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BLACK KNIGHTS: Blood Ties

Kurzbeschreibung
GeschichteAbenteuer, Drama / P18 / Gen
01.05.2019
01.05.2019
13
50.374
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01.05.2019 4.499
 
Die Autofahrt zurück zur Base der Black Knights hatte, wie zu erwarten war, lange gedauert. Etwas mehr als 50 Minuten um genau zu sein. Der Geländewagen war einige Zeit im Stau stecken geblieben und das obwohl Tucker County nicht wirklich riesig war. Einige Menschen, die hier arbeiteten wohnten leider etwas außerhalb und so kam es nicht selten vor, dass sich um die Mittagszeit eine Autoschlange bildete, die aus der Stadt hinaus führte.
Jetzt rauschte Dean endlich auf das Haupttor zu, was bereits weit offen stand und holperte über die im Boden eingelassene Stahlschiene! Sanft bremste er das schwarze Fahrzeug ab und Rick ließ das Seitenfenster herunter gleiten, während Charly, der sie von Weitem bereits gesehen hatte, einmal um den Wagen herum ging und sich dann ein wenig zu seinem Chef hinunter beugte.
Er salutierte Rick zackig. "Sir!"
"Charly ... Wo ist Sam gerade," fragte Rick ihn.
Der Mann hatte seine Augen bereits im Wagen suchend über den Vorplatz wandern lassen, doch hatte seinen Captain auf die Schnelle leider nicht entdecken können. Auch der junge Wachsoldat Charly spähte jetzt kurz über das Wagendach hinweg und dann schnell in die entgegengesetzte Richtung, doch auch er wurde in diesen ersten Sekunden nicht fündig. Als er seine volle Aufmerksamkeit dann wieder Rick zu wandte, merkte er schnell, dass Walkins wahrscheinlich in Schwierigkeiten steckte ... Der Gesichtsausdruck von Rick war-
"Charly," sagte Rick und zeigte mit dem Finger auf ihn. "Nimm dein Funkgerät und such ihn bitte! Er soll in zehn Minuten in meinem Büro erscheinen. Verstanden?"
"Äh, ja Sir," erwiderte der junge Soldat schnell und salutierte nochmals.
Charly drehte sich sofort um, ging von dem Wagen weg und spähte erneut suchend über den großen Vorplatz der Base. Hinter sich konnte er den Motor hören und wie der RangeRover hinüber zu der Garage fuhr. Auch das Tor wurde wieder geschlossen und als Charly Sam immer noch nicht gefunden hatte, zog er doch sein Motorola Funkgerät vom Gürtel ab und sprach hinein.
"Ferguson an Walkins! Dringend! Kommen, Sam?"
"Walkins hört?"
"Rick will dich in ..." Ein kurzer Blick auf die Armbanduhr. "Neun Minuten in seinem Büro sehen, Sam! Kommen?"
Die ersten vier Sekunden kam keine Antwort ... "Äh ... Hat er gesagt warum, Charly? Kommen bitte?"
"Nein, aber richtig glücklich war er nicht," gab Charly preis. "Er und Sully sind gerade von Paul zurück gekommen. Aber ich hab keine Ahnung um was es jetzt gehen könnte. Sorry!"
Doch Charly und auch Sam schienen schon eine gewisse Befürchtung zu haben. Wenn Rick ihn unmittelbar nach seiner Rückkehr von Paul Westen in sein Arbeitszimmer zitierte, würde Rick garantiert keinen Kaffee mit ihm trinken wollen. Und das bedeutete wiederum, dass Ärger in der Luft lag - für Sam selbst oder aber einen seiner Männer, was dann allerdings auch auf den Captain der Wachmannschaft zurück fallen würde. Charly vernahm ein leises Räuspern durch das Motorola und dann war wieder Sams Stimme zu hören.
"Fuck ... Verstanden! Danke, Charly! Walkins Ende!"
"Ferguson Ende!"
Während Charly das Funkgerät wieder an seinen Gürtel heftete, sah er zu der Garage hinüber, wo Rick und Sully bereits aus dem Wagen gesprungen waren und die Freitreppe hinauf stiegen. Das Auto stand wieder vorschriftsmäßig und sicher neben den anderen Fahrzeugen und Dean Perkins zog das dunkele Tor hinter sich zu. Charly schüttelte den Kopf, als er wieder den etwas säuerlichen Gesichtsausdruck von Rick vor sich hatte.
Manchmal bin ich echt froh, nicht Sam oder Dean zu sein. Bei der Verantwortung kriegen die viel eher einen übergebraten als wir anderen ...
Im Innern des großen Hauptgebäudes hatten der Colonel und sein First-Lieutenant gerade das erste Obergeschoss erreicht und bogen nach Links ab! Der Flur war fast leer. Vereinzelte Stimmen drangen aus den Zimmern und aus dem Dachgeschoss, doch sonst war es eher ruhig an diesem frühen Mittag.
Rick hatte auf an der Treppe die Führung übernommen und begab sich jetzt mit Sully im Schlepptau zu seiner abgeschlossenen Bürotür. Dort blieb er stehen und zückte seinen Schlüsselbund, als er hinter sich Sullys leise Stimme hörte.  
"Darf ich auf die Toillette gehen, bitte?"
Rick hatte die Tür geöffnet und schob sie an der Klinke auf. Er drehte sich nicht zu ihm um.
"Ja, geh!"
"Könnte aber was dauern ..."
"Ist schon gut! Geh!"
"Danke," entgegnete der Junge schnell.
Sully drehte sich blitzschnell um und joggte eilig den Flur hinunter, wo er den Waschraum der Jungs betrat. Nachdem Rick ihm noch einen kurzen Moment nachgesehen hatte und sich eigentlich sicher war, dass Sully nicht flüchten würde, ging er in sein Arbeitszimmer und ließ die Tür offen stehen, damit er sofort hören konnte, wenn Sully zurück war.
Der Offizier schlenderte durch sein Büro, zog sein Handy aus der Hosentasche und legte es auf den Schreibtisch. Dann nahm er das Haustelefon, überprüfte kurz die Anrufe in allen Listen und löschte mit einem Tastendruck das gesamte Verzeichnis bis alles wieder auf Null zurück gesetzt war.
Als er sich dann ein frisches Glas Wasser einschenkte und einen Schluck nahm, hörte er ein zaghaftes Klopfen an dem Türrahmen.
"Boss?"
Rick drehte sich wieder von den Fenstern weg, als er die Stimme von Sam Walkins hörte. Sein Captain stand in der offenen Tür. Er zog seine schwarze Kappe vom Kopf und kam einen Schritt weiter in den Raum.
"Komm rein, Sam," befahl Rick ihm mit einer Kopfbewegung. "Und lass die Tür bitte auf!"
Sam runzelte die Stirn. Okay! Das ist jetzt etwas eigenartig ... Vielleicht will er mir doch nicht den Kopf abreißen wegen irgendetwas ... Er nahm sein Gewehr von der Schulter und blieb einen Meter vor dem Schreibtisch und dem Besucherstuhl, der dort stand stehen.
"Ich war gerade mit Sully bei Paul im Krankenhaus. Kannst du dir eventuell vorstellen, warum?"
"Nein," gab Walkins schnell zurück.
Sam überlegte kurz ob ihm etwas Ungewöhnliches an seinem besten Freund aufgefallen war. Und dann fiel ihm wieder ein, dass er Sully Gestern hatte aus der Krankenstation  kommen sehen. Er hatte zwar nichts dabei gehabt, aber trotzdem war es merkwürdig und auch irgendwie verdächtig gewesen. Sollte er Rick das jetzt wirklich sagen oder?
"Sam?"
Räuspern. "Ja?"
Rick musterte ihn jetzt intensiv. "Woran denkst du gerade?"
"Ehm ... Als du gestern weg gefahren bist, da ... Ich wollte zurück zu meinem Dienst und da ist Sully aus der Krankenstation gekommen. ... Er hat mich quasi fast über den Haufen gerannt!"
Macintosh hob wieder sein Glas und trank nochmals, während er seine Augen keine Sekunde von Sam und dessen Leidensmine abwandte. Er setzte das Glas auf dem Tisch ab und kam noch einen Schritt näher an die Schreibtischkante.
"Er kam also aus der Krankenstation," überlegte Rick laut und fasste er sich wieder an den Bauch. Seine wärmende Jacke wollte er immer noch nicht ausziehen. Stattdessen verschränkte er vorsichtig die Arme vor der Brust und atmete noch mal tief durch. "Was wollte er denn da, Sam? Hast du ihn das gefragt? Und wie ist er überhaupt da rein gekommen, ohne Schlüssel? Hast du ihn das gefragt, so wie es deine Pflicht gewesen wär?!"
"Ja, Rick! Das-das hab ich ..."
"Und was hat er gesagt," fragte Rick mit lauter Stimme weiter.
Sam fühlte sich von Sekunde um Sekunde unwohler in seiner Haut! Wenn Rick so gezielt nachfragte, wusste er meist bereits die entsprechende Antwort oder aber was passeirt war. Und jetzt wusste Sam auch, dass er dieses Spielchen hätte aufhalten können - indem er Rick über den Vorfall informiert hätte.
So wie es seine verdammte Pflicht gewesen wäre ...
"Er," begann Walkins vorsichtig, denn das was er jetzt von sich geben würde, würde Rick nicht wirklich gefallen. "Hat mir gesagt, dass er Jemandem einen Gefallen tut. Mehr wollte er nicht sagen. Er ist dann auch ziemlich schnell wieder abgehauen, aber ... ich glaube er war auch am Giftschrank ... " Sam spürte einen Kloß im Hals und senkte schließlich den Blick auf den Boden. "Sir."
Rick konnte es nicht glauben! Mit beiden Händen raufte er sich die schwarzen Haare und drehte sich schließlich von Sam weg um wieder durch eines der Fenster zu sehen. Die Sonne hatte sich schon fast verzogen und einige Wolken schoben sich von Osten her über die Base. Vielleicht würde es bald wieder anfangen zu regnen ...
"Unfassbar! Du hast ihn da raus kommen sehen und du weisst ganz genau, dass dieser Raum immer abgeschlossen ist. Denn nur Dean, du und ich besitzen einen Schlüssel, damit sich keiner an den Medikamenten vergreift und dann kommt es dir noch nicht mal in den Sinn, mir Bescheid zu geben, dass Sully sich da rumgetrieben hat?!"
"Er hat gesagt, es würde nicht auffallen," sagte Walkins leise.
"Blickkontakt!"
Ganz langsam hob Sam seinen Kopf an um Rick wieder seinen Respekt zu zeigen.
"Du hast ihn also erstens, nicht direkt gefragt was er da wollte," fasste Rick noch mal zusammen. "Und zweitens, ich nenne es jetzt mal versäumt mir zu sagen, dass Sully in die Krankenstation eingebrochen ist und am Giftschrank war! ... Wirklich gut!"
"Si-"
"Ruhe," ermahnte Rick ihn sofort und hob dann einen Arm und eine Hand. "Genau solche Leute brauche ich hier, Sam! Ganz besonders so einen Captain, der mir permanent in den Rücken fällt und seinen Job nicht richtig erledigt!"
Wieder versuchte Sam etwas zu sagen, doch ein strafender Blick von Rick genügte jetzt um ihn zum Schweigen zu bringen. Vorsichtig blies Rick die Luft aus seinem Mund, als er merkte, wie sein Magengeschwür erneut zu rebellieren begann. Er widerstand jedoch trotz der aufkommenden Schmerzen weiterhin dem Drang sich hin zu setzen.
Sam schluckte. "Darf ich jetzt etwas sagen, Sir?"
"Bitte!"
"Ich war einfach zur falschen Zeit am falschen Ort," versuchte sich Sam zu verteidigen. Er hob beide Hände und begann zu gestikulieren. "Pass auf, wenn ich nur zwei Minuten später da lang gelaufen wär, dann hätten wir uns überhaupt nicht getroffen!"
Rick schüttelte den Kopf. "Sam! Darum geht es doch gar nicht! Es geht darum, dass du mir Sachen verheimlichst und dass obwohl du ganz genau weisst, dass ich davon wissen muss. Ganz besonders, wenn mein Ziehsohn sich in die Krankenstation schleicht, obwohl er keinen Schlüssel hat!"
Er zeigte mit dem Finger auf sich. "Ich als dein CO und dieser Einheit hätte davon erfahren müssen und nur darum geht es hier! Hast du es jetzt verstanden?"
"Ja, verstanden, Boss," erwiderte Walkins geknickt und grub seine Finger in die Basecap, die er in der Hand hielt. "Es tut mir leid und ich werde, falls es ein nächstes Mal gibt, Bescheid sagen, Sir!"
"Das ist eine sehr gute Idee," entgegnete Rick nickend.
Er lächelte leicht und machte dann einen Schritt nach links in Richtung Schrank, blieb stehen und schlüpfte aus seiner schwarzen Jacke, die er einfach auf das Sideboard legte. Sam beobachtete ihn unsicher und schließlich kam Rick dann doch auf ihn zu bis er dicht vor seinem Captain stehen blieb. Eine Tür wurde im Flur geöffnet und wieder zugeschlagen! Das könnte Sully sein, denn der ließ sich gerade sehr viel Zeit mit seinem Toillettengang, wie Rick bemerkte.
"Sam? Ich frage dich jetzt etwas und ich verlange eine ehrliche Antwort ..."
Ricks Gesicht war jetzt nur wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt und so nah, dass Walkins das neu gekaufte Rasierwasser riechen konnte. Am Liebsten wäre Sam jetzt etwas zurück gewichen. Der Colonel stemmte die Hände in die Hüften, sah ganz kurz zu der immer noch offen stehenden Bürotür hinüber und dann wieder Sam direkt in die blauen Augen.
"Hat Sully dich oder einen deiner Männer vielleicht bestochen, damit ihr in die andere Richtung seht und er einfach durch das geöffnete Tor marschieren kann? Letzte Nacht? Kann das sein, Samuel?"
Was? "Nein, Sir! Er hat mich nicht bestochen! Ich war doch die ganze Nacht auf dem Westhof und da hab ich ihn nicht gesehen, Sir!"
"Wer war denn dann bitte auf dem Osthof und am Tor?"
"Ich glaube Dean hatte die Hauptwache da," überlegte Sam. "Er-er hat mich jedenfalls gegen zwanzig nach elf angefunkt und mir gesagt, dass die beiden Trupps für die Übung mit Robin und Tom das Tor passiert haben und in den Wald sind ..."
"Richtig! Die Übung war ja gestern Nacht," überlegte Rick laut und kratzte sich am Kinn. Plötzlich lächelte er ironisch. "Jetzt weiss ich es!"
"Was denn?"
"Er hat sich einfach unter die anderen gemischt," erklärte er Sam. "Er hat sich wahrscheinlich die Uniform angezogen, sich dann ein Gotchagewehr besorgt und zum Schein bei der Übung mitgemacht und gehofft, dass die Jungs am Tor nicht wissen, wer bei dem Training dabei ist und wer nicht. ... Richtig, Sully?!"
Macintosh und auch Sam drehten sich um und Sam sah seinen besten Freund, der still an der offenen Tür stand und schließlich wiederstandslos das von Rick Geratene bejahte.
"Ja, so war es."
"Großartig! Dann werd ich mir Parker Morgen vornehmen, denn zwei an einem Tag ist mir im Moment wirklich zu viel!" Er wandte sich an Walkins. "Sam? Ich werde dich dafür nicht zur Rechenschaft ziehen und Dean genau so wenig, denn der entsprechende Teamleiter der Übung trägt die Verantwortung und das war in diesem Fall nun mal Robin!"
Sam nickte erleichtert. "Ja, Sir!"
"Rick," meldete sich dann Sully zu Wort.
Doch der Colonel stoppte ihn sofort wieder mit einer erhobenen Hand. "Eine Sekunde, mein Junge ... Sam?"
"Hier, Sir ..."
Rick strich sich müde über die Stirn. "Ich kann dein Verhalten trotzdem nicht ungestraft lassen, ich denke du weisst das! Du hättest mir so schnell wie möglich berichten sollen, dass Sully unerlaubt in der Krankenstation war!"
Verdammt ... "Ja, Boss!"
"Also," befahl Rick. "Du hast Stubenarrest! 72 Stunden! Und in dieser Zeit, Sam, bist du außerdem vom Dienst befreit. Nur auf die Toillette ... Und zu den Mahlzeiten ist Anwesenheitspflicht, denn ich möchte niemanden abkommandieren müssen, der dir immer das Essen auf das Zimmer bringen muss. Und zu mir darfst du natürlich auch, wenn es etwas zu klären gibt. Okay? Haben wir uns verstanden?"
Sam seufzte und rollte dann mit den Augen. Leider war er nicht ganz unbeobachtet.
Rick packte ihn vorn am Kragen der Uniformjacke und wirbelte ihn einmal herum, so dass sie jetzt wirklich Auge in Auge waren.
"Und das, Sam, lässt du sofort sein! Es sei denn du willst noch dazu über diesen Tisch," warnte Rick ihn und deutete mit der freien Hand und einem ausgestreckten Zeigefinger einmal durch den Raum auf seinen unaufgeräumten Schreibtisch. "Willst du das?"
Jetzt ließ er seinen Captain los.
Sam schüttelte den Kopf. "Nein, Sir!" Nur das nicht!
"Na also! Dann richte Dean gleich noch von mir aus, dass er beim nächsten Mal, wenn ein Training stattfindet, er sich vorab mit der Teilnehmerliste vertraut machen soll, damit er alle Namen im Kopf hat und durchzählen kann! Falls ich nicht persönlich dabei sein sollte."
"Verstanden, Boss!"
"Dann kannst du jetzt wegtreten und sobald deine Schicht von Heute zu Ende ist, beginnt der Arrest. Alles klar? Raus jetzt!"
Sam nahm Haltung an. Er setzte seine Kappe auf und salutierte seinem CO! Rick erwiderte den Gruß schnell. Er warf seinem besten Freund noch einen kurzen Blick zu, als er an Sully vorbeihuschte und keine zwei Sekunden später war der Captain wieder auf dem Flur um seine restliche Schicht zu beenden und dann seinen Arrest anzutreten.
Rick machte drei Schritte auf Sully zu, drängte ihn von der Tür weg und in den Flur hinein und stützte sich dann mit einer Hand und Unterarm auf den dunkelbraunen Rahmen seiner Bürotür. Schnell sah er nach links, doch Sam war schon weg und außer Hörweite.
"Weshalb ziehst du immer wieder andere Personen mit in dein sinkendes Schiff, Sully," fragte Rick leise. "Das sind deine Kameraden! ... Deine Freunde! Oder irre ich mich?"
Sein Gegenüber senkte reumütig den Blick und blieb stumm. Doch Rick konnte sehen, dass Sully nachdachte und es bereute, dass er Sam wie auch Robin mit in die Sache hineingezogen hatte ...
Sully zuckte einfach nur die Schultern.
"Was soll das denn bitte heißen," fragte der Mann, während er die Geste mit dem rechten Arm und Schulter nachmachte. "Hast du in den paar Minuten in denen wir hier zusammen stehen etwa verlernt zu sprechen?!"
"Nein, ich ..." begann Donavan sich zu rechtfertigen, doch verstummte dann wieder, als er Ricks intensiven Blick deuten konnte. Er hatte sein Urteil ja bereits gefällt oder? Also warum sich noch die Blöße geben? Sully schüttelte den Kopf und wurde dann wieder lauter und ungehaltener gegenüber seinem Boss! "Was kann ich denn dafür, wenn Sam gerade den Flur lang kommt, wenn ich aus der Krankenstation komme, verdammt?!"
"Ich rate dir mit mir einen anderen Ton anzuschlagen, mein Junge," zischte Rick jetzt leise und deutete mit dem Finger auf Sullys Brust. "Ansonsten kannst du jetzt mit rein kommen und wir machen die Tür hinter uns zu! Hast du mich verstanden?"
Der Stier in Sully schnaubte wieder wütend und scharrte mit den Hufen ...
Ganz ruhig, Junge ... Er räusperte sich entschuldigend. "Ja, Sir ..."
Sully setzte seinen Welpenblick auf. "W-werd ich heute noch bestraft?!"
Sein Ziehvater öffnete den Mund - schloss ihn dann wieder. Mit einem etwas irritierten und auch schockierten Gesichtsausdruck sah Rick seinen First-Lieutenant von der Seite aus an, während er sich mit der linken Hand immer noch an dem Türrahmen seines Büros festhielt. Hatte er diese Frage jetzt wirklich ernst gemeint oder wollte er ihn weiter verarschen? Rick überlegte und nach vier Sekunden wandte er sich dann mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen an Sully.
"Nein, Sully ... Wie kommst du darauf," fragte Rick ironisch.
Dann verschwand das Lächeln und er wurde etwas ernster - und auch lauter! "Du hast dich doch nur letzte Nacht-" Er hob die rechte Hand und streckte den ersten Finger aus. "Rausgeschlichen oder anders ausgedrückt: Du bist ausgebrochen!"
Ein zweiter Finger kam hinzu, ehe Donavan etwas dazu sagen konnte. "Du bist in das Büro eines Chefarztes eingebrochen ..." Finger Nummer drei! "Du hast Medikamente gestohlen und die Bürotür beschädigt, so dass wahrscheinlich die komplette Tür ausgetauscht werden muss!"
Es kam eine kleine Gruppe Jungs vom anderen Ende des Flures auf sie zu, doch sie bogen schnell in das Treppenhaus ab, als sie Sully bei Rick vor dessen Büro stehen sahen. Dann hob Rick den Mittelfinger hinzu.
"Du hast eine direkte Anweisung ignoriert, nämlich einen offiziellen Bericht für die Übung zu schreiben und das obwohl du wusstest, dass dieser für Frank bestimmt war und er auf ihn wartet!"
Finger Nummer Fünf kam dann zum Schluß und die Finger der Hand waren komplett, als der Mann sie vor Sullys blasses Gesicht hielt und ihn mit einem wütenden Blick strafte. "... Außerdem hast du mir permanent - und das nicht nur Heute - ins Gesicht gelogen! Und Paul hast du noch dazu auch angelogen! Obwohl der dir vorher klar gemacht hat, was passieren wird und welche Konsequenzen du zu erwarten hast, wenn du es tust!"
Sein Junge schluckte schwer. Er blickte Rick etwas traurig in die Augen, doch blieb stumm ... Der Zug war abgefahren und eine Du kommst aus dem Gefängnis frei und kannst deinen Arsch retten-Karte gab es nicht! Still begann er nun nervös auf seiner Lippe herum zu kauen und ... "Also ist das ein Ja, o-oder?"
Rick schüttelte den Kopf. Genervt rollte er mit den Augen und sah hinauf an die Decke des Flures, ehe er leise zu zählen begann.
"Eins ... Zwei ... Drei ... Vier ..." zählte er. "Fünf ... Sechs ... Sieben ... Acht ..."
Er senkte den Blick wieder auf Sully hinab. "Du machst es mir gerade äußerst schwer Pauls Bitte nachzukommen, ich solle mich nicht aufregen und ruhig bleiben, Sully! Wirklich sehr schwer." Er atmete einmal tief durch und rieb sich dann den Bauch mit der anderen Hand, ehe er Sully noch mal an sprach. "Aber um deine Frage zu beantworten ... Ja! Du wirst bestraft und zwar heute noch! Ich muss nur noch über ein genaues wann und wie nachdenken, wenn du gestattest, Lieutenant!"  
Und wieder musste Sully schlucken. "Ich- Tut mir leid."
"Besonders über das Wann bin ich mir noch unklar," teilte der Mann ihm mit und klopfte leicht mit den Fingern auf dem Holz des Türrahmens herum, als sich eine neue kleine Gruppe Jungen über die Treppe in den zweiten Stock begab. Rick fuhr mit leiser Stimme fort. "Wie steht es mit deinen Kopfschmerzen im Moment?"
"Garantiert besser als bei dir," erwiderte Sully bedrückt.
Er hasste es, Rick aufzuregen. Und er hasste es noch mehr, dass sein Ziehvater dann fast immer litt wie ein Hund ... Jedesmal nahm Sully sich vor, es beim nächsten Mal einfach irgendwann Gut sein zu lassen, doch dann kam das nächste Mal und er schaltete mal wieder sein Gehirn komplett ab und dafür einen Gang höher! Dann ging er in Abwehrhaltung und versuchte sich irgendwie raus zu reden, obwohl er ganz genau wusste, dass er Rick damit an seine körperlichen Grenzen bringen würde.
Rick nickte. "Ja, das denk ich auch! ... Also ich werde mich jetzt wirklich etwas hinlegen und hoffen, dass ich schlafen kann. Die letzte Nacht war nämlich für mich auch nicht gerade sehr erholsam-"
"Was war denn," fragte der Junge interessiert.
Seufzen. "Tom ist auf der Treppe über seine eigenen Füße gestolpert. Zum Glück war das Gewehr gesichert, sonst hätte das ziemlich böse enden können. ... Angeknackster Fuß - nur falls du es genau wissen willst!"
"Oh," machte sein Kleiner mitfühlend.
Und dann trat Rick noch mal verbal nach. "Das hättest du sehr leicht mitkriegen können, wenn du hier in diesem Haus und deinem Zimmer gewesen wärst, hm? Aber nein, der Herr musste ja wieder Mal hinter meinem Rücken Scheiße abziehen!"
"Danke," antwortete Donavan mit hängenden Schultern. "Musst du noch in der Wunde rumstochern, Rick?!"
"Ja," zischte sein Commander wütend. "Muss ich! Und jetzt befehle ich dir in dein Zimmer zu gehen und dort zu bleiben. Und zwar so lange bis du von mir etwas Gegenteiliges hörst. Nur auf die Toillette! Keine Besucher! Nichts! Zum Essen werd ich dich holen!"
"Ja, ich hab verstanden," bestätigte Sully die Order geknickt.
Macintosh nickte. "Gut! Wegtreten!"
Sein Lieutenant machte einen Schritt rückwärts und von Rick weg. Er nahm Haltung an, salutierte seinem CO und dieser erwiderte den Salut lässig mit der rechten Hand, ehe er seine Linke endlich von dem Holz des Türrahmens nahm.
Donavan machte auf dem Absatz Kehrt, ging drei Schritte weiter und verschwand dann endlich aus Ricks Blickfeld und in seinem Zimmer! Rick seufzte einmal tief und drehte sich dann um. Er schloss die Bürotür hinter sich. Gezielt ging er auf die Fensterbank zu, nahm eines der Walkie-Talkies von der Ladestation und spähte durch die Scheibe hindurch auf den Hof, während er die Ruf-Taste drückte und hineinsprach.
"Macintosh an Harold! Kommen?"
Es rauschte erst leise, dann nur Sekunden später konnte er Elis Stimme hören.
"Harold hört?"
"Eli, ich werd mich vor dem Essen etwas hinlegen. Das Problem mit Sully hat mir doch etwas zu sehr auf den Magen geschlagen als ich gehofft hatte. ... Bitte sei so gut und komm um ..." Er dachte kurz nach. "Zehn vor Eins vorbei und sieh nach ob ich wach bin. Okay?"
"Ja, mach ich, Rick," bestätigte der junge Sergant die gegebene Order schnell. "Soll ich vielleicht James sagen, dass er dir etwas fettfreies kochen soll? ... Haferschleim zum Beispiel?"
Der Colonel drückte wieder die Taste, während er seinen Blick über den Hof schweifen ließ.
"Eli, wo bist du gerade," fragte er dann mit einem diabolischen Grinsen auf dem Gesicht.
"Ehm, nicht in deiner Nähe ... Sorry," lachte Eli. "Ich bin im Stall!"
"Glück gehabt, mein Junge! Sag James einfach, dass er mir irgendetwas machen soll wovon ich auch satt werde und was auch Geschmack hat! Ja?"
"Alles klar, Rick," gab Harold zurück. "Bis nachher!"
"Danke! Ende!"
"Ende!"
Der Mann atmete tief durch und steckte das Funkgerät wieder auf seinen Platz zurück. Als nächstes spülte er seine Tasse und die Kaffeekanne aus, stellte beides wieder in den Schrank zurück und betrat nach einem Toillettengang sein Wohn-/Schlafzimmer.
Rick zog die Jalousien und die Vorhänge an beiden Fenstern zu, um den Raum so dunkel wie möglich zu machen, setzte den Alarm des Weckers auf kurz vor 13 Uhr, damit er das Mittagessen nicht verpasste und begann sich die schweren Stiefel von den Füßen zu ziehen. Das Langarmshirt ersetzte er durch ein weißes T-Shirt, die Hose und die Socken zog er aus. Rick schlich barfuß noch mal zu seiner Zwischentür zurück, drückte sie bis auf einen kleinen Spalt zu und legte sich dann endlich müde unter die warme Bettdecke.
Er gähnte ausgiebig. Die letzten Tage und vor allem der Stress und die permanente Lügerei und die Meinungsverschiedenheiten mit Sully hatten ihn wiedermal sehr schnell ins Abseits gedrängt!
Ruhig lag er da ... Auf dem Rücken und starrte die weiße Decke seines Zimmers an. Ich versteh ihn sogar ... dachte Rick. Eigentlich versteh ich ihn ... Er hat das getan, was sein Vater von ihm verlangt hat. Und an die Konsequenzen hat Sully wahrscheinlich gar nicht erst gedacht.
Er schnaufte und drehte sich dann auf die Seite. Rick schob die rechte Hand unter das graue Kopfkissen und winkelte seine Beine an. Auf der anderen Seite hätte er mir einfach nur Bescheid sagen müssen oder?Dann hätten wir zusammen nach einer besseren Lösung gesucht, als bei Paul einzubrechen und die Dinger zu klauen ...  
Rick räusperte sich leise, als er ein leichtes und unangenehmes Ziehen in seiner Magengegend spürte. Schnell schob er seine Knie noch ein Stück weiter nach oben und presste die freie Hand unter der Decke auf seinen Bauch. Ich bin schon gespannt, ob Mr Donavan wirklich ein Suchtproblem hat oder ihm irgendwer ganz einfach die Medikamente verweigert? Vielleicht hat er auch kein Geld mehr und kann sich deswegen die Tabletten nicht mehr leisten?
Noch wenige Minuten dachte er über Sullys Vater nach. Die wohlige Wärme, die sich um ihn herum ausgebreitet hatte, tat ihr übriges um Rick ganz allmählich in den wohlverdienten Schlaf sinken zu lassen ...




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