Amalias Welt und ihre neuen Freunde- Teil 2
von mexicanrose
Kurzbeschreibung
Amalia ist eine kluge und witzige Landschildkröte, nur leider nicht unbedingt die Mutigste. Sie lebt in der Sonora-Wüste nahe der mexikanischen Grenze, wo sie sich jeden Tag neuen Gefahren stellen muss. Dabei lernt sie viele neue Freunde kennen. Sei dabei wenn ihre spannenden Abenteuer beginnen!
GeschichteAbenteuer, Freundschaft / P6 / Gen
12.11.2018
12.11.2018
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Hallo meine lieben Leser und willkommen zum zweiten Teil meiner Amalia Reihe. Ich wünsche euch viel Spaß und würde mich sehr über eine Review freuen!
Eure mexicanrose
An diesem frühen Morgen lagen Amalia, Billy und Hugo versteckt im hohen, trockenen Gras. Billy schien zu schlafen, zumindest nahm man das an, denn sie lag bewegungslos, einfach nur zusammengerollt auf dem trockenen Boden. Dabei waren ihre Augen fest geschlossen und nichts machte den Anschein, als würde sie irgendetwas hören oder spüren, was ihre Aufmerksamkeit erregen könnte.
Hugo schnarchte leise, nur Amalia wachte. Am Abend zuvor hatte Hugo sie ins nahegelegene Schilf geführt, da Amalia unbedingt vor der heißen Mittagssonne geschützt werden musste. Sie quengelte so lange, bis sie sich sofort auf den Weg machten, um einen kühleren Ort zu finden.
Die letzte Nacht blieben sie im Schilf, doch auch dort war der Boden sehr warm und trocken, hatte aber kleine Risse, in denen sich noch ein bisschen Flüssigkeit angesammelt hatte. Der letzte Regenguss war schon eine Weile her, in spätestens zwei Stunden würde auch dieser Rest versickert sein.
Amalia hätte lieber einen kühleren Platz, in der Nähe eines Flusses bevorzugt, aber auf die Schnelle war gestern Nachmittag nichts zu finden gewesen.
In ihren Gedanken schwamm Amalia in einem klaren See, der so kühl und erfrischend war, dass sie diesen wundervollen Ort nie wieder verlassen wollte. Auf diesem See wuchsen die farbenprächtigsten und schönsten Seerosen, viele kleine Insekten schwirrten über ihn. Darunter waren auch einige neugierige Libellen, die in Windeseile auf und ab flogen. Ihre zarten Flügel schlugen so schnell, das sie kaum mit bloßem Auge zu sehen waren. Um den See herum wuchsen saftige Sträucher, deren grüne Blätter sie so sehr liebte. Auch Früchte lagen überall verstreut, sie musste nur noch zuschnappen.
Amalias Tagtraum wurde plötzlich gestört, Hugo war aufgestanden und schüttelte sich so heftig, dass Amalia richtig erschrak. „Na endlich wach, Schlafmütze ?“ raunte Hugo „ Hast wohl vor dich hin geträumt oder wo warst du gerade mit deinen Gedanken?“
„ Ja du hast mich gestört, mit deinem doofen Schütteln“ knurrte Amalia zurück. „ Muss auch sein , mich hat es gejuckt.“
„Na dann würde ich mal was gegen deine Flöhe tun“ sagte Amalia. „Gute Idee, die könnte von mir sein, nur was soll ich denn dagegen tun?“fragte Hugo. „Am besten wäre ein Schlammbad, da kannst du sie alle los werden“.
„Meinst Du?“ „ Ja klar, das weiß doch jedes Kind, die bleiben in dieser Pampe hängen und gleichzeitig kühlt es noch ein bisschen“.
„Wow, woher weißt du das denn alles“? „Ich schaue anderen Tieren zu, wenn sie sich im Schlamm wälzen“ sagte Amalia. „ Man bist du schlau“ entgegnete Hugo voller Achtung. „Nein nur reine Beobachtungsgabe, was soll man denn sonst den lieben langen Tag machen.“ meinte Amalia.
„ Ich liege gerne nur so herum, wenn ich nicht gerade mit Jagen beschäftigt bin.“ erzählte Hugo. „Macht dir das Spaß, andere zu jagen und dann zu erlegen?“ fragte Amalia neugierig. „ Naja, ich würde sagen, Spaß ist etwas anderes, erstens ist es ganz schön anstrengend, immer nach Beute Ausschau zu halten und zweitens ist es auch schwierig wirklich etwas zu erwischen. Weißt du, ich mache es ja nicht um Spaß zu haben, sondern um zu überleben. Kannst du das ein bisschen verstehen?“ fragte Hugo. „ Wieso nicht, ich bin zwar Vegetarier, aber das habe ich mir ja auch nicht selbst ausgesucht, so ist es nun einmal und ich bin eigentlich ganz froh, das es so ist. Wenn ich mir vorstelle , ich müsste Tiere töten um selbst zu überleben?Ohh Haa.“ Amalia verzog das kleine Gesicht „Das wäre ziemlich hart für mich.“
„Aber das hat doch nichts mit unserer Freundschaft zu tun, oder?“ fragte Hugo schüchtern. „Nein Hugo , wir sind eben verschieden, genau wie Billy, die frisst auch gerne Mäuse und deshalb kann ich sie nicht weniger leiden. Jeder führt sein Leben so gut er kann und wie es ihm vorbestimmt ist, aber das wichtigste dabei ist, dass er nie seine Würde verliert.“ entgegnete Amalia.
„Wie meinst du das denn?“ fragte Hugo erstaunt.
„ Zum Beispiel, dass man seine Freunde nicht verrät oder sie im Stich lässt, wenn Gefahr droht, nur um sich selbst zu schützen.“ sagte Amalia entschlossen.
Sie schaute Hugo tief in die gelben Augen um eine ehrliche Reaktion zu erhaschen, wurde aber enttäuscht. In seinen Augen ließ es sich nicht so leicht ablesen, wie damals in Billys.
Von Billy hatte man heute morgen noch nichts gehört. Sie lag immer noch reglos im hohen Gras und schien zu schlafen. Langsam machte sich Amalia Sorgen und krabbelte vorsichtig zu ihr hin, sie tätschelte den kühlen Kopf und rief leise „Billy, wach auf, es ist schon Morgen!“
Keine Reaktion. Billy fühlte sich wirklich sehr kühl an und zuckte kein bisschen. Amalia wiederholte nochmal ihren Weckruf, jetzt aber wesentlich energischer und tatsächlich, sie öffnete ihre Augen. Ganz schläfrig murrte sie „Ja, ich wache ja schon auf , aber lass mich noch einen Moment in Frieden.“
Billy schlug ihre Augen auf und blickte geradewegs in Amalias runzeliges Gesicht.
Amalia fragte „Geht es dir auch gut Billy, du hast so lange geschlafen?“
„Mir geht es gut und das Ausschlafen hat mir richtig gut getan. Die letzten zwei Tage waren doch recht aufregend und haben mich viel Kraft gekostet.“
„ Oh ja, du warst sehr tapfer Billy, ich war wirklich sehr froh dich an meiner Seite zu haben.“
Billy freute sich sehr über dieses Lob und zischte munter vor sich hin.
„ Guten Morgen Hugo, wie geht es dir?“ fragte dir. „ Oh, ganz Okay.“ erwiderte er.
„Amalia und ich wollten doch gestern noch deine Geschichte hören, warum du dein Rudel verloren hast?“ fragte Billy.
Hugo spitzte nun die Ohren und kniff die Augen ein wenig zusammen, dabei wanderte sein Blick zu Amalia und abwechselnd zu Billy. Es schien ihm fast ein wenig peinlich zu sein. Er zögerte, senkte seinen Blick und fragte: „ Muss das sein?“
„ Ach komm schon Hugo, so schlimm wird es wohl nicht sein, oder?“ „ Du brauchst dich doch nicht vor uns zu schämen!“ „ Wir sind doch jetzt Freunde.“
„Na gut, aber ihr lacht bitte nicht über mich.“
Billy und Amalia hörten nun aufmerksam zu. „Ich war Anführer eines Rudels und als Anführer hat man natürlich einige Aufgaben. Zum Beispiel muss ich mein Rudel schützen vor anderen Wolfsmännchen, oder aber ein starker, junger Wolf aus einem fremden Rudel möchte gerne selbst der Anführer sein, das bedeutet Kampf und wer eben verliert muss das Feld räumen. Das ist mir passiert“, erklärte Hugo leise und schloss die Augen. „Ich bin einfach zu schwach und zu alt geworden, um ein Rudel anzuführen!“, dabei riss er jetzt die Augen wieder weit auf. „ So, nun wisst ihr warum!“
Es war mucksmäuschenstill , Hugo wartete auf lautes Gelächter, doch das blieb aus. Stattdessen ergriff Amalia das Wort.
„Also Hugo, das ist gemein, so seine Familie zu verlieren, aber es ist nicht das Ende. Für uns bist du weder alt, noch zu schwach, wir nehmen dich so wie du bist und halten ab jetzt zusammen. Was sagst du dazu Billy?“
„ Absolut, wir halten zusammen“, entgegnete Billy und zischelte fröhlich.
Hugo schaute die beiden ganz erstaunt an und sagte „ Das hätte ich aber nicht erwartet, das ihr so verständnisvoll reagiert!“ „ Ach Hugo, wieso sollen wir dich für etwas verurteilen, wofür du nichts kannst, du wirst schon dein Bestes gegeben haben“, meinte Billy. Amalia nickte zustimmend und lächelte Hugo an. „ So und jetzt machen wir uns auf den Weg um Futter zu finden, denn ich bin total ausgehungert“, rief sie.
„ Okay das wird aber nicht so einfach sein, denn jeder von uns hat andere Vorlieben. Wie machen wir das jetzt?“ meinte Hugo leicht verwirrt.
„ Tja, dann müssen wir uns mal für eine bestimmte Zeit trennen und jeder versucht etwas Nahrung zu finden, das ist das Einfachste“ sagte Amalia.
„ Aber wie treffen wir uns wieder?“ fragte Hugo beunruhigt. „Heute am Abend treffen wir uns wieder hier, wenn die Sonne untergeht, genau an dieser Stelle“ antwortete Amalia.
„ Na gut“, sagte Hugo. „Kommt ihr auch wirklich wieder hierher?“, zögerte er.
„Wir werden uns auf jeden Fall wieder an diesem Platz treffen, okay?“
Mit diesen Worten verabschiedeten sich Amalia und Billy von Hugo. Sie bewegten sich gemeinsam aus dem Schilf heraus, in Richtung Flussbett.
Sie hofften dort vielleicht auf Wasser zu stoßen, aber um diese Jahreszeit war es fast unmöglich, noch ein Wasserloch zu finden.
In diesen Monaten herrschte in der Sonora Wüste Trockenzeit. Diese fing gerade erst an und dauerte Wochen. Bald würde alles so unter der Dürre leiden, dass es besonders schwierig sein würde, Nahrung zu finden. Amalia ernährte sich überwiegend von Stauden, Kakteen und Blütenblättern. Auch Gräser und Kräuter standen auf ihrem Speiseplan.
Amalia speicherte für lange Zeit durch die Nahrung Wasser, deshalb war sie auch in der Lage, längere Strecken zurückzulegen. Manchmal zog sie quer durch das ganze Areal.
Sie legte auch größere Pausen ein, indem sie sich einfach tagelang in einer Felsspalte zu Ruhe legte und schlief.
Einen Winterschlaf kannte sie nicht, denn in ihrem Lebensraum gab es keinen richtigen Winter.
Die Temperaturen in der Wüste konnten doch sehr unterschiedlich sein, am Tage kletterten sie bis auf 45 Grad und in der Nacht fielen sie oft unter Null.
Billy, ihre Freundin ernährte sich von Insekten und Kleintieren. Wühlmäuse, kleine Vögel oder auch Käfer waren ihre Leibspeise.
Als sie am Flussbett ankamen, war es natürlich total ausgetrocknet. Brauner, klebriger Sand und kleine Kieselsteine waren das Einzige, was zu sehen war.
Plötzlich richtete Billy sich auf und horchte ganz gespannt. Jetzt hörte auch Amalia ein leises Rascheln. Im nahe gelegenen Gras bewegte sich etwas, und da, eine kleine Wühlmaus schaute zu ihnen hinüber. Ganz frech glotzte sie Billy und Amalia an und rümpfte die spitze Nase. Sie stand auf ihren Hinterbeinen, hob ihre Arme nach oben, als ob sie in ihre Pfötchen klatschen wolle. Dann schüttelte sie den grauen Schopf und fing an zu quietschen. Das war eindeutig zu viel für Amalia und Billy, sie hasteten auf sie zu, doch im selben Moment war sie verschwunden.
Billy war schneller als Amalia und machte im Gras halt um sie zu suchen, aber nichts, sie blieb verschollen. „ Wo kann sie nur sein?“, jammerte Billy, „ Das wäre ein idealer Frühstückssnack für mich gewesen! So ein Ärger aber auch!“ rief sie verzweifelt.
„ Sie hat sich bestimmt in einem Loch verkrochen“, meinte Amalia.
„ Ja, sie hat sich nicht nur verkrochen, sondern vorher hat sie uns auch noch ausgelacht, diese fiese kleine Ratte!“ „Oh, Billy sei doch nicht so wütend, wenn dich einer fressen wollte, dann würdest du auch so schnell wie möglich das Weite suchen, oder?“
„ Ja, ja das würde ich vermutlich, trotzdem knurrt mir der Magen“. „Ich lege mich jetzt auf die Lauer und warte bis sie wieder auftaucht, das wäre doch gelacht, wenn ich diese kleine Maus nicht zufassen bekomme“, erwiderte sie.
„ Na gut Billy, ich werde mein Glück mal auf der anderen Seite des Flussbettes versuchen, vielleicht finde ich ein paar saftige Kakteen.
Billy schaute Amalia nach, wie sie gemächlich davon wackelte.
Amalia brauchte nicht lange zu suchen, nicht weit entfernt standen prächtige Kakteen. Sie leuchteten hellgrün in der grellen Sonne, ihre spitzen Stachel ragten weit hervor. Mit ein bisschen Geschick, das wusste Amalia, konnte man diesen entgehen. Diese saftige Kakteenart hatte pinkfarbene Blüten, die Amalia besonders gerne fraß. Sie zupfte mit ihrem Maul an den Blütenblättern und abwechselnd an dem saftigen Grün. Nach einer Weile hatte sie genug genascht und überlegte sich, noch an einem anderen Ort nach Nahrung zu suchen.
Doch dann dachte sie an Billy, ob sie die kleine Wühlmaus schon aufgestöbert hatte?
Langsam machte sie sich auf den Weg zurück um in Billys Nähe zu sein.
Die kleine Wühlmaus jedoch hockte betulich in ihrem Erdloch. Dieses Labyrinth unter der Erde war nicht nur ein ausgezeichnetes Versteck, sondern auch ihr Zuhause.
Als sie vorhin im Gras herum geschlendert war, hatte sie eigentlich auf ihren Liebsten gewartet, der auf Futtersuche war. Egon war ein feiner Mäuserich, er kümmerte sich liebevoll um seine Freundin Tilda. Egon und Tilda kannten sich schon seit der Kindheit, denn ihre Eltern waren schon befreundet gewesen. Deshalb wünschten sich beide, später mal ein Familie zu gründen. Das war aber nicht so einfach, denn auch andere hübsche Mäusedamen hatten ein Auge auf Egon geworfen.
Nun wartete sie hier unten auf ihn, doch irgendwie beschlich sie ein ungutes Gefühl. Könnte Egon etwas passiert sein?
Was war mit dieser Schlange, die sie offensichtlich verärgert hatte, als sie da oben mit einem Lächeln in die Pfoten schlug?
Dies ließ ihr keine Ruhe mehr, sie musste etwas unternehmen, spätestens wenn Egon zu ihr gelangen wollte, könnte es Schwierigkeiten geben.
Nein, dachte sie, ich muss ihn warnen, egal wie.
Und schon schlich sie vorsichtig durch die schmalen Gänge. Sie hatte furchtbare Angst, aber das nutzte nichts, sie liebte ihren Egon.
Sie überlegte kurz und schoss mit einem Sprung aus dem Loch und kam auf einem dürren Stock auf, klammerte sich daran fest und schnappte als erstes nach Luft.
„ Puh geschafft!“ rief sie aus.
Doch in diesem Moment schnellte Billy schon aus ihrer Wartehaltung und warf sich auf sie. Tilda pfiepte und schrie erbärmlich und konnte sich im letzten Augenblick noch befreien, aber Billy ließ nicht nach. Sie versuchte Tilda den Weg abzuschneiden, mit einem geschickten Seitensprung und war nun direkt vor ihr.
„So meine Liebe, jetzt hab ich dich!“ Billy riss das Maul auf, ihre Giftzähne blitzten gefährlich. Das laute Klappern ihres Schwanzes ließ Tilda noch mehr zittern, sie schlotterte vor Entsetzen und riss ebenfalls ihr Mäulchen auf.
„Nun ist es vorbei mit dem Gegrinse, kleines Fräulein!“ schrie Billy sie an.
Auf einmal hörte Billy hinter sich eine bekannte Stimme „ Billy, bitte lass die Maus in Ruhe, sie stirbt ja gleich vor Angst!“ Billy war so irritiert, das sie sich umblickte und sah Amalia, die hinter ihr stand.
„Sag mal was ist denn in dich gefahren, ich versuche hier etwas zum Frühstück zu erbeuten und du spielst den Samariter, ich habe Hunger!“ schrie Billy beleidigt. „Aber die kleine süße Maus kann doch nichts dafür das du Hunger hast, kannst du dir nicht ein anderes Opfer suchen, Billy?“
„Nur weil du Vegetarier bist kannst du nicht verlangen, das ich jetzt auf meine Leibspeise verzichte, klar?“
„Klar“, sagte Amalia erschrocken. „Kannst du nicht noch einmal eine Ausnahme machen, sie sah so verängstigt aus, die Kleine. Wo ist sie überhaupt, ich kann sie überhaupt nicht mehr sehen?,“ fragte Amalia.
„Na, super das hast du ja fein hingekriegt, wenn das so weiter geht, werde ich noch verhungern“, motzte Billy, drehte sich herum und schlängelte wütend davon. Die hat mir ja ganz schön die Tour vermasselt, dachte sie und war eingeschnappt.
Amalia blieb zurück und hielt Ausschau nach der kleinen Wühlmaus, doch die hockte Zähne klappernd in ihrem Labyrinth. Keine zehn Pferde würden sie noch einmal an die Erdoberfläche locken können.
Egon hatte aus sicherer Entfernung das Schauspiel miterlebt und sah nur noch Amalia dort vor dem Erdloch sitzen. Mist dachte er, Tilda ist bestimmt fix und fertig und bräuchte meinen Zuspruch. Wie kann ich dieses Tier nur weglocken?
Auf einmal flog ein Steinchen zu Amalia hinüber und sie stutzte, sie drehte ihren Kopf in die Richtung aus der der Stein kam, konnte aber nichts entdecken. Und wieder kam etwas aus der anderen Richtung angeflogen, diesmal ein größerer Stein.
„Jetzt reicht es aber mit dem Werfen, komm raus du Feigling!“ rief sie.
Egon blieb wachsam und wartete ab.
Amalia sagte nun ganz freundlich „ Ich tue dir nichts, aber bitte komm doch endlich raus, ich habe keine Lust mit Steinen beworfen zu werden, das tut weh.“
Egon nahm seinen ganzen Mut zusammen und kroch aus seinem Versteck, er streckte sich nach oben, um größer zu wirken und setzte seinen gefährlichen Blick auf, indem er die Wangen nach hinten zog und die Augen zusammenkniff.
„Wo ist diese fiese Schlange? Und was bist du eigentlich für ein Tier? So etwas wie dich hab ich hier noch nie gesehen!“, fragte Egon mutig.
„Das sind aber ganz schön viele Fragen, mein Lieber“, antwortete Amalia erstaunt.
„ Ich bin eine Landschildkröte und heiße Amalia und die fiese Schlange, die du meintest ist Billy, meine beste Freundin“ erklärte sie.
„Wie bitte, sie ist deine beste Freundin? Das ist doch nicht dein Ernst, oder?“, fragte Egon erschüttert.
„Doch das ist sie, eigentlich ist sie sehr lieb und mutig, aber du musst verstehen, sie hatte schon tagelang nichts gefressen und Hunger, da passiert das schon mal!“, antwortete Amalia zurück.
„Das passiert schon mal!“, rief Egon laut. „ Sie wollte meine Liebste fressen und das vor meinen Augen, zum Glück konnte sie mit deiner Hilfe noch entwischen“, lenkte Egon ein. „Ja das habe ich gerne gemacht, ich habe gesehen das deine Freundin Todesangst hatte, aber am Anfang schien sie mir so mutig, als sie an dem Stock hing. Was wollte sie dort eigentlich?“ fragte Amalia.
„Ich kann mir nur vorstellen, dass sie mich vor dieser gefährlichen Schlange warnen wollte und hat sich deshalb selbst in Gefahr gebracht“, meinte Egon.
Das muss Liebe sein, dachte Amalia, sprach es aber nicht laut aus.
„Habt ihr eine Familie?“, fragte Amalia neugierig.
„Nein noch nicht, aber ich hatte vor, sie heute noch zu fragen, ob wir zusammen bleiben und sie sich vorstellen könnte mit mir ein paar kleine Mäuschen zu bekommen“, sagte Egon verlegen.
„Das ist die beste Idee, die ich heute gehört habe, ich wünsche euch viel Glück!“,
rief Amalia entzückt.
„So Herr Mäuserich , ich werde jetzt mal nach meiner besten Freundin schauen, ich hoffe sie ist mir nicht mehr böse.“
„Ja auf Wiedersehen Amalia, es war nett mit dir zu plaudern und danke das du Tilda gerettet hast, das werde ich dir nie vergessen.“ rief Egon ihr nach.
Mittlerweile war es später Nachmittag und die Hitze in der Sonora Wüste wurde fast unerträglich, zumindest für Amalia. Die Sonne brannte unermüdlich auf sie hinab, während sie langsam durch den trockenen Sand krabbelte. Nur mit eiserner Geduld trieb sie sich immer weiter selbst an, denn am liebsten hätte sie sich einfach im Sand eingegraben und ein Nickerchen gehalten. Nein, dachte sie, ich muss unbedingt Billy finden und mich entschuldigen.
Sie hatte mehrere Stunden nach Billy gesucht, doch ohne Erfolg. Sie wusste ja ,dass sie mit ihrer Aktion Billy sehr verärgert hatte. Aber sie hoffte, sich mithilfe einer ordentlichen Entschuldigung, wieder mit Billy zu vertragen.
Bald hatte sie das Schilf erreicht, in welchem sie sich alle am Abend wieder treffen wollten. Der Sonnenuntergang ließ noch eine Stunde auf sich warten und sie konnte sich im hohen Gras verstecken und auf die anderen warten.
So schlief Amalia erschöpft ein und bemerkte nicht, was um sie herum geschah.
Ganz in ihrer Nähe hockte eine quirlige Eidechse, die sie interessiert beobachtete.
Man konnte sie kaum erkennen, da sie sich mit ihrer Körperfärbung perfekt der Umgebung anpassen konnte. Natürlich zum Schutz vor potenziellen Feinden. Nur ihre runden Glubschaugen bewegten sich sehr rasant hin und her. Sie spionierte diesen Platz aus, da sie bald einen sicheren Platz suchen musste, um ihre Eier abzulegen.
Und dafür brauchte sie einen geschützten und ruhigen Ort. Aber um ihren Nachkommen gute Chancen zum Überleben zu geben, würde sie alles tun.
Als sie Amalia sah, wunderte sie sich ein bisschen, denn sie wusste, dass Landschildkröten sich selten im Schilf aufhalten. Normalerweise bevorzugten sie Sand und Gestein, also blieb sie skeptisch und sollte nicht enttäuscht werden. Denn in diesem Moment schlich sich ein Wolf an die schlafende Schildkröte heran. Er legte sich ganz friedlich und fast lautlos neben sie.
Also das hatte sie noch nie erlebt, eine Schildkröte und ein Wolf so nah bei einander.
Merkwürdig dachte sie und starrte sie verwirrt an.
Nach einer Weile, die Sonne versank langsam am Horizont , gesellte sich noch ein anderes Tier dazu.
Diesmal allerdings war es eine Klapperschlange, welche sehr geschmeidig auf die beiden zu schlängelte. Doch diese Schlange schaute sich mehrere Male genau um. Sie wollte wohl die Umgebung genau inspizieren, um auf mögliche Angreifer gefasst zu sein.
Die neugierige Eidechse staunte nicht schlecht, als sie das sah. Alle drei lagen nun ganz vertraut neben einander und schienen sich zu unterhalten. Okay, dachte die Eidechse, eine Schildkröte und eine Schlange, das kann ich noch verstehen, aber was will denn der Wolf dabei?
Komisches Trio dachte sie und machte sich schleunigst aus dem Staub.
Hugo, Billy und Amalia waren wieder vereint und jetzt stand der volle, silbrig glänzende Mond am Himmel. Seine Anziehungskraft hatte auf alle Tiere in der Wüste eine magische Wirkung. Besonders auf Hugo, denn wenn der Vollmond am Nachthimmel leuchtete, zwang ihn ein mächtiger Drang laut auf zu heulen, um auch den andern Wölfen Antwort zu geben. Er wurde dann immer sehr unruhig und seine unbändige Sehnsucht nach seinen verlorenen Gefährten stimmte ihn traurig.
Doch in dieser Nacht sollten noch andere Freunde von Hugo traurig sein.
Amalia hatte versucht sich mit Billy auszusprechen, doch Billy war immer noch eingeschnappt. Billy machte Amalia unmissverständlich klar, dass sie sich nicht mehr bei der Futtersuche und Beute einzumischen hatte, sonst würde sie die Freundschaft beenden. Amalia wurde bewusst, wie unterschiedlich sie alle waren.
Jeder hatte seine Bestimmung im Leben und war für irgendetwas nützlich und sei es nur um selbst Beute zu sein.
Aber sie wollte sich keinesfalls damit zufrieden geben, sondern um die Freundschaft und den Zusammenhalt kämpfen.
Eure mexicanrose
An diesem frühen Morgen lagen Amalia, Billy und Hugo versteckt im hohen, trockenen Gras. Billy schien zu schlafen, zumindest nahm man das an, denn sie lag bewegungslos, einfach nur zusammengerollt auf dem trockenen Boden. Dabei waren ihre Augen fest geschlossen und nichts machte den Anschein, als würde sie irgendetwas hören oder spüren, was ihre Aufmerksamkeit erregen könnte.
Hugo schnarchte leise, nur Amalia wachte. Am Abend zuvor hatte Hugo sie ins nahegelegene Schilf geführt, da Amalia unbedingt vor der heißen Mittagssonne geschützt werden musste. Sie quengelte so lange, bis sie sich sofort auf den Weg machten, um einen kühleren Ort zu finden.
Die letzte Nacht blieben sie im Schilf, doch auch dort war der Boden sehr warm und trocken, hatte aber kleine Risse, in denen sich noch ein bisschen Flüssigkeit angesammelt hatte. Der letzte Regenguss war schon eine Weile her, in spätestens zwei Stunden würde auch dieser Rest versickert sein.
Amalia hätte lieber einen kühleren Platz, in der Nähe eines Flusses bevorzugt, aber auf die Schnelle war gestern Nachmittag nichts zu finden gewesen.
In ihren Gedanken schwamm Amalia in einem klaren See, der so kühl und erfrischend war, dass sie diesen wundervollen Ort nie wieder verlassen wollte. Auf diesem See wuchsen die farbenprächtigsten und schönsten Seerosen, viele kleine Insekten schwirrten über ihn. Darunter waren auch einige neugierige Libellen, die in Windeseile auf und ab flogen. Ihre zarten Flügel schlugen so schnell, das sie kaum mit bloßem Auge zu sehen waren. Um den See herum wuchsen saftige Sträucher, deren grüne Blätter sie so sehr liebte. Auch Früchte lagen überall verstreut, sie musste nur noch zuschnappen.
Amalias Tagtraum wurde plötzlich gestört, Hugo war aufgestanden und schüttelte sich so heftig, dass Amalia richtig erschrak. „Na endlich wach, Schlafmütze ?“ raunte Hugo „ Hast wohl vor dich hin geträumt oder wo warst du gerade mit deinen Gedanken?“
„ Ja du hast mich gestört, mit deinem doofen Schütteln“ knurrte Amalia zurück. „ Muss auch sein , mich hat es gejuckt.“
„Na dann würde ich mal was gegen deine Flöhe tun“ sagte Amalia. „Gute Idee, die könnte von mir sein, nur was soll ich denn dagegen tun?“fragte Hugo. „Am besten wäre ein Schlammbad, da kannst du sie alle los werden“.
„Meinst Du?“ „ Ja klar, das weiß doch jedes Kind, die bleiben in dieser Pampe hängen und gleichzeitig kühlt es noch ein bisschen“.
„Wow, woher weißt du das denn alles“? „Ich schaue anderen Tieren zu, wenn sie sich im Schlamm wälzen“ sagte Amalia. „ Man bist du schlau“ entgegnete Hugo voller Achtung. „Nein nur reine Beobachtungsgabe, was soll man denn sonst den lieben langen Tag machen.“ meinte Amalia.
„ Ich liege gerne nur so herum, wenn ich nicht gerade mit Jagen beschäftigt bin.“ erzählte Hugo. „Macht dir das Spaß, andere zu jagen und dann zu erlegen?“ fragte Amalia neugierig. „ Naja, ich würde sagen, Spaß ist etwas anderes, erstens ist es ganz schön anstrengend, immer nach Beute Ausschau zu halten und zweitens ist es auch schwierig wirklich etwas zu erwischen. Weißt du, ich mache es ja nicht um Spaß zu haben, sondern um zu überleben. Kannst du das ein bisschen verstehen?“ fragte Hugo. „ Wieso nicht, ich bin zwar Vegetarier, aber das habe ich mir ja auch nicht selbst ausgesucht, so ist es nun einmal und ich bin eigentlich ganz froh, das es so ist. Wenn ich mir vorstelle , ich müsste Tiere töten um selbst zu überleben?Ohh Haa.“ Amalia verzog das kleine Gesicht „Das wäre ziemlich hart für mich.“
„Aber das hat doch nichts mit unserer Freundschaft zu tun, oder?“ fragte Hugo schüchtern. „Nein Hugo , wir sind eben verschieden, genau wie Billy, die frisst auch gerne Mäuse und deshalb kann ich sie nicht weniger leiden. Jeder führt sein Leben so gut er kann und wie es ihm vorbestimmt ist, aber das wichtigste dabei ist, dass er nie seine Würde verliert.“ entgegnete Amalia.
„Wie meinst du das denn?“ fragte Hugo erstaunt.
„ Zum Beispiel, dass man seine Freunde nicht verrät oder sie im Stich lässt, wenn Gefahr droht, nur um sich selbst zu schützen.“ sagte Amalia entschlossen.
Sie schaute Hugo tief in die gelben Augen um eine ehrliche Reaktion zu erhaschen, wurde aber enttäuscht. In seinen Augen ließ es sich nicht so leicht ablesen, wie damals in Billys.
Von Billy hatte man heute morgen noch nichts gehört. Sie lag immer noch reglos im hohen Gras und schien zu schlafen. Langsam machte sich Amalia Sorgen und krabbelte vorsichtig zu ihr hin, sie tätschelte den kühlen Kopf und rief leise „Billy, wach auf, es ist schon Morgen!“
Keine Reaktion. Billy fühlte sich wirklich sehr kühl an und zuckte kein bisschen. Amalia wiederholte nochmal ihren Weckruf, jetzt aber wesentlich energischer und tatsächlich, sie öffnete ihre Augen. Ganz schläfrig murrte sie „Ja, ich wache ja schon auf , aber lass mich noch einen Moment in Frieden.“
Billy schlug ihre Augen auf und blickte geradewegs in Amalias runzeliges Gesicht.
Amalia fragte „Geht es dir auch gut Billy, du hast so lange geschlafen?“
„Mir geht es gut und das Ausschlafen hat mir richtig gut getan. Die letzten zwei Tage waren doch recht aufregend und haben mich viel Kraft gekostet.“
„ Oh ja, du warst sehr tapfer Billy, ich war wirklich sehr froh dich an meiner Seite zu haben.“
Billy freute sich sehr über dieses Lob und zischte munter vor sich hin.
„ Guten Morgen Hugo, wie geht es dir?“ fragte dir. „ Oh, ganz Okay.“ erwiderte er.
„Amalia und ich wollten doch gestern noch deine Geschichte hören, warum du dein Rudel verloren hast?“ fragte Billy.
Hugo spitzte nun die Ohren und kniff die Augen ein wenig zusammen, dabei wanderte sein Blick zu Amalia und abwechselnd zu Billy. Es schien ihm fast ein wenig peinlich zu sein. Er zögerte, senkte seinen Blick und fragte: „ Muss das sein?“
„ Ach komm schon Hugo, so schlimm wird es wohl nicht sein, oder?“ „ Du brauchst dich doch nicht vor uns zu schämen!“ „ Wir sind doch jetzt Freunde.“
„Na gut, aber ihr lacht bitte nicht über mich.“
Billy und Amalia hörten nun aufmerksam zu. „Ich war Anführer eines Rudels und als Anführer hat man natürlich einige Aufgaben. Zum Beispiel muss ich mein Rudel schützen vor anderen Wolfsmännchen, oder aber ein starker, junger Wolf aus einem fremden Rudel möchte gerne selbst der Anführer sein, das bedeutet Kampf und wer eben verliert muss das Feld räumen. Das ist mir passiert“, erklärte Hugo leise und schloss die Augen. „Ich bin einfach zu schwach und zu alt geworden, um ein Rudel anzuführen!“, dabei riss er jetzt die Augen wieder weit auf. „ So, nun wisst ihr warum!“
Es war mucksmäuschenstill , Hugo wartete auf lautes Gelächter, doch das blieb aus. Stattdessen ergriff Amalia das Wort.
„Also Hugo, das ist gemein, so seine Familie zu verlieren, aber es ist nicht das Ende. Für uns bist du weder alt, noch zu schwach, wir nehmen dich so wie du bist und halten ab jetzt zusammen. Was sagst du dazu Billy?“
„ Absolut, wir halten zusammen“, entgegnete Billy und zischelte fröhlich.
Hugo schaute die beiden ganz erstaunt an und sagte „ Das hätte ich aber nicht erwartet, das ihr so verständnisvoll reagiert!“ „ Ach Hugo, wieso sollen wir dich für etwas verurteilen, wofür du nichts kannst, du wirst schon dein Bestes gegeben haben“, meinte Billy. Amalia nickte zustimmend und lächelte Hugo an. „ So und jetzt machen wir uns auf den Weg um Futter zu finden, denn ich bin total ausgehungert“, rief sie.
„ Okay das wird aber nicht so einfach sein, denn jeder von uns hat andere Vorlieben. Wie machen wir das jetzt?“ meinte Hugo leicht verwirrt.
„ Tja, dann müssen wir uns mal für eine bestimmte Zeit trennen und jeder versucht etwas Nahrung zu finden, das ist das Einfachste“ sagte Amalia.
„ Aber wie treffen wir uns wieder?“ fragte Hugo beunruhigt. „Heute am Abend treffen wir uns wieder hier, wenn die Sonne untergeht, genau an dieser Stelle“ antwortete Amalia.
„ Na gut“, sagte Hugo. „Kommt ihr auch wirklich wieder hierher?“, zögerte er.
„Wir werden uns auf jeden Fall wieder an diesem Platz treffen, okay?“
Mit diesen Worten verabschiedeten sich Amalia und Billy von Hugo. Sie bewegten sich gemeinsam aus dem Schilf heraus, in Richtung Flussbett.
Sie hofften dort vielleicht auf Wasser zu stoßen, aber um diese Jahreszeit war es fast unmöglich, noch ein Wasserloch zu finden.
In diesen Monaten herrschte in der Sonora Wüste Trockenzeit. Diese fing gerade erst an und dauerte Wochen. Bald würde alles so unter der Dürre leiden, dass es besonders schwierig sein würde, Nahrung zu finden. Amalia ernährte sich überwiegend von Stauden, Kakteen und Blütenblättern. Auch Gräser und Kräuter standen auf ihrem Speiseplan.
Amalia speicherte für lange Zeit durch die Nahrung Wasser, deshalb war sie auch in der Lage, längere Strecken zurückzulegen. Manchmal zog sie quer durch das ganze Areal.
Sie legte auch größere Pausen ein, indem sie sich einfach tagelang in einer Felsspalte zu Ruhe legte und schlief.
Einen Winterschlaf kannte sie nicht, denn in ihrem Lebensraum gab es keinen richtigen Winter.
Die Temperaturen in der Wüste konnten doch sehr unterschiedlich sein, am Tage kletterten sie bis auf 45 Grad und in der Nacht fielen sie oft unter Null.
Billy, ihre Freundin ernährte sich von Insekten und Kleintieren. Wühlmäuse, kleine Vögel oder auch Käfer waren ihre Leibspeise.
Als sie am Flussbett ankamen, war es natürlich total ausgetrocknet. Brauner, klebriger Sand und kleine Kieselsteine waren das Einzige, was zu sehen war.
Plötzlich richtete Billy sich auf und horchte ganz gespannt. Jetzt hörte auch Amalia ein leises Rascheln. Im nahe gelegenen Gras bewegte sich etwas, und da, eine kleine Wühlmaus schaute zu ihnen hinüber. Ganz frech glotzte sie Billy und Amalia an und rümpfte die spitze Nase. Sie stand auf ihren Hinterbeinen, hob ihre Arme nach oben, als ob sie in ihre Pfötchen klatschen wolle. Dann schüttelte sie den grauen Schopf und fing an zu quietschen. Das war eindeutig zu viel für Amalia und Billy, sie hasteten auf sie zu, doch im selben Moment war sie verschwunden.
Billy war schneller als Amalia und machte im Gras halt um sie zu suchen, aber nichts, sie blieb verschollen. „ Wo kann sie nur sein?“, jammerte Billy, „ Das wäre ein idealer Frühstückssnack für mich gewesen! So ein Ärger aber auch!“ rief sie verzweifelt.
„ Sie hat sich bestimmt in einem Loch verkrochen“, meinte Amalia.
„ Ja, sie hat sich nicht nur verkrochen, sondern vorher hat sie uns auch noch ausgelacht, diese fiese kleine Ratte!“ „Oh, Billy sei doch nicht so wütend, wenn dich einer fressen wollte, dann würdest du auch so schnell wie möglich das Weite suchen, oder?“
„ Ja, ja das würde ich vermutlich, trotzdem knurrt mir der Magen“. „Ich lege mich jetzt auf die Lauer und warte bis sie wieder auftaucht, das wäre doch gelacht, wenn ich diese kleine Maus nicht zufassen bekomme“, erwiderte sie.
„ Na gut Billy, ich werde mein Glück mal auf der anderen Seite des Flussbettes versuchen, vielleicht finde ich ein paar saftige Kakteen.
Billy schaute Amalia nach, wie sie gemächlich davon wackelte.
Amalia brauchte nicht lange zu suchen, nicht weit entfernt standen prächtige Kakteen. Sie leuchteten hellgrün in der grellen Sonne, ihre spitzen Stachel ragten weit hervor. Mit ein bisschen Geschick, das wusste Amalia, konnte man diesen entgehen. Diese saftige Kakteenart hatte pinkfarbene Blüten, die Amalia besonders gerne fraß. Sie zupfte mit ihrem Maul an den Blütenblättern und abwechselnd an dem saftigen Grün. Nach einer Weile hatte sie genug genascht und überlegte sich, noch an einem anderen Ort nach Nahrung zu suchen.
Doch dann dachte sie an Billy, ob sie die kleine Wühlmaus schon aufgestöbert hatte?
Langsam machte sie sich auf den Weg zurück um in Billys Nähe zu sein.
Die kleine Wühlmaus jedoch hockte betulich in ihrem Erdloch. Dieses Labyrinth unter der Erde war nicht nur ein ausgezeichnetes Versteck, sondern auch ihr Zuhause.
Als sie vorhin im Gras herum geschlendert war, hatte sie eigentlich auf ihren Liebsten gewartet, der auf Futtersuche war. Egon war ein feiner Mäuserich, er kümmerte sich liebevoll um seine Freundin Tilda. Egon und Tilda kannten sich schon seit der Kindheit, denn ihre Eltern waren schon befreundet gewesen. Deshalb wünschten sich beide, später mal ein Familie zu gründen. Das war aber nicht so einfach, denn auch andere hübsche Mäusedamen hatten ein Auge auf Egon geworfen.
Nun wartete sie hier unten auf ihn, doch irgendwie beschlich sie ein ungutes Gefühl. Könnte Egon etwas passiert sein?
Was war mit dieser Schlange, die sie offensichtlich verärgert hatte, als sie da oben mit einem Lächeln in die Pfoten schlug?
Dies ließ ihr keine Ruhe mehr, sie musste etwas unternehmen, spätestens wenn Egon zu ihr gelangen wollte, könnte es Schwierigkeiten geben.
Nein, dachte sie, ich muss ihn warnen, egal wie.
Und schon schlich sie vorsichtig durch die schmalen Gänge. Sie hatte furchtbare Angst, aber das nutzte nichts, sie liebte ihren Egon.
Sie überlegte kurz und schoss mit einem Sprung aus dem Loch und kam auf einem dürren Stock auf, klammerte sich daran fest und schnappte als erstes nach Luft.
„ Puh geschafft!“ rief sie aus.
Doch in diesem Moment schnellte Billy schon aus ihrer Wartehaltung und warf sich auf sie. Tilda pfiepte und schrie erbärmlich und konnte sich im letzten Augenblick noch befreien, aber Billy ließ nicht nach. Sie versuchte Tilda den Weg abzuschneiden, mit einem geschickten Seitensprung und war nun direkt vor ihr.
„So meine Liebe, jetzt hab ich dich!“ Billy riss das Maul auf, ihre Giftzähne blitzten gefährlich. Das laute Klappern ihres Schwanzes ließ Tilda noch mehr zittern, sie schlotterte vor Entsetzen und riss ebenfalls ihr Mäulchen auf.
„Nun ist es vorbei mit dem Gegrinse, kleines Fräulein!“ schrie Billy sie an.
Auf einmal hörte Billy hinter sich eine bekannte Stimme „ Billy, bitte lass die Maus in Ruhe, sie stirbt ja gleich vor Angst!“ Billy war so irritiert, das sie sich umblickte und sah Amalia, die hinter ihr stand.
„Sag mal was ist denn in dich gefahren, ich versuche hier etwas zum Frühstück zu erbeuten und du spielst den Samariter, ich habe Hunger!“ schrie Billy beleidigt. „Aber die kleine süße Maus kann doch nichts dafür das du Hunger hast, kannst du dir nicht ein anderes Opfer suchen, Billy?“
„Nur weil du Vegetarier bist kannst du nicht verlangen, das ich jetzt auf meine Leibspeise verzichte, klar?“
„Klar“, sagte Amalia erschrocken. „Kannst du nicht noch einmal eine Ausnahme machen, sie sah so verängstigt aus, die Kleine. Wo ist sie überhaupt, ich kann sie überhaupt nicht mehr sehen?,“ fragte Amalia.
„Na, super das hast du ja fein hingekriegt, wenn das so weiter geht, werde ich noch verhungern“, motzte Billy, drehte sich herum und schlängelte wütend davon. Die hat mir ja ganz schön die Tour vermasselt, dachte sie und war eingeschnappt.
Amalia blieb zurück und hielt Ausschau nach der kleinen Wühlmaus, doch die hockte Zähne klappernd in ihrem Labyrinth. Keine zehn Pferde würden sie noch einmal an die Erdoberfläche locken können.
Egon hatte aus sicherer Entfernung das Schauspiel miterlebt und sah nur noch Amalia dort vor dem Erdloch sitzen. Mist dachte er, Tilda ist bestimmt fix und fertig und bräuchte meinen Zuspruch. Wie kann ich dieses Tier nur weglocken?
Auf einmal flog ein Steinchen zu Amalia hinüber und sie stutzte, sie drehte ihren Kopf in die Richtung aus der der Stein kam, konnte aber nichts entdecken. Und wieder kam etwas aus der anderen Richtung angeflogen, diesmal ein größerer Stein.
„Jetzt reicht es aber mit dem Werfen, komm raus du Feigling!“ rief sie.
Egon blieb wachsam und wartete ab.
Amalia sagte nun ganz freundlich „ Ich tue dir nichts, aber bitte komm doch endlich raus, ich habe keine Lust mit Steinen beworfen zu werden, das tut weh.“
Egon nahm seinen ganzen Mut zusammen und kroch aus seinem Versteck, er streckte sich nach oben, um größer zu wirken und setzte seinen gefährlichen Blick auf, indem er die Wangen nach hinten zog und die Augen zusammenkniff.
„Wo ist diese fiese Schlange? Und was bist du eigentlich für ein Tier? So etwas wie dich hab ich hier noch nie gesehen!“, fragte Egon mutig.
„Das sind aber ganz schön viele Fragen, mein Lieber“, antwortete Amalia erstaunt.
„ Ich bin eine Landschildkröte und heiße Amalia und die fiese Schlange, die du meintest ist Billy, meine beste Freundin“ erklärte sie.
„Wie bitte, sie ist deine beste Freundin? Das ist doch nicht dein Ernst, oder?“, fragte Egon erschüttert.
„Doch das ist sie, eigentlich ist sie sehr lieb und mutig, aber du musst verstehen, sie hatte schon tagelang nichts gefressen und Hunger, da passiert das schon mal!“, antwortete Amalia zurück.
„Das passiert schon mal!“, rief Egon laut. „ Sie wollte meine Liebste fressen und das vor meinen Augen, zum Glück konnte sie mit deiner Hilfe noch entwischen“, lenkte Egon ein. „Ja das habe ich gerne gemacht, ich habe gesehen das deine Freundin Todesangst hatte, aber am Anfang schien sie mir so mutig, als sie an dem Stock hing. Was wollte sie dort eigentlich?“ fragte Amalia.
„Ich kann mir nur vorstellen, dass sie mich vor dieser gefährlichen Schlange warnen wollte und hat sich deshalb selbst in Gefahr gebracht“, meinte Egon.
Das muss Liebe sein, dachte Amalia, sprach es aber nicht laut aus.
„Habt ihr eine Familie?“, fragte Amalia neugierig.
„Nein noch nicht, aber ich hatte vor, sie heute noch zu fragen, ob wir zusammen bleiben und sie sich vorstellen könnte mit mir ein paar kleine Mäuschen zu bekommen“, sagte Egon verlegen.
„Das ist die beste Idee, die ich heute gehört habe, ich wünsche euch viel Glück!“,
rief Amalia entzückt.
„So Herr Mäuserich , ich werde jetzt mal nach meiner besten Freundin schauen, ich hoffe sie ist mir nicht mehr böse.“
„Ja auf Wiedersehen Amalia, es war nett mit dir zu plaudern und danke das du Tilda gerettet hast, das werde ich dir nie vergessen.“ rief Egon ihr nach.
Mittlerweile war es später Nachmittag und die Hitze in der Sonora Wüste wurde fast unerträglich, zumindest für Amalia. Die Sonne brannte unermüdlich auf sie hinab, während sie langsam durch den trockenen Sand krabbelte. Nur mit eiserner Geduld trieb sie sich immer weiter selbst an, denn am liebsten hätte sie sich einfach im Sand eingegraben und ein Nickerchen gehalten. Nein, dachte sie, ich muss unbedingt Billy finden und mich entschuldigen.
Sie hatte mehrere Stunden nach Billy gesucht, doch ohne Erfolg. Sie wusste ja ,dass sie mit ihrer Aktion Billy sehr verärgert hatte. Aber sie hoffte, sich mithilfe einer ordentlichen Entschuldigung, wieder mit Billy zu vertragen.
Bald hatte sie das Schilf erreicht, in welchem sie sich alle am Abend wieder treffen wollten. Der Sonnenuntergang ließ noch eine Stunde auf sich warten und sie konnte sich im hohen Gras verstecken und auf die anderen warten.
So schlief Amalia erschöpft ein und bemerkte nicht, was um sie herum geschah.
Ganz in ihrer Nähe hockte eine quirlige Eidechse, die sie interessiert beobachtete.
Man konnte sie kaum erkennen, da sie sich mit ihrer Körperfärbung perfekt der Umgebung anpassen konnte. Natürlich zum Schutz vor potenziellen Feinden. Nur ihre runden Glubschaugen bewegten sich sehr rasant hin und her. Sie spionierte diesen Platz aus, da sie bald einen sicheren Platz suchen musste, um ihre Eier abzulegen.
Und dafür brauchte sie einen geschützten und ruhigen Ort. Aber um ihren Nachkommen gute Chancen zum Überleben zu geben, würde sie alles tun.
Als sie Amalia sah, wunderte sie sich ein bisschen, denn sie wusste, dass Landschildkröten sich selten im Schilf aufhalten. Normalerweise bevorzugten sie Sand und Gestein, also blieb sie skeptisch und sollte nicht enttäuscht werden. Denn in diesem Moment schlich sich ein Wolf an die schlafende Schildkröte heran. Er legte sich ganz friedlich und fast lautlos neben sie.
Also das hatte sie noch nie erlebt, eine Schildkröte und ein Wolf so nah bei einander.
Merkwürdig dachte sie und starrte sie verwirrt an.
Nach einer Weile, die Sonne versank langsam am Horizont , gesellte sich noch ein anderes Tier dazu.
Diesmal allerdings war es eine Klapperschlange, welche sehr geschmeidig auf die beiden zu schlängelte. Doch diese Schlange schaute sich mehrere Male genau um. Sie wollte wohl die Umgebung genau inspizieren, um auf mögliche Angreifer gefasst zu sein.
Die neugierige Eidechse staunte nicht schlecht, als sie das sah. Alle drei lagen nun ganz vertraut neben einander und schienen sich zu unterhalten. Okay, dachte die Eidechse, eine Schildkröte und eine Schlange, das kann ich noch verstehen, aber was will denn der Wolf dabei?
Komisches Trio dachte sie und machte sich schleunigst aus dem Staub.
Hugo, Billy und Amalia waren wieder vereint und jetzt stand der volle, silbrig glänzende Mond am Himmel. Seine Anziehungskraft hatte auf alle Tiere in der Wüste eine magische Wirkung. Besonders auf Hugo, denn wenn der Vollmond am Nachthimmel leuchtete, zwang ihn ein mächtiger Drang laut auf zu heulen, um auch den andern Wölfen Antwort zu geben. Er wurde dann immer sehr unruhig und seine unbändige Sehnsucht nach seinen verlorenen Gefährten stimmte ihn traurig.
Doch in dieser Nacht sollten noch andere Freunde von Hugo traurig sein.
Amalia hatte versucht sich mit Billy auszusprechen, doch Billy war immer noch eingeschnappt. Billy machte Amalia unmissverständlich klar, dass sie sich nicht mehr bei der Futtersuche und Beute einzumischen hatte, sonst würde sie die Freundschaft beenden. Amalia wurde bewusst, wie unterschiedlich sie alle waren.
Jeder hatte seine Bestimmung im Leben und war für irgendetwas nützlich und sei es nur um selbst Beute zu sein.
Aber sie wollte sich keinesfalls damit zufrieden geben, sondern um die Freundschaft und den Zusammenhalt kämpfen.