiden Trollzombies kümmern konnten.
Die Idee wurde angenommen und nachdem wir noch ein paar Details besprochen hatten, brachte Sval sich in Position, während ich das Kästchen mit dem Teleportwecker herausholte und ihm rasch in die Hand drückte. Sval löste den Mechanismus und warf den Teleportwecker mitten in den Raum, wo er zu schrillen und im Drei-Meter-Radius herumzuteleportieren begann.
Teil eins des Plans funktionierte noch halbwegs gut – während Sval sich wieder hinter die Säule zurückzog, beobachtete ich von der Ecke aus, wie sich die Schemen zu dem Wecker hinbewegten, was sie ziemlich langsam taten und leider auch nicht alle.
Teil zwei lief dann deutlich schlechter als erwartet. Nachdem einer der Trollzombies und vier von den normalen Skeletten und Zombies sich innerhalb der nächsten halben Minute um den Teleportwecker versammelt hatten, schienen sie recht schnell das Interesse auch schon wieder zu verlieren, sodass ich beschloss, lieber jetzt einen Feuerball zu werfen, wo ich zumindest fünf erwischte. Ich erwartete, dass die beiden kleinen Skelette und Zombies in der Explosion einfach verbrennen würden, doch als die Flammen erloschen, standen noch alle fünf (nur vom Wecker war mit einem Schlag nichts mehr zu hören).
Einen Moment später flatterte Mordai an mir vorbei (der mich noch einmal daran erinnerte, dass er feuerfest war), gefolgt von Guinney, die mitten in den Pulk spurtete und dort herumzuhüpfen und -schreien begann, um die Aufmerksamkeit der Untoten auf sich zu lenken.
Da die Halle von den immer noch leicht brennenden Untoten in schwaches Licht getaucht wurde, erkannte ich, wie aus dem Dunkel am anderen Ende der Halle ein weiteres Skelett auftauchte, das offenbar einen Zauber auf Guinney zu legen versuchte, was aber glücklicherweise fehlschlug.
Während ich die Magie für den nächsten Feuerball sammelte, beobachtete ich, wie der eine Trollzombie auf Guinney losging, die den Faustschlägen problemlos ausweichen konnte, dann aber von dem zuschnappenden Maul überrascht wurde, aus dem sie sich aber gleich darauf wieder befreite. Auf der linken Seite der Halle kam nun der zweite Trollzombie angestampft, der sich offenbar von der anderen Seite auf Guinney stürzen wollte. Sval war aber bereits zur Stelle und griff ihn an, zumindest den Geräuschen nach, die zu hören waren, da es sich auf der anderen Seite der Säule abspielte, hinter der ich immer noch zur Mitte der Halle hin hervorspähte.
Was ich dafür sah war Guinney, die nun tatsächlich auch noch von den anderen Zombies und darüber hinaus von drei Skelettbogenschützen angegriffen wurde, glücklicherweise aber ohne großen Erfolg von Seiten der Untoten.
Ich wollte gerade meinen nächsten Feuerball schleudern, als ich eine weitere Bewegung noch einige Meter hinter Guinney bemerkte und dann eine ähnliche viel näher, neben der Säule rechts von mir. Als ich den Kopf drehte, erkannte ich ein kleines schwebendes Auge, das vier Tentakel hatte, die jeweils in einem weiteren, noch kleineren Auge endeten.
Bei diesem Anblick durchlief mich ein ungewohnter Schauder und um nichts in der Welt hätte ich mich diesem fliegenden Augapfel weiter nähern wollen, der mich bösartig anglotzte. Allerdings war das auch gar nicht nötig, denn indem ich mit aller Gewalt meine Aufmerksamkeit wieder auf die Gruppe neben und oberhalb von Guinney richtete, warf ich meinen zweiten Feuerball.
Diesmal vernichtete er zumindest einen der kleinen Zombies und ein Skelett, außerdem schmorte ich zwei der Bogenschützen und den untoten Magier an. Da der verbliebene kleine Zombie vor Guinney auch schon so aussah, als würde er gleich endgültig auseinanderfallen, schickte ich noch einen Feuerpfeil in seine Richtung, der ihn tatsächlich erledigte, sodass ich mich ein klein wenig erleichtert für den Moment ganz hinter die Säule zurückzog, um keinen der Untoten zu mir und Emeria zu locken (die inzwischen mit ihrem Umhang über mir an der Wand der Säule klebte).
Emeria selbst schob sich nun zur Ecke der Säule, von wo aus sie ihre unheimlichen Strahlen auf das fliegende Auge schleuderte, von denen zwei hoffentlich recht schmerzhaft einschlugen. Zumindest lenkten sie von Mordai ab, der völlig überraschend mit einer aggressiven Attacke auf den Augapfel einhackte, der tatsächlich regelrecht zerplatzte.
Sofort fühlte ich eine Welle der Erleichterung mich durchströmen, die ich sofort in einen weiteren Feuerball kanalisierte, während ich den Kampfgeräuschen lauschte, um wenigstens eine Idee davon zu haben, wohin sich unsere Gegner bewegten.
Als ich wieder um die Ecke spähte, erkannte ich, dass drei Skelette mit Bögen, der untote Magier und das zweite fliegende Auge inzwischen näher herangekommen waren und ein Feuerball von mir sie alle treffen würde und außerdem noch einem der Trollzombies, den ich nur teilweise sehen konnte (und der von Illinaans schemenhafter Gestalt abgelenkt wurde), ordentlich den Hintern verkohlen würde.
Sehr zufrieden beobachtete ich noch, wie der fliegende Augapfel einfach verbrutzelte und die drei Skelette ebenfalls durch mein Feuer vernichtet wurden, dann zog ich mich wieder hinter die Säule zurück. Es beunruhigte mich ein bisschen, dass der Hauptkampf offenbar direkt auf der anderen Seite der Säule ausgetragen wurde, hinter der ich und Emeria uns versteckten, denn so konnte ich auch Sval und Guinney nicht sehen.
Emeria, die ebenfalls um die Säule gespäht hatte, zog sich mit einem nicht ganz so zufriedenen Gesichtsausdruck wieder dahinter zurück, doch im nächsten Moment hörte ich Guinney erneut etwas rufen, um die Aufmerksamkeit unserer Gegner auf sich zu lenken, und kurz danach das Klappern von Knochen und Stahl, was ganz so klang, als wäre das Skelett mit dem Großschwert gerade zerstört worden.
Mein hastig um die Ecke geschossener Feuerpfeil auf den Teil des einen Trollzombies, den einzigen Gegner, den ich sehen konnte, ging leider fehl und so zog ich mich wieder hinter die Säule zurück und atmete tief durch, um mich besser zu konzentrieren, ehe ich es erneut versuchte.
Auch Emeria schaute wieder rasch um die Ecke unserer Säule und kurz darauf hörte ich Guinney in den hinteren Bereich der Halle sprinten. Ich überlegte noch, was das zu bedeuten hatte, als plötzlich einer der Trollzombies direkt vor mir und Emeria auftauchte und Emeria auch gleich angriff, die ja immer noch direkt an der Ecke schräg über mir an der Säule klebte und dadurch wahrscheinlich für den Trollzombie besser zu erreichen war.
Sie musste zwei heftige Treffer einstecken, bis offenbar Sval an der anderen Seite des Trollzombies auftauchte, denn dieser schien von irgendetwas heftig in den Rücken getroffen zu werden.
Da ich näher zu der linken Ecke stand, warf ich einen Blick daran vorbei und entdeckte den anderen Trollzombie, der dort von Mordai umflattert nur wenige Meter entfernt nach einem Ziel suchte. Rasch zog ich meinen Kopf wieder zurück und schoss dann einen weiteren Feuerpfeil auf den Troll vor Emeria, der diesmal immerhin traf.
Emeria selbst verschwand mit einem leisen Plopp in einer silbrigen Wolke, die mich entfernt an einen Nebelschritt erinnerte, ehe sie offenbar aus einiger Entfernung ihre unheimlichen Strahlen gegen ihren Angreifer schickte, dessen Schädel regelrecht explodierte, sodass der Trollzombie laut zu Boden krachte.
Ein plötzlicher Blitzstrahl erhellte die Halle und krachte in die Wand neben mir. Ich hörte Sval leise stöhnen, dann erneut die donnernden Schritte und wuchtigen Schläge des zweiten Trollzombies und dann Emerias erschrockenen Aufschrei.
Ich hastete zurück zur rechten Ecke der Säule und erkannte nur wenige Meter entfernt den zweiten Trollzombie, in dessen halb verwesten Brustkorb eindeutig Sval steckte, der sich nicht bewegte.
Ich wollte schon einen Feuerpfeil auf ihn schießen, bemerkte aber ein gutes Stück dahinter mit einem Mal den untoten Magier, bei dessen Anblick mir schlagartig klar wurde, dass Guinney scheinbar verschwunden war. Also lenkte ich den Feuerpfeil gegen ihn, da ich argwöhnte, er könnte Guinney irgendwie magisch aus dem Spiel genommen haben.
Mein Feuerpfeil zerschmetterte den Schädel des untoten Magiers und während er zusammenbrach, zog ich mich besorgt wieder hinter die Säule zurück, hoffend, dass was immer Guinney in Bann gehalten, nun seine Wirkung verloren hatte. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich Emeria, die nun an der Säule schräg rechts von meiner klebte und gerade einen Heilzauber vorbereitete.
Kurz darauf hörte ich erleichtert Guinneys flinke Schritte und ihre wütenden Schläge, also spähte ich erneut um die Ecke. Ich sah, wie der Trollzombie gerade auf Emeria losgehen wollte, als sich Drachenend von Innen durch seinen Schädel bohrte. Unser letzter Gegner ging krachend zu Boden, wobei er einen Teil der Säule, an der Emeria klebte, zerschmetterte, was die ganze Halle kurz zum Beben brachte.
Guinney lief bereits zu dem gefällten Trollzombie und half Sval, der sich gerade einen Weg aus dem unnatürlich weit offen stehendem Maul seines Kontrahenten nach draußen bahnte. Emeria, die noch immer leicht schimmerte, als wäre sie in einen permanenten Nebelschritt gehüllt, ploppte ebenfalls neben den beiden auf.
Als ich dazu kam, war Guinney bereits am feiern (sie erklärte, der untote Magier hätte sie verbannt) und Emeria schickte weitere Heilung zu Sval, der sowohl körperlich als auch psychisch nach wie vor angeschlagen aussah.
Da sich alle drei dringend ein wenig ausruhen mussten, ich aber nicht mal einen Kratzer in dem Kampf abgekommen hatte, erklärte ich mich bereit, den Raum zu durchsuchen, während die anderen eine Pause machten.
Da beim Kampf keine Fallen im Boden ausgelöst worden waren, ging ich davon aus, dass entweder die Anwesenheit der Untoten die meisten entschärft hatte, oder in diesem Raum einfach weniger versteckt worden waren.
Ich schleppte den einen Glotzer (was mir ein passender Name für die fliegenden Augen erschien), der noch halbwegs okay schien, zu Emeria, damit sie ihn in die Kühltasche packte (es war hier im Dunkel ohne vernünftiges Werkzeug und Ruhe zu schwierig, das Auge für den Glaskörper zu zerschneiden). Dann machte ich mit den Überresten der Untoten weiter, bei denen ich insgesamt 850 Goldmünzen, Diamanten, magisches Residuum und drei Coratherze fand.
Außerdem bemerkte ich, dass eines der Skelette die Überreste einer Uniform trug, die der von Eckhardt ausgesprochen ähnlich sah, und dass die Tür zum nächsten Raum, die zuvor verschüttet gewesen war, wohl durch die letzte Erschütterung teilweise freigelegt worden war.
Ich gab Sval die Erze und Emeria die Diamanten und das Residuum, während ich das Gold erstmal in meinem verbliebenen Nimmervollen Beutel sammelte. Emeria wiederum erhob sich kurz und kam gleich darauf mit zwei Schädeln zurück, die sie befragen wollte.
Sie ließ sich im Schneidersitz in unserer Mitte nieder und hielt den ersten Schädel auf Augenhöhe vor sich. Gleich darauf zogen sich schwarze Schlieren von ihrer Hand über den Knochen und durch dessen Öffnungen ins Innere und mit einem rasselnden Stöhnen erwachte der Schädel kurzzeitig zu so etwas ähnlichem wie Leben.
Wir erfuhren, dass sein Name Kirral Eisenfinger gewesen war, der wie Eckhardt eine der vorherigen Söldnergruppen begleitet hatte, die ebenfalls in diesem Jahr hier herunter geschickt worden waren. Außerdem erklärte der Schädel, tiefer in der Schatzkammer würden uns Dunkelheit und Tod erwarten und dass er selbst von einem fliegenden Juwel getötet worden war.
Damit waren für den Moment alle Fragen aufgebraucht und das schwache Abbild von Leben verließ Kirral Eisenfingers Schädel, der, von Emeria fein säuberlich beschriftet, in ihren Nimmervollen Beutel wanderte, ehe sie sich dem zweiten Schädel zuwandte, der dem untoten Magier gehört hatte.
Dieser stellte sich als wenig zugetan heraus, denn er antwortete Emeria jedes Mal nur auf zwergisch, sodass Guinney übersetzen musste. Ihr zufolge erwartete uns in der nächsten Kammer unser Ende und zwar in Form eines fliegenden Juwels, dessen Blick tödlich sei. Außerdem würde die, die in seinem Blickfeld gestorben waren, wieder auftauchen, was vermutlich zum Untot auferstehen bedeutete.
Als Emeria den Schädel fragte, wer sein Meister sei, kam als übersetzte Antwort, er sei unser Ende, was meine Vermutung, der Kopf (oder was auch immer da jetzt drin steckte) könne uns nicht besonders leiden, verstärkte. Wir erfuhren noch, dass sein Meister vermutlich mehr Untote erschaffen wollte. Wo das Herz des Berges war, wusste der Schädel Guinney zufolge auch nicht, was mich nicht sonderlich überraschte.
Während Emeria auch den Magierschädel in ihren Beutel stopfte, versanken wir alle ein wenig ins Grübeln, was es mit diesem fliegenden Juwel wohl auf sich haben könnte. Ich überlegte, ob es vielleicht so etwas wie ein über und über mit Gold und Edelsteinen behängter Betrachter sein könnte, bis ich Emeria irgendetwas von Orkus vor sich hinmurmeln hörte, was ich als Aussicht noch viel schlimmer fand (immerhin gab es diese unerklärliche Verbindung von Orkus in meinen Kopf).
Wir beratschlagten einen Moment, doch da wir im Grunde noch nichts nützliches herausgefunden hatten in Bezug auf das Herz des Berges oder die Runenschlüssel, beschlossen wir, dass wir es mit dem nächsten Raum versuchen wollten (und Eckhardt, der immer noch nicht aufgetaucht war, auch nicht dazu holen würden).
Auf dem Weg zur Tür bemerkte Emeria auf den letzten Metern, die wohl von den Untoten nicht oft genug betreten worden waren, ein paar Mal gerade noch rechtzeitig weitere Fallen im Boden, sodass wir unversehrt an der halb verschütteten und zerstörten Tür ankamen, die inzwischen ebenfalls einen Durchbruch aufwies, der groß genug schien, dass wir uns hindurchschieben konnten.
Guinney wollte sogleich hindurch, wurde aber erneut von Emeria zurückgehalten, die uns lauschen hieß – in der darauf folgenden Stille hörten auch wir schwach weiteres Stöhnen und Schleifen aus der nächsten Kammer, das auf weitere Untote hindeutete.
Guinney flüsterte uns zu, falls da wieder ein untoter Magier dabei sei, sollten wir den zuerst ausschalten, weil sie nicht noch mal verbannt werden wollte, dann zwängte sie sich als erste durch den Schutt. Nur einen Augenblick später hörten wir sie schon durch den Ohrring flüstern, dass es ungewöhnlich dunkel auf der anderen Seite sei und sie gerade mal knapp ihre eigene Körpergröße weit sehen konnte. Außerdem öffnete sich links vom Durchbruch ein Abgrund in die Tiefe, weshalb wir uns nach rechts halten sollten.
Emeria schob sich also als nächstes durch den Schutt, um sich die unnatürliche Dunkelheit selbst anzuschauen (da sie womöglich etwas dagegen tun konnte), und ich folgte ihr neugierig und skeptisch zugleich.
Tatsächlich erwartete mich auf der anderen Seite eine beinahe undurchdringliche Finsternis, nach nicht einmal zwei Metern verlor sich alles in Schwärze, sodass ich weder die Decke noch den Boden des Abgrundes erkennen konnte. Als ich mich an der Wand entlang auf die rechte Seite von Emeria bewegte, konnte ich sogar den Abgrund schon nicht mehr erkennen.
Hinter uns arbeitete Sval sich dank seiner Rüstung durchaus vernehmlich durch den Schutt und mit leichtem Unbehagen stellte ich fest, dass das Stöhnen der Untoten sogleich aufgeregter klang und scheinbar lauter wurde. Angespannt flüsterte ich Emeria zu, sie solle etwas gegen diese Dunkelheit unternehmen (immerhin konnte sie Magie zerstreuen und was sonst konnte das hier sein, wenn kein magischer Effekt), als wir alle plötzlich in der Ferne etwas aufleuchten sahen – ein violettes Juwel, das wie ein eingebranntes Nachbild auf der Netzhaut im Schwarz des Raumes schwebte.
Im nächsten Moment spürte ich eine Art schwache Druckwelle aus Richtung des Juwels über mich hinwegrauschen, die gleich darauf zurück schnellte, wobei ich spüren konnte, wie ein Teil meiner Lebensenergie mitgerissen wurde. Dem entsetzten Keuchen der anderen nach hatten auch sie dieselbe unerfreuliche Empfindung durchlebt.
Zwar war der Effekt nur sehr schwach, doch erstens vermutete ich, dass er sich schon bald wiederholen würde, und zweitens warteten wohl noch jede Menge Untote vor uns. Angesichts dieser Überlegungen und der Tatsache, dass das Leuchten des Juwels rasch nachließ, sodass es einen Wimpernschlag später schon wieder in der Dunkelheit verschwunden war, kam ich zu dem Schluss, dass wir schnell handeln mussten.
Also schleuderte ich einen Feuerball in die Richtung des Juwels, solange ich zumindest noch eine Idee davon hatte, wo es war (aufgrund der Dunkelheit war es schwer, die Entfernung verlässlich abzuschätzen).
Zwar hörten wir die Explosion eines Einschlags, doch sehen konnten wir von dem Feuerball nichts. Dafür hörte es sich so an, als würden sich die Untoten nun für den Kampf mobilisieren und gleich darauf tauchte erneut das Juwel in der Ferne auf und eine weitere Welle des Lebensentzugs schwappte über uns hinweg.
Gleich darauf ertönte das unheilvolle Sirren von Bogen- und Armbrustsehnen und aus der Dunkelheit kamen Pfeile und Bolzen geflogen, die allesamt auf Guinney zielten, die etwas vor uns stand, mit unglaublichen Reflexen auswich (glücklicherweise verfehlten uns die daneben gehenden Schüsse haarscharf) und den letzten Pfeil auffing, kurz bevor er in ihrer Brust einschlagen konnte.
Während Mordai nach schräg rechts in die Dunkelheit davonflatterte, schien Guinney, deren Rücken ich noch gerade so erkennen konnte, von vorne angegriffen zu werden. Neben mir klaubte Emeria etwas vom Boden auf und flüsterte ein paar Worte, woraufhin das (vermutlich) Steinchen in ihrer Hand zu glimmen begann und dann mit einem Schlag helles Tageslicht in einem Umkreis von fast zehn Metern verströmte.
Als sich meine Augen an das plötzliche Licht gewöhnt hatten, erkannte ich vor Guinney zwei Zombies und ein Stück dahinter einen weiteren Abgrund. Auf dessen anderer Seite standen zwei Skelette mit Bögen und von links, wo sich die Plattform, auf der wir offenbar standen, zu einem Weg verschmälerte, der in einer Rechtskurve zu den Skelettbogenschützen führte, kam gerade ein weiterer Zombie angeschlurft.
Auch rechts von uns tat sich ein weiterer Abgrund auf, über dem ein schwarzes, ledriges Etwas schwebte, das sich vor der plötzlichen Helligkeit wand und gleich darauf den Rückzug in die schlagartig hinter den knapp zehn Metern Licht einsetzende Dunkelheit antrat.
Ich erhaschte noch einen Blick auf drei Schwänze, die in silbrigen Stacheln endeten, dann wurde meine Aufmerksamkeit von Sval abgelenkt, der losgespurtet war und den einen Zombie vor Guinney mit einem kräftigen Stoß in den Abgrund dahinter katapultierte, ehe er nach links rannte, um den von dort kommenden Zombie in der Kurve zu stellen und mit zwei schnellen Hieben von Drachenend zu vernichten.
Ich lief Sval ein Stück hinterher, da das Licht links auf eine Wand traf und ich vermutete, dort sicherer zu sein, als auf der anderen Seite, dann berührte ich das Drachenmedaillon an meinem Gürtel und rief Waphir über ein Dutzend Meter in die Dunkelheit voraus herbei. Zwar konnte ich ihn so leider nicht sehen, doch hoffte ich, dass er dadurch nah genug an dem Juwel war, um es zu finden und anzugreifen.
Ich wusste, dass er über eine Blindsicht verfügte, die ihm auch in magischer Dunkelheit eine gute Orientierung erlauben sollte, und sobald ich die Wirkung des Zaubers spürte, rief ich ihm zu, er solle das fliegende Juwel vor sich finden und zerstören. Ich hörte ihn vor mir in der Schwärze zustimmend brüllen und kurz darauf das erfreuliche Geräusch von Klauen, die auf etwas Hartes einschlugen.
Im gleichen Moment kamen aus der Dunkelheit vor Sval drei silbrige Stachel geflogen, die ihn unvorbereitet trafen, und ich hörte auch von Emeria, die immer noch an der Wand neben der Eingangstür stand, einen leisen Schmerzenslaut.
Ich drehte mich zurück und sah noch, wie auch sie sich einen dieser silbrigen Stachel aus dem Arm zog, als mit einem dumpfen Krachen ein Trollzombie auf der nächsten Plattform auftauchte, der einen weiteren Sprung machte und mitten zwischen uns landete, was den Boden unheilverkündend erbeben und knirschen ließ.
Es gelang mir gerade so auf den Beinen zu bleiben, doch Emeria stolperte und ging zu Boden, ebenso wie der verbliebene Zombie vor Guinney, der netterweise direkt in den Abgrund hinter ihm stürzte.
Weniger erfreulich war, dass der Trollzombie sogleich wie wild um sich zu schlagen begann, doch wie durch ein Wunder erwischte er nur Sval mit einem schwächlichen Treffer. Guinney, die sich dem auf sie zielenden Faustschlag flink aus dem Weg geduckt hatte, stieß einen Kampfschrei aus und ging auf den Trollzombie los, der gleich darauf von Illinaans durchscheinender Gestalt umschwirrt wurde, ehe sie auch schon wieder von ihm abließ und mit einem Satz über die Schlucht auf die zweite Plattform sprang, wo sie hinter einem der Sklettbogenschützen in der Dunkelheit verschwand, der gleich darauf in den Abgrund geschubst wurde.
In diesem Moment sah ich aus dem Augenwinkel wieder das Juwel aufleuchten und spürte die nekrotische Welle über mich hinwegrauschen, die zu meinem Unbehagen den von Guinney leicht angematschten Trollzombie wieder ein wenig zu stärken schien.
Allerdings hörte ich Guinney gleich darauf aus der Dunkelheit rufen, dass was auch immer Waphir tat zu funktionieren schien. Ich schaute unwillkürlich in ihre Richtung, sah aber nur den zweiten Sklettbogenschützen, der sich gerade in die Schwärze zurückzog, aus der auch schon erneut das Geräusch sirrender Bogensehnen zu hören war. Ein Pfeil traf Sval vor mir, die anderen mussten wohl Guinney gegolten haben.
Auf der anderen Seite des Trollzombies hatte Emeria sich wieder aufgerappelt und als unsere Blicke sich trafen, machte sie eine Geste, dass ich dort verschwinden sollte. Kurz war ich irritiert, doch dann sah ich, wie sie magische Energie in ihrer Hand sammelte und damit auf die brüchige Stelle unter dem Trollzombie zielte.
Hastig machte ich ein paar Schritte in Richtung zweiter Plattform, während Sval sich an mir vorbei auf den Trollzombie stürzte (der immer noch ziemlich von Illinaan abgelenkt war) und die ganze Macht seiner Kampfkunst gegen ihn entfesselte. Die Ablenkung nutzend drehte ich mich noch einmal zu dem nun deutlich angeschlagenen Koloss um und verpasste ihm noch einen Feuerpfeil, der just in dem Moment traf, da Emerias Zauber in den Boden zu dessen Füßen einschlug und ein Stück heraussprengte, was aber leider nicht reichte, um den Trollzombie zu Fall zu bringen.
Ich wandte mich nun wieder der Dunkelheit zu, die wenige Schritte von mir entfernt begann, und rief Waphir die Frage zu, ob er noch weitere deutlich größere Untote wahrnehmen konnte, dort wo er gerade war. Ich hörte eine kurze Unterbrechung in seinem Angriff auf das Juwel und dann eine verneinende Antwort, was zwar nicht mit Sicherheit ausschloss, dass es einen weiteren Trollzombie in diesem Raum gab, es aber zumindest unwahrscheinlicher machte.
Ein leises Zischen von direkt vor mir und von schräg rechts war alles, was ich als Vorwarnung hatte, doch gelang es mir drei der sechs silbrigen Stacheln mit einem magischen Schild abzuwehren und Sval, der eigentlich hinter mir mit dem Trollzombie rang (von ihm aber nur mehr schwächliche Treffer abbekam), schaffte es irgendwie einen der anderen so mit dem Schwert zu erwischen, dass er zumindest in meinem Arm statt in meinem Gesicht einschlug.
Irgendwo von rechts hörte ich mit einem Mal wieder Kampfgeräusche, die sehr nach Guinneys schnellen Schlägen klangen, und Illinaans ätherische Gestalt zischte weg von dem Trollzombie in ihre Richtung und verschwand ebenfalls in der Schwärze, gerade als das Juwel wieder aufleuchtete und eine weitere nekrotische Welle aussandte.
Ein Blick zu dem Trollzombie zeigte, dass er wieder etwas geheilt wurde, doch nutzte ihm das nichts, da Sval ihm mit zwei schnellen Hieben ein Bein durchtrennte, sodass er nun doch den Halt verlor und in den Abgrund stürzte.
Unterdessen tauchte Mordai aus der Dunkelheit wieder auf und flog zu Emeria, von der er den Tageslichtstein bekam. Als dabei ganz rechts erneut eines dieser seltsam ledrigen Geschöpfe auftauchte, feuerte Emeria sogleich ihre unheimlichen Strahlen auf es und Sval versuchte ihm noch einen Bolzen zu verpassen, im gleichen Moment da ich einen Feuerpfeil auf es schleuderte, doch da war es bereits wieder in der Schwärze verschwunden und unsere Angriffe gingen ins Leere.
Ich selbst wurde hingegen leider von einem der beiden auf mich aus der Dunkelheit abgeschossenen Pfeile getroffen, der andere scheiterte aber glücklicherweise an meinem langsam nachlassenden Schild.
Zusammen mit Sval lief ich auf die zweite Plattform direkt an der Grenze zur Dunkelheit hin, wobei ich laut nach Waphir rief, ob seine Bemühungen an dem Juwel Fortschritte machten. Seine Antwort war, dass seine Angriffe weniger Schaden als erwartet anrichten würden, aber auch alles andere als wirkungslos waren.
Kaum hatte er geendet, da schwirrte die Luft um uns her schon wieder von silbrigen Stacheln. Ich selbst konnte einem noch gerade so ausweichen und Sval gelang es diesmal, einen Stachel ganz abzulenken, sodass ich nur von einem getroffen wurde, doch dafür erwischten ihn die drei, die auf ihn gezielt hatten, komplett (ein winzig kleiner Teil in mir fragte sich, ob auch ich so langsam Ähnlichkeit zu einem Stachelschwein bekam).
In diesem Moment rief Guinney von vor uns aus der Dunkelheit, dass der Weg frei sei und wir hinterher kommen sollten und zugleich leuchtete das Juwel erneut auf. Die nekrotische Welle schien mir dieses Mal deutlich schwächer als zuvor, doch inzwischen spürte ich eindeutig die Strapazen des Kampfes und so war ich erleichtert, dass nur ein weiterer Bolzen auf mich zugeflogen kam, den ich mit dem erneuerten Schild abwehren konnte (wohingegen Sval einen weiteren Treffer abbekam).
Mordai wiederum, der ebenfalls angegriffen worden war, konnte allen Stacheln ausweichen und flatterte mit dem Tageslichtstein zu mir und Sval über die zweite Plattform, sodass endlich ein größerer Teil des Raumes erleuchtet wurde.
Die Plattform, auf der Sval und ich gerade standen, führte parallel zu der ersten in ähnlicher Breite weiter, bog dann aber um eine Linkskurve zur dritten Plattform, auf der Guinney offenbar gerade ankommen war. Tatsächlich war der Weg hinter ihr frei, doch auf der dritten Plattform standen zwei Skelettbogenschützen sowie einige Zombies (die gerade auf Guinney losgingen) und ein gutes Stück links, rechts und vor mir schwebte je ein weiteres dieser ledrigen Fliegeviecher über dem Abgrund, die sich in dem plötzlichen Licht eindeutig wanden und ihm sicher gleich wieder zu entfliehen versuchen würden.
Während Guinney sich ohne Schwierigkeiten gegen die Zombies behauptete, tauchte mit einem Mal Emeria mit Hilfe ihres Fernschrittzaubers rechts von uns auf der zweiten Plattform auf, wo sie sogleich mit ihrem Zauberstab der Heilung eine Welle heilender Energie aussandte, ehe sie sich auf den Boden legte, um den Skelettschützen ein schwierigeres Ziel zu bieten.
Ich hatte den Eindruck, der Effekt sei nicht so stark wie sonst, was sicher an dem Juwel lag, auch wenn es gerade nicht leuchtete. Sval stürmte jedoch bereits wieder voller Energie zu dem ledrigen Etwas links von uns, das er gerade noch erreichten konnte, und erledigte es mit zwei schnellen Hieben, sodass er noch einen Bolzen auf das rechts von uns schießen konnte.
Ich selbst hatte nun endlich wieder die Sicht und die günstig platzierten Gegner, um einen Feuerball werfen zu können, der ein Skelett, einen Zombie und das obere Fliegevieh direkt vernichtete und ein weiteres Skelett und einen Zombie ordentlich ansengte.
Ich war gerade neben Emeria gelaufen, als ich das Fauchen von Waphirs Feueratem hörte und fast im selben Moment ein violetter Lichtblitz dort aufzuckte, wo vorher immer das Juwel aufgetaucht war. Einen Augenblick später spürte ich eine massive Welle nekrotischer Energie durch den Raum jagen und deutlich mehr meiner Lebenskraft mit sich reißen als die Male zuvor, doch zugleich wurde der ganze Raum hell erleuchtet.
Als erstes fiel mein Blick auf Waphir, der etwas über ein Dutzend Meter von mir entfernt vor einem violetten Juwel schwebte, das nun einen tiefen Riss in der Mitte aufwies und alle Leuchtkraft verloren hatte. Dann bemerkte ich, dass auch die Untoten von der Welle getroffen worden waren, die ihnen diesmal offenbar ebenfalls Schaden zugefügt hatte, denn ein Fliegevieh, der letzte Zombie und zwei Skelette brachen einfach zusammen, sodass nur noch ein Fliegevieh und drei Sklettschützen übrig waren.
Das verbliebene lederne Etwas, das nun keinerlei Dunkelheit mehr als Rückzugsort hatte, versuchte seine silbrigen Stacheln auf Guinney zu schießen, die denen aber mit Leichtigkeit auswich und dabei auf es zu spurtete (und wie nebenbei über den Abgrund zu uns auf die Plattform sprang), sodass sie es mit einem wilden Gegenangriff für immer aus der Luft holte, ehe sie wieder über den Abgrund zurück auf die dritte Plattform sprang.
Die verbliebenen Skelette legten auf Waphir an, doch nur ein Treffer war von Erfolg beschieden, und während sich zwei auf die vierte Plattform zurückzogen, wählte das dritte Skelett die falsche Richtung und näherte sich dem Abgrund der dritten Plattform zu uns hin.
Falsch war die Richtung deshalb, weil Sval neben mir gerade Anlauf nahm und just neben das Skelett sprang, das er gleich darauf auch schon in den Abgrund befördert hatte, sodass er in Ruhe auf eines der anderen mit der Armbrust anlegen konnte.
Auch Emeria, die sich wieder aufgerappelt hatte, schoss ihre unheimlichen Strahlen auf das von uns aus vordere der beiden Skelette (und machte dann einen weiteren Fernschritt auf die dritte Plattform), während ich selbst ebenfalls Anlauf nahm und mit einem Satz neben Sval landete, wo ich einen Feuerpfeil auf das hintere Skelett abfeuerte, ehe ich Waphir zurief, er solle es zu Ende bringen.
Mit einem Brüllen stürzte er sich auf die beiden Skelette und vernichtete das eine mit seinem Feueratem während er das andere mit seinen Klauenhieben zerriss. Kaum war das letzte Klappern von Knochen verklungen, da setzte einige Sekunden lang Stille ein, in der wir uns umschauten, ob auch wirklich kein Gegner mehr übrig war.
Dann flitzte Guinney auch schon los zum Ende des Raumes, wo das Ende der Plattform gerade so bis zu dem zerbrochenen Juwel reichte, das offenbar in einer weiteren Tür steckte und diese so versiegelte.
Ich rief zunächst Waphir zu mir, dessen großen goldenen Kopf ich mit meinen Armen umfasste und für ein paar tiefe Atemzüge meine Stirn gegen die seine lehnte und ihm dann leise für seinen Einsatz dankte, ehe ich mich auf seinen Rücken schwang und ebenfalls zu dem Juwel flog, wo sich inzwischen auch Sval, Emeria und Mordai eingefunden hatten.
Es handelte sich um einen tief violetten Stein (wie Guinney mit ihrem Runenhammer bestätigte), der gut drei Meter im Durchmesser hatte, eindeutig bearbeitet und geschliffen worden war und der mit der umgebenden Tür regelrecht verschmolzen zu sein schien, zugleich aber klar war, dass es dahinter wohl einen weiteren Raum geben musste. Zwar konnten wir auch einige magische Runen erkennen, die in den Stein eingraviert waren, doch ihre genaue Bedeutung konnten wir nicht erkennen.
Wir überlegten, dass wir zuerst eine Pause machen sollten, doch zuerst wollten ich auf Waphir und Emeria auf Mordai geschaltet, der immer noch den Tageslichtstein trug, einen Tauchflug in den Abgrund machen.
Zu meiner Überraschung stellten wir als erstes fest, dass alle Abgründe miteinander verbunden waren und der sich in Schlangenlinien durch den Raum windende Weg, der sich in der Mitte zu den Plattformen verbreitert hatte, nur von Säulen gestützt wurde. Die Säulen selbst und der gesamte Boden in über zehn Meter Tiefe waren gespickt mit meterlangen Spießen, auf und zwischen denen über vier Dutzend weitgehend zu Skeletten verrottete Tote hingen.
Ein paar von ihnen bewegten sich noch immer und so verbrachte ich die nächsten Minuten damit, jeden einzelnen Untoten so lange mit Feuerpfeilen zu beschießen, bis er sich endgültig nicht mehr regte. Da es ansonsten nichts weiter hier unten zu entdecken gab, flog ich mit Waphir wieder nach oben und zu dem einen ledrigen Etwas, das nicht direkt in den Abgrund gestürzt war, um es mir genauer anzusehen.
Tatsächlich erinnerte es mich am ehesten an einen Rochen, wenn auch mit drei langen dünnen Schwänzen, die in diesen nervigen Stacheln endeten. Außerdem enthüllte ein Blick auf die Unterseite, dass diese übersät war mit kleinen Klauen. Es schien auch nicht in dem Sinne untot gewesen zu sein, doch war seine ganze Erscheinung irgendwie makaber und eindeutig durch dauerhafte nekrotische Einflüsse verändert.
Es schien am ehesten Ähnlichkeit mit sogenannten Mantlern zu haben, Kreaturen der Underdark, die im Ruhezustand einem aufgehängten schwarzen Mantel glichen, doch höchstens im Sinne einer verwandten Spezies. Ich beschloss sie für die Zukunft als Schwarzrochen zu bezeichnen, bis ich eines Besseren belehrt wurde, und kehrte dann zu den anderen zurück, die sich in der hinteren rechten Ecke bereits für eine kurze Rast einrichteten.
Nach einer kurzen Absprache (wir alle waren dafür, zumindest noch bis in den nächsten Raum zu kommen, ehe wir über einen Rückzug nachdachten), bat ich Waphir, das Juwel und den Stein darum herum weiter zu bearbeiten, um zur anderen Seite durchzubrechen, was er gleich darauf begann.
Ich selbst gesellte mich zu den anderen und machte mich nun auch daran, meine Wunden soweit möglich zu verarzten und in Ruhe durchzuatmen. Als ich nach etwas über einer halben Stunde den Zauber, der Waphir herbeigerufen hatte, enden spürte, ging ich zu ihm hinüber und verabschiedete mich, indem ich seinen Kopf noch einmal in die Arme schloss und ihm einen Kuss zwischen die Nüstern drückte, wie ich es zuletzt bei Mal'lokai getan hatte.
Waphir versetzte mir einen leichten Stups vor die Brust und blinzelte mir mit seinen Augen aus flüssigem Gold warm zu, dann verblasste er und als er verschwunden war erlosch auch der Tageslichtzauber von Emeria, doch die Dunkelheit jetzt war nun wieder ganz normal, sodass wir alle wie gewohnt sehen konnten. Ich kehrte wieder in die Ecke zu Sval und Emeria zurück, während Guinney, die sich offenbar schon wieder fit fühlte, sich daran machte, das Juwel daraufhin zu untersuchen, wie viel Anstrengungen es noch kosten würde durchzubrechen.
Als wir uns schließlich auch wieder bereit fühlten, gingen wir zu ihr und dem Juwel hinüber und sie zeigte uns drei Stellen, an denen wir mit den richtigen Hebeln eine gute Chance haben müssten, das Juwel freizubrechen.
Sie selbst holte die lange Trollrippe, die sie am Eingang liegen gelassen hatte, zeigte denn Sval, wo er seine Gleve, die er von Emeria zurückbekam, ansetzen sollte und platzierte Emerias Stab der Heilung, an dem Emeria und ich unsere Kräfte vereinen sollten.
Als auch sie selbst soweit war, zählte sie bis Drei und wir alle warfen unser ganzes Gewicht in die Waagschale. Ein paar Sekunden hörten wir den Stein knistern und knirschen, dann folgte ein lautes Knacken und links unter dem Juwel bröselte Stein weg, als das ganze Juwel einige Handbreit in den nächsten Raum rutschte, sodass wir nun zumindest einen schmalen Spalt hatten.
Wir wollten gerade näher treten, um einen ersten Blick hindurch zuwerfen, da ertönte ein tiefes Stöhnen, lauter als alle bisherigen von den Untoten verursachten Geräusche, und ich glaubte für einen Moment fahlen Knochen durch den Spalt zu erkennen, als das Juwel sich plötzlich in den nächsten Raum zurückzog, was den Stein unter unseren Füßen zerbröseln ließ, sodass wir wie auf einer Rutschbahn durch das nun entstandene Loch rutschten.
Wie durch ein Wunder landeten wir alle auf den Beinen, während hinter uns der Durchbruch einstürzte, und wir konnten sogar sogleich den ganzen Raum, in dem wir gelandet waren, erkennen, weil er schwach erleuchtet war und die Wände den Lichtschein aus noch unbekannter Quelle golden reflektierten.
Noch besser war, dass in der Mitte des Raumes, der in flachen Treppenstufen zur Mitte hin abwärts führte und übersät war mit Goldmünzen, Wertgegenständen und Knochen, ein in Goldschein gehüllter Pfeiler stand, der in einen blauen Kristall gefasst etwas beherbergte, das in einem tiefen magischen Blau leuchtete und ganz ähnlich wie der Runenschlüssel aussah, mit dem Eckhardt die Lore gesteuert hatte, nur um einiges größer.
Leider war an diesem Pfeiler eine massive Kette befestigt, deren anderes Ende mit dem violetten Juwel verbunden war, das wir eben aus der Wand gebrochen hatten. Und dieses Juwel saß wie ein einzelnes übergroßes Auge in einem vor uns schwebenden Schädel, umschwirrt von gut einem Dutzend skelettierten Tentakeln deren Enden rotviolett glimmten.
Wie gebannt starrten wir alle auf das, was wohl am ehesten einem untoten Betrachter entsprach und meines Wissens nach Todestyrann genannt wurde, der nun sein riesiges Maul mit unnatürlich vielen dolchartigen Zähnen öffnete und sich mit einer verwesenden Zunge darüber fuhr. Zugleich hörte ich in meinem Kopf ein Dröhnen, aus dem sich so etwas wie gefühlte Worte in Undercommen bildeten – eine freudige Überraschung, ein übermächtiger Hunger und der Wunsch uns zu verschlingen.
Ich war noch dabei diese bildhaften Eindrücke, die nicht zu mir gehörten, abzuschütteln und mich weiter im Raum zu orientieren, als Sval auch schon ein Stück vor rannte und die gespannte Armbrust auf den in knapp zehn Metern Höhe schwebenden Todestyrann richtete, dicht gefolgt von Guinney, die ein Shuriken gezückt hatte, während Emeria einen Zauberstab hervorholte, nach links huschte (wobei sie uns zurief, wir sollten uns aus dem Blickfeld des Schädels heraushalten) und dort mit den Schatten zur Unsichtbarkeit verschmolz.
Eine Bewegung in der hinteren rechten Ecke des Raumes lenkte meinen Blick in diese Richtung, wo sich gerade drei Skelettbogenschützen aus einem der größeren Knochenhaufen befreiten.
Guinneys Kampfschrei lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf sie und den schwebenden Schädel, der zwar sowohl von ihrem Wurfstern als auch von Svals Bolzen verfehlt wurde, über den Angriff aber nicht unbedingt erfreut wirkte.
Um ihn wenigstens für einen Moment abzulenken, spurtete ich nach schräg rechts, wo ein großes, quadratisches Loch im Boden klaffte, auf dessen Grund ich einige Speere erkennen konnte, wobei ich aus meinem Beutel eine Karte des Illusionskartendecks zog und sie neben dem Loch auf den Boden warf.
Sofort nahm ein Grottenschrat Gestalt über der Karte an und indem ich eine tiefe Stimmlage wählte, brüllte ich auf Undercommen dem Schädel eine Beleidigung zu, ehe ich mich zu Boden und durch den Nebel hindurch fallen ließ, sodass ich hinter einem größeren Knochenhaufen wieder näher zum verschütteten Eingang auftauchte, wo ich hoffentlich für den Moment außer Sicht war.
Als ich gleich darauf das Schleifen schwerer Kettenglieder auf Stein hörte, spähte ich vorsichtig durch eine Lücke in dem Knochengerümpel, hinter dem ich mich versteckte, und sah, wie der Todestyrann noch etwas weiter nach vorne und oben schwebte, den Blick des violetten Juwels in seinem Schädel direkt auf Guinney und Sval gerichtet, während die skelettierten Augenstiele auf seinem Schädel zuckten und plötzlich drei magische Strahlen verschossen.
Ein grauvioletter Strahl traf Guinney am Arm, die kurz erstarrte, sich dann aber schüttelte, als wolle sie sich von etwas befreien. Sval wiederum schaffte es gerade so einem tiefschwarzen Strahl auszuweichen, der hinter ihm im Boden einschlug und ein beeindruckendes Loch zurückließ.
Der dritte Strahl, ein orangegelblicher, schoss seitlich weg, vermutlich auf die Illusion des Grottenschrats zu, was ich von meiner Position aus aber nicht sehen konnte. Tatsächlich schwenkte auch der Blick des großen Juwels einen Moment zur Seite (was Mordai nutzte, um nach oben zu flattern) und ein weiterer Strahl, diesmal ein blauvioletter, schoss in die Richtung des Grottenschrats.
Gleich darauf hörte ich wieder die Gefühle des Todestyranns in meinem Kopf, die ganz danach klangen, als sei er von dem untreffbaren Grottenschrat genervt, würde diesen aber auch nicht als ernstzunehmenden Gegner ansehen.
Als sich der Blick des Juwels gleich darauf wieder auf Sval und Guinney richtete, begann sich auch der Skeletthaufen schräg links von Sval zu bewegen und ein Skelett mit einem Schwert kam herausgekrochen. Ehe es sich richtig orientieren konnte, war Sval schon bei ihm und zerlegte es mit zwei schnellen Hieben direkt wieder in seine Einzelteile.
Guinney war unterdessen zu der über den Boden schleifenden Kette unter dem Schädel gerannt und kletterte in einem halben Atemzug bis ganz nach oben, was dem Todestyrann offensichtlich gar nicht passte, denn er schoss einen weiteren, diesmal aschgrauen, Strahl auf Guinney ab, die nun knapp unter ihm an der Kette baumelte und dem Angriff gerade so aus dem Weg schwang.
Während Sval, den ich gerade noch so durch die Knochen vor mir erkennen konnte, gerade einem von weiter hinten aus dem Raum kommenden Wurfgeschoss auswich (war das eine Rippe gewesen?) tauchte Emeria wieder auf und versuchte es mit einem Zauber gegen den Schädel, der aber daneben ging, ehe sie sich ganz nach links in die Ecke drückte, offensichtlich in der Hoffnung, damit außer Reichweite der Augenstiele zu sein.
Ich selbst war gerade zu der Entscheidung gelangt, dass es vermutlich am besten war, wenn ich erneut Waphir herbeirief, als der Schädel ein paar weitere Meter in die Höhe schwebte und dabei mit seinen Augenstielen weitere Strahlen auf Guinney abfeuerte, die den ersten drei elegant aus dem Weg schwang, vom vierten, einem schwarzroten, und dem fünften (einem rosafarbenen) aber voll erwischt wurde.
Ich zog mich wieder ganz hinter die Knochen zurück, berührte die Oktagonplatte und konzentrierte mich mit aller mir zur Verfügung stehenden Magie auf Waphir, der hoch in der Luft, knapp unter dem Todestyrann erschien, und sich auf meinen Befehl hin sogleich auf ihn stürzte. Als ich zugleich Kampfgeräusche von weiter unten hörte, wollte ich einen weiteren Blick zwischen den Knochen hindurch riskieren, wurde dabei aber von zwei der Skelettbogenschützen entdeckt, die ohne zu zögern auf mich anlegten. Glücklicherweise hatten sie aber keine freie Sicht auf mich und die Pfeile wurden von dem Knochengerümpel aufgehalten.
Der schwebende Schädel hatte gerade einen weiteren schwarzen Strahl auf (vermutlich) Sval abgeschossen (der ihm hoffentlich wieder hatte ausweichen können), als Waphir ihn erreichte und zu attackieren begann.
Ich hörte Sval irgendetwas von dem blauen Kristall rufen, der wohl auf Schaden reagierte, da schwappte mit einem Mal eine schon bekannte Welle nekrotischer Energie durch den Raum und hinterließ für einen Moment ein Gefühl der Schwäche.
Ich kroch ein Stück weiter nach links, um mich wieder aus der Sicht der Skelette zu schieben, und bemerkte bei einem Blick nach oben, wie Guinney an dem Schädel hoch kletterte und dann mit einem Mal in einem Nebelschritt verschwand. Da gleich darauf aus dem Inneren des Schädels das Geräusch von Schlägen zu hören war und Illinaan auftauchte, der den Schädel in der Luft umkreiste, musste sie in den Schädel hineinteleportiert sein.
Emeria rief Sval einen Hinweis seinen Gegner betreffend zu und schoss dann selbst ihre unheimlichen Strahlen irgendwo in die Mitte des Raumes, woraufhin eine Art lautes Knistern zu hören war und als ich durch die Knochen vor mir in die Richtung spähte, bemerkte ich ein bläuliches Kraftfeld, das sich um den Kristall in der Mitte herum aufgebläht hatte.
Der Sinn erschloss sich mir nicht, doch nahm ich mir auch keine Zeit darüber nachzudenken. Stattdessen stemmte ich mich noch ein wenig weiter hoch, um einen schnellen Feuerpfeil auf das vorderste Skelett abzufeuern, ehe ich mich wieder neben meinen Knochenhaufen duckte, von wo aus ich einen Blick zu Waphir nach oben warf, der weiter den Todestyrann angriff.
Dieser wandte nun seine Aufmerksamkeit ebenfalls dem goldenen Drachen zu, und während er noch ein weiteres Stück nach oben schwebte, sodass er nun direkt unter der Decke hing, und sich dabei heilte, schoss er seine Strahlen auf Waphir ab, der dem ersten tiefblauen mit Leichtigkeit auswich und auch vom zweiten dunkelgrünen nur gestreift wurde, der deshalb wohl nicht ganz so viel Schaden anrichtete, auch wenn einige von Waphirs Schuppen regelrecht zu verwittern schienen.
Davon abgelenkt traf ihn der dritte orangegelbe Strahl mitten in die Brust, der ihn zu paralysieren schien, denn er stürzte wie ein Stein nach unten, wo er durch das Kraftfeld des Kristalls direkt auf diesen fiel, was das Kraftfeld offenbar dazu brachte, sich noch weiter auszudehnen.
Im nächsten Moment wurde Waphirs immer noch vollkommen erstarrter Körper von einem weiteren blauvioletten Strahl getroffen, der ihn offenbar mit telekinetischer Kraft erfasste und über eines der Löcher schob, über dem es ihn erneut fallen ließ. Kurz bevor er in dem Loch verschwand, traf ihn noch ein weiterer Strahl, ein grauweißer diesmal, der seine goldenen Schuppen mit Grau überzog, und auch eines der Skelette traf ihn mit einem Pfeil am Auge.
Ich selbst musste mich wieder hinter die Knochen zurückziehen, da die anderen beiden erneut auf mich schossen. Zwar entging ich dadurch den Pfeilen, doch durch die Verbindung mit Waphir spürte ich ein schwaches Echo seiner Qualen und ich musste mich gewaltsam daran erinnern, dass er im Grunde nur eine Manifestation meiner Magie war, damit ich nichts Dummes tat.
Aus Svals Richtung hörte ich Krachen und Klappern und hoch oben fuhr das Auge des Todestyrannen zu ihm herum und schoss einen braunen Strahl auf ihn ab, im gleichen Moment da das Kraftfeld um den Kristall herum implodierte. Im gleichen Augenblick spürte ich die Verbindung zu Waphir, der sich in dem Loch innerhalb des Kraftfeldes befunden hatte, reißen und dann rauschte eine weitere Welle nekrotische Energie über mich hinweg.
Wütend beschwor ich Waphir erneut und schickte ihn gegen den Todestyrann, während ich selbst hinter dem Knochenhaufen liegen blieb, von wo aus ich zusah, wie Waphir erneut auf den Schädel einschlug (seine Krallen hinterließen inzwischen deutliche Kerben), der wiederum von ihm wegschwebte und weitere Strahlen verschoss (Waphir konnte dem ersten ausweichen, Sval den seinen abschütteln). Völlig überraschend kam der letzte auf mich zugeflogen und ich schaffte es nicht mehr, mich rechtzeitig zur Seite zu werfen. Als der grauviolette Strahl mich einhüllte, schien sich der Todestyrann zu verzerren und ein namenloses Grauen vor ihm erfüllte mich – um nichts in der Welt wollte ich näher an dieses Ding heran!
In diesem Moment sauste ein Pfeil knapp an mir vorbei – ich hatte nicht bemerkt, dass die beiden Skelette inzwischen auf der rechten Seite um den Knochenhaufen herum gelaufen waren und nun eine bessere Sicht auf mich hatten. Es gelang mir, den zweiten Pfeil mit einem magischen Schild abzuwehren, doch der dritte traf mich trotzdem.
Oben in der Luft wurde Waphir von einem braunen Strahl getroffen, woraufhin sich seine Bewegungen zu verlangsamen schienen, ganz so wie die von Sval, den ich bei einem raschen Blick durch die Knochen kurz sah und dessen Bewegungen so wirkten, als würde er durch unsichtbaren Schlamm waten.
An dem Todestyrann tauchte mit einem Mal etwas Rotes auf und als ich genauer hinsah erkannte ich Guinney, die sich gerade aus dem Inneren des Schädels herausschob und jetzt von dort auf ihn einschlug, woraufhin sie von einem grauen Strahl getroffen wurde.
In ihrer Ecke begann nun Emeria in der Magie des Fernschritts zu schimmern und tauchte gleich darauf ein Stück oberhalb des verschütteten Eingangs auf, von wo aus sie mit ihren unheimlichen Strahlen eines der auf mich anlegenden Skelette zersprengte. Ich selbst aktivierte meinen Stirnreif und schickte drei sengende Strahlen auf das andere, doch hatte ich das so lange nicht mehr benutzt, dass nur einer davon traf und oben in der Luft war Waphir so langsam, dass er den Schädel verfehlte.
Dafür schlug ein Strahl von dem Todestyrann scheinbar sehr schmerzhaft in Guinney ein, deren Haut inzwischen ziemlich grau aussah und die keinerlei Ausweichbewegung machte. Auch Waphir wurde erneut von dem blauvioletten Strahl getroffen, der ihn wieder in der Luft über eines der Löcher schob, wo er von dem gleichen Strahl getroffen wurde, der mich verängstigt hatte, was ihn aber nur wütend aufbrüllen und weiter gegen die Magie kämpfen ließ, die ihn gerade gefangen hielt.
Ein Blick durch die Knochen zeigte mir, dass ein Zombie rechts vor mir, der beim letzten Mal noch nicht da gewesen war, gerade auf den Grottenschrat losging, während in der hinteren linken Ecke ein weiterer dieser Trollzombies zu untotem Leben erwachte und auf Sval losging, der sich bereits mit einem anderen Zombie beschäftigte, den er just in diesem Moment erledigte.
Während das letzte Skelett bei mir mich erneut verfehlte (der Knochenhaufen bestand inzwischen zur Hälfte aus Pfeilen), schoss der Schädel einen weiteren Strahl auf Waphir ab, dem dieser, immer noch telekinetisch festgehalten, nicht ausweichen konnte und nun dadurch auch noch paralysiert wurde.
Der Todestyrann selbst begann nun zu schimmern und sich in so etwas wie Nebel zu hüllen, als wolle er gleich einen Nebelschritt machen, was bedeuten würde, dass Guinney aus über 25 Meter Höhe zu Boden fallen würde (was sonst wohl kein Problem für sie darstellte, doch aktuell schien sie sich nicht richtig bewegen zu können). Oben an der Wand rief Emeria irgendwas und aus dem Zauberstab, den sie in der Hand hielt, schoss ein Gegenzauber, der die Magie des Schädels gerade noch rechtzeitig stoppte, was ihr jetzt aber seine Aufmerksamkeit bescherte.
Immerhin gelang es Guinney offenbar, den Versteinerungseffekt gerade noch rechtzeitig abzuschütteln (um neben der Versteinerung an sich auch noch einem weiteren Strahl auszuweichen), doch bis dahin waren ihre Bewegungen unsicherer als sonst und es gelang ihr nur einen ihrer Schläge gegen den Schädel auch wirklich zu landen.
Emeria wiederum zückte einen weiteren Zauberstab aus dem sie drei magische Geschosse auf den Todestyrann feuerte, die alle in einem seiner Augenstiele einschlugen, ehe sie durch ihren Fernschritt wieder in ihre Ecke zurückkehrte.
Ich selbst schoss einen Feuerpfeil auf den Schädel ab, in der Hoffnung ihn damit zumindest zwischen mehreren Zielen zu verwirren, während Waphir von dem Telekinesestrahl befreit wurde und in die Tiefe zu stürzen begann, wo er in dem Loch verschwand, in dem er schon zuvor festgesteckt hatte.
Der Todestyrann schwebte nun in Richtung von Emeria an der Decke lang, wo er aber von der Kette gestoppt wurde, die nun straff gespannt war. Es schien aber, dass er nah genug an sie herangekommen war, denn er schoss drei Strahlen auf sie ab. Emeria blockte den ersten mit ihrem Zauberstab der Gegenzauber und wich den beiden folgenden überraschend behände aus, ganz im Gegensatz zu Guinney, die von einem orangegelben Strahl überrascht wurde, der sie paralysierte, sodass nun auch sie in die Tiefe stürzte.
Sval, der trotz seiner verlangsamten Bewegungen schnell reagierte, wandte sich vom Trollzombie ab und schaffte es noch gerade so, sie halbwegs aufzufangen (Emeria rief ihm ein paar aufmunternde Worte zu, wie beeindruckt sie das gefunden hatte), und im nächsten Moment schüttelte Guinney den Effekt auch schon ab.
Zugleich schlugen drei weitere magische Geschosse aus Emerias Zauberstab in den schon beschädigten Augenstiel ein und zerfetzten diesen unwiederbringlich, sodass der Todestyrann ein wenig zuckte und der nächste Strahl, der auf Sval gezielt hatte, ihn nur streifte und der zweite sogar ganz daneben ging, ebenso wie der auf Guinney abgeschossene. Und Emeria, die von ihren erfolgreichen Ausweichaktionen ganz aufgekratzt zu sein schien, gelang es den nächsten Effekt, der sie traf, einfach abzuschütteln und einem weiteren Strahl mit unverschämten Glück gerade noch auszuweichen.
Eigentlich wollte ich zwei schnelle Feuerpfeile auf den Schädel abschießen, doch gelang mir nur einer, da ich von dem immer noch auf mich schießenden Skelett abgelenkt wurde, dass zwar immer noch nicht besser traf, langsam aber eindeutig nervte.
Auch der Trollzombie war nicht gerade hilfreich, der Sval nachgesetzt hatte, ihn aber trotz dessen verlangsamten Reaktionen nicht treffen konnte, ganz im Gegensatz zu Sval, dem ein Konter gelang und der es dann offenbar schaffte, die Verlangsamung abzuschütteln – gerade noch rechtzeitig, denn ein neues Skelett mit Schwert und Schild war aufgetaucht, gegen das er sich nun ohne Schwierigkeiten verteidigen konnte.
Guinney machte einen gewaltigen Satz an die über ihr gespannte Kette und kam dem Todestyrann damit wieder recht nahe. Allerdings verzichtete sie darauf, bis ganz an ihn heranzuklettern, sondern warf stattdessen eine ihrer Elementargranaten, die den Schädel verfehlte und nun direkt auf mich zugeflogen kam. Es war ein schwacher Trost, dass die zweite Granate ihr eigentliches Ziel traf und es mir in letzter Sekunde gelang, einen Schild hochzuziehen von dem die erste abprallte, denn mit einem gewaltigen Krachen schlug sie mitten in den Knochenhaufen, der mir bisher als Deckung gedient hatte, ein und zersprengte ihn vollständig.
Prompt traf mich erneut der grauviolette Strahl und diese unnatürliche Angst durchströmte mich mit einer Gewalt, dass es mir fast den Atem nahm. Doch dann lenkte mich für einen Moment eine Bewegung ab: Emeria sprang ein paar Schritte aus ihrer Ecke heraus und holte Mordai hervor, den sie wohl irgendwann in ihr Taschenuniversum zurückgerufen hatte, verpasste ihm ein wenig Heilung und kehrte dann in ihre Ecke zurück, während Mordai in Richtung von Sval, Guinney und Waphir losflatterte.
Mit einer Art grimmiger Entschlossenheit sprang ich auf. Der Todestyrann wirkte inzwischen schon ziemlich angeschlagen, der Unterkiefer hing ein wenig schief, einige Zähne waren herausgesprengt und die Bewegungen der Augenstiele wirkten nicht mehr so lebhaft.
Ich konnte meine Beine zwar nicht dazu bringen, mich näher an ihn heranzubewegen, doch einen Feuerball konnte ich immer noch schleudern, was ihn völlig unvorbereitet traf und einiges an Schaden anrichtete, der anscheinend durch die Kette auch an den blauen Kristall weitergeleitet wurde, von dem aus sich erneut ein großes knisterndes Kraftfeld aufspannte. Zugleich begann ein ohrenbetäubender Alarm den ganzen Raum zu erfüllen.
Ich wartete nicht ab, ob mich der Schädel nun bemerkte, sondern rannte noch ein paar Schritte in Richtung des Grottenschrats (auf den immer noch ein Zombie einschlug), ehe ich mich wieder durch einen Nebelschritt fallen ließ, um hinter einem weiteren Knochenhaufen Schutz zu suchen, der gar nicht so weit von Waphir entfernt war.
Zwar nahm der Todestyrann tatsächlich als erstes Guinney aufs Korn, die einem schwarzen Strahl gerade noch so weit aus dem Weg schwang, dass sie nur gestreift wurde, doch schwebte er dabei auch schon näher an mich heran und aus seiner Höhe boten die Knochen keinen Schutz.
Der tiefgrüne Strahl traf mich mitten in die Brust und streute von dort aus auch noch auf meine Umgebung, was die Knochen, die ich mir als neuen Schutz auserkoren hatte, schlichtweg pulverisierte. Ich selbst hatte für einen Augenblick das höchst beklemmende Gefühl, dass mein Körper zerbröselte (ein Teil meiner Kleidung tat es tatsächlich), und um ein Haar hätte ich die Verbindung zu Waphir verloren.
Ich fühlte mich furchtbar geschwächt und wusste, dass ich noch so einen Treffer nicht überleben würde, deshalb sah ich mit einer gewissen Erleichterung, dass die nächsten beiden Strahlen Guinney (die von einem Telekinesestrahl über ein Loch geschoben wurde) und Sval (der einfach einschlief) trafen.
Während Mordai auf Sval landete, ihn aufweckte (weshalb Sval sich zumindest halbwegs gegen die Angriffe des Trollzombies verteidigen konnte), dann durch einen Nebelschritt neben das Loch flatterte, in dem Waphir immer noch paralysiert lag, und darin verschwand, wandte der Schädel seinen Blick mir und Guinney zu, was deutlich unangenehmer als die Pfeile der Skelette waren, die sowohl sie als auch mich verfehlten.
Ich rappelte mich mühsam und mit zitternden Beinen auf, wobei mein Blick auf Sval fiel, der sich am Boden liegend einen Adrenalinshot ins Bein jagte, mit einer blitzartigen Bewegung aufsprang und auf den Trollzombie losging, wobei er wie nebenbei das neu aufgetauchte Skelett erledigte.
Sval ließ den nun übel zugerichteten Trollzombie stehen und rannte in meine Richtung, wodurch er zwar noch einen Schwinger vom Trollzombie einstecken musste, aber außerhalb des Kraftfeldes blieb, das nun wieder implodierte und dabei den Trollzombie, der darin gestanden hatte, praktischerweise zerstörte.
Hoch oben verschwand der Todestyrann in einem Nebelschritt und tauchte noch näher zu mir wieder auf, während zugleich der Telekinesestrahl verschwand und Guinney zu fallen begann. Da sie zum Glück aber weder paralysiert noch verlangsamt war, gelang es ihr, sich nach vorne zu werfen und abzurollen, sodass sie statt in dem Loch unversehrt daneben auf ihren Füßen landete, wo sie eine Perle zerquetschte (ein segensreiches Licht begann sie zu umhüllen) und einen Trank hinunter kippte, woraufhin sie auf die doppelte Größe anschwoll und ohne Schwierigkeiten einen weiteren Telekinesestrahl vom Todestyrann abwehrte.
Von weit hinten sah ich nun auch Emeria heranlaufen und Sval ein wenig Heilung zuschicken, der allerdings fast zeitgleich von dem gleichen Strahl getroffen wurde, der mich nach wie vor mit unsagbarer Furcht vor dem Schädel erfüllte.
Zwar spürte ich nicht nur meine körperlichen sondern auch meine magischen Kräfte schwächer werden, doch bündelte ich noch einmal meine Magie zu einem mächtigen Feuerball, der erneut ziemlichen Schaden an dem Schädel anrichtete und den Kristall und sein Kraftfeld wieder auflud.
Dann hastete ich zu dem Loch neben dem, in dem Waphir sich wieder regte (die Paralyse schien nicht mehr zu wirken, was vielleicht mit Mordai zu tun hatte, der kurz zuvor dort hinunter geflattert war). Eine ganze Schar Speere war darin aufgepflanzt, doch schienen die Ecken genug Platz zum Stehen zu bieten und so bewegte ich mich durch einen Nebelschritt dort hinunter.
Sogleich stieg mir der Gestank verfaulten Fleisches in die Nase, da einige halb verweste Skelette (glücklicherweise bewegungslos) auf den Speeren hingen, was zusammen mit dem immer noch anhaltenden Alarmton und der geringen Bewegungsfreiheit alles andere als angenehm war, doch immerhin konnte ich den Schädel, als ich einen Blick nach oben warf, nicht sehen, was bedeutete, dass auch er mich nicht sehen konnte.
Der Nachteil war, dass ich nun nicht mehr sehen konnte, was geschah. Ich hörte durch den Lärm Waphir brüllen und einen dumpfen Aufschlag, dann tauchte mit einem Mal Mordai am Rand des Loches über mir auf und spähte zu mir herunter. Im gleichen Moment spürte ich ohne Vorwarnung die Verbindung zu Waphir reißen. In der Hoffnung, dass die anderen (vor allem die nun riesenhafte Guinney und der unter Adrenalin stehende Sval) irgendwie an den Schädel herankamen und ihn mit ein bisschen weiterer Hilfe und Ablenkung erledigen konnten, rief ich (nach dem Knall einer weiteren Implosion und einer warmen Welle der Heilung, die das Zittern in meinen Beinen beendete) mit meinen beinahe letzten Magiereserven noch einmal Waphir hoch über mir in der Luft herbei und schickte ihn erneut gegen den Todestyrann in den Kampf.
Angespannt lauschte ich nach allen Geräuschen, die mir einen Hinweis darauf gaben, wie es weiter oben lief, was angesichts des hallenden Alarmtons alles andere als einfach war. Ich hörte Waphirs Brüllen, verschiedenes Klirren und irgendwelche Rufe von Guinney (die für mich keinerlei Sinn ergaben), außerdem immer wieder das Zapp der vom Todestyrann abgeschossenen Strahlen und mitten darin überrollte mich eine weitere Welle nekrotischer Energie.
Kurz darauf glaubte ich Emeria Sval etwas in dem Sinne zurufen zu hören, dass er es zu Ende bringen sollte, was mich hoffen ließ, dass es gut lief und der schon arg angeschlagene Todestyrann inzwischen kurz vor dem endgültigen Tod stand.
Stattdessen hörte ich das wahnsinnige Gelächter des Schädels in meinem Kopf, das von Tod und Zerstörung kündigte, dann wurde die Luft um mich her, so weit ich auch in die Höhe sehen konnte, von knisternder magischer Energie geflutet, die von dem blauen Kristall kommen musste.
Ehe ich noch entscheiden konnte, was ich tun sollte, hörte ich ein lautes Krachen und Splittern und im gleichen Moment verschwand die unnatürliche Angst, die fast mein ganzes Denken beherrscht hatte. Ich holte tief Luft und wollte gerade einen weiteren Nebelschritt wirken, um wieder aus dem Loch herauszukommen, als das Knistern um mich her sich verdichtete und eine magische Druckwelle mich mit einer Gewalt gegen die Wand hinter mir presste, dass mir Schwarz vor Augen wurde.
Ich sitze in meinem Kopf in dem Raum ohne Decke, von dem aus die Treppen zu den verschiedenen Entitäten führen, die sich bei mir eingenistet haben. Zumindest verliert sich die Decke sonst ins Nichts, doch als ich den Blick hebe, bemerke ich eine kleine weiße Wolke die dort oben schwebt und sich zu einem Symbol verdichtet.
Es ist das Zeichen an einer der Säulen, die zu dem Bereich führt, den ich noch nicht betreten konnte – ein Auge, eingefasst in ein aus drei Händen geformtes Dreieck. Das Symbol der Kinder Iouns.
Ich stehe auf und will gerade nachschauen, ob ich diesen Treppenaufgang jetzt betreten kann, als hinter mir eine unerfreulich bekannte Stimme sagt: „Roter Himmel, toter Schimmel, Kälte sehnen, Leben nehmen.“
Ich drehe mich um und schaue direkt Rotun ins Gesicht, der sich unterbricht und räuspert, als hätte er mich gerade erst bemerkt, mich dann aber sofort in seiner gewohnt exzentrischen Art begrüßt und erklärt, er hätte da etwas vorbereitet.
Ich schaue zu, wie er aus den Tiefen seines Fells eine gerade mal handgroße Flöte hervorzieht, die viel zu viele Löcher für seine klauenbewehrten Finger hat, von ihm aber dennoch kurz angespielt wird, woraufhin er sie in der Luft neben sich schweben lässt, wo sie weiter eine Melodie spielt, zu der Rotun frisch fröhlich zu singen beginnt:
Eine Stadt in Flammen, voll Sorgen und bangen.
Zu verzagen ist das Ziel – nun bleibt nicht mehr viel.
Rank und Ränke zu schmieden, Spiel und Spielchen zu lieben.
Von Sinn und von Sinnen – bleiben nur die Spinnen.
Wo führt der Weg nur hin, nach vorn, hin zum Kinn,
oder zurück in die Stube – untertage in die Grube?
Oder will man doch flehen, bitten, beten und vergeblich.
Versuch den Schatten zu lösen – mit Appetit ganz vornehmlich.
Ich kann's kaum erwarten, was ihr tut und was geschieht.
So gelacht hab ich lang – so geweint hab ich tief.
Mit einem Crescendo endet das Flötenspiel und ehe ich eine einzige Frage stellen kann, löst Rotun sich auch schon auf und hinterlässt nur ein körperloses Lachen, das mich zurück in die Dunkelheit begleitet.
Ich wurde nicht ganz unvorsichtig von Händen in Plattenhandschuhen wachgerüttelt, die von mir abließen, sobald ich stöhnend die Augen öffnete. Ich befand mich noch in der Kammer, in der wir gegen den Todestyrann gekämpft hatten, allerdings nicht mehr in dem Loch sondern auf dem Boden daneben.
Zwei Zwerge lösten gerade ein Seil von mir, mit dem sie mich offenbar geborgen hatten, und halfen mir anschließend auf die Beine, die im ersten Moment noch ein wenig zitterten. Ganz in der Nähe entdeckte ich Sval, Guinney und Emeria, neben den übel zugerichteten Überresten des ehemals fliegenden Schädels, die ebenfalls von Zwergen in Vollplattenmontur aufgepäppelt wurden.
Während ich langsam zu ihnen hinüberwankte, versuchte ich mir einen Überblick zu verschaffen, doch die schiere Zahl von Zwergensoldaten, die Schutt wegräumten, in Löcher hinein und heraus kletterten oder geschäftig hin und her eilten und den Mitgliedern des Arkanen Konservatoriums in ihren Roben, die dazwischen standen, den violetten Kristall untersuchten oder sich berieten war einfach zu viel Bewegung.
Ich fühlte mich wie von einem Felsblock erschlagen und erst als ein Zwerg in den Roben des Arkanen Konservatoriums mit einem zu einem Traumfänger geflochtenen Bart, der sich uns als Barinal Essenzweber, führende Arkanist des Konservatoriums, vorstellte, mit dem Runenschlüssel in der Hand auf uns zu trat, erinnerte ich mich wieder daran, warum es ein Problem war, dass die Kammer nur so vor Zwergen wimmelte – den Runenschlüssel an uns zu bringen kam unter diesen Umständen ganz gewiss nicht in Frage.
Zwar zeigte sich Barinal (den wir, wie mir einfiel, schon einmal nach meinem innerstädtischen Teleport getroffen hatten) von der Erfüllung unseres Auftrages angenehm überrascht, allerdings kritisierte er auch, dass wir dabei einen Alarm ausgelöst hatten, der die ganze Stadt in Aufruhr versetzt und dazu geführt hatte, dass eine Dreihundertschaft von Soldaten doch eher nutzlos hier herunter gebracht worden war. Seine Worte wurden von einem dumpfen Rumpeln über uns unterstrichen, das ein wenig Staub von der Decke rieseln ließ.
Während er weiter redete und zwischen Lob und Kritik hin und her schwankte (und eine Untersuchung wegen des Alarms ankündigte), überprüfte ich meine Magie. Ich hatte fast all meine Reserven in den Kämpfen aufgebraucht und würde ohnehin eine ordentliche Portion Schlaf brauchen, um mich wieder zu regenerieren, doch obwohl ich noch das Flirren in meinem Blut spüren konnte, schien es mir schwächer als sonst.
Zum Glück schien die Nachwirkung des antimagischen Feldes, das uns ausgeknockt hatte, aber bereits abzuklingen und auch meine magischen Gegenstände schienen nicht dauerhaft geschädigt.
Ein wenig entnervt über Barinals Art unterbrach ich ihn und fragte (nun, da der Todestyrann gewissermaßen aus dem Sack war), ob die Zwerge selbst den Schädel hier angebunden hatten oder ob das jemand anderes gewesen war. Mit einem kaum merklichen Lächeln erklärte Barinal, die Zwerge hätten verschiedene Kreaturen zum Schutz abgestellt und es könnte (rein hypothetisch gesprochen) schon mal vorkommen, dass sich diese verselbstständigten – weshalb man uns durchaus dankbar dafür war, dieses Problem gelöst zu haben.
Während er so redete kam ein zweiter Zwerg, der nur ein Auge hatte (jedenfalls war das andere hinter einer Augenklappe verborgen) in den Roben des Arkanen Konservatoriums zu uns und erklärte dem „Lord arkaner Meister“ er sei hier um den Runenschlüssel abzuholen. Barinal zuckte daraufhin nur mit den Schultern und überreichte dem Einäugigen den Runenschlüssel, woraufhin dieser eine Verbeugung andeutete, sich ein paar Meter entfernte und dann durch ein Portal verschwand.
Mein Blick fiel auf Emeria, die ihm mit einem entsetzten Gesichtsausdruck hinterher starrte und sich die Augen rieb. Auf meine leise Frage, was los sei, meinte sie, hier würde irgendwas nicht stimmen und sie sei nicht sicher, dass das alles hier real sei.
Ohne zu zögern zog ich meinen Dolch und versetzte mir selbst an der Hand einen kleinen Schnitt, der sofort ein wenig Blut absonderte und eindeutig schmerzte. Bevor ich jedoch Emeria fragen konnte, was genau sie gesehen hatte, öffneten sich zwei weitere Portale, aus denen je drei Zwerge in Roben herausgestürzt kamen und Barinal in heller Aufregung zuriefen, die Stadt würde angegriffen. Zugleich ließ eine weitere, stärkere Erschütterung die ganze Kammer erbeben und weiteren Staub von der Decke rieseln.
Einen Moment herrschte Stille, als alle die Neuankömmlinge anstarrten, sodass diese sich wohl bemüßigt fühlten, den Angriff als den eines Drachen zu präzisieren. Im nächsten Augenblick ließen die Zwerge alles stehen und liegen und während sich die Soldaten in Reihen aufstellten, öffneten die Robenträger Portale, durch welche die Soldaten rasch aber geordnet stürmten und verschwanden.
Barinal wies uns knapp an, wir sollten in den Felsenhimmel hoch kommen, wobei er ein Buch aus seiner Robe zog, es aufschlug und irgendetwas daraus las, woraufhin er vor unseren Augen einfach verschwand.
Durch die plötzliche Hektik um uns her und das Verschwinden unserer Ansprechperson brauchte ich ein paar Sekunden, bis ich einen Plan fassen konnte, dann rief ich den anderen zu, sie sollten mitkommen, und rannte auf das Portal zu, das uns von den drei geöffneten am nächsten war.
Das erste schloss sich bereits wieder und wir waren nur noch wenige Schritte von dem vor uns entfernt, da erklang von der anderen Seite eine gewaltige Explosion und wir wurden von einer feurigen Hitzewelle zurückgeworfen, während brennende Körperteile aus dem Portal geschleudert wurden.
Da dieser Weg nun nicht mehr besonders reizvoll schien (oder möglich war – die Portale hatten sich geschlossen), wandte ich mich um und erblickte Eckhardt, der an einer Wand stand und mit halb geöffneten Mund dorthin starrte, wo immer noch Überreste von Zwergen vor sich hinkokelten.
Mit Emeria auf den Fersen rannte ich zu ihm und während wir an seinem Kragen rüttelten, um ihn aus seinem Schock zu reißen, fragte ich, ob die Lore noch funktionieren würde. Es brauchte einen Moment, doch dann nickte er und bat uns ihm zu folgen.
Als ich sah, dass er auf die Geröllhalde zustrebte, die zu dem höher gelegenen Eingang führte und die trotz der bisherigen Bemühungen der Zwerge alles andere als sicher oder gar einfach zu erklimmen aussah, rief ich Emeria zu, sie solle den Teppich auspacken, dann lief ich los um Eckhard zurückzuholen.
Guinney, die ebenfalls zu uns gelaufen war, fragte, ob wir den hübschen Stein nicht mitnehmen könnten (womit sie den riesigen violetten Klotz meinte, der vormals im Todestyrann gesteckt hatte), worauf Emeria ihr zustimmte, und während sie mit Eckhardt auf dem Teppich zu dem Kristall flog, lief ich zu Sval, der immer noch auf die brennenden Körperteile starrte.
Immerhin reagierte er fast sofort, als ich ihn aufforderte, Guinney mit dem Stein zu helfen, und so flogen wir schon keine fünf Minuten später in dem gemächlichen Tempo eines überladenen Teppichs um den Kristall herumgequetscht zurück zum Eingang.
Da für den Augenblick keine weiteren Katastrophen auf uns niedergingen, fragte ich Emeria noch einmal, was sie vorhin damit gemeint habe, hier würde etwas nicht stimmen. Sie flüsterte zurück, sie hätte einen Moment lang gedacht, statt des einäugigen Zwerges einen Betrachter gesehen zu haben, der mit dem Runenschlüssel abgehauen war, was mir als Vision zu ungewöhnlich schien, um ein reines Hirngespinst zu sein.
Das waren natürlich denkbar schlechte Nachrichten, doch änderten sie an der akuten Situation nichts und ich wollte mich schon abwenden um nach (hoffentlich nicht vorhandenen) Gefahren Ausschau zu halten, als ein weißlich blauer Schimmer über Emerias Augen huschte, mit denen sie mir auf die Stirn starrte.
Wie in Trance hob sie die Hand und griff nach etwas, das dort klebte, das ich aber erst in dem Moment spürte, da sie es herunter riss. Ungläubig starrte ich auf das mit einer Schleife umwickelte Kärtchen, auf dessen Rückseite ein wenig aufmunternder Spruch zu lesen war: „Sammeln ist des Sammlers Leben, frisch, Fleisch, Feuer, Regen, sammeln, sehen, sabbern, nehmen, so nah dran und doch vergebens.“
Noch während wir beide auf die Karte starrten (ich ungläubig wütend, Emeria neugierig beunruhigt), bemerkte ich erneut diesen seltsamen Schimmer über Emerias Augen gehen und gleich darauf meinte sie, sie hätte für einen Moment einen anderen Text und zwar in drakonisch gesehen: „Der Drache wartet, kommt und stellt euch seinem Urteil.“
In diesem Moment fragte Guinney an Eckhardt gewandt, wie lange wir ohne Bewusstsein gewesen waren, ehe er Hilfe geholt hatte, doch er erklärte, er hätte gar nichts getan, die Verstärkung sei durch den Alarm ausgelöst worden, was wohl bedeutete, dass wir nicht mal eine Stunde weg gewesen sein konnten.
Ich stellte nun aufgebracht die Frage in den Raum, warum Haildraissith jetzt schon angreifen sollte (Sval hielt Eckhardt rasch die Ohren zu), immerhin hätten wir ja noch acht Tage Zeit. Als Guinney meinte, Haildraissith hätte sicher einen Zauber auf uns drauf, um uns zu überwachen, überlegte ich, dass dieser durch die antimagische Explosion vielleicht zerstört worden war.
Zugleich kam mir eine irrwitzige Hoffnung, für deren Überprüfung ich einen raschen Schluck aus meinem Wasserschlauch nahm – leider schmeckte das Wasser immer noch wie Asche und als ich mit einem Seufzen Emerias Blick begegnete, sah ich darin dieselbe enttäuschte Hoffnung, die auch mich überkommen hatte.
Ohne jeden Zusammenhang fragte mit einem Mal Guinney, wo wir ein Symbol aus einem Auge und drei Händen schon mal gesehen hätten, woraufhin ich prompt antwortete, das sei wohl in meinem Kopf gewesen und hätte (laut Sval) etwas mit den Kindern Iouns zu tun.
Zwar überraschte mich die Frage, doch da wir nun endlich den Eingang erreichten und dieser geschlossen war, meinte ich nur, das sei jetzt nicht so wichtig, sprang vom Teppich und begann nach einem Öffnungsmechanismus zu suchen, da unsere Konstruktion von den Zwergen offensichtlich beseitigt worden war.
Emeria wandte sich nun an Eckhardt und schaffte es, den immer noch halb apathischen Zwerg soweit zu Bewusstsein und Verstand zu bringen, dass er vom Teppich kletterte und einen geschickt in der Wand verborgenen Hebel betätigte, woraufhin sich die Tür quälend langsam zu öffnen begann.
Als sie schließlich für den Teppich weit genug offen war, rauschte Emeria hindurch und Guinney wies Eckhardt an eine Lore zu rufen, was dieser mit Hilfe von an der Wand befestigter Ketten tat, die er in einer bestimmten Reihenfolge betätigte, was so etwas wie eine kleine Melodie ertönen ließ.
Wenige Sekunden später kam auch schon von rechts eine Lore aus der Dunkelheit heran, in der Emeria den Teppich parkte (was zwei Sitzreihen zerdepperte) und mit Hilfe einiger Sicherheitsgurte, die der Zwerg aus einem Seitenfach hervorholte, von Guinney sicher festschnüren ließ.
Eckhardt schien inzwischen wieder zu so viel selbstständigen Denken fähig, dass er den Schlüssel für die Lore herausholte und (nachdem er sich bei uns vergewissert hatte, dass wir wieder nach oben wollten) diesen falsch herum in die Lenkung steckte, was er damit erklärte, dass dies den automatischen Nachhauseweg initialisieren würde.
Tatsächlich begann die Lore zu vibrieren und ich hatte gerade noch Zeit mich halbwegs festzuklammern, da machte sie auch schon einen Satz nach vorne und raste mit unheilvollem Tempo durch die dunklen Gänge.
Zwar tauchte das Licht der Abfahrtshalle früher auf als erhofft, doch als die Lore endlich zum Stillstand kam, fühlte ich mich ziemlich elend. Allerdings war das nichts im Vergleich zu Emeria, die sich erneut selbst besudelt hatte und völlig ermattet in ihrem Sitz hing.
Ich schnippste sie mit meiner Magie sauber, rüttelte sie aber zugleich auch ein wenig am Kragen und meinte streng, sie müsse sich konzentrieren und den Teppich wieder übernehmen, was sie nach einem Moment auch tat.
An dem großen Eingangstor trafen wir auf Sigmund, der gerade dabei war, es mit schweren Stangen zusätzlich von Innen abzustützen. Ich komplimentierte Eckhardt ohne viel Federlesen vom Teppich und wies ihn an, hier zu bleiben und Sigmund zu helfen. Dann riet ich den beiden noch, sich hier drin zu verbarrikadieren und für den Fall, dass ein großes rotes Etwas (Drache) auftauchen sollte, sich zu verstecken und ihm ja nicht in den Weg zu treten.
Als Sigmund uns darauf hinwies, dass wir absteigen müssten, da fliegen im Felsenhimmel nicht gestattet sei, erklärte ich ihm kurz und knapp, das würden wir nicht tun und er sollte sich uns bloß nicht in den Weg stellen und dann wies ich noch einmal auf den Umstand hin, dass gerade ein Drachenangriff stattfand und wir zu helfen versuchten.
Daraufhin öffnete er in dem noch nicht verbarrikadierten Teil der riesigen Flügeltür eine kleinere, aber immer noch bequem mit dem Teppich zu passierende Tür und ohne ein weiteres Wort flogen wir hindurch und in die Richtung, aus der wir am Mittag gekommen waren.
Gleich im ersten Raum, durch den wir kamen und der eindeutig Spuren hektischer unwillentlicher Zerstörung wie umgeworfene Tische aufwies, entdeckten wir zwei Zwerge, von denen einer bewusstlos, der andere aber hinreichend verarztet und ansprechbar war. Er berichtete uns von dem Angriff eines riesigen roten Drachens, der die ganze Oberstadt in Brand gesetzt und den Felsenhimmel angegriffen hatte, ehe er wieder verschwunden war.
Wir ließen uns den kürzesten Weg nach draußen beschreiben, der durch eine Tür zu unserer Seite führte, hinter der sich verschiedene Räume anschlossen, die zwar alle mehr oder weniger verwüstet waren, allerdings nicht durch Feuer, sondern vermutlich durch die Zwerge selbst.
Je weiter wir flogen desto häufiger sahen wir verletzte Soldaten, von denen einige so wirkten, als wären sie ihren Wunden endgültig erlegen. Wir waren gerade an dem Abzweig zum Thronsaal vorbeigekommen und wollten durch den uns schon bekannten Warteraum, der kurz vor dem Ausgang lag, trafen hier aber auf gut drei Dutzend Zwerge.
Zwar waren die meisten verletzt, doch es gab auch ein paar Robenträger vom Arkanen Konservatorium und eine handvoll Kämpfer. Als wir deren Aufforderung zu landen und uns weiter auszuweisen (obwohl Sval schon mit dem Vertrag durch die Luft wedelte) nicht nachkamen, machte einer der Zwergenmagier eine Geste und befahl uns zu landen.
Mit einem Mal schien mein Kopf voller Watte und ich wollte nichts anderes mehr, als den Teppich auf den Boden zu bringen. Es erschien mir seltsam, dass Emeria es nicht auch wollte, also versuchte ich die Kontrolle durch ein Abrakadudel zu übernehmen – im gleichen Moment wie Guinney und Sval. Der Teppich ruckte heftig und setzte dann unsanft auf dem Boden auf. Im gleichen Moment verschwand das wattige Gefühl aus meinem Kopf und ich hörte Emeria einen leisen Fluch ausstoßen und mit einem weiteren Abrakadudel die Kontrolle über den Teppich zurückverlangen.
Es gelang ihr, die eine Wache, die es bis zu uns geschafft hatte, abzuwehren und den Teppich wieder auf Kurs zu bringen, doch ein Blick zurück zeigte mir, dass zwei der Magier uns ins Visier nahmen. Gerade noch rechtzeitig zog ich einen Schild hoch, um Sval vor einem Feuerpfeil zu bewahren (der andere zischte knapp an Guinney vorbei und schlug in die Wand ein).
Reichlich entnervt zog ich eine weitere Karte aus dem Illusionsdeck und warf sie hinter uns auf den Boden, wo sie sich in ein Abbild meiner Selbst verwandelte, das ein unflätiges Zeichen mit der Hand in Richtung unserer Verfolger machte und dann so aussah, als würde es einen Zauber vorbereiten.
Gleich darauf flogen wir durch die Tür und waren nun endlich wieder in der Eingangshalle, deren großes Doppeltor starke Beschädigungen und Beulen aufwies, ganz so, als wäre ein großer roter Drache dagegen gekracht.
Immerhin gab es deshalb weiter oben eine Lücke zwischen den Torflügeln, die groß genug für uns auf dem Teppich war, sodass wir endlich wieder aus dem Felsenhimmel heraus und über der Stadt waren.
Schon beim durchfliegen der rußgeschwärzten Torflügel schlug uns eine ungewohnte Hitze entgegen und als wir hindurch waren und zurückblickten, sahen wir eine Flammenspur, die quer über das ganze Tor und noch über den halben Platz davor reichte. Kein Zweifel, das konnte nur ein wirklich mächtiger Drache gewesen sein.
Das Bild der Zerstörung war schrecklich und beeindruckend zugleich. Von all dem Glanz und Schmuck des königlichen Ringes schien nichts mehr übrig: gewaltige Krallenabdrücke und weitere Brandherde wohin man auch blickte, statt schimmerndem Gold dominierte nun Ruß in allen Schattierungen, die großen Mengen Schutt, die alles überzogen, waren wohl die ehemaligen Befestigungsanlagen des Felsenhimmels, die so nachhaltig zerstört waren, dass man nicht einmal mehr erkennen konnte, wo was gewesen war, und dazwischen lagen überall mehr oder minder verkohlte Leichen von Soldaten und Zivilisten.
Wir erreichten den Teil der Mauer, wo die königliche Gondel festgemacht gewesen war, doch war die Mauer an dieser Stelle völlig eingebrochen und die Gondel offenbar zerstört. Auch die Befestigungen und Abwehrsysteme auf der Mauer um den königlichen Ring waren in weiten Teilen zerstört, was uns immerhin einen sicheren Flug weiter in Richtung Zwilton ermöglichte.
Zu unserer Erleichterung sahen wir, dass das Hotel zwar beschädigt worden war, aber immerhin noch stand. Der restliche obere Ring stand in Flammen, ebenso wie die Hälfe des mittleren Rings. Das Arkane Konservatorium war fast bis auf die Grundmauern zerstört, doch der Ewenartempel schien beinahe unberührt geblieben zu sein.
Sobald ich nah genug zu Feuern war, um eine Resonanz ihrer Energie in meiner Magie spüren zu können, begann ich damit sie zu löschen, wobei ich vor allem versuchte, Schneisen zu erzeugen, kleinere Brandherde völlig zu ersticken oder im Feuer gefangenen Zwergen einen Ausweg zu öffnen.
Zugleich hatte ich eine Hand am Ohrring und fragte alle paar Meter nach Faro, der sich tatsächlich meldete, als wir dem Zwilton schon so nahe waren, dass wir einen deutlichen Krallenabdruck auf seinem Dach erkennen konnten.
Kurz darauf waren wir vor dem Haupteingang gelandet (die Löscharbeiten verliefen seit meinem Näherkommen erfreulich schnell) und Faro tauchte mit wenig begeisterter Miene aus den rußigen Schatten daneben auf und eilte auf uns zu.
Mit Blick auf den violetten Kristall meinte er, so hätte er sich den von uns gesuchten Gegenstand eigentlich nicht vorgestellt, woraufhin ich den Kopf schüttelte und erklärte, das sei er auch nicht und dass es nicht ganz so gelaufen war wie gedacht.
Während ich ihm so gut wie möglich den Ruß mit meinem magischen Schnippen von Kleidern und Haaren entfernte und zugleich weiter die Flammen im Umkreis zu kontrollieren versuchte, erzählte Faro, was passiert war.
Er war gerade im unteren Ring gewesen, um für uns ein paar Kontakte zu aktivieren, als Haildraissith aufgetaucht war und die Stadt angegriffen hatte (deren Einwohner er als Würmer bezeichnet hatte, die leben sollten, wenn sie knieten, andernfalls aber brennen würden). Interessant war seine Bemerkung, dass die Verteidigung der Zwerge ungewöhnlich langsam in Gang gekommen war, als hätten Einheiten gefehlt.
Ich glaubte nicht an Zufälle, verstand aber trotzdem nicht, warum Haildraissith überhaupt angegriffen hatte. Außerdem hatte er offenbar nach seinem knapp zehn minütigen Wüten (warum Faro über das dabei entstandene Ausmaß der Zerstörung erstaunt war wunderte mich allerdings schon) die schwebende Kugel vom Arkanen Konservatorium gestohlen und war mit der Ankündigung seiner Rückkehr verschwunden, was ebenfalls nicht zu passen schien.
Falls in dieser Kugel ein weiterer der Runenschlüssel zum Herz des Berges versteckt gewesen war (wie Guinney nun vermutete), dann hatte er es uns mit dem Diebstahl um einiges schwerer gemacht, das Artefakt für ihn zu besorgen. War ihm wirklich nur die Geduld mit uns ausgegangen, wie Guinney annahm? Ich glaubte nicht, dass das der Grund war, konnte mir aber selbst keinen Reim daraus machen.
Unterdessen hatten wir das Zwilton betreten, wo trotz all des Chaos ein uns bekannter Zwerg hinter der Rezeption saß, wenn auch mit wenig glücklichem Gesichtsausdruck, der auf unsere Bitte hin unsere Sachen aus dem Safe holte. Im Gegenzug lagerten wir den Kristall dort ein (ob unsere Zimmer noch nutzbar waren konnte man uns im Augenblick nicht sagen) und zogen uns dann mit Faro wieder auf die Straße zurück.
Meine Frage nach einem sicheren Unterschlupf im unteren Ring für uns verneinte er zwar, doch gab er mir einen Beutel mit eintausend Goldmünzen zurück, da er seinen Auftrag nicht abschließend hatte erfüllen können. Als ich daraufhin wissen wollte, ob er hier bleiben oder die Stadt lieber verlassen würde, erklärte er, er sei nur unsertwegen hier und wenn wir ihn nicht mehr brauchen würden, würde er lieber von hier verschwinden.
Ich leerte den halben Beutel in meinen Nimmervollen, dann reichte ich ihm den Rest zurück und streckte ihm die Hand zum Abschied und Dank hin, wobei ich meinte, es sei sicher besser, wenn er sich in Sicherheit brächte, vor allem da es für ihn auch gar nicht gut wäre, wenn Haildraissith von unserer Zusammenarbeit erführe. Außerdem konnten wir uns ja jederzeit bei ihm melden, wenn wir seine Hilfe brauchten, und wären im Gegenzug für jede Art von Information zu Haildraissith oder auch dem Stand in Korena dankbar.
Als er meine Hand nahm und nun wieder ganz ernst (er hatte zuvor gescherzt, wir seien ihm inzwischen ans Herz gewachsen, was in seinem Geschäft gar nicht gut war, falls mal ein (weiterer) Auftrag uns betreffend hereinkäme) erklärte, es sei ihm eine Ehre gewesen, hoffte ich inständig, ihn nicht zum letzten Mal gesehen zu haben.
Guinney erinnerte ihn an den Ohrring und als er ihn uns zurückgab, fielen mir die beiden Steine ein, die zumindest in eine Richtung die Kommunikation erlaubten. Nach kurzer Überlegungen entschieden wir, ihm den Senderstein mitzugeben, da er uns so zumindest auch längere Informationen zukommen lassen konnte, auch wenn wir leider nicht auf gleichem Wege antworten konnten.
Faro war schon dabei, sich abzuwenden, da fiel mir noch etwas ein und ich fragte ihn, ob er schon einmal etwas von dem Sammler gehört hatte, wozu ich ihm auch das Kärtchen samt Schleife zeigte, das an meiner Stirn geklebt hatte.
Tatsächlich erinnerte Faro sich an Geschichten von Mitgliedern seiner alten Zunft über fehlgeschlagene Beschaffungsaufträge, bei denen ähnliche Kärtchen mit Schleifen hinterlassen worden waren. Am Anfang waren diese Geschichten für Ausreden unfähiger Diebe gehalten worden, doch hatten sie sich so gemehrt, dass man zu dem Schluss gekommen war, dass etwas wahres daran sein musste.
Viel mehr wusste er dazu allerdings auch nicht zu sagen, außer dass in wenigstens einem Fall von einem alten einäugigen Mann die Rede gewesen war, der viel erzählt hatte und der am Ende zusammen mit dem gesuchten Gegenstand verschwunden war. Die Beschreibung kam mit sehr bekannt vor, da ich denselben Mann mutmaßlich in Eiden an Smerdis' Totenlager getroffen hatte.
Emeria warf an dieser Stelle ein, dass der einäugige Zwerg, der Barinal den Runenschlüssel abgenommen hatte und den sie für einen Betrachter hielt, eine starke magische Aura der Suggestion auf Barinal gewirkt hatte. Ihre damit implizierte Idee, dass es sich bei dem Sammler um einen Betrachter handelte, war wenig erfreulich, ließ sich aber im Moment wohl kaum weiter nachprüfen.
Also verabschiedeten wir uns endgültig von Faro und kletterten anschließend alle wieder auf den Teppich, da wir beim Löschen helfen wollten (Guinney hatte zunächst gemeint, das sei nicht unser Problem, war dann aber von Sval scharf zurechtgewiesen und von mir daran erinnert worden, dass das Bart&Bier in dem Teil des mittleren Ringes lag, der brannte – und es zudem sicher gut wäre, wenn wir nach den Ereignissen heute in den Augen der Zwerge positiv auffallen würden).
Das Bart&Bier war in Teilen bereits eingebrochen und stand noch immer in Flammen, als wir uns auf dem Teppich näherten, doch immerhin konnten wir Guinneys Großvater erkennen, der gerade zwei anderen Zwergen aus den Trümmern half. Er schien nicht weiter verletzt zu sein und so setzten wir Guinney und Sval zunächst nur ab, da ich aus der Luft einen besseren Überblick hatte und meine Magie gezielter einsetzen konnte.
Während Guinney also ihrem Großvater zu Hilfe eilte und Sval, der seine Rüstung abgelegt hatte, sich den Helfern anschloss, die Anwohner aus ihren brennenden Häusern holten und diese anschließend, wenn sie ohnehin nicht mehr zu retten waren, möglichst sicher einstürzen ließen, um die Flammen einzudämmen, flog Emeria mich zu den kritischsten Bränden.
Nach einer Weile bemerkten wir einige Mitglieder des Arkanen Konservatoriums, die ebenfalls mit Magie das Feuer bekämpften oder sich in einem bereits gesicherten Bereich um Verletzte kümmerten.
Emeria entschied, dass sie am ehesten bei den Verwundeten helfen konnte und mir gelang es, die Magier davon zu überzeugen, dass ich ihnen helfen wollte und in Bezug auf Feuer sehr gut wusste, was zu tun sei. Obwohl am Anfang noch sehr misstrauisch ließen sie sich darauf ein und im Verlauf des Abends funktionierte die Zusammenarbeit immer besser.
Es waren seit Haildraissiths Angriff über fünf Stunden vergangen, als endlich der letzte kritische Brand unter Kontrolle war und ich in einem Moment des Durchatmens die Erschöpfung über mir zusammenschlagen fühlte. Ich hatte all meine stärkeren magischen Reserven aufgebraucht und fühlte mich fast so ausgelaugt wie damals in Eiden, als ich nicht einmal mehr die einfachste Magie hatte wirken können.
Ich flog mit dem Teppich zurück zu dem improvisierten Lazarett, wo ich Emeria zurückgelassen hatte. Da auch hier für den Augenblick alles hinreichend unter Kontrolle war, schloss sie sich der Idee von ein paar Stunden Schlaf an und auch Guinney, die wir beim inzwischen vollständig gelöschten und gesicherten Bart&Bier fanden, kam mit uns. Sval jedoch winkte nur ab, noch ehe wir nah genug für ein Gespräch waren, und stürzte sich schon wieder in das nächste einsturzgefährdete Haus, sodass wir ohne ihn zum Zwilton zurückkehrten.
Dort erfuhren wir, dass unsere Zimmer wohl weitgehend überlebt hatten, allerdings entschieden wir im Hinblick auf einen eventuellen zweiten Besuch des Drachen (und auf Bitten des Hotels, das die Räume als Notunterkünfte brauchte) alle in einem Zimmer zu schlafen, wofür wir das von Emeria wählten. Nachdem wir einen Teil unserer im Voraus entrichteten Zimmergebühren zurückbekommen und die Information für Sval hinterlegt hatten, machten wir uns auf den Weg auf Emerias Zimmer.
Zwar wollten wir alle nichts lieber, als endlich zu schlafen, hielten es aber für besser, uns zumindest den gröbsten Schmutz abzuwaschen. Da das fließende Wasser allerdings nicht funktionierte, leerte ich den endlosen Wasserdekanter in die Badewanne, die ich mit meiner Magie auf angenehme Temperatur brachte (was anstrengender war, als es sein sollte).
Anschließend stiegen wir alle zugleich ins Wasser, das sich innerhalb kürzester Zeit dunkelgrau färbte. Wir waren so müde, dass wir kaum ein Wort wechselten und uns recht bald auf dem übergroßen Bett von Emeria einkuschelten – Emeria auf der rechten Seite, wie immer in der Haltung einer zur Bestattung hergerichteten Toten, Guinney quer am Fußende, alle Viere weit von sich gestreckt, und ich selbst auf der linken Bettseite eng zusammengerollt.
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Liebe Leser, nun ist es schon etwas spät im Jahr und doch die erste Gelegenheit, euch ein frohes Neues Jahr zu wünschen :-)
Ich hoffe, ihr seid alle gesund und hattet Spaß an diesem sehr kampflastigen Kapitel - wie immer, ich würde mich wirklich sehr darüber freuen, eure Gedanken dazu in einem Review zu lesen ;-)
Liebe Grüße und bis zum nächsten Kapitel
Stellaria
Emeria, die ebenfalls aufgewacht war, zog sich bei Faros Worten mit einem Ruck die Decke bis ans Kinn und schien ausgesprochen dankbar, als dieser anbot, draußen zu warten, bis wir alle fertig waren, um uns dann seine bisherigen Erkenntnisse mitzuteilen.
Auch ich folgte ihm vor die Tür, ging dann aber weiter bis auf mein eigenen Zimmer, wobei ich unterwegs bei einem der Pagenzwerge Essen für fünf auf Emerias Zimmer orderte. Dort angekommen gab ich Sval und Guinney durch den Ohrring Bescheid, tauschte das weiße Kleid gegen meine übliche Aufmachung und holte meine Nimmervollen Beutel aus ihren Verstecken.
Eine Viertelstunde später waren wir alle inklusive Frühstück wieder bei Emeria im Zimmer versammelt, nur sie selbst war immer noch im Bad beschäftigt. Als sie sich endlich zu uns gesellte, war ihr Gesicht erneut unter der üblichen Schicht Schminke verschwunden, sodass sie mich wieder an das Porzellangesicht der Rabenkönigin erinnerte.
Nun verstand ich zwar den Sinn und Zweck dieser Art von Maskerade, doch gerade deshalb erklärte ich ihr, dass ich es ohne Schminke besser gefunden hatte. Mit einem Schulterzucken meinte sie, es sei für sie ein Schutz, worauf ich ihr nur noch einen strengen Blick zuwarf – es wurde höchste Zeit, dass sie aufhörte sich vor allem zu verstecken.
Während wir uns nun alle dem nach Asche schmeckenden Frühstück zuwandten und Emeria den Rückruf von Mordai vorbereitete, begann Faro (der das Essen als einziger genießen konnte) uns von seinen bisherigen Erfolgen zu berichten.
Es war ihm gelungen, vier Kontakte zu aktivieren, die nützlich für unser Vorhaben sein könnten, wobei aktivieren bedeutete, dass wir nur noch mit der richtigen Losung an sie herantreten mussten.
Der erste Kontakt hieß Gottmir Arora, eine Wache am Westtor des Felsenhimmels, der sich bei den Langfüßen hoch verschuldet hatte und deshalb für sie bestimmte Besucher ungeprüft durch sein Tor schmuggelte, was uns wiederum ein Druckmittel in die Hand gab, dasselbe von ihm zu verlangen.
Der zweite Kontakt hieß Baldumir Ehrenbart, ein Schreiberling im Felsenhimmel, der seine Zeugnisse und Referenzen gefälscht hatte, weshalb er nun gezwungenermaßen bereit war, sein Wissen über den Zugang zur Schatzkammer und die darin enthaltenen Fallen mit uns zu teilen.
Der dritte Kontakt war ein gewisser Kaltran Essenzweber, ein Lehrling im Arkanen Konservatorium, der sich nach Verhandlungen mit Faro bereit erklärt hatte, einem von uns einen einmaligen Zugang zu den öffentlichen Bereichen des Arkanen Konservatoriums zu verschaffen, wobei Faro uns bat, Kaltran dadurch nicht in Gefahr zu bringen.
Bei dem vierten Kontakt handelte es sich schließlich um Dorantan. Ihn dazu zu bringen, uns zu helfen, war für Faro eine ganz persönliche Freude gewesen, und bedeutete ganz konkret, dass wir von diesem einen Gefallen (der im Rahmen seiner Möglichkeiten lag) einfordern konnten. Allerdings warnte Faro uns, dies nur zu tun, wenn wir keine andere Wahl hatten, und auch sehr vorsichtig zu sein, was genau wir verlangten, da er selbst und die Organisation, der er angehörte, sehr mächtig waren.
Um die ersten drei Kontakte zu aktivieren sollten wir ihnen die Losung, Der Schatten von Mond und Sonne grüßt die Verdammten, sagen, Dorantan hingegen würde bei dem Stichwort Kumquats Bescheid wissen.
Zusätzlich dazu hatte Faro noch herausgefunden, dass man für die Schatzkammer eine Art magische Karte oder Schlüssel mit einzigartiger Signatur brauchte, um die Lore zum richtigen Ort navigieren zu können. All dies waren wirklich gute Neuigkeiten und nachdem wir Faro über unsere neuesten Erkenntnisse unterrichtet hatten, begannen wir unsere übliche Diskussion zum weiteren Vorgehen.
Schließlich entschieden wir, Faro auf die Runenschlüssel anzusetzen, da wir immer noch nicht wussten, wo exakt sie sich befanden oder wie sie überhaupt aussahen. Da er vom gestrigen Tag noch 250 Gold übrig hatte, reichten ihm für diese Aufgabe 500 weitere Goldmünzen, dann wünschte er uns Glück und machte sich auf den Weg.
Wir selbst wollten den Tag tatsächlich nutzen, um über unseren offiziellen Auftrag die Schatzkammer soweit möglich schon mal zu inspizieren. Da wir nicht all unsere Sachen mit in den Felsenhimmel nehmen wollten, wo wir ja voraussichtlich durchsucht werden würden, packten wir den Großteil unserer Wertsachen (und die von Eisenbeißer gestohlenen Notizbücher) in einen meiner Nimmervollen Beutel, den wir anschließend dem Tresor des Zwilton zur sicheren Verwahrung anvertrauten.
Pünktlich zum zwölften Gong fuhren wir also mit der königlichen Gondel wieder in den königlichen Ring, wo wir von den Wachen in den Felsenhimmel und zu einem Schreiberling eskortiert wurden, der, als wir ihm unser Vorhaben (mit dem Auftrag anzufangen) erklärten, losging, um unseren Begleiter zu holen.
Wir mussten eine ganze Weile warten, dann tauchte endlich ein Zwerg mit hellbraunem Haar und Bart in sehr feiner Kleidung mit einer leichten Lederrüstung darüber auf, der sich uns als Eckhardt Seeliger vorstellte.
Er führte uns nun durch weitere Eingeweide des Felsenhimmels, bis wir an eine goldene gut fünf Meter hohe und sicherlich doppelt so breite Doppeltür gelangten, deren einer Flügel ein kleines Stück offen stand, sodass wir dahinter ein engmaschiges Fallgitter aus einem vertrauten grünen Metall erkennen konnten.
Eckhardt rief durch den Spalt, die Dwarvenspirits seien hier, um in die Schatzkammer zu gehen, doch erst beim dritten Mal, als er nach einem gewissen Sigmund schrie, kam eine Antwort und das Adamantitgitter wurde gut zwei Meter in die Höhe gezogen.
Der Raum dahinter, den wir nun betraten, erinnerte entfernt an die unterirdische Lorenstation in Eiden, nur um einiges größer. Wir befanden uns auf einer Art Plattform, die an zwei Schienen endete, zwischen denen noch eine weitere seltsam gearbeitete Stange verlief. Dahinter erhob sich eine merkwürdige Metallkonstruktion und links von uns erstreckte sich ein sehr langer Tresen, der ebenfalls mit Adamantitgittern geschützt wurde. Dahinter saß ein weiterer Zwerg, der sich verschlafen die Augen rieb und sich uns dann als Sigmund Winkelmann vorstellte, zuständig für die Loren und die dafür nötigen Runenschlüssel.
Als Guinney meinte, sie würde nie den Überblick über so viele Schlüssel behalten können, erklärte er ihr freundlich, die Schlüssel würden im Arkanen Konservatorium immer für einen speziellen Zweck angefertigt und nach Gebrauch vernichtet, was eine wichtige und gleichzeitig unerfreuliche Information war.
Der Runenschlüssel, der für uns angefertigt worden war und den er gleich darauf Eckhardt aushändigte, sah aus wie ein abgerundeter, von Einbuchtungen überzogener Zylinder mit einer Art Griff am anderen Ende, der mit blau leuchtenden Runen bedeckt war. Dann ging Sigmund ans andere Ende des Tresens, wo er an zwei in die Wand eingelassenen Hebeln zog, woraufhin wir von rechts das arbeiten von Maschinen hörten und schließlich eine Lore auftauchte, die vor uns anhielt.
Sie war um einiges geräumiger und stabiler als die Variante in Eiden und bot acht Passagieren Platz. In dem schmalen Gang zwischen den rechten und linken Sitzen ragte mittig ein kleiner Pfeiler auf, an dem Seile befestigt waren, die in Haken endeten, mit denen wir uns sichern sollten, für den Fall, dass wir herausgeschleudert wurden.
Eckhardt nahm den Sitz vorne rechts, wo der Runenschlüssel in eine passende Vorrichtung gesteckt werden konnte. Guinney, die schon ganz aufgeregt war und sich auf die Fahrt freute, kletterte auf den Platz neben ihm. Ich selbst schlüpfte auf den Sitz hinter ihr, da ich ziemlich sicher war, dass Guinney die Fahrt überstehen würde, ohne sich zu übergeben. Emeria wiederum setzte sich hinter mich und Sval setzte sich schräg hinter sie ganz nach hinten.
Sobald wir alle eingehakt waren, drückte Eckhardt den Schlüssel ins Schloss, woraufhin überall an der Lore Runen aufleuchteten und sie vor magischer Energie regelrecht zu vibrieren begann. Mit einem Ruck schoss sie nach vorne und in einen Tunnel hinein und als es um die erste Kurve ging, bemerkte ich, dass die Schienen verschwanden und die Lore nur noch auf der mittleren Stange dahinraste.
Ähnlich wie in Eiden schienen die Erbauer keinen rechten Verstand gehabt zu haben, die Lore wechselte ständig die Richtung, fuhr in schwindelerregenden Spiralen abwärts, stürzte einmal sogar ein ganzes Stück senkrecht nach unten (hier übergab Emeria sich zum zweiten Mal) und kam mit einem sehr unangenehmen Ruck wieder zum Stehen. Einzig als wir an Maliburfs Goldfall vorbeikamen (einer Sehenswürdigkeit von endlos in die Tiefe fallenden Goldmünzen, beleuchtet von einer riesigen Feuerstelle, auf die Eckhardt uns aufmerksam machte) war die Fahrt für mich angenehm, wohingegen Guinney jede Sekunde lauthals johlend genoss.
Während wir also alle etwas steif und wackelig auf die Plattform stolperten, die zu unserer Tür führte, meinte Guinney enttäuscht, die Fahrt wäre viel zu kurz gewesen und sie wolle das unbedingt noch mal machen.
Eckhardt erklärte nun, ab hier wären wir auf uns gestellt, er würde uns nur als Beobachter in sicherem Abstand begleiten, um dafür zu sorgen, dass wir uns an die Regeln hielten und unseren Auftrag erfüllten. Wie wir gleich darauf feststellen mussten, bedeutete das auch, dass er die Tür, die mit 113-77 bezeichnet und mit einem Rätsel versiegelt war, nicht für uns öffnen würde.
In der Tür waren vier Löcher in Form von Zahnrädern eingelassen und rechts daneben fand sich auf einer kleinen Tafel eine Art Gedicht, das Emeria uns vorlas und in die Handelssprache übersetzte:
Four in one and three in four,
two needs all that came before.
Three seems last,
but with only half of one and two and also four.
Darunter lagen auf einem großen Haufen Unmengen von Messingzahnrädern, alle mit verschieden vielen Zähnen. Ich fand ziemlich schnell eines mit vier für das erste und eines mit drei Zähnen für das letzte Loch, doch danach mussten wir erst ein wenig überlegen, wie die restlichen Zeilen zu verstehen waren, ehe wir noch zwei Zahnräder mit je sieben Zähnen suchten und diese in die beiden mittleren Löcher drückten.
Sobald alle vier Löcher entsprechend besetzt waren, zog ich an einem kleinen Hebel daneben, woraufhin die Zahnräder in die Tür hineingezogen wurden, wobei sie sich immer mal ein Stück weiter drehten, bis schließlich das unverkennbare Geräusch eines sich öffnenden Schließmechanismus' ertönte und die doppelflüglige Tür langsam aufschwang.
Der Raum dahinter lag in völliger Dunkelheit, die meine Augen in gewohnter Weise durchdrangen, doch war er wohl länger, als meine begrenzte Sichtweite. Ich schaute zuerst an den Seiten neben der Tür, ob ich irgendeinen Mechanismus oder auch nur einen Fackelhalter entdecken konnte, fand aber nichts dergleichen, sodass ich nun wie die anderen dem Raum meine volle Aufmerksamkeit schenkte.
Mit etwas über zwanzig Metern Breite und knapp zehn Metern Höhe handelte es sich eher um eine Halle, die von Säulen gestützt wurde, die teilweise aber bereits eingebrochen waren. Der Boden selbst war übersät mit Schutt, zerbrochenem Mobiliar und Löchern und dazwischen erkannte ich die Überreste humanoider Gestalten, die bereits weitgehend skelettiert waren.
Kurz vor dem Ende meiner Sichtweite lagen zudem die Überreste eines Trolls und ein wenig rechts von uns ragten drei Speere verquer aus einer Wand – offenbar eine der Fallen, die sich nach dem Auslösen nicht wieder in die Ausgangsposition begeben hatte.
Da nichts zu hören war und sich innerhalb meiner Sichtweite auch nichts bewegte, schoss ich einen Feuerpfeil gerade die Halle hinunter, der auf seinem Weg ein sich in gleicher Art fortsetzendes Bild beleuchtete, ehe seine Reichweite erschöpft war und er auf dem Boden aufschlug, woraufhin ein Geräusch wie von einer Sprungfeder zu hören war.
Wir lauschten angestrengt, ob sich irgendetwas Lebendiges regte, doch abgesehen von leisem Steingeriesel, das sicher mein Feuerpfeil verursacht hatte, war nichts zu hören. Nachdem wir sicher waren, dass alles wieder ruhig war, erklärte Guinney, ihrer Meinung nach sei der Raum noch stabil, doch wenn noch mehr Säulen einstürzten, würde vermutlich auch die Decke nachgeben, weshalb wir versuchen sollten, keine weiteren Strukturschäden zu verursachen.
Mir fiel in diesem Moment Eckhardt wieder ein, den ich nun nach einem Beleuchtungsmechanismus befragte, doch er bot uns nur (gegen Bezahlung natürlich!) eine Laterne aus der Lore an. Wir verzichteten dankend und als wir im nächsten Moment das leise Klicken von Zahnrädern hörten und die beiden Türflügel sich sehr langsam wieder zu schließen begannen, fragten wir ihn, ob er mit rein kommen oder lieber draußen warten wolle.
Obwohl er zunächst zögerte (immerhin war keiner seiner Vorgänger wieder zurückgekommen) und wir ihm versicherten, wir würden niemandem verraten, wenn er einfach vor der Tür wartete, erklärte er nach einem Moment des Mit-sich-ringens, er würde fürs Erste mit hineinkommen, sich aber wie bereits erklärt hinten halten.
Guinney verdrehte die Augen und ich überlegte, dass wir wohl gute Chancen hätten, ihn notfalls mit einer Illusion in die Flucht zu schlagen. Währenddessen traten wir alle ein, wobei wir die gut fünf mal fünf Fuß großen Bodenplatten argwöhnisch in Augenschein nahmen. Viele von ihnen schienen Fallen zu enthalten, von denen aber bereits einige ausgelöst und dauerhaft zerstört waren, sodass wir zumindest aktuell sicher standen.
Ich schlug vor, uns zunächst die skelettierten Überreste näher zu betrachten, um herauszufinden, was passiert war und wie lange das zurücklag. Ich glaubte nicht, dass in diesem weitgehend zerstörten Raum noch viele Fallen aktiv waren und es einfach sein müsste, sichere Wege auszumachen, sodass wir uns aufteilen konnten, doch die anderen wollten lieber kein Risiko eingehen.
Schließlich schaltete Emeria sich auf Mordai, der zu einem der Skelette hinüber flatterte und darauf landete. Halb zu uns, halb zu sich selbst teilte Emeria uns murmelnd ihre Erkenntnisse mit. Die Leiche war offenbar schon älter, mindestens ein Jahr, sah aber zugleich so aus, als wäre sie abgenagt worden – vielleicht von Menschen?
Ein plötzlicher Gedankenblitz ließ mich herumwirbeln, die unbewegliche Metallstange aus meinem Beutel ziehen, zur sich nach wie vor langsam schließenden Tür hechten und die Stange so vor den rechten Türflügel klicken, dass dieser sich nicht weiter schließen konnte.
Tatsächlich stockte der Türflügel und verschiedene klirrende und reißende Geräusche erklangen, als kämpfte eine Maschine gegen eine unerwartete Blockade. Der linke Türflügel schloss sich weiter, doch wenn der rechte in dieser Position bliebe, würde eine ausreichend große Lücke bleiben, durch die wir die Halle wieder verlassen konnten.
Schnell wandte ich mich an Sval mit der Aufforderung, diese Lücke mit einem Steinblock zu sichern und er und Guinney, die meinen Gedankengang offenbar verstanden hatten, eilten los, um eine der zerbrochenen Bodenplatten zu holen und in der Lücke zu verkannten.
Ich sprach meine Überlegung, dass diese Abenteurer vielleicht einfach nicht wieder herausgekommen waren, weil sie die Tür nicht wieder hatten öffnen können, nun laut aus, ehe ich mich mit der Frage an Eckhardt wandte, wie lange schon Söldnergruppen wie wir hier herunter geschickt wurden. Er wusste aber wie wir auch nur von den letzten Wochen und hatte keine Ahnung, ob vor über einem Jahr bereits ähnliche Bemühungen stattgefunden hatten.
Inzwischen hatte sich der linke Türflügel vollständig geschlossen und nachdem Guinney und Sval den herangeschafften Stein ordentlich verkanntet hatten, klickte ich die unbewegliche Metallstange wieder aus, woraufhin wir alle einen Moment den Atem anhielten.
Zwar schien die Konstruktion zu halten, doch Guinney war sich nicht sicher, für wie lange und auch nachdem sie mit Sval noch einen weiteren Felsblock in die Lücke geschoben hatte (sodass man nur noch einzeln durch die verbliebene Lücke kriechen konnte) schätzte sie, dass uns vielleicht nur wenige Stunden blieben, da sie nicht vorhersagen konnte, ob auf Dauer der Stein oder der magisch angetriebene Schließmechanismus gewinnen würde.
Während sich Guinney und Sval also mit dem zweiten Steinblock abmühten, wandte ich meine Aufmerksamkeit wieder den Skeletten zu, von denen eines neben einer Säule halb von einem großen Stück Stoff bedeckt war.
Neugierig ging ich dorthin und erkannte, dass es sich um ein gut zwei Meter langes Stück eines Banners handelte, auf dem das Zeichen von Bhara Lugdur abgebildet war. Ein Blick nach oben zeigte mir, dass dort der kleine Rest des Banners hing. Da der Brustkorb des Skelettes seltsam versetzt zum restlichen Körper schien, überlegte ich, dass, wer auch immer das Skelett zu seinen Lebzeiten auch gewesen war, dieses von einem mächtigen Schlag des Trolls gegen das Banner geschleudert worden war, das daraufhin abgerissen war.
Da die Tür inzwischen soweit möglich gesichert war, stellte ich meine innere Uhr auf etwa sechs Stunden ein (Guinney schätzte, zumindest so lange dürfte die Tür offen bleiben) und ging mit Emeria zusammen los, da ich mit meinem Feuerpfeil und sie mit ihren unheimlichen Strahlen die Bodenplatten auf ihre Sicherheit testen konnten.
Wir lösten nur eine Bodenplatte aus, unter der wohl mal eine Fallgrube gewesen war, die aber bereits mit Schutt aufgefüllt worden war (war das ein Hinweis auf hier unten lebende intelligente Kreaturen, die regelmäßig hier vorbeikamen?) und gelangten so bis zu dem Trollskelett (Eckhardt folgte uns in einigem Abstand, darauf bedacht, unserem Weg zu folgen), wo Guinney sich eine lange Rippe herausbrach, die sie in der Folge als Taststock benutzen wollte, da das weniger auffällig als unsere Zauber war.
Wir stellten fest, dass auch der Troll schon seit mindestens einem Jahr hier lag. Außerdem entdeckte Emeria die Spuren schwerer Stiefel, die jedoch auch alle tiefer in die Halle führten – Spuren in der entgegengesetzten Richtung konnten wir keine ausmachen.
Ich schoss einen weiteren Feuerpfeil die Halle hinunter, der nach knapp dreißig Metern in ein Hindernis einschlug, sodass wir dort das Ende der Halle vermuteten, auch wenn wir es nicht sicher hatten erkennen können.
Da Guinney nun ihre Rippe hatte, führte sie uns an, gefolgt von mir, Emeria und schließlich Sval, während Eckhardt uns wieder ein gutes Stück Vorsprung ließ, ehe auch er unserem Weg folgte.
Zwar bemerkte Guinney eine verdächtig nachgebende Bodenplatte rechtzeitig, sodass sie uns darum herumführen konnte, doch gerade als wir uns daran vorbei bewegten, rutschte ein Stück Schutt ab, was die Falle auslöste. Drei Speere schossen aus dem Boden und nur Guinney gelang es, ihrem vollständig auszuweichen.
Ich selbst machte noch rechtzeitig einen Schritt zur Seite, sodass die Spitze nur leicht meine Haut aufschrammte, doch Sval hatte nicht ganz so viel Glück und trug einen richtigen Schnitt davon.
Als die Falle sich anschließend wieder neu aufbauen wollte, verhakte sich offenbar der Mechanismus, ein Knirschen war zu hören und die Platte zerbrach halb, sodass wir einen Blick auf das ausgeklügelte Getriebe werfen konnten, das schon ordentlich mit zu Sand zermahlenen Schutt zugesetzt war.
Nach diesem Zwischenfall passierte nichts unerwartetes mehr, sodass wir kurz darauf auch tatsächlich das Ende der Halle erreichten. An der letzten Säule bemerkte ich ein weiteres Banner von Bhara Lugdur, das völlig intakt aussah, ganz im Gegensatz zu der Tür, deren rechter Flügel zwar offen war, allerdings so verschüttet, dass wir nur durch ein kleines Loch kriechen konnten. Emeria spähte auf meinen Vorschlag mit dem Schrumpfkopf durch das Loch, hinter dem sich offenbar ein kleiner Tunnel anschloss, der zudem um mindestens eine Ecke führte.
Guinney erklärte sich (nachdem wir es für unwahrscheinlich erklärt hatten, dass am anderen Ende Geister lauerten) bereit, als erste hindurch zu kriechen. Schneller als erwartet meldete sie sich über den Ohrring, dass sie auf der anderen Seite angekommen war, also machte ich mich als nächste auf den Weg.
Direkt hinter dem Tor schien der Tunnel parallel zur Wand nach links zu führen, ehe er nach knapp zwei Metern nach rechts abbog – als ich die Biegung erreichte, öffnete er sich im Schutt auch schon in einen weiteren Raum, der ganz ähnlich wie der erste aufgebaut zu sein schien.
Ich gesellte mich zu Guinney, die hinter einer nahen Säule wartete, dann gab ich flüsternd durch den Ohrring weiter, dass der nächste los konnte. Gerade als ich mich neben Guinney an die Säule drückte, flüsterte sie durch den Ohrring, hier sei irgendetwas und dass wir uns beeilen sollten.
Als wir gleich darauf wieder lauschten, hörte ich etwas, das mich entfernt an eine Kuh erinnerte. Ich warf Guinney einen fragenden Blick zu, die erklärte, sie hätte zuvor so etwas wie ein Klappern gehört, das allerdings definitiv nicht so klang wie Geröll, das sich löste und in die Tiefe kullerte.
Gleich darauf hörte ich es auch, bis Emeria auftauchte, was die leisen Geräusche für den Moment übertönte. Sie hatte gerade Sval das Zeichen gegeben, dass der Tunnel wieder frei war, als Guinney sich auf den Ohrring schaltete und ihn fragte, ob er den Tunnel hinter sich zum Einsturz bringen könnte, um Eckhardt loszuwerden. Hektisch griff auch ich an den Ohrring, um Sval eindringlich zu erklären, dass wir diesen Gang noch brauchten, da wir heute ohnehin nur zum kundschaften hier waren.
Während wir nun wieder still auf Sval warteten, hörten wir das eindeutige Geräusch von Metall, das über den Boden gezogen wurde. Emeria meinte, es würde sich ganz so anhören, als würde jemand eine große Axt oder dergleichen hinter sich herziehen.
Gleich darauf tauchte Sval auf, der es trotz seiner Rüstung offenbar ebenfalls problemlos durch den Tunnel geschafft hatte. Flüsternd berichteten wir auch ihm von den Geräuschen, die wir gehört hatten, dann lauschten wir alle noch einmal, bis Sval meinte, er könne mindestens zwei verschiedene Geräuschquellen unterscheiden.
Nach einer kurzen Besprechung hielt Emeria Mordai um die Ecke der Säule, hinter der wir uns versteckten, und schaltete sich auf ihn drauf. Gleich darauf erklärte sie, diese Halle sei ein gutes Stück kürzer als die erste, ansonsten aber ganz ähnlich. Außerdem konnte sie gut ein Dutzend Schemen erkennen, von denen zwei so groß waren, dass sie bis fast unter die Decke reichten. Allerdings bewegten sie sich auf eine Art, die Emeria vermuten ließ, es handle sich um Untote.
Um ganz sicher zu gehen, schickte Emeria Mordai auf einen vorsichtigen Erkundungsflug, von dem sie ihn einige Sekunden später zurückrief, offenbar gerade noch rechtzeitig, um einem Bolzen auszuweichen. Tatsächlich handelte es sich bei den Schemen um Untote in Form von Skeletten und Zombies, auch im Fall der beiden sehr großen Gestalten, bei denen es sich um ungewöhnlich hochgewachsene Trollzombies handelte.
Ein wenig irritiert fragte ich bei Emeria nach, um sicher zu gehen, dass Untote nicht einfach so entstanden, und sie bestätigte, dass es dafür normalerweise einen nekromantischen Auslöser brauchte, auch wenn es nicht immer absichtlich geschah. Sie fügte noch hinzu, dass Zombies und Skelette normalerweise nicht sehr intelligent und auch keine größere Gefahr waren, dass sie aber oftmals gegen verschiedene Dinge (wie zum Beispiel Gifte) resistent oder sogar immun waren und sie gewisse Fähigkeiten aus ihren Lebzeiten auch im Untot behielten, was alles mögliche von Schwertkampftechniken bis hin zu Magiebeherrschung sein konnte.
Meine Erinnerung, was Untote wie Skelette betraf, war, dass diese nicht besonders viel aushielten, wenn es um Feuermagie ging. Also schlug ich vor, den Teleportwecker von Sandrino in den Raum zu werfen, zu warten, bis sich alle Untoten darum versammelt hatten, und dann mit einem Feuerball sie so weit möglich aus dem Spiel zu nehmen, sodass Guinney und Sval sich um die beiden Trollzombies kümmern konnten.
Die Idee wurde angenommen und nachdem wir noch ein paar Details besprochen hatten, brachte Sval sich in Position, während ich das Kästchen mit dem Teleportwecker herausholte und ihm rasch in die Hand drückte. Sval löste den Mechanismus und warf den Teleportwecker mitten in den Raum, wo er zu schrillen und im Drei-Meter-Radius herumzuteleportieren begann.
Teil eins des Plans funktionierte noch halbwegs gut – während Sval sich wieder hinter die Säule zurückzog, beobachtete ich von der Ecke aus, wie sich die Schemen zu dem Wecker hinbewegten, was sie ziemlich langsam taten und leider auch nicht alle.
Teil zwei lief dann deutlich schlechter als erwartet. Nachdem einer der Trollzombies und vier von den normalen Skeletten und Zombies sich innerhalb der nächsten halben Minute um den Teleportwecker versammelt hatten, schienen sie recht schnell das Interesse auch schon wieder zu verlieren, sodass ich beschloss, lieber jetzt einen Feuerball zu werfen, wo ich zumindest fünf erwischte. Ich erwartete, dass die beiden kleinen Skelette und Zombies in der Explosion einfach verbrennen würden, doch als die Flammen erloschen, standen noch alle fünf (nur vom Wecker war mit einem Schlag nichts mehr zu hören).
Einen Moment später flatterte Mordai an mir vorbei (der mich noch einmal daran erinnerte, dass er feuerfest war), gefolgt von Guinney, die mitten in den Pulk spurtete und dort herumzuhüpfen und -schreien begann, um die Aufmerksamkeit der Untoten auf sich zu lenken.
Da die Halle von den immer noch leicht brennenden Untoten in schwaches Licht getaucht wurde, erkannte ich, wie aus dem Dunkel am anderen Ende der Halle ein weiteres Skelett auftauchte, das offenbar einen Zauber auf Guinney zu legen versuchte, was aber glücklicherweise fehlschlug.
Während ich die Magie für den nächsten Feuerball sammelte, beobachtete ich, wie der eine Trollzombie auf Guinney losging, die den Faustschlägen problemlos ausweichen konnte, dann aber von dem zuschnappenden Maul überrascht wurde, aus dem sie sich aber gleich darauf wieder befreite. Auf der linken Seite der Halle kam nun der zweite Trollzombie angestampft, der sich offenbar von der anderen Seite auf Guinney stürzen wollte. Sval war aber bereits zur Stelle und griff ihn an, zumindest den Geräuschen nach, die zu hören waren, da es sich auf der anderen Seite der Säule abspielte, hinter der ich immer noch zur Mitte der Halle hin hervorspähte.
Was ich dafür sah war Guinney, die nun tatsächlich auch noch von den anderen Zombies und darüber hinaus von drei Skelettbogenschützen angegriffen wurde, glücklicherweise aber ohne großen Erfolg von Seiten der Untoten.
Ich wollte gerade meinen nächsten Feuerball schleudern, als ich eine weitere Bewegung noch einige Meter hinter Guinney bemerkte und dann eine ähnliche viel näher, neben der Säule rechts von mir. Als ich den Kopf drehte, erkannte ich ein kleines schwebendes Auge, das vier Tentakel hatte, die jeweils in einem weiteren, noch kleineren Auge endeten.
Bei diesem Anblick durchlief mich ein ungewohnter Schauder und um nichts in der Welt hätte ich mich diesem fliegenden Augapfel weiter nähern wollen, der mich bösartig anglotzte. Allerdings war das auch gar nicht nötig, denn indem ich mit aller Gewalt meine Aufmerksamkeit wieder auf die Gruppe neben und oberhalb von Guinney richtete, warf ich meinen zweiten Feuerball.
Diesmal vernichtete er zumindest einen der kleinen Zombies und ein Skelett, außerdem schmorte ich zwei der Bogenschützen und den untoten Magier an. Da der verbliebene kleine Zombie vor Guinney auch schon so aussah, als würde er gleich endgültig auseinanderfallen, schickte ich noch einen Feuerpfeil in seine Richtung, der ihn tatsächlich erledigte, sodass ich mich ein klein wenig erleichtert für den Moment ganz hinter die Säule zurückzog, um keinen der Untoten zu mir und Emeria zu locken (die inzwischen mit ihrem Umhang über mir an der Wand der Säule klebte).
Emeria selbst schob sich nun zur Ecke der Säule, von wo aus sie ihre unheimlichen Strahlen auf das fliegende Auge schleuderte, von denen zwei hoffentlich recht schmerzhaft einschlugen. Zumindest lenkten sie von Mordai ab, der völlig überraschend mit einer aggressiven Attacke auf den Augapfel einhackte, der tatsächlich regelrecht zerplatzte.
Sofort fühlte ich eine Welle der Erleichterung mich durchströmen, die ich sofort in einen weiteren Feuerball kanalisierte, während ich den Kampfgeräuschen lauschte, um wenigstens eine Idee davon zu haben, wohin sich unsere Gegner bewegten.
Als ich wieder um die Ecke spähte, erkannte ich, dass drei Skelette mit Bögen, der untote Magier und das zweite fliegende Auge inzwischen näher herangekommen waren und ein Feuerball von mir sie alle treffen würde und außerdem noch einem der Trollzombies, den ich nur teilweise sehen konnte (und der von Illinaans schemenhafter Gestalt abgelenkt wurde), ordentlich den Hintern verkohlen würde.
Sehr zufrieden beobachtete ich noch, wie der fliegende Augapfel einfach verbrutzelte und die drei Skelette ebenfalls durch mein Feuer vernichtet wurden, dann zog ich mich wieder hinter die Säule zurück. Es beunruhigte mich ein bisschen, dass der Hauptkampf offenbar direkt auf der anderen Seite der Säule ausgetragen wurde, hinter der ich und Emeria uns versteckten, denn so konnte ich auch Sval und Guinney nicht sehen.
Emeria, die ebenfalls um die Säule gespäht hatte, zog sich mit einem nicht ganz so zufriedenen Gesichtsausdruck wieder dahinter zurück, doch im nächsten Moment hörte ich Guinney erneut etwas rufen, um die Aufmerksamkeit unserer Gegner auf sich zu lenken, und kurz danach das Klappern von Knochen und Stahl, was ganz so klang, als wäre das Skelett mit dem Großschwert gerade zerstört worden.
Mein hastig um die Ecke geschossener Feuerpfeil auf den Teil des einen Trollzombies, den einzigen Gegner, den ich sehen konnte, ging leider fehl und so zog ich mich wieder hinter die Säule zurück und atmete tief durch, um mich besser zu konzentrieren, ehe ich es erneut versuchte.
Auch Emeria schaute wieder rasch um die Ecke unserer Säule und kurz darauf hörte ich Guinney in den hinteren Bereich der Halle sprinten. Ich überlegte noch, was das zu bedeuten hatte, als plötzlich einer der Trollzombies direkt vor mir und Emeria auftauchte und Emeria auch gleich angriff, die ja immer noch direkt an der Ecke schräg über mir an der Säule klebte und dadurch wahrscheinlich für den Trollzombie besser zu erreichen war.
Sie musste zwei heftige Treffer einstecken, bis offenbar Sval an der anderen Seite des Trollzombies auftauchte, denn dieser schien von irgendetwas heftig in den Rücken getroffen zu werden.
Da ich näher zu der linken Ecke stand, warf ich einen Blick daran vorbei und entdeckte den anderen Trollzombie, der dort von Mordai umflattert nur wenige Meter entfernt nach einem Ziel suchte. Rasch zog ich meinen Kopf wieder zurück und schoss dann einen weiteren Feuerpfeil auf den Troll vor Emeria, der diesmal immerhin traf.
Emeria selbst verschwand mit einem leisen Plopp in einer silbrigen Wolke, die mich entfernt an einen Nebelschritt erinnerte, ehe sie offenbar aus einiger Entfernung ihre unheimlichen Strahlen gegen ihren Angreifer schickte, dessen Schädel regelrecht explodierte, sodass der Trollzombie laut zu Boden krachte.
Ein plötzlicher Blitzstrahl erhellte die Halle und krachte in die Wand neben mir. Ich hörte Sval leise stöhnen, dann erneut die donnernden Schritte und wuchtigen Schläge des zweiten Trollzombies und dann Emerias erschrockenen Aufschrei.
Ich hastete zurück zur rechten Ecke der Säule und erkannte nur wenige Meter entfernt den zweiten Trollzombie, in dessen halb verwesten Brustkorb eindeutig Sval steckte, der sich nicht bewegte.
Ich wollte schon einen Feuerpfeil auf ihn schießen, bemerkte aber ein gutes Stück dahinter mit einem Mal den untoten Magier, bei dessen Anblick mir schlagartig klar wurde, dass Guinney scheinbar verschwunden war. Also lenkte ich den Feuerpfeil gegen ihn, da ich argwöhnte, er könnte Guinney irgendwie magisch aus dem Spiel genommen haben.
Mein Feuerpfeil zerschmetterte den Schädel des untoten Magiers und während er zusammenbrach, zog ich mich besorgt wieder hinter die Säule zurück, hoffend, dass was immer Guinney in Bann gehalten, nun seine Wirkung verloren hatte. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich Emeria, die nun an der Säule schräg rechts von meiner klebte und gerade einen Heilzauber vorbereitete.
Kurz darauf hörte ich erleichtert Guinneys flinke Schritte und ihre wütenden Schläge, also spähte ich erneut um die Ecke. Ich sah, wie der Trollzombie gerade auf Emeria losgehen wollte, als sich Drachenend von Innen durch seinen Schädel bohrte. Unser letzter Gegner ging krachend zu Boden, wobei er einen Teil der Säule, an der Emeria klebte, zerschmetterte, was die ganze Halle kurz zum Beben brachte.
Guinney lief bereits zu dem gefällten Trollzombie und half Sval, der sich gerade einen Weg aus dem unnatürlich weit offen stehendem Maul seines Kontrahenten nach draußen bahnte. Emeria, die noch immer leicht schimmerte, als wäre sie in einen permanenten Nebelschritt gehüllt, ploppte ebenfalls neben den beiden auf.
Als ich dazu kam, war Guinney bereits am feiern (sie erklärte, der untote Magier hätte sie verbannt) und Emeria schickte weitere Heilung zu Sval, der sowohl körperlich als auch psychisch nach wie vor angeschlagen aussah.
Da sich alle drei dringend ein wenig ausruhen mussten, ich aber nicht mal einen Kratzer in dem Kampf abgekommen hatte, erklärte ich mich bereit, den Raum zu durchsuchen, während die anderen eine Pause machten.
Da beim Kampf keine Fallen im Boden ausgelöst worden waren, ging ich davon aus, dass entweder die Anwesenheit der Untoten die meisten entschärft hatte, oder in diesem Raum einfach weniger versteckt worden waren.
Ich schleppte den einen Glotzer (was mir ein passender Name für die fliegenden Augen erschien), der noch halbwegs okay schien, zu Emeria, damit sie ihn in die Kühltasche packte (es war hier im Dunkel ohne vernünftiges Werkzeug und Ruhe zu schwierig, das Auge für den Glaskörper zu zerschneiden). Dann machte ich mit den Überresten der Untoten weiter, bei denen ich insgesamt 850 Goldmünzen, Diamanten, magisches Residuum und drei Coratherze fand.
Außerdem bemerkte ich, dass eines der Skelette die Überreste einer Uniform trug, die der von Eckhardt ausgesprochen ähnlich sah, und dass die Tür zum nächsten Raum, die zuvor verschüttet gewesen war, wohl durch die letzte Erschütterung teilweise freigelegt worden war.
Ich gab Sval die Erze und Emeria die Diamanten und das Residuum, während ich das Gold erstmal in meinem verbliebenen Nimmervollen Beutel sammelte. Emeria wiederum erhob sich kurz und kam gleich darauf mit zwei Schädeln zurück, die sie befragen wollte.
Sie ließ sich im Schneidersitz in unserer Mitte nieder und hielt den ersten Schädel auf Augenhöhe vor sich. Gleich darauf zogen sich schwarze Schlieren von ihrer Hand über den Knochen und durch dessen Öffnungen ins Innere und mit einem rasselnden Stöhnen erwachte der Schädel kurzzeitig zu so etwas ähnlichem wie Leben.
Wir erfuhren, dass sein Name Kirral Eisenfinger gewesen war, der wie Eckhardt eine der vorherigen Söldnergruppen begleitet hatte, die ebenfalls in diesem Jahr hier herunter geschickt worden waren. Außerdem erklärte der Schädel, tiefer in der Schatzkammer würden uns Dunkelheit und Tod erwarten und dass er selbst von einem fliegenden Juwel getötet worden war.
Damit waren für den Moment alle Fragen aufgebraucht und das schwache Abbild von Leben verließ Kirral Eisenfingers Schädel, der, von Emeria fein säuberlich beschriftet, in ihren Nimmervollen Beutel wanderte, ehe sie sich dem zweiten Schädel zuwandte, der dem untoten Magier gehört hatte.
Dieser stellte sich als wenig zugetan heraus, denn er antwortete Emeria jedes Mal nur auf zwergisch, sodass Guinney übersetzen musste. Ihr zufolge erwartete uns in der nächsten Kammer unser Ende und zwar in Form eines fliegenden Juwels, dessen Blick tödlich sei. Außerdem würde die, die in seinem Blickfeld gestorben waren, wieder auftauchen, was vermutlich zum Untot auferstehen bedeutete.
Als Emeria den Schädel fragte, wer sein Meister sei, kam als übersetzte Antwort, er sei unser Ende, was meine Vermutung, der Kopf (oder was auch immer da jetzt drin steckte) könne uns nicht besonders leiden, verstärkte. Wir erfuhren noch, dass sein Meister vermutlich mehr Untote erschaffen wollte. Wo das Herz des Berges war, wusste der Schädel Guinney zufolge auch nicht, was mich nicht sonderlich überraschte.
Während Emeria auch den Magierschädel in ihren Beutel stopfte, versanken wir alle ein wenig ins Grübeln, was es mit diesem fliegenden Juwel wohl auf sich haben könnte. Ich überlegte, ob es vielleicht so etwas wie ein über und über mit Gold und Edelsteinen behängter Betrachter sein könnte, bis ich Emeria irgendetwas von Orkus vor sich hinmurmeln hörte, was ich als Aussicht noch viel schlimmer fand (immerhin gab es diese unerklärliche Verbindung von Orkus in meinen Kopf).
Wir beratschlagten einen Moment, doch da wir im Grunde noch nichts nützliches herausgefunden hatten in Bezug auf das Herz des Berges oder die Runenschlüssel, beschlossen wir, dass wir es mit dem nächsten Raum versuchen wollten (und Eckhardt, der immer noch nicht aufgetaucht war, auch nicht dazu holen würden).
Auf dem Weg zur Tür bemerkte Emeria auf den letzten Metern, die wohl von den Untoten nicht oft genug betreten worden waren, ein paar Mal gerade noch rechtzeitig weitere Fallen im Boden, sodass wir unversehrt an der halb verschütteten und zerstörten Tür ankamen, die inzwischen ebenfalls einen Durchbruch aufwies, der groß genug schien, dass wir uns hindurchschieben konnten.
Guinney wollte sogleich hindurch, wurde aber erneut von Emeria zurückgehalten, die uns lauschen hieß – in der darauf folgenden Stille hörten auch wir schwach weiteres Stöhnen und Schleifen aus der nächsten Kammer, das auf weitere Untote hindeutete.
Guinney flüsterte uns zu, falls da wieder ein untoter Magier dabei sei, sollten wir den zuerst ausschalten, weil sie nicht noch mal verbannt werden wollte, dann zwängte sie sich als erste durch den Schutt. Nur einen Augenblick später hörten wir sie schon durch den Ohrring flüstern, dass es ungewöhnlich dunkel auf der anderen Seite sei und sie gerade mal knapp ihre eigene Körpergröße weit sehen konnte. Außerdem öffnete sich links vom Durchbruch ein Abgrund in die Tiefe, weshalb wir uns nach rechts halten sollten.
Emeria schob sich also als nächstes durch den Schutt, um sich die unnatürliche Dunkelheit selbst anzuschauen (da sie womöglich etwas dagegen tun konnte), und ich folgte ihr neugierig und skeptisch zugleich.
Tatsächlich erwartete mich auf der anderen Seite eine beinahe undurchdringliche Finsternis, nach nicht einmal zwei Metern verlor sich alles in Schwärze, sodass ich weder die Decke noch den Boden des Abgrundes erkennen konnte. Als ich mich an der Wand entlang auf die rechte Seite von Emeria bewegte, konnte ich sogar den Abgrund schon nicht mehr erkennen.
Hinter uns arbeitete Sval sich dank seiner Rüstung durchaus vernehmlich durch den Schutt und mit leichtem Unbehagen stellte ich fest, dass das Stöhnen der Untoten sogleich aufgeregter klang und scheinbar lauter wurde. Angespannt flüsterte ich Emeria zu, sie solle etwas gegen diese Dunkelheit unternehmen (immerhin konnte sie Magie zerstreuen und was sonst konnte das hier sein, wenn kein magischer Effekt), als wir alle plötzlich in der Ferne etwas aufleuchten sahen – ein violettes Juwel, das wie ein eingebranntes Nachbild auf der Netzhaut im Schwarz des Raumes schwebte.
Im nächsten Moment spürte ich eine Art schwache Druckwelle aus Richtung des Juwels über mich hinwegrauschen, die gleich darauf zurück schnellte, wobei ich spüren konnte, wie ein Teil meiner Lebensenergie mitgerissen wurde. Dem entsetzten Keuchen der anderen nach hatten auch sie dieselbe unerfreuliche Empfindung durchlebt.
Zwar war der Effekt nur sehr schwach, doch erstens vermutete ich, dass er sich schon bald wiederholen würde, und zweitens warteten wohl noch jede Menge Untote vor uns. Angesichts dieser Überlegungen und der Tatsache, dass das Leuchten des Juwels rasch nachließ, sodass es einen Wimpernschlag später schon wieder in der Dunkelheit verschwunden war, kam ich zu dem Schluss, dass wir schnell handeln mussten.
Also schleuderte ich einen Feuerball in die Richtung des Juwels, solange ich zumindest noch eine Idee davon hatte, wo es war (aufgrund der Dunkelheit war es schwer, die Entfernung verlässlich abzuschätzen).
Zwar hörten wir die Explosion eines Einschlags, doch sehen konnten wir von dem Feuerball nichts. Dafür hörte es sich so an, als würden sich die Untoten nun für den Kampf mobilisieren und gleich darauf tauchte erneut das Juwel in der Ferne auf und eine weitere Welle des Lebensentzugs schwappte über uns hinweg.
Gleich darauf ertönte das unheilvolle Sirren von Bogen- und Armbrustsehnen und aus der Dunkelheit kamen Pfeile und Bolzen geflogen, die allesamt auf Guinney zielten, die etwas vor uns stand, mit unglaublichen Reflexen auswich (glücklicherweise verfehlten uns die daneben gehenden Schüsse haarscharf) und den letzten Pfeil auffing, kurz bevor er in ihrer Brust einschlagen konnte.
Während Mordai nach schräg rechts in die Dunkelheit davonflatterte, schien Guinney, deren Rücken ich noch gerade so erkennen konnte, von vorne angegriffen zu werden. Neben mir klaubte Emeria etwas vom Boden auf und flüsterte ein paar Worte, woraufhin das (vermutlich) Steinchen in ihrer Hand zu glimmen begann und dann mit einem Schlag helles Tageslicht in einem Umkreis von fast zehn Metern verströmte.
Als sich meine Augen an das plötzliche Licht gewöhnt hatten, erkannte ich vor Guinney zwei Zombies und ein Stück dahinter einen weiteren Abgrund. Auf dessen anderer Seite standen zwei Skelette mit Bögen und von links, wo sich die Plattform, auf der wir offenbar standen, zu einem Weg verschmälerte, der in einer Rechtskurve zu den Skelettbogenschützen führte, kam gerade ein weiterer Zombie angeschlurft.
Auch rechts von uns tat sich ein weiterer Abgrund auf, über dem ein schwarzes, ledriges Etwas schwebte, das sich vor der plötzlichen Helligkeit wand und gleich darauf den Rückzug in die schlagartig hinter den knapp zehn Metern Licht einsetzende Dunkelheit antrat.
Ich erhaschte noch einen Blick auf drei Schwänze, die in silbrigen Stacheln endeten, dann wurde meine Aufmerksamkeit von Sval abgelenkt, der losgespurtet war und den einen Zombie vor Guinney mit einem kräftigen Stoß in den Abgrund dahinter katapultierte, ehe er nach links rannte, um den von dort kommenden Zombie in der Kurve zu stellen und mit zwei schnellen Hieben von Drachenend zu vernichten.
Ich lief Sval ein Stück hinterher, da das Licht links auf eine Wand traf und ich vermutete, dort sicherer zu sein, als auf der anderen Seite, dann berührte ich das Drachenmedaillon an meinem Gürtel und rief Waphir über ein Dutzend Meter in die Dunkelheit voraus herbei. Zwar konnte ich ihn so leider nicht sehen, doch hoffte ich, dass er dadurch nah genug an dem Juwel war, um es zu finden und anzugreifen.
Ich wusste, dass er über eine Blindsicht verfügte, die ihm auch in magischer Dunkelheit eine gute Orientierung erlauben sollte, und sobald ich die Wirkung des Zaubers spürte, rief ich ihm zu, er solle das fliegende Juwel vor sich finden und zerstören. Ich hörte ihn vor mir in der Schwärze zustimmend brüllen und kurz darauf das erfreuliche Geräusch von Klauen, die auf etwas Hartes einschlugen.
Im gleichen Moment kamen aus der Dunkelheit vor Sval drei silbrige Stachel geflogen, die ihn unvorbereitet trafen, und ich hörte auch von Emeria, die immer noch an der Wand neben der Eingangstür stand, einen leisen Schmerzenslaut.
Ich drehte mich zurück und sah noch, wie auch sie sich einen dieser silbrigen Stachel aus dem Arm zog, als mit einem dumpfen Krachen ein Trollzombie auf der nächsten Plattform auftauchte, der einen weiteren Sprung machte und mitten zwischen uns landete, was den Boden unheilverkündend erbeben und knirschen ließ.
Es gelang mir gerade so auf den Beinen zu bleiben, doch Emeria stolperte und ging zu Boden, ebenso wie der verbliebene Zombie vor Guinney, der netterweise direkt in den Abgrund hinter ihm stürzte.
Weniger erfreulich war, dass der Trollzombie sogleich wie wild um sich zu schlagen begann, doch wie durch ein Wunder erwischte er nur Sval mit einem schwächlichen Treffer. Guinney, die sich dem auf sie zielenden Faustschlag flink aus dem Weg geduckt hatte, stieß einen Kampfschrei aus und ging auf den Trollzombie los, der gleich darauf von Illinaans durchscheinender Gestalt umschwirrt wurde, ehe sie auch schon wieder von ihm abließ und mit einem Satz über die Schlucht auf die zweite Plattform sprang, wo sie hinter einem der Sklettbogenschützen in der Dunkelheit verschwand, der gleich darauf in den Abgrund geschubst wurde.
In diesem Moment sah ich aus dem Augenwinkel wieder das Juwel aufleuchten und spürte die nekrotische Welle über mich hinwegrauschen, die zu meinem Unbehagen den von Guinney leicht angematschten Trollzombie wieder ein wenig zu stärken schien.
Allerdings hörte ich Guinney gleich darauf aus der Dunkelheit rufen, dass was auch immer Waphir tat zu funktionieren schien. Ich schaute unwillkürlich in ihre Richtung, sah aber nur den zweiten Sklettbogenschützen, der sich gerade in die Schwärze zurückzog, aus der auch schon erneut das Geräusch sirrender Bogensehnen zu hören war. Ein Pfeil traf Sval vor mir, die anderen mussten wohl Guinney gegolten haben.
Auf der anderen Seite des Trollzombies hatte Emeria sich wieder aufgerappelt und als unsere Blicke sich trafen, machte sie eine Geste, dass ich dort verschwinden sollte. Kurz war ich irritiert, doch dann sah ich, wie sie magische Energie in ihrer Hand sammelte und damit auf die brüchige Stelle unter dem Trollzombie zielte.
Hastig machte ich ein paar Schritte in Richtung zweiter Plattform, während Sval sich an mir vorbei auf den Trollzombie stürzte (der immer noch ziemlich von Illinaan abgelenkt war) und die ganze Macht seiner Kampfkunst gegen ihn entfesselte. Die Ablenkung nutzend drehte ich mich noch einmal zu dem nun deutlich angeschlagenen Koloss um und verpasste ihm noch einen Feuerpfeil, der just in dem Moment traf, da Emerias Zauber in den Boden zu dessen Füßen einschlug und ein Stück heraussprengte, was aber leider nicht reichte, um den Trollzombie zu Fall zu bringen.
Ich wandte mich nun wieder der Dunkelheit zu, die wenige Schritte von mir entfernt begann, und rief Waphir die Frage zu, ob er noch weitere deutlich größere Untote wahrnehmen konnte, dort wo er gerade war. Ich hörte eine kurze Unterbrechung in seinem Angriff auf das Juwel und dann eine verneinende Antwort, was zwar nicht mit Sicherheit ausschloss, dass es einen weiteren Trollzombie in diesem Raum gab, es aber zumindest unwahrscheinlicher machte.
Ein leises Zischen von direkt vor mir und von schräg rechts war alles, was ich als Vorwarnung hatte, doch gelang es mir drei der sechs silbrigen Stacheln mit einem magischen Schild abzuwehren und Sval, der eigentlich hinter mir mit dem Trollzombie rang (von ihm aber nur mehr schwächliche Treffer abbekam), schaffte es irgendwie einen der anderen so mit dem Schwert zu erwischen, dass er zumindest in meinem Arm statt in meinem Gesicht einschlug.
Irgendwo von rechts hörte ich mit einem Mal wieder Kampfgeräusche, die sehr nach Guinneys schnellen Schlägen klangen, und Illinaans ätherische Gestalt zischte weg von dem Trollzombie in ihre Richtung und verschwand ebenfalls in der Schwärze, gerade als das Juwel wieder aufleuchtete und eine weitere nekrotische Welle aussandte.
Ein Blick zu dem Trollzombie zeigte, dass er wieder etwas geheilt wurde, doch nutzte ihm das nichts, da Sval ihm mit zwei schnellen Hieben ein Bein durchtrennte, sodass er nun doch den Halt verlor und in den Abgrund stürzte.
Unterdessen tauchte Mordai aus der Dunkelheit wieder auf und flog zu Emeria, von der er den Tageslichtstein bekam. Als dabei ganz rechts erneut eines dieser seltsam ledrigen Geschöpfe auftauchte, feuerte Emeria sogleich ihre unheimlichen Strahlen auf es und Sval versuchte ihm noch einen Bolzen zu verpassen, im gleichen Moment da ich einen Feuerpfeil auf es schleuderte, doch da war es bereits wieder in der Schwärze verschwunden und unsere Angriffe gingen ins Leere.
Ich selbst wurde hingegen leider von einem der beiden auf mich aus der Dunkelheit abgeschossenen Pfeile getroffen, der andere scheiterte aber glücklicherweise an meinem langsam nachlassenden Schild.
Zusammen mit Sval lief ich auf die zweite Plattform direkt an der Grenze zur Dunkelheit hin, wobei ich laut nach Waphir rief, ob seine Bemühungen an dem Juwel Fortschritte machten. Seine Antwort war, dass seine Angriffe weniger Schaden als erwartet anrichten würden, aber auch alles andere als wirkungslos waren.
Kaum hatte er geendet, da schwirrte die Luft um uns her schon wieder von silbrigen Stacheln. Ich selbst konnte einem noch gerade so ausweichen und Sval gelang es diesmal, einen Stachel ganz abzulenken, sodass ich nur von einem getroffen wurde, doch dafür erwischten ihn die drei, die auf ihn gezielt hatten, komplett (ein winzig kleiner Teil in mir fragte sich, ob auch ich so langsam Ähnlichkeit zu einem Stachelschwein bekam).
In diesem Moment rief Guinney von vor uns aus der Dunkelheit, dass der Weg frei sei und wir hinterher kommen sollten und zugleich leuchtete das Juwel erneut auf. Die nekrotische Welle schien mir dieses Mal deutlich schwächer als zuvor, doch inzwischen spürte ich eindeutig die Strapazen des Kampfes und so war ich erleichtert, dass nur ein weiterer Bolzen auf mich zugeflogen kam, den ich mit dem erneuerten Schild abwehren konnte (wohingegen Sval einen weiteren Treffer abbekam).
Mordai wiederum, der ebenfalls angegriffen worden war, konnte allen Stacheln ausweichen und flatterte mit dem Tageslichtstein zu mir und Sval über die zweite Plattform, sodass endlich ein größerer Teil des Raumes erleuchtet wurde.
Die Plattform, auf der Sval und ich gerade standen, führte parallel zu der ersten in ähnlicher Breite weiter, bog dann aber um eine Linkskurve zur dritten Plattform, auf der Guinney offenbar gerade ankommen war. Tatsächlich war der Weg hinter ihr frei, doch auf der dritten Plattform standen zwei Skelettbogenschützen sowie einige Zombies (die gerade auf Guinney losgingen) und ein gutes Stück links, rechts und vor mir schwebte je ein weiteres dieser ledrigen Fliegeviecher über dem Abgrund, die sich in dem plötzlichen Licht eindeutig wanden und ihm sicher gleich wieder zu entfliehen versuchen würden.
Während Guinney sich ohne Schwierigkeiten gegen die Zombies behauptete, tauchte mit einem Mal Emeria mit Hilfe ihres Fernschrittzaubers rechts von uns auf der zweiten Plattform auf, wo sie sogleich mit ihrem Zauberstab der Heilung eine Welle heilender Energie aussandte, ehe sie sich auf den Boden legte, um den Skelettschützen ein schwierigeres Ziel zu bieten.
Ich hatte den Eindruck, der Effekt sei nicht so stark wie sonst, was sicher an dem Juwel lag, auch wenn es gerade nicht leuchtete. Sval stürmte jedoch bereits wieder voller Energie zu dem ledrigen Etwas links von uns, das er gerade noch erreichten konnte, und erledigte es mit zwei schnellen Hieben, sodass er noch einen Bolzen auf das rechts von uns schießen konnte.
Ich selbst hatte nun endlich wieder die Sicht und die günstig platzierten Gegner, um einen Feuerball werfen zu können, der ein Skelett, einen Zombie und das obere Fliegevieh direkt vernichtete und ein weiteres Skelett und einen Zombie ordentlich ansengte.
Ich war gerade neben Emeria gelaufen, als ich das Fauchen von Waphirs Feueratem hörte und fast im selben Moment ein violetter Lichtblitz dort aufzuckte, wo vorher immer das Juwel aufgetaucht war. Einen Augenblick später spürte ich eine massive Welle nekrotischer Energie durch den Raum jagen und deutlich mehr meiner Lebenskraft mit sich reißen als die Male zuvor, doch zugleich wurde der ganze Raum hell erleuchtet.
Als erstes fiel mein Blick auf Waphir, der etwas über ein Dutzend Meter von mir entfernt vor einem violetten Juwel schwebte, das nun einen tiefen Riss in der Mitte aufwies und alle Leuchtkraft verloren hatte. Dann bemerkte ich, dass auch die Untoten von der Welle getroffen worden waren, die ihnen diesmal offenbar ebenfalls Schaden zugefügt hatte, denn ein Fliegevieh, der letzte Zombie und zwei Skelette brachen einfach zusammen, sodass nur noch ein Fliegevieh und drei Sklettschützen übrig waren.
Das verbliebene lederne Etwas, das nun keinerlei Dunkelheit mehr als Rückzugsort hatte, versuchte seine silbrigen Stacheln auf Guinney zu schießen, die denen aber mit Leichtigkeit auswich und dabei auf es zu spurtete (und wie nebenbei über den Abgrund zu uns auf die Plattform sprang), sodass sie es mit einem wilden Gegenangriff für immer aus der Luft holte, ehe sie wieder über den Abgrund zurück auf die dritte Plattform sprang.
Die verbliebenen Skelette legten auf Waphir an, doch nur ein Treffer war von Erfolg beschieden, und während sich zwei auf die vierte Plattform zurückzogen, wählte das dritte Skelett die falsche Richtung und näherte sich dem Abgrund der dritten Plattform zu uns hin.
Falsch war die Richtung deshalb, weil Sval neben mir gerade Anlauf nahm und just neben das Skelett sprang, das er gleich darauf auch schon in den Abgrund befördert hatte, sodass er in Ruhe auf eines der anderen mit der Armbrust anlegen konnte.
Auch Emeria, die sich wieder aufgerappelt hatte, schoss ihre unheimlichen Strahlen auf das von uns aus vordere der beiden Skelette (und machte dann einen weiteren Fernschritt auf die dritte Plattform), während ich selbst ebenfalls Anlauf nahm und mit einem Satz neben Sval landete, wo ich einen Feuerpfeil auf das hintere Skelett abfeuerte, ehe ich Waphir zurief, er solle es zu Ende bringen.
Mit einem Brüllen stürzte er sich auf die beiden Skelette und vernichtete das eine mit seinem Feueratem während er das andere mit seinen Klauenhieben zerriss. Kaum war das letzte Klappern von Knochen verklungen, da setzte einige Sekunden lang Stille ein, in der wir uns umschauten, ob auch wirklich kein Gegner mehr übrig war.
Dann flitzte Guinney auch schon los zum Ende des Raumes, wo das Ende der Plattform gerade so bis zu dem zerbrochenen Juwel reichte, das offenbar in einer weiteren Tür steckte und diese so versiegelte.
Ich rief zunächst Waphir zu mir, dessen großen goldenen Kopf ich mit meinen Armen umfasste und für ein paar tiefe Atemzüge meine Stirn gegen die seine lehnte und ihm dann leise für seinen Einsatz dankte, ehe ich mich auf seinen Rücken schwang und ebenfalls zu dem Juwel flog, wo sich inzwischen auch Sval, Emeria und Mordai eingefunden hatten.
Es handelte sich um einen tief violetten Stein (wie Guinney mit ihrem Runenhammer bestätigte), der gut drei Meter im Durchmesser hatte, eindeutig bearbeitet und geschliffen worden war und der mit der umgebenden Tür regelrecht verschmolzen zu sein schien, zugleich aber klar war, dass es dahinter wohl einen weiteren Raum geben musste. Zwar konnten wir auch einige magische Runen erkennen, die in den Stein eingraviert waren, doch ihre genaue Bedeutung konnten wir nicht erkennen.
Wir überlegten, dass wir zuerst eine Pause machen sollten, doch zuerst wollten ich auf Waphir und Emeria auf Mordai geschaltet, der immer noch den Tageslichtstein trug, einen Tauchflug in den Abgrund machen.
Zu meiner Überraschung stellten wir als erstes fest, dass alle Abgründe miteinander verbunden waren und der sich in Schlangenlinien durch den Raum windende Weg, der sich in der Mitte zu den Plattformen verbreitert hatte, nur von Säulen gestützt wurde. Die Säulen selbst und der gesamte Boden in über zehn Meter Tiefe waren gespickt mit meterlangen Spießen, auf und zwischen denen über vier Dutzend weitgehend zu Skeletten verrottete Tote hingen.
Ein paar von ihnen bewegten sich noch immer und so verbrachte ich die nächsten Minuten damit, jeden einzelnen Untoten so lange mit Feuerpfeilen zu beschießen, bis er sich endgültig nicht mehr regte. Da es ansonsten nichts weiter hier unten zu entdecken gab, flog ich mit Waphir wieder nach oben und zu dem einen ledrigen Etwas, das nicht direkt in den Abgrund gestürzt war, um es mir genauer anzusehen.
Tatsächlich erinnerte es mich am ehesten an einen Rochen, wenn auch mit drei langen dünnen Schwänzen, die in diesen nervigen Stacheln endeten. Außerdem enthüllte ein Blick auf die Unterseite, dass diese übersät war mit kleinen Klauen. Es schien auch nicht in dem Sinne untot gewesen zu sein, doch war seine ganze Erscheinung irgendwie makaber und eindeutig durch dauerhafte nekrotische Einflüsse verändert.
Es schien am ehesten Ähnlichkeit mit sogenannten Mantlern zu haben, Kreaturen der Underdark, die im Ruhezustand einem aufgehängten schwarzen Mantel glichen, doch höchstens im Sinne einer verwandten Spezies. Ich beschloss sie für die Zukunft als Schwarzrochen zu bezeichnen, bis ich eines Besseren belehrt wurde, und kehrte dann zu den anderen zurück, die sich in der hinteren rechten Ecke bereits für eine kurze Rast einrichteten.
Nach einer kurzen Absprache (wir alle waren dafür, zumindest noch bis in den nächsten Raum zu kommen, ehe wir über einen Rückzug nachdachten), bat ich Waphir, das Juwel und den Stein darum herum weiter zu bearbeiten, um zur anderen Seite durchzubrechen, was er gleich darauf begann.
Ich selbst gesellte mich zu den anderen und machte mich nun auch daran, meine Wunden soweit möglich zu verarzten und in Ruhe durchzuatmen. Als ich nach etwas über einer halben Stunde den Zauber, der Waphir herbeigerufen hatte, enden spürte, ging ich zu ihm hinüber und verabschiedete mich, indem ich seinen Kopf noch einmal in die Arme schloss und ihm einen Kuss zwischen die Nüstern drückte, wie ich es zuletzt bei Mal'lokai getan hatte.
Waphir versetzte mir einen leichten Stups vor die Brust und blinzelte mir mit seinen Augen aus flüssigem Gold warm zu, dann verblasste er und als er verschwunden war erlosch auch der Tageslichtzauber von Emeria, doch die Dunkelheit jetzt war nun wieder ganz normal, sodass wir alle wie gewohnt sehen konnten. Ich kehrte wieder in die Ecke zu Sval und Emeria zurück, während Guinney, die sich offenbar schon wieder fit fühlte, sich daran machte, das Juwel daraufhin zu untersuchen, wie viel Anstrengungen es noch kosten würde durchzubrechen.
Als wir uns schließlich auch wieder bereit fühlten, gingen wir zu ihr und dem Juwel hinüber und sie zeigte uns drei Stellen, an denen wir mit den richtigen Hebeln eine gute Chance haben müssten, das Juwel freizubrechen.
Sie selbst holte die lange Trollrippe, die sie am Eingang liegen gelassen hatte, zeigte denn Sval, wo er seine Gleve, die er von Emeria zurückbekam, ansetzen sollte und platzierte Emerias Stab der Heilung, an dem Emeria und ich unsere Kräfte vereinen sollten.
Als auch sie selbst soweit war, zählte sie bis Drei und wir alle warfen unser ganzes Gewicht in die Waagschale. Ein paar Sekunden hörten wir den Stein knistern und knirschen, dann folgte ein lautes Knacken und links unter dem Juwel bröselte Stein weg, als das ganze Juwel einige Handbreit in den nächsten Raum rutschte, sodass wir nun zumindest einen schmalen Spalt hatten.
Wir wollten gerade näher treten, um einen ersten Blick hindurch zuwerfen, da ertönte ein tiefes Stöhnen, lauter als alle bisherigen von den Untoten verursachten Geräusche, und ich glaubte für einen Moment fahlen Knochen durch den Spalt zu erkennen, als das Juwel sich plötzlich in den nächsten Raum zurückzog, was den Stein unter unseren Füßen zerbröseln ließ, sodass wir wie auf einer Rutschbahn durch das nun entstandene Loch rutschten.
Wie durch ein Wunder landeten wir alle auf den Beinen, während hinter uns der Durchbruch einstürzte, und wir konnten sogar sogleich den ganzen Raum, in dem wir gelandet waren, erkennen, weil er schwach erleuchtet war und die Wände den Lichtschein aus noch unbekannter Quelle golden reflektierten.
Noch besser war, dass in der Mitte des Raumes, der in flachen Treppenstufen zur Mitte hin abwärts führte und übersät war mit Goldmünzen, Wertgegenständen und Knochen, ein in Goldschein gehüllter Pfeiler stand, der in einen blauen Kristall gefasst etwas beherbergte, das in einem tiefen magischen Blau leuchtete und ganz ähnlich wie der Runenschlüssel aussah, mit dem Eckhardt die Lore gesteuert hatte, nur um einiges größer.
Leider war an diesem Pfeiler eine massive Kette befestigt, deren anderes Ende mit dem violetten Juwel verbunden war, das wir eben aus der Wand gebrochen hatten. Und dieses Juwel saß wie ein einzelnes übergroßes Auge in einem vor uns schwebenden Schädel, umschwirrt von gut einem Dutzend skelettierten Tentakeln deren Enden rotviolett glimmten.
Wie gebannt starrten wir alle auf das, was wohl am ehesten einem untoten Betrachter entsprach und meines Wissens nach Todestyrann genannt wurde, der nun sein riesiges Maul mit unnatürlich vielen dolchartigen Zähnen öffnete und sich mit einer verwesenden Zunge darüber fuhr. Zugleich hörte ich in meinem Kopf ein Dröhnen, aus dem sich so etwas wie gefühlte Worte in Undercommen bildeten – eine freudige Überraschung, ein übermächtiger Hunger und der Wunsch uns zu verschlingen.
Ich war noch dabei diese bildhaften Eindrücke, die nicht zu mir gehörten, abzuschütteln und mich weiter im Raum zu orientieren, als Sval auch schon ein Stück vor rannte und die gespannte Armbrust auf den in knapp zehn Metern Höhe schwebenden Todestyrann richtete, dicht gefolgt von Guinney, die ein Shuriken gezückt hatte, während Emeria einen Zauberstab hervorholte, nach links huschte (wobei sie uns zurief, wir sollten uns aus dem Blickfeld des Schädels heraushalten) und dort mit den Schatten zur Unsichtbarkeit verschmolz.
Eine Bewegung in der hinteren rechten Ecke des Raumes lenkte meinen Blick in diese Richtung, wo sich gerade drei Skelettbogenschützen aus einem der größeren Knochenhaufen befreiten.
Guinneys Kampfschrei lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf sie und den schwebenden Schädel, der zwar sowohl von ihrem Wurfstern als auch von Svals Bolzen verfehlt wurde, über den Angriff aber nicht unbedingt erfreut wirkte.
Um ihn wenigstens für einen Moment abzulenken, spurtete ich nach schräg rechts, wo ein großes, quadratisches Loch im Boden klaffte, auf dessen Grund ich einige Speere erkennen konnte, wobei ich aus meinem Beutel eine Karte des Illusionskartendecks zog und sie neben dem Loch auf den Boden warf.
Sofort nahm ein Grottenschrat Gestalt über der Karte an und indem ich eine tiefe Stimmlage wählte, brüllte ich auf Undercommen dem Schädel eine Beleidigung zu, ehe ich mich zu Boden und durch den Nebel hindurch fallen ließ, sodass ich hinter einem größeren Knochenhaufen wieder näher zum verschütteten Eingang auftauchte, wo ich hoffentlich für den Moment außer Sicht war.
Als ich gleich darauf das Schleifen schwerer Kettenglieder auf Stein hörte, spähte ich vorsichtig durch eine Lücke in dem Knochengerümpel, hinter dem ich mich versteckte, und sah, wie der Todestyrann noch etwas weiter nach vorne und oben schwebte, den Blick des violetten Juwels in seinem Schädel direkt auf Guinney und Sval gerichtet, während die skelettierten Augenstiele auf seinem Schädel zuckten und plötzlich drei magische Strahlen verschossen.
Ein grauvioletter Strahl traf Guinney am Arm, die kurz erstarrte, sich dann aber schüttelte, als wolle sie sich von etwas befreien. Sval wiederum schaffte es gerade so einem tiefschwarzen Strahl auszuweichen, der hinter ihm im Boden einschlug und ein beeindruckendes Loch zurückließ.
Der dritte Strahl, ein orangegelblicher, schoss seitlich weg, vermutlich auf die Illusion des Grottenschrats zu, was ich von meiner Position aus aber nicht sehen konnte. Tatsächlich schwenkte auch der Blick des großen Juwels einen Moment zur Seite (was Mordai nutzte, um nach oben zu flattern) und ein weiterer Strahl, diesmal ein blauvioletter, schoss in die Richtung des Grottenschrats.
Gleich darauf hörte ich wieder die Gefühle des Todestyranns in meinem Kopf, die ganz danach klangen, als sei er von dem untreffbaren Grottenschrat genervt, würde diesen aber auch nicht als ernstzunehmenden Gegner ansehen.
Als sich der Blick des Juwels gleich darauf wieder auf Sval und Guinney richtete, begann sich auch der Skeletthaufen schräg links von Sval zu bewegen und ein Skelett mit einem Schwert kam herausgekrochen. Ehe es sich richtig orientieren konnte, war Sval schon bei ihm und zerlegte es mit zwei schnellen Hieben direkt wieder in seine Einzelteile.
Guinney war unterdessen zu der über den Boden schleifenden Kette unter dem Schädel gerannt und kletterte in einem halben Atemzug bis ganz nach oben, was dem Todestyrann offensichtlich gar nicht passte, denn er schoss einen weiteren, diesmal aschgrauen, Strahl auf Guinney ab, die nun knapp unter ihm an der Kette baumelte und dem Angriff gerade so aus dem Weg schwang.
Während Sval, den ich gerade noch so durch die Knochen vor mir erkennen konnte, gerade einem von weiter hinten aus dem Raum kommenden Wurfgeschoss auswich (war das eine Rippe gewesen?) tauchte Emeria wieder auf und versuchte es mit einem Zauber gegen den Schädel, der aber daneben ging, ehe sie sich ganz nach links in die Ecke drückte, offensichtlich in der Hoffnung, damit außer Reichweite der Augenstiele zu sein.
Ich selbst war gerade zu der Entscheidung gelangt, dass es vermutlich am besten war, wenn ich erneut Waphir herbeirief, als der Schädel ein paar weitere Meter in die Höhe schwebte und dabei mit seinen Augenstielen weitere Strahlen auf Guinney abfeuerte, die den ersten drei elegant aus dem Weg schwang, vom vierten, einem schwarzroten, und dem fünften (einem rosafarbenen) aber voll erwischt wurde.
Ich zog mich wieder ganz hinter die Knochen zurück, berührte die Oktagonplatte und konzentrierte mich mit aller mir zur Verfügung stehenden Magie auf Waphir, der hoch in der Luft, knapp unter dem Todestyrann erschien, und sich auf meinen Befehl hin sogleich auf ihn stürzte. Als ich zugleich Kampfgeräusche von weiter unten hörte, wollte ich einen weiteren Blick zwischen den Knochen hindurch riskieren, wurde dabei aber von zwei der Skelettbogenschützen entdeckt, die ohne zu zögern auf mich anlegten. Glücklicherweise hatten sie aber keine freie Sicht auf mich und die Pfeile wurden von dem Knochengerümpel aufgehalten.
Der schwebende Schädel hatte gerade einen weiteren schwarzen Strahl auf (vermutlich) Sval abgeschossen (der ihm hoffentlich wieder hatte ausweichen können), als Waphir ihn erreichte und zu attackieren begann.
Ich hörte Sval irgendetwas von dem blauen Kristall rufen, der wohl auf Schaden reagierte, da schwappte mit einem Mal eine schon bekannte Welle nekrotischer Energie durch den Raum und hinterließ für einen Moment ein Gefühl der Schwäche.
Ich kroch ein Stück weiter nach links, um mich wieder aus der Sicht der Skelette zu schieben, und bemerkte bei einem Blick nach oben, wie Guinney an dem Schädel hoch kletterte und dann mit einem Mal in einem Nebelschritt verschwand. Da gleich darauf aus dem Inneren des Schädels das Geräusch von Schlägen zu hören war und Illinaan auftauchte, der den Schädel in der Luft umkreiste, musste sie in den Schädel hineinteleportiert sein.
Emeria rief Sval einen Hinweis seinen Gegner betreffend zu und schoss dann selbst ihre unheimlichen Strahlen irgendwo in die Mitte des Raumes, woraufhin eine Art lautes Knistern zu hören war und als ich durch die Knochen vor mir in die Richtung spähte, bemerkte ich ein bläuliches Kraftfeld, das sich um den Kristall in der Mitte herum aufgebläht hatte.
Der Sinn erschloss sich mir nicht, doch nahm ich mir auch keine Zeit darüber nachzudenken. Stattdessen stemmte ich mich noch ein wenig weiter hoch, um einen schnellen Feuerpfeil auf das vorderste Skelett abzufeuern, ehe ich mich wieder neben meinen Knochenhaufen duckte, von wo aus ich einen Blick zu Waphir nach oben warf, der weiter den Todestyrann angriff.
Dieser wandte nun seine Aufmerksamkeit ebenfalls dem goldenen Drachen zu, und während er noch ein weiteres Stück nach oben schwebte, sodass er nun direkt unter der Decke hing, und sich dabei heilte, schoss er seine Strahlen auf Waphir ab, der dem ersten tiefblauen mit Leichtigkeit auswich und auch vom zweiten dunkelgrünen nur gestreift wurde, der deshalb wohl nicht ganz so viel Schaden anrichtete, auch wenn einige von Waphirs Schuppen regelrecht zu verwittern schienen.
Davon abgelenkt traf ihn der dritte orangegelbe Strahl mitten in die Brust, der ihn zu paralysieren schien, denn er stürzte wie ein Stein nach unten, wo er durch das Kraftfeld des Kristalls direkt auf diesen fiel, was das Kraftfeld offenbar dazu brachte, sich noch weiter auszudehnen.
Im nächsten Moment wurde Waphirs immer noch vollkommen erstarrter Körper von einem weiteren blauvioletten Strahl getroffen, der ihn offenbar mit telekinetischer Kraft erfasste und über eines der Löcher schob, über dem es ihn erneut fallen ließ. Kurz bevor er in dem Loch verschwand, traf ihn noch ein weiterer Strahl, ein grauweißer diesmal, der seine goldenen Schuppen mit Grau überzog, und auch eines der Skelette traf ihn mit einem Pfeil am Auge.
Ich selbst musste mich wieder hinter die Knochen zurückziehen, da die anderen beiden erneut auf mich schossen. Zwar entging ich dadurch den Pfeilen, doch durch die Verbindung mit Waphir spürte ich ein schwaches Echo seiner Qualen und ich musste mich gewaltsam daran erinnern, dass er im Grunde nur eine Manifestation meiner Magie war, damit ich nichts Dummes tat.
Aus Svals Richtung hörte ich Krachen und Klappern und hoch oben fuhr das Auge des Todestyrannen zu ihm herum und schoss einen braunen Strahl auf ihn ab, im gleichen Moment da das Kraftfeld um den Kristall herum implodierte. Im gleichen Augenblick spürte ich die Verbindung zu Waphir, der sich in dem Loch innerhalb des Kraftfeldes befunden hatte, reißen und dann rauschte eine weitere Welle nekrotische Energie über mich hinweg.
Wütend beschwor ich Waphir erneut und schickte ihn gegen den Todestyrann, während ich selbst hinter dem Knochenhaufen liegen blieb, von wo aus ich zusah, wie Waphir erneut auf den Schädel einschlug (seine Krallen hinterließen inzwischen deutliche Kerben), der wiederum von ihm wegschwebte und weitere Strahlen verschoss (Waphir konnte dem ersten ausweichen, Sval den seinen abschütteln). Völlig überraschend kam der letzte auf mich zugeflogen und ich schaffte es nicht mehr, mich rechtzeitig zur Seite zu werfen. Als der grauviolette Strahl mich einhüllte, schien sich der Todestyrann zu verzerren und ein namenloses Grauen vor ihm erfüllte mich – um nichts in der Welt wollte ich näher an dieses Ding heran!
In diesem Moment sauste ein Pfeil knapp an mir vorbei – ich hatte nicht bemerkt, dass die beiden Skelette inzwischen auf der rechten Seite um den Knochenhaufen herum gelaufen waren und nun eine bessere Sicht auf mich hatten. Es gelang mir, den zweiten Pfeil mit einem magischen Schild abzuwehren, doch der dritte traf mich trotzdem.
Oben in der Luft wurde Waphir von einem braunen Strahl getroffen, woraufhin sich seine Bewegungen zu verlangsamen schienen, ganz so wie die von Sval, den ich bei einem raschen Blick durch die Knochen kurz sah und dessen Bewegungen so wirkten, als würde er durch unsichtbaren Schlamm waten.
An dem Todestyrann tauchte mit einem Mal etwas Rotes auf und als ich genauer hinsah erkannte ich Guinney, die sich gerade aus dem Inneren des Schädels herausschob und jetzt von dort auf ihn einschlug, woraufhin sie von einem grauen Strahl getroffen wurde.
In ihrer Ecke begann nun Emeria in der Magie des Fernschritts zu schimmern und tauchte gleich darauf ein Stück oberhalb des verschütteten Eingangs auf, von wo aus sie mit ihren unheimlichen Strahlen eines der auf mich anlegenden Skelette zersprengte. Ich selbst aktivierte meinen Stirnreif und schickte drei sengende Strahlen auf das andere, doch hatte ich das so lange nicht mehr benutzt, dass nur einer davon traf und oben in der Luft war Waphir so langsam, dass er den Schädel verfehlte.
Dafür schlug ein Strahl von dem Todestyrann scheinbar sehr schmerzhaft in Guinney ein, deren Haut inzwischen ziemlich grau aussah und die keinerlei Ausweichbewegung machte. Auch Waphir wurde erneut von dem blauvioletten Strahl getroffen, der ihn wieder in der Luft über eines der Löcher schob, wo er von dem gleichen Strahl getroffen wurde, der mich verängstigt hatte, was ihn aber nur wütend aufbrüllen und weiter gegen die Magie kämpfen ließ, die ihn gerade gefangen hielt.
Ein Blick durch die Knochen zeigte mir, dass ein Zombie rechts vor mir, der beim letzten Mal noch nicht da gewesen war, gerade auf den Grottenschrat losging, während in der hinteren linken Ecke ein weiterer dieser Trollzombies zu untotem Leben erwachte und auf Sval losging, der sich bereits mit einem anderen Zombie beschäftigte, den er just in diesem Moment erledigte.
Während das letzte Skelett bei mir mich erneut verfehlte (der Knochenhaufen bestand inzwischen zur Hälfte aus Pfeilen), schoss der Schädel einen weiteren Strahl auf Waphir ab, dem dieser, immer noch telekinetisch festgehalten, nicht ausweichen konnte und nun dadurch auch noch paralysiert wurde.
Der Todestyrann selbst begann nun zu schimmern und sich in so etwas wie Nebel zu hüllen, als wolle er gleich einen Nebelschritt machen, was bedeuten würde, dass Guinney aus über 25 Meter Höhe zu Boden fallen würde (was sonst wohl kein Problem für sie darstellte, doch aktuell schien sie sich nicht richtig bewegen zu können). Oben an der Wand rief Emeria irgendwas und aus dem Zauberstab, den sie in der Hand hielt, schoss ein Gegenzauber, der die Magie des Schädels gerade noch rechtzeitig stoppte, was ihr jetzt aber seine Aufmerksamkeit bescherte.
Immerhin gelang es Guinney offenbar, den Versteinerungseffekt gerade noch rechtzeitig abzuschütteln (um neben der Versteinerung an sich auch noch einem weiteren Strahl auszuweichen), doch bis dahin waren ihre Bewegungen unsicherer als sonst und es gelang ihr nur einen ihrer Schläge gegen den Schädel auch wirklich zu landen.
Emeria wiederum zückte einen weiteren Zauberstab aus dem sie drei magische Geschosse auf den Todestyrann feuerte, die alle in einem seiner Augenstiele einschlugen, ehe sie durch ihren Fernschritt wieder in ihre Ecke zurückkehrte.
Ich selbst schoss einen Feuerpfeil auf den Schädel ab, in der Hoffnung ihn damit zumindest zwischen mehreren Zielen zu verwirren, während Waphir von dem Telekinesestrahl befreit wurde und in die Tiefe zu stürzen begann, wo er in dem Loch verschwand, in dem er schon zuvor festgesteckt hatte.
Der Todestyrann schwebte nun in Richtung von Emeria an der Decke lang, wo er aber von der Kette gestoppt wurde, die nun straff gespannt war. Es schien aber, dass er nah genug an sie herangekommen war, denn er schoss drei Strahlen auf sie ab. Emeria blockte den ersten mit ihrem Zauberstab der Gegenzauber und wich den beiden folgenden überraschend behände aus, ganz im Gegensatz zu Guinney, die von einem orangegelben Strahl überrascht wurde, der sie paralysierte, sodass nun auch sie in die Tiefe stürzte.
Sval, der trotz seiner verlangsamten Bewegungen schnell reagierte, wandte sich vom Trollzombie ab und schaffte es noch gerade so, sie halbwegs aufzufangen (Emeria rief ihm ein paar aufmunternde Worte zu, wie beeindruckt sie das gefunden hatte), und im nächsten Moment schüttelte Guinney den Effekt auch schon ab.
Zugleich schlugen drei weitere magische Geschosse aus Emerias Zauberstab in den schon beschädigten Augenstiel ein und zerfetzten diesen unwiederbringlich, sodass der Todestyrann ein wenig zuckte und der nächste Strahl, der auf Sval gezielt hatte, ihn nur streifte und der zweite sogar ganz daneben ging, ebenso wie der auf Guinney abgeschossene. Und Emeria, die von ihren erfolgreichen Ausweichaktionen ganz aufgekratzt zu sein schien, gelang es den nächsten Effekt, der sie traf, einfach abzuschütteln und einem weiteren Strahl mit unverschämten Glück gerade noch auszuweichen.
Eigentlich wollte ich zwei schnelle Feuerpfeile auf den Schädel abschießen, doch gelang mir nur einer, da ich von dem immer noch auf mich schießenden Skelett abgelenkt wurde, dass zwar immer noch nicht besser traf, langsam aber eindeutig nervte.
Auch der Trollzombie war nicht gerade hilfreich, der Sval nachgesetzt hatte, ihn aber trotz dessen verlangsamten Reaktionen nicht treffen konnte, ganz im Gegensatz zu Sval, dem ein Konter gelang und der es dann offenbar schaffte, die Verlangsamung abzuschütteln – gerade noch rechtzeitig, denn ein neues Skelett mit Schwert und Schild war aufgetaucht, gegen das er sich nun ohne Schwierigkeiten verteidigen konnte.
Guinney machte einen gewaltigen Satz an die über ihr gespannte Kette und kam dem Todestyrann damit wieder recht nahe. Allerdings verzichtete sie darauf, bis ganz an ihn heranzuklettern, sondern warf stattdessen eine ihrer Elementargranaten, die den Schädel verfehlte und nun direkt auf mich zugeflogen kam. Es war ein schwacher Trost, dass die zweite Granate ihr eigentliches Ziel traf und es mir in letzter Sekunde gelang, einen Schild hochzuziehen von dem die erste abprallte, denn mit einem gewaltigen Krachen schlug sie mitten in den Knochenhaufen, der mir bisher als Deckung gedient hatte, ein und zersprengte ihn vollständig.
Prompt traf mich erneut der grauviolette Strahl und diese unnatürliche Angst durchströmte mich mit einer Gewalt, dass es mir fast den Atem nahm. Doch dann lenkte mich für einen Moment eine Bewegung ab: Emeria sprang ein paar Schritte aus ihrer Ecke heraus und holte Mordai hervor, den sie wohl irgendwann in ihr Taschenuniversum zurückgerufen hatte, verpasste ihm ein wenig Heilung und kehrte dann in ihre Ecke zurück, während Mordai in Richtung von Sval, Guinney und Waphir losflatterte.
Mit einer Art grimmiger Entschlossenheit sprang ich auf. Der Todestyrann wirkte inzwischen schon ziemlich angeschlagen, der Unterkiefer hing ein wenig schief, einige Zähne waren herausgesprengt und die Bewegungen der Augenstiele wirkten nicht mehr so lebhaft.
Ich konnte meine Beine zwar nicht dazu bringen, mich näher an ihn heranzubewegen, doch einen Feuerball konnte ich immer noch schleudern, was ihn völlig unvorbereitet traf und einiges an Schaden anrichtete, der anscheinend durch die Kette auch an den blauen Kristall weitergeleitet wurde, von dem aus sich erneut ein großes knisterndes Kraftfeld aufspannte. Zugleich begann ein ohrenbetäubender Alarm den ganzen Raum zu erfüllen.
Ich wartete nicht ab, ob mich der Schädel nun bemerkte, sondern rannte noch ein paar Schritte in Richtung des Grottenschrats (auf den immer noch ein Zombie einschlug), ehe ich mich wieder durch einen Nebelschritt fallen ließ, um hinter einem weiteren Knochenhaufen Schutz zu suchen, der gar nicht so weit von Waphir entfernt war.
Zwar nahm der Todestyrann tatsächlich als erstes Guinney aufs Korn, die einem schwarzen Strahl gerade noch so weit aus dem Weg schwang, dass sie nur gestreift wurde, doch schwebte er dabei auch schon näher an mich heran und aus seiner Höhe boten die Knochen keinen Schutz.
Der tiefgrüne Strahl traf mich mitten in die Brust und streute von dort aus auch noch auf meine Umgebung, was die Knochen, die ich mir als neuen Schutz auserkoren hatte, schlichtweg pulverisierte. Ich selbst hatte für einen Augenblick das höchst beklemmende Gefühl, dass mein Körper zerbröselte (ein Teil meiner Kleidung tat es tatsächlich), und um ein Haar hätte ich die Verbindung zu Waphir verloren.
Ich fühlte mich furchtbar geschwächt und wusste, dass ich noch so einen Treffer nicht überleben würde, deshalb sah ich mit einer gewissen Erleichterung, dass die nächsten beiden Strahlen Guinney (die von einem Telekinesestrahl über ein Loch geschoben wurde) und Sval (der einfach einschlief) trafen.
Während Mordai auf Sval landete, ihn aufweckte (weshalb Sval sich zumindest halbwegs gegen die Angriffe des Trollzombies verteidigen konnte), dann durch einen Nebelschritt neben das Loch flatterte, in dem Waphir immer noch paralysiert lag, und darin verschwand, wandte der Schädel seinen Blick mir und Guinney zu, was deutlich unangenehmer als die Pfeile der Skelette waren, die sowohl sie als auch mich verfehlten.
Ich rappelte mich mühsam und mit zitternden Beinen auf, wobei mein Blick auf Sval fiel, der sich am Boden liegend einen Adrenalinshot ins Bein jagte, mit einer blitzartigen Bewegung aufsprang und auf den Trollzombie losging, wobei er wie nebenbei das neu aufgetauchte Skelett erledigte.
Sval ließ den nun übel zugerichteten Trollzombie stehen und rannte in meine Richtung, wodurch er zwar noch einen Schwinger vom Trollzombie einstecken musste, aber außerhalb des Kraftfeldes blieb, das nun wieder implodierte und dabei den Trollzombie, der darin gestanden hatte, praktischerweise zerstörte.
Hoch oben verschwand der Todestyrann in einem Nebelschritt und tauchte noch näher zu mir wieder auf, während zugleich der Telekinesestrahl verschwand und Guinney zu fallen begann. Da sie zum Glück aber weder paralysiert noch verlangsamt war, gelang es ihr, sich nach vorne zu werfen und abzurollen, sodass sie statt in dem Loch unversehrt daneben auf ihren Füßen landete, wo sie eine Perle zerquetschte (ein segensreiches Licht begann sie zu umhüllen) und einen Trank hinunter kippte, woraufhin sie auf die doppelte Größe anschwoll und ohne Schwierigkeiten einen weiteren Telekinesestrahl vom Todestyrann abwehrte.
Von weit hinten sah ich nun auch Emeria heranlaufen und Sval ein wenig Heilung zuschicken, der allerdings fast zeitgleich von dem gleichen Strahl getroffen wurde, der mich nach wie vor mit unsagbarer Furcht vor dem Schädel erfüllte.
Zwar spürte ich nicht nur meine körperlichen sondern auch meine magischen Kräfte schwächer werden, doch bündelte ich noch einmal meine Magie zu einem mächtigen Feuerball, der erneut ziemlichen Schaden an dem Schädel anrichtete und den Kristall und sein Kraftfeld wieder auflud.
Dann hastete ich zu dem Loch neben dem, in dem Waphir sich wieder regte (die Paralyse schien nicht mehr zu wirken, was vielleicht mit Mordai zu tun hatte, der kurz zuvor dort hinunter geflattert war). Eine ganze Schar Speere war darin aufgepflanzt, doch schienen die Ecken genug Platz zum Stehen zu bieten und so bewegte ich mich durch einen Nebelschritt dort hinunter.
Sogleich stieg mir der Gestank verfaulten Fleisches in die Nase, da einige halb verweste Skelette (glücklicherweise bewegungslos) auf den Speeren hingen, was zusammen mit dem immer noch anhaltenden Alarmton und der geringen Bewegungsfreiheit alles andere als angenehm war, doch immerhin konnte ich den Schädel, als ich einen Blick nach oben warf, nicht sehen, was bedeutete, dass auch er mich nicht sehen konnte.
Der Nachteil war, dass ich nun nicht mehr sehen konnte, was geschah. Ich hörte durch den Lärm Waphir brüllen und einen dumpfen Aufschlag, dann tauchte mit einem Mal Mordai am Rand des Loches über mir auf und spähte zu mir herunter. Im gleichen Moment spürte ich ohne Vorwarnung die Verbindung zu Waphir reißen. In der Hoffnung, dass die anderen (vor allem die nun riesenhafte Guinney und der unter Adrenalin stehende Sval) irgendwie an den Schädel herankamen und ihn mit ein bisschen weiterer Hilfe und Ablenkung erledigen konnten, rief ich (nach dem Knall einer weiteren Implosion und einer warmen Welle der Heilung, die das Zittern in meinen Beinen beendete) mit meinen beinahe letzten Magiereserven noch einmal Waphir hoch über mir in der Luft herbei und schickte ihn erneut gegen den Todestyrann in den Kampf.
Angespannt lauschte ich nach allen Geräuschen, die mir einen Hinweis darauf gaben, wie es weiter oben lief, was angesichts des hallenden Alarmtons alles andere als einfach war. Ich hörte Waphirs Brüllen, verschiedenes Klirren und irgendwelche Rufe von Guinney (die für mich keinerlei Sinn ergaben), außerdem immer wieder das Zapp der vom Todestyrann abgeschossenen Strahlen und mitten darin überrollte mich eine weitere Welle nekrotischer Energie.
Kurz darauf glaubte ich Emeria Sval etwas in dem Sinne zurufen zu hören, dass er es zu Ende bringen sollte, was mich hoffen ließ, dass es gut lief und der schon arg angeschlagene Todestyrann inzwischen kurz vor dem endgültigen Tod stand.
Stattdessen hörte ich das wahnsinnige Gelächter des Schädels in meinem Kopf, das von Tod und Zerstörung kündigte, dann wurde die Luft um mich her, so weit ich auch in die Höhe sehen konnte, von knisternder magischer Energie geflutet, die von dem blauen Kristall kommen musste.
Ehe ich noch entscheiden konnte, was ich tun sollte, hörte ich ein lautes Krachen und Splittern und im gleichen Moment verschwand die unnatürliche Angst, die fast mein ganzes Denken beherrscht hatte. Ich holte tief Luft und wollte gerade einen weiteren Nebelschritt wirken, um wieder aus dem Loch herauszukommen, als das Knistern um mich her sich verdichtete und eine magische Druckwelle mich mit einer Gewalt gegen die Wand hinter mir presste, dass mir Schwarz vor Augen wurde.
Ich sitze in meinem Kopf in dem Raum ohne Decke, von dem aus die Treppen zu den verschiedenen Entitäten führen, die sich bei mir eingenistet haben. Zumindest verliert sich die Decke sonst ins Nichts, doch als ich den Blick hebe, bemerke ich eine kleine weiße Wolke die dort oben schwebt und sich zu einem Symbol verdichtet.
Es ist das Zeichen an einer der Säulen, die zu dem Bereich führt, den ich noch nicht betreten konnte – ein Auge, eingefasst in ein aus drei Händen geformtes Dreieck. Das Symbol der Kinder Iouns.
Ich stehe auf und will gerade nachschauen, ob ich diesen Treppenaufgang jetzt betreten kann, als hinter mir eine unerfreulich bekannte Stimme sagt: „Roter Himmel, toter Schimmel, Kälte sehnen, Leben nehmen.“
Ich drehe mich um und schaue direkt Rotun ins Gesicht, der sich unterbricht und räuspert, als hätte er mich gerade erst bemerkt, mich dann aber sofort in seiner gewohnt exzentrischen Art begrüßt und erklärt, er hätte da etwas vorbereitet.
Ich schaue zu, wie er aus den Tiefen seines Fells eine gerade mal handgroße Flöte hervorzieht, die viel zu viele Löcher für seine klauenbewehrten Finger hat, von ihm aber dennoch kurz angespielt wird, woraufhin er sie in der Luft neben sich schweben lässt, wo sie weiter eine Melodie spielt, zu der Rotun frisch fröhlich zu singen beginnt:
Eine Stadt in Flammen, voll Sorgen und bangen.
Zu verzagen ist das Ziel – nun bleibt nicht mehr viel.
Rank und Ränke zu schmieden, Spiel und Spielchen zu lieben.
Von Sinn und von Sinnen – bleiben nur die Spinnen.
Wo führt der Weg nur hin, nach vorn, hin zum Kinn,
oder zurück in die Stube – untertage in die Grube?
Oder will man doch flehen, bitten, beten und vergeblich.
Versuch den Schatten zu lösen – mit Appetit ganz vornehmlich.
Ich kann's kaum erwarten, was ihr tut und was geschieht.
So gelacht hab ich lang – so geweint hab ich tief.
Mit einem Crescendo endet das Flötenspiel und ehe ich eine einzige Frage stellen kann, löst Rotun sich auch schon auf und hinterlässt nur ein körperloses Lachen, das mich zurück in die Dunkelheit begleitet.
Ich wurde nicht ganz unvorsichtig von Händen in Plattenhandschuhen wachgerüttelt, die von mir abließen, sobald ich stöhnend die Augen öffnete. Ich befand mich noch in der Kammer, in der wir gegen den Todestyrann gekämpft hatten, allerdings nicht mehr in dem Loch sondern auf dem Boden daneben.
Zwei Zwerge lösten gerade ein Seil von mir, mit dem sie mich offenbar geborgen hatten, und halfen mir anschließend auf die Beine, die im ersten Moment noch ein wenig zitterten. Ganz in der Nähe entdeckte ich Sval, Guinney und Emeria, neben den übel zugerichteten Überresten des ehemals fliegenden Schädels, die ebenfalls von Zwergen in Vollplattenmontur aufgepäppelt wurden.
Während ich langsam zu ihnen hinüberwankte, versuchte ich mir einen Überblick zu verschaffen, doch die schiere Zahl von Zwergensoldaten, die Schutt wegräumten, in Löcher hinein und heraus kletterten oder geschäftig hin und her eilten und den Mitgliedern des Arkanen Konservatoriums in ihren Roben, die dazwischen standen, den violetten Kristall untersuchten oder sich berieten war einfach zu viel Bewegung.
Ich fühlte mich wie von einem Felsblock erschlagen und erst als ein Zwerg in den Roben des Arkanen Konservatoriums mit einem zu einem Traumfänger geflochtenen Bart, der sich uns als Barinal Essenzweber, führende Arkanist des Konservatoriums, vorstellte, mit dem Runenschlüssel in der Hand auf uns zu trat, erinnerte ich mich wieder daran, warum es ein Problem war, dass die Kammer nur so vor Zwergen wimmelte – den Runenschlüssel an uns zu bringen kam unter diesen Umständen ganz gewiss nicht in Frage.
Zwar zeigte sich Barinal (den wir, wie mir einfiel, schon einmal nach meinem innerstädtischen Teleport getroffen hatten) von der Erfüllung unseres Auftrages angenehm überrascht, allerdings kritisierte er auch, dass wir dabei einen Alarm ausgelöst hatten, der die ganze Stadt in Aufruhr versetzt und dazu geführt hatte, dass eine Dreihundertschaft von Soldaten doch eher nutzlos hier herunter gebracht worden war. Seine Worte wurden von einem dumpfen Rumpeln über uns unterstrichen, das ein wenig Staub von der Decke rieseln ließ.
Während er weiter redete und zwischen Lob und Kritik hin und her schwankte (und eine Untersuchung wegen des Alarms ankündigte), überprüfte ich meine Magie. Ich hatte fast all meine Reserven in den Kämpfen aufgebraucht und würde ohnehin eine ordentliche Portion Schlaf brauchen, um mich wieder zu regenerieren, doch obwohl ich noch das Flirren in meinem Blut spüren konnte, schien es mir schwächer als sonst.
Zum Glück schien die Nachwirkung des antimagischen Feldes, das uns ausgeknockt hatte, aber bereits abzuklingen und auch meine magischen Gegenstände schienen nicht dauerhaft geschädigt.
Ein wenig entnervt über Barinals Art unterbrach ich ihn und fragte (nun, da der Todestyrann gewissermaßen aus dem Sack war), ob die Zwerge selbst den Schädel hier angebunden hatten oder ob das jemand anderes gewesen war. Mit einem kaum merklichen Lächeln erklärte Barinal, die Zwerge hätten verschiedene Kreaturen zum Schutz abgestellt und es könnte (rein hypothetisch gesprochen) schon mal vorkommen, dass sich diese verselbstständigten – weshalb man uns durchaus dankbar dafür war, dieses Problem gelöst zu haben.
Während er so redete kam ein zweiter Zwerg, der nur ein Auge hatte (jedenfalls war das andere hinter einer Augenklappe verborgen) in den Roben des Arkanen Konservatoriums zu uns und erklärte dem „Lord arkaner Meister“ er sei hier um den Runenschlüssel abzuholen. Barinal zuckte daraufhin nur mit den Schultern und überreichte dem Einäugigen den Runenschlüssel, woraufhin dieser eine Verbeugung andeutete, sich ein paar Meter entfernte und dann durch ein Portal verschwand.
Mein Blick fiel auf Emeria, die ihm mit einem entsetzten Gesichtsausdruck hinterher starrte und sich die Augen rieb. Auf meine leise Frage, was los sei, meinte sie, hier würde irgendwas nicht stimmen und sie sei nicht sicher, dass das alles hier real sei.
Ohne zu zögern zog ich meinen Dolch und versetzte mir selbst an der Hand einen kleinen Schnitt, der sofort ein wenig Blut absonderte und eindeutig schmerzte. Bevor ich jedoch Emeria fragen konnte, was genau sie gesehen hatte, öffneten sich zwei weitere Portale, aus denen je drei Zwerge in Roben herausgestürzt kamen und Barinal in heller Aufregung zuriefen, die Stadt würde angegriffen. Zugleich ließ eine weitere, stärkere Erschütterung die ganze Kammer erbeben und weiteren Staub von der Decke rieseln.
Einen Moment herrschte Stille, als alle die Neuankömmlinge anstarrten, sodass diese sich wohl bemüßigt fühlten, den Angriff als den eines Drachen zu präzisieren. Im nächsten Augenblick ließen die Zwerge alles stehen und liegen und während sich die Soldaten in Reihen aufstellten, öffneten die Robenträger Portale, durch welche die Soldaten rasch aber geordnet stürmten und verschwanden.
Barinal wies uns knapp an, wir sollten in den Felsenhimmel hoch kommen, wobei er ein Buch aus seiner Robe zog, es aufschlug und irgendetwas daraus las, woraufhin er vor unseren Augen einfach verschwand.
Durch die plötzliche Hektik um uns her und das Verschwinden unserer Ansprechperson brauchte ich ein paar Sekunden, bis ich einen Plan fassen konnte, dann rief ich den anderen zu, sie sollten mitkommen, und rannte auf das Portal zu, das uns von den drei geöffneten am nächsten war.
Das erste schloss sich bereits wieder und wir waren nur noch wenige Schritte von dem vor uns entfernt, da erklang von der anderen Seite eine gewaltige Explosion und wir wurden von einer feurigen Hitzewelle zurückgeworfen, während brennende Körperteile aus dem Portal geschleudert wurden.
Da dieser Weg nun nicht mehr besonders reizvoll schien (oder möglich war – die Portale hatten sich geschlossen), wandte ich mich um und erblickte Eckhardt, der an einer Wand stand und mit halb geöffneten Mund dorthin starrte, wo immer noch Überreste von Zwergen vor sich hinkokelten.
Mit Emeria auf den Fersen rannte ich zu ihm und während wir an seinem Kragen rüttelten, um ihn aus seinem Schock zu reißen, fragte ich, ob die Lore noch funktionieren würde. Es brauchte einen Moment, doch dann nickte er und bat uns ihm zu folgen.
Als ich sah, dass er auf die Geröllhalde zustrebte, die zu dem höher gelegenen Eingang führte und die trotz der bisherigen Bemühungen der Zwerge alles andere als sicher oder gar einfach zu erklimmen aussah, rief ich Emeria zu, sie solle den Teppich auspacken, dann lief ich los um Eckhard zurückzuholen.
Guinney, die ebenfalls zu uns gelaufen war, fragte, ob wir den hübschen Stein nicht mitnehmen könnten (womit sie den riesigen violetten Klotz meinte, der vormals im Todestyrann gesteckt hatte), worauf Emeria ihr zustimmte, und während sie mit Eckhardt auf dem Teppich zu dem Kristall flog, lief ich zu Sval, der immer noch auf die brennenden Körperteile starrte.
Immerhin reagierte er fast sofort, als ich ihn aufforderte, Guinney mit dem Stein zu helfen, und so flogen wir schon keine fünf Minuten später in dem gemächlichen Tempo eines überladenen Teppichs um den Kristall herumgequetscht zurück zum Eingang.
Da für den Augenblick keine weiteren Katastrophen auf uns niedergingen, fragte ich Emeria noch einmal, was sie vorhin damit gemeint habe, hier würde etwas nicht stimmen. Sie flüsterte zurück, sie hätte einen Moment lang gedacht, statt des einäugigen Zwerges einen Betrachter gesehen zu haben, der mit dem Runenschlüssel abgehauen war, was mir als Vision zu ungewöhnlich schien, um ein reines Hirngespinst zu sein.
Das waren natürlich denkbar schlechte Nachrichten, doch änderten sie an der akuten Situation nichts und ich wollte mich schon abwenden um nach (hoffentlich nicht vorhandenen) Gefahren Ausschau zu halten, als ein weißlich blauer Schimmer über Emerias Augen huschte, mit denen sie mir auf die Stirn starrte.
Wie in Trance hob sie die Hand und griff nach etwas, das dort klebte, das ich aber erst in dem Moment spürte, da sie es herunter riss. Ungläubig starrte ich auf das mit einer Schleife umwickelte Kärtchen, auf dessen Rückseite ein wenig aufmunternder Spruch zu lesen war: „Sammeln ist des Sammlers Leben, frisch, Fleisch, Feuer, Regen, sammeln, sehen, sabbern, nehmen, so nah dran und doch vergebens.“
Noch während wir beide auf die Karte starrten (ich ungläubig wütend, Emeria neugierig beunruhigt), bemerkte ich erneut diesen seltsamen Schimmer über Emerias Augen gehen und gleich darauf meinte sie, sie hätte für einen Moment einen anderen Text und zwar in drakonisch gesehen: „Der Drache wartet, kommt und stellt euch seinem Urteil.“
In diesem Moment fragte Guinney an Eckhardt gewandt, wie lange wir ohne Bewusstsein gewesen waren, ehe er Hilfe geholt hatte, doch er erklärte, er hätte gar nichts getan, die Verstärkung sei durch den Alarm ausgelöst worden, was wohl bedeutete, dass wir nicht mal eine Stunde weg gewesen sein konnten.
Ich stellte nun aufgebracht die Frage in den Raum, warum Haildraissith jetzt schon angreifen sollte (Sval hielt Eckhardt rasch die Ohren zu), immerhin hätten wir ja noch acht Tage Zeit. Als Guinney meinte, Haildraissith hätte sicher einen Zauber auf uns drauf, um uns zu überwachen, überlegte ich, dass dieser durch die antimagische Explosion vielleicht zerstört worden war.
Zugleich kam mir eine irrwitzige Hoffnung, für deren Überprüfung ich einen raschen Schluck aus meinem Wasserschlauch nahm – leider schmeckte das Wasser immer noch wie Asche und als ich mit einem Seufzen Emerias Blick begegnete, sah ich darin dieselbe enttäuschte Hoffnung, die auch mich überkommen hatte.
Ohne jeden Zusammenhang fragte mit einem Mal Guinney, wo wir ein Symbol aus einem Auge und drei Händen schon mal gesehen hätten, woraufhin ich prompt antwortete, das sei wohl in meinem Kopf gewesen und hätte (laut Sval) etwas mit den Kindern Iouns zu tun.
Zwar überraschte mich die Frage, doch da wir nun endlich den Eingang erreichten und dieser geschlossen war, meinte ich nur, das sei jetzt nicht so wichtig, sprang vom Teppich und begann nach einem Öffnungsmechanismus zu suchen, da unsere Konstruktion von den Zwergen offensichtlich beseitigt worden war.
Emeria wandte sich nun an Eckhardt und schaffte es, den immer noch halb apathischen Zwerg soweit zu Bewusstsein und Verstand zu bringen, dass er vom Teppich kletterte und einen geschickt in der Wand verborgenen Hebel betätigte, woraufhin sich die Tür quälend langsam zu öffnen begann.
Als sie schließlich für den Teppich weit genug offen war, rauschte Emeria hindurch und Guinney wies Eckhardt an eine Lore zu rufen, was dieser mit Hilfe von an der Wand befestigter Ketten tat, die er in einer bestimmten Reihenfolge betätigte, was so etwas wie eine kleine Melodie ertönen ließ.
Wenige Sekunden später kam auch schon von rechts eine Lore aus der Dunkelheit heran, in der Emeria den Teppich parkte (was zwei Sitzreihen zerdepperte) und mit Hilfe einiger Sicherheitsgurte, die der Zwerg aus einem Seitenfach hervorholte, von Guinney sicher festschnüren ließ.
Eckhardt schien inzwischen wieder zu so viel selbstständigen Denken fähig, dass er den Schlüssel für die Lore herausholte und (nachdem er sich bei uns vergewissert hatte, dass wir wieder nach oben wollten) diesen falsch herum in die Lenkung steckte, was er damit erklärte, dass dies den automatischen Nachhauseweg initialisieren würde.
Tatsächlich begann die Lore zu vibrieren und ich hatte gerade noch Zeit mich halbwegs festzuklammern, da machte sie auch schon einen Satz nach vorne und raste mit unheilvollem Tempo durch die dunklen Gänge.
Zwar tauchte das Licht der Abfahrtshalle früher auf als erhofft, doch als die Lore endlich zum Stillstand kam, fühlte ich mich ziemlich elend. Allerdings war das nichts im Vergleich zu Emeria, die sich erneut selbst besudelt hatte und völlig ermattet in ihrem Sitz hing.
Ich schnippste sie mit meiner Magie sauber, rüttelte sie aber zugleich auch ein wenig am Kragen und meinte streng, sie müsse sich konzentrieren und den Teppich wieder übernehmen, was sie nach einem Moment auch tat.
An dem großen Eingangstor trafen wir auf Sigmund, der gerade dabei war, es mit schweren Stangen zusätzlich von Innen abzustützen. Ich komplimentierte Eckhardt ohne viel Federlesen vom Teppich und wies ihn an, hier zu bleiben und Sigmund zu helfen. Dann riet ich den beiden noch, sich hier drin zu verbarrikadieren und für den Fall, dass ein großes rotes Etwas (Drache) auftauchen sollte, sich zu verstecken und ihm ja nicht in den Weg zu treten.
Als Sigmund uns darauf hinwies, dass wir absteigen müssten, da fliegen im Felsenhimmel nicht gestattet sei, erklärte ich ihm kurz und knapp, das würden wir nicht tun und er sollte sich uns bloß nicht in den Weg stellen und dann wies ich noch einmal auf den Umstand hin, dass gerade ein Drachenangriff stattfand und wir zu helfen versuchten.
Daraufhin öffnete er in dem noch nicht verbarrikadierten Teil der riesigen Flügeltür eine kleinere, aber immer noch bequem mit dem Teppich zu passierende Tür und ohne ein weiteres Wort flogen wir hindurch und in die Richtung, aus der wir am Mittag gekommen waren.
Gleich im ersten Raum, durch den wir kamen und der eindeutig Spuren hektischer unwillentlicher Zerstörung wie umgeworfene Tische aufwies, entdeckten wir zwei Zwerge, von denen einer bewusstlos, der andere aber hinreichend verarztet und ansprechbar war. Er berichtete uns von dem Angriff eines riesigen roten Drachens, der die ganze Oberstadt in Brand gesetzt und den Felsenhimmel angegriffen hatte, ehe er wieder verschwunden war.
Wir ließen uns den kürzesten Weg nach draußen beschreiben, der durch eine Tür zu unserer Seite führte, hinter der sich verschiedene Räume anschlossen, die zwar alle mehr oder weniger verwüstet waren, allerdings nicht durch Feuer, sondern vermutlich durch die Zwerge selbst.
Je weiter wir flogen desto häufiger sahen wir verletzte Soldaten, von denen einige so wirkten, als wären sie ihren Wunden endgültig erlegen. Wir waren gerade an dem Abzweig zum Thronsaal vorbeigekommen und wollten durch den uns schon bekannten Warteraum, der kurz vor dem Ausgang lag, trafen hier aber auf gut drei Dutzend Zwerge.
Zwar waren die meisten verletzt, doch es gab auch ein paar Robenträger vom Arkanen Konservatorium und eine handvoll Kämpfer. Als wir deren Aufforderung zu landen und uns weiter auszuweisen (obwohl Sval schon mit dem Vertrag durch die Luft wedelte) nicht nachkamen, machte einer der Zwergenmagier eine Geste und befahl uns zu landen.
Mit einem Mal schien mein Kopf voller Watte und ich wollte nichts anderes mehr, als den Teppich auf den Boden zu bringen. Es erschien mir seltsam, dass Emeria es nicht auch wollte, also versuchte ich die Kontrolle durch ein Abrakadudel zu übernehmen – im gleichen Moment wie Guinney und Sval. Der Teppich ruckte heftig und setzte dann unsanft auf dem Boden auf. Im gleichen Moment verschwand das wattige Gefühl aus meinem Kopf und ich hörte Emeria einen leisen Fluch ausstoßen und mit einem weiteren Abrakadudel die Kontrolle über den Teppich zurückverlangen.
Es gelang ihr, die eine Wache, die es bis zu uns geschafft hatte, abzuwehren und den Teppich wieder auf Kurs zu bringen, doch ein Blick zurück zeigte mir, dass zwei der Magier uns ins Visier nahmen. Gerade noch rechtzeitig zog ich einen Schild hoch, um Sval vor einem Feuerpfeil zu bewahren (der andere zischte knapp an Guinney vorbei und schlug in die Wand ein).
Reichlich entnervt zog ich eine weitere Karte aus dem Illusionsdeck und warf sie hinter uns auf den Boden, wo sie sich in ein Abbild meiner Selbst verwandelte, das ein unflätiges Zeichen mit der Hand in Richtung unserer Verfolger machte und dann so aussah, als würde es einen Zauber vorbereiten.
Gleich darauf flogen wir durch die Tür und waren nun endlich wieder in der Eingangshalle, deren großes Doppeltor starke Beschädigungen und Beulen aufwies, ganz so, als wäre ein großer roter Drache dagegen gekracht.
Immerhin gab es deshalb weiter oben eine Lücke zwischen den Torflügeln, die groß genug für uns auf dem Teppich war, sodass wir endlich wieder aus dem Felsenhimmel heraus und über der Stadt waren.
Schon beim durchfliegen der rußgeschwärzten Torflügel schlug uns eine ungewohnte Hitze entgegen und als wir hindurch waren und zurückblickten, sahen wir eine Flammenspur, die quer über das ganze Tor und noch über den halben Platz davor reichte. Kein Zweifel, das konnte nur ein wirklich mächtiger Drache gewesen sein.
Das Bild der Zerstörung war schrecklich und beeindruckend zugleich. Von all dem Glanz und Schmuck des königlichen Ringes schien nichts mehr übrig: gewaltige Krallenabdrücke und weitere Brandherde wohin man auch blickte, statt schimmerndem Gold dominierte nun Ruß in allen Schattierungen, die großen Mengen Schutt, die alles überzogen, waren wohl die ehemaligen Befestigungsanlagen des Felsenhimmels, die so nachhaltig zerstört waren, dass man nicht einmal mehr erkennen konnte, wo was gewesen war, und dazwischen lagen überall mehr oder minder verkohlte Leichen von Soldaten und Zivilisten.
Wir erreichten den Teil der Mauer, wo die königliche Gondel festgemacht gewesen war, doch war die Mauer an dieser Stelle völlig eingebrochen und die Gondel offenbar zerstört. Auch die Befestigungen und Abwehrsysteme auf der Mauer um den königlichen Ring waren in weiten Teilen zerstört, was uns immerhin einen sicheren Flug weiter in Richtung Zwilton ermöglichte.
Zu unserer Erleichterung sahen wir, dass das Hotel zwar beschädigt worden war, aber immerhin noch stand. Der restliche obere Ring stand in Flammen, ebenso wie die Hälfe des mittleren Rings. Das Arkane Konservatorium war fast bis auf die Grundmauern zerstört, doch der Ewenartempel schien beinahe unberührt geblieben zu sein.
Sobald ich nah genug zu Feuern war, um eine Resonanz ihrer Energie in meiner Magie spüren zu können, begann ich damit sie zu löschen, wobei ich vor allem versuchte, Schneisen zu erzeugen, kleinere Brandherde völlig zu ersticken oder im Feuer gefangenen Zwergen einen Ausweg zu öffnen.
Zugleich hatte ich eine Hand am Ohrring und fragte alle paar Meter nach Faro, der sich tatsächlich meldete, als wir dem Zwilton schon so nahe waren, dass wir einen deutlichen Krallenabdruck auf seinem Dach erkennen konnten.
Kurz darauf waren wir vor dem Haupteingang gelandet (die Löscharbeiten verliefen seit meinem Näherkommen erfreulich schnell) und Faro tauchte mit wenig begeisterter Miene aus den rußigen Schatten daneben auf und eilte auf uns zu.
Mit Blick auf den violetten Kristall meinte er, so hätte er sich den von uns gesuchten Gegenstand eigentlich nicht vorgestellt, woraufhin ich den Kopf schüttelte und erklärte, das sei er auch nicht und dass es nicht ganz so gelaufen war wie gedacht.
Während ich ihm so gut wie möglich den Ruß mit meinem magischen Schnippen von Kleidern und Haaren entfernte und zugleich weiter die Flammen im Umkreis zu kontrollieren versuchte, erzählte Faro, was passiert war.
Er war gerade im unteren Ring gewesen, um für uns ein paar Kontakte zu aktivieren, als Haildraissith aufgetaucht war und die Stadt angegriffen hatte (deren Einwohner er als Würmer bezeichnet hatte, die leben sollten, wenn sie knieten, andernfalls aber brennen würden). Interessant war seine Bemerkung, dass die Verteidigung der Zwerge ungewöhnlich langsam in Gang gekommen war, als hätten Einheiten gefehlt.
Ich glaubte nicht an Zufälle, verstand aber trotzdem nicht, warum Haildraissith überhaupt angegriffen hatte. Außerdem hatte er offenbar nach seinem knapp zehn minütigen Wüten (warum Faro über das dabei entstandene Ausmaß der Zerstörung erstaunt war wunderte mich allerdings schon) die schwebende Kugel vom Arkanen Konservatorium gestohlen und war mit der Ankündigung seiner Rückkehr verschwunden, was ebenfalls nicht zu passen schien.
Falls in dieser Kugel ein weiterer der Runenschlüssel zum Herz des Berges versteckt gewesen war (wie Guinney nun vermutete), dann hatte er es uns mit dem Diebstahl um einiges schwerer gemacht, das Artefakt für ihn zu besorgen. War ihm wirklich nur die Geduld mit uns ausgegangen, wie Guinney annahm? Ich glaubte nicht, dass das der Grund war, konnte mir aber selbst keinen Reim daraus machen.
Unterdessen hatten wir das Zwilton betreten, wo trotz all des Chaos ein uns bekannter Zwerg hinter der Rezeption saß, wenn auch mit wenig glücklichem Gesichtsausdruck, der auf unsere Bitte hin unsere Sachen aus dem Safe holte. Im Gegenzug lagerten wir den Kristall dort ein (ob unsere Zimmer noch nutzbar waren konnte man uns im Augenblick nicht sagen) und zogen uns dann mit Faro wieder auf die Straße zurück.
Meine Frage nach einem sicheren Unterschlupf im unteren Ring für uns verneinte er zwar, doch gab er mir einen Beutel mit eintausend Goldmünzen zurück, da er seinen Auftrag nicht abschließend hatte erfüllen können. Als ich daraufhin wissen wollte, ob er hier bleiben oder die Stadt lieber verlassen würde, erklärte er, er sei nur unsertwegen hier und wenn wir ihn nicht mehr brauchen würden, würde er lieber von hier verschwinden.
Ich leerte den halben Beutel in meinen Nimmervollen, dann reichte ich ihm den Rest zurück und streckte ihm die Hand zum Abschied und Dank hin, wobei ich meinte, es sei sicher besser, wenn er sich in Sicherheit brächte, vor allem da es für ihn auch gar nicht gut wäre, wenn Haildraissith von unserer Zusammenarbeit erführe. Außerdem konnten wir uns ja jederzeit bei ihm melden, wenn wir seine Hilfe brauchten, und wären im Gegenzug für jede Art von Information zu Haildraissith oder auch dem Stand in Korena dankbar.
Als er meine Hand nahm und nun wieder ganz ernst (er hatte zuvor gescherzt, wir seien ihm inzwischen ans Herz gewachsen, was in seinem Geschäft gar nicht gut war, falls mal ein (weiterer) Auftrag uns betreffend hereinkäme) erklärte, es sei ihm eine Ehre gewesen, hoffte ich inständig, ihn nicht zum letzten Mal gesehen zu haben.
Guinney erinnerte ihn an den Ohrring und als er ihn uns zurückgab, fielen mir die beiden Steine ein, die zumindest in eine Richtung die Kommunikation erlaubten. Nach kurzer Überlegungen entschieden wir, ihm den Senderstein mitzugeben, da er uns so zumindest auch längere Informationen zukommen lassen konnte, auch wenn wir leider nicht auf gleichem Wege antworten konnten.
Faro war schon dabei, sich abzuwenden, da fiel mir noch etwas ein und ich fragte ihn, ob er schon einmal etwas von dem Sammler gehört hatte, wozu ich ihm auch das Kärtchen samt Schleife zeigte, das an meiner Stirn geklebt hatte.
Tatsächlich erinnerte Faro sich an Geschichten von Mitgliedern seiner alten Zunft über fehlgeschlagene Beschaffungsaufträge, bei denen ähnliche Kärtchen mit Schleifen hinterlassen worden waren. Am Anfang waren diese Geschichten für Ausreden unfähiger Diebe gehalten worden, doch hatten sie sich so gemehrt, dass man zu dem Schluss gekommen war, dass etwas wahres daran sein musste.
Viel mehr wusste er dazu allerdings auch nicht zu sagen, außer dass in wenigstens einem Fall von einem alten einäugigen Mann die Rede gewesen war, der viel erzählt hatte und der am Ende zusammen mit dem gesuchten Gegenstand verschwunden war. Die Beschreibung kam mit sehr bekannt vor, da ich denselben Mann mutmaßlich in Eiden an Smerdis' Totenlager getroffen hatte.
Emeria warf an dieser Stelle ein, dass der einäugige Zwerg, der Barinal den Runenschlüssel abgenommen hatte und den sie für einen Betrachter hielt, eine starke magische Aura der Suggestion auf Barinal gewirkt hatte. Ihre damit implizierte Idee, dass es sich bei dem Sammler um einen Betrachter handelte, war wenig erfreulich, ließ sich aber im Moment wohl kaum weiter nachprüfen.
Also verabschiedeten wir uns endgültig von Faro und kletterten anschließend alle wieder auf den Teppich, da wir beim Löschen helfen wollten (Guinney hatte zunächst gemeint, das sei nicht unser Problem, war dann aber von Sval scharf zurechtgewiesen und von mir daran erinnert worden, dass das Bart&Bier in dem Teil des mittleren Ringes lag, der brannte – und es zudem sicher gut wäre, wenn wir nach den Ereignissen heute in den Augen der Zwerge positiv auffallen würden).
Das Bart&Bier war in Teilen bereits eingebrochen und stand noch immer in Flammen, als wir uns auf dem Teppich näherten, doch immerhin konnten wir Guinneys Großvater erkennen, der gerade zwei anderen Zwergen aus den Trümmern half. Er schien nicht weiter verletzt zu sein und so setzten wir Guinney und Sval zunächst nur ab, da ich aus der Luft einen besseren Überblick hatte und meine Magie gezielter einsetzen konnte.
Während Guinney also ihrem Großvater zu Hilfe eilte und Sval, der seine Rüstung abgelegt hatte, sich den Helfern anschloss, die Anwohner aus ihren brennenden Häusern holten und diese anschließend, wenn sie ohnehin nicht mehr zu retten waren, möglichst sicher einstürzen ließen, um die Flammen einzudämmen, flog Emeria mich zu den kritischsten Bränden.
Nach einer Weile bemerkten wir einige Mitglieder des Arkanen Konservatoriums, die ebenfalls mit Magie das Feuer bekämpften oder sich in einem bereits gesicherten Bereich um Verletzte kümmerten.
Emeria entschied, dass sie am ehesten bei den Verwundeten helfen konnte und mir gelang es, die Magier davon zu überzeugen, dass ich ihnen helfen wollte und in Bezug auf Feuer sehr gut wusste, was zu tun sei. Obwohl am Anfang noch sehr misstrauisch ließen sie sich darauf ein und im Verlauf des Abends funktionierte die Zusammenarbeit immer besser.
Es waren seit Haildraissiths Angriff über fünf Stunden vergangen, als endlich der letzte kritische Brand unter Kontrolle war und ich in einem Moment des Durchatmens die Erschöpfung über mir zusammenschlagen fühlte. Ich hatte all meine stärkeren magischen Reserven aufgebraucht und fühlte mich fast so ausgelaugt wie damals in Eiden, als ich nicht einmal mehr die einfachste Magie hatte wirken können.
Ich flog mit dem Teppich zurück zu dem improvisierten Lazarett, wo ich Emeria zurückgelassen hatte. Da auch hier für den Augenblick alles hinreichend unter Kontrolle war, schloss sie sich der Idee von ein paar Stunden Schlaf an und auch Guinney, die wir beim inzwischen vollständig gelöschten und gesicherten Bart&Bier fanden, kam mit uns. Sval jedoch winkte nur ab, noch ehe wir nah genug für ein Gespräch waren, und stürzte sich schon wieder in das nächste einsturzgefährdete Haus, sodass wir ohne ihn zum Zwilton zurückkehrten.
Dort erfuhren wir, dass unsere Zimmer wohl weitgehend überlebt hatten, allerdings entschieden wir im Hinblick auf einen eventuellen zweiten Besuch des Drachen (und auf Bitten des Hotels, das die Räume als Notunterkünfte brauchte) alle in einem Zimmer zu schlafen, wofür wir das von Emeria wählten. Nachdem wir einen Teil unserer im Voraus entrichteten Zimmergebühren zurückbekommen und die Information für Sval hinterlegt hatten, machten wir uns auf den Weg auf Emerias Zimmer.
Zwar wollten wir alle nichts lieber, als endlich zu schlafen, hielten es aber für besser, uns zumindest den gröbsten Schmutz abzuwaschen. Da das fließende Wasser allerdings nicht funktionierte, leerte ich den endlosen Wasserdekanter in die Badewanne, die ich mit meiner Magie auf angenehme Temperatur brachte (was anstrengender war, als es sein sollte).
Anschließend stiegen wir alle zugleich ins Wasser, das sich innerhalb kürzester Zeit dunkelgrau färbte. Wir waren so müde, dass wir kaum ein Wort wechselten und uns recht bald auf dem übergroßen Bett von Emeria einkuschelten – Emeria auf der rechten Seite, wie immer in der Haltung einer zur Bestattung hergerichteten Toten, Guinney quer am Fußende, alle Viere weit von sich gestreckt, und ich selbst auf der linken Bettseite eng zusammengerollt.
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Liebe Leser, nun ist es schon etwas spät im Jahr und doch die erste Gelegenheit, euch ein frohes Neues Jahr zu wünschen :-)
Ich hoffe, ihr seid alle gesund und hattet Spaß an diesem sehr kampflastigen Kapitel - wie immer, ich würde mich wirklich sehr darüber freuen, eure Gedanken dazu in einem Review zu lesen ;-)
Liebe Grüße und bis zum nächsten Kapitel
Stellaria