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Dont you worry child

Kurzbeschreibung
GeschichteLiebesgeschichte / P18 / Gen
Florian David Fitz OC (Own Character)
30.01.2018
17.11.2020
55
96.014
11
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Dieses Kapitel
1 Review
 
25.09.2020 1.204
 
„Ich bin echt froh, mich mal wieder gesittet mit jemandem zu unterhalten, wirklich.“, bedankte ich mich indirekt bei Jörg, meinem Arbeitskollegen, den ich zum Champions League Spiel des FC Bayern gegen Arsenal begleitete. Warum auch immer hatte unsere Redaktion zwei Journalisten-Karten bekommen und Jörg hatte mir netterweise die zweite überlassen.
„Florian ist unausstehlich, wenn er schreiben muss.“ Jörg zuckte mit den Achseln. „Ich dachte, das macht ihm Spaß?“ „Gerade nicht. Ich hab ihm auch gesagt, wenn ihm das so schwer fällt, soll er halt etwas anderes schreiben, das Thema finde ich sowieso nicht das allerbeste, aber nein. Und groß eine Hilfe bin ich auch nicht. Ich habe zu wenig Fantasie, um mir was grundlegend Neues bei der Story auszudenken und gut gemeinte Ratschläge nimmt er derzeit nicht an. Und dann ist er noch gereizt wegen der ganzen Kinderscheiße, weil ich vor einigen Tagen wieder meine Periode bekommen habe und ich somit wieder nicht schwanger geworden bin. Er hat gestern aus der Apotheke einen Ovulationsrechner mitgebracht, genauso soll ich jetzt täglich meine Temperatur messen, um einen Zykluskalender aufstellen zu können.“
Mit einem Mix aus Verwunderung und Ekel sah mich mein Arbeitskollege an. „Das ist echt heftig.“ Ich brummte und wir beide rückten auf. Wir standen nämlich an der Schlange vor dem Bierstand. „Er erzwingt das so. Als würde er auf einer tickenden Zeitbombe sitzen, die explodiert, wenn er nicht bis zum Datum X weiß, dass ich sicher schwanger bin.“
„Nichts ist schlimmer, als bei der Babyplanung irgendetwas zu erzwingen. Weil dann klappt es mit 100%iger Sicherheit nicht. Deinem Mann würde ich es zum jetzigen Zeitpunkt auch zutrauen, dass er schon Namen hat und täglich nach Babymöbeln googlelt.“ „Was ich sagen kann, ist, dass er auffällig viel Zeit auch mit seinen Nichten und seinem Neffen verbringt.“ „Früh übt sich.“ Ich brummte erneut. „Sicher ist auf jeden Fall, dass wir, wenn ein Kind dann wirklich unterwegs ist, endgültig nach Grünwald ziehen, da haben wir einfach den nötigen Platz. Weder in seiner noch in meiner Wohnung wäre ein Kinderzimmer übrig.“
„Apropos Wohnung, wie läuft die Nachmietersuche?“, wechselte Jörg das Thema und ich sprang dankbar darauf an. Sich den ganzen Abend über Florians gezwungene Kinderplanung zu reden war auch nicht das Wahre. „Hab jetzt morgen Abend mal vier Bewerber eingeladen, sich die Wohnung anzusehen und persönlich vorzustellen.“ „Dass du dir den Stress antust…“ „Ich wollte halt persönlich ein Auge darauf haben, wer da in die Wohnung in Starnberg einzieht. Ein Makler achtet zwar auf die angegebenen Vorgaben, aber manchmal macht es ja auch eine gewisse menschliche Sympathie aus.“ „Hast Recht. Genauso beim Porsche?“ Ich nickte schwerfällig. Den Porsche hatte ich doch nur ungern verkauft, aber ich hatte den Deal mit Florian ausgemacht und eingehalten. Wenn auch schweren Herzens. „Hat jetzt einer aus Bad Tölz. Ich denke, das Auto ist in guten Händen.“ „Na dann morgen viel Glück bei der Mietervorstellung.“ Damit war unser Gespräch beendet, da wir an der Reihe waren, unsere Getränke zu ordern.

Kurz vor Spielende spürte ich mein Handy in meiner Hosentasche vibrieren. Ich zog mein Handy aus und las eine Nachricht von Florian: ‘Brauchst nicht U-Bahn fahren, ich hol dich ab, steh in der Nähe der U-Bahn-Station, wirst mich kaum übersehen können.‘ „Aha.“ „Aha, dass das Spiel unentschieden ausgeht oder was genau aha?“, fragte mich Jörg und ich steckte das Handy wieder ein. „Florian holt mich ab, wir fahren dann also keine U-Bahn.“ „Meinst, ich kann dann mitfahren?“ „Bestimmt.“
Dem war nicht so. Denn je näher wir der U-Bahn Stationen kamen, desto mehr hatte ich das Bedürfnis, meinen Kopf gegen die nächste Laterne zu donnern. Florian war mit dem Lamborghini gefahren und stand damit recht offensichtlich im Weg.
„Der Lamborghini ist ein Zweisitzer, ne?“ „Jap.“ „OK, dann bis morgen in der Redaktion, ich geselle mich dann zum niederen Fußvolk und fahre U-Bahn.“ „Sorry, bis morgen.“
Ich stieg schnell ein und Florian ließ den Motor aufheulen. „Noch unauffälliger ging es nicht, was?“, bemerkte ich und Florian fuhr sofort los. „Ich muss dich was fragen, was mit dem Auto zu tun hat.“ „Nein, du bekommst den Lamborghini nicht für den Dreh.“, sagte ich nüchtern und schnallte mich an. Seine Stimme war höher, als er antwortete und klang beinah beleidigt: „Wieso nicht?“
„Versicherung, mein Eigentum und ich habe keinen Bock, mein eigenes Auto auf einer Leinwand zu sehen…“, antwortete ich knapp. „Ach, reden wir wieder von dein und mein?“, fragte er mich schnippisch, ich sah leicht säuerlich zu ihm herüber. „Falls es dir entfallen sein sollte, wir haben einen Ehevertrag, der bis zur kleinsten Vase fast schon regelt, wer hier was in die Ehe miteingebracht hat und wem somit was gehört. Und da wir nicht einmal ein gemeinsames Konto haben, finde ich es durchaus angebracht, diese Trennung konsequent beizubehalten. Und da ich den Lamborghini eingebracht habe, ist das folglich meiner und ich kann damit tun und lassen, was ich will. Und da ich gestern zufällig einige Seiten deines Drehbuchs gelesen habe und so schon weiß, dass da ein Lamborghini drin vorkommen soll, lag alles andere nahe. Und auf den Ehevertrag habe nicht ich vordergründig bestanden, nur so als Gedächtnisstütze für dich.“
Damit wandte ich den Blick ab und sah aus dem Fenster. Ich wollte mich nicht streiten, wahrlich nicht, aber ich war in den letzten Tagen Florians emotionale Abladestation gewesen und das fing meistens schon vor dem Frühstück an. Irgendwann war auch meine Geduld zu Ende. Den Rest der Fahrt zu Florians Wohnung verlief schweigend. „Ich fahr den Lamborghini morgen wieder nach Grünwald und hol wieder den Audi ab.“, teilte mir Florian beim Aussteigen mit und ich nickte. „Ich bitte darum.“ Ohne weitere Worte gingen wir auch kurz darauf zu Bett.

„Kotzbrocken.“ Jan fand am nächsten Tag den passenden Ausdruck für Florians derzeitige Stimmung.
„Aber bis nächste Woche soll er sich ein wenig einkriegen, ich feier meinen 30. groß, da habe ich keinen Bock auf Rumgezicke.“ „Was hast vor?“, erkundigte ich mich und stocherte in meiner Döner Box nach Pommes. „Wirst dann sehen. Aber ich finde, der 30. Geburtstag markiert so einen Meilenstein im Leben. Ein Drittel deines Lebens ist rum. So der… unvernünftige, chillige und experimentelle Teil deines Lebens. Alles, was jetzt kommt, was du jetzt tust, sollte überlegter und ernster sein. Und das letzte Drittel deines Lebens musst es ruhig und weise angehen. Um eine Metapher zu bedienen: Bis 30 chillst du den Morgen deines Lebens, bis 60 gestaltest du deinen Tag und ab 60 genießt du deinen Lebensabend.“
Ich zog etwas die Nase nach oben. „Klingt irgendwie… spießig. Zwar logisch, aber recht spießig. Vor allem müssen wir bisher bis 67 arbeiten.“ Jan schüttelte den Kopf. „Als ob wir beide bis 67 arbeiten. Ich werde wohl mit Ende 50 mit einer fetten Abfindung in die Rente geschickt und du hast es ja mal gar nicht nötig, solange zu arbeiten.“ „Klingt trotzdem spießig.“ Mein Gegenüber zuckte mit den Schultern. „Find ich nicht. So ist das Leben eben und irgendwann wirst auch du diese Einsicht haben. Spätestens, wenn du schwanger bist und deine Zukunftsplanung richtig konkret wird.“
Ich wusste nicht wieso, aber Jans Worte machten mir auf eine seltsame Art und Weise Angst. Denn zum ersten Mal spürte ich, dass wir beide uns gedanklich in andere Richtungen bewegten.
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