×××HOLiC - Voodoo Zauber
von Requat
Kurzbeschreibung
Inzwischen hat Kimihiro gelernt, dass Träume nicht einfach nur Träume sind. Doch was haben eine blaue Wollpuppe, Flüche und Bentos mit ihm zu tun? Kimihiro versucht der Sache auf den Grund zu gehen und hinter die Bedeutung seines Traumes zu gelangen. Eine Geschichte in zwei Kapiteln.
GeschichteMystery / P12 / Gen
Domeki
Himawari-chan
Mokona
Watanuki
Yuko-san
16.02.2020
23.02.2020
2
6.300
1
16.02.2020
3.069
Diese Fanfic begann, als ich mir mal vorgenommen hatte zu jedem Buchstaben des Alphabets eine Animefanfic zu schreiben. Habe ich dann aber nicht geschafft, sondern nur im One Piece Bereich zu jedem Anfangsbuchstaben eine Überschrift gefunden. Vielleicht beende ich die ein oder andere aus den verschiedenen Bereichen. Bin damals arg am Q verzweifelt XD. Die Idee hierfür kam mir durch ein Geschenk, das mir Kollegen gemacht haben.
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×××HOLiC- Der Traum
„Hm?“ Verwundert sah Kimihiro sich um. Er stand auf einer Straße, allerdings wusste er nicht genau, wo er sich befand. Außer ihm war niemand zu sehen und dennoch ahnte Kimihiro, dass er nicht alleine war. Die Laterne vor ihm warf einen langgezogenen seltsamen Schatten und die Mauern an den Seiten erschienen ihm unnatürlich hoch und glatt. Es gelang Kimihiro nicht hinter diese zu blicken. Seine Nackenhaare stellten sich auf, als ein neuer, gigantischer Schatten auf ihn fiel. Kimihiro schluckte, drehte sich um und sah eine riesenhafte Gestalt, die aus blauer Wolle zu bestehen schien. Es erinnerte fast ein wenig an eine Mumie, wobei die Arme des Wesens nicht nach vorne, sondern zu den Seiten ausgestreckt waren. Der Kopf erschien im Vergleich zu dem Körper ebenfalls noch einmal riesig und irgendwie viel zu groß. Kimihiro versuchte die Augen des Wesens auszumachen, der Mund war seltsam. Er wirkte wie aufgemalt, denn er war nicht mehr als ein weißer Strich. Mit einem unguten Gefühl hob Kimihiro weiter den Kopf und zuckte zusammen, als ihn etwas im Gesicht traf. Schlagartig wurde er wach und sah schwarz.
„Aufstehen, Watanuki!“, rief Mokona.
„Aufstehen!“, riefen Maru und Moro von irgendwoher. Mit einem Schnauben klaubte Kimihiro Mokona aus seinem Gesicht, indem er die Ohren umfasste. Das kleine, schwarze Wesen störte sich nicht daran, es schaukelte sogar hin und her, wobei es sang: „Wie ein Fähnlein auf dem Turme.“
„Ich gebe dir gleich Fähnlein!“, fauchte Kimihiro und warf Mokona auf sein Kissen. Dann tastete er nach seiner Brille und setzte sie auf. So fühlte er sich einfach wohler. ‚Ein merkwürdiger Traum.’
„Pfannkuchen“, sagte Mokona.
„Häh?“
„Yūko möchte Pfannkuchen zum Frühstück“, erklärte das schwarze Knäuel.
„Na gut.“ Inzwischen hatte Kimihiro aufgegeben sich gegen die Wünsche der Hexe zu wehren. „Dann Pfannkuchen.“
„Pfannkuchen, Pfannkuchen!“ Maru und Moro, die sich an den Händen hielten, sprangen um Kimihiro herum. Bis die Schule begann, hatte er noch etwas Zeit.
„Aber vergiss den Sake nicht!“, rief Mokona ihm nach.
„Am Morgen gibt es keinen Alkohol!“ Diesbezüglich versuchte Kimihiro wenigstens standhaft zu bleiben.
„Kimihiro ist streng“, sagten Maru und Moro, ehe sie kichernd vorausliefen. Seufzend verschwand Kimihiro im Badezimmer und zog seine Uniform an, bevor er sich seine Schürze und das Kopftuch umband, um den Teig vorzubereiten. Dabei wurde er nicht nur von den beiden Mädchen, sondern auch Mokona aufmerksam beobachtet. Dies war nicht ungewöhnlich, daher lächelte Kimihiro nur und als er geschickt den Pfannkuchen in der Luft wendete, klatschten seine Zuschauer Beifall. Ermutigt darüber wendete Kimihiro auch den nächsten Pfannkuchen, wobei er dieses Mal etwas mehr Schwung nahm.
„Und hepp!“ Ein Schatten schnappte sich den Pfannkuchen, ein Schmatzen war zu hören und Mokona landete wie ein Turner nach einem Sprung über den Barren auf dem Tisch. Während Kimihiros Faust sich um seinen Pfannenwender verkrampfte, bekam nun der freche Dieb den Applaus. Aber noch einmal würde dieses Kunststück Mokona nicht gelingen. „Lass das, du bekommst nur Bauchschmerzen, wenn die noch nicht richtig durch sind.“
„Ach was“, wehrte Mokona ab und setzte zum nächsten Sprung an. So einfach würde sich Kimihiro aber nicht geschlagen geben.
„Haps!“
„Argh!“
„Mokona hat Bauchweh“, beschwerte Mokona sich von dem Kissen aus, das normalerweise als Sitzkissen verwendet wurde.
„Ich habe es dir gesagt“, schnaubte Kimihiro. Hatte er es doch gewusst. Aber selbstverständlich hatte, so wie immer, niemand auf ihn gehört. Natürlich hatte Yūko auch ihren Sake zu den Pfannkuchen bekommen. Nun lag sie ausgestreckt auf ihrem Sofa und rauchte.
„Watanuki ist herzlos“, klagte Mokona.
„So herzlos“, stimmte Yūko zu.
„Herzlos“, echoten Maru und Moro.
„Na toll, dann seid ihr euch ja einig.“ Verärgert ergriff Kimihiro seine Tasche. „Ich muss nun in die Schule.“
„Watanuki“, hielt die Stimme von Yūko ihn auf. Irgendwie klang sie so ernst, sodass sich Kimihiro zu ihr umdrehte. Ob die Hexe ihn warnen wollte? Elegant blies Yūko den Rauch aus, der sich wie immer zu kleinen Gestalten zu verformen schien, aber ehe Kimihiro sie erkennen konnten, lösten sie sich auf. „Ja?“
„Heute Abend will ich Curry.“
„...“ Einen Moment starrte Kimihiro die Schwarzhaarige an, dann verließ er schimpfend das Zimmer. Wie so oft begleiteten ihn Moro und Maru bis zur Haustür.
„Bis heute Abend“, verabschiedete sich Kimihiro von den beiden Mädchen und lächelte sie an. „Habt einen schönen Tag.“
„Bis heute Abend“, sagten die beiden im Chor. „Hab einen schönen Tag, Watanuki.“
„Vergiss das Curry nicht!“, drang es ebenfalls zweistimmig aus dem angrenzenden Raum.
„Ich bin nicht euer Sklave!“, schimpfte Kimihiro, ergriff noch die Tüte mit den Bentos und machte sich auf den Weg zur Schule. Als er die Straße betrat, hatte er kurz das Gefühl aus einer anderen Welt aufzutauchen und inzwischen wusste er auch, dass es irgendwie so war. Einen Moment blickte er über seine Schulter zurück, ehe er loslief. ‚Wenn ich Glück habe, treffe ich noch auf Himawari.’
Kimihiro hatte kein Glück. Statt seiner Angebeteten entdeckte er Dōmeki, der unter einer Straßenlaterne stand. Diese erinnerte Kimihiro an seinen Traum und er blickte sich etwas unruhig um.
„Was ist?“, fragte Dōmeki. Dabei machte er wieder dieses ernste Gesicht, das Kimihiro irgendwie immer aufregte. „Ist hier irgendwas?“
„Nein.“ Etwas unwillig runzelte Kimihiro die Stirn. „Ich habe mich nur an etwas erinnert. Hey, was machst du da?“
Noch während Kimihiro geantwortet hatte, hatte Dōmeki die Tüte mit den Bentos an sich genommen und sah hinein. „Ich will wissen, was es gibt. Ist was Frittiertes dabei?“
„Wer sagt denn, dass du was abbekommst?“, knurrte Kimihiro, der verschwieg, dass er auch frittierte Makrelen gemacht hatte. „Das ist für die wunderbare Himawari und mich. Wir werden gemeinsam zu Mittag essen.“
Dōmeki nahm sich eine Box heraus. „Ich habe heute Mittag Training, deswegen nehme ich die jetzt schon mit.“
„Hast du etwa nur deswegen auf mich gewartet?“ Empört riss Kimihiro die Tüte mit den nun nur noch zwei Bentoboxen an sich. Dōmeki hielt sich mit seinem Zeigefinger das Ohr zu, was Kimihiro wieder aufregte. Gerade wollte er seiner Wut Luft machen, als ihn ein kalter Schauder überkam. Unruhig sah er sich um.
„Was ist los?“, fragte Dōmeki, der die Box in seine Tasche steckte. Das lenkte Kimihiro von dem seltsamen Gefühl ab. „Nichts, was machst du da mit meiner Box? Hey, lass mich nicht einfach stehen!“
„Und dann hat er die Box einfach mitgenommen“, berichtete Kimihiro in der Mittagspause Himawari empört. Sie hatten sich gemeinsam einen ruhigen Platz im Schatten der Bäume gesucht, um dort gemeinsam zu essen. Ein paar Büsche verbargen sie vor neugierigen Blicken, sodass es fast wie ein Ausflug in den Park war. Kimihiro hatte sogar eine Decke dabei, damit der Rock seiner geliebten Himawari nicht schmutzig wurde. Nun hoffte er, dass sie seine Empörung teilte, aber sie lachte nur leise. Es war ein entzückendes Lachen und dennoch hätte Kimihiro sich eine andere Reaktion gewünscht. Wahrscheinlich stellte sie sich Kimihiro wieder als fauchende Katze vor...den Vergleich brachte sie öfter.
„Dōmeki ist eben sehr anspruchsvoll bei seinem Essen, er hat sogar von einer Mitschülerin das Bento abgelehnt“, sagte Himawari. „Aber deines mag er gerne. Ich finde es toll, dass ihr euch so gut versteht.“
„Wir verstehen uns überhaupt nicht gut“, behauptete Kimihiro. Allerdings wollte er nicht mit Himawari streiten oder über Dōmeki reden. Daher suchte er ein anderes Thema. „Heute war es im Flur sehr laut.“
„Ja, hast du es noch nicht gehört? Herr Kobayashi hatte im Sportunterricht einen Unfall, anscheinend ist ein Teil der Tribüne auf ihn gefallen“, wusste Himawari zu berichten.
„Furchtbar.“ Kimihiro öffnete seine Bentobox und wollte gerade etwas herausnehmen, als er wieder etwas spürte. Bevor er sich umdrehen konnte, packte ihn jedoch etwas fest an den Haaren.
„Ah!“, entkam es Kimihiro, er sprang auf und spürte ein schmerzhaftes Ziehen, es war ihm, als hätte sich irgendwas in seinen Haaren festgekrallt. Als Kimihiro nach vorne stolperte, schaffte er es noch einen Blick über die Schulter zu werfen. So sah er gerade noch, wie eine Hand mit einem Büschel seiner Haare im Gebüsch verschwand. Es raschelte und irgendjemand lief davon. Kimihiro blinzelte die Tränen fort und drückte seine Hand gegen seinen Kopf.
„Oh nein, Watanuki, ist alles in Ordnung?“ Besorgt eilte Himawari an seine Seite, sie legte ihm sogar ihre zierliche Hand auf die Schulter. Sofort war sein Schmerz vergessen. „Ja, mach dir keine Sorgen. Es waren nur ein paar Haare.“
„Pff!“, lachten Yūko und Mokona Kimihiro aus, als dieser den Laden betrat. Die Stelle, an der seine Haare fehlten, war deutlich zu erkennen. Kimihiro hatte versucht seine Frisur etwas anzupassen, aber dies war ihm nicht so recht gelungen. Im Supermarkt hatte die Verkäuferin schon so gekichert, als Kimihiro das Gemüse für das Abendessen besorgt hatte. Missmutig rieb Kimihiro sich die kahle Stelle und griff nach seinen Einkäufen. Immerhin musste er noch kochen.
„Watanuki, was ist mit deinen Haaren passiert?“, fragte Yūko.
„Irgendwer hat daran gezogen“, antwortete Kimihiro ehrlich. „Ich weiß aber nicht wer.“
„Verstehe.“ Yūko richtete sich auf. „Manche Leute benutzen für Analogiezauber Haare.“
„Analogiezauber?“ Kimihiro runzelte die Stirn. „Was ist das?“
„Eine Verbindung zwischen äußerlich ähnlichen Dingen“, antwortete die Hexe. „Man nennt es auch Sympathetische Magie. Es bedeutet, wenn jemand ein Haar von dir hat, hat er auch einen Teil von dir. Das wird auch gerne bei Voodoo Puppen benutzt.“
Früher hätte Kimihiro dies wohl eher als Einbildung abgetan. Obwohl er seit Ewigkeiten Geister und andere Wesen sehen konnte, glaubte er nur schwer solche Geschichten. Inzwischen hatte der Schüler aber begriffen, dass es viel mehr gab, als man mit dem Auge sehen konnte. „Was könnte man damit machen?“
„Alles mögliche, Liebeszauber zum Beispiel.“ Yūko legte den Kopf schief. „Aber in deinem Fall will dich sicher jemand verfluchen.“
„Glaube ich auch.“ Mokona nickte, wobei sich der ganze Körper des schwarzen Wesens bewegte.
„Verfluchen!“, riefen Maru und Moro, während sie ihre Hände in die Luft rissen.
„Na toll, was soll ich denn jetzt machen?“ Es war ja schon fast unverschämt, wie gelassen Yūko blieb. Kimihiro fand diese Offenbarung recht besorgniserregend.
„Ich spüre keinen Fluch an dir“, beruhigte Yūko Kimihiro. „Wer immer es war, es ist kein magisches Wesen.“
„Wirklich?“ Erleichtert atmete Kimihiro auf, runzelte dann aber die Stirn. Er konnte sich nicht vorstellen, wen er so verärgert haben konnte.
Yūko legte Kimihiro eine Hand auf die Schulter und irgendwie hatte dieser die Hoffnung, dass die weise Hexe noch einen Rat für ihn hatte. „Zum Curry will ich Bier.“
„...“
Natürlich bekam Yūko ihr Bier und auch das gewünschte Curry. Gemeinsam mit Mokona trank Yūko mehrere Dosen leer. Kimihiro wusste, wer diese später einsammeln durfte...zu allem Überfluss sah die Stelle an seinem Kopf immer noch so zerrupft aus.
Als er im Bett lag, dachte Kimihiro nach. Mit offenen Augen starrte er die Decke an und versuchte zu ergründen, wer ihm heute die Haare ausgerissen hatte. Aber ihm fiel beim besten Willen niemand ein, den er so verärgert hatte, schon gar nicht an seiner Schule. Noch während er die letzten Tage rekapitulierte, fielen seine Augen zu und Kimihiro stand im Schein der Laterne auf der Straße. Wieder waren an seinen Seiten die hohen Mauern und der Boden bebte. Dieses Mal drehte sich Kimihiro sofort um und sah abermals die riesenhafte Stoffpuppe, die selbst die Laterne überragte. Jedoch steckten nun Nadeln in ihr, eine im Kopf und eine in der Brust der Puppe. Immer näher kam das riesige Wesen und Kimihiro entschied, dass Flucht keine Schande war. Rennend versuchte er zu entkommen, allerdings hatte er nicht das Gefühl vorwärtszukommen. Angestrengt erhöhte er sein Tempo, es gelang ihm nicht, selbst als er sich vorbeugte und die Arme wie ein Marathonläufer hielt.
„Ich komme nicht weg!“ Noch immer stand er im Schein der Straßenlaterne und plötzlich glaubte Kimihiro dort eine dunkle Gestalt zu erkennen. In selben Moment erreichte ihn die Puppe, der riesige Fuß ging auf ihn nieder und Kimihiro schreckte atemlos aus dem Schlaf auf.
„Pff!“
„Was?“, fauchte Kimihiro Dōmeki an, der ihm mal wieder auf dem Weg zur Schule auflauerte. Reflexartig drückte Kimihiro seine Hand an den Hinterkopf, wobei er sich etwas verrenken musste.
„Du wirst kahl“, erwiderte der große Kerl. Kimihiro fand es sehr ärgerlich, dass Dōmeki so ein Riese war.
„Was willst du hier?“, verlangte Kimihiro zu wissen. Er hatte keine Lust ständig ausgelacht zu werden. Missmutig setzte sich Kimihiro wieder in Bewegung.
„Ich habe es gesehen“, eröffnete Dōmeki ihm, der mühelos mit ihm Schritt halten konnte. „Diese blaue Puppe. War sie real?“
„Nein.“ Nun blieb Kimihiro stehen. Dōmeki hatte die Puppe also gesehen. Seit sie ein Auge miteinander teilten, war dies schon ein paar Mal vorgekommen und immer ärgerte sich Kimihiro darüber. Er fühlte sich beobachtet. Dementsprechend unwillig sah er Dōmeki an. „Es war ein Traum.“
„Verstehe.“ Leicht nickte Dōmeki. „Sah seltsam aus. Ein wenig wie eine Voodoo Puppe.“
„Weißt du etwas über Voodoo?“ Bevor Kimihiro es verhindern konnte, hatte er diese Frage gestellt, dabei wollte er eigentlich gar nicht mit Dōmeki darüber reden.
„Eigentlich ist Voodoo eine Religion aus Westafrika“, antwortete Dōmeki. „Dort wird nur ein einziger, mächtiger Gott verehrt. Allerdings gibt es Vermittler namens Loa, mächtige Geisterwesen, an die der Gläubige sich wenden kann, um seine Gebete vorzutragen.“
Dies hatte Kimihiro nicht gewusst. Erstaunt sah er Dōmeki an. Ob er sein Wissen nur daher hatte, weil er in einem Tempel aufwuchs? „Und was hat die Puppe damit zu tun?“
„Das ist einer der vielen Bräuche des Voodoo, allerdings wohl einer der Bekannteren auch hier bei uns.“ Dōmeki fixierte die Tasche mit den Bentos und Kimihiro nahm diese trotzig in die andere Hand. „Man benutzt diese Puppen, um anderen Schaden zuzufügen oder auch für die Heilung von Krankheiten. Dabei steht die Puppe oft für einen bestimmten Menschen.“
„Analogiezauber...verstehe.“ Davon hatte Yūko ja auch schon gesprochen. Ein leichtes Ziehen an seinem Arm riss Kimihiro aus seinen Gedanken. Als er hinsah, enteckte er, wie sich Dōmeki eine der Bentoboxen aneignete. „Hey!“
„Eierröllchen wären mal wieder lecker“, sagte der andere junge Mann nur und setzte sich in Bewegung.
„Voodoo?“ Nachdenklich legte Himawari einen Finger an ihr Kinn, was Kimihiro zu einem verzückten Seufzen veranlasste. Sie saßen wieder unter den Bäumen, aber dieses Mal hielt Kimihiro Abstand zu den Büschen. Immer wenn es raschelte, sah er sich misstrauisch um.
„Davon habe ich schon gehört“, fuhr Himawari fort. „Einige Mädchen aus meiner Klasse beschäftigen sich damit. Es gibt sogar einen Laden, wo man die Puppen und andere Zauber kaufen kann. Gar nicht weit von hier.“
„Wirklich?“ Nun war Kimihiro aufrichtig erstaunt. Das hatte er nicht gewusst. Dann kam ihm eine Idee. „Wollen wir vielleicht nach der Schule zusammen hingehen?“
„Oh, das tut mir leid, aber ich habe schon eine Verabredung“, antwortete die Schwarzhaarige lächelnd. Enttäuschung ergriff Kimihiro, aber er lachte nur und winkte ab, damit Himawari sich nicht schlecht fühlte.
‚Hier ist es also.’ Wie es sich Kimihiro vorgenommen hatte, war er zu dem Laden mit den Voodoo Puppen gegangen. Eigentlich hatte er einen kleinen Laden erwartet, mit düsterer Atmosphäre und einem engen Eingang. Nun stand er jedoch vor einem modernen Geschäft mit riesigen Schaufenstern, das mit Zauberartikeln warb. Auf dem beleuchteten Ladenschild stand in bunten Buchstaben das Wort Magic. Offenbar der Name des Geschäftes. Einen Moment studierte Kimihiro die Auslage, er entdeckte einen Zauberhut, einen Kochkessel, ein paar Bücher und auch eine Stoffpuppe, deren Augen nur wie ein X aussahen. Wirkte mehr nach Spielerei als Zauberei. Als Kimihiro schließlich eintrat, bemerkte er sehr schnell, dass außer ihm nur weibliche Kunden da waren. Ein paar Mädchen in der Uniform seiner Schule kicherten, als sie ihn sahen. Kimihiro errötete und drehte sich rasch weg. Dabei nahm er wahr, dass die Luft hier seltsam roch, irgendwie unangenehm. Dennoch ging Kimihiro weiter und stand kurz darauf vor einem Regal, in dem nebeneinander in Plastikbehältern kleine Wollpuppen ausgestellt waren. Die Behälter hatten unterschiedliche Farben, die dem Käufer die Kategorie des Zaubers verriet. Vorsichtig nahm Kimihiro einen Behälter in die Hand. Die Puppe darin war von blauer Farbe und sah der aus seinem Traum erschreckend ähnlich. Außen an dem Behälter konnte Kimihiro weitere Informationen finden. ‚Voodoo-Puppe für allgemeine Angelegenheiten...Strafen für nervige Mitschüler, ätzende Konkurrenten und Idioten, die dir in der Liebe im Weg stehen.’
Als Kimihiro den Behälter drehte, bewegte sich die Puppe leicht und die drei Nadeln, die als Extra mit dabei waren, klackten leise. Die Anleitung ging so weit, dass sie erklärte, wo man die Nadel in die Puppe stecken musste, damit der Zauber wirkte. ‚Kopf bedeutet Haarausfall...Ohr ist gleich Hörsturz...und Hand Brandschaden...’
Erschrocken stellte Kimihiro die Puppe zurück. Auch wenn es wohl eher Scherzartikel waren, empfand er solche Wünsche als geschmacklos und irgendwie hatte er Mitleid. Die Mädchen aus seiner Schule schienen allerdings keine Bedenken zu haben.
„Schau, hier ist ein Zauber für Bauchschmerzen“, sagte eine von ihnen. „Wenn wir den benutzen, müssen wir morgen keinen Test schreiben. Er muss nur in einem Getränk aufgelöst werden.“
„Reicht da Bauchschmerz denn?“, fragte die Begleiterin, ein Mädchen mit Zöpfen. „Vielleicht lieber einen Unfall. Hier gibt es etwas mit einem Auto. Ich habe gehört, bei Kobayashi hat es gut funktioniert.“
Die beiden lachten und Kimihiro schlug seine Hand vor den Mund, als er den schwarzen Nebel sah, der aus den beiden Mädchen nur so ausströmte. Auch die anderen Kundinnen waren, mal mehr, mal weniger, von dem Nebel umhüllt. Keine von ihnen schien dies zu spüren. Kimihiro wurde aber der Atem schwer, er taumelte und stieß gegen ein Mädchen mit Brille, das auf einmal neben ihm stand. Auch sie trug die Uniform seiner Schule, allerdings hatte sie schwarzen Nagellack auf dem kleinen Finger. Dies fiel Kimihiro auf, weil sie ihren Finger leicht abspreizte. Kurz begegneten sich ihre Blicke und Kimihiro zuckte zurück, weil sie ihn so voller Hass ansah. Dann wurde er von dem schwarzen Nebel eingeschlossen und stolperte nach hinten in das Regal. Die Behälter mit den Puppen schwankten gefährlich und die Verkäuferin wurde aufmerksam. Plötzlich packte eine Hand nach Kimihiro. Einen Moment befürchte Kimihiro wieder an den Haaren gerissen zu werden, dann wurde er aus dem Laden und weg von dem schwarzen Nebel gezogen. Erstaunt sah er auf, aber bevor er seinen Retter erkannte, wurde er ohnmächtig.
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Diese Voodoo Puppen in der Dose gibt es übrigens samt Anleitung wirklich. Habe eine geschenkt bekommen...von meinen Kollegen...sehr leichtsinnig.
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×××HOLiC- Der Traum
„Hm?“ Verwundert sah Kimihiro sich um. Er stand auf einer Straße, allerdings wusste er nicht genau, wo er sich befand. Außer ihm war niemand zu sehen und dennoch ahnte Kimihiro, dass er nicht alleine war. Die Laterne vor ihm warf einen langgezogenen seltsamen Schatten und die Mauern an den Seiten erschienen ihm unnatürlich hoch und glatt. Es gelang Kimihiro nicht hinter diese zu blicken. Seine Nackenhaare stellten sich auf, als ein neuer, gigantischer Schatten auf ihn fiel. Kimihiro schluckte, drehte sich um und sah eine riesenhafte Gestalt, die aus blauer Wolle zu bestehen schien. Es erinnerte fast ein wenig an eine Mumie, wobei die Arme des Wesens nicht nach vorne, sondern zu den Seiten ausgestreckt waren. Der Kopf erschien im Vergleich zu dem Körper ebenfalls noch einmal riesig und irgendwie viel zu groß. Kimihiro versuchte die Augen des Wesens auszumachen, der Mund war seltsam. Er wirkte wie aufgemalt, denn er war nicht mehr als ein weißer Strich. Mit einem unguten Gefühl hob Kimihiro weiter den Kopf und zuckte zusammen, als ihn etwas im Gesicht traf. Schlagartig wurde er wach und sah schwarz.
„Aufstehen, Watanuki!“, rief Mokona.
„Aufstehen!“, riefen Maru und Moro von irgendwoher. Mit einem Schnauben klaubte Kimihiro Mokona aus seinem Gesicht, indem er die Ohren umfasste. Das kleine, schwarze Wesen störte sich nicht daran, es schaukelte sogar hin und her, wobei es sang: „Wie ein Fähnlein auf dem Turme.“
„Ich gebe dir gleich Fähnlein!“, fauchte Kimihiro und warf Mokona auf sein Kissen. Dann tastete er nach seiner Brille und setzte sie auf. So fühlte er sich einfach wohler. ‚Ein merkwürdiger Traum.’
„Pfannkuchen“, sagte Mokona.
„Häh?“
„Yūko möchte Pfannkuchen zum Frühstück“, erklärte das schwarze Knäuel.
„Na gut.“ Inzwischen hatte Kimihiro aufgegeben sich gegen die Wünsche der Hexe zu wehren. „Dann Pfannkuchen.“
„Pfannkuchen, Pfannkuchen!“ Maru und Moro, die sich an den Händen hielten, sprangen um Kimihiro herum. Bis die Schule begann, hatte er noch etwas Zeit.
„Aber vergiss den Sake nicht!“, rief Mokona ihm nach.
„Am Morgen gibt es keinen Alkohol!“ Diesbezüglich versuchte Kimihiro wenigstens standhaft zu bleiben.
„Kimihiro ist streng“, sagten Maru und Moro, ehe sie kichernd vorausliefen. Seufzend verschwand Kimihiro im Badezimmer und zog seine Uniform an, bevor er sich seine Schürze und das Kopftuch umband, um den Teig vorzubereiten. Dabei wurde er nicht nur von den beiden Mädchen, sondern auch Mokona aufmerksam beobachtet. Dies war nicht ungewöhnlich, daher lächelte Kimihiro nur und als er geschickt den Pfannkuchen in der Luft wendete, klatschten seine Zuschauer Beifall. Ermutigt darüber wendete Kimihiro auch den nächsten Pfannkuchen, wobei er dieses Mal etwas mehr Schwung nahm.
„Und hepp!“ Ein Schatten schnappte sich den Pfannkuchen, ein Schmatzen war zu hören und Mokona landete wie ein Turner nach einem Sprung über den Barren auf dem Tisch. Während Kimihiros Faust sich um seinen Pfannenwender verkrampfte, bekam nun der freche Dieb den Applaus. Aber noch einmal würde dieses Kunststück Mokona nicht gelingen. „Lass das, du bekommst nur Bauchschmerzen, wenn die noch nicht richtig durch sind.“
„Ach was“, wehrte Mokona ab und setzte zum nächsten Sprung an. So einfach würde sich Kimihiro aber nicht geschlagen geben.
„Haps!“
„Argh!“
„Mokona hat Bauchweh“, beschwerte Mokona sich von dem Kissen aus, das normalerweise als Sitzkissen verwendet wurde.
„Ich habe es dir gesagt“, schnaubte Kimihiro. Hatte er es doch gewusst. Aber selbstverständlich hatte, so wie immer, niemand auf ihn gehört. Natürlich hatte Yūko auch ihren Sake zu den Pfannkuchen bekommen. Nun lag sie ausgestreckt auf ihrem Sofa und rauchte.
„Watanuki ist herzlos“, klagte Mokona.
„So herzlos“, stimmte Yūko zu.
„Herzlos“, echoten Maru und Moro.
„Na toll, dann seid ihr euch ja einig.“ Verärgert ergriff Kimihiro seine Tasche. „Ich muss nun in die Schule.“
„Watanuki“, hielt die Stimme von Yūko ihn auf. Irgendwie klang sie so ernst, sodass sich Kimihiro zu ihr umdrehte. Ob die Hexe ihn warnen wollte? Elegant blies Yūko den Rauch aus, der sich wie immer zu kleinen Gestalten zu verformen schien, aber ehe Kimihiro sie erkennen konnten, lösten sie sich auf. „Ja?“
„Heute Abend will ich Curry.“
„...“ Einen Moment starrte Kimihiro die Schwarzhaarige an, dann verließ er schimpfend das Zimmer. Wie so oft begleiteten ihn Moro und Maru bis zur Haustür.
„Bis heute Abend“, verabschiedete sich Kimihiro von den beiden Mädchen und lächelte sie an. „Habt einen schönen Tag.“
„Bis heute Abend“, sagten die beiden im Chor. „Hab einen schönen Tag, Watanuki.“
„Vergiss das Curry nicht!“, drang es ebenfalls zweistimmig aus dem angrenzenden Raum.
„Ich bin nicht euer Sklave!“, schimpfte Kimihiro, ergriff noch die Tüte mit den Bentos und machte sich auf den Weg zur Schule. Als er die Straße betrat, hatte er kurz das Gefühl aus einer anderen Welt aufzutauchen und inzwischen wusste er auch, dass es irgendwie so war. Einen Moment blickte er über seine Schulter zurück, ehe er loslief. ‚Wenn ich Glück habe, treffe ich noch auf Himawari.’
Kimihiro hatte kein Glück. Statt seiner Angebeteten entdeckte er Dōmeki, der unter einer Straßenlaterne stand. Diese erinnerte Kimihiro an seinen Traum und er blickte sich etwas unruhig um.
„Was ist?“, fragte Dōmeki. Dabei machte er wieder dieses ernste Gesicht, das Kimihiro irgendwie immer aufregte. „Ist hier irgendwas?“
„Nein.“ Etwas unwillig runzelte Kimihiro die Stirn. „Ich habe mich nur an etwas erinnert. Hey, was machst du da?“
Noch während Kimihiro geantwortet hatte, hatte Dōmeki die Tüte mit den Bentos an sich genommen und sah hinein. „Ich will wissen, was es gibt. Ist was Frittiertes dabei?“
„Wer sagt denn, dass du was abbekommst?“, knurrte Kimihiro, der verschwieg, dass er auch frittierte Makrelen gemacht hatte. „Das ist für die wunderbare Himawari und mich. Wir werden gemeinsam zu Mittag essen.“
Dōmeki nahm sich eine Box heraus. „Ich habe heute Mittag Training, deswegen nehme ich die jetzt schon mit.“
„Hast du etwa nur deswegen auf mich gewartet?“ Empört riss Kimihiro die Tüte mit den nun nur noch zwei Bentoboxen an sich. Dōmeki hielt sich mit seinem Zeigefinger das Ohr zu, was Kimihiro wieder aufregte. Gerade wollte er seiner Wut Luft machen, als ihn ein kalter Schauder überkam. Unruhig sah er sich um.
„Was ist los?“, fragte Dōmeki, der die Box in seine Tasche steckte. Das lenkte Kimihiro von dem seltsamen Gefühl ab. „Nichts, was machst du da mit meiner Box? Hey, lass mich nicht einfach stehen!“
„Und dann hat er die Box einfach mitgenommen“, berichtete Kimihiro in der Mittagspause Himawari empört. Sie hatten sich gemeinsam einen ruhigen Platz im Schatten der Bäume gesucht, um dort gemeinsam zu essen. Ein paar Büsche verbargen sie vor neugierigen Blicken, sodass es fast wie ein Ausflug in den Park war. Kimihiro hatte sogar eine Decke dabei, damit der Rock seiner geliebten Himawari nicht schmutzig wurde. Nun hoffte er, dass sie seine Empörung teilte, aber sie lachte nur leise. Es war ein entzückendes Lachen und dennoch hätte Kimihiro sich eine andere Reaktion gewünscht. Wahrscheinlich stellte sie sich Kimihiro wieder als fauchende Katze vor...den Vergleich brachte sie öfter.
„Dōmeki ist eben sehr anspruchsvoll bei seinem Essen, er hat sogar von einer Mitschülerin das Bento abgelehnt“, sagte Himawari. „Aber deines mag er gerne. Ich finde es toll, dass ihr euch so gut versteht.“
„Wir verstehen uns überhaupt nicht gut“, behauptete Kimihiro. Allerdings wollte er nicht mit Himawari streiten oder über Dōmeki reden. Daher suchte er ein anderes Thema. „Heute war es im Flur sehr laut.“
„Ja, hast du es noch nicht gehört? Herr Kobayashi hatte im Sportunterricht einen Unfall, anscheinend ist ein Teil der Tribüne auf ihn gefallen“, wusste Himawari zu berichten.
„Furchtbar.“ Kimihiro öffnete seine Bentobox und wollte gerade etwas herausnehmen, als er wieder etwas spürte. Bevor er sich umdrehen konnte, packte ihn jedoch etwas fest an den Haaren.
„Ah!“, entkam es Kimihiro, er sprang auf und spürte ein schmerzhaftes Ziehen, es war ihm, als hätte sich irgendwas in seinen Haaren festgekrallt. Als Kimihiro nach vorne stolperte, schaffte er es noch einen Blick über die Schulter zu werfen. So sah er gerade noch, wie eine Hand mit einem Büschel seiner Haare im Gebüsch verschwand. Es raschelte und irgendjemand lief davon. Kimihiro blinzelte die Tränen fort und drückte seine Hand gegen seinen Kopf.
„Oh nein, Watanuki, ist alles in Ordnung?“ Besorgt eilte Himawari an seine Seite, sie legte ihm sogar ihre zierliche Hand auf die Schulter. Sofort war sein Schmerz vergessen. „Ja, mach dir keine Sorgen. Es waren nur ein paar Haare.“
„Pff!“, lachten Yūko und Mokona Kimihiro aus, als dieser den Laden betrat. Die Stelle, an der seine Haare fehlten, war deutlich zu erkennen. Kimihiro hatte versucht seine Frisur etwas anzupassen, aber dies war ihm nicht so recht gelungen. Im Supermarkt hatte die Verkäuferin schon so gekichert, als Kimihiro das Gemüse für das Abendessen besorgt hatte. Missmutig rieb Kimihiro sich die kahle Stelle und griff nach seinen Einkäufen. Immerhin musste er noch kochen.
„Watanuki, was ist mit deinen Haaren passiert?“, fragte Yūko.
„Irgendwer hat daran gezogen“, antwortete Kimihiro ehrlich. „Ich weiß aber nicht wer.“
„Verstehe.“ Yūko richtete sich auf. „Manche Leute benutzen für Analogiezauber Haare.“
„Analogiezauber?“ Kimihiro runzelte die Stirn. „Was ist das?“
„Eine Verbindung zwischen äußerlich ähnlichen Dingen“, antwortete die Hexe. „Man nennt es auch Sympathetische Magie. Es bedeutet, wenn jemand ein Haar von dir hat, hat er auch einen Teil von dir. Das wird auch gerne bei Voodoo Puppen benutzt.“
Früher hätte Kimihiro dies wohl eher als Einbildung abgetan. Obwohl er seit Ewigkeiten Geister und andere Wesen sehen konnte, glaubte er nur schwer solche Geschichten. Inzwischen hatte der Schüler aber begriffen, dass es viel mehr gab, als man mit dem Auge sehen konnte. „Was könnte man damit machen?“
„Alles mögliche, Liebeszauber zum Beispiel.“ Yūko legte den Kopf schief. „Aber in deinem Fall will dich sicher jemand verfluchen.“
„Glaube ich auch.“ Mokona nickte, wobei sich der ganze Körper des schwarzen Wesens bewegte.
„Verfluchen!“, riefen Maru und Moro, während sie ihre Hände in die Luft rissen.
„Na toll, was soll ich denn jetzt machen?“ Es war ja schon fast unverschämt, wie gelassen Yūko blieb. Kimihiro fand diese Offenbarung recht besorgniserregend.
„Ich spüre keinen Fluch an dir“, beruhigte Yūko Kimihiro. „Wer immer es war, es ist kein magisches Wesen.“
„Wirklich?“ Erleichtert atmete Kimihiro auf, runzelte dann aber die Stirn. Er konnte sich nicht vorstellen, wen er so verärgert haben konnte.
Yūko legte Kimihiro eine Hand auf die Schulter und irgendwie hatte dieser die Hoffnung, dass die weise Hexe noch einen Rat für ihn hatte. „Zum Curry will ich Bier.“
„...“
Natürlich bekam Yūko ihr Bier und auch das gewünschte Curry. Gemeinsam mit Mokona trank Yūko mehrere Dosen leer. Kimihiro wusste, wer diese später einsammeln durfte...zu allem Überfluss sah die Stelle an seinem Kopf immer noch so zerrupft aus.
Als er im Bett lag, dachte Kimihiro nach. Mit offenen Augen starrte er die Decke an und versuchte zu ergründen, wer ihm heute die Haare ausgerissen hatte. Aber ihm fiel beim besten Willen niemand ein, den er so verärgert hatte, schon gar nicht an seiner Schule. Noch während er die letzten Tage rekapitulierte, fielen seine Augen zu und Kimihiro stand im Schein der Laterne auf der Straße. Wieder waren an seinen Seiten die hohen Mauern und der Boden bebte. Dieses Mal drehte sich Kimihiro sofort um und sah abermals die riesenhafte Stoffpuppe, die selbst die Laterne überragte. Jedoch steckten nun Nadeln in ihr, eine im Kopf und eine in der Brust der Puppe. Immer näher kam das riesige Wesen und Kimihiro entschied, dass Flucht keine Schande war. Rennend versuchte er zu entkommen, allerdings hatte er nicht das Gefühl vorwärtszukommen. Angestrengt erhöhte er sein Tempo, es gelang ihm nicht, selbst als er sich vorbeugte und die Arme wie ein Marathonläufer hielt.
„Ich komme nicht weg!“ Noch immer stand er im Schein der Straßenlaterne und plötzlich glaubte Kimihiro dort eine dunkle Gestalt zu erkennen. In selben Moment erreichte ihn die Puppe, der riesige Fuß ging auf ihn nieder und Kimihiro schreckte atemlos aus dem Schlaf auf.
„Pff!“
„Was?“, fauchte Kimihiro Dōmeki an, der ihm mal wieder auf dem Weg zur Schule auflauerte. Reflexartig drückte Kimihiro seine Hand an den Hinterkopf, wobei er sich etwas verrenken musste.
„Du wirst kahl“, erwiderte der große Kerl. Kimihiro fand es sehr ärgerlich, dass Dōmeki so ein Riese war.
„Was willst du hier?“, verlangte Kimihiro zu wissen. Er hatte keine Lust ständig ausgelacht zu werden. Missmutig setzte sich Kimihiro wieder in Bewegung.
„Ich habe es gesehen“, eröffnete Dōmeki ihm, der mühelos mit ihm Schritt halten konnte. „Diese blaue Puppe. War sie real?“
„Nein.“ Nun blieb Kimihiro stehen. Dōmeki hatte die Puppe also gesehen. Seit sie ein Auge miteinander teilten, war dies schon ein paar Mal vorgekommen und immer ärgerte sich Kimihiro darüber. Er fühlte sich beobachtet. Dementsprechend unwillig sah er Dōmeki an. „Es war ein Traum.“
„Verstehe.“ Leicht nickte Dōmeki. „Sah seltsam aus. Ein wenig wie eine Voodoo Puppe.“
„Weißt du etwas über Voodoo?“ Bevor Kimihiro es verhindern konnte, hatte er diese Frage gestellt, dabei wollte er eigentlich gar nicht mit Dōmeki darüber reden.
„Eigentlich ist Voodoo eine Religion aus Westafrika“, antwortete Dōmeki. „Dort wird nur ein einziger, mächtiger Gott verehrt. Allerdings gibt es Vermittler namens Loa, mächtige Geisterwesen, an die der Gläubige sich wenden kann, um seine Gebete vorzutragen.“
Dies hatte Kimihiro nicht gewusst. Erstaunt sah er Dōmeki an. Ob er sein Wissen nur daher hatte, weil er in einem Tempel aufwuchs? „Und was hat die Puppe damit zu tun?“
„Das ist einer der vielen Bräuche des Voodoo, allerdings wohl einer der Bekannteren auch hier bei uns.“ Dōmeki fixierte die Tasche mit den Bentos und Kimihiro nahm diese trotzig in die andere Hand. „Man benutzt diese Puppen, um anderen Schaden zuzufügen oder auch für die Heilung von Krankheiten. Dabei steht die Puppe oft für einen bestimmten Menschen.“
„Analogiezauber...verstehe.“ Davon hatte Yūko ja auch schon gesprochen. Ein leichtes Ziehen an seinem Arm riss Kimihiro aus seinen Gedanken. Als er hinsah, enteckte er, wie sich Dōmeki eine der Bentoboxen aneignete. „Hey!“
„Eierröllchen wären mal wieder lecker“, sagte der andere junge Mann nur und setzte sich in Bewegung.
„Voodoo?“ Nachdenklich legte Himawari einen Finger an ihr Kinn, was Kimihiro zu einem verzückten Seufzen veranlasste. Sie saßen wieder unter den Bäumen, aber dieses Mal hielt Kimihiro Abstand zu den Büschen. Immer wenn es raschelte, sah er sich misstrauisch um.
„Davon habe ich schon gehört“, fuhr Himawari fort. „Einige Mädchen aus meiner Klasse beschäftigen sich damit. Es gibt sogar einen Laden, wo man die Puppen und andere Zauber kaufen kann. Gar nicht weit von hier.“
„Wirklich?“ Nun war Kimihiro aufrichtig erstaunt. Das hatte er nicht gewusst. Dann kam ihm eine Idee. „Wollen wir vielleicht nach der Schule zusammen hingehen?“
„Oh, das tut mir leid, aber ich habe schon eine Verabredung“, antwortete die Schwarzhaarige lächelnd. Enttäuschung ergriff Kimihiro, aber er lachte nur und winkte ab, damit Himawari sich nicht schlecht fühlte.
‚Hier ist es also.’ Wie es sich Kimihiro vorgenommen hatte, war er zu dem Laden mit den Voodoo Puppen gegangen. Eigentlich hatte er einen kleinen Laden erwartet, mit düsterer Atmosphäre und einem engen Eingang. Nun stand er jedoch vor einem modernen Geschäft mit riesigen Schaufenstern, das mit Zauberartikeln warb. Auf dem beleuchteten Ladenschild stand in bunten Buchstaben das Wort Magic. Offenbar der Name des Geschäftes. Einen Moment studierte Kimihiro die Auslage, er entdeckte einen Zauberhut, einen Kochkessel, ein paar Bücher und auch eine Stoffpuppe, deren Augen nur wie ein X aussahen. Wirkte mehr nach Spielerei als Zauberei. Als Kimihiro schließlich eintrat, bemerkte er sehr schnell, dass außer ihm nur weibliche Kunden da waren. Ein paar Mädchen in der Uniform seiner Schule kicherten, als sie ihn sahen. Kimihiro errötete und drehte sich rasch weg. Dabei nahm er wahr, dass die Luft hier seltsam roch, irgendwie unangenehm. Dennoch ging Kimihiro weiter und stand kurz darauf vor einem Regal, in dem nebeneinander in Plastikbehältern kleine Wollpuppen ausgestellt waren. Die Behälter hatten unterschiedliche Farben, die dem Käufer die Kategorie des Zaubers verriet. Vorsichtig nahm Kimihiro einen Behälter in die Hand. Die Puppe darin war von blauer Farbe und sah der aus seinem Traum erschreckend ähnlich. Außen an dem Behälter konnte Kimihiro weitere Informationen finden. ‚Voodoo-Puppe für allgemeine Angelegenheiten...Strafen für nervige Mitschüler, ätzende Konkurrenten und Idioten, die dir in der Liebe im Weg stehen.’
Als Kimihiro den Behälter drehte, bewegte sich die Puppe leicht und die drei Nadeln, die als Extra mit dabei waren, klackten leise. Die Anleitung ging so weit, dass sie erklärte, wo man die Nadel in die Puppe stecken musste, damit der Zauber wirkte. ‚Kopf bedeutet Haarausfall...Ohr ist gleich Hörsturz...und Hand Brandschaden...’
Erschrocken stellte Kimihiro die Puppe zurück. Auch wenn es wohl eher Scherzartikel waren, empfand er solche Wünsche als geschmacklos und irgendwie hatte er Mitleid. Die Mädchen aus seiner Schule schienen allerdings keine Bedenken zu haben.
„Schau, hier ist ein Zauber für Bauchschmerzen“, sagte eine von ihnen. „Wenn wir den benutzen, müssen wir morgen keinen Test schreiben. Er muss nur in einem Getränk aufgelöst werden.“
„Reicht da Bauchschmerz denn?“, fragte die Begleiterin, ein Mädchen mit Zöpfen. „Vielleicht lieber einen Unfall. Hier gibt es etwas mit einem Auto. Ich habe gehört, bei Kobayashi hat es gut funktioniert.“
Die beiden lachten und Kimihiro schlug seine Hand vor den Mund, als er den schwarzen Nebel sah, der aus den beiden Mädchen nur so ausströmte. Auch die anderen Kundinnen waren, mal mehr, mal weniger, von dem Nebel umhüllt. Keine von ihnen schien dies zu spüren. Kimihiro wurde aber der Atem schwer, er taumelte und stieß gegen ein Mädchen mit Brille, das auf einmal neben ihm stand. Auch sie trug die Uniform seiner Schule, allerdings hatte sie schwarzen Nagellack auf dem kleinen Finger. Dies fiel Kimihiro auf, weil sie ihren Finger leicht abspreizte. Kurz begegneten sich ihre Blicke und Kimihiro zuckte zurück, weil sie ihn so voller Hass ansah. Dann wurde er von dem schwarzen Nebel eingeschlossen und stolperte nach hinten in das Regal. Die Behälter mit den Puppen schwankten gefährlich und die Verkäuferin wurde aufmerksam. Plötzlich packte eine Hand nach Kimihiro. Einen Moment befürchte Kimihiro wieder an den Haaren gerissen zu werden, dann wurde er aus dem Laden und weg von dem schwarzen Nebel gezogen. Erstaunt sah er auf, aber bevor er seinen Retter erkannte, wurde er ohnmächtig.
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Diese Voodoo Puppen in der Dose gibt es übrigens samt Anleitung wirklich. Habe eine geschenkt bekommen...von meinen Kollegen...sehr leichtsinnig.
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