Wundersame Erlebnisse aus dem Leben des Eddy Spenser
von - Leela -
Kurzbeschreibung
Eddy hätte nie gedacht, daß es in seinem Leben einmal spannende Anekdoten geben würde, die es zu erzählen lohnt. Bis ihm das erste seltsame Ereignis widerfährt, von dem er weiß, daß er es nie wieder vergessen wird…
SammlungAbenteuer / P12 / Gen
Eddie
Jake
Jessica
OC (Own Character)
Prime Evil
Tracy
20.01.2019
01.01.2021
100
261.220
9
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18.12.2019
2.128
Anm. d. Aut.: Dieses Kapitel wurde für die »Wochen-Challenge« von Sira-la geschrieben. Die Vorgabe für Kalenderwoche 51 war: "Zwischen Weihnachtsmarkt-Freuden und Weihnachtsmarkt-Horror:
Euer Charakter hat völlig vergessen, dass die Weihnachtszeit begonnen hat und wollte eigentlich nur schnell einkaufen gehen. Plötzlich steht er mitten im Gedrängel, von überall her "duftet" es nach gebrannten Mandeln, Bratwürsten und Glühwein. Und warum sind Weihnachtsmärkte immer wie ein Labyrinth aufgebaut?"
Euer Charakter hat völlig vergessen, dass die Weihnachtszeit begonnen hat und wollte eigentlich nur schnell einkaufen gehen. Plötzlich steht er mitten im Gedrängel, von überall her "duftet" es nach gebrannten Mandeln, Bratwürsten und Glühwein. Und warum sind Weihnachtsmärkte immer wie ein Labyrinth aufgebaut?"
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Eddy liebt die Weihnachtszeit! All die romantische Deko und die Lichter und die Geschichten, Kerzenschein und gutes Essen… Was also muß passieren, um einen Gemütsghostbuster aus der Fassung zu bringen? Eddy hat hier eine kleine Geschichte für euch…
Eine eisblaue Herausforderung
Wie dämlich man sein kann, das bewies ich mir heute einmal wieder selbst.
Zur Vorgeschichte: Ich hatte heute eigentlich den Tag zum Malen nutzen wollen. Es sollte eine weihnachtliche Winterlandschaft werden und ein Weihnachtsgeschenk für meinen Vater werden, und, ja, ich war schon spät dran, da ich nicht einschätzen konnte, wie lange ich dafür brauchen würde und ob ich alles rechtzeitig bis Heiligabend schaffen würde. Immerhin mußte die Farbe auch noch trocknen!
Und dann passierte der Supergau, als ich bemerkte, daß mein »Eisblau« zur Neige ging. Okay, ich hätte auch »Frostblau« nehmen können. Im Nachhinein betrachtet hätte ich das auch getan, wenn ich gewußt hätte, was meine Entscheidung für eine Folge haben würde. Aber nein, ich bin ja akribisch! Also beschloß ich, eben loszufahren, und noch einen Topf Eisblau zu kaufen. Der Kreativladen war ja nicht so weit entfernt, in der Innenstadt, das sollte schnell erledigt sein. Dachte ich! Das war, bevor mir wieder siedendheiß bewußt wurde, daß ja im Augenblick Weihnachtsmarkt war…
Die Sache mit dem Weihnachtsmarkt bemerkte ich, als ich direkt davor stand. Normalerweise war es ein Weg von wenigen Minuten, eben über den Platz rüber, zum Kreativladen, und zurück. Jetzt war der Markt dazwischen. Und ich hätte mich immer noch für das Frostblau entscheiden können! Aber nein, jetzt, wo ich schon mal da war, widerstrebte es mir natürlich erst recht, unverrichteter Dinge wieder nach Hause zu fahren. Die zweite fatale Entscheidung, wie ich bald merken sollte. Vor allem, weil ich keine dritte Chance erhalten sollte, mich anders zu entscheiden.
Ich sah mir also minutenlang das Treiben vor mir an. Der Platz zwischen mir und dem Kreativladen war komplett mit Buden zugebaut, und daß wir eigentlich einen ganz normalen Wochentag hatten, schien ganz New York nicht aufzuhalten, auf den Beinen zu sein. Man hatte den Eindruck eines riesigen bunten Bienenstocks. Mit Lichterglanz überall, nicht zu vergessen! Ich sondierte kurz die Lage; meine Idee, einfach außen herum zu dem Laden zu gehen, konnte ich allerdings vergessen. Der ganze Bereich war so zugebaut, daß man nur über den Markt direkt zu dem Laden gelangen konnte.
Ich atmete tief durch, stellte mich darauf ein, daß ich aufgrund der Menge und der verwinkelten Wege auf dem Marktgelände etwas länger unterwegs sein würde als sonst. Aber was nimmt man nicht auf sich, damit das Weihnachtsgeschenk für den Papa perfekt wird? Wenn ich da doch bloß schon geahnt hätte, worauf ich mich wirklich einließ…
Von meinen Standort aus konnte ich nicht ausmachen, wie die Wege verliefen, die ich jetzt zu meinem Ziel gehen mußte. Ich folgte meinem Gefühl und stürzte mich förmlich in die Menge.
Um gleich einem Mißverständnis vorzubeugen: Ich mag Weihnachtsmärkte! Ich liebe das Flair und die Buden und die Lichter und den Weihnachtsbaum und den Glühwein und alles, was dazu gehört. Aber in diesem Moment hätte ich Amok laufen können! Es war laut, es war grell, es war voll… Nie hatte ich es so unangenehm empfunden wie heute. Ich war aber auch noch nie zur Weihnachtsmarktzeit nur wegen so einer banalen Kleinigkeit unterwegs wie heute.
Es staute sich schon vorne am Alpenhütterl. Ich habe noch nie verstanden, wie vernunftbegabte Menschen ohne mit der Wimper zu zucken bei so einem hohen Besucheraufkommen seelenruhig mitten im Weg stehen konnten, um ihren Glühwein, Tee mit Schuß oder Enzian zu trinken, völlig unberührt von den Gästen, die gerne ihren Weg an ihnen vorbei fortgesetzt hätten. Mir war es regelmäßig so unangenehm, daß ich mir einen Platz abseits suchte, wo ich Passanten nicht störte. Heute, wo ich ungeduldig auf der anderen Seite stand (was wörtlich zu verstehen ist), wußte ich, warum. Das war aber nicht das einzige, wo es an Rücksichtnahme und Aufmerksamkeit anderen Leuten gegenüber scheiterte. Mal ehrlich: Ich habe nichts dagegen, wenn die Leute sich die Stände ansehen wollen und entsprechend gemächlich über den Markt schlendern. Schön wäre es aber gewesen, wenn der ein oder andere mal nach links oder rechts gesehen hätte, und Leute wie mich, die einfach nur vorbei wollten, durchgelassen hätten. Aber das war wohl zu viel verlangt.
Ich versuchte, mich durch die Lücken zu mogeln, wann immer sich welche boten. Doch es war sehr mühselig. Besonders schlimm war es an den Abzweigen. Ich konnte mich kaum entscheiden, welche Richtung am zielführendsten war. Wählte ich eine Richtung, die direkt in die Richtung des Kreativladens führte, fand ich mich kurz darauf nach einer Kurve direkt auf dem Rückweg wieder, versuchte ich es anders, gelangte ich erst recht weiter von meinem Ziel fort. Die erste richtige Nervenkrise bekam ich, als ich an einem Punkt meines Weges ankam, an dem ich schon gewesen war. Ich hatte mir nicht einmal gemerkt, welcher Weg mich im Kreis geführt hatte, da ich damit nicht gerechnet hatte.
Da stand ich also zwischen den Bratäpfeln, der New Yorker Handwerkskunst und dem Eierpunsch, und fing wieder von vorne an. Als mich ein älterer Herr anrempelte und motzte, warum ich anderen Leuten, die irgendwann mal an ihrem Ziel ankommen wollten, im Weg stand, hätte ich mich fast vergessen. Insbesondere, als der sich dann seinen Weg zur Punschbude rempelte und den jungen Leuten, die gerade selber warteten, »keinen Respekt vor dem Alter« bescheinigte.
So ein Verhalten machte mich aggressiv! Im Augenblick hatte ich aber ganz andere Sorgen. Der wenige Meter von mir entfernte Kreativladen schien mir unerreichbar fern zu sein. Selbst jetzt hatte ich noch den Gedanken, aufzugeben, und einfach das Frostblau zu nehmen. Jetzt steckte ich in dem Schlamassel aber schon drin. Also konnte ich mein Vorhaben auch zu Ende bringen. Ich versuchte es also mit dem Weg, von dem ich annahm, daß ich ihn noch nicht ausprobiert hatte.
Daß ich Recht hatte, bestätigte mir die Erkenntnis, daß mich der Weg direkt an dem großen Kinderkarussell vorbei führte. Hier war ich definitiv noch nicht gewesen. Auf meinem Weg zum Kreativladen fühlte es sich zwar wie ein Umweg an, in Anbetracht der Tatsache, daß ich schon einmal sinnlos herumgeirrt war, erschien mir diese Variante aber als vielversprechende Alternative.
Eine Sekunde war ich versucht, mir ein Ticket für eine Gondel in der oberen Etage zu kaufen, um mich ein bißchen zu entspannen, allerdings hatte ich die Zeit, die das Bild zum trocknen brauchen würde, im Hinterkopf, und so sah ich von einer Runde im Karussell, die mich wahrscheinlich sowieso eher noch nervöser gemacht hätte, anstatt mich zu beruhigen, ab. Statt dessen orientierte ich mich neu und versuchte, mich wieder in Richtung des Kreativladens zu bewegen.
Eine Weile gelang es mir, dann aufgrund der Wegeführung wieder nicht, dann aus gleichen Gründen wieder doch… Bis ich wieder zwischen Bratäpfeln, Punsch und Handwerkskunst stand! Es war zum verrückt werden!
Ich versuchte, mich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, was bei dem vorgelegten Tempo des Menschenstromes ein Ding der Unmöglichkeit war, und folgte einem Weg, den ich schon gegangen war, eine Weile, um dann einen anderen Abzweig zu nehmen. Hier gab es die Weihnachtsmann-Angelbude, die ich so liebe. Diesmal vermochte sie mich nicht vom Weg zu locken.
Eine Weile fühlte sich der neue Weg gut an. Sogar die Richtung stimmte zeitweise. Als ich an der Backfischbude vorbeikam, wurde ich bereits argwöhnisch. Ich arbeitete mich trotzdem durch eine Gruppe von aufgedrehten, kichernden Frauen, die auf dem Weg herumlungerten, ohne dabei zu viel darauf zu geben, daß sie Becher mit Eierpunsch in den Händen hatten. Ihr ahnt es schon? Bratäpfel, Punsch und Handwerkskunst!
An der Stelle war meine Geduld erschöpft. Ich hatte bis hierhin nur Zeit verschwendet, und die Chancen standen gut, daß es nicht besser würde. Dann gab es eben Frostblau statt Eisblau! Mit diesem Gedanken, frustriert, daß ich mit diesem Mist einen halben Tag verloren hatte, ohne eine Gegenleistung dafür zu bekommen, machte ich mich auf den Heimweg.
Und jetzt kommt das, was ich nicht verstehe: Ich nahm also den Weg zurück, den ich zu Anfang hergekommen war, schob mich durch die fröhliche Menge – und stand plötzlich vor dem Kreativladen!
Ich brauchte ungelogen eine ganze Minute, bis ich begriffen hatte, was passiert war. Dann, langsam, setzte wieder das aufgeregte Gefühl des Schaffensdranges ein. Ich würde doch noch mein Eisblau bekommen! Rasch schlüpfte ich in den Laden, stellte erleichtert fest, daß Eisblau noch nicht ausverkauft war, und war ein paar Minuten später wieder draußen. Das Ziel erreicht, machte es mir nicht einmal mehr etwas aus, daß die Schlange an der Kasse länger gewesen war als sonst. Dann konnte ich ja doch noch heute mit dem Bild anfangen.
Leicht beschwingt ob der nun doch noch glücklichen Wendung machte ich mich auf den Heimweg. Wohl gemerkt: Auf den Heimweg über den Weihnachtsmarkt!
Je später der Tag wurde, desto mehr war los. Und ich hatte schon bei meiner Ankunft gedacht, vollgestopfter könnte es nicht mehr werden. Wahrscheinlich war es Mitternacht, ehe ich zu Hause ankam…
Plötzlich wurde ich von der Seite angesprochen. Jessica stand mit einigen Kollegen am Weihnachtsgrill und winkte mich zu sich herüber. Ich zögerte eine Sekunde lang hin- und hergerissen. Eigentlich wollte ich ja nach Hause und malen! Andererseits hatte ich schon so viel Zeit verloren, da konnte ich mir jetzt auch einen Moment mit Freunden gönnen. Und so ging ich auf eine Limonade und ein Steakbrötchen zu der Gruppe herüber. Das kam mir gelegen, immerhin hatte ich seit Stunden nichts mehr gegessen. Der Moment tat mir echt gut. Als ich den anderen von meiner Odyssee erzählte, konnte selbst ich schon wieder darüber lachen.
Schließlich verabschieden wir uns voneinander, Jessica und ihr Team gingen weiter über den Markt, und ich machte mich auf den Weg nach Hause. Wenn ihr jetzt glaubt, daß ich einfach nach Hause ging, um endlich zu malen: Weit gefehlt! Ich suchte zwar zwischen den verschiedenen angeheiterten Gruppen meinen Weg zurück, so wie ich gekommen war – wo ich landete, war zwischen Eierpunsch, Bratäpfeln und Handwerkskunst!
Mein Nervenkostüm, das sich gerade angefangen hatte, zu regenerieren, war von jetzt auf Schlag kurz vor’m bersten. Ich kam mir schon richtig bescheuert vor. Konnte ich mir nicht einmal einen einfachen Weg merken? Oder veränderte der Markt sich ständig, so daß man unweigerlich immer wieder zur gleichen Stelle zurück kam? Anders konnte ich es mir bald nicht mehr vorstellen!
Ich atmete tief durch. Ich mußte einfach mit Ruhe an die Sache herangehen. Das sagte ich mir immer wieder. Langsam nervte mich alles aber nur noch. Mißmutig schob ich mich erneut durch die Menge aus grölenden, johlenden, feiernden Menschen. Ich versuchte, mich daran zu erinnern, an welchen Buden ich zu Anfang vorbei gekommen war. Nach dem ganzen Hin und Her war das aber schwierig. Der Wagen mit dem Weihnachtsgebäck kam mir bekannt vor. Kurz darauf wußte ich auch, woher. Ich war ein paar Mal daran vorbei gekommen. Der Weg führte direkt zu Bratäpfeln, Handwerkskunst und Eierpunsch!
Kurzfristig kam mir der Gedanke, einfach schreiend durch die Buden hindurch zu rennen. Ich besann mich rechtzeitig und versuchte, logisch zu denken. Halbwegs logisch, zumindest. Meine Überlegung war, wenn ich zum Kreativladen kam, wenn ich nach Hause wollte, dann kam ich vielleicht nach Hause, wenn ich jetzt den Kreativladen ansteuerte!
Ich versuchte also mich zu erinnern, wie ich zu dem Laden hingekommen war und steuerte die Richtung an. Ich erinnerte mich ganz gut an ein paar Buden, dort zum Beispiel das Schmalzgebäck, das brachte ich mit meinem späteren Erfolgserlebnis in Verbindung. Innerlich war ich mir sicher, daß meine Rechnung nicht aufgehen würde. Wahrscheinlich würde ich gleich vor dem Kreativladen stehen, wo ich aber ja gar nicht mehr hinwollte. Damit hatte ich Unrecht, ich hatte aber Recht damit, daß meine Rechnung nicht aufging.
Ich stehe jetzt gerade hier mit einem Bratapfel und einem Eierpunsch bei der New Yorker Handwerkskunst. Könnte mir bitte irgend jemand sagen, wie ich von diesem blöden Weihnachtsmarkt wieder herunter komme…?