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Copy Paste: Fenster der Vergangenen

Kurzbeschreibung
GeschichteDrama, Romance / P18 / Het
Eustass Kid OC (Own Character) Sakazuki / Akainu Trafalgar D. Water Law Vergo
03.01.2018
16.09.2018
59
179.878
38
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19.08.2018 3.062
 
Ignoriert hatte er sie. Den ganzen Weg bis zu einem Café hatte er ihr nicht geantwortet, hielt es nicht für nötig etwas zu erwidern. Für Naoe war es ein klares Zeichen dafür, dass er sich Sorgen um ihr Wohlbefinden machte. In seinen Augen ging sie zu weit, riskierte zu viel, obwohl sie es überhaupt nicht nötig hatte. Nicht, wenn man von ihrem Drang zu helfen absah. Das wusste sie und auch wenn es unmöglich erschien, so wollte sie es ändern.
Hinzukommend kreisten noch immer die Bilder des kleinen Mädchens in ihrem Kopf umher, legten sich schwer auf ihren Magen. Es würde ein wenig dauern, um das Leid dieses Kindes von sich zu schieben. Letztlich hatte sie andere Probleme.
Die Hände im Schoß faltend, starrte sie das Glas vor sich an, begutachtete die Flüssigkeit, die etwas Beruhigendes mit sich brachte. Es war nichts weiter als Orangensaft, besaß keine Kräfte, die ihr alles erleichtern würden, aber es besaß genug Präsenz, sodass sie Trafalgar nicht ansehen musste. Er saß ihr gegenüber, wobei sie seinen Blick ganz klar auf ihrer Haut spüren konnte.
„Du solltest den Job aufgeben.“ Der eiskalte Unterton in seiner Stimme ließ sie schaudern, unschlüssig den Blick heben. Tatsächlich sah er sie an, mit demselben Blick, den er bereits seit ihrem gescheiterten Versuch Liv zu helfen an den Tag legte.
„Und dann? Erwartest du von mir, dass ich voll und ganz Piratin werde?“ Die Schultern etwas anspannend, setzte Naoe ein verlorenes Lächeln auf, legte die Hände auf den Tisch. „Ich...habe etwas für die Revolutionäre übrig und ich möchte Dragon auf keinen Fall den Rücken kehren.“
„Ich verlange nicht, dass du ihm den Rücken kehrst, aber du hast den Revolutionären und den Menschen in diesem Fall, mit dieser Kraft, gut genug gedient. Sie werden sicherlich auch anderweitig eine Aufgabe für dich finden.“ Den Mund etwas verziehend, wirkte Law deutlich wenig begeistert von der Tatsache, dass sie den Ärger zu bevorzugen schien. Es war einfach zu verstehen, denn die offensichtlichen Schmerzen und auch die Nebeneffekte, die dieser Job mit sich brachte, konnten ihm unmöglich entgangen sein. Trafalgar war ein Mann, der seine Umgebung genau im Auge behielt. Kleinigkeiten entgingen ihm genauso wenig, wie unausgesprochene Proteste, die sich manchmal in ihrem Kopf bildeten. Die Aufträge nagten an ihr, an ihrem Verstand, an ihrem Gewissen und auch an ihrer Stärke. Naoe wusste es, konnte spüren, wie es sie emotional mehr und mehr konsumierte. Law hingegen sah es, wollte sie dazu bringen einen Platz unter den Revolutionären zu finden, der sie gefühlstechnisch weniger zerriss, ihren weichen Kern nicht weiter zerquetschte. In letzter Zeit hatte man sie zu oft belehrt und ihr immer wieder bewiesen, dass viele Schicksale ähnlich verliefen. Oftmals schenkten ihr die Wünsche der Menschen somit mehr Rückblenden und emotionale Gefühlserkenntnisse, als dass es sie ablenkte und von eigenen Problemen wegführte.
Betroffen den Blick senkend, konnte sie nicht mehr, als tonlos aufzulachen. Diese Arbeit hatte sie müde gemacht, ohne, dass sie es wirklich bemerkt hatte. Allein wegen Liv schmerzte ihr Herz und ihr Kopf schien innerlich in Scherben zersprungen zu sein. Mit nackten Füßen tänzelte sie über das zerbrochene Glas, fragte sich, wo wohl der Ausweg war.
„Du hast recht. Auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob ich mich in etwas anderem als der Veränderung von Erlebnissen wirklich gut mache. Ich bin nicht stark genug, um als gefährlich für die großen Offiziere zu gelten. Meine Teufelsfrucht hat schmerzhafte Grenzen, was bedeutet, dass ich eindeutig nicht für die Front tauge.“ Neben ihren Worten zog sie in Gedanken die Brauen zusammen. Tiefe innere Unsicherheit bohrte sich in ihr Fleisch, erinnerte sie daran, dass sie nicht viel besaß, das sie geben konnte. Ihre Teufelsfrucht und damit auch ihr Körper und ihr Verstand waren alles, was sie wirklich ausmachten. Es war nicht viel, was ihr die Idee erschwerte, einen anderen Posten für sich unter Dragons Flagge zu finden.
„Spielt das eine Rolle?“ Nachfragend streckte Law die Finger nach ihr aus, berührte ihre Hand, bevor er sie unter seiner fast begrub. Er musste nichts sagen, um ihr zu vermitteln, dass er in jeder Beziehung an ihrer Seite sein würde. Vielleicht würde er die schönsten Dinge niemals aussprechen, aber sie konnte es spüren, in seinem Handeln ganz leicht erkennen.
„Manchmal glaube ich, dass du wirklich zu nett zu mir bist.“
„Denkst du das?“
„Ich nehme es an.“ Abwinkend sah Naoe ihn einfach an, musterte seine viel zu nachdenklichen Gesichtszüge einen Moment lang. Noch immer durchbohrte sein Blick sie, schien über etwas Herr werden zu wollen, das er nicht einmal zu bändigen wusste. Allerdings fing sie an ihn mehr und mehr zu verstehen. Law verpackte seine Sorge in simple Fakten und warf sie ihr entgegen. Nicht freundlich und auch nicht fürsorglich, viel eher durchdacht, mit kleinen Handlungen, die ihr Vertrauen schenkten. In seinen Augen war sie ganz klar ein Teil der Revolution, hinzukommend seine Allianz, seine Freundin, ein menschliches Chaos, das er verstehen musste. Begriff er die Teile, die ihr wichtig waren, dann war es viel einfacher zu wissen, welche Schwächen er abdecken musste.
Fasste man diese Dinge zusammen, dann wurde klar, dass er nicht plante wieder jemanden zu verlieren. Er wollte nicht noch einmal mitansehen müssen, wie ihn jemand verließ, nicht so schnell, nicht auf eine grauenhafte Art, wie einem mentalen Zusammenbruch oder ähnlichem. Als Mann an ihrer Seite hatte er seine Aufgaben eindeutig erkannt und die vergangenen Erfahrungen animierten ihn dazu, sie zu hüten. Unbemerkt und dennoch völlig offensichtlich für sie als Frau.

„Wirklich... Du bist zu offensichtlich. Wenn wir es mal ganz plump sehen, dann war ich vorgestern noch eine Fremde. Gestern hast du bemerkt, dass es da zwischen uns etwas gibt und heute wickelst du mich in einen schützenden Mantel, in der Hoffnung, dass ich es nicht bemerke. Ich bin nicht dumm, Law. Du bist mir gegenüber offener, was deine Gefühle zu mir anbelangt, weil du weißt, dass du das sein musst, um mich haben zu können. Ansonsten verhältst du dich wie immer und dennoch gibt es dort diese kleinen Veränderungen, die alle darauf hinweisen, dass du mehr an mich denkst, als du solltest. Ich kann auf mich aufpassen.“ Kopfschüttelnd sah sie ihn an, bemerkte, wie sein Blick dem leichten Unglauben verfiel. Doch er hielt ihrer Aufmerksamkeit stand, wartete auf mehr. Deshalb fuhr sie fort, halb in Gedanken, weit weg von alldem. „Durchaus... Vorgestern war ich fremd, gestern bemerkte man mich und heute werde ich geliebt. Aber was ist morgen? Wenn du mit mir redest und gestehst, dass ich für dich mehr als eine einfache Allianz bin, dann kommt mir jetzt gerade ein ganz bestimmter Gedanke in den Kopf. Ich weiß viel über dich, Law. Wenn ich deine Verluste abwäge und meine Position dir gegenüber bedenke, dann wird mir klar, dass ich etwas bekommen habe, wonach die meisten Menschen ihr ganzes Leben lang suchen.“
Den Kopf leicht schieflegend, lauschte ihr Partner ihren Worten, bekam einen groben Einblick in ihre Überlegungen. Er versuchte nicht einmal zu widersprechen, sah vermutlich keinen Sinn darin. Stattdessen suchte er nach einer Antwort für sich selbst. „Was ist es?“
„Einen Menschen, der mir die Welt schenken würde, wenn ich ihn darum bitte...und...das macht mir schreckliche Angst, weil ich nicht weiß, wie weit ich gehen kann, ohne etwas vollkommen Ungewolltes loszutreten.“
Zum ersten Mal an diesem Tag breitete sich Verblüffen auf seinen Zügen aus. Law hatte sichtlich an etwas anderes gedacht, eine vollkommen andere Antwort erwartet. Eine, die ihm vielleicht schmeicheln würde. Doch Naoe gab ihm einen Einblick in ihre Macht. Das Chaos, das sie wirklich heraufbeschwören konnte. Dass sie dabei recht hatte, konnte sie in seinen weicher werdenden Augen erkennen und es ließ sie hilflos die Mundwinkel nach unten verziehen. Sie liebte seinen Willen und auch die Tatsache, dass er viel zu weit für sie gehen würde. Er wollte beschützen, was man ihm gab. Für ihn ein Sinnbild, dass es vielleicht seine letzte Chance war, einen Menschen, einen Freund, die Liebe fürs Leben zu finden. Natürlich musste er aufpassen, um nicht in ungesehenen Sekunden erneut vor dem Abgrund zu stehen. Das rechnete sie ihm hoch an, doch selbst wusste Naoe nicht wirklich, ob seine Gefühle die feinen Grenzen bemerkten, die Regeln aufstellten. Um es herauszufinden, blieb in diesem Fall nur noch die seichte, unterschwellige Provokation.
„Das muss allerdings auch nicht passieren.“ Sich etwas gegen die Lehne drückend, stellte die Revolutionärin Blickkontakt her, fesselte ihn an diesem Punkt, während es ihr zugleich die Kehle zuschnürte. „Ich könnte dir all das einfach nehmen...dieses Gefühl der Pflicht.“
„Das wirst du jedoch nicht tun.“ Prompt, ohne auch nur eine Sekunde darüber nachgedacht zu haben, kam Trafalgar ihr entgegen. Eine schnelle, einfache Antwort auf ihre Frage. Grenzen gab es für ihn schon lange nicht mehr.

Seufzend fuhr Naoe sich mit den Handflächen durch das Gesicht, hob gleich darauf eine Hand, um den Kellnern zu deuten, dass sie die Rechnung verlangte. Das gemischte Gefühl von Glück und Angst hatte sie bereits vollkommen ausgefüllt, jeden Winkel ihres Körpers erreicht. Sie und Law waren ein Team. Ungleich und zugleich viel zu ähnlich in mancher Hinsicht. Er ergänzte sie bereits in den nötigen Momenten, weil er es konnte, weil er Dinge sah, die sie nicht sehen konnte. Das machte das Voranschreiten einfacher. Sie wusste, dass er ohne genug Hintergedanken niemals handeln würde und sie vertraute auf seinen gesunden Menschenverstand, niemals die Schwelle einer schwerwiegenden Situation zu überschreiten, wenn er keinen idiotensicheren Plan hatte. Sie machte sich einfach zu viele Sorgen.
„Lass uns zurück zum Schiff gehen. Wir haben genug Lagebesprechung gehalten. Der Rest des Tages ist noch lang und lässt sich genießen. Um alles andere...kümmern wir uns noch bei Gelegenheit.“ Das Glas vor der Nase ergreifend und den Inhalt herunterstürzend, stand sie auf und deutete Law, dass sie zur Abwechslung die schweren Themen vom Tisch rücken wollte. Sie hatten beide viel mehr zu erleben, viel mehr zu lieben und es war zu schade, die Zeit mit Ängsten und Hypothesen zu füllen. Es brachte niemanden weiter die Zweifel an eine Wand zu sprühen. Sie mussten viel mehr in die Arme schließen und gutheißen.
Zu ihrem Vorteil schien Trafalgar ihren Willen irgendwo zu teilen. Auch er leerte seine Tasse, griff nach seinem Schwert, das am Tischrand lehnte, und erhob sich. Dieselbe Meinung zu haben konnte durchaus einfach sein.
Mit einem Lächeln auf den Lippen warteten sie darauf, dass einer der Kellner zum Tisch kam. Die Bedienung ließ dabei nicht lange auf sich warten, tauchte in Form eines jungen Mannes auf, dessen freundliche Gesten Naoe für einen Moment ein gutes Gefühl vermittelten. Tiefe, innere Zufriedenheit, gekoppelt mit dem Wissen, dass sie vorangehen konnte. Die Unsicherheiten und die Angst würden sie irgendwann verlassen und das was übrig blieb, war nicht mehr, als ein positiver Schwall vergessener Empfindungen. Allein daran zu denken, ließ sie überschwänglich nach dem Zettel greifen, den man ihr anbot. Die Rechnung, wie sie vermutete, welche durch ihre Allianz beglichen wurde. Dennoch warf sie einen Blick auf das Papier, einzig der Kontrolle zuliebe. Was ihr dabei ins Auge sprang, waren keine Zahlen, sondern kleingeschriebene Worte, die ihrem Herzen einen Sprung stahlen.
Unauffällig reichte sie die Information an Law weiter, sah dabei zu, wie ihre Hände zitterten. Er bemerkte es ebenfalls, starrte sie nur kurz an, ehe er das Gut entgegennahm.
„Ich schätze, wir sollten vermeiden Umwege zu machen.“ Ihre Aussage glich einem Hauch, dem Trafalgar nur ein zustimmendes Nicken schenkte. Gleich darauf setzten sie sich beide in Bewegung, Seite an Seite. Ihre Allianz legte einen eiligen Schritt an den Tag, schien im selben Moment zu der gesamten Situation etwas zu bemerken.
„Sie haben uns bereits gesehen.“

Hastig einen Blick zu ihm werfend, nahm Naoe etwas Abstand, wollte genug Platz wissen, damit sie sich beide im Notfall wehren konnten. Allerdings gab es keinen Weg zur Wehr.
Laute Schüsse ließen sie zusammenzucken, ihr Herz vor Aufregung höher schlagen. Irgendwo zersprang ein Fenster und eilige Fußschritte trampelten hörbar über den Boden. Ein Blick nach hinten, zwei weitere nach rechts und links, wo die Seitenstraßen einen Anfang fanden, verrieten ganz klar, dass man sie bemerkt und ins Visier genommen hatte. Bei der anrollenden Menge an Soldaten, die nur von der Marine sein konnten, blieb ihnen somit nicht mehr, als davonzulaufen. Law sah es genauso, stieß sich ab und rannte los. Naoe tat es ihm gleich, folgte, doch kam nicht wirklich weit, bis man sie zum Abbiegen zwang. Das Schussfeuer erhielt eine feste Rolle, verteilte Kugeln an jeder erdenklichen Stelle, brachte Abstand zwischen beide, den sie nicht überbrücken konnten. Somit bog auch Trafalgar ab, etwas weiter vor ihr, weil ihm keine andere Möglichkeit blieb. Das gemeinsame Ziel war damit die Death. Die Wege dorthin völlig verschieden.
Ihre Füße brachten sie im hastigen Tempo die enge Gasse entlang. Dabei schien sie im ersten Augenblick keiner zu verfolgen und doch konnte sie sich nicht dazu bringen stehenzubleiben. War die Marine mit so vielen Männern anwesend, bedeutete es auch, dass es einen Höhergestellten unter ihnen gab und mit dem wollte man nur Bekanntschaft machen, wenn man sonst nichts Besseres zu tun hatte oder Luffy hieß. Da nichts von beidem auf sie oder ihren Partner zutraf, bedeutete es auch, zu verschwinden. Naoe tat dabei ihr Bestes, sprintete einige Stufen rauf und folgte weiterhin der Enge der Straße. Nebenbei drangen erneute Schüsse an ihre Ohren, die jedoch weiter weg wirkten, als zuvor. Vermutlich hatten sie Trafalgar ins Visier genommen, auch, wenn es nicht wirklich effektiv klang.
Die Aufmerksamkeit ganz auf sich richtend, versuchte die Revolutionärin ihre Atmung zu beherrschen, sich den Sauerstoff einzuteilen, um nicht zu schnell außer Puste zu geraten. Wäre sie etwas weiter vom Geschehen entfernt, würde sie ein Fenster benutzen. Erst wenn der Kugelhagel wirklich weit genug weg war, wäre die Anwendung sicher. Immerhin war es anders, als damals bei Vergo. Bei ihm hatte sie die blinde Konversation ausgenutzt, wissend, dass er sie nicht töten würde. Doch bei fliegenden Projektilen, die ganz klar den Tod brachten, wollte sie das Risiko nur ungern eingehen. Folglich rannte sie ziellos weiter voran, sprang über einen niedrigen Gitterzaun, der sie zu einer weiteren Abzweigung vordringen ließ. Ihre Schritte hallten dabei auf dem steinernen Boden, zwischen den eng aneinanderliegenden Hauswänden, während sie scharf nach Luft rang. Ihr Puls raste, schien unter ihrer Haut zu pochen, was gleichzeitig Arme und Brust betäubte. Ihr Körper handelte aus schlichtem Reflex, floh, ohne dass sie großartig über weitere Schritte nachdenken musste.
Erneut warf sie einen Blick nach hinten, konnte noch immer keinen Verfolger sichten, was ihr Erleichterung brachte – bis sie sich wieder der Front zuwandte. Noch ehe Naoe anzuhalten wusste, rammte man ihr bereits einen Arm vor die Brust, der ihr den Boden unter den Füßen wegriss. Es haute sie an Ort und Stelle um, brachte sie rücklings auf den Grund, wo sie einmal schmerzlich jegliche Luft aus ihren Lungen presste. Hilflos nach Sauerstoff schnappend, spürte sie den dumpfen Schmerz im Rücken und auf ihrem Hinterkopf, mit dem sie zusätzlich aufgeschlagen war. Der Aufprall zehrte an ihrem Bewusstsein, verzerrte die Bilder vor ihren Augen. Keuchend vernahm sie ein Rauschen in den Ohren, dicht gefolgt von einem hellen Fiepen, das sie beinahe taub werden ließ. Es schmerzte, brachte ihren Körper völlig aus dem Gleichgewicht und raubte ihr die Sicherheit des Entkommens.

„Wie es scheint, endet deine Flucht heute.“
Ruhig, viel zu kühl, viel zu bekannt, erreichten sie die Worte eines Mannes. Es erfüllte sie mit Hass, inbrünstiger Abneigung bei dem Gedanken, dass sie tatsächlich in der Falle saß. Trotzdem überkam sie Spott, den sie mit einem verhöhnenden Lächeln zutage brachte. Niemals würde sie es ihm so leicht machen.
„Das dachtest du die letzten Male auch und bist kläglich gescheitert. Wundert mich, dass die Marine dich dreckige Ratte überhaupt wieder an Bord gela-“ Er unterbrach sie mit einem Tritt auf eines ihrer Beine. Seine Wucht war groß und das Gefühl unter der Sohle seines Schuhs zerquetscht zu werden, trieb sie in den Wahnsinn. Fleisch presste sich zusammen, Knochen versuchten standzuhalten und ihr gequältes Jaulen gab ihm eindeutig die Überhand, nach der er gesucht hatte.
Die Augen auf ihn richtend, wütend und von Schmerzen geplagt, war es seine spiegelnde Sonnenbrille, die sie förmlich begrüßte und ihr geschändetes Abbild wiedergab.
„Du scheinst nicht dazuzulernen. Hast du vergessen, dass man seinem Gegenüber Respekt entgegenbringt?“ Den Fuß von ihr nehmend, hielt er die Hände wie üblich hinter dem Rücken gefaltet. In seinen Augen war sie keine Gefahr und dieses Mal hegte er einen anderen Plan. Einfach verschwinden, so wie sie es beim letzten Aufeinandertreffen getan hatte, würde nicht funktionieren.
„Ich kann jemandem wie dir keinen Respekt zollen.“ Knurrend versuchte sie etwas Abstand zu gewinnen, drückte sich vom Boden ab, um sich langsam nach hinten zu schieben. „Wie könnte ich auch?“
„Schwächliche, gesetzlose Brut wie du es bist, wird wohl nie dazulernen.“ In seinem Gesicht regte sich nichts und zu ihrer Verwunderung hing auch nichts an ihm. Makellos, ohne Löffel oder Lebensmittel hatte er es geschafft ihr gegenüberzutreten. Als hätte er diesen Augenblick nur abgewartet und sich dafür hergerichtet, besonders darauf achtend, dass alles perfekt war.
„Schwächlich vielleicht, aber ich habe auch 'Gesetze'. Eines davon ist, dass ich dir ganz bestimmt nicht helfen werde. Wenn du so dringend etwas in deiner Vergangenheit verändern willst, dann nimm dir einen Strick und hänge dich auf. In deinem nächsten Leben bekommst du vielleicht die Chance, deine dummen Fehler aus diesem Leben dort zu vermeiden, Vergo.“
„Das wird nicht nötig sein. Du wirst von ganz allein darum betteln helfen zu dürfen.“
„Als ob ich jema-“ Wieder schnitt er ihr das Wort ab, dieses Mal jedoch mit einem gezielten Tritt ins Gesicht. Hitze wallte unter ihrer Haut auf, breitete sich aus, pochte und schmerzte, während Naoe das Bild vor Augen verlor. Schwärze empfing sie und obwohl sie sich wehrte, verlor sich ihr Bewusstsein in Dunkelheit. Es rutschte ab, fand keinen Weg zurück und ließ sie damit im freien Fall zurück. Den Aufschlag auf den harten Boden bemerkte sie schon nicht mehr und das Leiden rücke so weit in die Ferne, dass es an Präsenz verlor. Einzig die kleine Nachricht auf dem Zettel tauchte noch einmal auf. Man hatte sie gewarnt, allerdings zu spät. Sicherlich hatte Joris es nicht früher kommen sehen, sodass ein generelles Handeln mit Verzögerungen bestickt blieb. So sehr, dass sie die Panik in der Nachricht förmlich riechen konnte.
Man hatte genau gewusst, dass sie zu spät ankommen würde und dennoch hatte man gehofft, dass es anders ausging. So kurz und doch so vergebens.

>> Verschwindet von hier. Geht, solange ihr noch könnt.
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