Layers of Tears
von Eckstein
Kurzbeschreibung
[Layers of Fear] || Das Bild! Es ist gleich fertig! Endlich! Solange hat es gedauert! So lange! Aber nun... Nun ist es fertig! Schmerz, Leid, Trauer, all das hat das Bild gekostet! All das!
KurzgeschichteDrama / P16 / Gen
17.08.2018
17.08.2018
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Layers of Fear
Es ist fast fertig. Es ist gleich vollbracht. Heute wird es fertig werden. Das spüre ich! Wie lang habe ich nur daran gearbeitet? Geschuftet wie ein Lastentier? Zu lange saß ich daran. Zu lange. Die ganze Zeit rannte in Strömen an mir vorbei. Aber heute kann ich es endlich fertigstellen. Endlich. Es wurde Zeit. Und nun ist die Zeit gekommen.
Tränen aus Frust, Schreie aus Wut! All das hat das Bild gekostet! All das für eine bestrichene Leinwand. Aber all das war es wert! All das! Man muss Opfer für seine Gemälde bringen! Was haben die großen Könige früher gemacht? All ihre Soldaten auch in ausweglosen Situationen geopfert, um ihr Schloss und ihre Seele zu retten! Das Malen ist nichts weiter als ein Krieg! Ein immer fortlaufender Krieg! Er endet nie! Ist der eine gewonnen, so beginnt der nächste. Gemälde sind nichts weiter als Schauplätze vergangener Kriege. Nur die Bilder erinnern uns an die brutale Schlacht, die einmal vor unserer Zeit stattgefunden hat. Jeder einzelne Pinselstrich ist wie ein Kanonenschlag, der auf die Feinde niedergeregnet. Jede Farbe ist das Blut der zahlreichen Toten. Verwendet für einen höheren Zweck. Auch wenn jeder König den Krieg hasst, so ist er doch von Nutzen. Ohne ihn wäre das Königreich nur ein Königreich. Eine Leinwand wäre nur eine Leinwand. Aber durch den Schrecken, durch den Tod! Dadurch erst wird ein Königreich zu einem Königreich. Eine Leinwand zu einer Leinwand. So wie wir sie kennen und lieben.
Meine Pinsel sind die Soldaten, die sich für das Vollenden eines Zweckes opfern. Sie brechen, sie entgleiten, sie kehren nicht mehr zurück. Kisten voller Pinsel, die sich für ihr Vaterland opfern. Nichts weiter als Nutzwerkzeuge, die nur für einen Moment überdauern.
In meiner Hand ist der letzte Pinsel, der letzte Soldat. Er schaut das fast fertige Bild mit seinen müden Augen an. Er steht dem vollen Schlachtfeld gegenüber. Ein Soldat gegen ein ganzes Heer, das seinen Blick nur auf diese eine Person gerichtet hat. Der Krieg ist gleich gewonnen und vorbei! Innerlich jubelt das Heer bereits. Doch zuerst muss eine weitere Leiche existieren, bevor ein weiterer Krieg in die Geschichte eingehen kann. Der Soldat zerbricht wie ein dünnes Stück Holz an den großen Anforderungen. Das Schwert zerschneidet seine Rüstung, der Pfeil fliegt durch sein Fleisch. Es ist vorbei.
Der Pinsel gleitet mir aus der Hand und fällt auf den Boden. Ich bekomme es gar nicht mit. Vor mir ist das fertige Bild. Das Gemälde. Das Schlachtfeld, das nun nicht mehr verwendet wird. Die Leichen, die nun unwichtig sind. Es zählt nur das Ganze. Und das Ganze befindet sich vor mir. Ein Gemälde wie kein anderes. Die letzten Blutspuren meines eigenen Blutes trocknen auf der Leinwand. Das Blut war notwendig. Der Tod war notwendig. Alles habe ich dafür gegeben, um das Bild beenden zu können. Fertigstellen zu können. Ich musste! Was blieb mir anderes übrig! Ich war gezwungen! Getrieben! Wie ein Soldat in den Krieg! Aber nun ist es vorüber. Es ist aus. Aus und vorbei.
Ich starre das Bild an. Es ist perfekt. Jeder Pinselstrich, von Nöten! Noch nie so ein Meisterwerk hat die Menschheit erblickt. Noch nie. Hört ihr mich? Noch nie!
Ich streiche mit meinen Fingern über die soeben erst getrocknete Farbe. Es ist einzigartig. Perfekt. Noch nie so etwas Schönes hatte es gegeben.
Doch was ist das? Welche Person ist die Frau auf meinem Bild? Wieso? Aber nein! Das kann nicht sein! Wieso! Wieso nur! Meine Frau! Meine geliebte Frau! Was hab ich nur getan! Tränen strömen über mein Gesicht, aber das bekomme ich nicht mit. Wo ist meine Frau? Meine Frau! Wo ist sie nur! Die lieblichen Klänge ihrer Stimme, die bittersüße Melodie des Flügels! Sie sind abgeklungen! Fort! Auf und davon! Wer hat sie nur weg? Wer? Wer nur!
Es tut mir so Leid! Ach es tut mir so schrecklich Leid! Wie konnte ich nur! Wieso? Wieso nur? Was bin ich nur für ein Monster! Ein Monster gar ohne Frau! Nur das Gemälde schwebte in meinem Kopf! Erst jetzt sehe ich die Ausmaße! Die gar schrecklichen Ausmaße! Was bin ich nur für ein Mensch! Der Schlachtruf hat mich betört! Ich war in Trance! Ich war nicht ich! Ach was für eine Schande! Wie konnte ich nur! Tot! Tot ist sie! Wegen meinem Gemälde! Wegen meiner Schlacht! Gewonnen und doch verloren! Ich kann es nicht länger ertragen! Der Ruf! Er ertönt! Er ruft mich! Ich! Ich! Ich kann nicht!
Ich falle auf die Knie und Tränen sind überall. Alles schmerzt. Alles! Alles verloren! Nichts ist mehr übrig.
Nichts.