[Daft Punk] Erosmachine
von papirossy
Kurzbeschreibung
[Daft Punk] 1992/1993 > Daft Punk vor Daft Punk >> Thomas und Guy-Man geistern suchend durch das nächtliche Paris und finden am Ende sich selbst
KurzgeschichteFreundschaft, Liebesgeschichte / P16 / MaleSlash
Guy-Manuel de Homem-Christo
Stuart McMillan
Thomas Bangalter
08.12.2019
27.12.2019
8
13.492
2
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08.12.2019
928
What is this I'm feeling...
November 1992
Natürlich wundert sich der Mann vom Kiosk, als der schlaksige Teenager ihm die Magazine reicht. Ein Junge in seinem Alter drückt sich normalerweise so lange vor den Regalen herum und heuchelt so lange Interesse für die Computerzeitschriften, bis er seine Chance wittert, sich eine der nahegelegenen Pornohefte unter die Jacke klemmt und damit in die Nacht verschwindet. Dass dieser Bursche hier tatsächlich Computerzeitschriften kauft, reißt den Mann vom Kiosk aus seinem 10-Stunden-Schicht-Phlegma.
„Macht dann 40 Franc“, sagt er misstrauisch und versucht zu verstehen, was hier geschieht. Ist das etwa einer von diesen Arztsöhnen, die im Leben was erreichen wollen? Einer von diesen Strebern von der Lycée Carnot, auf die auch Jacques Chirac ging? Da sind ihm Pornoheft-klauende Ghettokids aus dem Banlieue fast noch lieber.
Der Arztsohn zieht zwei Scheine aus seinem Portemonnaie und zahlt passend. Nicht mal Zigaretten will er. Der Mann vom Kiosk ist verwirrt. Dieser Hoodie und diese zerbeulten Jeans an diesem schlaksigen Körper wollen nicht so richtig in sein Bild von einem verwöhnten Arzt-Balg passen.
„Salut.“
„Salut.“
Abschied.
Kalte Novembernacht. Graupelschauer. Thomas zieht die dünne College-Jacke enger um seinen Hoodie, setzt sich die Kopfhörer auf die Ohren und drückt auf Play. Die ätherischen Klänge von Spacemen 3, als er mit angezogenen Schultern zur Bushaltestelle läuft. Hinten im Bus stemmt er seine langen Beine gegen den Vordersitz und vergräbt sich in seinem Synthesizer-Magazin.
*
Zuhause schnell ein Brot und dann wieder Nachtschicht vor seiner Minimoog.
„Drehst du schon wieder an deinen Knöpfen?“
Maman steckt ihren Kopf durch die Tür.
„Hm.“
„Hach, verstehe, du bist in deinem Tunnel. Mach nicht zu lang.“
„Hm.“
Töne, die seine Mutter nur als „Weltallklänge“ bezeichnet, flirren durch den Raum und scheinen als einzige an dem Gespräch mit ihr beteiligt zu sein.
Er war mal so ein süßer Junge. Hat mit Lego und Transformern gespielt und wo früher Spielzeug war, steht jetzt nur noch ein Haufen Technikkram. Es sieht aus wie in einer Werkstatt. Schlimmer ist es nur, wenn Guy-Man zu Besuch ist. Früher haben sie Filme geschaut und nur über Unfug geredet, von dem sie aber dachte, dass sie sie nie in die Tat umsetzen würden. Schließlich ist das Schlimmste passiert, was sie sich für ihn ausgemahlt hat. Er ist Musiker geworden. Nicht klassischer Pianist, wie sie es sich immer gewünscht hätte, sondern Pop-Musiker. „Jetzt hab ich zwei davon in der Familie“, war ihre erste Reaktion, als Thomas mit seiner ersten Bass-Gitarre nach Hause kam.
„Es hätte schlimmer kommen können“, war seine einsilbige Antwort, bevor er sich damit in seinem Zimmer verbarrikadierte und erst wieder rauskam, als er eine Demo-Kassette und einen Gig in der Tasche hatte.
„Beug dich nicht so über das Keyboard, du kriegst noch einen ganz krummen Rücken“, mahnt Maman jetzt.
„Das ist ein Synthesizer. Eine Minimoog Voyager, um genau zu sein.“
„Was auch immer. Vergiss nicht, was dein Chiropraktiker gesagt hat. Machst du noch regelmäßig deine Rückenübungen?“
„Argh, Maman, ich versuche hier was!“
„Was denn? Diesen Krach da? Ich hör da nur Weltraummusik. Groundcontrol an Major Tom.“
Major Tom. Das war neuerdings ihr Spitzname für ihn. Aber nicht im positiven Sinn.
Thomas beißt sich auf seine Unterlippe. Auszurasten ist nicht sein Stil.
„Na los jetzt, ich brauch meine Ruhe.“
„Ist ja schon gut.“
Maman schließt die Tür. Als sie das nächste Mal aufgeht, steht ein verschlafen wirkender Junge mit langen, dunklen Haaren und einer Plastiktüte im Raum. Milchig weißes Tageslicht fällt durch das Fenster. Thomas räkelt sich im Bett.
„Ugh sorry, hab verschlafen.“
„Hast du noch gearbeitet?“ Neugieriger Blick auf die Moog. „Kann ich mal hören?“
„Nein, lieber noch nicht. Aber ich bin da an was dran. Was hast du da?“
Guy-Man hat eine Zeitung unterm Arm geklemmt. Sieht aus wie ein Käseblatt.
„Ich musste bis zum Charles de Gaulle fahren, um die zu bekommen.“
„Melody Maker“, liest Thomas verschlafen vor.
Guy-Man glotzt ihn betrübt an. Diesen hageren Typen im Schlüpfer. Hat er überhaupt mal was gegessen? Seit Wochen verschanzt er sich schon. Er sei da an was dran, sagt er immer wieder. Er arbeitet an einem ganz neuen Sound!
„Du musst mal raus“, sagt Guy-Man. „Da ist so ein Rave auf dem Dach vom Centre Pompidou. Lass uns das mal anschauen. Vielleicht findest du da deinen Sound.“
Thomas wischt sich übermüdet über das Gesicht, Guy-Man blättert währenddessen im Melody Maker, sucht nach einer ganz bestimmten Seite.
„Ja, wieso eigentlich nicht.“
„Hier schau mal, irgendsoein Typ hat eine Review über unser Konzert geschrieben.“
„Oh mann, wirklich? Zeig mal.“
Er nimmt die Zeitung.
„Naja, freu dich nicht zu früh.“
Thomas liest angestrengt. Sein Schulenglisch ist gut, aber er ist noch nicht ganz wach.
„Daft punky thrash? Was heißt das überhaupt?“
„Ich bin mir nicht sicher, aber auf jedenfall nichts Gutes.“
Thomas wühlt in seinem Regal nach seinem alten Wörterbuch.
„Daft heißt bekloppt. Bekloppter Punk-Kitsch. Na toll.“ Er lässt sich nach hinten aufs Bett fallen. „Das hab ich jetzt gebraucht.“
Guy-Man sitzt auf seinem Schreibtischstuhl und klemmt sich eine Haarsträhne hinters Ohr.
„Also gehen wir heute dahin?“
„Wohin?“
„Zu diesem Rave.“
„Welchem Rave?“
„Na der auf dem Centre Pompidou. Andrew Weatherall legt auf.“
„Andrew Weatherall? Von Primal Scream? Sag das doch gleich!“
----------------------
Ein bisschen schade, dass es keinen Daft Punk Ordner hier gibt auf der Seite. Aber nun gut, kann man nichts machen. Back to the roots und für ein publikumloses Fandom schreiben!
Hier noch eine geschmeidige 15-stündige French House Playlist zur Geschichte:
https://open.spotify.com/playlist/1JgjW86chpV2GDYHowP09K?si=5la1c83nTo-cB6idlWTiZw
November 1992
Natürlich wundert sich der Mann vom Kiosk, als der schlaksige Teenager ihm die Magazine reicht. Ein Junge in seinem Alter drückt sich normalerweise so lange vor den Regalen herum und heuchelt so lange Interesse für die Computerzeitschriften, bis er seine Chance wittert, sich eine der nahegelegenen Pornohefte unter die Jacke klemmt und damit in die Nacht verschwindet. Dass dieser Bursche hier tatsächlich Computerzeitschriften kauft, reißt den Mann vom Kiosk aus seinem 10-Stunden-Schicht-Phlegma.
„Macht dann 40 Franc“, sagt er misstrauisch und versucht zu verstehen, was hier geschieht. Ist das etwa einer von diesen Arztsöhnen, die im Leben was erreichen wollen? Einer von diesen Strebern von der Lycée Carnot, auf die auch Jacques Chirac ging? Da sind ihm Pornoheft-klauende Ghettokids aus dem Banlieue fast noch lieber.
Der Arztsohn zieht zwei Scheine aus seinem Portemonnaie und zahlt passend. Nicht mal Zigaretten will er. Der Mann vom Kiosk ist verwirrt. Dieser Hoodie und diese zerbeulten Jeans an diesem schlaksigen Körper wollen nicht so richtig in sein Bild von einem verwöhnten Arzt-Balg passen.
„Salut.“
„Salut.“
Abschied.
Kalte Novembernacht. Graupelschauer. Thomas zieht die dünne College-Jacke enger um seinen Hoodie, setzt sich die Kopfhörer auf die Ohren und drückt auf Play. Die ätherischen Klänge von Spacemen 3, als er mit angezogenen Schultern zur Bushaltestelle läuft. Hinten im Bus stemmt er seine langen Beine gegen den Vordersitz und vergräbt sich in seinem Synthesizer-Magazin.
*
Zuhause schnell ein Brot und dann wieder Nachtschicht vor seiner Minimoog.
„Drehst du schon wieder an deinen Knöpfen?“
Maman steckt ihren Kopf durch die Tür.
„Hm.“
„Hach, verstehe, du bist in deinem Tunnel. Mach nicht zu lang.“
„Hm.“
Töne, die seine Mutter nur als „Weltallklänge“ bezeichnet, flirren durch den Raum und scheinen als einzige an dem Gespräch mit ihr beteiligt zu sein.
Er war mal so ein süßer Junge. Hat mit Lego und Transformern gespielt und wo früher Spielzeug war, steht jetzt nur noch ein Haufen Technikkram. Es sieht aus wie in einer Werkstatt. Schlimmer ist es nur, wenn Guy-Man zu Besuch ist. Früher haben sie Filme geschaut und nur über Unfug geredet, von dem sie aber dachte, dass sie sie nie in die Tat umsetzen würden. Schließlich ist das Schlimmste passiert, was sie sich für ihn ausgemahlt hat. Er ist Musiker geworden. Nicht klassischer Pianist, wie sie es sich immer gewünscht hätte, sondern Pop-Musiker. „Jetzt hab ich zwei davon in der Familie“, war ihre erste Reaktion, als Thomas mit seiner ersten Bass-Gitarre nach Hause kam.
„Es hätte schlimmer kommen können“, war seine einsilbige Antwort, bevor er sich damit in seinem Zimmer verbarrikadierte und erst wieder rauskam, als er eine Demo-Kassette und einen Gig in der Tasche hatte.
„Beug dich nicht so über das Keyboard, du kriegst noch einen ganz krummen Rücken“, mahnt Maman jetzt.
„Das ist ein Synthesizer. Eine Minimoog Voyager, um genau zu sein.“
„Was auch immer. Vergiss nicht, was dein Chiropraktiker gesagt hat. Machst du noch regelmäßig deine Rückenübungen?“
„Argh, Maman, ich versuche hier was!“
„Was denn? Diesen Krach da? Ich hör da nur Weltraummusik. Groundcontrol an Major Tom.“
Major Tom. Das war neuerdings ihr Spitzname für ihn. Aber nicht im positiven Sinn.
Thomas beißt sich auf seine Unterlippe. Auszurasten ist nicht sein Stil.
„Na los jetzt, ich brauch meine Ruhe.“
„Ist ja schon gut.“
Maman schließt die Tür. Als sie das nächste Mal aufgeht, steht ein verschlafen wirkender Junge mit langen, dunklen Haaren und einer Plastiktüte im Raum. Milchig weißes Tageslicht fällt durch das Fenster. Thomas räkelt sich im Bett.
„Ugh sorry, hab verschlafen.“
„Hast du noch gearbeitet?“ Neugieriger Blick auf die Moog. „Kann ich mal hören?“
„Nein, lieber noch nicht. Aber ich bin da an was dran. Was hast du da?“
Guy-Man hat eine Zeitung unterm Arm geklemmt. Sieht aus wie ein Käseblatt.
„Ich musste bis zum Charles de Gaulle fahren, um die zu bekommen.“
„Melody Maker“, liest Thomas verschlafen vor.
Guy-Man glotzt ihn betrübt an. Diesen hageren Typen im Schlüpfer. Hat er überhaupt mal was gegessen? Seit Wochen verschanzt er sich schon. Er sei da an was dran, sagt er immer wieder. Er arbeitet an einem ganz neuen Sound!
„Du musst mal raus“, sagt Guy-Man. „Da ist so ein Rave auf dem Dach vom Centre Pompidou. Lass uns das mal anschauen. Vielleicht findest du da deinen Sound.“
Thomas wischt sich übermüdet über das Gesicht, Guy-Man blättert währenddessen im Melody Maker, sucht nach einer ganz bestimmten Seite.
„Ja, wieso eigentlich nicht.“
„Hier schau mal, irgendsoein Typ hat eine Review über unser Konzert geschrieben.“
„Oh mann, wirklich? Zeig mal.“
Er nimmt die Zeitung.
„Naja, freu dich nicht zu früh.“
Thomas liest angestrengt. Sein Schulenglisch ist gut, aber er ist noch nicht ganz wach.
„Daft punky thrash? Was heißt das überhaupt?“
„Ich bin mir nicht sicher, aber auf jedenfall nichts Gutes.“
Thomas wühlt in seinem Regal nach seinem alten Wörterbuch.
„Daft heißt bekloppt. Bekloppter Punk-Kitsch. Na toll.“ Er lässt sich nach hinten aufs Bett fallen. „Das hab ich jetzt gebraucht.“
Guy-Man sitzt auf seinem Schreibtischstuhl und klemmt sich eine Haarsträhne hinters Ohr.
„Also gehen wir heute dahin?“
„Wohin?“
„Zu diesem Rave.“
„Welchem Rave?“
„Na der auf dem Centre Pompidou. Andrew Weatherall legt auf.“
„Andrew Weatherall? Von Primal Scream? Sag das doch gleich!“
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Ein bisschen schade, dass es keinen Daft Punk Ordner hier gibt auf der Seite. Aber nun gut, kann man nichts machen. Back to the roots und für ein publikumloses Fandom schreiben!
Hier noch eine geschmeidige 15-stündige French House Playlist zur Geschichte:
https://open.spotify.com/playlist/1JgjW86chpV2GDYHowP09K?si=5la1c83nTo-cB6idlWTiZw