Eine Liebe in vier Akten
von Pingulina
Kurzbeschreibung
„Du solltest dir eine Frage stellen. Bist du glücklich mit ihm oder wärst du es gerne?“ Eine Frage, die Jimin seine Beziehung und die letzten Jahre überdenken lässt und deren Folgen nicht aufwühlender hätten sein können. [Jimin x Jungkook; Jimin x???; Taehyung x ???]
GeschichteDrama, Freundschaft / P18 / MaleSlash
Jimin
Jungkook
Kim Seokjin
Suga
V
15.07.2019
28.06.2021
103
265.184
46
Alle Kapitel
201 Reviews
201 Reviews
Dieses Kapitel
3 Reviews
3 Reviews
25.11.2019
2.119
Erster Akt - Zwanzigste Szene: Hoffnung
Aus müden Augen beobachtete er, wie die Waschmaschine sich träge in Bewegung setzte und eine erste Runde drehte, dann stockte und weitermachte. Genervt wanderte Jimins Blick auf seine Uhr. Fünf Minuten musste er noch warten, wenn sie dann nicht gestoppt hatte, konnte er wieder auf sein Zimmer und die Zeit mit etwas anderem verbringen als vor der Waschmaschine zu sitzen und ihr beim Drehen zuzusehen. Nur solange musste er erstmal durchhalten.
Seine Nerven gaben es gerade nicht her und er spielte lieber mit dem Gedanken jetzt schon abzuhauen und darauf zu hoffen, dass die altersschwache Maschine auch so durchhielt, er nicht wieder vor seiner gut eingeweichten Wäsche saß und die Maschine erneut bezahlen musste in der Hoffnung, dass sie diesmal ihren Dienst tat. Wenigstens war gerade sonst keiner in dem muffigen Wäschekeller und beobachtete ihn dabei wie er hier die arme Waschmaschine böse anguckte, abwechselnd mit der Uhr auf seinem Handy.
Dabei wusste er nicht einmal, was ihn mehr störte, das unzuverlässige Teil vor seiner Nase oder dass er bisher keine Nachricht bekommen hatte. Er erwartete eigentlich keine, dennoch schaute er immer wieder nach und hoffte innerlich, dass sich jemand melden würde. Ablenkung täte ihm jetzt gut, immerhin war er schon so verzweifelt, dass er sich zum Wäschewaschen aufgerafft hatte, obwohl er kaum genug hatte, um die Maschine vollzubekommen. Sein Zimmer war schon blitze blank sauber und ihm gingen langsam die Alternativen aus. Eine Nachricht, Einladung, irgendwas kämen ihm gerade recht, aber nichts kam.
Resigniert die Luft ausstoßend stützte er seinen Kopf auf der Hand ab und schaute seiner Wäsche beim Waschen zu, blickte immer wieder auf die Uhr, nur um festzustellen, dass die Zeit einfach nicht vergehen wollte. Mit den Augen fixierte er den Zipfel eines roten T-Shirts und folgte ihm Runde um Runde, ließ sich hypnotisieren. Immer wieder glitten seine Gedanken zu dem Gespräch mit Taehyung und seiner Aufforderung. Diese Frage quälte ihn, viel mehr als ihm lieb war. Er war sich doch sicher bei der Antwort. Dass sie dennoch immer wieder in seinem Kopf auftauchte und ihn an seinem Glück mit Jungkook zweifeln ließ konnte ja fast nur bedeuten, dass er nicht so glücklich mit dem Jüngeren war, wie er zu sein glaubte. Seine Gedanken kreisten um dieses Thema wie die Wäsche in der Maschine, machten Runde um Runde, drohten im Schaum zu ersticken, nur wurden sie leider nicht durchgespült. Auf der Unterlippe kauend saß er hier und grübelte, bis ein schrilles Piepen ihn aus seiner Benommenheit weckte.
Erschrocken blinzelte Jimin, bemerkte dass seine Augen leicht brannten vom konzentrierten Starren und schaute auf sein Handy. Keine Nachricht, kein Anruf, auch kein Wecker. Was hatte gepiept?
Da wiederholte sich das Geräusch und Jimin schlug sich die Hand vor die Stirn, als er sich erhob. Seine Wäsche war fertig. Er hatte es echt geschafft ihr so fasziniert zuzusehen, dass er es nicht bemerkt hatte. Heute war alles seltsam, da schaffte er es wirklich über eine Stunde auf dem Boden vor der Waschmaschine zu verbringen und es nicht zu bemerken.
Sich selbst leise auslachend stopfte er die frische Wäsche in den Trockner daneben, warf Kleingeld in den dafür vorgesehenen Schlitz und startete das Programm. Dann machte er sich auf den Weg aus dem Keller hinaus. Wenn schon seine Freunde keine Ablenkung für ihn boten dann immerhin sein Magen, der wollte gefüllt werden und so verzog er sich erstmal in die Küche. Dort war es leider nicht so leer wie im Wäscheraum, aber dafür konnte er etwas von einer Reispfanne eines Nachbarn ergattern, der sich in der Menge verschätzt hatte. Höflicherweise hielt er noch etwas Smalltalk bevor er sich loseiste und wieder in den Keller verschwand. Dieser Nachbar war ihm eindeutig zu aufdringlich, abgesehen davon, dass er nur mittelmäßig kochte. Definitiv niemand mit dem er sich nochmal zusammensetzen wollte.
Schnell legte er seine nun trockenen Sachen zusammen und machte sich auf den Weg zurück in sein Zimmer. Er hätte es gerne noch hinausgezögert, die Einsamkeit in dem kleinen Raum kam ihm gerade erdrückend vor. Aber als er seinen neuen Lieblingsnachbarn auf dem Flur im Erdgeschoss sah, beschleunigte er seine Schritte.
Kaum aus dem Treppenhaus abgebogen stutzte Jimin. Eine Gestalt saß vor seiner Zimmertür auf dem Boden und starrte auf die gegenüberliegende Wand. Erst als er sich näherte, wurde er bemerkt und die Person erhob sich, drehte sich zu ihm und blickte ihm entgegen.
„Kookie? Was machst du hier?“, begrüßte er den Jüngeren verwundert. Dieser schüttelte nur den Kopf und nickte in Richtung Tür. Jimin öffnete sie ohne weitere Fragen und ließ seinen Freund hinein. Dieser schmiss sich direkt aufs Bett, vergrub sein Gesicht in Jimins Kissen und sagte nichts. Jimin betrachtete ihn skeptisch, ließ ihm aber erstmal seine Ruhe. Er kannte Jungkook zu gut und wusste, dass dieser zu erzählen beginnen würde, sobald er dazu bereit war. Schnell machte sich Jimin daran seine Kleidung im Schrank zu verstauen und blickte sich dann prüfend im Raum um, fand aber nichts, um sich zu beschäftigen und kniete sich schließlich neben das Bett.
Vorsichtig glitten seine Finger durch Jungkooks weiche Haare und dieser drehte sein Gesicht zu ihm, blickte ihn stumm an.
„Hast du lange gewartet?“, setzte Jimin zaghaft an und Jungkook lächelte leicht.
„Etwas. Du hast nicht auf meine Nachricht reagiert“, erwiderte er und verwirrte Jimin. Schnell zückte der sein Handy und prüfte die Anzeige. Tatsächlich, eine Nachricht. Genau zu der Zeit als sein Nachbar ihm ein Ohr abgekaut hatte.
„Habe ich nicht gesehen“, murmelte Jimin vor sich hin und spürte Jungkooks Finger an seiner Wange.
„Nicht schlimm, ich habe einfach auf gut Glück gewartet. In der Hoffnung du tauchst noch auf.“ Jungkook lächelte ihn liebevoll an und Jimins Herz begann zu flattern, als dieses Lächeln sich auf ihn übertrug.
„Du hättest doch anrufen können.“
„Wenn du Nachrichten nicht bemerkst, dann auch keine Anrufe. Ich kenne dich doch“, winkte Jungkook locker ab und ließ seine Finger in Jimins Haare gleiten, kraulte ihm den Nacken, bevor er sich ganz auf die Seite drehte. Mit einer Hand stützte er den Kopf ab, mit der anderen klopfte er neben sich auf die Decke und Jimin folgte der Aufforderung, legte sich neben seinen Freund und schaute ihm abwartend in die Augen.
„Was ist passiert?“, konnte Jimin schließlich nicht mehr an sich halten. Irgendwas war los, das konnte er in Jungkooks Gesicht sehen und es machte ihm Angst.
Schmerz blitzte in den schönen Augen des Jüngeren auf, ganz kurz nur, aber Jimin sah es und sein Herz zog sich zusammen. Jungkook legte seine freie Hand wieder an Jimins Wange zog ihn zu sich und küsste ihn zärtlich. Ließ dabei die Augen zufallen, genoss die gefühlvolle Berührung und die Nähe.
„Ich liebe dich Jiminshi“, hauchte er schließlich. Strich mit dem Daumen über seine Wange und lächelte ihn tapfer an.
„Egal was passiert, ich will dich nicht verlieren.“
Angst schoss durch Jimins Adern, ließ sein Herz stolpern und seinen Magen verkrampfen. Tausend Gedanken flogen ihm durch den Kopf. Machten ihn ganz schwindlig und jagten kalten Schweiß seinen Rücken hinunter. Er spürte, wie ihm das Blut aus den Wangen wich, als der Sturm der Sorgen in seinem Kopf schlimmer wurde. Jungkook sah es, brauchte aber einen Moment bevor er Worte fand.
„Der Brunch war eine Katastrophe…“, setzte er an und verstummte. Kurz schloss er die Augen und Jimin glaubte Tränen in ihnen zu sehen. Sofort gesellte sich Panik zu seinen wirbelnden Gedanken, Tränen kannte er von Jungkook nicht. Blieb dieser doch auch in den schlimmsten Situationen stets ruhig und gefasst.
„Es herrschte schon das totale Chaos, als ich ankam…“, fuhr er fort und verstummte erneut. Sprach einfach nicht weiter und brachte Jimin an seine Grenzen.
„Jetzt spuck schon aus was passiert ist!“, fauchte Jimin lauter als gewollt. Er war nicht mehr ganz Herr seiner Sinne, Jungkook machte ihm schrecklich Angst und er wollte endlich wissen wieso.
Überrascht weiteten sich die Augen des Jüngern, dann verstand er und nickte ergeben.
„Ein Brief, der an meinen Bruder gerichtet war, ist bei meinen Eltern gelandet.“ Mehr brauchte er nicht sagen, um Jimin das Problem deutlich zu machen. Er hatte das Drama damals mitbekommen und konnte sich im Groben vorstellen, wie die Reaktion von Jungkooks Eltern ausgefallen war, als sie an den totgeschwiegenen Sohn erinnert wurden.
„Meine Mutter ist ausgerastet… Vater war gerade dabei sie zu beruhigen, als ich kam. Sie ist sofort aufgesprungen und hat sich wieder fürchterlich aufgeregt und… rumgeschrien… so fassungslos habe ich sie noch nie gesehen…“ Jungkooks Stimme wurde immer leiser, zitterte etwas und machte Jimin betroffen. Er konnte die Angst und das Unverständnis hören, welches all dies in seinem Freund auslöste und er konnte es verstehen. Er kannte Jungkook seit Jahren und auch seine Eltern. Seine Mutter war eine ruhige, freundliche, aber auch sehr kontrollierte Frau. Egal was sie angestellt hatten, war sie stets ruhig und gefasst geblieben, hatte mit liebevoller Strenge gemaßregelt. Sogar als sie stockbesoffen von einer Geburtstagsfeier zu Jungkook kamen und sie sie an der Tür in Empfang nahm. Damals waren sie siebzehn und mehr als drei Stunden nach der vereinbarten Zeit, obwohl sie halb krank vor Sorge gewesen war, schrie sie nicht, machte keine Szene, scheuchte beide nur ins Bett und hielt ihnen am nächsten Morgen die obligatorische Standpauke.
„Was war das denn für ein Brief?“, fragte Jimin leise. Jungkook verzog seine Lippen zu einem bedrückten Lächeln.
„Keine Ahnung… das ist, glaub ich auch egal… Einfach die Tatsache, dass er ankam hat bei ihr die Sicherungen durchbrennen lassen. Seit mein Bruder damals gegangen ist, um mit seinem Freund zusammenzuziehen, ist er für die beiden gestorben.“
„Vermutlich haben sie den Brief mittlerweile genauso verbrannt wie die restlichen Dinge, die sie an ihn erinnern…“, fügte Jungkook nach einer kleinen Pause noch an, bevor er wieder verstummte. Mit dem Handrücken fuhr er sich über die Augen, wischte die Tränen weg, die ihm in den Wimpern hingen und schaute schwer schluckend zu Jimin. Dieser lächelte ihn tapfer an und streichelte ihm aufmunternd über die Wange.
„Ich habe solche Angst, dass sie das Gleiche mit mir machen“, wisperte er erstickt und Jimins Herz zog sich zusammen. Mit dieser Angst lebte Jungkook bereits die ganzen letzten Jahre. Seit sein Bruder sich ihren Eltern gegenüber geoutet hatte und aus der Familie verbannt wurde. Der Jüngere zeigte es nicht oft, aber die Angst war immer da, hielt ihn davon ab Jimins Hand in der Öffentlichkeit zu nehmen und er akzeptierte es.
„Das passiert nicht, wir passen doch auf“, versprach der Blonde mit einem zuversichtlichen Lächeln. Jungkooks Blick blieb jedoch betrübt und machte Jimin skeptisch. Fragend zog er eine Augenbraue hoch und wartete.
„Nachdem Mama sich beruhigt hatte, fand der Brunch noch statt, immerhin hatte sie Gäste eingeladen… sie musste ja unbedingt den Schein wahren…“, führ Jungkook schließlich fort und Jimin verstand seine Mutter nicht. Warum sagte sie das Ganze nicht ab, wenn sie sich so aufregte? Das legte man doch nicht von jetzt auf gleich ab. Außenwirkung hin oder her, die Familie war wichtiger. Sollte sie zumindest sein…
„Bekannte kamen noch und mit ihnen deren Sohn, der auch hier studiert… der Arsch fand es lustig mich andauernd nach einer Freundin zu fragen, weil er mich hier nie mit einem Mädchen sieht, aber hin und wieder mit dir. Er hat sogar nachgefragt, warum ich mit dir übers Wochenende in die Berge gefahren bin und nicht mit meiner Angebeteten“, verhaltene Wut sprach aus Jungkooks Stimme, während er sich mit zwei Fingern den Nasenrücken massierte. Jimins Kehle schnürte sich zusammen und sein Mund fühlte sich unangenehm trocken an, als ihm klar wurde was das bedeutete.
„Haben sie…“ Er konnte diese Frage nicht stellen, hatte zu viel Angst vor einem ja.
„Nein. Sie ahnen nichts. Ich habe erzählt, dass ich neben dem Studium keine Zeit für eine Liebschaft habe und deshalb auch mit dir gefahren bin, bist ja immerhin mein bester Freund“, beeilte sich Jungkook zu erklären, auch wenn sein Lächeln kein bisschen wärmer geworden war bei den Worten, beruhigte Jimin sich langsam wieder. Die Hand auf Jungkooks Wange ließ er in den Nacken des Jüngeren gleiten und zog ihn näher, legte seine Lippen sanft auf die seines Freundes und dieser brummte zufrieden. Starke Arme schlangen sich um ihn, zogen ihn näher an den Körper vor sich, während ihre Lippen sich sachte gegeneinander bewegten.
„Ich hatte so viele Hoffnungen für heute…“, wisperte Jungkook traurig, blickte in Jimins Augen, bevor sein Blick weiter zu dessen Lippen wanderte. Dann küsste er ihn erneut, seufzte in das Gefühl und glitt vorsichtig mit der Zunge über Jimins Unterlippe.
„Las dich davon nicht runterziehen. Wir haben es bisher geschafft, wir schaffen das auch weiterhin“, raunte Jimin ihm zu und endlich wurde das Lächeln des Jüngeren wärmer, erreichte seine Augen und ließ sie sanft funkeln.
„Versprich mir nur eins Jimin… Las mich nicht allein.“
Aus müden Augen beobachtete er, wie die Waschmaschine sich träge in Bewegung setzte und eine erste Runde drehte, dann stockte und weitermachte. Genervt wanderte Jimins Blick auf seine Uhr. Fünf Minuten musste er noch warten, wenn sie dann nicht gestoppt hatte, konnte er wieder auf sein Zimmer und die Zeit mit etwas anderem verbringen als vor der Waschmaschine zu sitzen und ihr beim Drehen zuzusehen. Nur solange musste er erstmal durchhalten.
Seine Nerven gaben es gerade nicht her und er spielte lieber mit dem Gedanken jetzt schon abzuhauen und darauf zu hoffen, dass die altersschwache Maschine auch so durchhielt, er nicht wieder vor seiner gut eingeweichten Wäsche saß und die Maschine erneut bezahlen musste in der Hoffnung, dass sie diesmal ihren Dienst tat. Wenigstens war gerade sonst keiner in dem muffigen Wäschekeller und beobachtete ihn dabei wie er hier die arme Waschmaschine böse anguckte, abwechselnd mit der Uhr auf seinem Handy.
Dabei wusste er nicht einmal, was ihn mehr störte, das unzuverlässige Teil vor seiner Nase oder dass er bisher keine Nachricht bekommen hatte. Er erwartete eigentlich keine, dennoch schaute er immer wieder nach und hoffte innerlich, dass sich jemand melden würde. Ablenkung täte ihm jetzt gut, immerhin war er schon so verzweifelt, dass er sich zum Wäschewaschen aufgerafft hatte, obwohl er kaum genug hatte, um die Maschine vollzubekommen. Sein Zimmer war schon blitze blank sauber und ihm gingen langsam die Alternativen aus. Eine Nachricht, Einladung, irgendwas kämen ihm gerade recht, aber nichts kam.
Resigniert die Luft ausstoßend stützte er seinen Kopf auf der Hand ab und schaute seiner Wäsche beim Waschen zu, blickte immer wieder auf die Uhr, nur um festzustellen, dass die Zeit einfach nicht vergehen wollte. Mit den Augen fixierte er den Zipfel eines roten T-Shirts und folgte ihm Runde um Runde, ließ sich hypnotisieren. Immer wieder glitten seine Gedanken zu dem Gespräch mit Taehyung und seiner Aufforderung. Diese Frage quälte ihn, viel mehr als ihm lieb war. Er war sich doch sicher bei der Antwort. Dass sie dennoch immer wieder in seinem Kopf auftauchte und ihn an seinem Glück mit Jungkook zweifeln ließ konnte ja fast nur bedeuten, dass er nicht so glücklich mit dem Jüngeren war, wie er zu sein glaubte. Seine Gedanken kreisten um dieses Thema wie die Wäsche in der Maschine, machten Runde um Runde, drohten im Schaum zu ersticken, nur wurden sie leider nicht durchgespült. Auf der Unterlippe kauend saß er hier und grübelte, bis ein schrilles Piepen ihn aus seiner Benommenheit weckte.
Erschrocken blinzelte Jimin, bemerkte dass seine Augen leicht brannten vom konzentrierten Starren und schaute auf sein Handy. Keine Nachricht, kein Anruf, auch kein Wecker. Was hatte gepiept?
Da wiederholte sich das Geräusch und Jimin schlug sich die Hand vor die Stirn, als er sich erhob. Seine Wäsche war fertig. Er hatte es echt geschafft ihr so fasziniert zuzusehen, dass er es nicht bemerkt hatte. Heute war alles seltsam, da schaffte er es wirklich über eine Stunde auf dem Boden vor der Waschmaschine zu verbringen und es nicht zu bemerken.
Sich selbst leise auslachend stopfte er die frische Wäsche in den Trockner daneben, warf Kleingeld in den dafür vorgesehenen Schlitz und startete das Programm. Dann machte er sich auf den Weg aus dem Keller hinaus. Wenn schon seine Freunde keine Ablenkung für ihn boten dann immerhin sein Magen, der wollte gefüllt werden und so verzog er sich erstmal in die Küche. Dort war es leider nicht so leer wie im Wäscheraum, aber dafür konnte er etwas von einer Reispfanne eines Nachbarn ergattern, der sich in der Menge verschätzt hatte. Höflicherweise hielt er noch etwas Smalltalk bevor er sich loseiste und wieder in den Keller verschwand. Dieser Nachbar war ihm eindeutig zu aufdringlich, abgesehen davon, dass er nur mittelmäßig kochte. Definitiv niemand mit dem er sich nochmal zusammensetzen wollte.
Schnell legte er seine nun trockenen Sachen zusammen und machte sich auf den Weg zurück in sein Zimmer. Er hätte es gerne noch hinausgezögert, die Einsamkeit in dem kleinen Raum kam ihm gerade erdrückend vor. Aber als er seinen neuen Lieblingsnachbarn auf dem Flur im Erdgeschoss sah, beschleunigte er seine Schritte.
Kaum aus dem Treppenhaus abgebogen stutzte Jimin. Eine Gestalt saß vor seiner Zimmertür auf dem Boden und starrte auf die gegenüberliegende Wand. Erst als er sich näherte, wurde er bemerkt und die Person erhob sich, drehte sich zu ihm und blickte ihm entgegen.
„Kookie? Was machst du hier?“, begrüßte er den Jüngeren verwundert. Dieser schüttelte nur den Kopf und nickte in Richtung Tür. Jimin öffnete sie ohne weitere Fragen und ließ seinen Freund hinein. Dieser schmiss sich direkt aufs Bett, vergrub sein Gesicht in Jimins Kissen und sagte nichts. Jimin betrachtete ihn skeptisch, ließ ihm aber erstmal seine Ruhe. Er kannte Jungkook zu gut und wusste, dass dieser zu erzählen beginnen würde, sobald er dazu bereit war. Schnell machte sich Jimin daran seine Kleidung im Schrank zu verstauen und blickte sich dann prüfend im Raum um, fand aber nichts, um sich zu beschäftigen und kniete sich schließlich neben das Bett.
Vorsichtig glitten seine Finger durch Jungkooks weiche Haare und dieser drehte sein Gesicht zu ihm, blickte ihn stumm an.
„Hast du lange gewartet?“, setzte Jimin zaghaft an und Jungkook lächelte leicht.
„Etwas. Du hast nicht auf meine Nachricht reagiert“, erwiderte er und verwirrte Jimin. Schnell zückte der sein Handy und prüfte die Anzeige. Tatsächlich, eine Nachricht. Genau zu der Zeit als sein Nachbar ihm ein Ohr abgekaut hatte.
„Habe ich nicht gesehen“, murmelte Jimin vor sich hin und spürte Jungkooks Finger an seiner Wange.
„Nicht schlimm, ich habe einfach auf gut Glück gewartet. In der Hoffnung du tauchst noch auf.“ Jungkook lächelte ihn liebevoll an und Jimins Herz begann zu flattern, als dieses Lächeln sich auf ihn übertrug.
„Du hättest doch anrufen können.“
„Wenn du Nachrichten nicht bemerkst, dann auch keine Anrufe. Ich kenne dich doch“, winkte Jungkook locker ab und ließ seine Finger in Jimins Haare gleiten, kraulte ihm den Nacken, bevor er sich ganz auf die Seite drehte. Mit einer Hand stützte er den Kopf ab, mit der anderen klopfte er neben sich auf die Decke und Jimin folgte der Aufforderung, legte sich neben seinen Freund und schaute ihm abwartend in die Augen.
„Was ist passiert?“, konnte Jimin schließlich nicht mehr an sich halten. Irgendwas war los, das konnte er in Jungkooks Gesicht sehen und es machte ihm Angst.
Schmerz blitzte in den schönen Augen des Jüngeren auf, ganz kurz nur, aber Jimin sah es und sein Herz zog sich zusammen. Jungkook legte seine freie Hand wieder an Jimins Wange zog ihn zu sich und küsste ihn zärtlich. Ließ dabei die Augen zufallen, genoss die gefühlvolle Berührung und die Nähe.
„Ich liebe dich Jiminshi“, hauchte er schließlich. Strich mit dem Daumen über seine Wange und lächelte ihn tapfer an.
„Egal was passiert, ich will dich nicht verlieren.“
Angst schoss durch Jimins Adern, ließ sein Herz stolpern und seinen Magen verkrampfen. Tausend Gedanken flogen ihm durch den Kopf. Machten ihn ganz schwindlig und jagten kalten Schweiß seinen Rücken hinunter. Er spürte, wie ihm das Blut aus den Wangen wich, als der Sturm der Sorgen in seinem Kopf schlimmer wurde. Jungkook sah es, brauchte aber einen Moment bevor er Worte fand.
„Der Brunch war eine Katastrophe…“, setzte er an und verstummte. Kurz schloss er die Augen und Jimin glaubte Tränen in ihnen zu sehen. Sofort gesellte sich Panik zu seinen wirbelnden Gedanken, Tränen kannte er von Jungkook nicht. Blieb dieser doch auch in den schlimmsten Situationen stets ruhig und gefasst.
„Es herrschte schon das totale Chaos, als ich ankam…“, fuhr er fort und verstummte erneut. Sprach einfach nicht weiter und brachte Jimin an seine Grenzen.
„Jetzt spuck schon aus was passiert ist!“, fauchte Jimin lauter als gewollt. Er war nicht mehr ganz Herr seiner Sinne, Jungkook machte ihm schrecklich Angst und er wollte endlich wissen wieso.
Überrascht weiteten sich die Augen des Jüngern, dann verstand er und nickte ergeben.
„Ein Brief, der an meinen Bruder gerichtet war, ist bei meinen Eltern gelandet.“ Mehr brauchte er nicht sagen, um Jimin das Problem deutlich zu machen. Er hatte das Drama damals mitbekommen und konnte sich im Groben vorstellen, wie die Reaktion von Jungkooks Eltern ausgefallen war, als sie an den totgeschwiegenen Sohn erinnert wurden.
„Meine Mutter ist ausgerastet… Vater war gerade dabei sie zu beruhigen, als ich kam. Sie ist sofort aufgesprungen und hat sich wieder fürchterlich aufgeregt und… rumgeschrien… so fassungslos habe ich sie noch nie gesehen…“ Jungkooks Stimme wurde immer leiser, zitterte etwas und machte Jimin betroffen. Er konnte die Angst und das Unverständnis hören, welches all dies in seinem Freund auslöste und er konnte es verstehen. Er kannte Jungkook seit Jahren und auch seine Eltern. Seine Mutter war eine ruhige, freundliche, aber auch sehr kontrollierte Frau. Egal was sie angestellt hatten, war sie stets ruhig und gefasst geblieben, hatte mit liebevoller Strenge gemaßregelt. Sogar als sie stockbesoffen von einer Geburtstagsfeier zu Jungkook kamen und sie sie an der Tür in Empfang nahm. Damals waren sie siebzehn und mehr als drei Stunden nach der vereinbarten Zeit, obwohl sie halb krank vor Sorge gewesen war, schrie sie nicht, machte keine Szene, scheuchte beide nur ins Bett und hielt ihnen am nächsten Morgen die obligatorische Standpauke.
„Was war das denn für ein Brief?“, fragte Jimin leise. Jungkook verzog seine Lippen zu einem bedrückten Lächeln.
„Keine Ahnung… das ist, glaub ich auch egal… Einfach die Tatsache, dass er ankam hat bei ihr die Sicherungen durchbrennen lassen. Seit mein Bruder damals gegangen ist, um mit seinem Freund zusammenzuziehen, ist er für die beiden gestorben.“
„Vermutlich haben sie den Brief mittlerweile genauso verbrannt wie die restlichen Dinge, die sie an ihn erinnern…“, fügte Jungkook nach einer kleinen Pause noch an, bevor er wieder verstummte. Mit dem Handrücken fuhr er sich über die Augen, wischte die Tränen weg, die ihm in den Wimpern hingen und schaute schwer schluckend zu Jimin. Dieser lächelte ihn tapfer an und streichelte ihm aufmunternd über die Wange.
„Ich habe solche Angst, dass sie das Gleiche mit mir machen“, wisperte er erstickt und Jimins Herz zog sich zusammen. Mit dieser Angst lebte Jungkook bereits die ganzen letzten Jahre. Seit sein Bruder sich ihren Eltern gegenüber geoutet hatte und aus der Familie verbannt wurde. Der Jüngere zeigte es nicht oft, aber die Angst war immer da, hielt ihn davon ab Jimins Hand in der Öffentlichkeit zu nehmen und er akzeptierte es.
„Das passiert nicht, wir passen doch auf“, versprach der Blonde mit einem zuversichtlichen Lächeln. Jungkooks Blick blieb jedoch betrübt und machte Jimin skeptisch. Fragend zog er eine Augenbraue hoch und wartete.
„Nachdem Mama sich beruhigt hatte, fand der Brunch noch statt, immerhin hatte sie Gäste eingeladen… sie musste ja unbedingt den Schein wahren…“, führ Jungkook schließlich fort und Jimin verstand seine Mutter nicht. Warum sagte sie das Ganze nicht ab, wenn sie sich so aufregte? Das legte man doch nicht von jetzt auf gleich ab. Außenwirkung hin oder her, die Familie war wichtiger. Sollte sie zumindest sein…
„Bekannte kamen noch und mit ihnen deren Sohn, der auch hier studiert… der Arsch fand es lustig mich andauernd nach einer Freundin zu fragen, weil er mich hier nie mit einem Mädchen sieht, aber hin und wieder mit dir. Er hat sogar nachgefragt, warum ich mit dir übers Wochenende in die Berge gefahren bin und nicht mit meiner Angebeteten“, verhaltene Wut sprach aus Jungkooks Stimme, während er sich mit zwei Fingern den Nasenrücken massierte. Jimins Kehle schnürte sich zusammen und sein Mund fühlte sich unangenehm trocken an, als ihm klar wurde was das bedeutete.
„Haben sie…“ Er konnte diese Frage nicht stellen, hatte zu viel Angst vor einem ja.
„Nein. Sie ahnen nichts. Ich habe erzählt, dass ich neben dem Studium keine Zeit für eine Liebschaft habe und deshalb auch mit dir gefahren bin, bist ja immerhin mein bester Freund“, beeilte sich Jungkook zu erklären, auch wenn sein Lächeln kein bisschen wärmer geworden war bei den Worten, beruhigte Jimin sich langsam wieder. Die Hand auf Jungkooks Wange ließ er in den Nacken des Jüngeren gleiten und zog ihn näher, legte seine Lippen sanft auf die seines Freundes und dieser brummte zufrieden. Starke Arme schlangen sich um ihn, zogen ihn näher an den Körper vor sich, während ihre Lippen sich sachte gegeneinander bewegten.
„Ich hatte so viele Hoffnungen für heute…“, wisperte Jungkook traurig, blickte in Jimins Augen, bevor sein Blick weiter zu dessen Lippen wanderte. Dann küsste er ihn erneut, seufzte in das Gefühl und glitt vorsichtig mit der Zunge über Jimins Unterlippe.
„Las dich davon nicht runterziehen. Wir haben es bisher geschafft, wir schaffen das auch weiterhin“, raunte Jimin ihm zu und endlich wurde das Lächeln des Jüngeren wärmer, erreichte seine Augen und ließ sie sanft funkeln.
„Versprich mir nur eins Jimin… Las mich nicht allein.“