Ich will dich nicht verlieren!
von SunshineOak
Kurzbeschreibung
In dieser Titanic Fanfiktion begleiten wir Jasmine, ein junges 19 jähriges Mädchen welches, zusammen mit ihrem jüngeren Bruder Lukas und ihren zwei besten Freundinnen Viola und Kate, durch einen merkwürdigen Zufall im Jahre 1912 landet. Noch vor der Abreise des zum Untergang geweihten Luxusdampfers trifft sie auf den 6ten Offizier James P. Moody. Bald wird ihr bewusst, dass sie mehr für ihn empfindet als sie eigentlich sollte, doch sie weiß auch, um das Schicksal des jungen Offiziers. Hin und hergerissen zwischen ihren Gefühlen und dem Wissen um die Tragödie die sich schon bald darauf abspielen wird, begibt sie sich auf eine gefährliche Reise.
GeschichteTragödie, Liebesgeschichte / P16 / Gen
OC (Own Character)
21.09.2019
28.09.2020
63
232.841
11
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26.09.2019
2.438
"Kompliment James, deine Kleine ist echt hübsch."
Der Angesprochene wurde bei dieser Bemerkung schlagartig rot. Schnell drehte er seinen Kopf in eine andere Richtung und hoffte, das Harold sein errötetes Gesicht nicht bemerkt hatte.
"Sie ist nicht 'meine' Kleine, Harry!" erinnerte James ihn und versuchte sich seine Verlegenheit so gut es ging nicht anmerken zu lassen. Doch damit konnte er Harold nicht täuschen.
"Noch nicht!" entgegnete dieser daraufhin kühn.
"Zum Teufel noch mal, Harold!"
Der fünfte Offizier prustete los.
"Beruhige dich James, das war doch nicht so gemeint."
Der jüngere der beiden schnaubte nur. Er wusste ganz genau, wie Harold das gemeint hatte.
Nachdem er sich wieder eingekriegt hatte, fragte er James mit ernster Stimme: "Sag mal James, wie willst du das eigentlich anstellen?"
"Was meinst du?"
"Du weißt doch, das es uns strengstens untersagt ist, mit den Passagieren an Bord so vertraut zu sein."
"Harold, ich habe dir schon gestern gesagt, das da zwischen uns nichts läuft!"
Harold rollte mit den Augen.
"Na klar und ich bin in Wirklichkeit Captain Smith. James, wen versuchst du hier eigentlich zu belügen? Mich oder doch eher dich selbst? Man merkt, das du sie sehr gerne hast und die Art wie du sie anschaust spricht Bände. Allein gerade hast du ihr bestimmt fünf Minuten lang sehnsüchtig wie ein Welpe hinterhergeschaut!"
James öffnete den Mund um etwas zu erwidern, doch er wusste nicht was. Schließlich gestand er sich seine Niederlage ein. Harold hatte recht, Jasmine bedeutete ihm schon sehr viel. Jedes Mal wenn er in ihrer Nähe war, fühlte er sich unglaublich glücklich und wenn er in ihre Augen schaute, dann wollte er sich am liebsten für immer in ihnen verlieren. Und dabei kannte er sie doch erst seit zwei Tagen!
"Weißt du eigentlich wie miserabel du darin bist, deine Gefühle zu verbergen?"
"Hm? Was willst du denn damit sagen?"
Harold hob eine Augenbraue. Als er anfing zu sprechen klang er wie ein Vater, der sein Kind belehrte.
"Ich meine damit, das ich immer ganz genau sagen kann, wenn du an sie denkst. Und wenn ich das kann, dann werden die anderen das auch!"
Jetzt verstand James.
"Von den anderen darf das niemand erfahren. Vorallem nicht Captain Smith oder dieser Ismay!"
Harold nickte.
"Der Meinung bin ich auch."
Grinsend fügte er noch hinzu: "Tu mir einen Gefallen und versuche so wenig wie möglich zu tagträumen! Du bist immerhin ein Offizier dieses Schiffes! Du kannst wenn du schläfst von ihr träumen und sie in deinen Träumen auch meinetwegen gerne küssen. Aber während deinen Schichten will ich mich voll und ganz auf dich verlassen können!"
Diese Bemerkung ließ James' Gesicht so rot werden wie noch nie. Er? Jasmine küssen?
Der ältere lachte beim Anblick von James' hochrotem Kopf.
Kameradschaftlich klopfte er ihm auf die Schulter.
"Nun mach doch nicht so ein Gesicht, sonst fangen die anderen noch an Fragen zu stellen."
Jetzt erst bemerkte der sechste Offizier, das sie die Brücke bereits erreicht hatten.
"Versprich mir, das du niemandem was von Jasmine erzählst!"
Harold tat so, als würde er seinen Mund versiegeln.
"Keine Sorge, bei mir ist dein kleines Geheimnis sicher."
Dankbar schaute James seinen Kumpel an. Er wusste, das er dem älteren voll und ganz vertrauen konnte.
"Wohin müssen wir jetzt gehen Jasmine?"
Diese Frage kam von Kate.
"Wir müssen jetzt in den Speisesaal der ersten Klasse."
"Ah ja. Und wo ist der?"
Jasmine blieb stehen. Sie überlegte, doch egal wie sehr sie sich auch anstrengte, es wollte ihr einfach nicht einfallen.
"Auf welchem Deck genau der Speisesaal ist weiß ich jetzt zwar nicht, wohl aber, das wir durch das große Treppenhaus nach unten gehen müssen."
Die drei Jugendlichen schauten sich an.
"Und wo soll das sein?"
Jetzt begannen Jasmines Augen zu leuchten.
"Folgt mir" sagte sie und ging voran.
Als sie das große Treppenhaus schließlich fanden, konnten die vier Freunde nicht anders, als mit offenen Mündern da zu stehen und zu staunen.
"Das ist mega schön!" sagten Viola und Kate gleichzeitig.
Lukas streckte seine Hand nach dem Treppengeländer aus und fuhr ganz sachte über das Holz. Es war glattpoliert.
Jasmine hob den Kopf und nahm die Glaskuppel, durch welche das Tageslicht einfiel, genauer in Augenschein. Die Kuppel war wirklich riesig. Gehalten wurde sie von eisernen Streben und in ihrer Mitte befand sich ein vergoldeter Kronleuchter.
Jasmine lächelte. Auf Bildern und im Film hatte das große Treppenhaus schon edel ausgesehen, doch jetzt, wo sie es mit eigenen Augen sehen konnte, war es noch viel schöner.
Ein leises Ticken erregte ihre Aufmerksamkeit. Als sie nach rechts schaute konnte sie die Uhr, welche den Treppenansatz zierte, ausmachen. Diese war in ein geschnitztes Relief mit zwei Figuren zu ihrer rechten und linken Seite eingelassen.
Gerne hätte Jasmine die Vertäfelung mal angefasst, doch sie hielt sich zurück.
"Ist das nicht die Uhr, an der Jack auf Rose gewartet hat?"
"Ja."
Kate war beeindruckt.
Jasmine riss sich von der Uhr los und wandte sich an die anderen.
"Kommt, lasst uns den Speisesaal suchen."
Zusammen stiegen die vier die weißen Treppen hinab. Der Boden war ebenfalls weiß und hatte schwarze, quadratförmige Musterungen, welche sich in regelmäßigen Abständen zueinander befanden.
Auf jedem Absatz hingen Ölgemälde und vergoldete Deckenlampen. Und auch an dem Treppengeländer befanden sich Vergoldungen, die das einfallende Tageslicht sanft reflektierten.
Als sie den vierten Treppenabsatz hinunter gingen, sahen sie den Eingang zum Speisesaal.
"Da wären wir." sagte Jasmine und deutete mit einem Kopfnicken auf die geöffneten Türen.
"Gott sei Dank, ich bin echt schon am verhungern!"
Jasmine schaute ihren Bruder belustigt an.
"Lukas, du bist immer am verhungern."
Daraufhin zog er nur eine Grimasse. Schnell stieß die ältere dem schwarzhaarigen den Ellenbogen in die Seite und schaute ihn warnend an.
"Wir sind hier in der ersten Klasse, wir können es uns nicht erlauben rumzualbern!" erinnerte sie ihn und bedachte auch ihre Freundinnen mit dem selben mahnenden Blick.
Alle drei nickten.
Jasmine nahm noch einen tiefen Atemzug ehe sie den Saal mit den anderen betrat.
Jetzt hieß es Augen zu und durch. Sie hoffte nur, das keiner der anderen Passagiere ihnen irgendwelche Fragen zu ihrem Vermögen oder ihrer Herkunft stellen würden. Denn das würde ziemlich knifflig werden, glaubwürdig darauf zu Antworten.
Beim betreten des Saals stieg ihnen sofort der köstliche Duft von Essen in die Nasen.
Überall im Raum standen große, mit weißen Tischdecken gedeckte Tische, an denen bis zu acht Leute platz nehmen konnten.
Der Teppich unter ihren Füßen war hellblau, mit roten und goldenen Verzierungen. Die Sitzflächen und Rückenlehnen der Stühle hatten eine olivgrüne Farbe, wohingegen das Holz der Stuhlbeine und Armlehnen dunkelbraun war.
Auch wenn keiner von ihnen etwas sagte, so war doch die Anspannung und Unsicherheit ihrer Freunde deutlich zu spüren. Jasmine ging es dabei nicht anders. Auch sie konnte ihre aufkommende Nervosität nur schwer verbergen.
Unschlüssig, an welchen Tisch sie sich setzen sollten, standen sie nur da.
Es gab keinen einzigen mehr der noch frei war. Ihnen blieb wohl nichts anderes übrig, als sich aufzuteilen, auch wenn ihnen der Gedanke nicht sonderlich gefiel.
"Guten Tag die Damen und der Herr." begrüßte eine männliche Stimme die vier Jugendlichen.
Als sie sich der Person zuwandten, erkannten sie einen jung aussehenden Mann, mit zurückgekämmten Haaren, welcher in einen braunen Anzug gekleidet war.
Jasmine erkannte ihn sofort.
"Guten Tag." begrüßte Lukas den fremden.
"Verzeiht, das ich Sie einfach so von der Seite angesprochen habe, aber auf mich machen Sie einen verlorenen Eindruck."
Damit traf der Mann den Nagel auf den Kopf.
"Sie haben recht, meine Freundinnen, mein Bruder und ich würden sehr gerne zusammen an einem Tisch sitzen, aber leider gibt es nirgendwo vier freie Plätze." erklärte Jasmine.
Der Mann nickte.
"Ich verstehe. Aber ich denke, bei diesem Problem könnte ich Ihnen sogar behilflich sein. Sehen Sie, an dem Tisch, an dem ich sitze sind noch genau vier Plätze frei. Wenn Sie möchten, können Sie sich gerne dazugesellen."
Eine Welle der Erleichterung und Dankbarkeit erfasste sie. Zum Glück mussten sie sich nicht aufteilen.
"Vielen Dank, das ist wirklich sehr großzügig von Ihnen. Gerne nehmen wir Ihr Angebot an." bedankte Jasmine sich. Die anderen taten es ihr gleich.
"Dafür müssen Sie mir doch nicht danken, ich helfe gerne. Mein Name ist Thomas Andrews." sagte er, nahm ihre Hand und deutete einen Kuss an.
"Es freut mich Ihre Bekanntschaft zu machen Mr. Andrews."
"Ganz meinerseits Miss?"
"Jasmine Fitzgerald."
Er lächelte und wandte sich anschließend an Viola und Kate. Auch bei ihnen deutete er einen Handkuss an.
Und Sie beide heißen?" fragte er höflich.
"Ich heiße Viola Johnson."
"Und mein Name ist Kate Smith."
"Freut mich."
Als letztes stellte sich Lukas vor. Sie beide schüttelten die Hände.
"Sind Sie miteinander verwandt?" fragte Andrews ihn.
Lukas nickte.
"Jasmine ist meine ältere Schwester."
"Verstehe. Was ist mit Miss Johnson und Miss Smith? Sind Sie auch mit Ihnen verwandt?"
"Nein Mr. Andrews, Kate und ich sind die besten Freundinnen von Jasmine."
"Ach, so ist das." sagte er lächelnd.
"Dann kommen Sie mal mit, am Tisch können wir uns besser unterhalten."
Das ließen sie sich nicht zweimal sagen.
Als sie am Tisch von Mr. Andrews ankamen, bemerkten sie noch drei weitere Personen.
"Meine Herren, es freut mich Ihnen mitteilen zu dürfen, das uns heute drei feine Damen und ein junger Herr beim Mittagessen Gesellschaft leisten werden."
Die drei Männer nickten den Neuankömmlingen freundlich lächelnd zu.
Etwas zögerlich nahmen die drei auf der anderen Seite des Tisches Platz.
Jasmine konnte die drei Männer als Captain Smith, den ersten Offizier William Murdoch und den Präsidenten der White Star Line, Bruce Ismay identifizieren.
Captain Smith stellte sich den vieren als erster vor.
"Guten Tag, mein Name ist Edward John Smith. Ich bin der Kapitän der Titanic." er hatte ein freundliches Lächeln im Gesicht.
Als nächstes stellte sich Ismay vor.
"Guten Tag die Damen und der Herr. Ich heiße Joseph Bruce Ismay und ich bin der Präsident der White Star Line." die Art wie er das sagte, klang für Jasmines Geschmack viel zu arrogant.
Als letztes stellte sich ihnen der erste Offizier Mr. Murdoch vor.
"Auch ich wünsche Ihnen allen einen guten Tag. Mein Name lautet William McMaster Murdoch. Und ich bin der erste Offizier der Titanic."
Nachdem die drei Herren sich ihnen vorgestellt hatten, waren Jasmine, Lukas, Kate und Viola mit vorstellen dran.
"Reisen Sie alleine? Oder werden Sie von ihren Eltern begleitet?" fragte Ismay.
"Nein Mr. Ismay, wir vier reisen alleine."
Der Mann nickte langsam. Er musste schon zugeben, das es recht ungewöhnlich war eine Gruppe, bestehend aus vier jungen Leuten erster Klasse, alleine eine solche Reise machen zu lassen.
Den selben Gedanken schien auch Murdoch zu haben.
"Dürfte ich Sie fragen, wohin Ihre Reise Sie führt?"
"Nach Amerika" beantwortete Jasmine die Frage.
"Tatsächlich? Besuchen sie dort Ihre Eltern, oder andere Verwandte?"
"Mein Bruder und ich besuchen dort unsere Tante. Die Schwester unserer Mutter."
Murdoch nickte. Dann fiel sein Blick auf Kate und Viola.
"Und Sie?"
Viola schaute hilfesuchend zu Jasmine. Was sollte sie sagen?
"Die beiden begleiten mich und meinen Bruder. Sie waren noch nie in Amerika gewesen, deshalb habe ich ihnen angeboten mitzukommen." log Jasmine und war verwundert darüber, wie einfach ihr diese Lügen von den Lippen gingen.
Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte sie, sowas wie Misstrauen über das Gesicht des Offiziers huschen zu sehen, doch ganz sicher war sie sich nicht.
Bevor Mr. Murdoch noch weitere Fragen stellen konnte, erschien einer der Stewards und brachte ihnen die Speisekarten.
Jasmine studierte die Karte eine Weile. Nach etwa fünf Minuten entschied sie sich für das gebratene Surrey-Hähnchen.
Viola und Kate nahmen beide die Gemüsesuppe und Lukas bestellte sich Back- und Röstkartoffeln mit Püree.
Während sie auf ihr Essen warteten, unterhielten sich die vier Jugendlichen überwiegend mit Mr. Andrews.
"Und Sie haben die Titanic also entworfen, ja?" fragte Kate.
Mr. Andrews nickte.
"Genau, aber die Idee für den Bau kam von Mr. Ismay. Ihm schwebte ein Schiff von solch beeindruckender Größe und Kraft und so luxuriöser Ausstattung vor, das seine Überlegenheit niemals in Frage gestellt werden würde. Von keinem. Und hier ist es. Durch reine Willenskraft zu solider Wirklichkeit geworden!"
"Wirklich beeindruckend!"
"Das stimmt."
"Mr. Andrews? Dürfte ich Sie etwas fragen?"
Der Angesprochene schaute zu Viola.
"Selbstverständlich, Miss Johnson. Was möchten Sie wissen?"
"Ich wollte Sie fragen, da Sie der Konstrukteur des Schiffes sind, ob Sie uns nicht mal eine kleine Führung geben könnten? Immerhin kennen Sie die Titanic wie Ihre Westentasche!"
Mr. Andrews dachte einen Moment nach, nickte dann aber zustimmend.
"Wenn Sie das wünschen Miss Johnson, dann bin ich sehr gerne bereit, Sie und Ihre Begleiter herumzuführen."
Viola lächelte.
"Vielen Dank Mr. Andrews, das ist wirklich sehr nett von Ihnen."
"Sie brauchen sich nicht zu bedanken, es ist mir eine große Ehre."
Violas Lächeln wurde noch etwas größer.
"Könnten Sie uns dann auch vielleicht die Brücke zeigen?"
Jasmine verschluckte sich fast an ihrem Wasser. Was hatte Viola jetzt schon wieder vor?
"Sehr gerne sogar."
'Spitze!' schoss es ihr durch den Kopf.
Wenn sie Glück hatte und alles so klappte, wie sie sich das vorstellte, dann würde es hier bald schon zu einer romantischen Lovestory zwischen Jasmine und ihrem Herzblatt James kommen.
"Wäre Ihnen morgen um 10 Uhr recht?" fragte Mr. Andrews.
Viola nickte begeistert.
"Das passt wunderbar!"
"In Ordnung. Sagen wir morgen um 10 Uhr auf dem Bootsdeck?"
"Gerne doch."
Jasmine, welche die ganze Zeit schweigend zugehört hatte, trat ihrer besten Freundin mit dem Fuß gegen das Schienbein.
Diese konnte einen Schmerzensschrei nur mit Mühe unterdrücken.
Ein wenig verärgert schaute sie Jasmine an.
"Wofür war das denn?" zischte sie.
"Du weißt genau wofür das war!"
Bevor die beiden ihre Zickerei erst richtig anfangen konnten, wurde das Essen serviert.
Sie alle wünschten sich einen guten Appetit und begannen daraufhin zu essen.
Der Angesprochene wurde bei dieser Bemerkung schlagartig rot. Schnell drehte er seinen Kopf in eine andere Richtung und hoffte, das Harold sein errötetes Gesicht nicht bemerkt hatte.
"Sie ist nicht 'meine' Kleine, Harry!" erinnerte James ihn und versuchte sich seine Verlegenheit so gut es ging nicht anmerken zu lassen. Doch damit konnte er Harold nicht täuschen.
"Noch nicht!" entgegnete dieser daraufhin kühn.
"Zum Teufel noch mal, Harold!"
Der fünfte Offizier prustete los.
"Beruhige dich James, das war doch nicht so gemeint."
Der jüngere der beiden schnaubte nur. Er wusste ganz genau, wie Harold das gemeint hatte.
Nachdem er sich wieder eingekriegt hatte, fragte er James mit ernster Stimme: "Sag mal James, wie willst du das eigentlich anstellen?"
"Was meinst du?"
"Du weißt doch, das es uns strengstens untersagt ist, mit den Passagieren an Bord so vertraut zu sein."
"Harold, ich habe dir schon gestern gesagt, das da zwischen uns nichts läuft!"
Harold rollte mit den Augen.
"Na klar und ich bin in Wirklichkeit Captain Smith. James, wen versuchst du hier eigentlich zu belügen? Mich oder doch eher dich selbst? Man merkt, das du sie sehr gerne hast und die Art wie du sie anschaust spricht Bände. Allein gerade hast du ihr bestimmt fünf Minuten lang sehnsüchtig wie ein Welpe hinterhergeschaut!"
James öffnete den Mund um etwas zu erwidern, doch er wusste nicht was. Schließlich gestand er sich seine Niederlage ein. Harold hatte recht, Jasmine bedeutete ihm schon sehr viel. Jedes Mal wenn er in ihrer Nähe war, fühlte er sich unglaublich glücklich und wenn er in ihre Augen schaute, dann wollte er sich am liebsten für immer in ihnen verlieren. Und dabei kannte er sie doch erst seit zwei Tagen!
"Weißt du eigentlich wie miserabel du darin bist, deine Gefühle zu verbergen?"
"Hm? Was willst du denn damit sagen?"
Harold hob eine Augenbraue. Als er anfing zu sprechen klang er wie ein Vater, der sein Kind belehrte.
"Ich meine damit, das ich immer ganz genau sagen kann, wenn du an sie denkst. Und wenn ich das kann, dann werden die anderen das auch!"
Jetzt verstand James.
"Von den anderen darf das niemand erfahren. Vorallem nicht Captain Smith oder dieser Ismay!"
Harold nickte.
"Der Meinung bin ich auch."
Grinsend fügte er noch hinzu: "Tu mir einen Gefallen und versuche so wenig wie möglich zu tagträumen! Du bist immerhin ein Offizier dieses Schiffes! Du kannst wenn du schläfst von ihr träumen und sie in deinen Träumen auch meinetwegen gerne küssen. Aber während deinen Schichten will ich mich voll und ganz auf dich verlassen können!"
Diese Bemerkung ließ James' Gesicht so rot werden wie noch nie. Er? Jasmine küssen?
Der ältere lachte beim Anblick von James' hochrotem Kopf.
Kameradschaftlich klopfte er ihm auf die Schulter.
"Nun mach doch nicht so ein Gesicht, sonst fangen die anderen noch an Fragen zu stellen."
Jetzt erst bemerkte der sechste Offizier, das sie die Brücke bereits erreicht hatten.
"Versprich mir, das du niemandem was von Jasmine erzählst!"
Harold tat so, als würde er seinen Mund versiegeln.
"Keine Sorge, bei mir ist dein kleines Geheimnis sicher."
Dankbar schaute James seinen Kumpel an. Er wusste, das er dem älteren voll und ganz vertrauen konnte.
"Wohin müssen wir jetzt gehen Jasmine?"
Diese Frage kam von Kate.
"Wir müssen jetzt in den Speisesaal der ersten Klasse."
"Ah ja. Und wo ist der?"
Jasmine blieb stehen. Sie überlegte, doch egal wie sehr sie sich auch anstrengte, es wollte ihr einfach nicht einfallen.
"Auf welchem Deck genau der Speisesaal ist weiß ich jetzt zwar nicht, wohl aber, das wir durch das große Treppenhaus nach unten gehen müssen."
Die drei Jugendlichen schauten sich an.
"Und wo soll das sein?"
Jetzt begannen Jasmines Augen zu leuchten.
"Folgt mir" sagte sie und ging voran.
Als sie das große Treppenhaus schließlich fanden, konnten die vier Freunde nicht anders, als mit offenen Mündern da zu stehen und zu staunen.
"Das ist mega schön!" sagten Viola und Kate gleichzeitig.
Lukas streckte seine Hand nach dem Treppengeländer aus und fuhr ganz sachte über das Holz. Es war glattpoliert.
Jasmine hob den Kopf und nahm die Glaskuppel, durch welche das Tageslicht einfiel, genauer in Augenschein. Die Kuppel war wirklich riesig. Gehalten wurde sie von eisernen Streben und in ihrer Mitte befand sich ein vergoldeter Kronleuchter.
Jasmine lächelte. Auf Bildern und im Film hatte das große Treppenhaus schon edel ausgesehen, doch jetzt, wo sie es mit eigenen Augen sehen konnte, war es noch viel schöner.
Ein leises Ticken erregte ihre Aufmerksamkeit. Als sie nach rechts schaute konnte sie die Uhr, welche den Treppenansatz zierte, ausmachen. Diese war in ein geschnitztes Relief mit zwei Figuren zu ihrer rechten und linken Seite eingelassen.
Gerne hätte Jasmine die Vertäfelung mal angefasst, doch sie hielt sich zurück.
"Ist das nicht die Uhr, an der Jack auf Rose gewartet hat?"
"Ja."
Kate war beeindruckt.
Jasmine riss sich von der Uhr los und wandte sich an die anderen.
"Kommt, lasst uns den Speisesaal suchen."
Zusammen stiegen die vier die weißen Treppen hinab. Der Boden war ebenfalls weiß und hatte schwarze, quadratförmige Musterungen, welche sich in regelmäßigen Abständen zueinander befanden.
Auf jedem Absatz hingen Ölgemälde und vergoldete Deckenlampen. Und auch an dem Treppengeländer befanden sich Vergoldungen, die das einfallende Tageslicht sanft reflektierten.
Als sie den vierten Treppenabsatz hinunter gingen, sahen sie den Eingang zum Speisesaal.
"Da wären wir." sagte Jasmine und deutete mit einem Kopfnicken auf die geöffneten Türen.
"Gott sei Dank, ich bin echt schon am verhungern!"
Jasmine schaute ihren Bruder belustigt an.
"Lukas, du bist immer am verhungern."
Daraufhin zog er nur eine Grimasse. Schnell stieß die ältere dem schwarzhaarigen den Ellenbogen in die Seite und schaute ihn warnend an.
"Wir sind hier in der ersten Klasse, wir können es uns nicht erlauben rumzualbern!" erinnerte sie ihn und bedachte auch ihre Freundinnen mit dem selben mahnenden Blick.
Alle drei nickten.
Jasmine nahm noch einen tiefen Atemzug ehe sie den Saal mit den anderen betrat.
Jetzt hieß es Augen zu und durch. Sie hoffte nur, das keiner der anderen Passagiere ihnen irgendwelche Fragen zu ihrem Vermögen oder ihrer Herkunft stellen würden. Denn das würde ziemlich knifflig werden, glaubwürdig darauf zu Antworten.
Beim betreten des Saals stieg ihnen sofort der köstliche Duft von Essen in die Nasen.
Überall im Raum standen große, mit weißen Tischdecken gedeckte Tische, an denen bis zu acht Leute platz nehmen konnten.
Der Teppich unter ihren Füßen war hellblau, mit roten und goldenen Verzierungen. Die Sitzflächen und Rückenlehnen der Stühle hatten eine olivgrüne Farbe, wohingegen das Holz der Stuhlbeine und Armlehnen dunkelbraun war.
Auch wenn keiner von ihnen etwas sagte, so war doch die Anspannung und Unsicherheit ihrer Freunde deutlich zu spüren. Jasmine ging es dabei nicht anders. Auch sie konnte ihre aufkommende Nervosität nur schwer verbergen.
Unschlüssig, an welchen Tisch sie sich setzen sollten, standen sie nur da.
Es gab keinen einzigen mehr der noch frei war. Ihnen blieb wohl nichts anderes übrig, als sich aufzuteilen, auch wenn ihnen der Gedanke nicht sonderlich gefiel.
"Guten Tag die Damen und der Herr." begrüßte eine männliche Stimme die vier Jugendlichen.
Als sie sich der Person zuwandten, erkannten sie einen jung aussehenden Mann, mit zurückgekämmten Haaren, welcher in einen braunen Anzug gekleidet war.
Jasmine erkannte ihn sofort.
"Guten Tag." begrüßte Lukas den fremden.
"Verzeiht, das ich Sie einfach so von der Seite angesprochen habe, aber auf mich machen Sie einen verlorenen Eindruck."
Damit traf der Mann den Nagel auf den Kopf.
"Sie haben recht, meine Freundinnen, mein Bruder und ich würden sehr gerne zusammen an einem Tisch sitzen, aber leider gibt es nirgendwo vier freie Plätze." erklärte Jasmine.
Der Mann nickte.
"Ich verstehe. Aber ich denke, bei diesem Problem könnte ich Ihnen sogar behilflich sein. Sehen Sie, an dem Tisch, an dem ich sitze sind noch genau vier Plätze frei. Wenn Sie möchten, können Sie sich gerne dazugesellen."
Eine Welle der Erleichterung und Dankbarkeit erfasste sie. Zum Glück mussten sie sich nicht aufteilen.
"Vielen Dank, das ist wirklich sehr großzügig von Ihnen. Gerne nehmen wir Ihr Angebot an." bedankte Jasmine sich. Die anderen taten es ihr gleich.
"Dafür müssen Sie mir doch nicht danken, ich helfe gerne. Mein Name ist Thomas Andrews." sagte er, nahm ihre Hand und deutete einen Kuss an.
"Es freut mich Ihre Bekanntschaft zu machen Mr. Andrews."
"Ganz meinerseits Miss?"
"Jasmine Fitzgerald."
Er lächelte und wandte sich anschließend an Viola und Kate. Auch bei ihnen deutete er einen Handkuss an.
Und Sie beide heißen?" fragte er höflich.
"Ich heiße Viola Johnson."
"Und mein Name ist Kate Smith."
"Freut mich."
Als letztes stellte sich Lukas vor. Sie beide schüttelten die Hände.
"Sind Sie miteinander verwandt?" fragte Andrews ihn.
Lukas nickte.
"Jasmine ist meine ältere Schwester."
"Verstehe. Was ist mit Miss Johnson und Miss Smith? Sind Sie auch mit Ihnen verwandt?"
"Nein Mr. Andrews, Kate und ich sind die besten Freundinnen von Jasmine."
"Ach, so ist das." sagte er lächelnd.
"Dann kommen Sie mal mit, am Tisch können wir uns besser unterhalten."
Das ließen sie sich nicht zweimal sagen.
Als sie am Tisch von Mr. Andrews ankamen, bemerkten sie noch drei weitere Personen.
"Meine Herren, es freut mich Ihnen mitteilen zu dürfen, das uns heute drei feine Damen und ein junger Herr beim Mittagessen Gesellschaft leisten werden."
Die drei Männer nickten den Neuankömmlingen freundlich lächelnd zu.
Etwas zögerlich nahmen die drei auf der anderen Seite des Tisches Platz.
Jasmine konnte die drei Männer als Captain Smith, den ersten Offizier William Murdoch und den Präsidenten der White Star Line, Bruce Ismay identifizieren.
Captain Smith stellte sich den vieren als erster vor.
"Guten Tag, mein Name ist Edward John Smith. Ich bin der Kapitän der Titanic." er hatte ein freundliches Lächeln im Gesicht.
Als nächstes stellte sich Ismay vor.
"Guten Tag die Damen und der Herr. Ich heiße Joseph Bruce Ismay und ich bin der Präsident der White Star Line." die Art wie er das sagte, klang für Jasmines Geschmack viel zu arrogant.
Als letztes stellte sich ihnen der erste Offizier Mr. Murdoch vor.
"Auch ich wünsche Ihnen allen einen guten Tag. Mein Name lautet William McMaster Murdoch. Und ich bin der erste Offizier der Titanic."
Nachdem die drei Herren sich ihnen vorgestellt hatten, waren Jasmine, Lukas, Kate und Viola mit vorstellen dran.
"Reisen Sie alleine? Oder werden Sie von ihren Eltern begleitet?" fragte Ismay.
"Nein Mr. Ismay, wir vier reisen alleine."
Der Mann nickte langsam. Er musste schon zugeben, das es recht ungewöhnlich war eine Gruppe, bestehend aus vier jungen Leuten erster Klasse, alleine eine solche Reise machen zu lassen.
Den selben Gedanken schien auch Murdoch zu haben.
"Dürfte ich Sie fragen, wohin Ihre Reise Sie führt?"
"Nach Amerika" beantwortete Jasmine die Frage.
"Tatsächlich? Besuchen sie dort Ihre Eltern, oder andere Verwandte?"
"Mein Bruder und ich besuchen dort unsere Tante. Die Schwester unserer Mutter."
Murdoch nickte. Dann fiel sein Blick auf Kate und Viola.
"Und Sie?"
Viola schaute hilfesuchend zu Jasmine. Was sollte sie sagen?
"Die beiden begleiten mich und meinen Bruder. Sie waren noch nie in Amerika gewesen, deshalb habe ich ihnen angeboten mitzukommen." log Jasmine und war verwundert darüber, wie einfach ihr diese Lügen von den Lippen gingen.
Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte sie, sowas wie Misstrauen über das Gesicht des Offiziers huschen zu sehen, doch ganz sicher war sie sich nicht.
Bevor Mr. Murdoch noch weitere Fragen stellen konnte, erschien einer der Stewards und brachte ihnen die Speisekarten.
Jasmine studierte die Karte eine Weile. Nach etwa fünf Minuten entschied sie sich für das gebratene Surrey-Hähnchen.
Viola und Kate nahmen beide die Gemüsesuppe und Lukas bestellte sich Back- und Röstkartoffeln mit Püree.
Während sie auf ihr Essen warteten, unterhielten sich die vier Jugendlichen überwiegend mit Mr. Andrews.
"Und Sie haben die Titanic also entworfen, ja?" fragte Kate.
Mr. Andrews nickte.
"Genau, aber die Idee für den Bau kam von Mr. Ismay. Ihm schwebte ein Schiff von solch beeindruckender Größe und Kraft und so luxuriöser Ausstattung vor, das seine Überlegenheit niemals in Frage gestellt werden würde. Von keinem. Und hier ist es. Durch reine Willenskraft zu solider Wirklichkeit geworden!"
"Wirklich beeindruckend!"
"Das stimmt."
"Mr. Andrews? Dürfte ich Sie etwas fragen?"
Der Angesprochene schaute zu Viola.
"Selbstverständlich, Miss Johnson. Was möchten Sie wissen?"
"Ich wollte Sie fragen, da Sie der Konstrukteur des Schiffes sind, ob Sie uns nicht mal eine kleine Führung geben könnten? Immerhin kennen Sie die Titanic wie Ihre Westentasche!"
Mr. Andrews dachte einen Moment nach, nickte dann aber zustimmend.
"Wenn Sie das wünschen Miss Johnson, dann bin ich sehr gerne bereit, Sie und Ihre Begleiter herumzuführen."
Viola lächelte.
"Vielen Dank Mr. Andrews, das ist wirklich sehr nett von Ihnen."
"Sie brauchen sich nicht zu bedanken, es ist mir eine große Ehre."
Violas Lächeln wurde noch etwas größer.
"Könnten Sie uns dann auch vielleicht die Brücke zeigen?"
Jasmine verschluckte sich fast an ihrem Wasser. Was hatte Viola jetzt schon wieder vor?
"Sehr gerne sogar."
'Spitze!' schoss es ihr durch den Kopf.
Wenn sie Glück hatte und alles so klappte, wie sie sich das vorstellte, dann würde es hier bald schon zu einer romantischen Lovestory zwischen Jasmine und ihrem Herzblatt James kommen.
"Wäre Ihnen morgen um 10 Uhr recht?" fragte Mr. Andrews.
Viola nickte begeistert.
"Das passt wunderbar!"
"In Ordnung. Sagen wir morgen um 10 Uhr auf dem Bootsdeck?"
"Gerne doch."
Jasmine, welche die ganze Zeit schweigend zugehört hatte, trat ihrer besten Freundin mit dem Fuß gegen das Schienbein.
Diese konnte einen Schmerzensschrei nur mit Mühe unterdrücken.
Ein wenig verärgert schaute sie Jasmine an.
"Wofür war das denn?" zischte sie.
"Du weißt genau wofür das war!"
Bevor die beiden ihre Zickerei erst richtig anfangen konnten, wurde das Essen serviert.
Sie alle wünschten sich einen guten Appetit und begannen daraufhin zu essen.