BLACK KNIGHTS: Blood Ties
von Black Knight One
Kurzbeschreibung
[Teil VI meiner Black Knights Reihe] Ein unerwartetes Wiedersehen während einer Trainingsmission stürzt Sully in einen ernsten Gewissenskonflikt mit Rick! Welcher wiederum ein ruhiges Wochenende auf der Base nach und nach zerplatzen lässt. … Warning: Spanking/Corporal Punishment in Chapters!
GeschichteAbenteuer, Drama / P18 / Gen
01.05.2019
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Als sie gegen kurz nach eins fast aus dem Wald heraus waren und es nur noch wenige Meter bis zu der Zufahrtsstrasse waren, beorderte Rick Dean er solle die Turmwache anfunken, dass sie noch eine weitere Person dabei hatten. Natürlich würde niemand auf Ray schießen - doch der Colonel wollte auf Nummer sicher gehen, dass sein Wachteam zu so später Stunde Bescheid wusste!
Auf der Strasse dann, blieb Ray stehen und sah sich um. Er konnte nur wenige Laternen ausmachen, die alle paar 100 Meter etwa, die Strasse säumten und bei dieser Dunkelheit in ein eher schummeriges Licht tauchten. Als er seinen Kopf einmal herumdrehte, sah er Rick und den anderen jungen Mann, die zielstrebig weiter liefen und ein Tor aus Maschendraht ansteuerten, was sich in der Ferne schließlich von zwei in schwarz gekleideten Gestalten nach beiden Seiten hin aufgezogen wurde.
"Komm, Dad," sagte Sully leise neben ihm.
Ray sah ihn an. Er war fasziniert von dieser Weite und Größe der Basis ...
"So groß habe ich es mir nicht vorgestellt, Sully," gab er bekannt.
Sein Sohn machte einen Schritt vorwärts und Ray folgte ihm die Strasse hinunter. Stolz sah Sully zu dem offenen Haupttor hinüber und sah, dass Rick und Dean etwas weiter Abseits auf dem Hof standen und Rick etwas zu ihm sagte. Dann salutierte Dean zackig, machte kehrt und marschierte auf seinen Posten auf dem Westhof zurück, während Rick stehen blieb und wartete.
Der First-Lieutenant warf seinem Dad einen Blick zu und machte einen Schritt über die Stahlschiene.
"Ganz so riesig ist es nicht," sagte er dann, aber Ray konnte in seiner Stimme hören, dass Sully stolz war hier leben zu dürfen. Er zuckte die Schultern. "Es kommt dir nur so vor, weil es dunkel ist."
Der Mann sah sich vorsichtig um. Ihm fiel auf, dass sie beobachtet wurden. Oder eher ... angestarrt! Ray räusperte sich und lehnte sich dann ein Stückchen zu seinem Sohn hinüber, der den Reißverschluß seiner Kampfjacke öffnete und sie gerade ausziehen wollte.
"Wieso glotzen die alle so," fragte Ray leise.
"Die sind vom Wachteam, Dad! Die sind nur neugierig, sonst nichts. Es kommt nicht jeden Tag vor, dass Rick einen Fremden auf die Base einlädt. Es sei denn der Typ ist ein anderer Offizier oder Sponsor, der in uns investieren will. ... Keine Angst! Die tun dir nichts!"
"Wenn du das sagst, Junge ..."
"Kommt ihr? Ich will mir ihren Arm noch ansehen, Ray, bevor ich todmüde ins Bett falle," rief Rick plötzlich, der bereits ein bißchen weiter gegangen war. "Du kannst ihm Morgen alles zeigen, Sully! Unser Tag war doch ziemlich anstrengend und-" Hier sah er seinen Ziehsohn an und zog eine Augenbraue in die Stirn. "Ich denke, wir haben uns doch etwas Schlaf verdient, meinst du nicht?"
"Eh, ja! Richtig," widersprach Sully nicht. "Komm, Dad!"
Sie betraten das Haus und steuerten sofort den ersten Stock und die Krankenstation an! Auf dem Flur war es menschenleer. Ein Teil der Black Knights war wahrscheinlich immer noch draußen im Wald und feuerte Gotchakugeln aufeinander ab und der andere Teil war bereits im Bett und schlief tief und fest. Wenigstens hoffte das Sully! Irgendwelche Fragen bezüglich seines Vaters beantworten wollte er heute nämlich nicht mehr.
Rick kramte seine Schlüssel hervor, zog seine Jacke aus und öffnete die Tür. Nachdem er sich die Hände gewaschen hatte und Ray es sich auf der Liege bequem gemacht hatte, schaltete Rick die helle Lampe ein und streifte sich Handschuhe über. Sully kam einen Schritt näher, doch hielt sich so im Hintergrund, dass er Rick's Arbeit nicht behindern würde.
"Dann wollen wir mal," sagte der Colonel spielerisch.
Ray zog seine Jacke aus und legte sie neben sich. Der Pullover folgte mit etwas Mühe. Ein schmutziger Verband kam zum Vorschein, der ein paar mal nicht sehr fachmännisch um den Ellbogen und Unterarm gewickelt war. Rick sah seinem Patienten kurz in die Augen und öffnete dann äußerst vorsichtig den Knoten, der die beiden Enden zusammen hielt.
Nach ein paar Sekunden hatte der Arzt den Verband abgerollt und warf ihn in den kleinen Mülleimer unter der Liege. Doch was Rick dann sah, machte ihn etwas stutzig. Behutsam nahm er Ray's Handgelenk in seine linke Hand und drehte den Arm etwas, bis Ray vor Schmerz leise aufzischte.
"Entschuldigung! Das sind Schnittwunden, Ray," teilte Rick ihm mit. "Und die haben sich leider etwas entzündet so wie es aussieht. Deswegen haben sie so große Schmerzen ..."
Dann spürte Rick Sully, der neben ihn trat. "Was ist passiert, Dad? Wer war das?"
"Irgendwelche Kerle, mein Junge," antwortete Mr. Donavan seufzend. "Vor ein paar Tagen da ... wurde ich auf der Strasse ausgeraubt. Die haben mir mein Geld gestohlen und als ich mich wehren wollte, da haben sie mich mit einem Messer erwischt."
Rick stand auf und holte sich Tupfer, Jod, eine Salbe und einen neuen Verband und begann dann sehr vorsichtig die Schnittverletzung zu säubern. Ray ertrug die Behandlung ziemlich still wie Sully bemerkte. Nach ein paar Minuten war er fertig und holte sich die Utensilien um noch eine schöne Naht zu setzen.
Er gab Ray eine örtliche Betäubung in den Arm und ließ Sully dann eines der Gästezimmer vorbereiten, da Ray ja diese und auch vielleicht die nächste Nacht auf jeden Fall hier verbringen würde. Als die beiden Männer allein waren, die Betäubung wirkte und Rick mit dem Nähen begann, konnte er nicht anders, als Ray ein bißchen auszufragen.
"Sie waren noch gar nicht bei einem Arzt, oder?"
Erst war es still. Dann ... "Nein! Darum hat es sich auch entzündet! Ich habe seit ein paar Wochen keine Arbeit mehr und somit auch keine Krankenversicherung! Und da die beiden Typen mich bestohlen haben, kann ich auch keine Medikamente in einer Apotheke kaufen und bezahlen."
"Verstehe," gab Rick zurück. "Und dann fiel ihnen ihr Sohn ein, dessen Chef Arzt ist und sicherlich ein paar Tabletten herum liegen hat, die er nicht mehr braucht!"
Ray räusperte sich verlegen. "Ja, so in der Art! Es tut mir leid, Rick! Ich hätte Sully nicht darum bitten sollen, aber ich hab wirklich keine andere Möglichkeit mehr gesehen."
"Mir ist schon klar, dass sie nicht in ein Krankenhaus gehen können um sich behandeln zu lassen, Ray, aber," begann der Colonel mitfühlend, während er den letzten Stich setzte. "Wenn sie schon auf meinen Namen gekommen sind, dann sage ich ihnen jetzt das Selbe, was ich heute ... gestern Mittag ihrem Sohn gesagt habe! Warum sind sie nicht direkt zu mir gekommen?"
Er zog den Faden durch die Haut und machte dann einen festen Knoten! Ray sah Rick ins Gesicht und seufzte leise.
"Ja, sie haben Recht," bestätigte er dann. "Ich hatte Angst, was sie über mich denken würden ..."
Macintosh legte die Nadel bei Seite, säuberte die Naht noch einmal mit Desinfektionsmittel und legte ein weißes Wattepad darauf. Schließlich legte er einen Verband an und wickelte ihn um Ray's Unterarm und Ellbogen herum und verschloss ihn mit zwei Metallklipps. Er sah wieder auf.
"Und was ich über sie denke, wenn sie ihren eigenen Sohn zu einem Diebstahl anstiften ist ihnen egal?!"
Das hatte gesessen! Donavan schluckte einmal. Die Worte waren hart, aber gerechtfertigt! Gerade als Ray noch etwas erwidern wollte, öffnete sich die Tür und Sully kam zurück. Sofort spürte er die Anspannung zwischen seinen beiden Vätern!
"Was ist los," fragte der Junge an Rick gewandt.
Dieser stand auf, schob den Hocker mit dem Schuh unter den Tisch und warf die benutzten Utensilien in den Mülleimer. Ray sprang von der Liege und befühlte kurz prüfend seinen verletzten Arm, bevor er sich an seinen Sohn wandte und leicht lächelte.
"Nichts ist los," sagte er. "Rick hat mir nur die Meinung gesagt und das ist gut so!" Er legte eine Hand auf Sully's Schulter und sah ihm direkt in die Augen. "Es tut mir leid, was ich gemacht habe. Ich hab dich in eine dumme Situation gebracht ohne darüber nach zu denken, ob du vielleicht meinetwegen Schwierigkeiten bekommst!"
"Ja," sagte Sully nickend. "Das ist blöd gelaufen. Besonders weil es das Krankenhaus war, das ich beklaut habe."
Rick öffnete die Tür und sie gingen wieder auf den leeren Flur. Er löschte das Licht, schloss die Tür ab und sie betraten wenig später das Arbeitszimmer, wo Rick seinen Besuch erstmal stehen ließ und schnell in sein Schlafzimmer ging um Ray ein Schmerzmittel zu organisieren.
Als sie allein waren, spazierte Sully's Vater langsam in dem Raum auf und ab. Neugierig blieb er vor den Fotos stehen, die an der Wand neben dem großen Holzschrank angebracht waren, stehen und betrachtete jedes einzelne.
"Wie lange bist du schon hier," fragte er mit Blick auf eines der älteren Fotos auf dem Sully und Rick zu sehen waren.
Sully machte einen Schritt auf ihn zu. "So fünf Jahre?"
Jetzt drehte Ray sich um. "Du hast sehr großen Respekt vor ihm!"
"Ja," gab der Junge nickend zurück. "Den hab ich! ... Ich bin froh, dass ich diese Chance bekommen hab und nicht in irgendeinem Gefängnis sitzen muss. Hier hab ich viele Freiheiten und Rick ist immer da und hört zu ..." Und dann hintergeh ich ihn wieder mal, ich Idiot!
Ray nickte. "Deshalb war es wahrscheinlich auch ein Fehler, ihm nicht Bescheid zu sagen, dass wir uns getroffen haben und dass ich dich zu einer Straftat überredet habe."
Sie hörten Schritte und Rick kam wieder zu ihnen. Er hielt ein Pillendöschen in den Fingern und ein Glas Wasser in der anderen Hand. Er reichte Ray das Glas und gab ihm eine der weißen Tabletten.
"Das ist relativ stark, Ray! Das müsste fürs erste helfen. Sie werden jetzt auf jeden Fall gut schlafen."
Ray lächelte. "Danke! Ich bin auch ziemlich müde ..."
"Komm mit," rief Sully ihn leise und machte sich auf den Weg zur Tür. "Ich zeig dir dein Zimmer, Dad!"
Ray schluckte das Mittel herunter, während Rick sein Festnetztelefon prüfte, doch zu so später Stunde kamen eh keine Anrufe mehr rein. Als Sully die Tür öffnete, drehte sich sein Vater noch mal um.
"Hat er eigentlich irgendwelche Konsequenzen zu erwarten," fragte Ray an Rick gewandt. "Haben die ihn angezeigt?"
Hinter ihm verdrehte Sully die Augen, was Ray nicht sah und Rick ignorierte es.
"Es ist ein Sachschaden entstanden für den Sully zu einem Teil aufkommen wird," klärte Rick ihn auf, während er kurz ein Dokument überflog, was auf seinem Tisch gelegen hatte. "Aber die Polizei wird nicht eingeschaltet. Wir haben das so zu sagen ... intern ... geklärt!"
So das reicht jetzt, Dad! Bitte frag nicht weiter ... Sully spielte mit dem Türgriff in seinen Fingern und räusperte sich dann leise.
"Dad," fragte der Junge. "Können wir jetzt gehen? Ich bin ziemlich müde."
Und mein Arsch tut weh! Ich will mich hinlegen ...
Ray drehte sich um. "Oh, ja! Natürlich! Entschuldige, Sully! ... Gute Nacht, Rick!"
"Nacht, Ray! Schlafen sie gut," erwiderte der Colonel leise.
Er las sich noch den letzten Abschnitt des Papieres durch und sah dann Ray nach, der seinem Sohn auf den Flur folgte. Von Rick's Arbeitszimmer aus, gingen sie ein paar Türen weiter, an Paul's Zimmer vorbei und standen wenig später in einem der größeren Gästezimmer, die meist für hochrangige Offiziere hergerichtet wurden.
Dort warf Mr. Donavan seine Jacke auf den Holzstuhl und ließ sich auf das weiche Bett sinken. Sully schloss wieder die beiden Fenster, die er zuvor geöffnet hatte und drehte sich zu seinem Vater um.
"Hast du alles, Dad?"
"Ehm, ja! Wo ist das Badezimmer?"
"Da," sagte Sully und deutete auf die andere Holztür, die an der linken Seite des Raumes war.
Ray grinste. "Hätt ich mir auch denken können, oder?!"
"Das hier sind die luxuriöseren Zimmer," klärte Sully ihn grinsend auf. "Die Offiziere, die zu Besuch kommen, haben ihr eigenes Bad!"
Ray zog seinen Rucksack zu sich heran und wühlte darin herum, bis er eine Zahnbürste, ein kleines Handtuch und eine Tube entdeckt hatte. Dann durchsuchte er noch mal seinen alten Rucksack.
"Kann ich dich was fragen," hörte er plötzlich Sully's Stimme vor sich.
Ray sah auf. "Klar!"
"Bist du obdachlos, Dad," kam Sully sofort zum Punkt. Er zuckte die Schultern. "Ich meine ... nimm es mir nicht übel, aber wenn du eine Zahnbürste mit dir rum trägst, dann ..."
Der Mann stützte sich mit der Handfläche auf der Bettkante ab, während er den verletzten Arm auf seine Oberschenkel legte und betrachtete seine abgenutzen, dunkelbraunen Stiefel. Erst kam keine Antwort, doch dann wusste er, dass er es nicht mehr länger hinaus zögern konnte. Jetzt wo Sully so direkt danach gefragt hatte.
"Ich bin aus meiner Wohnung geworfen worden, weil ich die Miete nicht mehr zahlen konnte. Jetzt bin ich auf der Suche nach Arbeit, aber es ist sehr schwierig, Sully! Deshalb konnte ich auch nicht in eine Apotheke oder zu einem Arzt gehen wegen der Verletzung! Meine Krankenversicherung hat mir gekündigt, weil ich die Beiträge nicht aufbringen konnte."
Sully starrte ihn an. "Und jetzt? Hast du- Schläfst du draußen oder?"
"Die letzte Woche leider ja," bejahte Ray leise. "Davor hab ich bei einem Freund ... kein guter Freund muss ich sagen ... übernachtet, aber der hat mich dann auch vor die Tür gesetzt, weil wir ein paar Differenzen hatten."
Sein Sohn warf ihm einen traurigen Blick zu. Irgendwie konnte er es nicht so recht glauben.
"Vielleicht kann Rick dir hier in der Nähe einen Job besorgen," überlegte Sully laut und setzte sich dann vorsichtig neben seinen Vater auf das gemachte Bett. Sofort spürte er ein schmerzhaftes Pochen, doch Sully versuchte es auszuhalten. Er räusperte sich und sah Ray an. "Aber ich glaube nicht, dass du auch noch hier wohnen kannst, Dad! Das ist eine Militärbasis und eigentlich Sperrgebiet für Zivilisten! ... Rick macht jetzt schon eine große Ausnahme, weil er gesehen hat, dass du Hilfe brauchst."
Ray lächelte. "Auch wenn diese Zivilisten mit den Soldaten verwandt sind? ... Ist schon gut, Junge!" Er nahm eine Hand und legte sie Sully auf die Schulter. "Wenn ich eine Arbeit habe, bekomm ich sicher auch wieder eine kleine Wohnung!"
"Ja, richtig!"
"Reichen Rick's gute Beziehungen eigentlich über die Grenzen Tucker Countys hinaus," fragte Ray weiter.
Sein Sohn zuckte die Schultern. "Es kommt drauf an! Aber ich würde schon sagen, ja!"
"Dad," sagte er und gähnte in seine Hand hinein. "Ich geh mal schlafen, okay? Wir sehen uns Morgen! Mein Zimmer ist direkt rechts neben Rick's Büro, falls was ist! Ich weck dich Morgen!"
"In Ordnung," erwiderte Ray lächelnd. "Danke für alles, Sully!"
Der Junge nahm seinen Vater liebevoll in die Arme und drückte ihn an sich. Nur ein paar Sekunden später, ließ er jedoch schnell wieder los, als er merkte, dass er Ray an seinem Arm weh getan hatte. Sie wünschten sich ene Gute Nacht und Sully verließ das Gästezimmer!
Nachdem er sich die Zähne geputzt hatte, zog Sully sich um und fiel dann endlich nach diesem langen und anstrengenden Tag in sein Bett. Schnell wälzte er sich auf den Bauch, zog die Decke über sich und schlief nur ein paar Minuten später ein.
Am Dienstagmorgen saßen Ray und Sully in dem großen Speisesaal beim Frühstück! Es war halb zehn und außer fünf Jungs aus Sam's Wachteam, die weiter hinten an einem der Fenster sassen und Kaffee tranken, war der Raum menschenleer. Da der gestrige Tag doch zeitlich ziemlich ausgeufert war und sie alle erst nach zwei im Bett gewesen waren, hatte Rick Sully erlaubt heute etwas länger zu schlafen. Also war der First-Lieutenant gegen halb acht aufgestanden, hatte sich fertig gemacht und dann seinen Dad zu einem späten Frühstück abgeholt.
"Sind vielleicht noch Eier da," fragte der Mann vorsichtig. "Die sind wirklich gut ..."
Sein Teller war schon wieder leer, obwohl er bereits zwei Brote, ein Brötchen und ein gekochtes Ei intus hatte und Sully kam es so vor, als ob sein Dad so gut wie ausgehungert war ... Der Junge nickte und erhob sich von seinem Stuhl.
"Ja, klar," sagte Sully. "Ich hol dir noch was!"
Langsam lief er zur Ausreiche der Küche hinüber, blieb dann dicht davor stehen und zupfte an seiner Jeans herum. Zwar hatte der Schlaf von letzter Nacht wirklich gut getan und er war heilfroh, dass Rick ihm erlaubt hatte, heute etwas länger liegen zu bleiben und nicht schon um Punkt sechs auf der Matte stehen zu müssen, aber mit dem Sitzen hatte er natürlich noch große Schwierigkeiten.
Er holte also noch zwei Eier und sie aßen weiter, tranken Kaffee und unterhielten sich über Sully's Leben hier auf der Base mit den anderen Kameraden. Rick und die Beziehung zwischen ihm und Sully war natürlich auch ein Thema für Ray und so erzählte sein Sohn ihm einige Dinge, die sie erlebt hatten. Sein Vater biss wieder in sein Brötchen und kaute genüßlich.
"Warte mal," sagte er dann. "Du wurdest von einer Giftschlange gebissen?!"
"Ja," bestätigte sein Sohn leicht lächelnd. "Da war ich wirklich froh, dass Rick da war ... Er ... hat mir das Leben gerettet und das nicht nur einmal. Er hat schon verdammt viel für mich getan, Dad!"
"Ich hab sofort gesehen, dass er ein guter Kerl ist von dem du noch sehr viel lernen kannst!"
"Ich weiss," sagte Sully nachdenklich.
Einige Minuten saßen sie schweigend da und aßen weiter, bis Ray einen Schluck heißen Kaffee nahm und wieder den Mund öffnete.
"Ihr seid also eine berittene Einheit? Willst du mir nicht nachher dein Pferd zeigen? Hat jeder ein eigenes oder ...?"
Sully sah von seinem fast leeren Teller auf und schluckte den letzten Bissen hinunter.
"Django ist vor drei Monaten gestorben, Dad ..."
"Oh nein," gab Ray überrascht zurück. "Das tut mir leid! Wie ist es passiert? Oder willst du über was anderes reden?"
Sully winkte ab. "Ist schon gut! ... Er hatte eine schlimme Kolik und Daniel, der Tierarzt konnte leider auch ncihts mehr machen."
Er überlegte kurz und sprach dann leise weiter. "Rick will, dass wir demnächst mal zu unserem Züchter fahren und uns da nach einem neuen Pferd für mich umsehen. Aber ... irgendwie geht mir das alles noch zu schnell, verstehst du?"
"Hast du dich von Django verabschiedet," fragte der Mann vorsichtig.
"Ja, aber das war verdammt schwer ... Ich-ich hab geheult wie ein Baby, Dad!"
Schnell griff Ray über den Tisch und tätschelte Sully's Handrücken.
"Es tut mir wirklich sehr leid, dass ich damals einfach weggegangen bin," sagte Ray Donavan leise. "Ich hatte plötzlich große Probleme auf der Arbeit und-"
"Dann kamen noch die Probleme dazu, die ich gemacht habe," schnitt sein Sohn ihm das Wort ab und nickte. "Es ist okay, Dad! Ich hab's irgendwie verkraftet." Er zog seine Hand wieder zurück. "Ja, es war ziemlich scheisse, dass du plötzlich nicht mehr da warst und ich nicht wusste, warum oder was mit dir los ist. Mum hat zwar versucht das irgendwie hin zu kriegen, aber der Job war nicht gerade einfach."
Er trank einen Schluck Kaffee. "Ich werd Rick gleich mal fragen, ob er schon eine Idee hat, wo du fürs erste wohnen kannst oder einen Job herbekommst. Wenn du willst? Wir haben vorhin schon kurz geredet, als du noch geschlafen hast."
"Danke, Sully," erwiderte sein Vater nickend. Er überlegte. "Wäre es für dich vielleicht okay, wenn ich hier in West Virginia bleiben würde?" Er grinste und hob abwehrend die Hände. "Ich werde mich nicht in dein Leben einmischen! Versprochen!"
"Wenn Rick dir bei der Wohnungssuche wirklich helfen kann und er hier etwas für dich findet," sagte Sully. "Warum nicht?" Er sah auf seine Armbanduhr. Es war bereits nach halb zehn ... "Komm, Dad! Wir gehen mal zu ihm. So wie ich Rick kenne, hat der bestimmt heute Morgen schon irgendwen angerufen und genervt!"
Sully räumte das Geschirr weg und verließ dann mit seinem Vater den Speisesaal. Nur fünf Minuten später standen sie in Rick's Arbeitszimmer, wo Rick gerade mit jemandem telefonierte.
"Mhm," machte er in den Hörer. "Irgendwelche Referenzen ...?" Er drehte seinen Kopf nach hinten und nahm mit Ray Blickkontakt auf, der aber den Kopf schüttelte. Rick sprach weiter. "Nein! Leider nicht. ... Er ist auch noch nicht 100 prozentig fit, weil er einen Unfall hatte und- ... Wirklich?! Okay! Ich sag's ihm! ... Ray Donavan. ... Ja! Gut, dann sehen wir uns! Danke, Ted! Bis dann!"
Er legte auf und drehte sich dann ganz zu Ray um. Er nahm den Block an sich, der auf dem Tisch lag, riss das oberte Blatt ab und reichte es über den Tisch.
"Gute Nachrichten! Sie haben ein Vorstellungsgespräch bei einem meiner Bekannten in einer Holzverarbeitungsfirma, Ray! Meinen sie, sie schaffen das? Es ist etwas weiter von hier weg! Natürlich muss ihr Arm erst wieder gesund werden."
Sein Gegenüber war erstmal sprachlos. Er starrte Rick für einen kurzen Moment lang an und zuckte dann zusammen, als Sully ihm grinsend einen Ellbogen in die Seite stieß und für seinen Vater den Zettel mit den Notizen entgegen nahm. So viel Hilfe hatte Ray wirklich nicht erwartet.
"Das ist super, Dad," rief er erleichtert. "Siehst du? Ich hab doch gesagt, dass er schon rumtelefoniert hat!"
Erst jetzt erwachte Ray aus seiner Schockstarre. Strahlend kam er um den Schreibtisch herum und hielt Rick seine Hand entgegen.
"Ich danke ihnen, Rick," bedankte er sich. "Ich, äh ... Wie haben sie das so schnell geschafft? Haben sie die halbe Nacht Telefonate geführt, oder?"
"Nicht die halbe Nacht, da musste ich auch noch etwas Schlaf nachholen, nachdem ihr Sohn mich die letzten Tage ziemlich auf die Palme gebracht hat," gab der andere Mann grinsend zurück. "Aber ich hatte heute Morgen etwas Zeit! ... Ehm, wenn sie wollen, werden Sully und ich sie zu Ted's Firma begleiten zur Unterstützung?"
"Ja, ich," stotterte Ray. "Das wär wunderbar! Ich habe ja auch noch kein Auto und-"
"Schon gut, Dad," mischte sich Sully wieder ein. "Wir finden eine Lösung! Mach dir keine Sorgen!"
Ray nickte. "Ich habe einen wirklich guten Sohn!"
"Das haben sie," bestätigte Rick ihn lächelnd mit einem Blick auf Sully.
Mr. Donavan wandte sich um und machte einen Schritt auf die Tür zu, die er öffnete. Er wollte gerade einen Schritt hinaus auf den Flur machen, als der Colonel um seinen Tisch herum kam und Sully noch mal zurück rief, der Ray schon auf den Fersen war.
"Ich komm gleich, Dad," wandte der Junge sich an seinen Vater. "Dann zeig ich dir die Base!"
Als der andere Mann das Büro verlassen hatte, ging Rick auf Sully zu und schloß ihn liebevoll in seine Arme. Sully war zunächst etwas überrumpelt, doch dann drückte er sich an Rick, der ihn fest hielt. Für einen kurzen Moment war es still.
"Ich bin sehr stolz auf dich, mein Kleiner," sagte Rick leise. "Wie du heute reagiert hast, war wirklich gut! Du hättest ihn auch zum Teufel jagen können, wenn ich bedenke, dass er einfach in der Versenkung verschwunden ist und nichts mehr hat von sich hören lassen ..."
"Ja, schon," sagte der Junge und drückte sich von Rick weg, der ihm dann mit der rechten Hand über das kurze Haar streichelte. "Aber wenn ich ihn weggejagt hätte, wie du gesagt hast, dann wär vielleicht noch was viel schlimmeres passiert!"
Sully überlegte. "Diese Schnitte an seinem Arm? ... Er stand kurz vor einer Infektion oder?"
"Ja," gab Rick nickend zu. "Es wurde Zeit, dass er sich behandeln lässt! Noch eine Woche oben drauf und dann wär es wirklich schlimm geworden! Es war gut, dass er dich um Hilfe gebeten hat, Sully und dass du ihm geholfen hast."
Jetzt grinste der Junge. "Nur mein Weg war nicht ganz der richtige ..."
"Ja," sagte Rick laut und wuschelte Sully kräftig durch die Haare, so dass der sich von ihm zurück zog. "Das hättest du einfacher haben können, mein Junge! Sehr viel einfacher!"
Rick drehte sich um, fingerte eine der dünnen Akten vom Tisch, die er dann aufschlug und begann die ersten paar Sätze zu lesen, während Sully nickte und dann Haltung an nahm. Er hob die Hand zum Salut an den Kopf und sah seinem Commanding Officer respektvoll entgegen.
"Darf ich wegtreten, Colonel und meinem Vater die Base zeigen?"
Doch Rick reagierte erstmal nicht, sondern ließ seine Augen über das Dokument huschen. Erst als er mit dem ersten Absatz fertig war, ließ er die Missionsakte sinken und drehte sich ganz zu Sully um. Dann endlich führte er den Salut aus und gab ihm einen Wink mit dem Kopf in Richtung Tür.
"Wegtreten, Lieutenant Donavan!"
"Danke, Sir," erwiderte sein Ziehsohn lächelnd.
Er jagte zur Tür, öffnete und ... drehte sich dann noch mal um.
"Danke für deine Hilfe, Rick!"
"Kein Problem," erwiderte dieser lächelnd und griff wieder nach der Akte. "Raus jetzt!"
Sully machte einen Schritt über die Türschwelle und fand seinen Vater an dem großen Fenster stehen, von wo aus man den Hof überblicken konnte. Doch er war nicht allein! Robin und Mike standen neben ihm und sie unterhielten sich. Als Ray sich von Robin abwandte und seinen Sohn erblickte, lächelte er und wies mit der Hand auf Parker!
"Du hast mir gar nicht gesagt, dass ihr hier auch Mädchen habt, Sully!"
Der Lieutenant stoppte neben Robin und musterte sie kurz von oben bis unten, bevor er dann seinen Dad an sah und grinste.
"Die ist doch kein Mädchen, Dad!"
"Pass auf, ja," drohte Robin und hob spielerisch eine Faust. "Ich kenn einige Sachen, die ich ihm erzählen könnte und ich glaube du willst nicht, dass er das weiss, Sully!"
"Ich würd mich mit ihr gut stellen, Sul," sagte der blonde Mike schnell.
"Ja, okay! In Ordnung! Lass uns wieder Freunde sein und es tut mir leid, dass ich dich da mit reingezogen hab, Rob!"
Mike grinste leicht und Parker starrte ihn einen Moment lang an, doch schließlich nickte sie grinsend. "Geht klar, Sully!"
"Keine Pferdeäpfel oder Zahnpasta," fragte der Junge vorsichtig.
"Keine Äpfel und keine Zahnpasta, Sully," versicherte sie ihm nickend.
"Gott sei Dank!"
Sie nahmen sich kurz in die Arme, drückten sich und Sully nahm seinen Vater an der Schulter.
"Komm, Dad! Ich zeig dir jetzt alles!"
Der jüngere Donavan ging voraus und Ray schloss sich sofort an.
"Wo wollt ihr hin," fragte Robin interessiert und zupfte kurz an ihrer schwarzen Hose herum und eilte dann mit Mike hinterher zu den Treppen.
"Sully will mit mir einen Rundgang machen, damit ich weiss, wie er hier so lebt," erklärte Ray ihnen und warf einen Blick auf die zwei jungen Soldaten. "Ihr könnt gerne mit kommen?"
"Okay," bejahte Mike und zuckte die Schultern. "Dann kann ich sie ausfragen wie Sully als kleines Kind so war ..."
"Du kannst es auch sein lassen, Alter," fauchte Sully spielerisch und knallte dann Mike eine flache Hand auf den Hinterkopf. "Nerv meinen Dad nicht!"
Mike war etwas zusammengezuckt und holte dann ebenfalls zu einem Schlag aus, der allerdings nicht auf Sully's Kopf zielte ... Der First-Lieutenant räusperte sich laut, so dass ein leiser Schmerzensschrei gerade noch so unterdrückt wurde.
Ein paar Meter hinter ihnen, lehnte Rick mit der Schulter an seiner offenen Bürotür und sah ihnen nach. Er lächelte zufrieden. Wieder war ein, an sich friedliches, Wochenende wegen einer einzigen Entscheidung zu einem großen Drama mutiert und wieder mal war es Sully gewesen, der das Faß zum Überlaufen gebracht hatte.
Eigentlich war Rick froh darüber, dass Ray aufgetaucht war, denn so wusste Sully wenigstens, dass er noch lebte und es ihm, trotz der Verletzung, einigermaßen gut ging ... Auf der anderen Seite, wusste der Colonel noch nicht so recht, ob er Ray wirklich zu 100 Prozent vertrauen konnte.
Das würde sich dann wohl in den nächsten Tagen zeigen. Erstmal war Ray hier und Sully war ziemlich glücklich darüber.
ENDE
AN: Danke fürs Lesen! Über Reviews würde ich mich natürlich sehr freuen und ich möchte auch wissen, ob ich Ray vielleicht in einer späteren Geschichte noch mal auftauchen lassen soll ... Rick weiss ja noch nicht so richtig, was er von ihm halten soll! Er scheint ja ganz nett und anständig zu sein, aber dass er Sully in so große Schwierigkeiten gebracht hat, passt unserem Colonel natürlich nicht wirklich ...
Eure Vanessa
Auf der Strasse dann, blieb Ray stehen und sah sich um. Er konnte nur wenige Laternen ausmachen, die alle paar 100 Meter etwa, die Strasse säumten und bei dieser Dunkelheit in ein eher schummeriges Licht tauchten. Als er seinen Kopf einmal herumdrehte, sah er Rick und den anderen jungen Mann, die zielstrebig weiter liefen und ein Tor aus Maschendraht ansteuerten, was sich in der Ferne schließlich von zwei in schwarz gekleideten Gestalten nach beiden Seiten hin aufgezogen wurde.
"Komm, Dad," sagte Sully leise neben ihm.
Ray sah ihn an. Er war fasziniert von dieser Weite und Größe der Basis ...
"So groß habe ich es mir nicht vorgestellt, Sully," gab er bekannt.
Sein Sohn machte einen Schritt vorwärts und Ray folgte ihm die Strasse hinunter. Stolz sah Sully zu dem offenen Haupttor hinüber und sah, dass Rick und Dean etwas weiter Abseits auf dem Hof standen und Rick etwas zu ihm sagte. Dann salutierte Dean zackig, machte kehrt und marschierte auf seinen Posten auf dem Westhof zurück, während Rick stehen blieb und wartete.
Der First-Lieutenant warf seinem Dad einen Blick zu und machte einen Schritt über die Stahlschiene.
"Ganz so riesig ist es nicht," sagte er dann, aber Ray konnte in seiner Stimme hören, dass Sully stolz war hier leben zu dürfen. Er zuckte die Schultern. "Es kommt dir nur so vor, weil es dunkel ist."
Der Mann sah sich vorsichtig um. Ihm fiel auf, dass sie beobachtet wurden. Oder eher ... angestarrt! Ray räusperte sich und lehnte sich dann ein Stückchen zu seinem Sohn hinüber, der den Reißverschluß seiner Kampfjacke öffnete und sie gerade ausziehen wollte.
"Wieso glotzen die alle so," fragte Ray leise.
"Die sind vom Wachteam, Dad! Die sind nur neugierig, sonst nichts. Es kommt nicht jeden Tag vor, dass Rick einen Fremden auf die Base einlädt. Es sei denn der Typ ist ein anderer Offizier oder Sponsor, der in uns investieren will. ... Keine Angst! Die tun dir nichts!"
"Wenn du das sagst, Junge ..."
"Kommt ihr? Ich will mir ihren Arm noch ansehen, Ray, bevor ich todmüde ins Bett falle," rief Rick plötzlich, der bereits ein bißchen weiter gegangen war. "Du kannst ihm Morgen alles zeigen, Sully! Unser Tag war doch ziemlich anstrengend und-" Hier sah er seinen Ziehsohn an und zog eine Augenbraue in die Stirn. "Ich denke, wir haben uns doch etwas Schlaf verdient, meinst du nicht?"
"Eh, ja! Richtig," widersprach Sully nicht. "Komm, Dad!"
Sie betraten das Haus und steuerten sofort den ersten Stock und die Krankenstation an! Auf dem Flur war es menschenleer. Ein Teil der Black Knights war wahrscheinlich immer noch draußen im Wald und feuerte Gotchakugeln aufeinander ab und der andere Teil war bereits im Bett und schlief tief und fest. Wenigstens hoffte das Sully! Irgendwelche Fragen bezüglich seines Vaters beantworten wollte er heute nämlich nicht mehr.
Rick kramte seine Schlüssel hervor, zog seine Jacke aus und öffnete die Tür. Nachdem er sich die Hände gewaschen hatte und Ray es sich auf der Liege bequem gemacht hatte, schaltete Rick die helle Lampe ein und streifte sich Handschuhe über. Sully kam einen Schritt näher, doch hielt sich so im Hintergrund, dass er Rick's Arbeit nicht behindern würde.
"Dann wollen wir mal," sagte der Colonel spielerisch.
Ray zog seine Jacke aus und legte sie neben sich. Der Pullover folgte mit etwas Mühe. Ein schmutziger Verband kam zum Vorschein, der ein paar mal nicht sehr fachmännisch um den Ellbogen und Unterarm gewickelt war. Rick sah seinem Patienten kurz in die Augen und öffnete dann äußerst vorsichtig den Knoten, der die beiden Enden zusammen hielt.
Nach ein paar Sekunden hatte der Arzt den Verband abgerollt und warf ihn in den kleinen Mülleimer unter der Liege. Doch was Rick dann sah, machte ihn etwas stutzig. Behutsam nahm er Ray's Handgelenk in seine linke Hand und drehte den Arm etwas, bis Ray vor Schmerz leise aufzischte.
"Entschuldigung! Das sind Schnittwunden, Ray," teilte Rick ihm mit. "Und die haben sich leider etwas entzündet so wie es aussieht. Deswegen haben sie so große Schmerzen ..."
Dann spürte Rick Sully, der neben ihn trat. "Was ist passiert, Dad? Wer war das?"
"Irgendwelche Kerle, mein Junge," antwortete Mr. Donavan seufzend. "Vor ein paar Tagen da ... wurde ich auf der Strasse ausgeraubt. Die haben mir mein Geld gestohlen und als ich mich wehren wollte, da haben sie mich mit einem Messer erwischt."
Rick stand auf und holte sich Tupfer, Jod, eine Salbe und einen neuen Verband und begann dann sehr vorsichtig die Schnittverletzung zu säubern. Ray ertrug die Behandlung ziemlich still wie Sully bemerkte. Nach ein paar Minuten war er fertig und holte sich die Utensilien um noch eine schöne Naht zu setzen.
Er gab Ray eine örtliche Betäubung in den Arm und ließ Sully dann eines der Gästezimmer vorbereiten, da Ray ja diese und auch vielleicht die nächste Nacht auf jeden Fall hier verbringen würde. Als die beiden Männer allein waren, die Betäubung wirkte und Rick mit dem Nähen begann, konnte er nicht anders, als Ray ein bißchen auszufragen.
"Sie waren noch gar nicht bei einem Arzt, oder?"
Erst war es still. Dann ... "Nein! Darum hat es sich auch entzündet! Ich habe seit ein paar Wochen keine Arbeit mehr und somit auch keine Krankenversicherung! Und da die beiden Typen mich bestohlen haben, kann ich auch keine Medikamente in einer Apotheke kaufen und bezahlen."
"Verstehe," gab Rick zurück. "Und dann fiel ihnen ihr Sohn ein, dessen Chef Arzt ist und sicherlich ein paar Tabletten herum liegen hat, die er nicht mehr braucht!"
Ray räusperte sich verlegen. "Ja, so in der Art! Es tut mir leid, Rick! Ich hätte Sully nicht darum bitten sollen, aber ich hab wirklich keine andere Möglichkeit mehr gesehen."
"Mir ist schon klar, dass sie nicht in ein Krankenhaus gehen können um sich behandeln zu lassen, Ray, aber," begann der Colonel mitfühlend, während er den letzten Stich setzte. "Wenn sie schon auf meinen Namen gekommen sind, dann sage ich ihnen jetzt das Selbe, was ich heute ... gestern Mittag ihrem Sohn gesagt habe! Warum sind sie nicht direkt zu mir gekommen?"
Er zog den Faden durch die Haut und machte dann einen festen Knoten! Ray sah Rick ins Gesicht und seufzte leise.
"Ja, sie haben Recht," bestätigte er dann. "Ich hatte Angst, was sie über mich denken würden ..."
Macintosh legte die Nadel bei Seite, säuberte die Naht noch einmal mit Desinfektionsmittel und legte ein weißes Wattepad darauf. Schließlich legte er einen Verband an und wickelte ihn um Ray's Unterarm und Ellbogen herum und verschloss ihn mit zwei Metallklipps. Er sah wieder auf.
"Und was ich über sie denke, wenn sie ihren eigenen Sohn zu einem Diebstahl anstiften ist ihnen egal?!"
Das hatte gesessen! Donavan schluckte einmal. Die Worte waren hart, aber gerechtfertigt! Gerade als Ray noch etwas erwidern wollte, öffnete sich die Tür und Sully kam zurück. Sofort spürte er die Anspannung zwischen seinen beiden Vätern!
"Was ist los," fragte der Junge an Rick gewandt.
Dieser stand auf, schob den Hocker mit dem Schuh unter den Tisch und warf die benutzten Utensilien in den Mülleimer. Ray sprang von der Liege und befühlte kurz prüfend seinen verletzten Arm, bevor er sich an seinen Sohn wandte und leicht lächelte.
"Nichts ist los," sagte er. "Rick hat mir nur die Meinung gesagt und das ist gut so!" Er legte eine Hand auf Sully's Schulter und sah ihm direkt in die Augen. "Es tut mir leid, was ich gemacht habe. Ich hab dich in eine dumme Situation gebracht ohne darüber nach zu denken, ob du vielleicht meinetwegen Schwierigkeiten bekommst!"
"Ja," sagte Sully nickend. "Das ist blöd gelaufen. Besonders weil es das Krankenhaus war, das ich beklaut habe."
Rick öffnete die Tür und sie gingen wieder auf den leeren Flur. Er löschte das Licht, schloss die Tür ab und sie betraten wenig später das Arbeitszimmer, wo Rick seinen Besuch erstmal stehen ließ und schnell in sein Schlafzimmer ging um Ray ein Schmerzmittel zu organisieren.
Als sie allein waren, spazierte Sully's Vater langsam in dem Raum auf und ab. Neugierig blieb er vor den Fotos stehen, die an der Wand neben dem großen Holzschrank angebracht waren, stehen und betrachtete jedes einzelne.
"Wie lange bist du schon hier," fragte er mit Blick auf eines der älteren Fotos auf dem Sully und Rick zu sehen waren.
Sully machte einen Schritt auf ihn zu. "So fünf Jahre?"
Jetzt drehte Ray sich um. "Du hast sehr großen Respekt vor ihm!"
"Ja," gab der Junge nickend zurück. "Den hab ich! ... Ich bin froh, dass ich diese Chance bekommen hab und nicht in irgendeinem Gefängnis sitzen muss. Hier hab ich viele Freiheiten und Rick ist immer da und hört zu ..." Und dann hintergeh ich ihn wieder mal, ich Idiot!
Ray nickte. "Deshalb war es wahrscheinlich auch ein Fehler, ihm nicht Bescheid zu sagen, dass wir uns getroffen haben und dass ich dich zu einer Straftat überredet habe."
Sie hörten Schritte und Rick kam wieder zu ihnen. Er hielt ein Pillendöschen in den Fingern und ein Glas Wasser in der anderen Hand. Er reichte Ray das Glas und gab ihm eine der weißen Tabletten.
"Das ist relativ stark, Ray! Das müsste fürs erste helfen. Sie werden jetzt auf jeden Fall gut schlafen."
Ray lächelte. "Danke! Ich bin auch ziemlich müde ..."
"Komm mit," rief Sully ihn leise und machte sich auf den Weg zur Tür. "Ich zeig dir dein Zimmer, Dad!"
Ray schluckte das Mittel herunter, während Rick sein Festnetztelefon prüfte, doch zu so später Stunde kamen eh keine Anrufe mehr rein. Als Sully die Tür öffnete, drehte sich sein Vater noch mal um.
"Hat er eigentlich irgendwelche Konsequenzen zu erwarten," fragte Ray an Rick gewandt. "Haben die ihn angezeigt?"
Hinter ihm verdrehte Sully die Augen, was Ray nicht sah und Rick ignorierte es.
"Es ist ein Sachschaden entstanden für den Sully zu einem Teil aufkommen wird," klärte Rick ihn auf, während er kurz ein Dokument überflog, was auf seinem Tisch gelegen hatte. "Aber die Polizei wird nicht eingeschaltet. Wir haben das so zu sagen ... intern ... geklärt!"
So das reicht jetzt, Dad! Bitte frag nicht weiter ... Sully spielte mit dem Türgriff in seinen Fingern und räusperte sich dann leise.
"Dad," fragte der Junge. "Können wir jetzt gehen? Ich bin ziemlich müde."
Und mein Arsch tut weh! Ich will mich hinlegen ...
Ray drehte sich um. "Oh, ja! Natürlich! Entschuldige, Sully! ... Gute Nacht, Rick!"
"Nacht, Ray! Schlafen sie gut," erwiderte der Colonel leise.
Er las sich noch den letzten Abschnitt des Papieres durch und sah dann Ray nach, der seinem Sohn auf den Flur folgte. Von Rick's Arbeitszimmer aus, gingen sie ein paar Türen weiter, an Paul's Zimmer vorbei und standen wenig später in einem der größeren Gästezimmer, die meist für hochrangige Offiziere hergerichtet wurden.
Dort warf Mr. Donavan seine Jacke auf den Holzstuhl und ließ sich auf das weiche Bett sinken. Sully schloss wieder die beiden Fenster, die er zuvor geöffnet hatte und drehte sich zu seinem Vater um.
"Hast du alles, Dad?"
"Ehm, ja! Wo ist das Badezimmer?"
"Da," sagte Sully und deutete auf die andere Holztür, die an der linken Seite des Raumes war.
Ray grinste. "Hätt ich mir auch denken können, oder?!"
"Das hier sind die luxuriöseren Zimmer," klärte Sully ihn grinsend auf. "Die Offiziere, die zu Besuch kommen, haben ihr eigenes Bad!"
Ray zog seinen Rucksack zu sich heran und wühlte darin herum, bis er eine Zahnbürste, ein kleines Handtuch und eine Tube entdeckt hatte. Dann durchsuchte er noch mal seinen alten Rucksack.
"Kann ich dich was fragen," hörte er plötzlich Sully's Stimme vor sich.
Ray sah auf. "Klar!"
"Bist du obdachlos, Dad," kam Sully sofort zum Punkt. Er zuckte die Schultern. "Ich meine ... nimm es mir nicht übel, aber wenn du eine Zahnbürste mit dir rum trägst, dann ..."
Der Mann stützte sich mit der Handfläche auf der Bettkante ab, während er den verletzten Arm auf seine Oberschenkel legte und betrachtete seine abgenutzen, dunkelbraunen Stiefel. Erst kam keine Antwort, doch dann wusste er, dass er es nicht mehr länger hinaus zögern konnte. Jetzt wo Sully so direkt danach gefragt hatte.
"Ich bin aus meiner Wohnung geworfen worden, weil ich die Miete nicht mehr zahlen konnte. Jetzt bin ich auf der Suche nach Arbeit, aber es ist sehr schwierig, Sully! Deshalb konnte ich auch nicht in eine Apotheke oder zu einem Arzt gehen wegen der Verletzung! Meine Krankenversicherung hat mir gekündigt, weil ich die Beiträge nicht aufbringen konnte."
Sully starrte ihn an. "Und jetzt? Hast du- Schläfst du draußen oder?"
"Die letzte Woche leider ja," bejahte Ray leise. "Davor hab ich bei einem Freund ... kein guter Freund muss ich sagen ... übernachtet, aber der hat mich dann auch vor die Tür gesetzt, weil wir ein paar Differenzen hatten."
Sein Sohn warf ihm einen traurigen Blick zu. Irgendwie konnte er es nicht so recht glauben.
"Vielleicht kann Rick dir hier in der Nähe einen Job besorgen," überlegte Sully laut und setzte sich dann vorsichtig neben seinen Vater auf das gemachte Bett. Sofort spürte er ein schmerzhaftes Pochen, doch Sully versuchte es auszuhalten. Er räusperte sich und sah Ray an. "Aber ich glaube nicht, dass du auch noch hier wohnen kannst, Dad! Das ist eine Militärbasis und eigentlich Sperrgebiet für Zivilisten! ... Rick macht jetzt schon eine große Ausnahme, weil er gesehen hat, dass du Hilfe brauchst."
Ray lächelte. "Auch wenn diese Zivilisten mit den Soldaten verwandt sind? ... Ist schon gut, Junge!" Er nahm eine Hand und legte sie Sully auf die Schulter. "Wenn ich eine Arbeit habe, bekomm ich sicher auch wieder eine kleine Wohnung!"
"Ja, richtig!"
"Reichen Rick's gute Beziehungen eigentlich über die Grenzen Tucker Countys hinaus," fragte Ray weiter.
Sein Sohn zuckte die Schultern. "Es kommt drauf an! Aber ich würde schon sagen, ja!"
"Dad," sagte er und gähnte in seine Hand hinein. "Ich geh mal schlafen, okay? Wir sehen uns Morgen! Mein Zimmer ist direkt rechts neben Rick's Büro, falls was ist! Ich weck dich Morgen!"
"In Ordnung," erwiderte Ray lächelnd. "Danke für alles, Sully!"
Der Junge nahm seinen Vater liebevoll in die Arme und drückte ihn an sich. Nur ein paar Sekunden später, ließ er jedoch schnell wieder los, als er merkte, dass er Ray an seinem Arm weh getan hatte. Sie wünschten sich ene Gute Nacht und Sully verließ das Gästezimmer!
Nachdem er sich die Zähne geputzt hatte, zog Sully sich um und fiel dann endlich nach diesem langen und anstrengenden Tag in sein Bett. Schnell wälzte er sich auf den Bauch, zog die Decke über sich und schlief nur ein paar Minuten später ein.
Am Dienstagmorgen saßen Ray und Sully in dem großen Speisesaal beim Frühstück! Es war halb zehn und außer fünf Jungs aus Sam's Wachteam, die weiter hinten an einem der Fenster sassen und Kaffee tranken, war der Raum menschenleer. Da der gestrige Tag doch zeitlich ziemlich ausgeufert war und sie alle erst nach zwei im Bett gewesen waren, hatte Rick Sully erlaubt heute etwas länger zu schlafen. Also war der First-Lieutenant gegen halb acht aufgestanden, hatte sich fertig gemacht und dann seinen Dad zu einem späten Frühstück abgeholt.
"Sind vielleicht noch Eier da," fragte der Mann vorsichtig. "Die sind wirklich gut ..."
Sein Teller war schon wieder leer, obwohl er bereits zwei Brote, ein Brötchen und ein gekochtes Ei intus hatte und Sully kam es so vor, als ob sein Dad so gut wie ausgehungert war ... Der Junge nickte und erhob sich von seinem Stuhl.
"Ja, klar," sagte Sully. "Ich hol dir noch was!"
Langsam lief er zur Ausreiche der Küche hinüber, blieb dann dicht davor stehen und zupfte an seiner Jeans herum. Zwar hatte der Schlaf von letzter Nacht wirklich gut getan und er war heilfroh, dass Rick ihm erlaubt hatte, heute etwas länger liegen zu bleiben und nicht schon um Punkt sechs auf der Matte stehen zu müssen, aber mit dem Sitzen hatte er natürlich noch große Schwierigkeiten.
Er holte also noch zwei Eier und sie aßen weiter, tranken Kaffee und unterhielten sich über Sully's Leben hier auf der Base mit den anderen Kameraden. Rick und die Beziehung zwischen ihm und Sully war natürlich auch ein Thema für Ray und so erzählte sein Sohn ihm einige Dinge, die sie erlebt hatten. Sein Vater biss wieder in sein Brötchen und kaute genüßlich.
"Warte mal," sagte er dann. "Du wurdest von einer Giftschlange gebissen?!"
"Ja," bestätigte sein Sohn leicht lächelnd. "Da war ich wirklich froh, dass Rick da war ... Er ... hat mir das Leben gerettet und das nicht nur einmal. Er hat schon verdammt viel für mich getan, Dad!"
"Ich hab sofort gesehen, dass er ein guter Kerl ist von dem du noch sehr viel lernen kannst!"
"Ich weiss," sagte Sully nachdenklich.
Einige Minuten saßen sie schweigend da und aßen weiter, bis Ray einen Schluck heißen Kaffee nahm und wieder den Mund öffnete.
"Ihr seid also eine berittene Einheit? Willst du mir nicht nachher dein Pferd zeigen? Hat jeder ein eigenes oder ...?"
Sully sah von seinem fast leeren Teller auf und schluckte den letzten Bissen hinunter.
"Django ist vor drei Monaten gestorben, Dad ..."
"Oh nein," gab Ray überrascht zurück. "Das tut mir leid! Wie ist es passiert? Oder willst du über was anderes reden?"
Sully winkte ab. "Ist schon gut! ... Er hatte eine schlimme Kolik und Daniel, der Tierarzt konnte leider auch ncihts mehr machen."
Er überlegte kurz und sprach dann leise weiter. "Rick will, dass wir demnächst mal zu unserem Züchter fahren und uns da nach einem neuen Pferd für mich umsehen. Aber ... irgendwie geht mir das alles noch zu schnell, verstehst du?"
"Hast du dich von Django verabschiedet," fragte der Mann vorsichtig.
"Ja, aber das war verdammt schwer ... Ich-ich hab geheult wie ein Baby, Dad!"
Schnell griff Ray über den Tisch und tätschelte Sully's Handrücken.
"Es tut mir wirklich sehr leid, dass ich damals einfach weggegangen bin," sagte Ray Donavan leise. "Ich hatte plötzlich große Probleme auf der Arbeit und-"
"Dann kamen noch die Probleme dazu, die ich gemacht habe," schnitt sein Sohn ihm das Wort ab und nickte. "Es ist okay, Dad! Ich hab's irgendwie verkraftet." Er zog seine Hand wieder zurück. "Ja, es war ziemlich scheisse, dass du plötzlich nicht mehr da warst und ich nicht wusste, warum oder was mit dir los ist. Mum hat zwar versucht das irgendwie hin zu kriegen, aber der Job war nicht gerade einfach."
Er trank einen Schluck Kaffee. "Ich werd Rick gleich mal fragen, ob er schon eine Idee hat, wo du fürs erste wohnen kannst oder einen Job herbekommst. Wenn du willst? Wir haben vorhin schon kurz geredet, als du noch geschlafen hast."
"Danke, Sully," erwiderte sein Vater nickend. Er überlegte. "Wäre es für dich vielleicht okay, wenn ich hier in West Virginia bleiben würde?" Er grinste und hob abwehrend die Hände. "Ich werde mich nicht in dein Leben einmischen! Versprochen!"
"Wenn Rick dir bei der Wohnungssuche wirklich helfen kann und er hier etwas für dich findet," sagte Sully. "Warum nicht?" Er sah auf seine Armbanduhr. Es war bereits nach halb zehn ... "Komm, Dad! Wir gehen mal zu ihm. So wie ich Rick kenne, hat der bestimmt heute Morgen schon irgendwen angerufen und genervt!"
Sully räumte das Geschirr weg und verließ dann mit seinem Vater den Speisesaal. Nur fünf Minuten später standen sie in Rick's Arbeitszimmer, wo Rick gerade mit jemandem telefonierte.
"Mhm," machte er in den Hörer. "Irgendwelche Referenzen ...?" Er drehte seinen Kopf nach hinten und nahm mit Ray Blickkontakt auf, der aber den Kopf schüttelte. Rick sprach weiter. "Nein! Leider nicht. ... Er ist auch noch nicht 100 prozentig fit, weil er einen Unfall hatte und- ... Wirklich?! Okay! Ich sag's ihm! ... Ray Donavan. ... Ja! Gut, dann sehen wir uns! Danke, Ted! Bis dann!"
Er legte auf und drehte sich dann ganz zu Ray um. Er nahm den Block an sich, der auf dem Tisch lag, riss das oberte Blatt ab und reichte es über den Tisch.
"Gute Nachrichten! Sie haben ein Vorstellungsgespräch bei einem meiner Bekannten in einer Holzverarbeitungsfirma, Ray! Meinen sie, sie schaffen das? Es ist etwas weiter von hier weg! Natürlich muss ihr Arm erst wieder gesund werden."
Sein Gegenüber war erstmal sprachlos. Er starrte Rick für einen kurzen Moment lang an und zuckte dann zusammen, als Sully ihm grinsend einen Ellbogen in die Seite stieß und für seinen Vater den Zettel mit den Notizen entgegen nahm. So viel Hilfe hatte Ray wirklich nicht erwartet.
"Das ist super, Dad," rief er erleichtert. "Siehst du? Ich hab doch gesagt, dass er schon rumtelefoniert hat!"
Erst jetzt erwachte Ray aus seiner Schockstarre. Strahlend kam er um den Schreibtisch herum und hielt Rick seine Hand entgegen.
"Ich danke ihnen, Rick," bedankte er sich. "Ich, äh ... Wie haben sie das so schnell geschafft? Haben sie die halbe Nacht Telefonate geführt, oder?"
"Nicht die halbe Nacht, da musste ich auch noch etwas Schlaf nachholen, nachdem ihr Sohn mich die letzten Tage ziemlich auf die Palme gebracht hat," gab der andere Mann grinsend zurück. "Aber ich hatte heute Morgen etwas Zeit! ... Ehm, wenn sie wollen, werden Sully und ich sie zu Ted's Firma begleiten zur Unterstützung?"
"Ja, ich," stotterte Ray. "Das wär wunderbar! Ich habe ja auch noch kein Auto und-"
"Schon gut, Dad," mischte sich Sully wieder ein. "Wir finden eine Lösung! Mach dir keine Sorgen!"
Ray nickte. "Ich habe einen wirklich guten Sohn!"
"Das haben sie," bestätigte Rick ihn lächelnd mit einem Blick auf Sully.
Mr. Donavan wandte sich um und machte einen Schritt auf die Tür zu, die er öffnete. Er wollte gerade einen Schritt hinaus auf den Flur machen, als der Colonel um seinen Tisch herum kam und Sully noch mal zurück rief, der Ray schon auf den Fersen war.
"Ich komm gleich, Dad," wandte der Junge sich an seinen Vater. "Dann zeig ich dir die Base!"
Als der andere Mann das Büro verlassen hatte, ging Rick auf Sully zu und schloß ihn liebevoll in seine Arme. Sully war zunächst etwas überrumpelt, doch dann drückte er sich an Rick, der ihn fest hielt. Für einen kurzen Moment war es still.
"Ich bin sehr stolz auf dich, mein Kleiner," sagte Rick leise. "Wie du heute reagiert hast, war wirklich gut! Du hättest ihn auch zum Teufel jagen können, wenn ich bedenke, dass er einfach in der Versenkung verschwunden ist und nichts mehr hat von sich hören lassen ..."
"Ja, schon," sagte der Junge und drückte sich von Rick weg, der ihm dann mit der rechten Hand über das kurze Haar streichelte. "Aber wenn ich ihn weggejagt hätte, wie du gesagt hast, dann wär vielleicht noch was viel schlimmeres passiert!"
Sully überlegte. "Diese Schnitte an seinem Arm? ... Er stand kurz vor einer Infektion oder?"
"Ja," gab Rick nickend zu. "Es wurde Zeit, dass er sich behandeln lässt! Noch eine Woche oben drauf und dann wär es wirklich schlimm geworden! Es war gut, dass er dich um Hilfe gebeten hat, Sully und dass du ihm geholfen hast."
Jetzt grinste der Junge. "Nur mein Weg war nicht ganz der richtige ..."
"Ja," sagte Rick laut und wuschelte Sully kräftig durch die Haare, so dass der sich von ihm zurück zog. "Das hättest du einfacher haben können, mein Junge! Sehr viel einfacher!"
Rick drehte sich um, fingerte eine der dünnen Akten vom Tisch, die er dann aufschlug und begann die ersten paar Sätze zu lesen, während Sully nickte und dann Haltung an nahm. Er hob die Hand zum Salut an den Kopf und sah seinem Commanding Officer respektvoll entgegen.
"Darf ich wegtreten, Colonel und meinem Vater die Base zeigen?"
Doch Rick reagierte erstmal nicht, sondern ließ seine Augen über das Dokument huschen. Erst als er mit dem ersten Absatz fertig war, ließ er die Missionsakte sinken und drehte sich ganz zu Sully um. Dann endlich führte er den Salut aus und gab ihm einen Wink mit dem Kopf in Richtung Tür.
"Wegtreten, Lieutenant Donavan!"
"Danke, Sir," erwiderte sein Ziehsohn lächelnd.
Er jagte zur Tür, öffnete und ... drehte sich dann noch mal um.
"Danke für deine Hilfe, Rick!"
"Kein Problem," erwiderte dieser lächelnd und griff wieder nach der Akte. "Raus jetzt!"
Sully machte einen Schritt über die Türschwelle und fand seinen Vater an dem großen Fenster stehen, von wo aus man den Hof überblicken konnte. Doch er war nicht allein! Robin und Mike standen neben ihm und sie unterhielten sich. Als Ray sich von Robin abwandte und seinen Sohn erblickte, lächelte er und wies mit der Hand auf Parker!
"Du hast mir gar nicht gesagt, dass ihr hier auch Mädchen habt, Sully!"
Der Lieutenant stoppte neben Robin und musterte sie kurz von oben bis unten, bevor er dann seinen Dad an sah und grinste.
"Die ist doch kein Mädchen, Dad!"
"Pass auf, ja," drohte Robin und hob spielerisch eine Faust. "Ich kenn einige Sachen, die ich ihm erzählen könnte und ich glaube du willst nicht, dass er das weiss, Sully!"
"Ich würd mich mit ihr gut stellen, Sul," sagte der blonde Mike schnell.
"Ja, okay! In Ordnung! Lass uns wieder Freunde sein und es tut mir leid, dass ich dich da mit reingezogen hab, Rob!"
Mike grinste leicht und Parker starrte ihn einen Moment lang an, doch schließlich nickte sie grinsend. "Geht klar, Sully!"
"Keine Pferdeäpfel oder Zahnpasta," fragte der Junge vorsichtig.
"Keine Äpfel und keine Zahnpasta, Sully," versicherte sie ihm nickend.
"Gott sei Dank!"
Sie nahmen sich kurz in die Arme, drückten sich und Sully nahm seinen Vater an der Schulter.
"Komm, Dad! Ich zeig dir jetzt alles!"
Der jüngere Donavan ging voraus und Ray schloss sich sofort an.
"Wo wollt ihr hin," fragte Robin interessiert und zupfte kurz an ihrer schwarzen Hose herum und eilte dann mit Mike hinterher zu den Treppen.
"Sully will mit mir einen Rundgang machen, damit ich weiss, wie er hier so lebt," erklärte Ray ihnen und warf einen Blick auf die zwei jungen Soldaten. "Ihr könnt gerne mit kommen?"
"Okay," bejahte Mike und zuckte die Schultern. "Dann kann ich sie ausfragen wie Sully als kleines Kind so war ..."
"Du kannst es auch sein lassen, Alter," fauchte Sully spielerisch und knallte dann Mike eine flache Hand auf den Hinterkopf. "Nerv meinen Dad nicht!"
Mike war etwas zusammengezuckt und holte dann ebenfalls zu einem Schlag aus, der allerdings nicht auf Sully's Kopf zielte ... Der First-Lieutenant räusperte sich laut, so dass ein leiser Schmerzensschrei gerade noch so unterdrückt wurde.
Ein paar Meter hinter ihnen, lehnte Rick mit der Schulter an seiner offenen Bürotür und sah ihnen nach. Er lächelte zufrieden. Wieder war ein, an sich friedliches, Wochenende wegen einer einzigen Entscheidung zu einem großen Drama mutiert und wieder mal war es Sully gewesen, der das Faß zum Überlaufen gebracht hatte.
Eigentlich war Rick froh darüber, dass Ray aufgetaucht war, denn so wusste Sully wenigstens, dass er noch lebte und es ihm, trotz der Verletzung, einigermaßen gut ging ... Auf der anderen Seite, wusste der Colonel noch nicht so recht, ob er Ray wirklich zu 100 Prozent vertrauen konnte.
Das würde sich dann wohl in den nächsten Tagen zeigen. Erstmal war Ray hier und Sully war ziemlich glücklich darüber.
ENDE
AN: Danke fürs Lesen! Über Reviews würde ich mich natürlich sehr freuen und ich möchte auch wissen, ob ich Ray vielleicht in einer späteren Geschichte noch mal auftauchen lassen soll ... Rick weiss ja noch nicht so richtig, was er von ihm halten soll! Er scheint ja ganz nett und anständig zu sein, aber dass er Sully in so große Schwierigkeiten gebracht hat, passt unserem Colonel natürlich nicht wirklich ...
Eure Vanessa
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