Wundersame Erlebnisse aus dem Leben des Eddy Spenser
von - Leela -
Kurzbeschreibung
Eddy hätte nie gedacht, daß es in seinem Leben einmal spannende Anekdoten geben würde, die es zu erzählen lohnt. Bis ihm das erste seltsame Ereignis widerfährt, von dem er weiß, daß er es nie wieder vergessen wird…
SammlungAbenteuer / P12 / Gen
Eddie
Jake
Jessica
OC (Own Character)
Prime Evil
Tracy
20.01.2019
01.01.2021
100
261.220
9
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Dieses Kapitel
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07.12.2019
2.345
Anm. d. Aut.: Dieses Kapitel wurde für die »Wochen-Challenge« von Sira-la geschrieben. Die Vorgabe für Kalenderwoche 50 war: "Der Nikolaus hat auf der ganzen Welt die Stiefel befüllt. Jetzt ist der 7. Dezember und er weiß nichts mit sich anzufangen. Aus Gründen, die ihr euch selbst ausdenken dürft, taucht er ausgerechnet vor eurer Tür / der eurer Charaktere auf."
Wenn Eddy eines vielen seiner Mitmenschen voraus hat, dann ist es eine unbändige Phantasie. Doch auch seine Phantasie wird manchmal hart auf die Probe gestellt, wenn die Phantasie zur Wirklichkeit zu werden droht. Heute hat er eine Geschichte für euch, die von genau so einem Erlebnis berichtet.
Es gibt Tage im Leben, da steht man in der Versuchung, sich wieder ins Bett zu legen, nur um eine Weile später noch einmal aufzustehen und sich darin bestätigt zu sehen, daß man geträumt hatte. Diesen Drang verspürte ich an diesem speziellen Tag mehrmals!
Es war der 7. Dezember. Der Nikolaus-Stiefel war bereits geplündert und ich lebte in der Hoffnung auf einen ruhigen Tag ohne übersinnliche Phänomene, die uns in Atem hielten. Wie weit mein Wunsch von der Wahrheit entfernt war, eröffnete sich mir, als es an unserer Haustür klingelte. Und ich Idiot war auch noch derjenige, der die Tür öffnete.
Im ersten Moment dachte ich, daß jemand in Verkleidung vor mir stand, ein Vater, der mit seinen Kindern beim Nikolauslaufen gewesen war und sich noch nicht umgezogen hatte. Mir erschloß sich nur der Grund nicht, warum er jetzt ausgerechnet bei uns klingelte. „Ja, bitte?“ fragte ich freundlich. Ich kam mir da schon komisch vor. Noch idiotischer fühlte ich mich allerdings, als der Herr mir eröffnet, daß er der Nikolaus sei, auf der Suche nach einer Beschäftigung.
Meinen seltsamen Gesichtsausdruck konnte man sich sicher vorstellen. Der Nikolaus wußte nichts mit sich anzufangen, und kam dann ausgerechnet zu uns? Der ältere Herr schaute verlegen in der Gegend herum, klopfte nervös die Fingerspitzen gegeneinander und erklärte mir, daß ihm jetzt, wo alle Stiefel gefüllt waren, die Decke auf den Kopf fallen würde. Deswegen war er ein wenig spazieren gegangen, und so war er zufällig hier vorbei gekommen und hatte sich gedacht, daß wir vielleicht einen Helfer für einen Tag in der Firma gebrauchen könnten, nur bis er sich wieder an die ruhige Zeit nach dem Nikolaustag gewöhnt hatte. Es würde ihm schon reichen, wenn er Akten wegsortieren könnte, sagte er.
Was hätte ich tun sollen? Ich konnte den Nikolaus nicht einfach auf der Straße stehen lassen! Das wiederum warf Fragen bei meinen Kollegen Jake und Tracy auf, als sie ins Büro kamen, und den Nikolaus dabei vorfanden, wie er Ghostbusting-Artikel aus den alten Zeitungsausgaben ausschnitt, aufklebte und mit Datum versah. Mir war so schnell keine andere Aufgabe eingefallen, die ich ihm hatte geben können, ohne die Datenschutzvorschriften zu verletzen. Er schien mit der Arbeit aber sehr glücklich zu sein. Und eine schöne Handschrift hatte er auch!
Es brauchte einige Zeit, Jake und Tracy zu verdeutlichen, was passiert war, und zwar in Worten, die auch die beiden begriffen. Ich bin überzeugt davon, daß ich der einzige im Haushalt war, der den Nikolaus nicht als Spinner von der Tür abgewimmelt hätte. Und dabei konnte er sogar beweisen, daß er es war. Zumindest hatte ich mir nicht erklären können, woher plötzlich die Schokoladentäfelchen kamen, die als Dank in meinen Stiefeln lagen.
Tracy war leicht zu überzeugen gewesen, nachdem der Nikolaus aus seinem vermeintlich leeren Sack eine Bananenstaude hervorgeholt hatte. Für unseren Gorilla war das immer ein gutes Argument. Jake suchte noch immer argwöhnisch nach dem Trick.
Da kam uns allerdings ein Skelefonat dazwischen. Und damit ging der Trubel erst richtig los!
Natürlich war es ein Auftrag, der da gerade reinkam. Ein Spuk in einer Spielhalle. Na, wie gut, daß wir schon alle alt genug waren, um den Auftrag auch durchführen zu dürfen! Apropos Alter… In den Augen eines der Anwesenden begann es besorgniserregend zu leuchten…
Es war für den Nikolaus keine Option gewesen, weiter Zeitungsberichte auszuschneiden, während wir losfuhren, um einen Auftrag zu erledigen. Kaum liefen Jake und ich nach unserem High Five mit Tracy, das sich der Nikolaus glücklicherweise nur staunend angesehen hatte, statt mit einzustimmen, los zum Skelevator, schloß er sich uns an, und ehe wir es uns versahen, waren wir zu dritt auf dem Weg nach oben zu unserer Umkleidestrecke, wo wir mit unseren Uniformen und unserer Ausrüstung versehen wurden, während Tracy unten auf uns wartete.
Während Jake gelassen wie immer und ich panisch wie immer von einer Knochenhand in das energetische Netz geworfen wurden, in dem unsere Kleidung bis auf die Unterhose wegmaterialisiert wurde, kicherte es hinter mir unentwegt. Die Maschinerie, die dafür verantwortlich war, uns einzukleiden, war anscheinend nicht darauf programmiert zu hinterfragen, wer und wie viele Leute es einzukleiden gab. Dafür schien die Knochenhand den Nikolaus zu Tode zu kitzeln, bis er endlich im Energienetz hing und bis auf die mit Tannenbäumchen versehene rote Boxershorts entkleidet wurde.
Weiter ging es auf dem Förderband in die Kabine, in der wir unsere Uniformen erhielten, und weiter zu der Maschine, bei der wir die Accessoires ausgehändigt bekamen. Ich war so fasziniert von dem, was hinter mir geschah, daß ich gar nicht so entsetzt wie sonst bei der Prozedur war.
Dafür verpaßte ich fast das Trapez, an dem wir uns zu der Rutsche schwingen mußten, die hinunter zu unserem Ghostbuggy führte. Ich beobachtete gerade, wie der Greifarm den halb eingekleideten Nikolaus am Po griff, und er sich mit elegant gespreizten Armen den Gürtel umlegen ließ, während er ein Stück weiter sein Ghostpack angelegt bekam. Ich bin mir sicher, ich habe nie so elegant dabei ausgesehen! Dafür hatte der Nikolaus nun statt der Bischofskleidung einen schicken roten flauschigen Mantel mit weißem Puschelabsatz und eine rote Bommelmütze mit ebenso weißem Puschelabsatz und weißem Bommel von unserem Ankleidesystem erhalten. Ironie des Schicksals, würde ich sagen.
Als wir kurz darauf auf GBs Sitzen landeten, ächzte unser Einsatzfahrzeug wie gewohnt unter unserem Gewicht, insbesondere, als Tracy auf dem Fahrersitz landete – mehr noch aber, als ihm unvorbereitet ein vierter, gut beleibter Passagier auf den Rücksitz sprang. „Himmel, Arsch und Achsenbruch! Was ist das denn für ein Spezialist? Ist das ein Sumoringer, oder was? Das ist ja schlimmer als der Gorilla!“ echauffierte sich GB.
Jake versuchte ihm daraufhin klarzumachen, daß es sich dabei um unseren Praktikanten handelte. Das war ganz amüsant.
Als wir am Spukort ankamen, erwartete uns der Eigentümer des Ladens schon ganz aufgeregt. Ich hatte eine kleine Spielhalle mit ein paar Automaten erwartet. Das hier war aber ein ausgewachsenes Casino!
Das Problem stellte sich wie folgt dar: Am Morgen war es in dem 24/7-Etablissement noch recht ruhig gewesen. Als es auf die Mittagszeit, eine der Spitzenzeiten neben dem späten Abend, zuging, hatten sich plötzlich Geister unter die Gäste gemischt. Und das waren Geister der übelsten Sorte! Es handelte sich um eine Gangsterbande, die sich aus verurteilten Verbrechern verschiedener Epochen nach dem Tode zusammengerottet hatte und nun hergekommen war, um Unfrieden zu stiften.
Der Eigentümer hatte das Casino evakuieren wollen. Doch die Geister hatten es verriegelt. Ohne die Menschen fehlte ihnen ihre Tarnung. Unser Auftraggeber hatte großes Glück gehabt, daß er rechtzeitig hatte aus dem Gebäude fliehen können, um uns zu benachrichtigen.
So fanden wir die Situation also vor. Und nun mußten wir überhaupt erst einmal einen Weg hinein finden, um uns der gefährlichen Geisterbande überhaupt entgegenstellen zu können. Ich war begeistert. Selbst Tracy war ratlos.
Das war einer dieser Momente an diesem Tag, die mir im Nachhinein so absurd vorkommen, daß ich mir nicht sicher bin, ob ich selbst mir glauben soll, wenn ich darüber erzähle. Ausgerechnet von unserem »Praktikanten« kam die Frage, ob dieses Gebäude über einen Kamin verfügen würde. Eine Weile sahen wir alle den Nikolaus in seinem roten Mantel mit dem Ghostpack auf dem Rücken stumm an. Dann besann sich unser Auftraggeber und bestätigte. Ob ihr es glaubt oder nicht, wir stiegen also durch den Kamin ein! Unser Nikolaus, der die großartige Idee gehabt hatte, als erster. Was muß das für ein Anblick für die Gäste des Casinos gewesen sein, als sie, inmitten der Geiselnahme durch die Geister, plötzlich den Nikolaus durch den Kamin rutschen sahen?!
Wie auch immer, es funktionierte, und nur darauf kam es an! Als wir alle vier den riesigen Raum erreicht hatten, verschafften wir uns einen Überblick. Die Leute schienen hier nur festgehalten zu werden und dazu gezwungen zu werden, weiterzuspielen, damit sich die Banditen unbemerkt zwischen sie mischen konnten. Anscheinend ging es denen in erster Linie auch um das Spiel, bevor sie die Kassen leerräumten. Als Geist hat man ja auch sonst nichts.
Man erkannte die Geister dadurch, daß sie leicht durchsichtig schimmerten. Darüber hinaus wurde es schwierig. Ich hatte die Hoffnung gehabt, sie an ihrer Kleidung zwischen den anderen Gästen aussortieren zu können, doch das stellte sich als schwierig heraus. Zu sehr ähnelte die Garderobe so manch anderer Gäste dem klassischen Stil, den die Ganoven im wilden Westen getragen hatten, und so mancher Geist war auch zu neu, so daß sein Kleidungsstil auch moderner war.
Nachdem wir alle unsere Beobachtungen ausgetauscht hatten, beschlossen wir, gezielt auf die einzelnen Geistergestalten loszugehen. Eine andere Chance hatten wir nicht. Wir konnten nicht einmal genau bestimmen, wie viele es waren; nach Tracys Spuk- und Geistererscheinungsfeldstärkenmesser mußten es aber einige sein! Gut wäre es, viele von ihnen zu erwischen und erst mal festzusetzen, bevor wir sie anschließend in die Dimension schickten, wo sie hingehörten.
Wir trennten uns also, um den größtmöglichen Erfolg zu erzielen. Tracy ging ganz außen an den Spieltischen entlang, Jake zu meiner Linken zwischen den Gängen hindurch, der Nikolaus zu meiner Rechten. Als ich mitbekam, wie der Nikolaus auf die Geister losging und ihnen androhte, daß sie die Rute zu spüren kriegen würden, wenn sie nicht sofort brav wären, beschloß ich, daß es an der Zeit war, ihn auf den Ghostgummer anzulernen.
Tracy hatte sich mit dem Bubbleblaster bewaffnet und schon einige Geister in den spektral-resistenten Blasen festgesetzt. Jake, der in der Menge nicht wagte, den Dematerialisator einzusetzen, brachte das Geisterentfernerspray zum Einsatz. Ich hatte dem Nikolaus gezeigt, wie man den Ghostgummer bediente, und war nun selbst mit dem Spectre Snare unterwegs. Mittlerweile bekam ich einen Blick dafür, wer ein Geist war und wer nicht. Es fiel mir immer leichter, die richtigen Konsorten aus der Menge zu ziehen und mit dem Mini-Dematerialisator zu erledigen. Der Nikolaus entwickelte indessen eine unbändige Freude daran, mit dem Ghostgummer in der Gegend herumzuballern. Doch weder ich, noch meine Kollegen hatten gerade Zeit, einzugreifen, denn die alarmierten Geister reagierten inzwischen auf den Angriff – einige versuchten zu fliehen, andere, sich zwischen den Besuchern zu verstecken, wieder andere waren darauf aus, Verwirrung zu stiften, indem sie zum direkten Gegenangriff übergingen. Es herrschte Chaos!
Der Auftrag dauerte länger, als ich bei dem Skelefonanruf gehofft hatte. Wir bekamen allerdings auch viel Unterstützung durch die Gäste, die uns auf die Geister aufmerksam machten, nachdem sie sich in unserem Schutz anscheinend in guten Händen wähnten. Das half uns ungemein. Immer wieder, wenn wir einen Haufen Geister erledigt hatten, checkte Tracy die Anzeigen auf seinem Gerät. Aus anfänglicher Sorge wurde mehr und mehr Zufriedenheit, bis er beglückt feststellte, daß keine spektrale Energie mehr angezeigt wurde.
Wir steckten die Waffen weg und verschafften uns zum zweiten Mal an diesem Tag die Übersicht. Weite Teile des Casinos auf der rechten Seite waren unter einer rosa Ghostgum-Schicht begraben. Wer schon mal mit dem Zeug gearbeitet hat weiß, wie schlecht und eklig es wieder zu entfernen ist. Das allseits bekannte Kaugummi ist dagegen nicht mehr als ein Stiefkind. Und inmitten des Desasters stand mit frenetischem Grinsen der Nikolaus, den Ghostgummer im Anschlag, in freudiger Erwartung, sein neues Spielzeug erneut einsetzen zu dürfen. Großartig! Die Gage für diesen Auftrag würde sich mit der Entschädigung für Sachbeschädigung aufheben!
Der Nikolaus war richtig gehend eingeschnappt gewesen, als Jake ihm den Ghostgummer weggenommen hatte. Auf der ganzen Rückfahrt zum Ghostkommando hatte er geschmollt. Ich war nur froh gewesen, daß ich es nicht hatte tun müssen. Wozu hatte man sonst einen Teamführer?
Als wir ziemlich zerschlagen ins Büro zurückkehrten, war nur einer von uns noch voller Energie. Als der Nikolaus allerdings fragte, ob er fest mit in unsere Firma einsteigen könnte, verlor Jake endgültig die Nerven. Er erklärte das Praktikum für offiziell beendet und warf den Gast hinaus, was mit ein wenig Nachdruck von Tracy auch recht problemlos vonstatten ging. Ich fand die Reaktion etwas überzogen. Wir alle hatten mal klein angefangen. Nach so einem Tag lagen aber einfach die Nerven blank.
Nachdem ich mich umgezogen hatte, sortierte ich die vom Nikolaus aufgeklebten Zeitungsartikel ein. Zumindest eine kleine Erinnerung an ihn war uns geblieben. Dabei versank ich in Gedanken. Nach einem Tag wie diesem, mußte da dem Nikolaus nicht erst recht die Decke auf den Kopf fallen?
Ein paar Tage später mußten Jake und ich noch einmal zu dem Casino hin, um den Papierkram zu erledigen. Unsere Versicherung hatte sich gemeldet, es gab also doch noch Hoffnung, etwas Gage aus dem Fall als Gewinn herauszubekommen.
Auf dem Weg zum Casinobüro kamen wir durch die Spielhalle. Inzwischen war alles frisch renoviert worden. Tracy hatte sich angeboten gehabt mitzuhelfen, da er sich in Entfernung von Ghostgum gut auskannte, und das Ergebnis konnte sich sehen lassen. So hatte das Casino glücklicherweise auch kaum Kundenleerlauf nach sich gezogen, was uns wohl in den finanziellen Ruin getrieben hätte.
Jetzt sah hier jedenfalls alles aus wie eh und jeh, und lud förmlich zum Roulette, Poker der Black Jack ein. Und ich kann mir nicht helfen, einer der Aufseher an den Spieltischen erinnerte mich kolossal an den Nikolaus…
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Wenn Eddy eines vielen seiner Mitmenschen voraus hat, dann ist es eine unbändige Phantasie. Doch auch seine Phantasie wird manchmal hart auf die Probe gestellt, wenn die Phantasie zur Wirklichkeit zu werden droht. Heute hat er eine Geschichte für euch, die von genau so einem Erlebnis berichtet.
Von Jobsuche und Selbstfindung
Es gibt Tage im Leben, da steht man in der Versuchung, sich wieder ins Bett zu legen, nur um eine Weile später noch einmal aufzustehen und sich darin bestätigt zu sehen, daß man geträumt hatte. Diesen Drang verspürte ich an diesem speziellen Tag mehrmals!
Es war der 7. Dezember. Der Nikolaus-Stiefel war bereits geplündert und ich lebte in der Hoffnung auf einen ruhigen Tag ohne übersinnliche Phänomene, die uns in Atem hielten. Wie weit mein Wunsch von der Wahrheit entfernt war, eröffnete sich mir, als es an unserer Haustür klingelte. Und ich Idiot war auch noch derjenige, der die Tür öffnete.
Im ersten Moment dachte ich, daß jemand in Verkleidung vor mir stand, ein Vater, der mit seinen Kindern beim Nikolauslaufen gewesen war und sich noch nicht umgezogen hatte. Mir erschloß sich nur der Grund nicht, warum er jetzt ausgerechnet bei uns klingelte. „Ja, bitte?“ fragte ich freundlich. Ich kam mir da schon komisch vor. Noch idiotischer fühlte ich mich allerdings, als der Herr mir eröffnet, daß er der Nikolaus sei, auf der Suche nach einer Beschäftigung.
Meinen seltsamen Gesichtsausdruck konnte man sich sicher vorstellen. Der Nikolaus wußte nichts mit sich anzufangen, und kam dann ausgerechnet zu uns? Der ältere Herr schaute verlegen in der Gegend herum, klopfte nervös die Fingerspitzen gegeneinander und erklärte mir, daß ihm jetzt, wo alle Stiefel gefüllt waren, die Decke auf den Kopf fallen würde. Deswegen war er ein wenig spazieren gegangen, und so war er zufällig hier vorbei gekommen und hatte sich gedacht, daß wir vielleicht einen Helfer für einen Tag in der Firma gebrauchen könnten, nur bis er sich wieder an die ruhige Zeit nach dem Nikolaustag gewöhnt hatte. Es würde ihm schon reichen, wenn er Akten wegsortieren könnte, sagte er.
Was hätte ich tun sollen? Ich konnte den Nikolaus nicht einfach auf der Straße stehen lassen! Das wiederum warf Fragen bei meinen Kollegen Jake und Tracy auf, als sie ins Büro kamen, und den Nikolaus dabei vorfanden, wie er Ghostbusting-Artikel aus den alten Zeitungsausgaben ausschnitt, aufklebte und mit Datum versah. Mir war so schnell keine andere Aufgabe eingefallen, die ich ihm hatte geben können, ohne die Datenschutzvorschriften zu verletzen. Er schien mit der Arbeit aber sehr glücklich zu sein. Und eine schöne Handschrift hatte er auch!
Es brauchte einige Zeit, Jake und Tracy zu verdeutlichen, was passiert war, und zwar in Worten, die auch die beiden begriffen. Ich bin überzeugt davon, daß ich der einzige im Haushalt war, der den Nikolaus nicht als Spinner von der Tür abgewimmelt hätte. Und dabei konnte er sogar beweisen, daß er es war. Zumindest hatte ich mir nicht erklären können, woher plötzlich die Schokoladentäfelchen kamen, die als Dank in meinen Stiefeln lagen.
Tracy war leicht zu überzeugen gewesen, nachdem der Nikolaus aus seinem vermeintlich leeren Sack eine Bananenstaude hervorgeholt hatte. Für unseren Gorilla war das immer ein gutes Argument. Jake suchte noch immer argwöhnisch nach dem Trick.
Da kam uns allerdings ein Skelefonat dazwischen. Und damit ging der Trubel erst richtig los!
Natürlich war es ein Auftrag, der da gerade reinkam. Ein Spuk in einer Spielhalle. Na, wie gut, daß wir schon alle alt genug waren, um den Auftrag auch durchführen zu dürfen! Apropos Alter… In den Augen eines der Anwesenden begann es besorgniserregend zu leuchten…
Es war für den Nikolaus keine Option gewesen, weiter Zeitungsberichte auszuschneiden, während wir losfuhren, um einen Auftrag zu erledigen. Kaum liefen Jake und ich nach unserem High Five mit Tracy, das sich der Nikolaus glücklicherweise nur staunend angesehen hatte, statt mit einzustimmen, los zum Skelevator, schloß er sich uns an, und ehe wir es uns versahen, waren wir zu dritt auf dem Weg nach oben zu unserer Umkleidestrecke, wo wir mit unseren Uniformen und unserer Ausrüstung versehen wurden, während Tracy unten auf uns wartete.
Während Jake gelassen wie immer und ich panisch wie immer von einer Knochenhand in das energetische Netz geworfen wurden, in dem unsere Kleidung bis auf die Unterhose wegmaterialisiert wurde, kicherte es hinter mir unentwegt. Die Maschinerie, die dafür verantwortlich war, uns einzukleiden, war anscheinend nicht darauf programmiert zu hinterfragen, wer und wie viele Leute es einzukleiden gab. Dafür schien die Knochenhand den Nikolaus zu Tode zu kitzeln, bis er endlich im Energienetz hing und bis auf die mit Tannenbäumchen versehene rote Boxershorts entkleidet wurde.
Weiter ging es auf dem Förderband in die Kabine, in der wir unsere Uniformen erhielten, und weiter zu der Maschine, bei der wir die Accessoires ausgehändigt bekamen. Ich war so fasziniert von dem, was hinter mir geschah, daß ich gar nicht so entsetzt wie sonst bei der Prozedur war.
Dafür verpaßte ich fast das Trapez, an dem wir uns zu der Rutsche schwingen mußten, die hinunter zu unserem Ghostbuggy führte. Ich beobachtete gerade, wie der Greifarm den halb eingekleideten Nikolaus am Po griff, und er sich mit elegant gespreizten Armen den Gürtel umlegen ließ, während er ein Stück weiter sein Ghostpack angelegt bekam. Ich bin mir sicher, ich habe nie so elegant dabei ausgesehen! Dafür hatte der Nikolaus nun statt der Bischofskleidung einen schicken roten flauschigen Mantel mit weißem Puschelabsatz und eine rote Bommelmütze mit ebenso weißem Puschelabsatz und weißem Bommel von unserem Ankleidesystem erhalten. Ironie des Schicksals, würde ich sagen.
Als wir kurz darauf auf GBs Sitzen landeten, ächzte unser Einsatzfahrzeug wie gewohnt unter unserem Gewicht, insbesondere, als Tracy auf dem Fahrersitz landete – mehr noch aber, als ihm unvorbereitet ein vierter, gut beleibter Passagier auf den Rücksitz sprang. „Himmel, Arsch und Achsenbruch! Was ist das denn für ein Spezialist? Ist das ein Sumoringer, oder was? Das ist ja schlimmer als der Gorilla!“ echauffierte sich GB.
Jake versuchte ihm daraufhin klarzumachen, daß es sich dabei um unseren Praktikanten handelte. Das war ganz amüsant.
Als wir am Spukort ankamen, erwartete uns der Eigentümer des Ladens schon ganz aufgeregt. Ich hatte eine kleine Spielhalle mit ein paar Automaten erwartet. Das hier war aber ein ausgewachsenes Casino!
Das Problem stellte sich wie folgt dar: Am Morgen war es in dem 24/7-Etablissement noch recht ruhig gewesen. Als es auf die Mittagszeit, eine der Spitzenzeiten neben dem späten Abend, zuging, hatten sich plötzlich Geister unter die Gäste gemischt. Und das waren Geister der übelsten Sorte! Es handelte sich um eine Gangsterbande, die sich aus verurteilten Verbrechern verschiedener Epochen nach dem Tode zusammengerottet hatte und nun hergekommen war, um Unfrieden zu stiften.
Der Eigentümer hatte das Casino evakuieren wollen. Doch die Geister hatten es verriegelt. Ohne die Menschen fehlte ihnen ihre Tarnung. Unser Auftraggeber hatte großes Glück gehabt, daß er rechtzeitig hatte aus dem Gebäude fliehen können, um uns zu benachrichtigen.
So fanden wir die Situation also vor. Und nun mußten wir überhaupt erst einmal einen Weg hinein finden, um uns der gefährlichen Geisterbande überhaupt entgegenstellen zu können. Ich war begeistert. Selbst Tracy war ratlos.
Das war einer dieser Momente an diesem Tag, die mir im Nachhinein so absurd vorkommen, daß ich mir nicht sicher bin, ob ich selbst mir glauben soll, wenn ich darüber erzähle. Ausgerechnet von unserem »Praktikanten« kam die Frage, ob dieses Gebäude über einen Kamin verfügen würde. Eine Weile sahen wir alle den Nikolaus in seinem roten Mantel mit dem Ghostpack auf dem Rücken stumm an. Dann besann sich unser Auftraggeber und bestätigte. Ob ihr es glaubt oder nicht, wir stiegen also durch den Kamin ein! Unser Nikolaus, der die großartige Idee gehabt hatte, als erster. Was muß das für ein Anblick für die Gäste des Casinos gewesen sein, als sie, inmitten der Geiselnahme durch die Geister, plötzlich den Nikolaus durch den Kamin rutschen sahen?!
Wie auch immer, es funktionierte, und nur darauf kam es an! Als wir alle vier den riesigen Raum erreicht hatten, verschafften wir uns einen Überblick. Die Leute schienen hier nur festgehalten zu werden und dazu gezwungen zu werden, weiterzuspielen, damit sich die Banditen unbemerkt zwischen sie mischen konnten. Anscheinend ging es denen in erster Linie auch um das Spiel, bevor sie die Kassen leerräumten. Als Geist hat man ja auch sonst nichts.
Man erkannte die Geister dadurch, daß sie leicht durchsichtig schimmerten. Darüber hinaus wurde es schwierig. Ich hatte die Hoffnung gehabt, sie an ihrer Kleidung zwischen den anderen Gästen aussortieren zu können, doch das stellte sich als schwierig heraus. Zu sehr ähnelte die Garderobe so manch anderer Gäste dem klassischen Stil, den die Ganoven im wilden Westen getragen hatten, und so mancher Geist war auch zu neu, so daß sein Kleidungsstil auch moderner war.
Nachdem wir alle unsere Beobachtungen ausgetauscht hatten, beschlossen wir, gezielt auf die einzelnen Geistergestalten loszugehen. Eine andere Chance hatten wir nicht. Wir konnten nicht einmal genau bestimmen, wie viele es waren; nach Tracys Spuk- und Geistererscheinungsfeldstärkenmesser mußten es aber einige sein! Gut wäre es, viele von ihnen zu erwischen und erst mal festzusetzen, bevor wir sie anschließend in die Dimension schickten, wo sie hingehörten.
Wir trennten uns also, um den größtmöglichen Erfolg zu erzielen. Tracy ging ganz außen an den Spieltischen entlang, Jake zu meiner Linken zwischen den Gängen hindurch, der Nikolaus zu meiner Rechten. Als ich mitbekam, wie der Nikolaus auf die Geister losging und ihnen androhte, daß sie die Rute zu spüren kriegen würden, wenn sie nicht sofort brav wären, beschloß ich, daß es an der Zeit war, ihn auf den Ghostgummer anzulernen.
Tracy hatte sich mit dem Bubbleblaster bewaffnet und schon einige Geister in den spektral-resistenten Blasen festgesetzt. Jake, der in der Menge nicht wagte, den Dematerialisator einzusetzen, brachte das Geisterentfernerspray zum Einsatz. Ich hatte dem Nikolaus gezeigt, wie man den Ghostgummer bediente, und war nun selbst mit dem Spectre Snare unterwegs. Mittlerweile bekam ich einen Blick dafür, wer ein Geist war und wer nicht. Es fiel mir immer leichter, die richtigen Konsorten aus der Menge zu ziehen und mit dem Mini-Dematerialisator zu erledigen. Der Nikolaus entwickelte indessen eine unbändige Freude daran, mit dem Ghostgummer in der Gegend herumzuballern. Doch weder ich, noch meine Kollegen hatten gerade Zeit, einzugreifen, denn die alarmierten Geister reagierten inzwischen auf den Angriff – einige versuchten zu fliehen, andere, sich zwischen den Besuchern zu verstecken, wieder andere waren darauf aus, Verwirrung zu stiften, indem sie zum direkten Gegenangriff übergingen. Es herrschte Chaos!
Der Auftrag dauerte länger, als ich bei dem Skelefonanruf gehofft hatte. Wir bekamen allerdings auch viel Unterstützung durch die Gäste, die uns auf die Geister aufmerksam machten, nachdem sie sich in unserem Schutz anscheinend in guten Händen wähnten. Das half uns ungemein. Immer wieder, wenn wir einen Haufen Geister erledigt hatten, checkte Tracy die Anzeigen auf seinem Gerät. Aus anfänglicher Sorge wurde mehr und mehr Zufriedenheit, bis er beglückt feststellte, daß keine spektrale Energie mehr angezeigt wurde.
Wir steckten die Waffen weg und verschafften uns zum zweiten Mal an diesem Tag die Übersicht. Weite Teile des Casinos auf der rechten Seite waren unter einer rosa Ghostgum-Schicht begraben. Wer schon mal mit dem Zeug gearbeitet hat weiß, wie schlecht und eklig es wieder zu entfernen ist. Das allseits bekannte Kaugummi ist dagegen nicht mehr als ein Stiefkind. Und inmitten des Desasters stand mit frenetischem Grinsen der Nikolaus, den Ghostgummer im Anschlag, in freudiger Erwartung, sein neues Spielzeug erneut einsetzen zu dürfen. Großartig! Die Gage für diesen Auftrag würde sich mit der Entschädigung für Sachbeschädigung aufheben!
Der Nikolaus war richtig gehend eingeschnappt gewesen, als Jake ihm den Ghostgummer weggenommen hatte. Auf der ganzen Rückfahrt zum Ghostkommando hatte er geschmollt. Ich war nur froh gewesen, daß ich es nicht hatte tun müssen. Wozu hatte man sonst einen Teamführer?
Als wir ziemlich zerschlagen ins Büro zurückkehrten, war nur einer von uns noch voller Energie. Als der Nikolaus allerdings fragte, ob er fest mit in unsere Firma einsteigen könnte, verlor Jake endgültig die Nerven. Er erklärte das Praktikum für offiziell beendet und warf den Gast hinaus, was mit ein wenig Nachdruck von Tracy auch recht problemlos vonstatten ging. Ich fand die Reaktion etwas überzogen. Wir alle hatten mal klein angefangen. Nach so einem Tag lagen aber einfach die Nerven blank.
Nachdem ich mich umgezogen hatte, sortierte ich die vom Nikolaus aufgeklebten Zeitungsartikel ein. Zumindest eine kleine Erinnerung an ihn war uns geblieben. Dabei versank ich in Gedanken. Nach einem Tag wie diesem, mußte da dem Nikolaus nicht erst recht die Decke auf den Kopf fallen?
Ein paar Tage später mußten Jake und ich noch einmal zu dem Casino hin, um den Papierkram zu erledigen. Unsere Versicherung hatte sich gemeldet, es gab also doch noch Hoffnung, etwas Gage aus dem Fall als Gewinn herauszubekommen.
Auf dem Weg zum Casinobüro kamen wir durch die Spielhalle. Inzwischen war alles frisch renoviert worden. Tracy hatte sich angeboten gehabt mitzuhelfen, da er sich in Entfernung von Ghostgum gut auskannte, und das Ergebnis konnte sich sehen lassen. So hatte das Casino glücklicherweise auch kaum Kundenleerlauf nach sich gezogen, was uns wohl in den finanziellen Ruin getrieben hätte.
Jetzt sah hier jedenfalls alles aus wie eh und jeh, und lud förmlich zum Roulette, Poker der Black Jack ein. Und ich kann mir nicht helfen, einer der Aufseher an den Spieltischen erinnerte mich kolossal an den Nikolaus…