Gefühle im Herzen
von ToiToiToi
Kurzbeschreibung
Was ist da eigentlich genau zwischen Maron und Chiaki? Wann beginnt die Liebesgeschichte zwischen Jeanne und Sindbad? Und seit wann weiß jeder von ihnen, dass da etwas zwischen ihnen ist? Diese Geschichte erzählt von der Anziehungskraft zwischen den beiden, ohne sich zu weit von den Handlungen zu entfernen, die wir kennen. Während im Manga und Anime ein Großteil der Erzählung auf die Einsätze als "Jeanne" fallen, steht hier etwas anderes im Vordergrund: Langsam entwickelt sich aus Chiakis Auftrag ein echtes Gefühl der Zuneigung für Maron. Und Maron beginnt irgendwann den Idioten zu vermissen, der sie immer so aufzieht. Aber beginnen wir von Anfang an.
GeschichteHumor, Liebesgeschichte / P12 / Gen
Access Time
Chiaki Nagoya
Fynn Fish
Marron Kusakabe
Miyako Toudaiji
Yamato Minazuki
26.07.2019
26.07.2019
2
5.707
1
26.07.2019
2.482
Er hatte die letzten anderthalb Wochen damit verbracht sie zu beobachten, unsicher, ob er das Angebot des vorlauten schwarzen Engels annehmen sollte oder nicht. Der kleine Engel hatte gesagt, dass sie etwas Besonderes sei und sie die Dämonen nicht sammeln musste, weil das Schicksal der gesamten Welt davon abhing oder sowas in der Art. Heute war jedoch das erste Mal, dass er ihr von der Schule nach Hause gefolgt war und er begann zu bereuen sogar nur darüber nachzudenken, diese frevelhafte Mission, die der Engel ihm gegeben hatte, durchzuführen. Zur Hölle nochmal, er war nicht mal sicher, ob Access oder wie auch immer dieser Winzling sich selbst nannte seiner Einbildung entsprang. Als das Mädchen den großen Eingangsbereich des Gebäudekomplexes mit der Wand aus Briefkästen an der rechten Seite betrat, war Chiaki sicher, dass es eine totale Zeitverschwendung war, was er da machte. Er wollte gerade gehen und einfach so tun, als hätte er die kleine fliegende Nervensäge nie gesehen bis er durch Zufall sah, wie das Mädchen vor – wohl ihrem eigenen – Briefkasten stand und leise schniefte. Dieses Mädchen, dass immer fröhlich war, dass immer so gewirkt hatte, als könne die Welt ihr nichts anhaben, stand dort vor ihm und weinte leise.
„Maron!“, rief sie ihre großmaulige Klassenkameradin sie aus dem Aufzug heraus. „Kommst du jetzt oder nicht?“
Sein Herz setzte einen Moment aus, als ihre Tränen sich zu einem Gesicht gespielter Genervtheit verwandelten und sie ihre Freundin anblickte.
„Du hättest auch schon ohne mich hochgehen können.“
Er blieb weiter in seinem Versteck bis die beiden Mädchen nicht mehr zu sehen waren.
„Access“, sagte er leise und wartete, bis der kleine Engel an seiner Seite auftauchte. „Ich werde es machen.“
Irgendetwas hatte diese junge Frau an sich, dass ihn diese Worte sagen ließ.
„W-Wirklich?“, stotterte der Kleine, grinste dann und rief voller Freude aus: „Das ist ja super, Sindbad!“ Sollte seine Geduld mit Sindbad sich nun endlich ausgezahlt haben?
Chiaki drehte sich um und steckte seine Hände in die Hosentaschen. Access dunkle federnde Flügel konnte er aus den Augenwinkeln sehen.
„Darüber bin ich mir noch nicht sicher.“ Er würde ja sehen, ob tatsächlich mehr in diesem Mädchen steckte und ob Access damit recht behielt. Oder war er einfach verrückt und bildete sich das alles ein? War er vielleicht sowas wie ein Stalker und das arme Mädchen hatte einfach das Pech, dass er ihr begegnet war?
Access plapperte vor sich hin, während Chiaki in Gedanken versunken die Richtung wechselte.
„Ey, Chiaki! Wo willst du denn hin? Nach Hause geht es da lang!“ Empört fuchtelte der winzige geflügelte Mann vor seinem Gesicht herum. „Ich will noch Pfannkuchen!“
„Ich brauche eine neue Schuluniform, Access“, teilte er dem Engel tonlos mit. Mit seiner Entscheidung würde sich sein Leben verändern. Noch mehr, als es das schon mit Access Auftauchen getan hatte. Da war eine neue Schuluniform das geringste Problem.
Wenige Tage später warf Chiaki alles, was er in seinem Zimmer fand und für verwertbar hielt, in die Umzugskartons auf dem Boden. Heute würde er in das Apartment neben dem Mädchen ziehen, das er seit zwei Wochen beobachtete. Maron. Seine Mission von Access, der kleinen fliegenden Nervensäge, die vielleicht nur seiner Fantasie entsprungen war. Er warf sich seinen Rücksack über die Schulter.
„Lass uns gehen, Access.“ Der Engel war nirgends zu sehen. Wahrscheinlich suchte der kleine Flattermann wieder nach Dämonen. Oder er war doch verrückt. Ohne sich noch einmal umzusehen, ließ Chiaki erst die Tür seinens alten Zimmers und kurz darauf die Haustür des großen Hauses schallend ins Schloss fallen. Hierher würde er nicht mehr zurückkehren.
Miyako war wirklich anstrengend und strotze nur so vor Energie, wenn sie sich über Jeanne auslassen konnte, die sie – wie immer – gestern wieder nicht dingfest hatte machen können.
„Sie ist wieder entkommen, diese Diebin Jeanne!“ Voller Wut warf sie einen Ball an die Wand der Turnhalle, der abprallte und Maron am Hinterkopf traf.
„Miyako, was machst du da?“, beschwerte sie sich und rieb sich die schmerzende Stelle. Mit einem fliegenden Ball musste man normalerweise bei rhytmischer Sportgymnastik nicht rechnen.
„Ich lasse meine Wut an dir aus!“, erklärte sie kurz und fügte hinzu: „Da du meine Kindheitsfreundin und nebenbei meine allerbeste Freundin bist, werde ich damit durchkommen.“
Maron zwang sich zu einem kurzen Lächeln und atmete tief ein. Jedes Mal, wenn sie als Jeanne aufgetaucht war, fürchtete sie, dass Miyako sie durchschaut haben könnte. Es war ihr größtes Geheimnis und eins, das sie niemals mit Miyako teilen konnte.
„Ach Miyako, warum hörst du nicht einfach auf deinen Vater immer zu begleiten?“, seufzte sie und wusste, dass ihr Vorschlag ihre Freundin nicht umstimmen würde. Das Mädchen mit den schwarzen Haaren und dem Longbob war einfach viel zu begeistert von der Polizei.
„Keine Chance! Eines Tages werde ich auch Inspektor, wie mein Vater. Also muss ich fleißig Erfahrungen sammeln und diese diebische Elster endlich schnappen!“
„Ich mache mir ja nur sorgen um dich“, säuselte das braunhaarige Mädchen und sah ihre Freundin mit großen unschuldigen Augen an. „Erinnerst du dich an den letzten Wettkampf, bei dem du so gegen mich verloren hast? Solltest du nicht lieber trainieren? Oder denkst du, du kannst es dir leisten, dass es dabei bleibt?“ Miyako setzte gerade an, als ein lautes Pfeifen sie unterbrach.
„Was ist das schon wieder? Hört auf zu streiten. Für ryhtmische Sportgymnastik braucht man wundervolle Gedanken, so grazil und elegant wie eine Blume. Mit hässlichen Gedanken könnt ihr nichts leisten.“
Ertappt drehten sich die Mädchen um, aber nicht, ohne der anderen jeweils noch einen vorwurfsvollen Blick zu schenken.
„Enschuldigung, Frau Pakkalamao.“ Die Freundinnen versuchten wenigstens den Anschein zu wahren, dass es ihnen leidtat. Denn Frau Pakkalamao war zwar eine äußerst faire, aber auch verdammt strenge Lehrerin. Ihre Augen funkelten sie böse an.
„Wer von euch hat angefangen?“, wollte Frau Pakkalamao wissen und verschränkte verärgert die vor der Brust.
„Miyako“, antworte Maron und im selben Augenblick brüllte Miyako den Namen ihrer besten Freundin.
„Raus, ihr zwei! Für euch ist das Training für heute beendet!“
„Hör auf mir nachzulaufen! Du bringst mir andauernd Pech“, meckerte Maron und sah über ihre Schulter nach hinten. Sie liebte ihren Sport und nun hatte sie die Sporthalle verlassen müssen.
„Ich kann doch nichts dafür, dass wir in demselben Gebäude wohnen und unsere Apartments direkt gegenüber sind!“, erwiderte Miyako, die einige Meter hinter ihr lief, eingeschnappt und drehte empört den Kopf zur Seite. Was konnte sie schon dafür, dass Frau Pakkalamao sie aus der Turnhalle geworfen hatte?
Mit dem Öffnen der gläsernen Schiebetüren des Gebäudes hatte Maron den Streit mit Miyako schon fast vergessen. Langsam näherte sie sich ihrem Briefkasten. Ob wohl heute ein Brief für sie dabei war? Sie schluckte schwer und öffnete den Briefkasten. Er war leer. Wieder leer.
„Marooon! Hörst du mir überhaupt zu?“, rief Miyako zu ihrer Freundin herüber und stampfte demonstrativ laut an ihr vorbei, ohne sie aus den Augen zu lassen. Maron schluckte ihre Traurigkeit hinunter und wollte ihrer Freundin gerade einen Spruch an den Kopf werfen, als Miyako gegen eine Wand aus Pappe lief – und diese über den beiden Mädchen zusammenbrach.
Miyako quietschte auf, als die braunen Pappkartons Maron und sie begruben. Einen Moment war es mucksmäuschenstill.
„Du hast recht, ich bringe echt Pech“, schnaufte Miyako trocken. „Welcher Idiot hat diese leeren Umzugskartons hier einfach hingestellt?“
Maron verdrehte die Augen. Eine Entschuldigung von Miyako würde sie wohl nicht zu hören bekommen, auch wenn sie wegen ihr auf den schwarzen und weißen Fliesen, die wie ein Schachbrett angeordnet waren, lag.
Plötzlich griff eine Hand nach Miyakos Arm und zog sie aus dem Chaos. Wann hatte jemand den Eingangsbereich betreten?
„Es tut mir leid“, sagte eine angenehme Männerstimme. Es klang, als würde er grinsen. „Ich kümmere mich sofort darum, dass die Kisten hier verschwinden.“
Miyako starrte den jungen Mann vor sich an. Den außergewöhnlich attraktiven jungen Mann. Er hatte wundervolle, braune Augen und einige Haarsträhnen hingen ihm ins Gesicht. Und sie lag beinahe in seinen Armen! Die sonst so taffe beinahe-Polizistin bekam kein Wort heraus und starrte ihn mit gläsernden Augen und roten Wangen an. Letztendlich schien der Fremde zu dem Schluss gekommen zu sein, dass bei ihr alles in Ordnung war, vielleicht abgesehen von dem Schock. Für Miyako waren es dabei nicht die auf sie herabsegelnden Kartons, die sie aus der Fassung gebracht hatten, sondern dieser Typ, der sie vom Boden in seine Arme gezogen hatte. Sie schüttelte den Kopf.
„Wenn ich dich darauf hinweisen darf: Die Gebäuderegeln besagen, dass das Abstellen von Müll in den Fluren nicht erlaubt ist. Also räum das weg!“ Miyako war wieder die alte Regelvernatikerin und erhob mahnend ihren Zeigefinger, um dem hübschen Mann sein Fehlverhalten vorzuwerfen. Sie fand es besser etwas zu sagen, als den Fremden weiterhin nur anzustarren. Gerade wollte sie ihre Predigt fortsetzen, da unterbrach er sie auch schon.
„Meckernde Frauen machen mich jedes Mal schwach.“ Der junge Mann zog einen Mundwinkel nach oben. Miyako sah überrumpelt aus und hatte direkt vergessen, welche Hausregel sie ihm denn nun noch nennen wollte. „Wobei still gefällst du mir noch viel besser.“ Mit diesen Worten hatte er die Schwarzhaarige völlig außer Gefecht gesetzt.
Maron saß nach wie vor auf den kalten Fliesen des Eingangsbereichs und verfolgte das Schauspiel. Dieser Junge sah gut aus und er schien, wenn sie sich seine Haltung und seine Kleidung genauer ansah, sogar ziemlich cool zu sein. Er war bestimmt ein Frauenschwarm. Während Maron ihn anstarrte, drehte sich der junge Mann zu ihr um. Ihre Augen trafen sich und die junge Frau schaffte es nicht die Hitze aus ihrem Gesicht fernzuhalten. Sie lief tomatenrot an, als seine Augen sie intensiv musterten und er sich schließlich zu ihr herabbeugte.
„Und du, du bist auch ziemlich heiß.“ Das klang nicht nach einer Entschuldigung. „Die Aussicht ist unglaublich.“ Frech grinsten sie seine braunen Augen an und sein Mund verzog sich zu einem Grinsen.
Maron verzog das Gesicht. Was meinte er denn? Sie folgte seinem Blick, der langsam an ihr herunterwanderte. Die weiße Spitze ihres Slips blitzte unter dem grünen Rock ihrer Schuluniform hervor. Ruckartig setzte sie sich auf, ihre Wangen glühten und am liebsten wäre sie im Erdboden verschwunden.
„Du perverses Schwein“, keifte sie in ihrer Not und es war ihr furchtbar unangenehm und peinlich, dass er sie so gesehen hatte.
Chiaki grinste. Da war er diesem Mädchen zwei Wochen lang gefolgt und hatte doch noch nichts so spannendes gesehen wie das gerade. Solche Unterwäsche war doch genau das, was einen Mann interessierte. Nicht ohne einen weiteren kurzen Blick in Marons Richtung lief er die wenigen Schritte bis zum Aufzug und drückte den Rufknopf. Es dauerte keine Sekunde, bis die Türen sich öffneten. Es lag wohl daran, dass niemand ihn benutzt hatte, seit Chiaki ihn verlassen hatte. Er betrat den kleinen Aufzug und sah noch einmal zu den Mädchen hinüber. Marons Gesicht glühte und in ihren Augen funkelte die Scham. Eigentlich sah es ganz niedlich aus, wie dieses zarte Gesicht von den braunen, leicht welligen Haaren eingerahmt wurde und Maron versuchte ihm einen Blick absoluter Abscheu entgegenzuwerfen. Das erste Mal seit er Access gesagt hatte, dass er es machen würde, hatte er das Gefühl, dass es vielleicht doch keine absolute Schnappsidee war. Er lächelte sie an, als sich die Aufzugtüren schlossen. Maron, warte es nur ab.
Maron und Miyako verließen keine fünf Minuten später denselben Aufzug, in den der fremde junge Mann verschwunden war.
„Das war nicht gerade die feine Art! Was bildet sich der Typ eigentlich ein und wer ist das überhaupt?“ Maron konnte es nicht fassen. Das war eine bodenlose Unverschämtheit! „Wie kann man überhaupt so viele Kisten haben? Vermutlich ist der Typ gerade erst eingezogen. Das war vielleicht eine peinliche Aktion! Da musst du mir doch recht geben, Miyako!“ Völlig in Rage stapfte Maron den Flur entlang, während Miyako still neben ihr herlief. Ihre beste Freundin hörte ihr nicht zu, stattdessen starrte sie mit verschwommenen Ausdruck in den Augen in die Ferne. Ein lautes Seufzen entwich ihr, als Maron ihren Namen erwähnte. Wortlos schloss sie ihre Haustür auf und verschwand ohne Maron eine Antwort zu geben. Kurz zögerte Maron, entschied sich dann aber selbst ihre Wohnungstür aufzuschließen und betrat den großen Wohnbereich mit dem dunklen hölzernen Parkettboden.
„Miyako war ganz schön seltsam“, murmelte sie leise. „Ach, was solls?“
Sie durchquerte das Wohnzimmer, betrat ihr Schlafzimmer und warf ihren Rucksack mit den schweren Schulbüchern auf ihr Bett. Der Rucksack landete weich auf ihrer fliederfarbenen Bettdecke. Maron reckte sich und steuerte auf ihren weißen Kleiderschrank zu. Nichts wie raus aus der Schuluniform!
„Maron!“ Eine glockenartige, sanfte Engelsstimme drang an ihr Ohr. „Du hast mich bestimmt vermisst.“ Ein kleiner Engel mit weißen Flügeln und außergewöhnlichen grünen Haaren flog lachend auf sie zu.
„Aber natürlich, Fin.“ Maron umarmte die zarte Gestalt.
„Ich habe mal wieder Arbeit für dich“, erklärte die kleine Fin stolz.
„Schade, dass ich keine Lust habe“, erwiderte Maron, löste sich von Fin und begann in ihrem Kleiderschrank zu wühlen. „Ich habe erst gestern Nacht gearbeitet.“
„A-aber Maron, ein Dämon hat von einem Maler Besitz ergriffen.“ Fin konnte es nicht glauben, dass Maron ihr die kalte Schulter zeigte, nachdem sie so viel Arbeit hatte, diesen Dämon ausfindig zu machen.
„Wir leben doch nicht im Mittelalter! Es können doch nicht überall Dämonen sein“, war das Einzige, was Maron erwiderte als sie sich ein rotes Kleid aus weichem Stoff aus dem Schrank angelte.
„Ich bin ein Engel und ich lebe auch nicht im Mittelalter.“ Mehr wusste Fin gerade nicht zu erwidern.
„Wer weiß, vielleicht bilde ich mir dich auch nur ein? Für andere Menschen bist du doch unsichtbar.“ Maron zog ihre Schuluniform über den Kopf und schlüpte in das bequemere Kleid.
„Ach Mann… seit einem Monat bist du als Diebin unterwegs und verstehst immer noch nicht. Die einzige, die die Dämonen für immer besiegen kann bist du Jeanne. Die Wiedergeburt von Jeanne D’Arc.“
Maron reagierte immer noch nicht. Fin atmete tief ein, um nicht gleich ihrer Empörung Luft zu machen. Dann musste sie es Maron einfach nochmal erklären. Wieder und wieder, bis sie sich wieder in Jeanne verwandeln wollte.
„Der Ursprung göttlichen Glaubens ist die Schönheit und Reinheit der Seele eines jeden Menschen. Wenn wir die Dämonen nicht aufhalten, wird die gesamte Menschheit ihren Glauben verlieren und sterben. Das ist das Werk des bösen Königs, Maron. Er will Gott vernichten. Die Menschen werden sterben. Deine Eltern, Miyako …“
„Das darf nicht passieren“, flüsterte Maron mehr zu sich selbst.
Fin wusste, dass sie es geschafft hatte und reckte stolz ihr kleines Kinn in die Höhe. Wahrscheinlich hatte Maron einfach einen schlechten Tag gehabt.
„Die Warnung ist schon abgeschickt“, verkündete sie und flatterte sicherheitshalber ein paar Schritte nach hinten, um Marons Reaktion zu beobachten. „Es tut mir leid, es war falsch das zu tun, ohne dich zu fragen“, fügte sie noch schnell hinzu als sie den entsetzten Ausdruck auf dem Gesicht ihrer menschlichen Freundin sehen konnte.
„Morgen Abend um acht Uhr ist es soweit. Bitte sei mir nicht böse, Maron!“, jammerte der kleine Engel und schmiegte sich an die Wange des Mädchens.
„Maron!“, rief sie ihre großmaulige Klassenkameradin sie aus dem Aufzug heraus. „Kommst du jetzt oder nicht?“
Sein Herz setzte einen Moment aus, als ihre Tränen sich zu einem Gesicht gespielter Genervtheit verwandelten und sie ihre Freundin anblickte.
„Du hättest auch schon ohne mich hochgehen können.“
Er blieb weiter in seinem Versteck bis die beiden Mädchen nicht mehr zu sehen waren.
„Access“, sagte er leise und wartete, bis der kleine Engel an seiner Seite auftauchte. „Ich werde es machen.“
Irgendetwas hatte diese junge Frau an sich, dass ihn diese Worte sagen ließ.
„W-Wirklich?“, stotterte der Kleine, grinste dann und rief voller Freude aus: „Das ist ja super, Sindbad!“ Sollte seine Geduld mit Sindbad sich nun endlich ausgezahlt haben?
Chiaki drehte sich um und steckte seine Hände in die Hosentaschen. Access dunkle federnde Flügel konnte er aus den Augenwinkeln sehen.
„Darüber bin ich mir noch nicht sicher.“ Er würde ja sehen, ob tatsächlich mehr in diesem Mädchen steckte und ob Access damit recht behielt. Oder war er einfach verrückt und bildete sich das alles ein? War er vielleicht sowas wie ein Stalker und das arme Mädchen hatte einfach das Pech, dass er ihr begegnet war?
Access plapperte vor sich hin, während Chiaki in Gedanken versunken die Richtung wechselte.
„Ey, Chiaki! Wo willst du denn hin? Nach Hause geht es da lang!“ Empört fuchtelte der winzige geflügelte Mann vor seinem Gesicht herum. „Ich will noch Pfannkuchen!“
„Ich brauche eine neue Schuluniform, Access“, teilte er dem Engel tonlos mit. Mit seiner Entscheidung würde sich sein Leben verändern. Noch mehr, als es das schon mit Access Auftauchen getan hatte. Da war eine neue Schuluniform das geringste Problem.
Wenige Tage später warf Chiaki alles, was er in seinem Zimmer fand und für verwertbar hielt, in die Umzugskartons auf dem Boden. Heute würde er in das Apartment neben dem Mädchen ziehen, das er seit zwei Wochen beobachtete. Maron. Seine Mission von Access, der kleinen fliegenden Nervensäge, die vielleicht nur seiner Fantasie entsprungen war. Er warf sich seinen Rücksack über die Schulter.
„Lass uns gehen, Access.“ Der Engel war nirgends zu sehen. Wahrscheinlich suchte der kleine Flattermann wieder nach Dämonen. Oder er war doch verrückt. Ohne sich noch einmal umzusehen, ließ Chiaki erst die Tür seinens alten Zimmers und kurz darauf die Haustür des großen Hauses schallend ins Schloss fallen. Hierher würde er nicht mehr zurückkehren.
Miyako war wirklich anstrengend und strotze nur so vor Energie, wenn sie sich über Jeanne auslassen konnte, die sie – wie immer – gestern wieder nicht dingfest hatte machen können.
„Sie ist wieder entkommen, diese Diebin Jeanne!“ Voller Wut warf sie einen Ball an die Wand der Turnhalle, der abprallte und Maron am Hinterkopf traf.
„Miyako, was machst du da?“, beschwerte sie sich und rieb sich die schmerzende Stelle. Mit einem fliegenden Ball musste man normalerweise bei rhytmischer Sportgymnastik nicht rechnen.
„Ich lasse meine Wut an dir aus!“, erklärte sie kurz und fügte hinzu: „Da du meine Kindheitsfreundin und nebenbei meine allerbeste Freundin bist, werde ich damit durchkommen.“
Maron zwang sich zu einem kurzen Lächeln und atmete tief ein. Jedes Mal, wenn sie als Jeanne aufgetaucht war, fürchtete sie, dass Miyako sie durchschaut haben könnte. Es war ihr größtes Geheimnis und eins, das sie niemals mit Miyako teilen konnte.
„Ach Miyako, warum hörst du nicht einfach auf deinen Vater immer zu begleiten?“, seufzte sie und wusste, dass ihr Vorschlag ihre Freundin nicht umstimmen würde. Das Mädchen mit den schwarzen Haaren und dem Longbob war einfach viel zu begeistert von der Polizei.
„Keine Chance! Eines Tages werde ich auch Inspektor, wie mein Vater. Also muss ich fleißig Erfahrungen sammeln und diese diebische Elster endlich schnappen!“
„Ich mache mir ja nur sorgen um dich“, säuselte das braunhaarige Mädchen und sah ihre Freundin mit großen unschuldigen Augen an. „Erinnerst du dich an den letzten Wettkampf, bei dem du so gegen mich verloren hast? Solltest du nicht lieber trainieren? Oder denkst du, du kannst es dir leisten, dass es dabei bleibt?“ Miyako setzte gerade an, als ein lautes Pfeifen sie unterbrach.
„Was ist das schon wieder? Hört auf zu streiten. Für ryhtmische Sportgymnastik braucht man wundervolle Gedanken, so grazil und elegant wie eine Blume. Mit hässlichen Gedanken könnt ihr nichts leisten.“
Ertappt drehten sich die Mädchen um, aber nicht, ohne der anderen jeweils noch einen vorwurfsvollen Blick zu schenken.
„Enschuldigung, Frau Pakkalamao.“ Die Freundinnen versuchten wenigstens den Anschein zu wahren, dass es ihnen leidtat. Denn Frau Pakkalamao war zwar eine äußerst faire, aber auch verdammt strenge Lehrerin. Ihre Augen funkelten sie böse an.
„Wer von euch hat angefangen?“, wollte Frau Pakkalamao wissen und verschränkte verärgert die vor der Brust.
„Miyako“, antworte Maron und im selben Augenblick brüllte Miyako den Namen ihrer besten Freundin.
„Raus, ihr zwei! Für euch ist das Training für heute beendet!“
„Hör auf mir nachzulaufen! Du bringst mir andauernd Pech“, meckerte Maron und sah über ihre Schulter nach hinten. Sie liebte ihren Sport und nun hatte sie die Sporthalle verlassen müssen.
„Ich kann doch nichts dafür, dass wir in demselben Gebäude wohnen und unsere Apartments direkt gegenüber sind!“, erwiderte Miyako, die einige Meter hinter ihr lief, eingeschnappt und drehte empört den Kopf zur Seite. Was konnte sie schon dafür, dass Frau Pakkalamao sie aus der Turnhalle geworfen hatte?
Mit dem Öffnen der gläsernen Schiebetüren des Gebäudes hatte Maron den Streit mit Miyako schon fast vergessen. Langsam näherte sie sich ihrem Briefkasten. Ob wohl heute ein Brief für sie dabei war? Sie schluckte schwer und öffnete den Briefkasten. Er war leer. Wieder leer.
„Marooon! Hörst du mir überhaupt zu?“, rief Miyako zu ihrer Freundin herüber und stampfte demonstrativ laut an ihr vorbei, ohne sie aus den Augen zu lassen. Maron schluckte ihre Traurigkeit hinunter und wollte ihrer Freundin gerade einen Spruch an den Kopf werfen, als Miyako gegen eine Wand aus Pappe lief – und diese über den beiden Mädchen zusammenbrach.
Miyako quietschte auf, als die braunen Pappkartons Maron und sie begruben. Einen Moment war es mucksmäuschenstill.
„Du hast recht, ich bringe echt Pech“, schnaufte Miyako trocken. „Welcher Idiot hat diese leeren Umzugskartons hier einfach hingestellt?“
Maron verdrehte die Augen. Eine Entschuldigung von Miyako würde sie wohl nicht zu hören bekommen, auch wenn sie wegen ihr auf den schwarzen und weißen Fliesen, die wie ein Schachbrett angeordnet waren, lag.
Plötzlich griff eine Hand nach Miyakos Arm und zog sie aus dem Chaos. Wann hatte jemand den Eingangsbereich betreten?
„Es tut mir leid“, sagte eine angenehme Männerstimme. Es klang, als würde er grinsen. „Ich kümmere mich sofort darum, dass die Kisten hier verschwinden.“
Miyako starrte den jungen Mann vor sich an. Den außergewöhnlich attraktiven jungen Mann. Er hatte wundervolle, braune Augen und einige Haarsträhnen hingen ihm ins Gesicht. Und sie lag beinahe in seinen Armen! Die sonst so taffe beinahe-Polizistin bekam kein Wort heraus und starrte ihn mit gläsernden Augen und roten Wangen an. Letztendlich schien der Fremde zu dem Schluss gekommen zu sein, dass bei ihr alles in Ordnung war, vielleicht abgesehen von dem Schock. Für Miyako waren es dabei nicht die auf sie herabsegelnden Kartons, die sie aus der Fassung gebracht hatten, sondern dieser Typ, der sie vom Boden in seine Arme gezogen hatte. Sie schüttelte den Kopf.
„Wenn ich dich darauf hinweisen darf: Die Gebäuderegeln besagen, dass das Abstellen von Müll in den Fluren nicht erlaubt ist. Also räum das weg!“ Miyako war wieder die alte Regelvernatikerin und erhob mahnend ihren Zeigefinger, um dem hübschen Mann sein Fehlverhalten vorzuwerfen. Sie fand es besser etwas zu sagen, als den Fremden weiterhin nur anzustarren. Gerade wollte sie ihre Predigt fortsetzen, da unterbrach er sie auch schon.
„Meckernde Frauen machen mich jedes Mal schwach.“ Der junge Mann zog einen Mundwinkel nach oben. Miyako sah überrumpelt aus und hatte direkt vergessen, welche Hausregel sie ihm denn nun noch nennen wollte. „Wobei still gefällst du mir noch viel besser.“ Mit diesen Worten hatte er die Schwarzhaarige völlig außer Gefecht gesetzt.
Maron saß nach wie vor auf den kalten Fliesen des Eingangsbereichs und verfolgte das Schauspiel. Dieser Junge sah gut aus und er schien, wenn sie sich seine Haltung und seine Kleidung genauer ansah, sogar ziemlich cool zu sein. Er war bestimmt ein Frauenschwarm. Während Maron ihn anstarrte, drehte sich der junge Mann zu ihr um. Ihre Augen trafen sich und die junge Frau schaffte es nicht die Hitze aus ihrem Gesicht fernzuhalten. Sie lief tomatenrot an, als seine Augen sie intensiv musterten und er sich schließlich zu ihr herabbeugte.
„Und du, du bist auch ziemlich heiß.“ Das klang nicht nach einer Entschuldigung. „Die Aussicht ist unglaublich.“ Frech grinsten sie seine braunen Augen an und sein Mund verzog sich zu einem Grinsen.
Maron verzog das Gesicht. Was meinte er denn? Sie folgte seinem Blick, der langsam an ihr herunterwanderte. Die weiße Spitze ihres Slips blitzte unter dem grünen Rock ihrer Schuluniform hervor. Ruckartig setzte sie sich auf, ihre Wangen glühten und am liebsten wäre sie im Erdboden verschwunden.
„Du perverses Schwein“, keifte sie in ihrer Not und es war ihr furchtbar unangenehm und peinlich, dass er sie so gesehen hatte.
Chiaki grinste. Da war er diesem Mädchen zwei Wochen lang gefolgt und hatte doch noch nichts so spannendes gesehen wie das gerade. Solche Unterwäsche war doch genau das, was einen Mann interessierte. Nicht ohne einen weiteren kurzen Blick in Marons Richtung lief er die wenigen Schritte bis zum Aufzug und drückte den Rufknopf. Es dauerte keine Sekunde, bis die Türen sich öffneten. Es lag wohl daran, dass niemand ihn benutzt hatte, seit Chiaki ihn verlassen hatte. Er betrat den kleinen Aufzug und sah noch einmal zu den Mädchen hinüber. Marons Gesicht glühte und in ihren Augen funkelte die Scham. Eigentlich sah es ganz niedlich aus, wie dieses zarte Gesicht von den braunen, leicht welligen Haaren eingerahmt wurde und Maron versuchte ihm einen Blick absoluter Abscheu entgegenzuwerfen. Das erste Mal seit er Access gesagt hatte, dass er es machen würde, hatte er das Gefühl, dass es vielleicht doch keine absolute Schnappsidee war. Er lächelte sie an, als sich die Aufzugtüren schlossen. Maron, warte es nur ab.
Maron und Miyako verließen keine fünf Minuten später denselben Aufzug, in den der fremde junge Mann verschwunden war.
„Das war nicht gerade die feine Art! Was bildet sich der Typ eigentlich ein und wer ist das überhaupt?“ Maron konnte es nicht fassen. Das war eine bodenlose Unverschämtheit! „Wie kann man überhaupt so viele Kisten haben? Vermutlich ist der Typ gerade erst eingezogen. Das war vielleicht eine peinliche Aktion! Da musst du mir doch recht geben, Miyako!“ Völlig in Rage stapfte Maron den Flur entlang, während Miyako still neben ihr herlief. Ihre beste Freundin hörte ihr nicht zu, stattdessen starrte sie mit verschwommenen Ausdruck in den Augen in die Ferne. Ein lautes Seufzen entwich ihr, als Maron ihren Namen erwähnte. Wortlos schloss sie ihre Haustür auf und verschwand ohne Maron eine Antwort zu geben. Kurz zögerte Maron, entschied sich dann aber selbst ihre Wohnungstür aufzuschließen und betrat den großen Wohnbereich mit dem dunklen hölzernen Parkettboden.
„Miyako war ganz schön seltsam“, murmelte sie leise. „Ach, was solls?“
Sie durchquerte das Wohnzimmer, betrat ihr Schlafzimmer und warf ihren Rucksack mit den schweren Schulbüchern auf ihr Bett. Der Rucksack landete weich auf ihrer fliederfarbenen Bettdecke. Maron reckte sich und steuerte auf ihren weißen Kleiderschrank zu. Nichts wie raus aus der Schuluniform!
„Maron!“ Eine glockenartige, sanfte Engelsstimme drang an ihr Ohr. „Du hast mich bestimmt vermisst.“ Ein kleiner Engel mit weißen Flügeln und außergewöhnlichen grünen Haaren flog lachend auf sie zu.
„Aber natürlich, Fin.“ Maron umarmte die zarte Gestalt.
„Ich habe mal wieder Arbeit für dich“, erklärte die kleine Fin stolz.
„Schade, dass ich keine Lust habe“, erwiderte Maron, löste sich von Fin und begann in ihrem Kleiderschrank zu wühlen. „Ich habe erst gestern Nacht gearbeitet.“
„A-aber Maron, ein Dämon hat von einem Maler Besitz ergriffen.“ Fin konnte es nicht glauben, dass Maron ihr die kalte Schulter zeigte, nachdem sie so viel Arbeit hatte, diesen Dämon ausfindig zu machen.
„Wir leben doch nicht im Mittelalter! Es können doch nicht überall Dämonen sein“, war das Einzige, was Maron erwiderte als sie sich ein rotes Kleid aus weichem Stoff aus dem Schrank angelte.
„Ich bin ein Engel und ich lebe auch nicht im Mittelalter.“ Mehr wusste Fin gerade nicht zu erwidern.
„Wer weiß, vielleicht bilde ich mir dich auch nur ein? Für andere Menschen bist du doch unsichtbar.“ Maron zog ihre Schuluniform über den Kopf und schlüpte in das bequemere Kleid.
„Ach Mann… seit einem Monat bist du als Diebin unterwegs und verstehst immer noch nicht. Die einzige, die die Dämonen für immer besiegen kann bist du Jeanne. Die Wiedergeburt von Jeanne D’Arc.“
Maron reagierte immer noch nicht. Fin atmete tief ein, um nicht gleich ihrer Empörung Luft zu machen. Dann musste sie es Maron einfach nochmal erklären. Wieder und wieder, bis sie sich wieder in Jeanne verwandeln wollte.
„Der Ursprung göttlichen Glaubens ist die Schönheit und Reinheit der Seele eines jeden Menschen. Wenn wir die Dämonen nicht aufhalten, wird die gesamte Menschheit ihren Glauben verlieren und sterben. Das ist das Werk des bösen Königs, Maron. Er will Gott vernichten. Die Menschen werden sterben. Deine Eltern, Miyako …“
„Das darf nicht passieren“, flüsterte Maron mehr zu sich selbst.
Fin wusste, dass sie es geschafft hatte und reckte stolz ihr kleines Kinn in die Höhe. Wahrscheinlich hatte Maron einfach einen schlechten Tag gehabt.
„Die Warnung ist schon abgeschickt“, verkündete sie und flatterte sicherheitshalber ein paar Schritte nach hinten, um Marons Reaktion zu beobachten. „Es tut mir leid, es war falsch das zu tun, ohne dich zu fragen“, fügte sie noch schnell hinzu als sie den entsetzten Ausdruck auf dem Gesicht ihrer menschlichen Freundin sehen konnte.
„Morgen Abend um acht Uhr ist es soweit. Bitte sei mir nicht böse, Maron!“, jammerte der kleine Engel und schmiegte sich an die Wange des Mädchens.