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Fingerabdrücke bleiben

von Lynnix
Kurzbeschreibung
GeschichteDrama, Krimi / P16 / Gen
23.02.2018
25.11.2021
129
578.228
7
Alle Kapitel
102 Reviews
Dieses Kapitel
1 Review
 
28.09.2018 3.167
 
Kapitel 32 – Die Datenbank

Jetzt bin ich also so weit, dass ich bereit bin, etwas Selbstverteidigung zu lernen. So weit, so gut. Aber irgendwie glaube ich, dass sich Sam etwas mehr erhofft hat. Mir ist ja klar, dass ich bald auf mich allein gestellt bin, aber denkt er denn wirklich, dass ich dazu wissen muss, wie man schießt und all das?
Mein Blick fällt auf den Küchentisch und auf den Ordner, aus dem Iye´s und meine Fotos hervorlugen. Die ganze Zeit während unseres Gespräches habe ich den wohl erfolgreich ausgeblendet. Schnell staple ich die Bilder auf einen Haufen, stecke sie in die Klarsichthülle und klappe den Ordner schnell wieder zu. Mit einem schabenden Geräusch schiebe ich ihn Sam rüber.
>Da ist noch weitaus mehr drin. < setzt er an
>Das kann ich mir vorstellen. Aber ich will nicht wissen, was dort alles drin ist. <
>Bist du ganz sicher? <
>Ja, der Inhalt hat dafür gesorgt, dass ich meinen Vater plötzlich mit anderen Augen sehe. Ich ertrage es nicht, noch mehr dort drin zu finden. Die Hauptsache ist, du kannst etwas mit diesen Informationen anfangen. <
>Na gut wie du willst. Ich bringe ihn nach oben, dann musst du ihn nicht sehen. < er wirft einen Blick auf seine Armbanduhr und klemmt sich diesen Ordner unter den Arm. >Ich muss jetzt noch etwas am Computer arbeiten. Vielleicht liest du etwas – du sagst doch immer, dass dich sowas beruhigt. <
>Okay. < flüstere ich und kann mir vorstellen, was er gleich tut. >Ich habe nur leider nichts mehr zu lesen. <
Während des Weggehens, dreht er sich mit aufgerissenen Augen erneut zu mir um.
>Wie geht das denn? Du hattest zwei Bücher. <
Unschuldig zucke ich mit den Schultern. Für meine Verhältnisse habe ich schon lange gebraucht und die Bücher aus Langeweile sogar erneut gelesen.
Er grinst verschmitzt und sagt dann:
>Komm mit hoch. Ein paar wenige besitze ich ja auch noch. Eventuell ist etwas für dich dabei. <
Darum muss er mich nicht zweimal bitten. Allerdings bezweifle ich, dass Sam Romane oder sowas besitzt.
            Oben angekommen verstaut er den Ordner in einem Regal, startet seinen iMac und führt mich dann zu einem anderen Regalsystem ans Fenster rüber. Der Koloss ist fast größer als ich und besteht aus vielen kleinen Würfeln.
>Sieh mal einer an, der Killer geht zu Ikea. < lache ich auf.
>Ich bin ein ganz normaler Mensch so wie du. < grinst er und zieht aus den Fächern, kleine würfelartige Aufbewahrungsboxen raus. Offensichtlich weiß er selbst gar nicht was er alles hat, denn die ersten drei schiebt er sofort wieder zurück. Bei dem vierten keuche ich auf, weil ich dutzende Telefone darin sehe.
>Wozu besitzt du so viele Handys? < frage ich schrill.
>Zum Telefonieren, wenn die Leitung unsicher ist. Da ist immer genug Geld drauf um die Angelegenheiten zu klären und danach wirft man sie einfach in den Müll. <
Dann zieht er offensichtlich den richtigen Kasten heraus und stellt ihn mir vor die Füße.
>Mehr besitze ich nicht. Ich bin nicht so der Bücherfreak. Erst recht nicht, wenn es unrealistisch ist. Vampire, Drachen und so Zeug finde ich bescheuert. <
>Das überrascht mich jetzt nicht. < murmle ich und knie mich hin, um seine wenigen Bücher durchzusehen. Neben sämtlichen Fachbüchern zum Thema Heilverfahren, Kriminaltechnik und Observation finde ich auch „Flirten für DUMMIES“ und fange dabei schallend an zu lachen. Ich halte Sam das Buch nach oben.
>Das war so ein dämliches Geschenk von Sophia. < rechtfertigt er sich und verdreht die Augen.
>Sie wird mir immer sympathischer. < kichere ich immer noch, während er sich grinsend auf seinen Stuhl setzt und sich am Computer zu schaffen macht.
Alles, was Sam so hat, finde ich nicht gerade lesenswert außer das Letzte, was mir in die Hände fällt.
>Was ist das hier? < will ich wissen und halte ihm „Größer als das Amt“ von James Comey hin.
>Das hat der Ex-FBI-Chef geschrieben, der von Präsident Trump gefeuert wurde. In dem Buch schreibt er einen Insiderbericht über sämtliche Machenschaften der Politik. Das ist wirklich gut. <
Ich drehe es auf die Rückseite und lese sie mir durch. Wenn ein Buch zu Sam passt, dann wohl das. Ich stelle mich wieder hin und sehe wie Sam sich gerade in ein E-Mail-Portal einloggt.
>Wow, du solltest dringend mal deine Mails lesen. Das sind über hundert. < wende ich ein und schlucke lieber den Rest meiner gedachten Sätze hinunter. Das geht mich überhaupt nichts an.
Mit verschränkten Händen dreht er sich mit dem Stuhl zu mir.
>Die sind alle von heute. Das sind tägliche Aufträge und Anfragen. <
Ich schnappe nach Luft und reiße die Augen auf. Um das alles zu erledigen, müsste sich Sam zweiteilen. Das ist so derartig makaber, dass ich lieber gar nicht so viel davon wissen will – oder doch? Ich kann es mir nicht erklären aber eine gewisse Faszination hat es.
>Komm her. Ich zeige dir meine Datenbank. < sagt Sam und steht von seinem Stuhl auf.
>Ernsthaft? <
>Ja, du weißt es jetzt ohnehin was ich mache und ich will, dass du mir glaubst, was meine Zielgruppen angeht. <
>Sophia und Dimitrij wissen es auch, oder? <
Daraufhin nickt er. Ich hätte es wissen müssen. Sophia fragte gestern Abend schon so komisch nach, ob Sam mir etwas von sich verraten hätte.
Ich setze mich auf den Stuhl, den er eben für mich geräumt hat. Sam holt einen USB-Stick aus einer Schublade heraus und steckt ihn in den Computer. In dem Fach sind noch etwa 20 andere solcher Datenspeicher. Logisch, das ist eben Sam. Sollten sein PC oder Laptop gehackt werden, dann nehme ich an, dass darauf nichts zu finden ist, sondern nur auf diesen Sticks, Speicherkarten und Festplatten.
Ein paar Klicks weiter, öffnet sich eine beachtliche Liste, die er herunterscrollt. Scheinbar wahllos klickt er irgendeine Person an. Daraufhin öffnet sich ein Fenster mit einem Bild des Täters und jeglicher Verbrechen, die er begangen hat. Sam lässt mich einen Moment lesen, schließt dann das Fenster, scrollt wieder hin und her und klickt erneut irgendjemand beliebigen an. Abermals sehe ich ein Bild des Täters und lese mir durch, was er getan hat. Genauso wie bei dem davor sind es Sexual- und Kapitalverbrechen. Sam lässt mich selbst jemanden auswählen und egal wen ich anklicke, niemand ist in seiner Datenbank, weil er eine CD geklaut hat. Die Personen sind wegen erheblicher und grausamer Taten dort drin gelandet, die ich mir vorher niemals vorstellen konnte. Die Täter sind sowohl Männer als auch Frauen jeden Alters.
>Oh mein Gott. < hauche ich leise. Er stützt seine Arme auf dem Schreibtisch ab und schaut mich von der Seite her an.
>Glaubst du nicht, dass sie es verdient haben? < setzt er ebenso leise wie ich zuvor an.
Ich nicke. Ernsthaft, ich nicke deshalb. Wie kann man so etwas Menschen antun und sie so quälen, wie es hier vor mir aufgelistet steht?
>Ist Pims auch in dieser Datenbank? < will ich wissen und überfliege eilig ein paar Namen.
>Inzwischen ja. <
>Kann ich ihn sehen? <
Sam zögert erst aber er legt seine Hand schließlich auf die Maus. Er sucht eine Weile in der Liste und öffnet dann das Fenster von diesem Mann, den er getötet hat.
Ich sehe in die dunklen Augen von David Pims. Seine Taten kann ich mir überhaupt nicht durchlesen, da ich meinen Blick nicht von der Person abwenden kann.
>Du! < zische ich leise. Kaum zu glauben, dass durch ihn der Stein ins Rollen kam und mein Alptraum begann.
>Erkennst du ihn? <
>Nein. Das einzige Mal als er in meiner direkten Nähe war, war als er einige Meter hinter mir stand. Er hatte eine Kapuze über dem Kopf und war verschwunden, ehe ich von der Tribüne aufgestanden war. <
Sam sagt nichts aber ich spüre seinen Blick auf mir. Meine Augen wandern den Text runter, der den Mann beschreibt. Er ist durch und durch ein Spitzel, war einige Male in eine Körperverletzung verwickelt und ist wegen Drogenmissbrauch angeklagt gewesen – allerdings wurde alles fallengelassen. Weiter unten lese ich eine Notiz: „Person steht auf der Gehaltsliste von Mischa De Angelis.“
>Wer ist das? < frage ich Sam und zeige mit dem Finger auf den Namen.
>Hör zu Kleines, ich denke, das reicht für heute. Ich muss noch ein paar Dinge bearbeiten. <
>Das ist der, der meinem Dad das Geld gegeben hat, richtig? <
Ich schaue zu ihm und ich sehe genau wie sehr er mit sich hadert, mir etwas mehr Informationen zu geben. Schließlich nickt er. Ich schließe das Fenster und scrolle nach oben. Ich muss diesen Mistkerl sehen – muss wissen wie er aussieht. Sam legt seine Hand jedoch behutsam auf meine und lässt mich innehalten.
>Ich finde, du hast für heute genug gesehen und gehört. <
Die Hand die unter seiner liegt, ziehe ich weg und stehe seufzend auf. Er hat recht. Das letzte, das ich jetzt tun sollte, ist mich noch mehr zu zerfleischen und eigentlich wollte ich darüber gar nichts wissen. Deswegen sollte dieser Ordner aus meinen Augen verschwinden.
>Danke, dass du mir das gezeigt hast. < flüstere ich, schnappe mir das Buch von seinem Schreibtisch und laufe zur Tür.
>Nein warte kurz. < bittet er mich. Als ich mich umdrehe, ist sein Gesicht etwas sorgenvoll verzogen. >Mir ist klar, dass ich dich heute schockiert habe. Ich hoffe nur, dass du mich jetzt nicht als ein Monster siehst. Und du musst das Ganze auch nicht befürworten. Nur würde ich es gut finden, wenn du damit klarkommen würdest. <
Ist es ihm plötzlich so wichtig, was ich von ihm halte? Sonst schien es so, als wäre es ihm vollkommen egal, was jemand über ihn denkt.
>Du hast mich damit erschreckt, das stimmt. Aber du hast es mir im Nachhinein erklärt und gezeigt. Es ist eigenartig das nun zu wissen aber ich glaube, ich kann dich verstehen – irgendwie jedenfalls. Und ich verurteile dich deswegen nicht so sehr, wie du es denkst. <
Bei meiner gut gewählten Wortwahl grinst er und nickt. Ich drehe mich erneut von ihm weg und laufe die Treppe nach unten, ohne mich nochmal zu ihm umzudrehen.
Selbstverständlich billige ich es nicht gänzlich was er tut. Ein Teil von mir findet den Gedanken immer noch entsetzlich aber ein anderer findet, dass Sam mit „aufräumen“ ein gutes Wort für seine Arbeit gefunden hat und für viele ein Held sein müsste – auch wenn sie gar nichts von ihm wissen. Sophia sagte bei unserem ersten Treffen, dass Sam etwas für das Wohl anderer tut und dafür nicht mal ein „Danke“ erhält. Außerdem, dass die Leute gar nicht wissen, dass er da war und ihnen geholfen hat. Ich war so blind. Alles ergibt immer mehr Sinn. Er verhindert so viele schreckliche neue Schicksale, indem er die Verursacher zur Strecke bringt.
Wie würde Megan darüber denken? Immerhin reden wir von wirklich schrecklichen und gewalttätigen Personen. Lieber sofort umbringen oder ins Gefängnis stecken? Aber wenn es so ist wie Sam immer sagt und sie eh meistens freikommen, weil ihr Einfluss zu groß ist, dann würden sie immer wieder mit dem weitermachen, was sie vorher taten. Ich kann Sam überhaupt nicht dafür verurteilen, wie mir plötzlich klar wird. Selbst wenn ich ihn mir vorstelle, wie er jemanden erschießt, dann weiß ich, dass derjenige es verdient hatte. Er arbeitet schließlich mit der Regierung, die offenbar auch ihre korrupten Seiten hat aber er arbeitet nicht im Auftrag eines gewalttätigen Mafiabosses oder jemand vergleichbarem. Er hatte recht – es gibt nicht nur schwarz oder weiß. Ich kann nicht glauben, dass ich das gerade erneut denke, aber Sam tut das Richtige.
Immer noch stehe ich auf der Treppe und bin gar nicht weitergegangen. Langsam glaube ich, umso länger ich hier bin, umso mehr ticke ich wie er.
>Was ist los Kleines? < fragt mich Sam, der in seinem Türrahmen steht. Immerhin habe ich mich nicht vom Fleck gerührt.
>Nichts. < grinse ich. >Ich will dich nicht von der Arbeit abhalten. <
Er wirft mir einen etwas skeptischen Blick zu, da ich urplötzlich bessere Laune habe. Sam ist nicht nur mein persönlicher Retter, sondern der von so vielen Personen. Nicht zu fassen, aber als wäre es das normalste der Welt, laufe ich nach dieser Enthüllung hinunter und setze mich mit dem Buch auf das Sofa.
            Wie ich es mir dachte, sind die ersten Seiten genauso geschrieben, wie Sam die ganze Zeit redet. Dass wir permanent überwacht werden, ist nur die eine Sache.
Ab und zu frage ich mich, ob dieser Ex-FBI-Chef nicht doch etwas übertreibt, aber andererseits hat Sam mir in der kurzen Zeit gezeigt, wie viel Wahrheit in diesen Verschwörungstheorien steckt.
Mein Magen fängt schrecklich an zu knurren und dabei fällt mir schon wieder auf, dass ich durch dieses unerwartete Geständnis von Sam so vollkommen durch den Wind war, dass ich alle anderen Grundbedürfnisse vergessen habe.
Ihm muss es eigentlich genauso ergangen sein, schließlich war er fast die ganze Zeit in meiner Nähe und scheint nur an einem Apfel geknabbert zu haben.

            Ich klappe das Buch nach zwei Stunden zu und gehe in die Küche, um den Kühlschrank zu durchforsten. Die Küchenuhr zeigt an, dass es fast halb fünf ist. In ein paar Stunden, sobald es dunkel ist, werde ich hier wieder alleine sein.
Ich schließe den Kühler wieder und schaue in die anderen Schränke, um mir etwas Inspiration zu holen. Sam hat doch in der vergangenen Woche ein paar Rehteile im Keller eingefroren. Aber um ehrlich zu sein, habe ich noch nie irgendwas mit Wild gemacht. Ich höre Sam die Treppe runterkommen. Kurz darauf steht er hinter mir und streckt seine Gliedmaßen, wegen des langen Sitzens vor dem Computer.
>Ich bin ideenlos. < murmle ich, halte lediglich ein paar Kartoffeln hoch und sehe fragend in sein leeres Gewürzregal.
>Was hältst du davon, wenn wir ein paar Dinge einkaufen gehen? <
>Das wäre sicher nicht schlecht. Moment mal, wenn du wir sagst…<
>Dann heißt das, dass ich dich mitnehme. Willst du? <
>Na klar! < juble ich. >Ist das dein Ernst? Ich kann wirklich raus auf die Straße? <
>Sicher, das habe ich dir doch versprochen, sobald Kimberly in der Datenbank ist. Aber fass bitte nichts an. Noch hast du nicht deine Handschuhe von Dimitrij. Es gibt die blödesten Zufälle - ich will nichts riskieren. <
>Bitte erwähne diesen Namen nicht. < murre ich.
>Wieso gefällt dir Kimberly nicht? Das kann ich gar nicht verstehen Kimberly – denn Kimberly klingt doch ganz süß. Also los, zieh dir eine Jacke über, dann fahren wir los Kim…<
>Jetzt hör schon auf! < lache ich und bewerfe ihn mit einer Kartoffel. Er fängt sie lässig und geht neckisch feixend aus der Küche raus. Na toll, da fand ich ja Pocahontas noch besser.
            Keine zehn Minuten später habe ich mir etwas Frisches angezogen und sitze bereits in seinem Wagen. Ich kann es kaum glauben, dass ich endlich mal wieder unter Menschen komme. Klar hatte ich Kontakt zu Sam's Bekannten aber ich möchte gerne mal unter normalen Leuten sein, die normale Jobs haben.
Wir fahren durch den Wald und biegen an einer Gabelung ab, von der Sam mir erzählt hatte. Als ich das erste Mal alleine durch den Wald ging und die Stadt von weit oben gesehen habe, muss ich einen gewaltigen Umweg gegangen sein.
Nach einigen weiteren Minuten Talabwärts kann ich den Stadtkern bereits sehen und fühle mich ganz hibbelig. Wenige Ampeln später lenkt Sam seinen Pick-up auf den Parkplatz und springt raus. Ich hingegen bleibe noch wie angewurzelt sitzen. Wow sind hier viele Menschen. Sam öffnet mir die Tür.
>Was ist los? Bist du festgewachsen? <
>Bist du dir wirklich sicher, dass das sicher ist? <
Er grinst belustigt und nickt. Na gut, dann also los – mein erster Schritt in die Normalität. Jedoch nehme ich das, was Sam sagte sehr ernst und verschränke meine Arme vor der Brust, damit ich nicht in Versuchung komme, irgendetwas anzufassen. Bis vor einer Woche hätte ich zu ihm noch gesagt, dass es bescheuert ist sich so aufzuführen und dass die Wahrscheinlichkeit gleich null ist, dass irgendjemand in einem viel besuchten Laden meine Fingerabdrücke aufnehmen könnte.
Sobald wir hineingehen, senke ich automatisch meinen Kopf – etwas, das ich mir inzwischen antrainiert habe. Ich achte auf Ladenkameras und auf die Leute um mich herum. Vorher dachte ich, dass ich total begeistert hier durchrennen würde aber ich bin ziemlich unentspannt. Sam hingegen ist in einem wahren Kaufrausch und befüllt den Wagen mit Marshmallows, Oreo-Keksen und ähnlichem.
>Sag mal Kleines, magst du Sushi? Dann braucht heute keiner mehr von uns zu kochen. <
Ich wende meinen Blick von den anderen Kunden ab und schaue, wo Sam steht. Mitten im Laden ist ein kleiner Glaskasten, wo das Sushi offenbar frisch von zwei Japanern zubereitet wird. Fertig verpackt liegen die Packungen aufgestapelt vor Sam.
>Ich habe es noch nie probiert. <
>Na dann wird es mal Zeit. < grinst er und greift gleich nach mehreren Packungen. Nebenbei fallen mir die verschiedenen Preise auf den Schachteln auf. Autsch, das ist aber teuer. Allerdings kann ich mir vorstellen, dass Sam nicht gerade schlecht bezahlt wird, wenn er der Regierung Leute vom Hals schafft, die nicht in das System passen. Die Haltung meines Kopfes wird immer geduckter und ich fühle mich immer wieder beobachtet. Das macht mich wahnsinnig.
>Wo bleibst du denn so lange? <
>Sam, die Leute schauen mich an. < wende ich mit deutlich beunruhigter Stimme ein und bemerke, wie ich gerade im Visier eines Mannes bin, der in meinem Alter ist.
>Habe ich schon gemerkt. Wenn du weiterhin so zusammengekauert läufst, denken die Leute noch, ich würde dich zu Hause schlagen. <
>Sehr witzig. Glaubst du nicht sie erkennen mich? < flüstere ich. Er gluckst und stellt sich vor mich.
>Ich bezweifle, dass sie dich ansehen, weil sie dich eventuell erkennen. <
>Das sind aber keine flüchtigen Blicke. <
>Stimmt, dafür sind es interessierte Blicke. Ich bin ein Kerl und glaub mir, so wie dich der Typ hinter mir anschaut, findet er dich einfach nur heiß. <
Dann geht Sam feixend den Gang weiter entlang. Meine Augen wandern erneut in sämtliche Richtungen. Der Kerl von eben steht jetzt etwas näher in meiner Richtung, wirft Sam einen kurzen Blick zu und grinst mich dann an. Oh mein Gott, ich fasse es nicht. Mein Begleiter hat recht und der Typ erkennt mich nicht als Nayeli, sondern er checkt mich ab. Ich nehme schnell Reißaus und tipple eilig hinter Sam her.
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