Southern Comfort
von Ronsen
Kurzbeschreibung
Daniel Knox ist ein pedantischer Kontrollfreak und karrieretechnisch auf dem Weg nach oben. Nachdem er zum Sheriff der Kleinstadt Crumbleton befördert wird, muss er plötzlich für die Sicherheit einer ganzen Gemeinde sorgen. Mit seinen eher unkonventionellen Methoden und einer verrückten Crew macht er Jagd auf Kleinkriminelle, Kuchendiebe und verschwundene Kätzchen.
GeschichteHumor / P16 / Gen
29.04.2018
16.05.2023
26
45.173
13
Alle Kapitel
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Dieses Kapitel
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04.05.2018
1.558
Lieutenant Courie war ein Mann, zu dem man einfach aufsehen musste. Die offensichtliche Ursache dafür war seine schiere Größe von 6 Fuß 5 Zoll und eine hochgewachsene Nase, die die meisten Menschen weit überthronte. Für Daniel war es aber vielmehr seine Stellung als Lieutenant, die ihn zu einer Respektperson machte. Courie war einer der beiden wichtigsten Ausbilder an der Polizeischule von Little Rock. Er hatte seinen Schützlingen alles über die zivilen Gesetze und Vorschriften beigebracht und genau solche Dinge waren Daniels Steckenpferde. Damals hatte er Courie wie kein anderer Schüler gelöchert und genau auf den Zahn gefühlt. Insbesondere das eine Mal, als Courie in zivil unterwegs und in eine Geschwindigkeitskontrolle seines eigenen Schützlings geraten war. Daniel hatte ihm ein Bußgeld über fünfzig Dollar ausgestellt, welches Courie dank guter Argumente und einer Menge Papierkram annullieren konnte. Er wäre bei der Kontrolle ja eigentlich Undercover unterwegs gewesen und habe einen Drogenbaron verfolgt. Somit war es letztlich Daniels Schuld, dass sich besagter Dealer nach Mexiko hatte absetzen können. Und überhaupt musste man auch mal Couries Stellung bedenken. Schwärze niemals deinen Chef an, denn der konnte die Gesetzestexte immer zu seinen Gunsten uminterpretieren. So etwas lernte man nicht aus einem Buch, das brachte einem nur die harte Realität bei. Und das war auch der Grund, warum Daniel unbedingt einmal befördert werden wollte.
„Schon gut Knox, rühren.“
„Jawohl, Sir!“
Daniel drehte sich nervös zu seiner Mutter um, schließlich wollte er sie diesmal richtig vorstellen, aber Phillis war schon mit der Hotelbesitzerin nach drinnen verschwunden. Sie hatte schließlich auch Geschäfte, denen sie nachgehen musste.
„Kommen Sie, Knox. Ich lade Sie auf einen Kaffee ein. Dann besprechen wir, warum ich Sie heute hierhergebeten habe.“
„Oh, sehr gerne. Vielleicht auch ein paar Pancakes? Ich hatte seit heute Morgen nichts zwischen der Kauleiste.“
Courie blickte mit gehobener Augenbraue auf seinen Schützling herab. Völlig unvermittelt zeichnete sich ein Schmunzeln auf seine dünnen Lippen.
„Aber gerne.“
„Das ist sehr großzügig von Ihnen.“
Sie spazierten zwei Straßenblocks entlang und Daniel konnte sich einen ersten Eindruck von Crumbleton verschaffen. Die Kleinstadt musste vor langer Zeit einmal ziemlich wohlhabend gewesen sein, darauf deuteten viele alte Gebäude hin, deren Stil ähnlich dem Country Bumpkin an die Häuser der Gründerzeit erinnerte. Dazu gesellten sich rustikale Holzbauten, die entweder frisch aufgebaut oder bis zur Unkenntlichkeit geflickt waren. Daniel vermutete, dass das verschlafene Örtchen schon das ein oder andere Mal Opfer der Hurrikan-Saison geworden war.
Die Straßen waren zum größten Teil gepflastert, lediglich die Hauptgeschäftswege prägte ein von Schlaglöchern verziertes Asphalt-Mosaik. Nach Autos hielt man um diese Uhrzeit vergeblich Ausschau. Die natürliche Stille wurde lediglich vom fernen Röhren der Feldmaschinen übertönt.
Courie steuerte mit straffem Schritt auf ein Diner zu. In seiner Rechten hielt der Lieutenant einen schwarzen Aktenkoffer. Er hatte auf dem ganzen Weg kein Wort gesprochen und schien auch sonst nicht sonderlich interessiert an dem Städtchen zu sein. So war es richtig, empfand Daniel, immer auf die Arbeit fokussiert. Er konnte sich noch so viel von dem Lieutenant abgucken.
Das Diner harmonierte in seiner Erscheinung ausgezeichnet mit dem Rest des Örtchens. Eine flackernde Neonreklame und der Duft von schwarz gerösteten Kaffeebohnen hießen die beiden Polizisten willkommen. Bis auf ein paar ältere Männer und ein Trio junger Afroamerikaner waren sie die einzigen Kunden. Und irgendwie kam es Daniel so vor, als sei die Bedienung etwas überrascht darüber, dass plötzlich noch zwei weitere Gäste eingekehrt waren und sie von ihrem Kreuzworträtsel abhielten. Die beiden Polizisten nahmen an einem Fenstertisch Platz und wurden dabei von sämtlichen anderen Augenpaaren im Diner taxiert.
„Hallo auch“, brummte Daniel, woraufhin sich die anderen abwandten. Das funktionierte immer.
„Was kann ich Euch Gutes tun, Jungs?“
Die Kellnerin hatte sich nicht die Mühe gemacht, einen Notizblock mitzunehmen. Ebenso verzichtete sie auf eine Speisekarte. Ihr Gedächtnis musste ziemlich fit sein, dachte Daniel und schob es auf die Kreuzworträtsel. Er hätte aber schon ganz gern einen Blick in die Karte geworfen, vielleicht verpasste er ja etwas.
„Café crème“, orderte Courie, doch als die Bedienung ihn nur schief anstarrte, ergänzte er, „Milchkaffee.“
„Und für Sie?“
„Hmm…“, machte Daniel und hielt sich ein imaginäres Menü vor die Nase, „Tja ich schätze mal, Milchkaffee gibt es, aber da ich Probleme mit Laktose habe, trinke ich meinen wohl lieber schwarz.“
Die Dame wollte sich bereits abwenden, doch Daniel hielt sie zurück.
„Haben Sie vielleicht auch etwas zu essen? Eine schöne Ladung Pancakes zum Beispiel.“
„Heute gibt’s nur Rührei.“
„Und wenn Sie da vielleicht noch etwas Milch, Mehl und Zucker ranmachen, dann ergäbe das ein paar prima Pancakes.“
„Rühr-Ei.“
„Ah, wenn das so ist…“, Daniel legte die imaginäre Karte hin, „Dann hätte ich gerne einmal das Rührei.“
Die Bedienung wandte sich kopfschüttelnd ab.
„Gut, wo das jetzt geklärt wäre…“, Courie öffnete den Aktenkoffer auf dem Tisch und zog zwei Mappen heraus, eine gelbe und eine blaue, „Kommen wir zum Geschäftlichen. Wie Sie bereits wissen, habe Ich Sie für zwei Wochen in das County von Crumbleton beordert, damit Sie als Vertretung für Sheriff Maynard einspringen.“
Der Lieutenant öffnete die blaue Mappe, in welcher sich Fotos und Dokumente zu besagtem Sheriff befanden. Daniel betrachtete das oberste Foto neugierig. Es war eine Schwarz-Weiß-Aufnahme eines Mannes im mittleren Alter, der mehrere Symptome eines schlechten Lebensstils in sich vereinte. Maynard starrte dem Betrachter mit einem trüben Blick entgegen. Um die Augen herum hatten sich tiefe Falten und schwarze Augenringe gebildet. Das wenige Haar auf seinem Kopf stand wüst und ungepflegt in alle Himmelsrichtungen ab. Obwohl er die Arme vor der Brust verschränkte, konnte er weder Wohlstandsbauch, noch Doppelkinn verbergen. Doch statt eines Donuts, wie man vielleicht vermutete, hatte er eine Zigarette im Mund.
„Sieht ja nach einer echten Frohnatur aus“, meinte Daniel und betrachtete das nächste Bild. Es zeigte den Sheriff an einem Bankautomaten.
„Das letzte Bild, das wir von ihm haben.“
Knox blickte überrascht auf.
„Zwei Kaffee“, die Bedienung servierte den beiden Polizisten ihre Getränke in Plastikbechern. Zum Kaffee des Lieutenants reichte sie noch ein Päckchen Kaffeesahne. Nicht unbedingt das, was man unter Milchkaffee verstand. Daniel konnte es kaum erwarten, das Rührei zu sehen.
„Was soll das heißen, letztes Bild? Mir hat man gesagt, er wäre beurlaubt worden.“
Courie goss sich mit einem krampfhaft neutralen Gesicht die Sahne in die dünne Plörre und nippte kurz daran. Dann stellte er den Kaffee beiseite und faltete die Hände zusammen. Es war nicht anzunehmen, dass er seinen Becher noch leerte.
„Richtig. Der Grund dafür sind Korruptionsvorwürfe. Er soll in einen Marihuana-Skandal verwickelt sein. Wir haben kürzlich eine Plantage in einem der Gewächshäuser in der Gegend ausgehoben. Einhundertdreißig Kilo Ertragsgewicht.“
Die leichte Verwirrung war Daniel scheinbar anzusehen, daher ergänzte Courie: „Das entspricht etwa dreihundert Pfund oder warten Sie… dreihundert Hamburgern, wenn Sie das besser verstehen…“
Das war es in der Tat. Bei dem Gedanken an Marihuana blickte Daniel intuitiv zu den Jugendlichen herüber. Einer von ihnen starrte zurück, wandte sich dann aber schnell wieder seinem Getränk zu. Der Hilfssheriff nahm sich ein Beispiel an ihm und nippte nun auch an seinem Kaffee. Es schmeckte wie der zweite Aufguss.
Courie fuhr fort: „Wir gehen davon aus, dass Maynard die Ermittlungen bewusst behindert hat, daher haben wir ihn vom Dienst suspendiert.“
„Und die Plantagenbetreiber?“
„Wir haben einen Kerl namens Carlito festgenommen, er sitzt hier im Revier von Crumbleton ein. Aber bei der großen Plantage haben wir es sicher mit einer organisierten Bande zu tun. Drei Tage nach seiner Suspendierung wurde von Maynards Frau eine Vermisstenmeldung herausgegeben. Vielleicht hatte er noch mehr Dreck am Stecken und hat sich nach Mexiko abgesetzt, um einer strafrechtlichen Verfolgung zu entgehen. Womöglich steckt aber auch mehr dahinter und er wurde von der Drogenmafia entführt.“
Ein lautes Knallen durchdrang die angespannte Stimmung. Die nette Bedienung hatte Daniel einen schweren Keramikteller mit Rührei serviert. Er hatte ja fest mit einem Pappteller und einer Plastikgabel gerechnet und war daher positiv überrascht. Die gute Laune hielt aber nur so lange, bis er von dem Ei probiert hatte.
„Mmmh… schön schalig.“
Er fischte mit der Gabel die verbrannten und mit Eierschalen gespickten Stellen beiseite und genoss den kläglichen Rest.
„Ich bin stolz darauf, dass Sie mich mit dem Job betrauen. Ich werde Maynard schon aufspüren, Sir.“
Die Augen des Lieutenants weiteten sich für den Bruchteil einer Sekunde.
„Oh, nein nein nein. Da haben Sie etwas missverstanden, Knox. Da wir von einem staatenübergreifenden Drogenkompott ausgehen, ist das Angelegenheit des FBI.“
„Kompott?“, fragte Daniel.
„Komplott. Drogenkomplott“, korrigierte sich Courie und winkte ab, „Das muss an meinem französischen Akzent liegen, pardon.“
Courie war Frankokanadier, kam aber tatsächlich mehr nach einem Franzosen als nach einem Kanadier.
„Jedenfalls…“, der Lieutenant richtete nun seine Aufmerksamkeit auf den gelben Hefter, „Werden Sie für die nächsten zwei Wochen die Arbeit von Maynard hier in Crumbleton übernehmen, als Leiter des Reviers und Sheriff der Stadt. Das ist ihre große Chance, sich zu beweisen.“
In Daniels Augen begannen zwei Sternchen zu funkeln. Sein Magen fing an zu kribbeln und er schob es nicht auf die Eier oder den Kaffee. Er konnte gar nicht glauben, dass dieser tiefe Wunsch nach Anerkennung nun tatsächlich Realität wurde. Ehrlich gesagt hatte er daran immer ein paar Zweifel, da Courie ihn seit dem Zwischenfall mit der Geschwindigkeitskontrolle gemieden hatte. So konnte man sich irren.
Und dann öffnete der Lieutenant den Hefter und reichte den Inhalt an Daniel, dessen Hände schon ganz verschwitzt und zittrig waren. Es war ein Sheriffstern, ein echter Sheriffstern.
„Willkommen im Dienst, Sheriff Knox.“
„Schon gut Knox, rühren.“
„Jawohl, Sir!“
Daniel drehte sich nervös zu seiner Mutter um, schließlich wollte er sie diesmal richtig vorstellen, aber Phillis war schon mit der Hotelbesitzerin nach drinnen verschwunden. Sie hatte schließlich auch Geschäfte, denen sie nachgehen musste.
„Kommen Sie, Knox. Ich lade Sie auf einen Kaffee ein. Dann besprechen wir, warum ich Sie heute hierhergebeten habe.“
„Oh, sehr gerne. Vielleicht auch ein paar Pancakes? Ich hatte seit heute Morgen nichts zwischen der Kauleiste.“
Courie blickte mit gehobener Augenbraue auf seinen Schützling herab. Völlig unvermittelt zeichnete sich ein Schmunzeln auf seine dünnen Lippen.
„Aber gerne.“
„Das ist sehr großzügig von Ihnen.“
Sie spazierten zwei Straßenblocks entlang und Daniel konnte sich einen ersten Eindruck von Crumbleton verschaffen. Die Kleinstadt musste vor langer Zeit einmal ziemlich wohlhabend gewesen sein, darauf deuteten viele alte Gebäude hin, deren Stil ähnlich dem Country Bumpkin an die Häuser der Gründerzeit erinnerte. Dazu gesellten sich rustikale Holzbauten, die entweder frisch aufgebaut oder bis zur Unkenntlichkeit geflickt waren. Daniel vermutete, dass das verschlafene Örtchen schon das ein oder andere Mal Opfer der Hurrikan-Saison geworden war.
Die Straßen waren zum größten Teil gepflastert, lediglich die Hauptgeschäftswege prägte ein von Schlaglöchern verziertes Asphalt-Mosaik. Nach Autos hielt man um diese Uhrzeit vergeblich Ausschau. Die natürliche Stille wurde lediglich vom fernen Röhren der Feldmaschinen übertönt.
Courie steuerte mit straffem Schritt auf ein Diner zu. In seiner Rechten hielt der Lieutenant einen schwarzen Aktenkoffer. Er hatte auf dem ganzen Weg kein Wort gesprochen und schien auch sonst nicht sonderlich interessiert an dem Städtchen zu sein. So war es richtig, empfand Daniel, immer auf die Arbeit fokussiert. Er konnte sich noch so viel von dem Lieutenant abgucken.
Das Diner harmonierte in seiner Erscheinung ausgezeichnet mit dem Rest des Örtchens. Eine flackernde Neonreklame und der Duft von schwarz gerösteten Kaffeebohnen hießen die beiden Polizisten willkommen. Bis auf ein paar ältere Männer und ein Trio junger Afroamerikaner waren sie die einzigen Kunden. Und irgendwie kam es Daniel so vor, als sei die Bedienung etwas überrascht darüber, dass plötzlich noch zwei weitere Gäste eingekehrt waren und sie von ihrem Kreuzworträtsel abhielten. Die beiden Polizisten nahmen an einem Fenstertisch Platz und wurden dabei von sämtlichen anderen Augenpaaren im Diner taxiert.
„Hallo auch“, brummte Daniel, woraufhin sich die anderen abwandten. Das funktionierte immer.
„Was kann ich Euch Gutes tun, Jungs?“
Die Kellnerin hatte sich nicht die Mühe gemacht, einen Notizblock mitzunehmen. Ebenso verzichtete sie auf eine Speisekarte. Ihr Gedächtnis musste ziemlich fit sein, dachte Daniel und schob es auf die Kreuzworträtsel. Er hätte aber schon ganz gern einen Blick in die Karte geworfen, vielleicht verpasste er ja etwas.
„Café crème“, orderte Courie, doch als die Bedienung ihn nur schief anstarrte, ergänzte er, „Milchkaffee.“
„Und für Sie?“
„Hmm…“, machte Daniel und hielt sich ein imaginäres Menü vor die Nase, „Tja ich schätze mal, Milchkaffee gibt es, aber da ich Probleme mit Laktose habe, trinke ich meinen wohl lieber schwarz.“
Die Dame wollte sich bereits abwenden, doch Daniel hielt sie zurück.
„Haben Sie vielleicht auch etwas zu essen? Eine schöne Ladung Pancakes zum Beispiel.“
„Heute gibt’s nur Rührei.“
„Und wenn Sie da vielleicht noch etwas Milch, Mehl und Zucker ranmachen, dann ergäbe das ein paar prima Pancakes.“
„Rühr-Ei.“
„Ah, wenn das so ist…“, Daniel legte die imaginäre Karte hin, „Dann hätte ich gerne einmal das Rührei.“
Die Bedienung wandte sich kopfschüttelnd ab.
„Gut, wo das jetzt geklärt wäre…“, Courie öffnete den Aktenkoffer auf dem Tisch und zog zwei Mappen heraus, eine gelbe und eine blaue, „Kommen wir zum Geschäftlichen. Wie Sie bereits wissen, habe Ich Sie für zwei Wochen in das County von Crumbleton beordert, damit Sie als Vertretung für Sheriff Maynard einspringen.“
Der Lieutenant öffnete die blaue Mappe, in welcher sich Fotos und Dokumente zu besagtem Sheriff befanden. Daniel betrachtete das oberste Foto neugierig. Es war eine Schwarz-Weiß-Aufnahme eines Mannes im mittleren Alter, der mehrere Symptome eines schlechten Lebensstils in sich vereinte. Maynard starrte dem Betrachter mit einem trüben Blick entgegen. Um die Augen herum hatten sich tiefe Falten und schwarze Augenringe gebildet. Das wenige Haar auf seinem Kopf stand wüst und ungepflegt in alle Himmelsrichtungen ab. Obwohl er die Arme vor der Brust verschränkte, konnte er weder Wohlstandsbauch, noch Doppelkinn verbergen. Doch statt eines Donuts, wie man vielleicht vermutete, hatte er eine Zigarette im Mund.
„Sieht ja nach einer echten Frohnatur aus“, meinte Daniel und betrachtete das nächste Bild. Es zeigte den Sheriff an einem Bankautomaten.
„Das letzte Bild, das wir von ihm haben.“
Knox blickte überrascht auf.
„Zwei Kaffee“, die Bedienung servierte den beiden Polizisten ihre Getränke in Plastikbechern. Zum Kaffee des Lieutenants reichte sie noch ein Päckchen Kaffeesahne. Nicht unbedingt das, was man unter Milchkaffee verstand. Daniel konnte es kaum erwarten, das Rührei zu sehen.
„Was soll das heißen, letztes Bild? Mir hat man gesagt, er wäre beurlaubt worden.“
Courie goss sich mit einem krampfhaft neutralen Gesicht die Sahne in die dünne Plörre und nippte kurz daran. Dann stellte er den Kaffee beiseite und faltete die Hände zusammen. Es war nicht anzunehmen, dass er seinen Becher noch leerte.
„Richtig. Der Grund dafür sind Korruptionsvorwürfe. Er soll in einen Marihuana-Skandal verwickelt sein. Wir haben kürzlich eine Plantage in einem der Gewächshäuser in der Gegend ausgehoben. Einhundertdreißig Kilo Ertragsgewicht.“
Die leichte Verwirrung war Daniel scheinbar anzusehen, daher ergänzte Courie: „Das entspricht etwa dreihundert Pfund oder warten Sie… dreihundert Hamburgern, wenn Sie das besser verstehen…“
Das war es in der Tat. Bei dem Gedanken an Marihuana blickte Daniel intuitiv zu den Jugendlichen herüber. Einer von ihnen starrte zurück, wandte sich dann aber schnell wieder seinem Getränk zu. Der Hilfssheriff nahm sich ein Beispiel an ihm und nippte nun auch an seinem Kaffee. Es schmeckte wie der zweite Aufguss.
Courie fuhr fort: „Wir gehen davon aus, dass Maynard die Ermittlungen bewusst behindert hat, daher haben wir ihn vom Dienst suspendiert.“
„Und die Plantagenbetreiber?“
„Wir haben einen Kerl namens Carlito festgenommen, er sitzt hier im Revier von Crumbleton ein. Aber bei der großen Plantage haben wir es sicher mit einer organisierten Bande zu tun. Drei Tage nach seiner Suspendierung wurde von Maynards Frau eine Vermisstenmeldung herausgegeben. Vielleicht hatte er noch mehr Dreck am Stecken und hat sich nach Mexiko abgesetzt, um einer strafrechtlichen Verfolgung zu entgehen. Womöglich steckt aber auch mehr dahinter und er wurde von der Drogenmafia entführt.“
Ein lautes Knallen durchdrang die angespannte Stimmung. Die nette Bedienung hatte Daniel einen schweren Keramikteller mit Rührei serviert. Er hatte ja fest mit einem Pappteller und einer Plastikgabel gerechnet und war daher positiv überrascht. Die gute Laune hielt aber nur so lange, bis er von dem Ei probiert hatte.
„Mmmh… schön schalig.“
Er fischte mit der Gabel die verbrannten und mit Eierschalen gespickten Stellen beiseite und genoss den kläglichen Rest.
„Ich bin stolz darauf, dass Sie mich mit dem Job betrauen. Ich werde Maynard schon aufspüren, Sir.“
Die Augen des Lieutenants weiteten sich für den Bruchteil einer Sekunde.
„Oh, nein nein nein. Da haben Sie etwas missverstanden, Knox. Da wir von einem staatenübergreifenden Drogenkompott ausgehen, ist das Angelegenheit des FBI.“
„Kompott?“, fragte Daniel.
„Komplott. Drogenkomplott“, korrigierte sich Courie und winkte ab, „Das muss an meinem französischen Akzent liegen, pardon.“
Courie war Frankokanadier, kam aber tatsächlich mehr nach einem Franzosen als nach einem Kanadier.
„Jedenfalls…“, der Lieutenant richtete nun seine Aufmerksamkeit auf den gelben Hefter, „Werden Sie für die nächsten zwei Wochen die Arbeit von Maynard hier in Crumbleton übernehmen, als Leiter des Reviers und Sheriff der Stadt. Das ist ihre große Chance, sich zu beweisen.“
In Daniels Augen begannen zwei Sternchen zu funkeln. Sein Magen fing an zu kribbeln und er schob es nicht auf die Eier oder den Kaffee. Er konnte gar nicht glauben, dass dieser tiefe Wunsch nach Anerkennung nun tatsächlich Realität wurde. Ehrlich gesagt hatte er daran immer ein paar Zweifel, da Courie ihn seit dem Zwischenfall mit der Geschwindigkeitskontrolle gemieden hatte. So konnte man sich irren.
Und dann öffnete der Lieutenant den Hefter und reichte den Inhalt an Daniel, dessen Hände schon ganz verschwitzt und zittrig waren. Es war ein Sheriffstern, ein echter Sheriffstern.
„Willkommen im Dienst, Sheriff Knox.“