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Anima | Teil 1 - Begegnungen

Kurzbeschreibung
GeschichteAllgemein / P16 / Het
20.03.2019
17.07.2019
18
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27.03.2019 2.728
 
Diese Gabel war jetzt so was von an der Reihe. Da konnte sie sich aber drauf gefasst machen. Mareike zog sie unter dem Teller hervor, der halb auf sie gekippt war, und ließ noch ein wenig warmes Wasser ins Spülbecken laufen. Nicht zu heiß, sonst verbrannte sie sich bloß wieder die Finger. War ja nicht zum ersten Mal heute vorgekommen. Vielleicht sollte sie das nächste Mal Handschuhe tragen, wenn sie den Abwasch machte. Ja, super Idee, dachte sie, und am besten gleich noch ein Stirnband mit ‚Vollidiotin‘ drauf. Das würde dann auch inhaltlich harmonieren. Nein. Quatsch. Jeder hatte doch seine Macken.
Kaum zu glauben, was sich alles an Zeug ansammelte, wenn man es sich selbst überließ. Wenn auch nur für ein paar Tage. Aber wenn sie es sich recht überlegte – wenn man für jede Mahlzeit einen Teller und mindestens zwei Bestecke brauchte, und vielleicht noch ein Glas, dann musste das ja wohl oder übel schnell viel Geschirr werden.
Sie sollte öfter zum Bäcker gehen und sich Sachen auf dem Weg zur Hochschule mitnehmen; das brachte weniger zum Spülen mit sich.

Aber es war ja auch alles nur halb so schlimm. Und sie wäre auch schon längst fertig, wenn sie nicht alle paar Minuten innehalten und darüber nachgrübeln würde, ob die zweite Staffel von „Yuyuko und das Abendrot“ wirklich so hatte enden müssen.
Darin ging es um einen jungen Mann – namens Yuyuko – der von seiner Gilde verstoßen wird, weil er seltsame Visionen bei Sonnenuntergang sieht. Später findet er heraus, dass es sich um Zukunftsvisionen handelt und versucht, die anderen zu warnen, sobald er einen Angriff auf die Gilde vorhersieht. Niemand glaubt ihm und das wird vielen zum Verhängnis. Nur dummerweise, und damit konnte sich Mareike nicht abfinden, hatte Yuyuko kaum mehr getan, als es bei einem Versuch zu belassen, den man ihm eben nicht abgekauft hatte. Wenn er wirklich zukünftige Visionen hatte, was ja offenbar der Fall war, dann hätte er die doch einem der Traumdeuter mitteilen können. Die hätten dann sein Potential erkannt und die anderen überzeugen können. Da war er aber nicht drauf gekommen. Wäre aber besser gewesen, denn nun hatten die Angreifer seine Schwester entführt.
Na ja, andererseits, irgendwas musste ja auch in Staffel drei passieren.
Zugegeben, ‚Yuyuko und das Abendrot‘ war eine dieser televisionären Erscheinungen, bei denen man nicht unbedingt nach viel Anspruch suchen sollte. Aber Mareike mochte Mangas und die entsprechenden Serien. Sie mochte die riesigen Augen der Protagonisten, ihre Köpfe, die zumeist verhältnismäßig etwas größer waren als bei normalen Menschen. Und sie konnte sich nicht helfen, aber irgendwann gefiel ihr jede Manga-Serie; sie musste sie nur lange genug schauen.

Die meisten dieser Serien, die sie auf unaussprechlichen Kanälen oft mehr oder weniger zufällig fand, hatten nicht mehr als eine Staffel und die auch selten auf Deutsch. Englisch war ja noch okay, auch wenn sie nicht jedes Wort verstand. Ihr Schulenglisch war mittelmäßig bis akzeptabel, sie würde damit keinen Blumentopf gewinnen, aber sie sollte auch nicht verhungern müssen, wenn man sie mitten auf dem Piccadilly Circus in London aussetzte. Der Piccadilly Circus befand sich doch in London, oder?
Sie wusste es nicht mehr genau, bisher war sie nur einmal dort gewesen. Also, in London. Mit ihren Eltern, die beide die Stadt ganz toll fanden. Sie war damals, mit neun, nicht vollends begeistert gewesen. Für sie hatte London einfach nur wie eine riesig große Stadt gewirkt, mit vielen langen Straßen, die man alle entlanglaufen musste, wenn man von dieser zu jener Sehenswürdigkeit kommen wollte. Und dann zu noch einer.
Aber es gab ‚Fish and Chips‘, die waren ganz gut. Okay, heute würde sie nur noch die Chips nehmen.
Moment, worüber wollte sie gerade nachdenken?

Yuyuko. Ja. Genau. Sie hätte das anders gemacht. Vielleicht sollte sie eine Alternative skizzieren und den Machern der Serie zukommen lassen? Aber erstens würde das richtig viel Arbeit machen und zweitens wäre denen ihre Mühe sicher völlig egal.
Wie war sie denn eigentlich von Yuyuko auf ‚Fish and Chips‘ gekommen?

Sie angelte sich den letzten Teller aus der Spüle und wusch mit dem Schwamm den Schaum von ihm ab. Dann noch abtrocknen. Mareike betrachtete ihr Werk: Fast zu schön, um davon zu essen. Zumal das Geschirr dann wieder dreckig wurde. Also besser schnell ab damit in den Schrank, bevor sie noch in Versuchung kam. Sie ließ das Wasser ab. Es gurgelte, verschwand und schließlich war die Spüle wieder leer.

Mareike griff nach ihrem Handy und entsperrte es. Viertel nach drei. Sie ging besser heute noch einkaufen. Und am besten jetzt, bevor ihr etwas Besseres einfiel. Ihre Sachen für die Hochschule hatte sie schon gemacht, das war nicht das Problem. Oder eben doch – denn gerade nun, wo sie sonst nichts zu tun hatte, bestand die akute Gefahr, dass sie sich auf das Bett fläzen und nichts Produktives mehr anstellen würde. Und das wäre doch schade, wo der Tag noch genutzt werden konnte. Für dies und das.
Also schön. Dann eben jetzt. Musste sie noch Geld holen?
Sie schnappte sich das Portemonnaie, das neben ihrem Wohnungsschlüssel auf dem Schränkchen lag. Sie sah drei Scheine und zählte achtzig Euro, das sollte für das Nötigste reichen; es musste ja nicht das kuschelige, fünflagige Klopapier sein. Wobei, von achtzig Euro konnte sie sich das schon gönnen. Oder etwas anderes. Besser irgendwas anderes – wie sah das denn aus, wenn sie mit ihrer Einkaufstasche in der einen und einer Riesenpackung samtig weichem Toilettenpapier in der anderen Hand durch die Straßen ging? Hm. Andererseits … fünflagig!

Draußen hörte sie ein Bellen und trat ans Fenster. Sie konnte keinen Hund ausmachen, der zu dem Bellen gehörte. Schade, dachte Mareike. Der Hausmeister hatte manchmal seinen Hund Ballermann dabei und spielte mit ihm vor dem Haus.
‚Ballermann‘ war ein ziemlich heftiger Name für einen ziemlich unheftigen Hund. Es handelte sich um einen Chihuahua, den der Hausmeister aus einem Tierheim mitgenommen hatte. Wenn Mareike mehr Platz hätte, dann würde sie auch ein Tier aus dem Tierheim retten. Sie hatte schon ein paar Mal gefragt, ob sie mit Ballermann spazieren gehen könnte. Ballermann war echt ein Lieber. Sie würde unten mal nachsehen, ob der Wauwau heute zu haben war. Der Weg zum Supermarkt wäre eine gute Spazierroute. Und so würde sie sich auch nicht lange im Markt aufhalten, auf der Suche nach dem fünflagigen Papier; nicht, dass der Hund ewig warten musste.

Bevor sie ging, stellte sie sich noch einmal vor den Spiegel. Ihre Haare waren ein Stück zu lang für ihren Geschmack. Sie musste bei Gelegenheit wieder zum Frisör. Aber abgesehen von ihren Haaren – joa, das Mädchen im Spiegel war schon ganz ansehnlich. Zumindest ihrer Meinung nach. Gut, sie war parteiisch; aber nur ein bisschen.
Mareike schnappte sich den Haustürschlüssel, ihren Rucksack und den Geldbeutel. Das sollte es gewesen sein. Es klackte, als sie die Tür ins Schloss fallen ließ. Im Gang war es stickig. Die Fenster an den Enden des langen Flurs waren beide verschlossen, obwohl sommerliche Temperaturen herrschten. Sie ging bis zu einem der Flurenden, bei dem die Tür zur Treppe nach unten lag, und klappte das Fenster auf.
So funktionierte ‚atmungsaktiv‘! Da konnte die Werbung ihr sonst was erzählen.
Sie ging die Treppe hinunter, hielt sich am Geländer fest und nahm ab und zu zwei Stufen auf einmal.

Im Erdgeschoss angekommen trat sie an das Zimmer des Hausmeisters heran. Die Tür war angelehnt und sie hörte ihn sprechen. Offenbar telefonierte er. Durch den Türspalt konnte sie erkennen, wie er hin- und herlief, während er mit jemandem am anderen Ende der Leitung über irgendetwas diskutierte.
„Ich habe es dir schon hundertmal… Nein. Nein, ich habe es dir wie gesagt, schon hundertmal erklärt, so kann das nicht weitergehen. Wir haben… Nein… Nein, das habe ich dir auch schon mal gesagt.“
Vor der Tür, in gebührlichem Abstand zu dieser, lag Ballermann und schlief den Schlaf der Gerechten. Na gut, dachte Mareike, das hatte wohl keinen Sinn. Der Hund schlief und das Herrchen war beschäftigt – dann eben ein andermal.

Draußen war es hell und schön. Noch viel schöner, als es von drinnen ausgesehen hatte. Es war diese Art von Sommertag, an denen zwar die Sonne schien und kein Wölkchen am Himmel zu finden war, aber man dennoch nicht das Gefühl hatte, jederzeit aufgrund der Hitze zu schmelzen. Ein wenig Wind pustete, so dass man nicht ins Schwitzen kam und sich erst am Abend über einen leichten Sonnenbrand wunderte.
Mareike ging zu den Briefkästen, schloss ihren eigenen auf und stellte mit einem schnellen Blick fest, dass nichts darin war. Dann eben nicht. Man musste ja auch nicht immer Post bekommen. Wenn sie denn welche bekam, war es meistens Werbung.
Sie machte sich auf den Weg die Straße hinunter, am Wohnheim vorbei. Sie würde nun vier Straßen mit zusammengenommen zwei Ampeln entlanggehen und insgesamt um drei Ecken biegen, dann wäre sie beim Supermarkt. Es dauerte vielleicht fünfzehn Minuten, um dorthin zu kommen; etwas länger, wenn beide Ampeln gegen sie arbeiteten.
Wenn sie jetzt doch etwas Musik dabeihätte – Moment, hatte sie das nicht? Mit ein bisschen Glück…
Sie zog den Rucksack ab und suchte beim Gehen darin herum. Der eigentliche Rucksack war komplett leer, so wie sie es erwartet hatte, immerhin mussten da ihre Einkäufe reinpassen. Nur das Fach ganz vorne, mit einem separaten Reisverschluss, das war nicht leer, da war etwas drin. Etwas Lilanes.
Na bitte!
Ihr MP3-Player samt Kabel. Für das Auseinanderpfriemeln des Kabels blieb sie dann aber doch stehen. Es war ihr ein Rätsel, wie so ein Kabel das hinbekommen konnte. Sie hatte den Rucksack, seitdem sie den Player da reingetan hatte, vielleicht zwei-, dreimal irgendwohin mitgenommen, und das waren allesamt keine wirklichen Abenteuer gewesen – und dennoch schaffte es dieses Kabel, sich zu verknäulen wie nichts Gutes. Da musste Magie dahinterstecken. Oder die Sterne hatten einen negativen Einfluss darauf. Oder beides. Vermutlich beides. Sehr wahrscheinlich beides.
Ja, natürlich, man hätte sich auch die Mühe machen können, das Kabel innerhalb von zehn Sekunden zusammenzuwickeln, bevor man es in den Rucksack legte; aber wo blieb denn da bitte der Spaß beim Auseinanderknoten?

Als sie es geschafft hatte, schaltete sie das Gerät an, steckte sich die Kopfhörer in die Ohren und setzte ihren Weg fort. Das erste Lied, das kam, war ihr etwas zu laut. Sie sprang zum nächsten. Per Zufallswiedergabe. Owl City. War okay. Aber momentan stand ihr der Sinn eher nach etwas anderem. Sie ging zum Ordner, der sämtliche Musikstücke beinhaltete und suchte dann gezielt nach einem speziellen Lied.
Coldplay. Myolo Xyloto. Charlie Brown.
Sie mochte alles an diesem Stück. Es fing langsam an, wurde dann laut, wild und bunt – so kannte und mochte sie Coldplay ohnehin – und es hatte einen Text, bei dem man einiges hineininterpretieren konnte. So musste ein Lied sein und so war dieses Lied auch. Und am Ende würde es noch einmal leise werden, einfach ein paar finale Töne, ohne gesangliche Begleitung. Da merkte man ihres Erachtens, dass die Band Spaß daran hatte, Musik zu machen; ja, als ob sie gar nicht genug kriegen könnte und noch ein paar Noten drauflegte. So nach dem Motto ‚Ich muss verrückt sein, und obendrauf packe ich hier und heute noch diese Wassermelone‘.
Nur halt eben ohne die Wassermelone. Sondern mit Noten.
Sie steckte den Player in ihre Hosentasche und bewegte ihre Lippen zum Gesang von Chris Martin.


* * * *

„So ein Schwachsinn!“, rief Felix und starrte seine Mutter böse an. Langsam reichte es ihm mit der schon fast krankhaften Hartnäckigkeit seiner Eltern.
„Ich habe mich jetzt schon über zwei Jahre da durchgequält! Ein Jahr habe ich noch und das wird sicher nicht viel besser. Ich brauche das nicht noch zwei weitere!“
„Was soll das denn heißen?“, fragte seine Mutter, die spürbar versuchte, nicht unfreundlich zu klingen, aber einen ungesunden Unterton in ihre Worte legte, „Willst du mir jetzt sagen, dass dir dein Studium zwei Jahre lang überhaupt keinen Spaß gemacht hat, oder was meinst du damit? Ich dachte, du fändest es interessant!“
„Ja, es ist ja auch interessant, irgendwo“, gab Felix zu, „Ich meine, wenn es mir gar keinen Spaß machen würde, dann hätte ich es ja wohl kaum zwei Jahre lang durchgehalten. Aber ich kann doch selbst entscheiden, was ich machen will und was nicht. Und ich brauche keinen Master. Mir reicht der Bachelor und der ist schon schlimm genug.“
Sein Vater saß am Esszimmertisch und hatte noch kein Wort zu der ganzen Angelegenheit von sich gegeben – zumindest nicht am heutigen Tag. Jetzt aber stand er auf, langsam, in seiner auf eine seltsame Weise würdevollen Art. Der Mann war wirklich von ganzem Herzen ein reicher Schnösel, dachte Felix, noch bevor sein Vater den Mund aufmachen konnte.
Felix schämte sich auch nicht für diesen Gedanken, denn es war letztlich so. Und es konnte nichts Gutes heißen, wenn sein Vater sich nun auch noch einmischte.
„Du weißt ganz genau“, begann Karl Hadernberg, „dass dieser Bachelor in Politikwissenschaften kaum etwas bedeutet. Früher gab es wenigstens ein Diplom und da waren alle Fragen geklärt. Heute, mit diesem Bachelor- und Mastersystem, brauchst du eben den Master, sonst hättest du es auch gleich lassen können mit dem Studieren. Ein Bachelor allein zählt nichts.“

„Ja“, erwiderte Felix schroff, „Vielleicht hätte ich das besser gleich lassen sollen, mit dem Studieren. Immerhin war es euer Wunsch; ich hätte es besser wissen sollen.“
„Es war und ist unser Wunsch, weil du etwas Anständiges lernen sollst“, sagte sein Vater und blickte seinen Sohn eindringlich an.
„Geht es euch überhaupt um mich?“, fragte Felix und schaute zuerst seine Mutter an und dann hinüber zu seinem Vater, „Oder ist das einfach so ein unumstößliches Prinzip, dass euer Kind um jeden Preis irgendeine wichtige Position in der ach so wichtigen Gesellschaft einnehmen soll? Ich hätte doch gar nichts anderes machen dürfen, oder? Ich musste doch studieren! Wie sollte ich denn mit einer Ausbildung zum, keine Ahnung, Milchmann, der sagenumwobenen Familie Hadernberg nur gerecht werden?“
„Wie redest du denn mit uns?“, rief seine Mutter und es tat Felix augenblicklich leid, aber er wollte sich jetzt nicht entschuldigen. Er hatte doch Recht, oder etwa nicht?

„Du wirst jedenfalls, wenn es soweit ist, weiterstudieren, bis du deinen Master in der Tasche hast“, sagte Karl Hadernberg, ganz langsam und unmissverständlich, „Das fällt dir nicht schwer, du bist nicht auf den Kopf gefallen und wenn du es dir einmal genau überlegst, ist das eine große Chance für dich.“
„Es kann noch so eine große Chance sein, aber ich habe keine Lust darauf! Und wieso bestimmt ihr überhaupt, was ich machen soll? Ist das nicht mein Leben? Ich bin doch seit vier Jahren volljährig, dann behandelt mich doch auch so und steht mal zu meinen Entscheidungen!“
„Felix!“, rief seine Mutter und funkelte ihn an.
„Es gibt keine Diskussionen“, stellte sein Vater klar, „Du wirst weiterstudieren. Jetzt und dann im Master. Und wehe dir, du tust das nicht! Es ist gut für deine Zukunft. Denk einfach noch mal darüber nach, vielleicht siehst du es dann selbst ein. Bliebe zu hoffen.“
„Ich…“, begann Felix, doch sein Vater schnitt ihm das Wort ab.
„Ich will dazu jetzt nichts mehr hören. Entschuldige dich bei deiner Mutter und dann denk einmal in Ruhe darüber nach. Wenn du dich wieder eingekriegt hast, reden wir weiter.“
„Ach, lasst mich doch alle in Ruhe!“, rief Felix, drehte sich um und warf die Wohnzimmertür hinter sich zu. Es tat einen lauten Knall, als diese zuschlug, und er hatte ein schlechtes Gewissen, dass er so ruppig gegangen war. Nicht wegen seines Vaters; eher wegen seiner Mutter. Aber sie könnte ihm auch ruhig mal beistehen!
Es war so unglaublich ätzend! Er hatte doch seinen eigenen Kopf, seine eigenen Wünsche und er war doch ein eigenständiger Mensch, aber andauernd schrieben ihm seine Eltern, insbesondere sein Vater, vor, was er zu tun und zu lassen hatte.
Doch am meisten ärgerte er sich über sich selbst.
Dass er nicht einfach das tat und ließ, was er für richtig hielt, sondern immer wieder darauf hoffte, seine Eltern im Gespräch von etwas überzeugen zu könnten. Das fruchtete einfach nicht, wann sah er das endlich ein?
Und er war volljährig und es war sein Leben. Aber er fügte sich immer nach dem, was seine Eltern sagten. Warum?
Hatte er Angst, er würde einen Fehler machen, wenn er sich gegen sie stellte? Sie würden sich schon wieder einkriegen und war es wirklich wichtiger, dass seine Eltern mit seinem Leben zufrieden waren, als dass er das von sich behaupten könnte?

Ja, am allermeisten ärgerte Felix sich über sich selbst. Er musste sich irgendwie abreagieren. Und er brauchte dazu – unter anderem – laute Musik.
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