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Gundel und Karl

von Milenchen
Kurzbeschreibung
GeschichteAbenteuer, Liebesgeschichte / P16 / Gen
OC (Own Character)
05.01.2020
18.05.2020
7
13.034
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05.01.2020 2.011
 
Als ich Jorinde und Joringel sah und an der Stelle ankam, als Joringel den Raubritter fragt, ob er denn keine Frau habe oder noch nie geliebt habe, da habe ich mir etwas ganz anderes vorgestellt, als im Film gesagt wurde. Ich dachte, der Raubritter liebt ein einfaches Bauernmädchen, will/kann aber nicht mit ihr zusammen sein, weil er glaubt, dass sie ihn niemals lieben würde oder irgendetwas in der Richtung. Als es dann hieß, dass er durch die Blume schneller altert, habe ich seine Filmbeziehung mit der Zauberin völlig ignoriert und dachte mir: Perfekt, der Typ ist eigentlich erst 30 und liebt ein junges Mädchen, da er aber ausschaut wie 50 kann er nicht mit ihr zusammen sein. Und wie ich halt so bin, habe ich mir gedacht, das schreib ich auf und lade es hier hoch. Und hier ist es, viel Spaß beim Lesen.

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Meine Geschichte beginnt ungefähr ein Jahr vor der von Jorinde und Joringel. Sie beginnt mit dem ersten Raubzug des Raubritters.
Ich war Mitte 20 und die meisten in meinem Alter waren schon lange verheiratet. Nur ich hatte keinen Ehemann gefunden. Und es sah auch nicht so aus, als würde ich noch einen finden. Es gab keine Junggesellen mehr in meinem Alter. Meine Eltern hatten zu hohe Ansprüche gestellt. Allerdings musste ich sagen, dass auch ich Schuld an der Sache hatte. Ich hatte mich vor Jahren im Kindesalter in einen Jungen verliebt, der versprochen hatte, mich zu heiraten, wenn wir alt genug waren. Doch er war mit seinen Eltern weggezogen und ich hatte ihn nie wieder gesehen. Mein Herz allerdings hatte er mitgenommen.
Ich arbeitete also als einsame Jungfrau in der Mühle meiner Eltern mit, bis eines unheilvollen Tages ein Ritter in dunkler Rüstung auf einem Pferd kam und einen Sack unseres Kornes stehlen wollte.
„Gebt mir einen Sack eures besten Kornes und ich werde euch in Ruhe lassen.“ Des Ritters Stimme war scharf und gefährlich, aber Vater weigerte sich das Korn herauszurücken. Der Ritter nahm seinen Helm ab und sah Vater drohend an.
Der Ritter war jung, um die 30 Jahre. Er hatte ein schönes Gesicht. Aber irgendetwas an diesem Gesicht kam mir bekannt vor. Vater allerdings ließ sich nicht einschüchtern. Daraufhin nahm der Ritter eine rote Blume von seinem Gürtel und richtete sie auf meinen Vater.
Das Gesicht meines Vaters wurde ganz blau und er konnte sich nicht mehr bewegen. Mutter stürmte auf ihn zu und rüttelte an ihm.
Der Ritter allerdings sah mich an und verlangte von mir, dass ich das Korn aus der Mühle holte. Als der Ritter mich aber mit seinem intensiven Blick ansah, erkannte ich meine Sandkastenliebe in ihm wieder. Der Raubritter war Karl, der Junge, der einst versprach mich zu ehelichen.
Der Ritter allerdings schien mich nicht wiederzuerkennen „Ich sagte, du sollst mir einen Sack Korn bringen.“
Also ging ich in die Mühle und wollte schon einen Sack mit gemahlenem Korn holen, als mein Blick auf die Säcke mit dem noch ungemahlenem Korn fiel. Ich musste grinsen. Ich hievte mir einen Sack auf die Schulter und ging nach draußen. Als ich den Sack vor dem Ritter abstellte schlug mir das Herz bis zum Hals. Karl ließ die Blume sinken und Vater konnte sich wieder bewegen, woraufhin Mutter ihn besorgt fragte, ob es ihm gut ginge.
Als der Ritter den Sack auf sein Pferd legen wollte fiel ihm auf, dass es sich um ungemahlenes Korn handelte. Er atmete einmal tief durch und sah mich nachsichtig lächelnd an. „Du gehst jetzt wieder in die Mühle und bringst mir einen Sack gemahlenes Korn.“, wiederholte er nur seine Forderung.
„Ja, Sir.“ Ich ging also wieder in die Mühle. Da die Säcke gemahlenes Korn schwerer waren, hatte ich einige Probleme mir den Sack auf die Schulter zu legen. Also musste ich ihn nach draußen ziehen.
Dort wartete der Ritter schon ungeduldig. Diesmal hatte er „nur“ das Schwert auf meine Eltern gerichtet. Allerdings schien er dabei etwas zu zittern. Er sah auch irgendwie verändert aus, irgendwie entkräftet.
„Geht das auch ein bisschen schneller?“
„Nein.“, murmelte ich. Ich hatte Angst, dass er sich zu sehr verändert hatte oder dass es doch nicht Karl war, auch wenn ich mir sehr sicher war. Wenn ich ihn ansah, dann sah ich nicht den Ritter, der uns bestahl, aber wenn er sprach, dann hörte ich ihn. Und ich wollte ihn nicht auch noch spüren.
Als er bemerkte, dass ich tatsächlich Probleme mit dem Sack hatte, kam er auf mich zu und nahm mir den Sack aus der Hand, als wäre es ein Sack voller Federn. Ohne Probleme legte er ihn auf sein Pferd. „Solltest du als Müllerstochter nicht etwas stärker sein?“, fragte er mich.
Ich senkte den Kopf, um ihn nicht ansehen zu müssen. „Ich fürchte meine Stärken liegen woanders.“
Der Ritter wandte sich ab, bestieg sein Pferd und ritt davon, ohne noch einmal zurückzublicken.

Am Abend lag ich in meinem Bett und dachte an den Raubritter zurück. Ich war mir sicher, dass es Karl gewesen war. Ich hatte es in seinem Blick gesehen. Mein Herz schlug schneller, als ich daran dachte, wie er mich angesehen hatte. Allerdings glaubte ich nicht daran, dass er mich erkannt hatte. Aber ich fragte mich, was geschehen war, dass Karl jetzt das Volk ausraubte. Er war damals immer nett gewesen, zuvorkommend, freundlich, liebevoll und voller Lebensfreude. Ich fragte mich, ob davon noch irgendetwas übrig war.
Seufzend drehte ich mich auf die andere Seite und versuchte zu schlafen.

Während des nächsten Monats dachte ich noch oft an den Raubritter zurück. Jetzt während ich gerade die Küche aufräumte und aus dem Fenster sah, sah ich, dass der Raubritter zurückgekehrt war. Er hatte sein Schwert auf Vater gerichtet und Mutter lag kniend vor ihm und bettelte ihn an. Vermutlich bettelte sie um Gnade. Aber vergeblich, der Ritter ließ sich nicht erweichen.
Ich wusste allerdings, dass das Geschäft zurzeit mehr als gut ging und dass ein Sack Korn mehr oder weniger nicht sonderlich schlimm war.
Irgendwann stand meine Mutter doch auf und holte einen Sack aus der Mühle. Währenddessen beobachtete ich Karl. Er stand einfach da, das Schwert auf meinen Vater gerichtet. Seine Miene zeigte keine Emotion. Er sah sehr attraktiv aus, wie er dort stand, erhaben und Ehrfurcht gebietend. Aber ich hatte das Gefühl, dass er sich verändert hatte im letzten Monat. Ich konnte aber nicht sagen was es war.
Als Mutter mit dem Sack wiedergekommen war, senkte er das Schwert und legte den Sack auf sein Pferd. Dann ritt er davon, ohne sich umzublicken.
Während ich weiter die Küche putzte dachte ich nach. Der Raubritter raubte zwar das Volk aus, aber er war dabei nicht sehr aggressiv. Wenn sich jemand gegen ihn stellte, dann benutzte er diese Blume. Aber er erhob nicht das Schwert und erschlug denjenigen gleich, wie es jeder andere getan hätte. Vielleicht erinnerte er sich ja noch daran, wie es damals gewesen war. Seine Eltern waren zwar verhältnismäßig reich gewesen, aber trotzdem waren wir alle arm.
Ich wusste allerdings nicht, wie sich das über die Jahre hinweg verändert hatte. Wenn er sich aber daran erinnerte, dann wusste er wie es gewesen war, wenn man etwas von dem bisschen abgeben musste, das man hatte. Ich würde ihn nicht gerecht nennen, aber jeder andere hätte komplett anders reagiert, wenn ich ihm einen Sack falsches Korn gebracht hätte. Er aber hatte mich nur angesehen und verlangt den richtigen Sack zu bringen. Tatsächlich hatte er sogar halbwegs gelacht. Auch als ich den Sack nicht heben konnte, hatte er verständnisvoll reagiert. Er hatte mich nicht angeschrien oder bedroht. Nein, er hatte mir den Sack abgenommen und selbst getragen. Irgendetwas von Karl war noch dadrinnen. Er ist nicht zu einem gedankenlosen Tyrannen geworden. Blieb nur noch herauszufinden, warum er überhaupt das Volk ausraubte.

Die Tage zogen ins Land und nach einem Monat kam der Ritter wieder. Und wieder war ich zu der Zeit in der Küche und putzte. Als ich aus dem Fenster sah, erkannte ich, dass er diesmal zwei Kumpanen dabeihatte. Die beiden sahen aber ziemlich nutzlos aus. Nur fürs Grobe zu gebrauchen. Das bereitete mir ein klein wenig Sorgen.
Sie waren mit einem Wagen gekommen. Der Ritter allerdings hatte wieder sein Pferd dabei.
Meine Eltern lagen diesmal beide kniend vor ihm und bettelten um Gnade. Der Ritter allerdings verzog aufgrund ihrer Bettelei nur angewidert das Gesicht und sah meine Eltern voll Abscheu an. Seine beiden Vasallen allerdings schienen nicht zu begreifen warum er so reagierte. Was auch immer meine Eltern ihm angeboten haben, die beiden schienen ganz wild darauf zu sein, während Karl von meinen Eltern äußert angewidert war. Und auch von seinen Kollegen, denn er fing an sie anzuschreien, woraufhin die beiden die Köpfe einzogen und meine Mutter auf die Beine stellten und Richtung Mühle schubsten. Meine Mutter beeilte sich, um den geforderten Sack zu beschaffen. Der Rest lief wieder so ab wie immer. Nur dass der Sack diesmal im Wagen verstaut wurde. Aber wieder ritt er davon, ohne sich umzusehen.
Und wieder war ich mit meinen Gedanken bei Karl. Er hatte heute wieder anders ausgesehen. Irgendwie veränderte er sich. Ich wusste immer noch nicht was es war. Er sah immer noch aus wie vorher, aber anders. Auch fragte ich mich, was meine Eltern ihm wohl angeboten haben, dass er derart die Fassung verloren hat. Seine Kumpanen schienen ja eher angetan. Meine Eltern hatten nichts was sie ihm anbieten könnten. Wir hatten keine Reichtümer. Ich fragte mich, ob sie ihm wohl etwas angeboten haben, von dem er wusste, dass sie es nicht besaßen.

Wieder zogen die Tage dahin und nach einem Monat kehrte der Raubritter mit seinen Vasallen wieder. Diesmal allerdings war ich grade im Garten und jätete das Unkraut. Meine Mutter sagte mir, ich solle hierbleiben und kam ihm entgegen. Von meinem Standpunkt aus konnte ich nicht hören was sie sprachen, aber meine Eltern schienen ihm dasselbe wie letzten Monat anzubieten. Diesmal allerdings konnte ich hören wie er ausflippte. „Ihr seid abscheuliche Kreaturen. Abartig und herzlos. Ich will euer Korn und mehr nicht.“, spie er aus und richtete das Schwert gegen meinen Vater. Einen Moment hatte ich Angst er würde ihm tatsächlich etwas antun, aber er tat nichts weiter. Mutter sprang auf und holte den gewünschten Sack.
Als ich Karl so dastehen sah, immer noch mit Abscheu im Gesicht, das Schwert auf meinen Vater richtend, erkannte ich plötzlich was anders war. Er war älter geworden. Sah er vor ein paar Monaten noch aus wie 30, so sah er mittlerweile aus wie 40. Über die letzten Monate war er um Jahre gealtert. Während ich Karl so anstarrte, kam Mutter wieder und der Sack wurde im Wagen verstaut. Karl ritt davon, ohne noch einmal zurückzusehen.
Ich dachte darüber nach was ihn wohl so schnell altern ließ. War es die Blume, die er damals auf meinen Vater gerichtet hatte? Er hatte damals leicht gezittert, als er das Schwert hielt. Es schien ihn eine Menge Kraft gekostet zu haben. Die letzten Male war seine Hand mit dem Schwert ganz ruhig gewesen.

Diesen Monat arbeitete ich gerade in der Mühle, als ich bemerkte, dass der Raubritter wiederkam. Ich nahm einen Sack und begann ihn nach draußen zu ziehen. Diesmal konnte ich hören, was meine Eltern dem Ritter anboten. Und was ich hörte ließ mein Blut in den Adern gefrieren.
„Ich bitte euch, nehmt unsere Tochter, statt unser Korn. Ihr seht doch, Gundel ist wunderschön und eine wirklich sehr gute Köchin.“ Ich blieb wie angewurzelt stehen und konnte meine Eltern nur anstarren. Der Raubritter jedoch flippte wieder aus. „Es ist mir egal, wie schön eure Tochter auch sein mag und wie gut sie kochen kann. Ich habe kein Interesse an ihr. Ihr seid ein abscheuliches Pack eure Tochter für ein paar Säcke Mehl eintauschen zu wollen. Und ich sagte euch bereits, dass ich nur an eurem Korn interessiert bin.“ Einer seiner Lakaien kam auf mich zu und ohne mir in die Augen zu sehen, nahm er den Sack und ging damit zum Wagen. Der Raubritter saß auf sein Pferd auf und als er davonritt drehte er sich noch einmal um und sah mich an. Dann ritt er in den Wald hinein.
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