Nip/Tuck - Beauty Is A Curse
von MonaGirl
Kurzbeschreibung
Die Geschichte handelt von Christian Troy und Kimber Henry nach der Entlarvung des 'Schlitzers' am Ende der 3. Staffel. Während Kimber versucht, nach ihrer Entführung und der Trennung wieder ein normales Leben zu führen, versucht sich Christian mit Alkohol und Frauen abzulenken. Doch keiner von ihnen ist in Sicherheit, denn der 'Schlitzer' schlägt erneut zu...
GeschichteDrama, Thriller / P18 / Het
16.04.2018
11.12.2019
13
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16.04.2018
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Unruhig ging Christian in seinem Apartment auf und ab, während er immer wieder auf die Uhr schaute. Sie hatte doch gesagt, dass sie heute kommen wollte, um ihre Sachen abzuholen. Und es war nun schon nach 4 Uhr. Und er hatte Sean versprochen, dass er ihm noch bei einer Nasenscheidewandkorrektur assistieren würde.
Nachdem er noch einmal einen letzten Blick auf die Uhr geworfen hatte, deren Zeiger sich heute noch langsamer zu bewegen schienen als sonst, ging Christian ins angrenzende Schlafzimmer und schob die Türen zum Kleiderschrank auf. Da hingen sie, Kimbers Kleider, ordentlich nebeneinander aufgereiht. Christian schluckte. Drei Wochen waren vergangen, seit sie ihm im Krankenhaus nach ihrer OP mitgeteilt hatte, dass sie es vorziehen würde, ihr Leben ohne ihn zu leben. In dieser Zeit hatte er versucht, sie aus seinem Gedächtnis zu verbannen. Doch die Erinnerungen hatten ihn immer wieder eingeholt.
Der süßliche Duft ihres Parfüms hing in jedem Winkel des Apartments, und bei allem was er tat, spürte er ihre Gegenwart. In den ersten Tagen nach ihrer Trennung war es ihm unmöglich gewesen, im großen Doppelbett zu schlafen. Er hatte es stattdessen vorgezogen, auf dem Sofa zu nächtigen. Aber Ruhe war ihm auch dort nicht vergönnt gewesen. Alpträume hatten ihn heimgesucht. Was er tagsüber versucht hatte zu verdrängen, war in der Nacht wieder hochgekommen. Und so manche Nacht war er schweißgebadet aufgewacht, weil er Kimbers Schreie hörte.
Quentin hatte ganze Arbeit geleistet. Er hatte sie nicht nur äußerlich verletzt sondern auch innerlich. Er hatte alles zerstört, was ihr einmal lieb und teuer gewesen war – ihre Hoffnung, ihr Vertrauen und ihre Liebe.
Christian sah wieder auf die Uhr. Wieso ließ sie ihn so lange warten? Kimbers letzte Worte gingen ihm plötzlich durch den Kopf.
„Du hast mir einmal vorgeworfen, dass ich nur das lieben würde, was du verkörperst, gutes Aussehen, Erfolg, Ansehen. Das stimmt nicht. Ich habe dich immer um deiner selbst willen geliebt. Selbst noch, nachdem du mich an Merrill verkauft hattest. Aber du hast in mir immer nur dein Aushängeschild gesehen. Die süße kleine naive Kimber, die alles tut, um Dr. Troy’s Wünsche zu erfüllen. Zehn Schönheitsoperationen und fast mein Leben hat es mich gekostet, dich zufrieden zu stellen. Damit ist jetzt Schluss!“
Christians Gedankengang wurde abrupt unterbrochen, als es an der Tür klopfte. Sie ist da! Dachte er voller Freude. Erwartungsvoll öffnete er die Tür und wünschte sich, dass er sie niemals geöffnet hätte.
„Hi! Du hast dich seit mehreren Wochen nicht mehr bei mir gemeldet, und auf meine Anrufe reagierst du auch nicht mehr. Ich habe mir Sorgen gemacht.“ Ohne zu Zögern und seinen erstaunten Blick ignorierend, ging Abby an Christian vorbei. „Ich hoffe, ich störe nicht?“ Ihr Blick wanderte suchend durch die Räume des Apartments.
„Nein, ich meine .. ja ...“ stotterte Christian. Er fühlte sich durch Abbys plötzliches Auftauchen ein wenig überrumpelt. Seufzend wischte er sich über die Stirn. „Ich erwarte jemanden“, sagte er unwirsch.
„Eine Frau?“
Christian verdrehte genervt die Augen. Er konnte sich nicht erinnern, dass Abby beim letzten Besuch so direkt gewesen war. „Ich denke nicht, dass dich das was angeht.“
„Ist schon gut. Ich wollte nur kurz auf einen Sprung vorbeikommen, um zu sehen, ob alles in Ordnung ist.“
„Es geht mir gut. Würdest du nun bitte wieder gehen!“ Christian spürte, dass er kurz davor war, die Beherrschung zu verlieren.
Abby spürte seine Anspannung. Mit einem anzüglichen Lächeln ging sie auf ihn zu und strich ihm leicht mit dem Finger über die Lippen. „Ich wüsste eine Methode, wie man deine Spannungen ganz schnell abbauen kann.“
„Lass das!“ Christian wich einen Schritt zurück. „Hatte ich dir nicht schon bei unserem letzten Treffen gesagt, dass wir uns nicht mehr sehen können!“
„Ja, hast du. Aber deshalb können wir doch Freunde bleiben, oder etwa nicht?“ Sie fuhr sich mit einem wollüstigen Lächeln über die Lippen.
„Auf diese Art von Freundschaft kann ich verzichten!“
Abby lachte leise. „Ruf mich an ... jederzeit ... Tag und Nacht ...“ Sie zog aus ihrer Handtasche eine braune Papiertüte hervor und legte sie aufs Bett.
Christian starrte erst die Papiertüte und dann Abby an. „Bist du von allen guten Geistern verlassen? Was soll das?“
„Ich habe eine kleine Überraschung für dich“, grinste Abby.
„Verschwinde, oder es wird dir noch leid tun, mich jemals kennen gelernt zu haben!“ Christian hatte endgültig die Nase voll. Er packte grob Abbys Arm und schob sie entschlossen zur Tür hinaus. Zu seiner größten Überraschung wehrte sie sich nicht einmal dagegen. Durch die geschlossene Tür konnte er hören, wie sie albern kicherte. Als würde sie ihn auslachen.
Christian lehnte sich erschöpft gegen die Tür und schloss die Augen. Auf was hatte er sich da nur eingelassen? Die Frau war krank, psychisch krank, besessen. Wieso hatte er das nicht schon vorher bemerkt? Aber natürlich, wer bereit war, sich beim Sex eine Papiertüte über den Kopf zu ziehen, der konnte nicht ganz normal sein. Wenn er damals nicht so verzweifelt und frustriert gewesen wäre wegen der geplatzten Hochzeit hätte er sich nie auf so jemanden wie Abby eingelassen. Sie war ein netter Zeitvertreib gewesen – für eine Weile. Und sie war willig. Eine Eigenschaft, die er schon immer an einer Frau geschätzt hatte. Doch das alles gehörte der Vergangenheit an, seitdem Kimber wieder aufgetaucht war. Er wollte sie und keine andere Frau, und er war bereit, alles dafür zu tun, um sie ebenfalls davon zu überzeugen, dass sie zusammen gehörten.
Christian stieß sich von der Tür ab und begann wieder nervös im Apartment auf und ab zu laufen. Und dann hörte er es, ein leises, zaghaftes Klopfen. Sein Puls beschleunigte sich sofort und seine Hände wurden feucht. Nachdem er noch einmal tief durchgeatmet hatte öffnete er die Tür.
„Hallo Christian.“
Wie betäubt stand er da und starrte sie nur an. Die ganze Zeit hatte er sich diese Situation vorgestellt, wie es sein würde, Kimber wiederzusehen. Und er hatte sich soviel zurechtgelegt, was er ihr alles sagen wollte, und nun war er nicht einmal fähig, auch nur ein Wort herauszubringen.
„Darf ich reinkommen?“ Kimber blinzelte irritiert.
Christian räusperte sich. „Ja ... natürlich. Komm rein!“
Während Kimber an ihm vorbei ging, musterte er sie unauffällig. Ihre blonden Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, wohl, damit man ihre noch vorhandenen kahlen Stellen am Kopf nicht so sehen konnte und sie trug eine einfache dunkelblaue Jeans und eine weiße langärmelige Bluse. Sie schien ein wenig an Gewicht verloren zu haben, denn ihre gesamte Gestalt wirkte zerbrechlich.
Als Kimber sich zu ihm umwandte, hielt Christian für einen Moment den Atem an. Sie war fast völlig ungeschminkt und man konnte noch leichte Spuren der Operationsnarben erkennen. Aber das war es nicht, was ihn schockierte. Ihre Augen wirkten ausdruckslos und darunter konnte man tiefe Furchen und Schatten erkennen. Für einen Moment wurde Christian an die Zeit erinnert, als Kimber noch kokainabhängig war. Aber dieser Zustand rührte eindeutig von etwas anderem her. Schlaflose Nächte, tagelanges Tränen vergießen?
Kimber war sein prüfender Blick nicht entgangen. „Sieh mich bitte nicht so an!“ bat sie.
„Wie sehe ich dich denn an?“
„So ... so ...“ Kimber suchte nach den passenden Worten. „So mitleidig. Ich will dein Mitleid nicht. Ich bin nur hier, um meine Sachen abzuholen, und dann siehst du mich nie wieder.“
Christian schluckte. Wie konnte sie nur so reden, nach allem, was zwischen ihnen gewesen war. Ihre abweisende Haltung verletzte ihn, aber er zwang sich dazu, sich nichts vor ihr anmerken zu lassen.
„Ja, bringen wir es hinter uns.“ Er ging ins Schlafzimmer und öffnete den Kleiderschrank.
Kimber zog einen großen Koffer unter dem Bett hervor und begann eilig ihre Kleidung in den Koffer zu stopfen. „So, das was dann alles,“ sagte sie nachdem die Sachen verstaut waren. Sie zog den Reißverschluss zu und sah ihn unschlüssig an. „Ich werde ihn zurückschicken, sobald ich Zeit habe.“
„Du kannst ihn behalten.“
Kimber schüttelte den Kopf. „Ich möchte ein neues Leben beginnen, Christian. Und dazu gehört auch, dass ich ...“
„...alle Erinnerungen an mich auslösche?“ unterbrach er sie.
Kimber schüttelte den Kopf. Sie senkte den Kopf, damit er nicht sehen konnte, wie es wirklich in ihr aussah. Sie brauchte keine materiellen Dinge, um sich an ihn zu erinnern.
„Wo wohnst du eigentlich?“ wechselte Christian plötzlich das Thema.
„Ich bin zu einer Freundin gezogen, bis ich ein eigenes Apartment gefunden habe.“
„Brauchst du Geld?“
Kimber hob den Kopf und sah ihn an. „Ich komme schon über die Runden. Sobald die Narben vollständig verheilt sind will ich mir einen Job suchen.“
„Hast du schon eine Ahnung was für einen Job? Ich könnte dir dabei helfen“, bot Christian sich an.
Kimber schüttelte den Kopf. „Es ist besser, wenn wir uns nicht mehr sehen“, sagte sie leise und wandte sich ab.
Christian sah, wie Kimber den Koffer nahm und zur Tür ging. Ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit überkam ihn. Wenn sie nun gehen und diese Tür hinter sich schließen würde, würde er sie vielleicht wirklich nie mehr wiedersehen. Das konnte er nicht zulassen!
Mit ein paar Schritten war er an der Tür und stellte sich vor sie. „Bitte geh nicht! Ich möchte dir noch etwas sagen ...“
Kimber sah die Verzweifelung in seinen Augen, und für einen Moment wünschte sie sich nichts mehr, als in seine Arme zu sinken und ihm zu sagen, wie sehr sie ihn trotz allem immer noch liebte. Aber wie würde es dann weitergehen? Sie konnte nicht so tun, als ob die letzten Wochen nicht existiert hätten. Es war zu spät. Sie konnte nicht mehr in ihr altes Leben zurück. Und im Grunde genommen wollte sie das auch gar nicht.
„Was ... wolltest du mir noch sagen?“ Kimber hatte das Gefühl, dass ihre Stimme ihr nicht mehr richtig gehorchte.
„Ich habe dir das nie sagen können, weil Quentin den schönsten Tag unseres Leben zu einem Alptraum verwandelt hat ...“ Christian räusperte sich und ging dann langsam vor Kimber in die Knie während er nach ihrer Hand griff.
Irritiert und ein wenig geschockt sah Kimber zu ihm herab. Was hatte er vor?
Christians Stimme zitterte leicht, als er begann, vor Kimber sein Hochzeitsgelübde zu sprechen. „Bevor Du in mein Leben getreten bist, hatte ich vergessen oder verdrängt was es heisst, aufrichtige Gefühle zu zeigen. Erst durch dich habe ich erkannt, was im Leben wirklich zählt. Du hast mir gezeigt, was Liebe ist und was sie bedeutet, und Du hast mir bewiesen, dass es sich lohnt, dafür zu kämpfen. Wir haben eine weite Reise hinter uns, haben Höhen und Tiefen miteinander erlebt. Und ich habe jeden Tag mit dir als ein Geschenk empfunden. Nun stehen wir hier – vor Gott und schwören uns, dass diese Reise niemals enden möge. Ich liebe dich, Kimber und ich freue mich auf ein gemeinsames Leben mit dir.“
Die Tränen hatten ihren Blick verschleiert, und Kimber versuchte sie wegzublinzeln. Das war einfach mehr, als sie ertragen konnte, mehr als sie erwartet hatte. Sie sank ebenfalls vor ihm auf die Knie und schlang ihre Arme um seinen Nacken. Ganz automatisch fanden sich ihre Lippen zu einem leidenschaftlichen Kuss. Sie fühlte die Hitze seines Körpers, die Leidenschaft und Verzweifelung, die von diesem Kuss ausging, und sie wehrte sich nicht dagegen, als er begann, die Knöpfe ihrer Bluse zu öffnen ...
Christian glaubte zu träumen, als Kimbers Arme sich um seinen Hals legten und ihr Mund den seinen suchte. Wie sehr hatte er sich danach gesehnt! Sein Körper reagierte sofort. Sanft fuhr er mit seiner Zunge über die Operationsnarben an Brust und Bauch. Er hörte, wie sie leise stöhnte und sich ihr Körper ihm entgegenbog. Mit einem Ruck hob er sie in seine Arme und trug sie zum Bett hinüber ...
Die Zeit schien still zu stehen und mit einem Mal schienen alle Zweifel und Ängste beseitigt zu sein. Kimber war bereit, sich ihm ganz und gar hinzugeben, und nichts, aber auch gar nichts, würde sie nun noch davon abbringen. Sie fühlte, wie etwas unter ihr raschelte, als Christian sie vorsichtig auf dem Bett ablegte. Ganz instinktiv griff sie nach unten und zog den Gegenstand hervor. Sie hatten kaum Zeit, sich darüber zu wundern, was Christian mit einer Papiertüte im Bett machte, als aus den Falten des Umschlags ein Foto herausfiel. „Was zum Teufel ...?“
Völlig in Ekstase erkannte Christian zu spät, dass Kimber sich plötzlich in seinen Armen steif machte. Schweratmend hob er den Kopf und sah sie fragend an.
„Wer ist das?“ Anklagend hielt Kimber ihm das Bild unter die Nase.
Mit einem Schlag fand Christian in die Realität zurück. Stöhnend richtete er sich auf. „Eine Patientin“, sagte er schließlich nach einigem Zögern.
Kimber verschränkte die Arme vor dem Körper, als wollte sie ihre Nacktheit verbergen. „Machst du neuerdings Hausbesuche, oder wieso steht auf der Rückseite „Ruf mich an!“ ?“ fragte sie mit hohntriefender Stimme.
Christian lächelte gequält. Zu mehr war er in diesem Moment auch nicht fähig. Er brauchte erst einmal Zeit, um den Koitus Interruptus zu verarbeiten, den Kimber verursacht hatte. „Reg dich nicht auf.“
„Ich rege mich aber auf!“ Kimber erhob sich vom Bett und knöpfte hastig ihre Bluse wieder zu. „Du wirst dich niemals ändern, nicht wahr, Christian?“ Sie sah ihm fest in die Augen. „Hast du mir ihr geschlafen?“
Christian wand sich innerlich. Ihm war bewusst, dass er in der Falle saß. Es war egal, was er ihr jetzt antwortete. An Kimbers Gesichtsausdruck konnte er erkennen, dass sie sich schon ihr eigenes Bild von der Sache gemacht hatte.
„Hast du?“ Ungeduldig wartete sie auf seine Antwort.
„Sie bedeutet mir nichts.“
Kimber verdrehte genervt die Augen. Wieso mussten Männer immer direkten Fragen ausweichen?
Sie hob anklagend den Finger. „Wir hatten eine Abmachung! Schon vergessen? Du hast vor unserer Trauung einen Vertrag unterschrieben, dass du dich nicht mehr heimlich mit anderen Frauen triffst.“
„Wir sind nicht verheiratet, Sweetheart.“
Kimber starrte ihn fassungslos an.
„Tut mir leid.“ Christian erkannte, dass er mit seiner Äußerung zu weit gegangen war.
„Nein, mir nicht“, schüttelte Kimber den Kopf. Sie ging zur Tür und griff nach dem Koffer. „Vielleicht sollte ich Quentin sogar dankbar sein, dass er mich davor bewahrt hat, den größten Fehler meines Lebens zu begehen!“
„Bitte sag das nicht!“
Kimber sah ihn traurig an. „Ich habe immer gewusst, dass du nicht treu sein kannst. Du bist einfach nicht dazu geboren, eine monogame Beziehung zu führen. Ich hatte immer Angst davor, dass du eines Tages rückfällig werden könntest. Gina hatte recht.“
„Gina? Was hat sie damit zu tun?“ Christian sah sie mit gerunzelter Stirn an.
„Sie hat mir die Augen über dich geöffnet. Sie sagte mir, dass du nur die eine Frau lieben würdest, die du nicht haben kannst – Julia.“
Christian hatte mit einem Mal das Gefühl, als ob man ihm den Boden unter den Füssen wegziehen würde. Was wusste Gina über ihn und Julia? Hatte sie vielleicht gesehen, wie sie sich heimlich am Tag der Hochzeit geküsst hatten? Er räusperte sich, um seiner Stimme mehr Festigkeit zu geben.
„Das ist völliger Blödsinn! Gina ist eifersüchtig. Sie würde sonst was behaupten, nur um uns auseinander zu bringen! Julia und ich ... das ist Vergangenheit. Es stimmt, wir waren uns mal sehr nahe, aber das ist vorbei.“
„Ja, scheint so.“ Kimber zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Und an ihre Stelle ist .. wie heißt sie doch noch? – Abby gerückt.“
„Ich dachte, du hättest mich verlassen!“ Christian wusste, dass diese Ausrede lahm klang, aber er hatte einfach das Gefühl, sich verteidigen zu müssen.
„Ja,“ stieß Kimber bitter hervor. „Und du hast keine Zeit verschwendet. Während ich um mein Leben kämpfte, hast du dich hier amüsiert.“ Kimber ging an ihm vorbei und öffnete die Tür.
„Bitte geh nicht ... nicht so!“ bat Christian.
„Ich kann das einfach nicht mehr. Ich habe keine Kraft mehr dazu“, sagte Kimber mit tonloser Stimme. Sie fühlte schon wieder, wie Tränen in ihr hochstiegen. Aber diesmal würde sie nicht schwach werden. Und auch wenn sie draußen auf dem Hausflur zusammenbrechen würde, sie musste jetzt stark bleiben.
„Ich liebe dich!“ stieß er verzweifelt hervor. „Bedeutet das denn gar nichts für dich?“
Kimbers Gesicht brannte vor unterdrückter Tränen, aber sie drängte sie zurück. Es war alles gesagt. Es gab kein Zurück mehr. „Leb wohl, Christian!“ Sie verließ das Apartment, ohne sich noch einmal nach ihm umzudrehen.
Wie betäubt stand Christian da und starrte die verschlossene Tür an. Er konnte einfach nicht glauben, dass sie gegangen war. Hatte er noch vor einer Stunde die Hoffnung gehabt, dass sie wieder zu ihm zurückkehren würde, waren nun alle Hoffnungen, Träume und Wünsche zerstört. Noch nie hatte er sich so verloren und einsam gefühlt. Er ließ sich aufs Bett fallen und starrte gegen die Decke. Unbemerkt rollten Tränen über seine Wangen und durchnässten das Kopfkissen.
Nachdem er noch einmal einen letzten Blick auf die Uhr geworfen hatte, deren Zeiger sich heute noch langsamer zu bewegen schienen als sonst, ging Christian ins angrenzende Schlafzimmer und schob die Türen zum Kleiderschrank auf. Da hingen sie, Kimbers Kleider, ordentlich nebeneinander aufgereiht. Christian schluckte. Drei Wochen waren vergangen, seit sie ihm im Krankenhaus nach ihrer OP mitgeteilt hatte, dass sie es vorziehen würde, ihr Leben ohne ihn zu leben. In dieser Zeit hatte er versucht, sie aus seinem Gedächtnis zu verbannen. Doch die Erinnerungen hatten ihn immer wieder eingeholt.
Der süßliche Duft ihres Parfüms hing in jedem Winkel des Apartments, und bei allem was er tat, spürte er ihre Gegenwart. In den ersten Tagen nach ihrer Trennung war es ihm unmöglich gewesen, im großen Doppelbett zu schlafen. Er hatte es stattdessen vorgezogen, auf dem Sofa zu nächtigen. Aber Ruhe war ihm auch dort nicht vergönnt gewesen. Alpträume hatten ihn heimgesucht. Was er tagsüber versucht hatte zu verdrängen, war in der Nacht wieder hochgekommen. Und so manche Nacht war er schweißgebadet aufgewacht, weil er Kimbers Schreie hörte.
Quentin hatte ganze Arbeit geleistet. Er hatte sie nicht nur äußerlich verletzt sondern auch innerlich. Er hatte alles zerstört, was ihr einmal lieb und teuer gewesen war – ihre Hoffnung, ihr Vertrauen und ihre Liebe.
Christian sah wieder auf die Uhr. Wieso ließ sie ihn so lange warten? Kimbers letzte Worte gingen ihm plötzlich durch den Kopf.
„Du hast mir einmal vorgeworfen, dass ich nur das lieben würde, was du verkörperst, gutes Aussehen, Erfolg, Ansehen. Das stimmt nicht. Ich habe dich immer um deiner selbst willen geliebt. Selbst noch, nachdem du mich an Merrill verkauft hattest. Aber du hast in mir immer nur dein Aushängeschild gesehen. Die süße kleine naive Kimber, die alles tut, um Dr. Troy’s Wünsche zu erfüllen. Zehn Schönheitsoperationen und fast mein Leben hat es mich gekostet, dich zufrieden zu stellen. Damit ist jetzt Schluss!“
Christians Gedankengang wurde abrupt unterbrochen, als es an der Tür klopfte. Sie ist da! Dachte er voller Freude. Erwartungsvoll öffnete er die Tür und wünschte sich, dass er sie niemals geöffnet hätte.
„Hi! Du hast dich seit mehreren Wochen nicht mehr bei mir gemeldet, und auf meine Anrufe reagierst du auch nicht mehr. Ich habe mir Sorgen gemacht.“ Ohne zu Zögern und seinen erstaunten Blick ignorierend, ging Abby an Christian vorbei. „Ich hoffe, ich störe nicht?“ Ihr Blick wanderte suchend durch die Räume des Apartments.
„Nein, ich meine .. ja ...“ stotterte Christian. Er fühlte sich durch Abbys plötzliches Auftauchen ein wenig überrumpelt. Seufzend wischte er sich über die Stirn. „Ich erwarte jemanden“, sagte er unwirsch.
„Eine Frau?“
Christian verdrehte genervt die Augen. Er konnte sich nicht erinnern, dass Abby beim letzten Besuch so direkt gewesen war. „Ich denke nicht, dass dich das was angeht.“
„Ist schon gut. Ich wollte nur kurz auf einen Sprung vorbeikommen, um zu sehen, ob alles in Ordnung ist.“
„Es geht mir gut. Würdest du nun bitte wieder gehen!“ Christian spürte, dass er kurz davor war, die Beherrschung zu verlieren.
Abby spürte seine Anspannung. Mit einem anzüglichen Lächeln ging sie auf ihn zu und strich ihm leicht mit dem Finger über die Lippen. „Ich wüsste eine Methode, wie man deine Spannungen ganz schnell abbauen kann.“
„Lass das!“ Christian wich einen Schritt zurück. „Hatte ich dir nicht schon bei unserem letzten Treffen gesagt, dass wir uns nicht mehr sehen können!“
„Ja, hast du. Aber deshalb können wir doch Freunde bleiben, oder etwa nicht?“ Sie fuhr sich mit einem wollüstigen Lächeln über die Lippen.
„Auf diese Art von Freundschaft kann ich verzichten!“
Abby lachte leise. „Ruf mich an ... jederzeit ... Tag und Nacht ...“ Sie zog aus ihrer Handtasche eine braune Papiertüte hervor und legte sie aufs Bett.
Christian starrte erst die Papiertüte und dann Abby an. „Bist du von allen guten Geistern verlassen? Was soll das?“
„Ich habe eine kleine Überraschung für dich“, grinste Abby.
„Verschwinde, oder es wird dir noch leid tun, mich jemals kennen gelernt zu haben!“ Christian hatte endgültig die Nase voll. Er packte grob Abbys Arm und schob sie entschlossen zur Tür hinaus. Zu seiner größten Überraschung wehrte sie sich nicht einmal dagegen. Durch die geschlossene Tür konnte er hören, wie sie albern kicherte. Als würde sie ihn auslachen.
Christian lehnte sich erschöpft gegen die Tür und schloss die Augen. Auf was hatte er sich da nur eingelassen? Die Frau war krank, psychisch krank, besessen. Wieso hatte er das nicht schon vorher bemerkt? Aber natürlich, wer bereit war, sich beim Sex eine Papiertüte über den Kopf zu ziehen, der konnte nicht ganz normal sein. Wenn er damals nicht so verzweifelt und frustriert gewesen wäre wegen der geplatzten Hochzeit hätte er sich nie auf so jemanden wie Abby eingelassen. Sie war ein netter Zeitvertreib gewesen – für eine Weile. Und sie war willig. Eine Eigenschaft, die er schon immer an einer Frau geschätzt hatte. Doch das alles gehörte der Vergangenheit an, seitdem Kimber wieder aufgetaucht war. Er wollte sie und keine andere Frau, und er war bereit, alles dafür zu tun, um sie ebenfalls davon zu überzeugen, dass sie zusammen gehörten.
Christian stieß sich von der Tür ab und begann wieder nervös im Apartment auf und ab zu laufen. Und dann hörte er es, ein leises, zaghaftes Klopfen. Sein Puls beschleunigte sich sofort und seine Hände wurden feucht. Nachdem er noch einmal tief durchgeatmet hatte öffnete er die Tür.
„Hallo Christian.“
Wie betäubt stand er da und starrte sie nur an. Die ganze Zeit hatte er sich diese Situation vorgestellt, wie es sein würde, Kimber wiederzusehen. Und er hatte sich soviel zurechtgelegt, was er ihr alles sagen wollte, und nun war er nicht einmal fähig, auch nur ein Wort herauszubringen.
„Darf ich reinkommen?“ Kimber blinzelte irritiert.
Christian räusperte sich. „Ja ... natürlich. Komm rein!“
Während Kimber an ihm vorbei ging, musterte er sie unauffällig. Ihre blonden Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, wohl, damit man ihre noch vorhandenen kahlen Stellen am Kopf nicht so sehen konnte und sie trug eine einfache dunkelblaue Jeans und eine weiße langärmelige Bluse. Sie schien ein wenig an Gewicht verloren zu haben, denn ihre gesamte Gestalt wirkte zerbrechlich.
Als Kimber sich zu ihm umwandte, hielt Christian für einen Moment den Atem an. Sie war fast völlig ungeschminkt und man konnte noch leichte Spuren der Operationsnarben erkennen. Aber das war es nicht, was ihn schockierte. Ihre Augen wirkten ausdruckslos und darunter konnte man tiefe Furchen und Schatten erkennen. Für einen Moment wurde Christian an die Zeit erinnert, als Kimber noch kokainabhängig war. Aber dieser Zustand rührte eindeutig von etwas anderem her. Schlaflose Nächte, tagelanges Tränen vergießen?
Kimber war sein prüfender Blick nicht entgangen. „Sieh mich bitte nicht so an!“ bat sie.
„Wie sehe ich dich denn an?“
„So ... so ...“ Kimber suchte nach den passenden Worten. „So mitleidig. Ich will dein Mitleid nicht. Ich bin nur hier, um meine Sachen abzuholen, und dann siehst du mich nie wieder.“
Christian schluckte. Wie konnte sie nur so reden, nach allem, was zwischen ihnen gewesen war. Ihre abweisende Haltung verletzte ihn, aber er zwang sich dazu, sich nichts vor ihr anmerken zu lassen.
„Ja, bringen wir es hinter uns.“ Er ging ins Schlafzimmer und öffnete den Kleiderschrank.
Kimber zog einen großen Koffer unter dem Bett hervor und begann eilig ihre Kleidung in den Koffer zu stopfen. „So, das was dann alles,“ sagte sie nachdem die Sachen verstaut waren. Sie zog den Reißverschluss zu und sah ihn unschlüssig an. „Ich werde ihn zurückschicken, sobald ich Zeit habe.“
„Du kannst ihn behalten.“
Kimber schüttelte den Kopf. „Ich möchte ein neues Leben beginnen, Christian. Und dazu gehört auch, dass ich ...“
„...alle Erinnerungen an mich auslösche?“ unterbrach er sie.
Kimber schüttelte den Kopf. Sie senkte den Kopf, damit er nicht sehen konnte, wie es wirklich in ihr aussah. Sie brauchte keine materiellen Dinge, um sich an ihn zu erinnern.
„Wo wohnst du eigentlich?“ wechselte Christian plötzlich das Thema.
„Ich bin zu einer Freundin gezogen, bis ich ein eigenes Apartment gefunden habe.“
„Brauchst du Geld?“
Kimber hob den Kopf und sah ihn an. „Ich komme schon über die Runden. Sobald die Narben vollständig verheilt sind will ich mir einen Job suchen.“
„Hast du schon eine Ahnung was für einen Job? Ich könnte dir dabei helfen“, bot Christian sich an.
Kimber schüttelte den Kopf. „Es ist besser, wenn wir uns nicht mehr sehen“, sagte sie leise und wandte sich ab.
Christian sah, wie Kimber den Koffer nahm und zur Tür ging. Ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit überkam ihn. Wenn sie nun gehen und diese Tür hinter sich schließen würde, würde er sie vielleicht wirklich nie mehr wiedersehen. Das konnte er nicht zulassen!
Mit ein paar Schritten war er an der Tür und stellte sich vor sie. „Bitte geh nicht! Ich möchte dir noch etwas sagen ...“
Kimber sah die Verzweifelung in seinen Augen, und für einen Moment wünschte sie sich nichts mehr, als in seine Arme zu sinken und ihm zu sagen, wie sehr sie ihn trotz allem immer noch liebte. Aber wie würde es dann weitergehen? Sie konnte nicht so tun, als ob die letzten Wochen nicht existiert hätten. Es war zu spät. Sie konnte nicht mehr in ihr altes Leben zurück. Und im Grunde genommen wollte sie das auch gar nicht.
„Was ... wolltest du mir noch sagen?“ Kimber hatte das Gefühl, dass ihre Stimme ihr nicht mehr richtig gehorchte.
„Ich habe dir das nie sagen können, weil Quentin den schönsten Tag unseres Leben zu einem Alptraum verwandelt hat ...“ Christian räusperte sich und ging dann langsam vor Kimber in die Knie während er nach ihrer Hand griff.
Irritiert und ein wenig geschockt sah Kimber zu ihm herab. Was hatte er vor?
Christians Stimme zitterte leicht, als er begann, vor Kimber sein Hochzeitsgelübde zu sprechen. „Bevor Du in mein Leben getreten bist, hatte ich vergessen oder verdrängt was es heisst, aufrichtige Gefühle zu zeigen. Erst durch dich habe ich erkannt, was im Leben wirklich zählt. Du hast mir gezeigt, was Liebe ist und was sie bedeutet, und Du hast mir bewiesen, dass es sich lohnt, dafür zu kämpfen. Wir haben eine weite Reise hinter uns, haben Höhen und Tiefen miteinander erlebt. Und ich habe jeden Tag mit dir als ein Geschenk empfunden. Nun stehen wir hier – vor Gott und schwören uns, dass diese Reise niemals enden möge. Ich liebe dich, Kimber und ich freue mich auf ein gemeinsames Leben mit dir.“
Die Tränen hatten ihren Blick verschleiert, und Kimber versuchte sie wegzublinzeln. Das war einfach mehr, als sie ertragen konnte, mehr als sie erwartet hatte. Sie sank ebenfalls vor ihm auf die Knie und schlang ihre Arme um seinen Nacken. Ganz automatisch fanden sich ihre Lippen zu einem leidenschaftlichen Kuss. Sie fühlte die Hitze seines Körpers, die Leidenschaft und Verzweifelung, die von diesem Kuss ausging, und sie wehrte sich nicht dagegen, als er begann, die Knöpfe ihrer Bluse zu öffnen ...
Christian glaubte zu träumen, als Kimbers Arme sich um seinen Hals legten und ihr Mund den seinen suchte. Wie sehr hatte er sich danach gesehnt! Sein Körper reagierte sofort. Sanft fuhr er mit seiner Zunge über die Operationsnarben an Brust und Bauch. Er hörte, wie sie leise stöhnte und sich ihr Körper ihm entgegenbog. Mit einem Ruck hob er sie in seine Arme und trug sie zum Bett hinüber ...
Die Zeit schien still zu stehen und mit einem Mal schienen alle Zweifel und Ängste beseitigt zu sein. Kimber war bereit, sich ihm ganz und gar hinzugeben, und nichts, aber auch gar nichts, würde sie nun noch davon abbringen. Sie fühlte, wie etwas unter ihr raschelte, als Christian sie vorsichtig auf dem Bett ablegte. Ganz instinktiv griff sie nach unten und zog den Gegenstand hervor. Sie hatten kaum Zeit, sich darüber zu wundern, was Christian mit einer Papiertüte im Bett machte, als aus den Falten des Umschlags ein Foto herausfiel. „Was zum Teufel ...?“
Völlig in Ekstase erkannte Christian zu spät, dass Kimber sich plötzlich in seinen Armen steif machte. Schweratmend hob er den Kopf und sah sie fragend an.
„Wer ist das?“ Anklagend hielt Kimber ihm das Bild unter die Nase.
Mit einem Schlag fand Christian in die Realität zurück. Stöhnend richtete er sich auf. „Eine Patientin“, sagte er schließlich nach einigem Zögern.
Kimber verschränkte die Arme vor dem Körper, als wollte sie ihre Nacktheit verbergen. „Machst du neuerdings Hausbesuche, oder wieso steht auf der Rückseite „Ruf mich an!“ ?“ fragte sie mit hohntriefender Stimme.
Christian lächelte gequält. Zu mehr war er in diesem Moment auch nicht fähig. Er brauchte erst einmal Zeit, um den Koitus Interruptus zu verarbeiten, den Kimber verursacht hatte. „Reg dich nicht auf.“
„Ich rege mich aber auf!“ Kimber erhob sich vom Bett und knöpfte hastig ihre Bluse wieder zu. „Du wirst dich niemals ändern, nicht wahr, Christian?“ Sie sah ihm fest in die Augen. „Hast du mir ihr geschlafen?“
Christian wand sich innerlich. Ihm war bewusst, dass er in der Falle saß. Es war egal, was er ihr jetzt antwortete. An Kimbers Gesichtsausdruck konnte er erkennen, dass sie sich schon ihr eigenes Bild von der Sache gemacht hatte.
„Hast du?“ Ungeduldig wartete sie auf seine Antwort.
„Sie bedeutet mir nichts.“
Kimber verdrehte genervt die Augen. Wieso mussten Männer immer direkten Fragen ausweichen?
Sie hob anklagend den Finger. „Wir hatten eine Abmachung! Schon vergessen? Du hast vor unserer Trauung einen Vertrag unterschrieben, dass du dich nicht mehr heimlich mit anderen Frauen triffst.“
„Wir sind nicht verheiratet, Sweetheart.“
Kimber starrte ihn fassungslos an.
„Tut mir leid.“ Christian erkannte, dass er mit seiner Äußerung zu weit gegangen war.
„Nein, mir nicht“, schüttelte Kimber den Kopf. Sie ging zur Tür und griff nach dem Koffer. „Vielleicht sollte ich Quentin sogar dankbar sein, dass er mich davor bewahrt hat, den größten Fehler meines Lebens zu begehen!“
„Bitte sag das nicht!“
Kimber sah ihn traurig an. „Ich habe immer gewusst, dass du nicht treu sein kannst. Du bist einfach nicht dazu geboren, eine monogame Beziehung zu führen. Ich hatte immer Angst davor, dass du eines Tages rückfällig werden könntest. Gina hatte recht.“
„Gina? Was hat sie damit zu tun?“ Christian sah sie mit gerunzelter Stirn an.
„Sie hat mir die Augen über dich geöffnet. Sie sagte mir, dass du nur die eine Frau lieben würdest, die du nicht haben kannst – Julia.“
Christian hatte mit einem Mal das Gefühl, als ob man ihm den Boden unter den Füssen wegziehen würde. Was wusste Gina über ihn und Julia? Hatte sie vielleicht gesehen, wie sie sich heimlich am Tag der Hochzeit geküsst hatten? Er räusperte sich, um seiner Stimme mehr Festigkeit zu geben.
„Das ist völliger Blödsinn! Gina ist eifersüchtig. Sie würde sonst was behaupten, nur um uns auseinander zu bringen! Julia und ich ... das ist Vergangenheit. Es stimmt, wir waren uns mal sehr nahe, aber das ist vorbei.“
„Ja, scheint so.“ Kimber zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Und an ihre Stelle ist .. wie heißt sie doch noch? – Abby gerückt.“
„Ich dachte, du hättest mich verlassen!“ Christian wusste, dass diese Ausrede lahm klang, aber er hatte einfach das Gefühl, sich verteidigen zu müssen.
„Ja,“ stieß Kimber bitter hervor. „Und du hast keine Zeit verschwendet. Während ich um mein Leben kämpfte, hast du dich hier amüsiert.“ Kimber ging an ihm vorbei und öffnete die Tür.
„Bitte geh nicht ... nicht so!“ bat Christian.
„Ich kann das einfach nicht mehr. Ich habe keine Kraft mehr dazu“, sagte Kimber mit tonloser Stimme. Sie fühlte schon wieder, wie Tränen in ihr hochstiegen. Aber diesmal würde sie nicht schwach werden. Und auch wenn sie draußen auf dem Hausflur zusammenbrechen würde, sie musste jetzt stark bleiben.
„Ich liebe dich!“ stieß er verzweifelt hervor. „Bedeutet das denn gar nichts für dich?“
Kimbers Gesicht brannte vor unterdrückter Tränen, aber sie drängte sie zurück. Es war alles gesagt. Es gab kein Zurück mehr. „Leb wohl, Christian!“ Sie verließ das Apartment, ohne sich noch einmal nach ihm umzudrehen.
Wie betäubt stand Christian da und starrte die verschlossene Tür an. Er konnte einfach nicht glauben, dass sie gegangen war. Hatte er noch vor einer Stunde die Hoffnung gehabt, dass sie wieder zu ihm zurückkehren würde, waren nun alle Hoffnungen, Träume und Wünsche zerstört. Noch nie hatte er sich so verloren und einsam gefühlt. Er ließ sich aufs Bett fallen und starrte gegen die Decke. Unbemerkt rollten Tränen über seine Wangen und durchnässten das Kopfkissen.