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Der Geschmack deines süßen Blutes

Kurzbeschreibung
KurzgeschichteÜbernatürlich, Liebesgeschichte / P16 / Gen
Marceline Prinzessin Bubblegum
05.05.2018
05.05.2018
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Fade.
Das war ein Wort, was ihre Situation am besten zu beschreiben schien.
Es war einfach alles nur noch fade.
Die grauen Gesichter der gestressten Menschen, das trübselige und stark verregnete Novemberwetter, aber vor allem… das Blut.
Nichts schmeckte mehr so, wie es es einmal vor über eintausend Jahren getan hatte.

Aber wie konnte es auch? Mit all diesen neuartigen Diäten und experimentellen Ernährungsweisen, die aus der Erde sprießen wie Pilze im Herbst und mehr wie ein Modetrend waren als eine tatsächlich gesunde Art der Nahrungszufuhr für den eigenen Körper. Nicht, dass Marceline wirklich viel davon verstand. Ihr Körper musste nun schon eine ganze Weile keine dieser Nährstoffe mehr zu sich nehmen.
Außer eben Blut.

Fade.
So schmeckte es. Obwohl, eigentlich schmeckte es gar nicht mehr. Weil es eben nach gar nichts mehr schmeckte.
Vegetarier, Pescetarismus, Veganer, Paleo…
Wo blieben die Nährstoffe? Das Fleisch?

Sie spazierte an einem Schaufenster vorbei; im Gebäude sah man eine Gruppe junger Frauen in einem Kreis, sie alle machten Übungen auf einem Stepper zu einer Musik mit einem sehr schnellen Rhythmus und den kreischenden Anweisungen der Trainerin.
Marceline wusste genau, dass niemand von denen mit einem guten Gewissen etwas Süßes anrühren, geschweige denn essen würde.

Das vermisste sie auch. Süßes Blut. Zucker.
Ihr lief das Wasser in ihrem untoten Mund zusammen, als sie sich an den wunderbaren Geschmack von nahrhaftem und süßem Blut erinnerte.

Langweilig.
So kamen ihr die meisten Leute vor. Wie sie sich versuchten, von anderen abzugrenzen und dennoch nicht begriffen, dass sie sich somit dem “Mainstream” (dieses Wort hatte sie zum ersten Mal vor einem Monat gehört, als sie der Meinung war, mal wieder den Alltag der Sterblichen um sie herum mitverfolgen zu müssen und den “Fernseher” einschaltete) nur noch mehr unterordneten als sich von diesem abzuspalten.
Sogar sie verstand das, und sie beschäftigte sich mit den Angelegenheiten der Normalsterblichen vielleicht alle 100 Jahre. Ansonsten verkehrte sie nur in Untergrundkreisen (der wirklich tiefste Untergrund, wo Feuer deine Sohlen lecken würde) und kam nachts oder an besonders regnerischen Tagen wie diesen zum Jagen an die Oberfläche.

Und seit dem Beginn des 21. Jahrhunderts war jeder Tag und Beutezug eine reine Enttäuschung gewesen.

Fade, langweilig oder mit Medikamenten vollgepumpt, die einen “glücklicher” machen sollten. Dieses Blut schmeckte am abscheulichsten.

Der Regen prasselte auf ihre bleiche und tote Haut, ließ sie vielleicht noch ein Hundertstel davon spüren, wie sich der Regen vor eintausend Jahren auf ihrer Haut angefühlt haben musste.

Plötzlich spürte sie nur einen dumpfen Schlag gegen ihre Schulter, als jemand mit voller Wucht in sie hineinrannte.

„T-tschuldige!” quietschte das Mädchen erschöpft, während sie sich von Marceline entfernte.
Doch Marceline blieb still. Und musterte das Mädchen von Kopf bis Fuß.

Sie hatte durchnässtes und pinkes Haar, smaragdgrüne Augen, die sie angsterfüllt anstarrten.

Und sie duftete.

Aber nicht wegen des süßlichen Parfüms, das sie aufgetragen hatte.
Nein, es war ihr Blut, das sie in ein einzigartiges und köstlich riechendes Aroma einhüllte.

„T-tut mir wirklich sehr leid! Sorry!” stammelte das Mädchen, als sie sich an Marceline vorbei schlich und ihr noch einmal entschuldigend zunickte, bevor sie weiter rannte, höchstwahrscheinlich, um sich vor diesem ekelhaften Wetter in Schutz zu bringen.

Mit einem faszinierten Schmunzeln verfolgte Marceline das Mädchen mit ihren Augen, bevor dieses in einem der hunderten Läden der Einkaufsstraße verschwand.
Als sich der Vampir versicherte, dass niemand weiter in der Nähe war, löste sie ihre Füße vom Boden und schwebte dem Mädchen neugierig hinterher.

Sie staunte nicht schlecht, als sie am Fenster des Geschäfts angelangte, worin die junge Frau von eben hinein verschwunden war: Ein Burgerladen.

Marceline beobachte, wie sich das Mädchen einen Burger zu bestellen schien.
Was wohl drauf sein würde?

Halloumi, eine Gemüseboulette oder tatsächliches Fleisch?
Sie betrat den Laden ebenfalls und gesellte sich neben das Mädchen, das in der Schlange stand und in ihrem Portemonnaie nach Geld fischte.

Als sie schließlich bemerkte, wer neben ihr stand, stieg ihr die Röte ins Gesicht, was Marceline ziemlich gefiel.

„Oh, he-hey… Tut mir wirklich leid, dass ich in dich gerannt bin. Ähm…”, sie schaute sich etwas verlegen um, „vielleicht sollte ich dir einen Burger ausgeben?”

„Hmm”, summte das altertümliche Raubtier und ließ ein amüsiertes Lächeln ihren Mund umspielen, während ihre Augen die junge Frau kalkulierend musterten.
„Nein, das ist nicht nötig. Ich gehe nachher schon etwas essen”, sagte Marceline letzten Endes und ließ ihre Zunge im Mund über ihre scharfen Fangzähne gleiten.

„Oh, okay…?” Erst als das Mädchen sich abermals verunsichert umblickte, fiel dem Vampir ihr Fehler auf: Sie stand in Mitten eines Burgerrestaurants neben einer komplett fremden Person und wollte sich nichts bestellen. Ja, auch sie hätte das etwas merkwürdig gefunden.

„Ich würde dich gerne einladen”, grinste Marceline dann auf einmal und hoffte, dass ihre Verführungstechnik auch auf das junge Mädchen anspringen würde. „Ich finde dich nämlich ziemlich attraktiv.”
Bei Männern klappte diese Methode immer. Das Verführerische und Mysteriöse waren die beiden Sachen, die Marceline, die Vampirkönigin, nämlich ausmachten.

„Aber, das ist doch nicht nötig? Ich meine, das wäre ziemlich nett, aber… und, ähm, danke!” Anscheinend schien das neue Ziel ihres Interesses mit dieser Taktik etwas überfordert zu sein, aber Marceline erfreute sich der Verlegenheit des Mädchens und schnappte sich sogar den Burger, der für sie nun auf die Theke gestellt wurde, bevor sie bezahlte und das Mädchen mit sich lotste, um einen gemeinsamen Platz zu finden.

Fleisch.
Auf dem Burger befand sich tatsächlich reines Rindfleisch, bemerkte Marceline, als der Geruch des Burgers ihre Nase erfüllte.
Beide Frauen saßen sich nun an einem Tisch gegenüber, das sterbliche Mädchen sichtlich verunsichert und vielleicht auch etwas überfordert mit der ungewöhnlichen Situation.

„Ich bin übrigens Marceline”, sagte der Vampir, ihren Kopf auf ihre Hände gestützt, während sie ihre Ellenbogen auf den Tisch absetzte.

„Bonnibel. Schön dich… kennen zu lernen.”
Bonnibel räusperte sich nervös und nahm ihren tropfenden Burger in die Hände, bevor sie sich diesen zögernd zum Mund führte. Dabei verließen ihre Augen Marcelines nur flüchtig, so als wolle sie sich versichern, dass ihre neue Bekanntschaft nicht irgendwelche komischen Hintergedanken hatte.
Doch diese hatte Marceline. Nur, dass Bonnibel niemals in ihrem Leben erraten würde, was genau diese fremde Frau mit ihr vorhatte.

„Ich finde dich wirklich sehr hübsch. Du hast ein schönes Gesicht, du riechst gut und deine Haare gefallen mir sehr”, führte Marceline ihre Flirttaktik fort, auch wenn sie sich ein Grinsen verkneifen musste, als Burgersoße an Bonnibels Gesicht kleben blieb. Doch diese war schnell mit Hilfe einer Serviette wieder von dort verschwunden.

„Vielen Dank, aber…Tut mir leid, ich weiß einfach gar nicht, wie ich darauf reagieren soll. Sowas passiert mir gerade zum ersten Mal.”
Bonnibels Wangen schienen nun durchgängig gerötet zu sein, was Marcelines Speichelfluss überdurchschnittlich anregte. Es war eine wunderschöne, gesunde Röte und gepaart mit dem köstlichen Geruch, den Bonnibel ausstrahlte, fiel es auch ihr nun schwer, nicht sofort zuzubeißen, sowie das Mädchen es gerade wieder mit ihrem Burger tat.

„Schon okay. Ich hoffe nur, dass ich dich nicht allzu sehr belästige, Bonnibel.” Marceline mochte, wie dieser Name von ihrer Zunge rollte.

Das Mädchen schüttelte den Kopf. „Du belästigst mich nicht. Ich bin nur… etwas überfordert.”

„Oh, warum das?” hakte der unsterbliche Jäger nach und legte dabei den Kopf schief.

„Ah, naja… Mir wurden noch nie solche Komplimente gemacht. Vor allem nicht in Bezug auf meine Haare. Und du…”, das Mädchen stockte plötzlich, so als ob es ihr äußerst peinlich war, was ihr eben beinahe aus dem Mund geschlüpft wäre.

„Aber ich?” fragte Marceline neugierig nach.

„Du… bist auch ziemlich attraktiv. Deswegen bin ich etwas… erstaunt.”

Volltreffer.
So wie es aussah, hatte Marceline alles perfekt berechnet und genau richtig gesetzt. Das würde ein Kinderspiel werden.

„Dankeschön.” Sie hatte eine Idee, wie sie die Situation noch weiter ausbauen konnte, „Weißt du, wenn Männer das sagen, dann bedeutet das so wenig. Aber wenn eine Frau das zu mir sagt… dann bedeutet mir das sehr viel, Bonnibel.”
Sie hatte sich nun etwas weiter über den Tisch zu Bonnibel hinüber gebeugt und sah dieser mit einer eisernen Dringlichkeit in die Augen. Diese unverschämt grünen Augen, die jeden noch so kostbaren Edelstein in den Schatten stellten.

Für einen Moment hörte das Mädchen auf zu essen und starrte Marceline perplex und ebenfalls fasziniert zurück in die Augen.

Nachdem Bonnibel mit ihrem Burger fertig war, überprüfte Marceline, ob es draußen immer noch regnete und es somit ungefährlich für sie war. Sie schien an diesem Tag besonderes Glück zu haben, denn der Himmel hatte sich in den letzten zwanzig Minuten stark verdunkelt und schien ein kräftiges Gewitter anzukündigen.

„Trinkst du Kaffee? Oder Tee? Und magst du Kuchen?”
Marceline war mehr als überrascht, als Bonnibel nun die Initiative zu übernehmen schien.
„Wieso?” fragte der Vampir verspielt dümmlich.

„Ich würde dich gerne zu mir nach Hause einladen. Ich muss mich einfach bei dir revanchieren.”

Marceline stand auf und hakte ihren Arm bei Bonnibel unter. “Das hört sich nicht schlecht an.”

*~*~*

Bonnibels Wohnung war überfüllt mit Büchern jeglicher naturwissenschaftlicher Art und ihre Wände waren bedeckt mit Postern von berühmten Deutschen Wissenschaftlern, wo sonst jemand vielleicht Poster von seiner Lieblingsband oder vom Lieblingsfilm- oder serie gehabt hätte.
Ein süßlicher Duft hing in der Luft, aber Marceline gefiel das helle Ambiente der pink und weiß eingerichteten Wohnung nur mäßig, da es ihren empfindlichen Augen ein bisschen zu hell war. Nicht, dass Bonnibel keinen Geschmack hätte; im Gegenteil. Alles war farblich perfekt abgestimmt und das bewunderte die Untote sehr wohl. Auch wenn sie mit ihrem durchgängig schwarzen Outfit vielleicht etwas herausstach.

Marceline saß auf einer gemütlichen Couch, die allem Anschein nach auch Bonnibels Bett zu sein schien, wenn man die Größe der Wohnung in Betracht zog. Diese war nämlich ziemlich klein, aber für eine Person durchaus ausreichend und gemütlich.

Bonnibel betrat das Wohnzimmer, welches gleichzeitig das Schlafzimmer war und platzierte eine Tasse mit einer dampfenden, grünen Flüssigkeit vor Marcelines Nase. Grüntee.
Marceline war ein Vampir und brauchte grundsätzlich keine Nahrung zu sich nehmen, außer Blut, aber in Situationen wie diesen konnte ein Vampir auch eine Ausnahme machen. Auch wenn die Flüssigkeit später durch einen etwas unangenehmeren Weg wieder aus ihren Körper hinaus befördert werden müsste. Doch zu Gunsten ihres voraussichtlichen Gaumenschmauses würde sie diese Qual auf sich nehmen.

„Also, Bonnibel, ich sehe, dass du viel mit Naturwissenschaft zu tun hast. Was machst du denn im Moment?” erkundigte sich Marceline, während sie vorsichtig an dem Tee nippte.

„Ja, ich finde Naturwissenschaften unglaublich faszinierend. Gerade studiere ich Lebensmitteltechnik”, antworte das junge Mädchen.

„Sehr interessant. Du beschäftigst dich also mit der Herstellung von Lebensmitteln?”, fragte Marceline.

„Ja, genau. Aber nicht nur das. Ich bin auch dabei, selbst eigene Lebensmittel herzustellen.”

„Was genau?”, wollte der Vampir wissen.

„Süßigkeiten,” grinste Bonnibel.

Würde Marcelines Herz noch schlagen, hätte es gerade einen aufgeregten Sprung gemacht.
„Wow, ich liebe Süßigkeiten.”
Auch wenn ihr Herz nicht mehr schlug, so äußerte sich ihre Aufregung mit einem Ziehen in ihren Fangzähnen, die sich endlich in Bonnibels zarten Hals bohren wollten.
Diese Frau war perfekt für Marceline. Sie hatte den vagen Geruch von Süßigkeiten und vor allem Zuckerwatte in Bonnibels Blut riechen können, und nach dem Verzehr des nahrhaften Rindfleisches versprühte ihr Blut eine Duftnote, die Vampire aus einem Radius von mehreren Kilometern anlocken könnte.

Sie musste sich so sehr zusammenreißen, Bonnibel nicht anzufallen.
Als menschliche Capri-Sonne missbraucht zu werden, hatte das Mädchen nicht verdient. Marceline wollte es mit einer Einwilligung versuchen. Und wenn das nicht klappte, würde sie lediglich ein bisschen von ihr naschen, indem sie es wie ein unschuldiges, verspieltes Flirten aussehen lassen würde.

Denn, was Marceline zu Bonnibel gesagt hatte, diese ganzen Komplimente, sie kamen nicht einfach von irgendwo her. Das antike Monster fand das Mädchen wirklich ziemlich interessant und verlockend.

Vielleicht könnte sie Bonnibel auch etwas Gutes tun.

Marceline stellte die Tasse mit der dampfend heißen Flüssigkeit auf den Couchtisch zu ihren Füßen und gesellte sich von dem Sofa hinunter neben Bonnibel auf den Boden.
Letztere saß in diesem Moment in einem Schneidersitz auf dem Boden und hielt ihre Tasse behutsam in der Hand, und als sich Marceline zu ihr setzte - ebenfalls in einem Schneidersitz - berührten sich ihre Knie.

„Ganz besonders mag ich rote Süßigkeiten. Rote Gummibären, rote Kaubonbons…”, schnurrte Marceline und näherte sich der Studentin mit jedem Wort.
„Und… rote Lippen”, flüsterte der Vampir, als ihre Münder nur noch wenige Millimeter voneinander entfernt waren.
Ihre sensiblen Ohren hörten Bonnibel kräftig schlucken, doch das Mädchen zog ihr Gesicht nicht weg.
Stattdessen entschied sich Marceline dafür, ihr in ihre Augen zu gucken. Und sie war sehr überrascht, als sie sah, dass Bonnibel ihre Augen geschlossen hatte.

„Heh”, lachte Marceline, bevor ihre Münder aufeinander trafen.

Bonnibels Lippen waren weich und feucht, dadurch, dass sie von dem Tee benetzt worden waren. Sie schmeckte die verblassenden Reste eines Erdbeerlabellos auf ihren Lippen, aber vor allem hörte sie das pochende Blut in Bonnibels Körper, das sich gerade in Lichtgeschwindigkeit in diesem ausbreitete.

Marceline genoss das Gefühl von Bonnibels wohlschmeckenden und sanften Lippen auf ihren kalten und toten. Ob Bonnibel das wohl spürte? Dass sie eigentlich gar nicht am Leben war?

Sie spürte Bonnibels Zunge gegen ihre Lippen pressen und öffnete sogleich gehorsam ihren Mund, damit die Sterbliche ihre Zunge zu einem Tanz auffordern konnte.
Marceline musste sich zusammenreißen, damit sie nicht auf die heiße und sich in ihren Mund schlängelnde Zunge biss.
Ihre Fangzähne schmerzten und dann bemerkte sie, wie Bonnibel in diesem Moment mit ihrer Zunge über einen dieser fuhr und innehielt.

Die junge Studentin entfernte sich von Marceline und Letztere fürchtete, dass sie ihre Chance auf eine Kostprobe dieses wunderbaren Blutes soeben verloren hatte.
Bonnibel atmete schwerfällig und die Erregung stand ihr ins Gesicht geschrieben, und für einen kurzen Augenblick realisierte Marceline, dass sie auch atmen sollte. Nun, sie sollte es Bonnibel zumindest nachmachen, damit diese nicht misstrauisch wurde.

„Das war… Das war…”, setzte das Mädchen immer wieder an, aber brachte ihren Satz nicht zu Ende.

„...Unglaublich?” versuchte es Marceline, in der Hoffnung, doch alles richtig gemacht zu haben.

„... Ja.” Bonnibel versuchte ihren Atem wieder unter Kontrolle zu bringen, doch sie hatte nicht mit Marceline gerechnet.

Diese packte das Mädchen plötzlich an den Schultern und stieß sie zu Boden, wo sie sich über sie beugte.

„Gut”, knurrte Marceline, wobei sie sich über ihre Fangzähne leckte. Mit der Versicherung, dass sie nichts falsch gemacht hatte, schloss sie die Distanz zwischen ihren und Bonnibels Lippen erneut, woraufhin der pink-haarigen Studentin ein ungewolltes Stöhnen entwich.

Ihr Kuss wurde heftiger, stark durchtränkt von einem ungestillten Verlangen, auch wenn dieses auf beiden Seiten unterschiedlicher Natur war.

Bonnibel vergrub ihre Hände in Marcelines schwarzen Locken und versuchte, sie noch näher an sich heranzuziehen.

Marceline unterbrach ihren Kuss und ließ ihre Zunge durstig über Bonnibels Lippen fahren, bis sie ihrer frischen Beute mehrere Küsse auf die Wange gab und sich einen Weg zu ihrem Ohr bahnte.

Bonnibel stöhnte laut auf, als Marcelines Zunge um ihr Ohr herumspielte und vorsichtig an ihrem Ohrläppchen knabberte.
Der Vampir spürte, wie Bonnibel sich an sie presste und vor allem anfing, ihre Hüfte rhythmisch zu bewegen.
Auch wenn das ein Schmunzeln auf Marcelines Lippen trieb, so ließ sie doch von Bonnibel ab, was Letzterer überhaupt nicht gefiel.

„Was ist los?” fragte Bonnibel ungeduldig und Marceline seufzte.

„Ich muss dir was gestehen”, fing sie an und sie nahm wahr, wie Bonnibels Herz für eine Sekunde aussetzte, bevor es mit einer überwältigenden Ekstase weiter schlug.

„Und was wäre das?”

Marceline zögerte kurz.
Es war immer ein Nachteil für sie gewesen, dass sie mit ihren Opfern mitfühlte oder sogar Sympathien für diese hegte. Andere Vampire hätten sich Bonnibel in den ersten zwei Minuten ihrer Begegnung geschnappt und diese leer gesaugt.
Aber so war Marceline nun einmal nicht. Vor allem nicht bei unschuldigen, attraktiven Studentinnen.


„Ich bin ein Vampir. Und ich würde gerne von deinem Blut trinken.”

Es herrschte eine kurze, einsame Stille, worauf ein schallendes Gelächter folgte.

„Hahaha! Tut mir leid, ich wusste nicht, dass ich mich auf ein Rollenspiel eingelassen habe?!” Bonnibel hielt sich den Bauch und wischte sich eine alleinige Träne aus dem Auge.

Selbst Marceline musste sich ein Lachen verkneifen, als sie bemerkte, wie komisch sich ihr Geständnis eben angehört haben musste. Dass Bonnibel es als eine Einladung zu einem Rollenspiel verstand, machte es nur noch komischer.

„Oh je, tut mir leid, ich wollte jetzt nicht deine Gefühle verletzen oder so”, entschuldigte sich Bonnibel, als sie wieder runtergekommen war und sich eine letzte Träne aus den Augen wischte. “Das kam nur ziemlich unerwartet.”

„Ja, das glaube ich dir”, stimmte Marceline zu. „Aber das war keine Einladung zu einem Rollenspiel”, der Vampir lächelte, während Bonnibel eine fragende Augenbraue hob.

„Das war mein voller Ernst.” Das Lächeln bröckelte kein bisschen und ihre Stimme klang kühl und bestimmt, als ob es an der Aussage nichts mehr abzustreiten gäbe.

„Ja, ist klar”, winkte die Studentin jedoch ab. „Es gibt keine Vampire. Und tut mir leid, ich stehe leider nicht auf Roleplaying. Zumindest nicht beim ersten Date.”

„Soso, es gibt also keine Vampire”, wiederholte Marceline hämisch, woraufhin Bonnibel nickte.

„Wie erklärst du dir dann das?” In diesem Moment griff Marceline nach Bonnibels Hand und presste diese gegen ihr Brust.
Während Bonnibel im ersten Moment zutiefst verwirrt schien und ihr wiederholt das Blut ins Gesicht schoss, versuchte sie dennoch herauszufinden, was Marceline mit dieser Aussage gemeint hatte.
Schließlich fiel ihr tatsächlich etwas auf, das so nicht normal war. Und eigentlich auch ganz und gar nicht möglich.

„Ich kann keinen Herzschlag spüren”, bemerkte Bonnibel verwirrt.

„Ganz genau”, brummte Marceline zufrieden.

„Und deine Lippen waren so kalt… Genauso, wie deine Hände”, murmelte Bonnibel zu sich selbst. „Deinen Atem habe ich auch nicht gespürt…” Ihre Augen wanderten etwas verängstigt, aber zur selben Zeit skeptisch dreinblickend, zu Marceline hinüber.

„Es gibt keine Vampire. Sowas kann es einfach nicht geben.”
Bonnibel stritt es weiterhin ab.
Daraufhin verfestigte sich das hämische Grinsen auf Marcelines Gesicht.

„Ach wirklich?“ fragte Marceline mit verschränkten Armen. „Soll ich es dir beweisen?”

Der Vampir näherte sich Bonnibel bedrohlich langsam, doch die Sterbliche wich nicht zurück. Was auch immer sie erwartet hatte, es waren sicherlich nicht diese zwei elendig scharfen Reißzähne, die plötzlich gefährlich im Licht des Zimmers blitzten, als Marceline ihre Zähne bleckte.

Der Herzschlag der angehenden Lebensmitteltechnikerin verschnellerte sich ein weiteres Mal, die Farbe jedoch wich ihr dieses Mal aus dem Gesicht, anstatt dieses wie davor zu erfüllen.

„Sind die… fake?” erkundigte sich Bonnibel, bemüht, irgendeinen Sinn aus dieser Situation zu machen.

„Nein”, grinste Marceline und ließ ihre Zunge demonstrativ über die Spitzen lecken.
„Und, glaubst du mir immer noch nicht?” fragte der Vampir neckisch und näherte sich Bonnibel weiter, sodass ihre Nasen sich berührten.
Marceline stupste Bonnibels Nase an und spürte den Druck des unregelmäßigen und rasenden Atems auf ihrer schon sehr lange toten Haut.

„Ich…”, begann Bonnibel, doch Marcelines kühle und neckische Lippen auf ihrem Hals ließen sie verstummen.

„Bonnibel”, knurrte Marceline tief, als ihre Zunge über den zarten und von Angstschweiß bedeckten Hals fuhr, „Bitte lass mich von dir trinken.”

Es folgte eine weitere, mit Anspannung und gleichzeitiger Erregung erfüllte Stille, und gerade als Marceline ansetzen wollte, um von Bonnibels verführerischem Blut zu trinken, dessen Duft ihre Nase schmerzhaft umspielte, wurde sie zurückgehalten.

Bonnibel suchte nach Marcelines Augen und der Vampir war überrascht, da sie auf einmal eine brennende Entschlossenheit in ihren smaragdgrünen funkeln sah.

„Unter einer Bedingung”, sagte Bonnibel mit bebender Stimme. Ob sie bebte wegen der Angst, der Erregung oder etwas Anderem, was Marceline nicht nennen konnte, war ihr nicht klar. Aber sie genoss den Anblick ihres entschlossenen Gesichts. Darin könnte man sich ziemlich leicht verlieben.

„Die da wäre?” hauchte Marceline wissbegierig.

„Ich möchte alles über dich erfahren. Alles. Wie ein Vampir lebt. Wie er überhaupt existieren kann. Und am wichtigsten”, sie machte eine kurze Pause und nahm Marcelines eisige Hände in ihre, „Ich möchte deine Geschichte hören.”

„Heh”, Marceline bleckte ihre Zähne zufrieden. „Das hört sich nach einem ziemlich fairen Deal an.”

Bonnibel nickte und ließ Marcelines Hände aus ihren und zu Boden gleiten. Doch dort verweilten sie nicht lange, da der Jäger, durch ihren starken Durst geleitet, ihre Hände auf Bonnibels Wangen legte und sie an sich zog.
Sie küssten sich fieberhaft und Bonnibel zitterte, als sie Marcelines messerscharfe Fangzähne auf ihren Lippen spürte. Ein kleiner Stich folgte, darauf ein etwas unangenehmes Brennen, aber dieses wurde durch Marcelines gierige Zunge sogleich gestillt. Als ob ihr Speichel eine heilende oder lindernde Wirkung hätte, fiel Bonnibel auf.

Sie hörte Marceline stöhnen und dieses Geräusch sandte eine Gänsehaut über ihren ganzen Körper. Sie spürte, wie Marceline das Blut aus den kleinen Wunden in ihrer Lippe saugte, aber es fühlte sich entgegen ihrer Erwartung sogar angenehm an.

Doch dann ließ Marceline wieder von ihren Lippen ab und wandte sich stattdessen ungeduldig ihrem Hals zu. Sie küsste diesen flüchtig und dann flüsterte sie: „Bonnibel, dein Blut ist das köstlichste, was ich je getrunken habe.”
Auch wenn das vielleicht merkwürdig war, aber Bonnibel erfüllte es mit Freude und auch Stolz, das zu hören.

Und dann bohrten sich Marcelines Reißzähne in ihren Hals und eine Welle heißer Gefühle ergoss sich über sie. Süßer Schmerz, schmerzhafte Erregung und ein bittersüßes Verlangen nach mehr.

Marceline genoss den süßlichen und reichhaltigen Geschmack von Bonnibels Blut, als die heiße Flüssigkeit über ihre Zunge floss und sie mit einer Energie und Erfüllung versorgte, die sie bereits seit mehreren Jahrhunderten vermisst hatte.
Bonnibel war wie ein Geschenk für sie.

So lange hatte sie nach einem Menschen gesucht, der nicht langweilig schmeckte. Der nicht fade schmeckte und auch nicht nach Drogen oder anderen Glücklichmachern.
Bonnibel schmeckte rein, gesund, glücklich und unheimlich gut. Und dann wurde Marceline auch noch mit diesem wunderbaren Stöhnen belohnt.

Auch nachdem ihr Hunger bereits gestillt war, fiel es ihr ungemein schwer, sich von Bonnibel zu lösen. Sie wollte immer mehr an ihrem Blut nippen; es über ihre Zunge laufen lassen und in sich aufnehmen. Sie spürte, wie ihre Kraft zurückkam. Eine Kraft, die sie kannte, ihr aber fremd geworden war.

Erst als Bonnibel erschöpft zusammensackte, ließ Marceline von ihr ab. Etwas panisch musterte sie die Studentin in ihren Armen, aber es sah so aus, als hätte sie sich gerade noch rechtzeitig stoppen können.

„Tut mir leid, ich konnte mich nicht mehr beherrschen”, gestand Marceline und half Bonnibel auf die Beine.

„Hah, schon… okay.” Der Atem des Mädchen war flach und angestrengt. „Ich wollte mich doch noch revanchieren.”

„Tzz”, Marceline musste tatsächlich leise lachen. „Das wäre nicht nötig gewesen. Aber ich schätze deine Erlaubnis, dein Blut trinken zu dürfen, sehr.”

Marceline schlang ihre Arme unter Bonnibels Kniekehle und hob sie mit einer Leichtigkeit hoch, sodass sie letzten Endes wie eine Braut in ihren Armen lag. Sie entfernte ihre Füße wieder vom Boden, und schwebte mit Bonnibel zur Couch, wo sie das junge Mädchen behutsam hinlegte.

Dann kam Marceline Bonnibels Ohr wieder gefährlich nah, und sie flüsterte: „Es so war verdammt köstlich.”

Bonnibel lächelte müde. „Jetzt fühle ich mich… geehrt.” Dann öffnete sie ihre Augen und sah Marceline tief in ihre.
„Aber vergiss nicht, deinen Teil einzuhalten.”

„Keine Sorge”, schmunzelte Marceline und nahm Bonnibels Hand in ihre, bevor sie ihren kleinen Finger mit Bonnibels verhakte.

Vampirehrenwort.”
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