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Eine Liebe in vier Akten

von Pingulina
Kurzbeschreibung
GeschichteDrama, Freundschaft / P18 / MaleSlash
Jimin Jungkook Kim Seokjin Suga V
15.07.2019
28.06.2021
103
265.184
46
Alle Kapitel
201 Reviews
Dieses Kapitel
1 Review
 
25.01.2021 1.817
 
Dritter Akt - Sechste Szene: Anschuldigungen


Schlussendlich musste sich Jimin eingestehen, dass seine Nervosität den Tag über absolut unnötig gewesen war. Das unruhige durchs Zimmer tigern, während Yoongi noch im Bad war, genauso wie der große Stein im Magen, der ihn am Frühstücken hinderte. Sogar das penetrante Zucken seines Beines während der Vorlesung hätte er sich sparen können. Nur leider konnte er nicht in die Zukunft blicken und wusste daher nicht wie die Probe am Nachmittag laufen würde.

Die Vorführung seines Tanzkurses war bald und die finalen Proben entscheidend, die letzte Möglichkeit noch Korrekturen vorzunehmen. Er selbst stand dabei im Blickpunkt, da er in den letzten beiden Wochen mehr mit Abwesenheit als mit Leistung geglänzt hatte. Es galt also sich zu beweisen und auch wenn Jimin eigentlich hätte zuversichtlich sein können, da er in den Proben für sich allein, gut gewesen war, spürte er seine Nerven überdeutlich. Erst nach den ersten paar geglückten Schritten fiel die Anspannung von ihm, ab Mitte des Stücks konnte er sich entspannen und zum Schluss sogar wieder ehrlich Lächeln, als alle zufrieden sich selbst applaudierten. Etwas hatte es sich angefühlt wie ein Sprung ins kalte Wasser, beobachtet von vielen Augen, aber es hatte sich gelohnt. Ein seltsames Gefühl von Normalität kehrte ein als die Probe weiterging, sie einzelne Elemente immer wieder probten wurden und durchgingen, um sie zu perfektionieren.

Seinen alten Rhythmus aus Lernen und Trainieren wiederzuhaben tat ihm gut, ließ zu, dass er sich wieder konzentrieren konnte und seiner Gedanken Herr wurde. Die Löcher im Herzen sandten noch immer konstant ein Gefühl der Leere aus, doch schafften sie es nicht mehr alles in seinem Denken zu bestimmen. Das Tanzen schaffte sich wieder seinen Raum, eroberte den angestammten Platz zurück und erschuf Zuversicht, dass es mit allem andern auch so werden könnte. Dass sein normales Leben, die Löcher überwuchern konnte und ihn wieder frei atmen ließ. Bis es so weit war, versuchte er diese kleinen Momente so gut es ging zu genießen.

Erschöpft, erleichtert und befreit half er Hoseok schließlich beim Aufräumen und Saubermachen, ignorierten dessen Protest mit gewohnter Ruhe und warf ihm lieber den Lappen ins Gesicht als er erneut Luft holte.

„Geht’s noch? Der ist dreckig!“, schrie der Abgeworfenen empört auf, den Lappen in der geballten Faust gen Decke gereckt.

„Und? Du gehst doch eh gleich duschen“, erwiderte Jimin schulterzuckend und ging mit dem Eimer voller schmutzigem Wasser einfach an ihm vorbei zum Waschbecken.

„Seit du schwarze Haare hast, hast du dich echt verändert“, schimpfte Hoseok hinter ihm und Jimin stützte sich mit einem schweren Stöhnen auf dem Rand des Waschbeckens ab.

„Es reicht langsam mit dem blöden Witz!“, fauchte nun Jimin. Er durfte sich diesen Spruch bei jeder Kleinigkeit anhören, die Hoseok nicht passte, oder auch nur nicht passen könnte. Der Ältere schien sich für sehr lustig zu halten, sehr zu Jimins Leidwesen und langsam, aber sicher hatte er dessen Leidensgrenze erfolgreich ausfindig gemacht und nagte mit Hingabe daran herum.

„Es ist kein Witz, wenn es wahr ist“, meinte das frisch ernannte Nagetier nur munter und kam mit hüpfenden Schritten auf ihn zu, um den Lappen auszuwaschen und Jimin dafür vom Waschbecken zu verscheuchen.

„Bist du nicht verabredet oder so“, brummelte Jimin vor sich hin, während er den Eimer wegräumte und hörte Hoseok hinter sich Lachen.

„Schon, aber ich habe mir genug Zeit eingeräumt, um dich noch ausgiebig zu nerven.“

„Schön für dich, ich habe aber leider keine Zeit mehr“, beschloss er schließlich Hoseok mit einer kleinen Lüge die Tour zu vermasseln. Währen seine Nerven durch die Anspannung des Tages nicht schon so belastet hätte er es ihm gegönnt, aber er fühlte sich heute wirklich nicht danach den Hofnarren zu geben, nicht einmal für Hoseok.

„Triffst dich wieder mit Yoongi, was?“ Es war mehr eine Feststellung und trieb Jimin eine zarte Röte in die Wangen. Hoseok hatte sich diesem Thema gegenüber bisher auffällig bedeckt gehalten, auch wenn er sicher mitbekommen hatte, dass sie viel Zeit miteinander verbrachten, daher wunderte sich Jimin nicht über den leicht pikierten Unterton in der Stimme des Älteren.

„Ja. Er ist so lieb und übernimmt die Schmuseeinheiten und das gut zureden aktuell“, gestand er daher ausführlicher als es Hoseoks Frage erforderter. Die Augenbraue des Älteren flog nach oben und ein überraschter, aber auch besorgter Blick traf ihn.

„Du hast ihm also die Absolution erteilt“, hakte er nach und machte deutlich, dass er das anders sah.

„Er hatte keine nötig. Wenn mich nicht die ganze Welt anlügt, wusste er es nur ein paar Minuten vor mir“, erwiderte Jimin und erschrak selbst darüber, wie brüchig seine Stimme mit einem Mal klang. Schnell wand er das Gesicht ab, versuchte tief durchzuatmen und die aufkommenden Tränen niederzukämpfen. Es tat immer noch schrecklich weg darüber nachzudenken, das würde sich wohl nicht zu schnell ändern.

„Kommt er denn dann zur Aufführung?“, machte Hoseok locker weiter, ganz so als habe er Jimins emotionalen Ausbruch nicht bemerkt. Dessen Blick hob sich verwundert, traf auf Hoseok aufmunterndes Lächeln und er verstand.

„Weiß ich noch nicht, ich habe ganz vergessen ihn einzuladen.“

„Na dann schnell, noch hast du deine Plätze auf der Besucherliste. Übermorgen werden dafür Karten verkauft.“

Grübelnd nickte Jimin, schon tief in Gedanken, ob es überhaupt etwas für Yoongi war. Ihn einzuladen und eine Absage zu kassieren wäre da wohl immer noch besser als ihn zu etwas zu nötigen was ihm nicht gefiel. Mit diesen Gedanken beschäftigte er sich auf dem Heimweg, wälzte sie noch unter der Dusche und erkannte erst ihre Sinnlosigkeit als es endlich klopfte.

Yoongi stand mit einem schmalen Lächeln vor ihm, zog ihn in eine sachte Umarmung und wuschelte ihm durchs feuchte Haar. Stumm trat er ein und Jimin spürte, dass irgendetwas nicht stimmte, doch Yoongis Blick machte klar, dass er nicht darüber sprechen wollte. Mit einer ungewohnten Distanz machten sie es sich auf Jimins Bett gemütlich und obwohl Yoongi ihn im Arm hielt, während sie eine Serie schauten, hatte Jimin das Gefühl eine Kluft täte sich zwischen ihnen auf.

Seit zwei Folgen wuchs das Unbehagen in ihm und schließlich hielt er es nicht mehr aus, stoppte die Serie und drehte sich zu Yoongi. Dessen Augen blickten ihm müde aber auch wissend entgegen.

„Was ist los?“, sprach Jimin die eigentlich überflüssige Frage laut aus, denn auf seine auffordernden Blicke reagierte Yoongi einfach nicht.

Eine Hand legte sich an seine Wange, strich sacht darüber und kurz schloss Jimin die Augen, genoss die Zärtlichkeit, bis die Finger verschwanden und er Yoongi wieder in die dunklen Augen schaute. Sein Blick war irgendetwas zwischen besorgt und unleserlich, wollte Jimin ängstigen, schaffte es aber nicht ganz.

„Wie geht es dir?“

Irritiert blinzelte Jimin, hatte zwar nicht mit einer direkten Antwort, aber auch nicht mit einer Gegenfrage gerechnet. Ein wehmütiges Lächeln legte sich auf seine Lippen.
„Ich weiß absolut nicht, wie ich es in Worte fassen könnte… Hin und wieder gut, dann habe ich fast den Eindruck all das wäre nie passiert… aber die meiste Zeit… ich kann es nicht beschreiben…“

Yoongis Blick lag noch immer so gleichbleibend ruhig und dennoch unterschwellig tobend auf ihm, als er ihn nachdenken ließ und einfach nur wartete.

„Leer? Zerrissen? Kaputt?“, versuchte der Jüngere Worte zu finden und wusste, dass sie alle nicht passten, es war alles und nichts. Es war vergebens es benennen zu wollen, wusste er doch nicht einmal, wofür genau er nach einem Namen suchte.

„Es ist besser, wenn ich bei dir oder zumindest Hoseok bin“, gestand er schließlich, konnte dabei sehen, wie Yoongis Mundwinkel kurz zu einem Lächeln zuckten bevor seine Miene wieder ausdruckslos ruhig wurde.

„Hast du eigentlich eine Ahnung was deine Worte mit mir machen?“, wollte Yoongi mit einem bitterbelustigten Schnauben wissen. Auf der Lippe kauend nickte Jimin vor sich hin, suchte erneut nach Worten. Wenigstens glaubte er diesmal die Gefühle zu kennen, die Yoongi meinte.

„Dich glücklich und gleichzeitig fast panisch vor Angst“, sprach er aus was er selbst durchlebte, wenn er an Yoongis Nähe dachte. Schon allein das Wissen sich später am Tag mit dem Älteren zu treffen ließ all seine Probleme so viel kleiner erscheinen, aber dann kamen die Gendanken, die ihn fragten, wie es sein wird, wenn all das hier scheiterte, wenn sein Herz sich von Yoongi abwandte und er seine beruhigende Nähe verlieren würde. Die Angst versuchte in solchen Momenten seine Beine zu lähmen, ihn in dem Moment zu halten, in dem festen Glauben es sei besser zu behalten was man hat, als auf die Zukunft zu hoffen. Bisher waren es Hoseoks schubsende Hände gewesen, die ihn weitertrieben und er wollte nichts lieber, als dass dies nicht mehr nötig wäre.

Ein echtes, warmes Lächeln legte sich auf Yoongis Lippen, ließ Jimins Herz etwas schneller schlagen und auch die kühlen Finger legten sich wieder an seine Wange, strichen sanft über die Haut. Langsam und vorsichtig lehnte Yoongi sich vor, ließ Jimin die Augen aufreißen und den Atem erwartungsvoll anhalten, bis sich ihre Lippen endlich trafen und die Luft in einem befreiten Kichern entwich. Auch Yoongi musste sich lösen, seine Erleichterung mit einem flüchtigen Lachen Luft machen, bevor er Jimin wieder an sich zog und diesmal länger küsste. Seine Lippen träge erforschend und mit seinen Fingern durch Jimins Haar gleitend, während sich dieser an ihn schmiegte.

Nach etlichen Minuten lösten sie sich, schauten sich in die glänzenden Augen und das Lächeln blieb auf Yoongis Lippen, auch wenn aus seinem Blick eine schwache Melancholie sprach. Für einen Wimpernschlag musste er den Blickkontakt brechen, fuhr sich durchs Haar und fixierte Jimin dann mit einer Entschlossenheit, die diesem einen Schauer über den Rücken jagte.

„Ich bin in dich verliebt und will für dich da sein in dieser ganzen verzwickten Situation. Das macht mir verdammte Angst, ich hasse es angreifbar zu sein und das Dümmste an der Sache ist, dass es mir gerade egal ist.“

Yoongis Ehrlichkeit machte Jimin sprachlos. Ausgesprochen zu hören, was er innerlich schon wusste und sich dennoch nicht eingestehen wollte, war überwältigend, wenn auch beängstigend und er konnte Yoongi verstehen, so gut. Sie teilten nicht den gleichen Grund für ihre Ängste, aber beim Rest stimmten sie fast beängstigend gut überein.

„Weist du… Bevor ich schlussgemacht habe, war ich mir sicher auch in dich verliebt zu sein. Daran hat sich nichts geändert… ich habe nur Angst, dass genau das noch passiert…“

Ein Sturm von Gefühlen schien durch Yoongis Augen zu ziehen, ließ seine Gesichtsmuskeln zucken, zeigte aber nicht klar was er dachte. Erst als er schwer schluckte und Jimin einfach nur an sich zog, ihm einen Kuss übers Ohr drückte und an sich presste, glaubte Jimin Erleichterung zu spüren.

„Ich will dir nicht wehtun…“, murmelte Jimin gegen Yoongis Schulter und dieser lachte trocken auf.

„Wenn du das wolltest wäre ich nicht hier... Wir können nicht bestimmen wohin das hier geht, aber niemand kann mich vom Hoffen abhalten.“

Wieder spürte Jimin zarte Lippen an seinem Ohr, die es hauchzart küssten und der Griff wurde etwas fester, bestimmter. Yoongi würde nicht so schnell aufgeben und er war ihm unendlich dankbar dafür.
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