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Wundersame Erlebnisse aus dem Leben des Eddy Spenser

von - Leela -
Kurzbeschreibung
SammlungAbenteuer / P12 / Gen
Eddie Jake Jessica OC (Own Character) Prime Evil Tracy
20.01.2019
01.01.2021
100
261.220
9
Alle Kapitel
57 Reviews
Dieses Kapitel
noch keine Reviews
 
06.01.2020 2.227
 
Anm. d. Aut.: Dieses Kapitel wurde für die »Wochen-Challenge« von Sira-la geschrieben. Die Vorgabe für Kalenderwoche 02 war:
      "Der Tag, an dem die "singenden Sterne" (auch Sternsinger genannt) von ihrem Weg abkamen, sollte alles verändern."
      Baut außerdem folgenden Satz in euren Text ein: "Das musste ein Traum sein."
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Weihnachtsbräuche sind etwas phantastisches, wenngleich es manchmal aber auch auf die Sichtweise ankommt. Eddy weiß von einer Geschichte zu berichten, die sich gerade erst zugetragen hat, und in welcher genau dies deutlich wird. Und diese hat er sich für das aktuelle Kapitel seines Buches ausgesucht.

Dreikönigsgruß

Das mußte ein Traum sein. Anders konnte es nicht mit rechten Dingen zugehen!
      Wir hatten erst vor kurzem von dem Sternsinger-Brauch gehört, bei dem eine Gruppe von verkleideten Leuten in der Gestalt der heiligen drei Könige und einiger weiterer Charaktere aus der Weihnachtsgeschichte, vornehmlich auch immer mindestens einmal der Stern selbst, bis zum 6. Januar unterwegs war und von Tür zu Tür ging – in einigen Regionen der Erde wurde dies traditionell statt des Nikolauslaufens gemacht. Wir hatten durch Zufall darüber gelesen, als wir interessehalber einige Weihnachtsbräuche studiert, und uns über verschiedene Traditionen informiert hatten. Da dachten wir noch nicht daran, daß wir, in unserer Region, mit diesem Brauch einmal direkt konfrontiert werden würden.
      Und nun hatten wir den Salat. Der Tag, an dem die Sternsinger von ihrem Weg abkamen, sollte alles verändern.
      Jake reichte dem in sich zusammengesunkenen Dämonenfürsten auf unserer Couch ein Glas Brandy, welches er mit zitternden Fingern annahm. Ihr habt es sicher schon erraten, das war keine gewöhnliche Situation. Im Gegenteil, grotesker geht es bald nicht mehr. Aber laßt mich die Geschichte von Anfang an erzählen.

Es war am Nachmittag des 6. Januars, als uns einer der größten Schocks unseres Lebens erwartete. Wir dachten uns nichts dabei, als es an der Haustür klingelte. Als Jake dann aber die Tür öffnete, und Prime Evil davor fand, unseren Erzfeind und Oberbösegeist Nummer eins, brach binnen Sekundenbruchteilen Alarmbereitschaft par excellence aus! So schnell waren wir selten bei den Waffen gewesen, Jake hielt den Dematerialisator in der Hand, ich war mit dem Ghostgummer bewaffnet und Tracy hielt das Spectre Snare schußbereit.
      Erst als wir so wie eine schwer bewaffnete Übermacht dem Feind gegenüber standen, fiel uns auf, daß etwas nicht so war wie erwartet. Prime Evil wirkte nicht so groß wie gewöhnlich, das lag an seiner vornübergebeugten, niedergedrückten Haltung. Er sah erschöpft und mit den Nerven fertig aus, sofern Geister überhaupt Nerven hatten.
      Seine mechanische Stimme war schwach, als er abwehrend eine Hand hob und mit den Worten einlenkte, die mir Zeit meines Lebens im Gedächtnis bleiben sollten: „Bitte, hört mir erst zu! Ich komme nicht, um euch zu vernichten! Ich… brauche eure Hilfe!“
      War das zu glauben? Der Dämonenfürst persönlich, das Oberhaupt aller Geister, kam von seinem Schreckenspalast extra aus der 5. Dimension zu uns herunter, um uns um Hilfe zu bitten? War das ernst gemeint?
      Jake brachte die Gedanken von uns allen in Wortform, als er den Herrn des Bösen barsch fragte, was ihn annehmen ließ, wir würden das glauben.
      Prime Evil seufzte tief und räumte ein, daß er von uns nicht verlangen konnte, daß wir ihm glauben würden, er beteuerte aber nochmals, daß es die Wahrheit war, und er keinen anderen Ort hatte, wo er hingehen konnte.
      Ich wußte nicht, was ich davon halten sollte. Tracy aber wurde nachdenklich. Er konnte sich nicht vorstellen, daß Prime Evil seinen Zustand nur spielte, um uns aufs Kreuz zu legen. Er schlug einen Kompromiß vor: Prime Evil sollte unser Gast sein, solange er mit dem Spectre Snare gefesselt war, und Jake den Dematerialisator weiter auf ihn gerichtet hielt, sowie ich ihn mit dem Ghostgummer im Visier behielt. Aus der Erfahrung wußten wir, daß, selbst wenn wir diesen mächtigen Geist damit nicht zu Fall bringen konnten, wir ihn aber rechtzeitig so weit schwächen konnten, daß wir einen finalen Schlag ansetzen konnten. Unter diesen Umständen war es zumindest nicht mehr purem Leichtsinn zuzuschreiben, wenn wir uns die Geschichte unseres Gegners zumindest mal anhörten.
      Unsere Vorsichtsmaßnahmen standen etwas konträr zu unserer Gastfreundschaft, das aber schien Prime Evil völlig egal zu sein, wenn wir ihn nur bei uns aufnahmen. Was war nur passiert, damit es so weit kommen konnte? Und an dieser Stelle kamen die Sternsinger ins Spiel.

Wir ließen Prime Evil keine Sekunde aus den Augen, als wir ihn hereinbaten und ihm einen Platz auf der Couch anboten. Er ließ sich erschöpft und dankbar auf das Polster sinken. Das war der Augenblick, in dem Jake ihm den bereits erwähnten Brandy anbot, den er mit zitternden Fingern annahm und in einem Zug austrank. Anschließend begann er zu erzählen.
      Wie es hatte passieren können, war ihm schleierhaft, aber anscheinend war eine Gruppe von Sternsingern vom Weg abgekommen, und schließlich vor den Toren von Hauntquarters, seinem Schreckenspalast, gelandet. Die große, düstere Kathedrale in der unheimlichen, bizarren Landschaft der 5. Dimension schien ihnen keine Angst zu machen, als sie ganz frech an das Eingangsportal klopften. Er war gerade in aktuellen Weltherrschaftsplänen vertieft gewesen, als es zum zweiten Mal laut pochte.
      Wütend war er an die Tür gerauscht, hatte diese aufgerissen und unwirsch gefragt, was diese unerhörte Störung zu bedeuten hatte. Seine Verwunderung konnte man sich wohl vorstellen, als er die Gruppe von Kindern vor sich sah. Die waren ein solches Auftreten anscheinend gewohnt, denn die ließen sich gar nicht beirren.
      Prime Evils erstes Ansinnen war, ihnen einfach die Tür vor der Nase zuzuknallen. Immerhin hatte er wichtigeres zu tun, wie er betonte. Was das war, wissen wir ja bereits.
      Jedenfalls kam es nicht so weit, denn ein größerer, drahtiger Junge hatte schon seinen Fuß in der Tür verkeilt, und anhand der Tatsache, daß diese mit Stahlkappen verstärkt waren, konnte er ableiten, daß die Sternsinger auch das schon gewohnt waren.
      Das erste Mal hatte Prime Evil die Nerven verloren, als sie die bösen Hallen von Hauntquarters mit Weihrauch beräuchern wollten. Kaum hatten sie sich Zugang zu der Eingangshalle verschafft, ging das Spektakel auch schon schneller los, als er es verhindern konnte. In seiner Wut kochte er. Wir konnten uns richtig vorstellen, wie sein sonst moosgrüner Schädel vor Wut rot anlief und er zu dampfen begann. In der Räucherei fiel das aber nicht mehr auf. Entweder deswegen, oder weil die Sternsinger auch das gewohnt waren, nahmen sie davon überhaupt keine Notiz. Unser armer Dämonenfürst wußte mittlerweile aber schon gar nicht mehr, wo er seine Energieblitze hinfeuern mußte, um dem Treiben und den Sternsingern ein Ende zu setzen, da er in dem Weihrauch nichts mehr sehen konnte.
      Unser Gast beschrieb uns, wie ihm von den Dämpfen schwindelig wurde. Geweihter Rauch in seinen Hallen des Verderbens, bald schon schnürte es ihm die Kehle zu und ließ ihn einer Ohnmacht nahe kommen. Das raubte ihm zusätzlich die Kraft, gegen die Widersacher vorzugehen. Seine einzige Chance war es gewesen, sich aus dem Räucherbereich zurückzuziehen, um wieder einen klaren Verstand zu bekommen. Das versuchte er auch, allerdings kam es nicht so weit, da die Sternsinger plötzlich damit begannen, alles mit Dreikönigswasser zu besprengen. Als Prime Evil die erste Dusche abbekam, ging er in die Knie und konnte nichts anderes mehr tun, als um Gnade zu winseln.
      An dieser Stelle der Geschichte angelangt bat Prime Evil Jake um noch einen Brandy, den unser Teamchef ihm auch freundlich gewährte. Wir musterten den armen gebeutelten Geist mitfühlend. Das war wirklich eine schlimme Geschichte. Aber damit war die Erzählung noch nicht zu Ende.
      Prime Evil hatte es entkräftet bis zu seinem Bonetroller, der großen Orgel im Herzstück der Kathedrale, geschafft, als die fröhlichen Sternsinger ihm folgten und um eine Spende für wohltätige Zwecke baten. Mit all seiner Selbstbeherrschung und übrig gebliebenen Kraft hatte er sie angeherrscht, daß sie sich sämtliche Spenden in den Allerwertesten stopfen konnten, und er sie vielmehr noch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld verklagen würde. Damit gab sich die Gruppe aber nicht zufrieden. Ein Mädchen hatte gerade die schönen vergoldeten Orgelpfeifen entdeckt, und in kürzester Zeit nahmen die ungebetenen Gäste Prime Evils geliebten Bonetroller auseinander, ohne daß er etwas in seinem geschwächten Zustand dagegen tun konnte. Inzwischen zog der Weihrauch auch schon überall durch die große Halle, und der arme Bonetroller, der nur noch ein Schatten seiner selbst war, mußte einen Schwall Dreikönigswasser erdulden.
      Mit prall gefüllten Säcken, in denen sich die geplünderte Ware befand, begaben sich die Sternsinger auf den Rückzug, nicht ohne sich noch einmal in aller Form bei dem edlen Spender zu bedanken.
      Der am Boden liegende Großbösemeister war so erbost, daß er schier davor stand zu explodieren und hatte wild mit Blitzen um sich feuern wollen, doch dank des Weihrauchs war er zu geschwächt, und so bewirkte er nur, daß er sich selbst noch mehr entkräftete, anstatt seine Feinde zu vernichten.
      Als die Sternsinger Dank seiner »großzügigen Spende« an jeder Tür den Sternsingersegen anbrachten, kollabierte der sonst so übermächtige und nicht zu unterschätzende Geist ganz.
      Das dritte Glas Brandy brachte Jake ihm von sich aus. Ich hatte den Ghostgummer aus der Hand gelegt. Mittlerweile zitterten Prime Evils Finger nicht mehr ganz so stark. Die Zeit bei uns schien ihm gut zu tun.
      Ich dachte schon, damit wäre die Sache ausgestanden gewesen, doch weit gefehlt! Gerade, als Prime Evil hoffte, dieses Übel losgeworden zu sein, liefen die Sternsinger Mysteria in die Arme, Herrin der Nebel und seine rechte Hand, und das ganze Spektakel ging von vorne los. Da Mysteria versuchte, den Weihrauch mit ihrem Nebel zu bekämpfen, konnte man bald schon in ganz Hauntquarters die Hand nicht mehr vor Augen sehen. Und einen Erfolg erzielte Mysteria auf diese Art natürlich auch nicht, im Gegenteil, ihr Nebel vermischte sich mit dem Weihrauch zusammen nur zu einer noch übleren Suppe. Sir Trancealot war es schließlich zu verdanken gewesen, daß es ihm gelungen war, die Gruppe auf seinem Skelettpferd Fright Mare mit seiner Lnaze aus dem Haus zu vertreiben. Das waren die Sternsinger anscheinend nicht gewohnt gewesen.
      An dieser Stelle endete die Erzählung, und Prime Evil atmete ruhig durch, um sich von dem Anschlag wieder zu sammeln.
      Als nun eine erwartete Stille eintrat, fragte Jake direkt, was wir nun für ihn tun konnten. Er antwortete, daß es ihm schon geholfen hatte, darüber sprechen zu können, und er einfach dankbar darum war, daß wir ihm ein bißchen Zeit schenkten, denn gerade hatte er alle Fenster von Hauntquarters aufgerissen, um kräftig durchzulüften und den vermaledeiten Rauch aus dem Gebäude loszuwerden. Es ging ihm hauptsächlich darum, Zeit zu überbrücken, bis er seinen Palast wieder betreten konnte, sich von dem, was ihm widerfahren war zu erholen, und darum, Kräfte zu sammeln, um die weiteren erforderlichen Aufräumarbeiten anzugehen, wie zum Beispiel die Kreide von den Türrahmen zu wischen und das Dreikönigswasser zu neutralisieren.
      Der Arme tat uns ob dem, was er zu erdulden gehabt hatte und was die ganze Aktion noch nach sich zog leid. Man kennt es ja selber, da nimmt man sich etwas bestimmtes für einen Tag vor, und dann passierte so etwas, und haute einen mitsamt seinen Plänen ohne jede Vorwarnung aus den Fugen.
      Nach den drei Brandys boten wir ihm einen Kaffee an, den er dankend annahm, setzten uns gemütlich zusammen und kamen zu schöneren Themen. Jake erkundigte sich nach den Weltherrschaftsplänen, an denen er gearbeitet hatte. Das Interesse erhellte seine Miene. Er räumte aber ein, daß er noch nichts konkretes im Sinn hatte. Er hatte erst einmal Brainstorming betreiben wollen, als der verhängnisvolle Besuch aufgetaucht war. Allein die Erinnerung ließ ihn sich vor Grauen schütteln. Aber er war dankbar, daß wir uns nach seinen Plänen erkundigten und so unsere Wertschätzung für seine Arbeit zum Ausdruck brachten.
      So verbrachten wir einige Zeit, bis unser Gast zur ShockClock schaute und dafür befand, daß er es langsam wagen könnte, nach Hause zurückzukehren. Er verabschiedete sich also von uns, Tracy brachte ihn zur Tür, wo er das Spectre Snare löste, und der Herr der Finsternis verschwand mit einem Dank wieder in seiner Dimension.
      Nach diesem für uns gleichermaßen sonderbaren Besuch standen wir da und sahen uns perplex an. So wie Prime Evil sicher nie mit so hartnäckigen Sternsingern gerechnet hatte, hätten wir nie mit einem völlig am Boden zerstörten Prime Evil als Gast in unserem Haus gerechnet. Der Unterschied war, daß die Begegnung in unserem GhostCommand für uns angenehmer gewesen war, als die Prime Evils in seinen eigenen Hallen.
      Wir brauchten einen ganzen Moment, um zu realisieren, was gerade passiert war. Plötzlich kam Leben in Tracy. Wir hörten ihn nach Luft schnappen, kurz bevor er uns mit einem „Hab was wichtiges zu tun!“ im Büro allein ließ. Zu unserer Überraschung raste der Gorilla erst in die Küche, kam mit einem Einkaufsbeutel zurück und stürmte zur Haustür. Als Jake ihn fragte, was er jetzt noch vorhatte, drehte Tracy sich noch einmal kurz an der Tür um, und verkündete das, was ihn als Genie unseres Teams auszeichnete: „Weihrauch kaufen!“
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