Ehre, wem Ehre gebührt!
von - Leela -
Kurzbeschreibung
Seit er Daniela aus den Zwängen Joaquins befreit hat, beschäftigt Lito eine Frage, die ihn nicht mehr losläßt. Auch wenn er die Antwort fürchtet, weiß er, daß er sie klären muß, in der Hoffnung, nicht die Achtung vor seinem Freund zu verlieren. [Wichtelgeschenk für Katty Elfans]
KurzgeschichteFreundschaft / P12 / MaleSlash
Daniela Velazquez
Hernando Fuentes
Lito Rodriguez
20.12.2017
20.12.2017
1
2.163
5
20.12.2017
2.163
Dies ist das zweite Wichtelprojekt für Offen für Neues? von Sisi12, und ich möchte die Gelegenheit nicht verpassen, dir dafür noch einmal Danke zu sagen. Bei mir ist dein Prinzip voll aufgegangen: Ich habe ein neues Lieblingsfandom! ^^
Die nachfolgende Geschichte ist mein Wichtelgeschenk für Katty Elfans. Ich wünsche allen viel Spaß dabei! ^^
Liebe Katty Elfans!
Ich habe als dein Ersatzwichtel in Sisis Wichtelprojekt fungiert, und interessanterweise hat ausgerechnet das Ersatzprojekt bei mir genau das bewirkt, was Sisi beabsichtigt hat – denn dadurch habe ich ein neues Lieblingsfandom gefunden, daß ich bis dahin noch gar nicht kannte. Dafür möchte ich dir hier zuerst einmal herzlich danken! <(^^<)
Ich habe die Chance genutzt, und für das Wichtelprojekt eine Frage für mich selbst aufgearbeitet, die mir beim Schauen der Serie gekommen ist. Ich hoffe, es ist etwas geworden, und du magst die Idee dahinter. Eventuell wird es aber auch nicht meine letzte Sense8-Geschichte sein. ^.~
Jetzt jedenfalls wünsche ich dir viel Spaß; ich hoffe, ich habe ein wenig deinen Geschmack getroffen.
Und jetzt, viel Vergnügen, bei:
Vor ein paar Minuten hatte der Regen aufgehört.
Lito stand auf dem Balkon seines Appartements und sah gedankenverloren über die Stadt. Es war ein gutes Gefühl, das richtige getan zu haben. Hernando hatte Recht gehabt – auch wenn es ihm einige Blessuren und Schmerzen eingebracht hatte, so fühlte diese Entscheidung sich doch wesentlich besser an, als Daniela in den Händen ihres Ex-Liebhabers zu wissen. Und dennoch war es das gleiche Thema, das ihn beschäftigte, seit sein Freund und Beziehungspartner ihm die Pistole auf die Brust gesetzt, und bei seiner Ehre gepackt hatte.
Von drinnen drang leise Musik zu ihm herüber. Er machte eine Bewegung hinter sich aus und spürte kurz darauf die Hände seines Freundes auf seinem Rücken, von dort auf seine Vorderseite wandern, und die sanften Liebkosungen in seinem Nacken.
Die sonst so willkommenen Berührungen lösten diesmal keine Reaktion aus, als der Schauspieler weiter in Gedanken versunken über die Stadt schaute.
Aufmerksam ließ Hernando von ihm ab, ohne die Geste ganz zu lösen, aber so, daß er ihn ansehen konnte. „Irgend etwas beschäftigt dich.“
„Mmhm.“ entgegnete Lito bestätigend.
Sein Freund lehnte sich neben ihm auf die Brüstung. „Was ist es?“
Lito ging einen Augenblick in sich, bevor er sagte: „Es sind viele Dinge, die mir gerade durch den Kopf gehen.“ Er wandte sich dem Dunkelhaarigen mit der Brille zu. „Weißt du, du hattest so Recht. Ich… Du hast mir gezeigt, wie… feige, unsicher und – ja, nahezu arrogant ich gewesen bin.“
Hernando schüttelte bereits hier den Kopf. „Nein, nicht arrogant!“ dementierte er. „Unsicher, ja! Feige, ja! Aber nicht arrogant. Du hattest Angst, all das, was du dir aufgebaut hast, könnte in sich zusammenstürzen, das ist aber nicht arrogant.“
„Deine Definition. Sein eigenes Ansehen über das Wohl eines anderen Menschen zu stellen, der ernstlich in Schwierigkeiten ist, das ist in meinen Augen ganz schön arrogant. Ich…“ Lito wich Hernandos Blick aus und atmete durch. „Ich bin wirklich nicht stolz auf das, was ich zu Anfang getan - oder besser, nicht getan - habe. Und ich bin froh, daß du mich auf den richtigen Weg geführt hast – wenngleich ich einige Zeit gebraucht habe, um das zu verstehen.“
Hernando hatte seinem Freund betroffen eine Hand auf den Arm gelegt. „Lito… Du solltest dir deswegen keine Vorwürfe mehr machen. Das ist nicht angebracht. Im Gegenteil! Du hast es verstanden, und du hast rechtzeitig eingegriffen, um die Dinge in Ordnung zu bringen. Nur das zählt. Und das macht mich sehr stolz auf dich.“ Als Lito ihn dankbar ansah, ließ sein Freund ein Lächeln folgen. „Und das kann dich auch sehr stolz auf dich machen.“
Lito nickte. „Das bin ich auch irgendwie.“ Er atmete noch einmal durch und sah nervös an seinem Partner vorbei in den Himmel. „Da ist allerdings noch etwas anderes, worüber ich nachdenke, und worauf ich keine Antwort finde!“
„Erzähl! Du kannst mit mir über alles reden, das weißt du!“ forderte Hernando ihn auf.
Lito suchte noch einen Moment nach den richtigen Worten, bis er Hernando mit einem seltsamen Blick ansah und erklärte: „Du hast mir dir Pistole auf die Brust gesetzt und mir gezeigt, wie dumm ich gewesen bin. Und das bin ich wirklich gewesen, denn Danielas Leben, ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden standen auf dem Spiel. Du weißt ja selbst, wie lange es gedauert hat, bis ich das begriffen habe. Warum… hast du in der Zwischenzeit nicht eingegriffen, um sie zu retten?“
Sein Freund stockte merklich. Der Blick des attraktiven Schauspielers traf ihn bis in die Seele. In seinen Augen lag ein Ausdruck, als hätte er geahnt, daß diese Frage irgendwann kommen würde. Er wich Litos Blick aus, als er darum rang, die richtigen Worte zu finden.
Lito ließ ihm nicht Zeit genug dafür. Innerlich aufgewühlt sah er wieder in den Himmel, wo gerade ein Greifvogel majestätisch und frei seine Kreise durch den heranbrechenden Abend zog. Das Bild erinnerte ihn unwillkürlich wieder an das, was Daniela hatte entbehren müssen, als sie unter Joaquins Hand gestanden hatte: Freiheit. Leise fuhr er in die unwillkürlich eingesetzte Stille fort: „Es ist so viel Zeit vergangen, bis ich begriffen habe, was in meinem Leben falsch läuft. So viel Zeit, in der Daniela unter Joaquin leiden mußte. Und du hast es gewußt, und mich - zu Recht - dafür angeprangert, daß ich sie ihrem Schicksal überlassen habe. Ich hätte erwartet, daß dein erster Weg dich zu ihr führt, um sie da rauszuboxen, wenn es not tut. Aber letzten Endes war ich es, der sie gerettet hat.“
„Lito, ich…“ begann Hernando verzweifelt, brach jedoch im ersten Anlauf hilflos ab.
Lito sah seinen Freund wieder an, mit einer leichten Niedergeschlagenheit in der Miene. „Bitte verstehe mich nicht falsch, ich will dich weder angreifen noch verurteilen; ich will es nur verstehen! Du mußt deine Gründe dafür gehabt haben, und das ist auch in Ordnung, ich komme im Augenblick nur nicht darauf. Du konntest nicht wissen, wie ich auf dein Ultimatum reagieren würde, und es war nicht nur einfach ein simpler Test! Es ging hier um Danielas Gesundheit, und du hast es gewußt! Warum hast du nichts unternommen, um sie da rauszuholen?“
Hernando musterte seinen Freund gedankenvoll. „Es hilft dir vermutlich nicht weiter, wenn ich dir jetzt sage, daß ich dich gut kenne, fast besser als mich selbst, und ich gewußt habe, daß du das richtige tun würdest, nicht wahr?“
Lito schüttelte den Kopf. „Nicht, nachdem so viel Zeit vergangen ist, und nachdem Daniela so viel durchmachen mußte. Du kannst mir nicht erzählen, daß es das wert war.“
Hernando lehnte sich mit dem Rücken locker an die Brüstung. „Okay, dann versuche ich es auch gar nicht erst.“ Er atmete nun seinerseits durch. „Ich erzähle dir jetzt etwas, und ich weiß, es wird dir nicht gefallen. Es ist mir selber unendlich schwer gefallen. Aber um eines muß ich dich vorher bitten. Alles, was du jetzt von mir erfährst, erzähle ich dir im Vertrauen. Das muß unter uns bleiben, okay?“
Lito nickte, verwirrt und gespannt. „Natürlich.“
„Okay. Dann erzähle ich dir jetzt, was in der Zwischenzeit passiert ist. Es ist nicht so, daß ich nicht gehandelt habe. Nachdem ich mit dir fertig war, hat mein Weg mich - wie du gut erkannt hast - direkt zu Daniela geführt. Ich wollte sie da mit allen Mitteln rausholen. Aber sie hat es nicht zugelassen.“
Lito sah erstaunt auf. „Was…?“
„Sie hat alle Versuche, die ich unternommen habe, mit allen Mitteln verhindert, weil sie genau wußte, daß sie zu verlieren Joaquin auf dich ansetzen lassen würde, und er nicht eher ruhen würde, bis er dir alles kaputt gemacht hätte. Genau das wollte sie nicht. Sie wäre lieber in dieser Art Gefangenschaft geblieben, um dir das zu ersparen.“
Lito sah ihn fassungslos an. „Und das hast du ihr durchgehen lassen?“
„Nein…!“ erwiderte Hernando tiefgründig. „Im Gegenteil! Nach meiner Ansprache dir gegenüber war ich sogar in Hochform, ihr das nicht durchgehen zu lassen! – Aber wie soll ich jemanden retten, der seine eigene Rettung boykottiert?“ Nach einem Moment bedeutungsvoller Stille fuhr der Dunkelhaarige fort: „Nicht nur du hast eine Menge gelernt. Auch Daniela hat gemerkt, daß sie Fehler gemacht hat, für die sie geradestehen muß. Und diese Verantwortung wollte sie übernehmen, koste es, was es wolle. Sie hat es sehr ernst genommen, und mir damit meinen Handlungsspielraum verbaut. Glaub‘ mir, das hat für mich die Sache nicht einfacher gemacht. Denn wenn ich eines erkannt habe, dann, daß es nur einen gab, der sie retten konnte: Du!“
Lito sah seinen Freund stumm an. Dann wandte er sich ab und sah über die Stadt. „Dummes Ding!“
„Du hast sie gerettet, sie wollte dich retten!“ kommentierte Hernando.
„Ja, aber wofür? Worum ging es denn bei mir? Mein gutes Ansehen, ha!“ Lito schüttelte den Kopf. „Sie hätte das nicht tun dürfen.“ Er atmete tief durch, um sich zu fassen. „Große Güte. Warum hast du mir das nicht gesagt?“
„Sie hat nicht gewollt, daß du es erfährst. Deswegen habe ich dir nichts gesagt.“ Hernando sah ihn sanft an. „Was hätte es nach deinem Eingreifen noch geändert?“
Lito erwiderte den Blick des Mannes, den er liebte, und der gerade wieder einmal bis tief in seine Seele reichte, in einem Chaos der Gefühle. „Für mich eine ganze Menge! Ich habe mich tagelang mit dem Gedanken getragen, ob es wahr sein kann, daß du von mir eine Heldentat verlangst, die du selbst nicht bereit bist, zu leisten!“ Er war etwas vehementer geworden, als er beabsichtigt hatte, doch er spürte, wie gut es tat, daß er das losgeworden war.
„Das tut mir leid!“ lenkte Hernando gleich ein. „Ich… Du hast Recht, ich hätte es dir gleich sagen sollen.“ Er atmete leicht durch. „Das war nicht gut durchdacht. Ich habe für mich beschlossen, daß ich es dir nur erzähle, wenn du mich direkt darauf ansprichst – denn ich hätte dich nie anlügen können. Ich hätte wissen müssen, daß es dich beschäftigt, und es dir sagen müssen. Das bin ich dir schuldig, keine Geheimnisse zu haben. Ich habe es nur für Dani getan. Sie wußte, daß es dir nicht gefallen würde, deswegen wollte sie nicht, daß du von ihrer Entscheidung weißt.“ Er machte eine kleine Pause, bevor er anfügte: „Ich hoffe aber, daß du mir nicht wirklich zugetraut hast, die Hände in den Schoß zu legen.“
„Nein!“ hauchte Lito. „Das war es ja, was mich so aufgewühlt hat.“ Er atmete tief durch und fiel seinem Freund um den Hals, drückte ihn so fest und stürmisch an sich, daß diesem im ersten Moment der Atem wegblieb, und schloß die Augen. „Ich bin so erleichtert! Gott, bin ich froh!“ Einen Augenblick genoß er die unbeschwerte Nähe. Als er sich wieder gefangen hatte, löste er die Umarmung aber ein Stück und fügte grimmig an: „Aber mit Dani werde ich noch ein ernstes Wort sprechen!“
„Kein Wort zu Dani!“ Hernandos Tonfall war unmißverständlich. „Ich habe dir das im Vertrauen gesagt, weil mir klar ist, daß du das für deinen Seelenfrieden wissen mußtest! Aber ich habe dir das Versprechen abgenommen, daß es unter uns bleibt! Also bitte…“ Er sah seinen Freund sanft an. „Laß sie aus dem Spiel.“
Er sah Lito an, daß er nicht ganz zufrieden damit war, doch schließlich bestätigte er. „Okay.“
„Gut.“ Hernando nickte. Dann lächelte er. „Ich hoffe, du weißt, zu was für einer starken Persönlichkeit sie das, was sie da durchgezogen hat, macht. Dani ist eine Frau mit Charakter! Auch wenn wir beide uns einen anderen Ausgang gewünscht haben, solltest du das besser honorieren als anprangern.“
„Du hast - wie immer - Recht, und ich könnte es vermutlich auch, wenn ich nicht wüßte, wie es ihr in der Zwischenzeit ergangen sein muß.“ brachte Lito in einem Atemzug hervor.
„Es war ihre Entscheidung. Weder du, noch ich konnten etwas daran ändern.“ Hernando lächelte ein wenig bitter. „Ein Gutes hatte es zumindest: Du konntest dich bewähren. Den Erfolg hast du dir verdient, du ganz allein!“
Lito versank in Gedanken und sah Wolfgang vor seinem inneren Auge. Nein, nicht ganz allein! Doch er ließ es unkommentiert und erwiderte nur das Lächeln seines Freundes.
Der sah ihn noch ein bißchen besorgt an. „Alles wieder gut?“
Der unwillkürliche Held nickte. „Alles wieder gut?“
Hernando lächelte tiefgründig. „Darf ich dann da weitermachen, wo ich vorhin begonnen habe…?“
Seine Hände wanderten diesmal von der Vorderseite auf den Rücken seines Partners, und diesmal quittierte Lito die Berührung mit einem Lächeln. Er lehnte sich etwas vor. „Nachher vielleicht!“ stellte er ihm leise in Aussicht.
Hernando verstand ohne Worte, und so wandten sich die beiden Männer zum Eingang, und kehrten zurück in den Wohnbereich, wo Daniela gerade das Essen herrichtete.
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- Folgende Worte in der Geschichte unterzubringen: Regen, Essen, berühren/Berührung, Musik
- Sonstige Anmerkungen: Es sollte ein Tier in der Geschichte vorkommen
Die nachfolgende Geschichte ist mein Wichtelgeschenk für Katty Elfans. Ich wünsche allen viel Spaß dabei! ^^
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.~° Vorwort °~.
Liebe Katty Elfans!
Ich habe als dein Ersatzwichtel in Sisis Wichtelprojekt fungiert, und interessanterweise hat ausgerechnet das Ersatzprojekt bei mir genau das bewirkt, was Sisi beabsichtigt hat – denn dadurch habe ich ein neues Lieblingsfandom gefunden, daß ich bis dahin noch gar nicht kannte. Dafür möchte ich dir hier zuerst einmal herzlich danken! <(^^<)
Ich habe die Chance genutzt, und für das Wichtelprojekt eine Frage für mich selbst aufgearbeitet, die mir beim Schauen der Serie gekommen ist. Ich hoffe, es ist etwas geworden, und du magst die Idee dahinter. Eventuell wird es aber auch nicht meine letzte Sense8-Geschichte sein. ^.~
Jetzt jedenfalls wünsche ich dir viel Spaß; ich hoffe, ich habe ein wenig deinen Geschmack getroffen.
In diesem Sinne wünsche ich dir eine schöne Vorweihnachtszeit,
herzLeeche Grüße,
Leela
herzLeeche Grüße,
Leela
Und jetzt, viel Vergnügen, bei:
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Ehre, wem Ehre gebührt!
Vor ein paar Minuten hatte der Regen aufgehört.
Lito stand auf dem Balkon seines Appartements und sah gedankenverloren über die Stadt. Es war ein gutes Gefühl, das richtige getan zu haben. Hernando hatte Recht gehabt – auch wenn es ihm einige Blessuren und Schmerzen eingebracht hatte, so fühlte diese Entscheidung sich doch wesentlich besser an, als Daniela in den Händen ihres Ex-Liebhabers zu wissen. Und dennoch war es das gleiche Thema, das ihn beschäftigte, seit sein Freund und Beziehungspartner ihm die Pistole auf die Brust gesetzt, und bei seiner Ehre gepackt hatte.
Von drinnen drang leise Musik zu ihm herüber. Er machte eine Bewegung hinter sich aus und spürte kurz darauf die Hände seines Freundes auf seinem Rücken, von dort auf seine Vorderseite wandern, und die sanften Liebkosungen in seinem Nacken.
Die sonst so willkommenen Berührungen lösten diesmal keine Reaktion aus, als der Schauspieler weiter in Gedanken versunken über die Stadt schaute.
Aufmerksam ließ Hernando von ihm ab, ohne die Geste ganz zu lösen, aber so, daß er ihn ansehen konnte. „Irgend etwas beschäftigt dich.“
„Mmhm.“ entgegnete Lito bestätigend.
Sein Freund lehnte sich neben ihm auf die Brüstung. „Was ist es?“
Lito ging einen Augenblick in sich, bevor er sagte: „Es sind viele Dinge, die mir gerade durch den Kopf gehen.“ Er wandte sich dem Dunkelhaarigen mit der Brille zu. „Weißt du, du hattest so Recht. Ich… Du hast mir gezeigt, wie… feige, unsicher und – ja, nahezu arrogant ich gewesen bin.“
Hernando schüttelte bereits hier den Kopf. „Nein, nicht arrogant!“ dementierte er. „Unsicher, ja! Feige, ja! Aber nicht arrogant. Du hattest Angst, all das, was du dir aufgebaut hast, könnte in sich zusammenstürzen, das ist aber nicht arrogant.“
„Deine Definition. Sein eigenes Ansehen über das Wohl eines anderen Menschen zu stellen, der ernstlich in Schwierigkeiten ist, das ist in meinen Augen ganz schön arrogant. Ich…“ Lito wich Hernandos Blick aus und atmete durch. „Ich bin wirklich nicht stolz auf das, was ich zu Anfang getan - oder besser, nicht getan - habe. Und ich bin froh, daß du mich auf den richtigen Weg geführt hast – wenngleich ich einige Zeit gebraucht habe, um das zu verstehen.“
Hernando hatte seinem Freund betroffen eine Hand auf den Arm gelegt. „Lito… Du solltest dir deswegen keine Vorwürfe mehr machen. Das ist nicht angebracht. Im Gegenteil! Du hast es verstanden, und du hast rechtzeitig eingegriffen, um die Dinge in Ordnung zu bringen. Nur das zählt. Und das macht mich sehr stolz auf dich.“ Als Lito ihn dankbar ansah, ließ sein Freund ein Lächeln folgen. „Und das kann dich auch sehr stolz auf dich machen.“
Lito nickte. „Das bin ich auch irgendwie.“ Er atmete noch einmal durch und sah nervös an seinem Partner vorbei in den Himmel. „Da ist allerdings noch etwas anderes, worüber ich nachdenke, und worauf ich keine Antwort finde!“
„Erzähl! Du kannst mit mir über alles reden, das weißt du!“ forderte Hernando ihn auf.
Lito suchte noch einen Moment nach den richtigen Worten, bis er Hernando mit einem seltsamen Blick ansah und erklärte: „Du hast mir dir Pistole auf die Brust gesetzt und mir gezeigt, wie dumm ich gewesen bin. Und das bin ich wirklich gewesen, denn Danielas Leben, ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden standen auf dem Spiel. Du weißt ja selbst, wie lange es gedauert hat, bis ich das begriffen habe. Warum… hast du in der Zwischenzeit nicht eingegriffen, um sie zu retten?“
Sein Freund stockte merklich. Der Blick des attraktiven Schauspielers traf ihn bis in die Seele. In seinen Augen lag ein Ausdruck, als hätte er geahnt, daß diese Frage irgendwann kommen würde. Er wich Litos Blick aus, als er darum rang, die richtigen Worte zu finden.
Lito ließ ihm nicht Zeit genug dafür. Innerlich aufgewühlt sah er wieder in den Himmel, wo gerade ein Greifvogel majestätisch und frei seine Kreise durch den heranbrechenden Abend zog. Das Bild erinnerte ihn unwillkürlich wieder an das, was Daniela hatte entbehren müssen, als sie unter Joaquins Hand gestanden hatte: Freiheit. Leise fuhr er in die unwillkürlich eingesetzte Stille fort: „Es ist so viel Zeit vergangen, bis ich begriffen habe, was in meinem Leben falsch läuft. So viel Zeit, in der Daniela unter Joaquin leiden mußte. Und du hast es gewußt, und mich - zu Recht - dafür angeprangert, daß ich sie ihrem Schicksal überlassen habe. Ich hätte erwartet, daß dein erster Weg dich zu ihr führt, um sie da rauszuboxen, wenn es not tut. Aber letzten Endes war ich es, der sie gerettet hat.“
„Lito, ich…“ begann Hernando verzweifelt, brach jedoch im ersten Anlauf hilflos ab.
Lito sah seinen Freund wieder an, mit einer leichten Niedergeschlagenheit in der Miene. „Bitte verstehe mich nicht falsch, ich will dich weder angreifen noch verurteilen; ich will es nur verstehen! Du mußt deine Gründe dafür gehabt haben, und das ist auch in Ordnung, ich komme im Augenblick nur nicht darauf. Du konntest nicht wissen, wie ich auf dein Ultimatum reagieren würde, und es war nicht nur einfach ein simpler Test! Es ging hier um Danielas Gesundheit, und du hast es gewußt! Warum hast du nichts unternommen, um sie da rauszuholen?“
Hernando musterte seinen Freund gedankenvoll. „Es hilft dir vermutlich nicht weiter, wenn ich dir jetzt sage, daß ich dich gut kenne, fast besser als mich selbst, und ich gewußt habe, daß du das richtige tun würdest, nicht wahr?“
Lito schüttelte den Kopf. „Nicht, nachdem so viel Zeit vergangen ist, und nachdem Daniela so viel durchmachen mußte. Du kannst mir nicht erzählen, daß es das wert war.“
Hernando lehnte sich mit dem Rücken locker an die Brüstung. „Okay, dann versuche ich es auch gar nicht erst.“ Er atmete nun seinerseits durch. „Ich erzähle dir jetzt etwas, und ich weiß, es wird dir nicht gefallen. Es ist mir selber unendlich schwer gefallen. Aber um eines muß ich dich vorher bitten. Alles, was du jetzt von mir erfährst, erzähle ich dir im Vertrauen. Das muß unter uns bleiben, okay?“
Lito nickte, verwirrt und gespannt. „Natürlich.“
„Okay. Dann erzähle ich dir jetzt, was in der Zwischenzeit passiert ist. Es ist nicht so, daß ich nicht gehandelt habe. Nachdem ich mit dir fertig war, hat mein Weg mich - wie du gut erkannt hast - direkt zu Daniela geführt. Ich wollte sie da mit allen Mitteln rausholen. Aber sie hat es nicht zugelassen.“
Lito sah erstaunt auf. „Was…?“
„Sie hat alle Versuche, die ich unternommen habe, mit allen Mitteln verhindert, weil sie genau wußte, daß sie zu verlieren Joaquin auf dich ansetzen lassen würde, und er nicht eher ruhen würde, bis er dir alles kaputt gemacht hätte. Genau das wollte sie nicht. Sie wäre lieber in dieser Art Gefangenschaft geblieben, um dir das zu ersparen.“
Lito sah ihn fassungslos an. „Und das hast du ihr durchgehen lassen?“
„Nein…!“ erwiderte Hernando tiefgründig. „Im Gegenteil! Nach meiner Ansprache dir gegenüber war ich sogar in Hochform, ihr das nicht durchgehen zu lassen! – Aber wie soll ich jemanden retten, der seine eigene Rettung boykottiert?“ Nach einem Moment bedeutungsvoller Stille fuhr der Dunkelhaarige fort: „Nicht nur du hast eine Menge gelernt. Auch Daniela hat gemerkt, daß sie Fehler gemacht hat, für die sie geradestehen muß. Und diese Verantwortung wollte sie übernehmen, koste es, was es wolle. Sie hat es sehr ernst genommen, und mir damit meinen Handlungsspielraum verbaut. Glaub‘ mir, das hat für mich die Sache nicht einfacher gemacht. Denn wenn ich eines erkannt habe, dann, daß es nur einen gab, der sie retten konnte: Du!“
Lito sah seinen Freund stumm an. Dann wandte er sich ab und sah über die Stadt. „Dummes Ding!“
„Du hast sie gerettet, sie wollte dich retten!“ kommentierte Hernando.
„Ja, aber wofür? Worum ging es denn bei mir? Mein gutes Ansehen, ha!“ Lito schüttelte den Kopf. „Sie hätte das nicht tun dürfen.“ Er atmete tief durch, um sich zu fassen. „Große Güte. Warum hast du mir das nicht gesagt?“
„Sie hat nicht gewollt, daß du es erfährst. Deswegen habe ich dir nichts gesagt.“ Hernando sah ihn sanft an. „Was hätte es nach deinem Eingreifen noch geändert?“
Lito erwiderte den Blick des Mannes, den er liebte, und der gerade wieder einmal bis tief in seine Seele reichte, in einem Chaos der Gefühle. „Für mich eine ganze Menge! Ich habe mich tagelang mit dem Gedanken getragen, ob es wahr sein kann, daß du von mir eine Heldentat verlangst, die du selbst nicht bereit bist, zu leisten!“ Er war etwas vehementer geworden, als er beabsichtigt hatte, doch er spürte, wie gut es tat, daß er das losgeworden war.
„Das tut mir leid!“ lenkte Hernando gleich ein. „Ich… Du hast Recht, ich hätte es dir gleich sagen sollen.“ Er atmete leicht durch. „Das war nicht gut durchdacht. Ich habe für mich beschlossen, daß ich es dir nur erzähle, wenn du mich direkt darauf ansprichst – denn ich hätte dich nie anlügen können. Ich hätte wissen müssen, daß es dich beschäftigt, und es dir sagen müssen. Das bin ich dir schuldig, keine Geheimnisse zu haben. Ich habe es nur für Dani getan. Sie wußte, daß es dir nicht gefallen würde, deswegen wollte sie nicht, daß du von ihrer Entscheidung weißt.“ Er machte eine kleine Pause, bevor er anfügte: „Ich hoffe aber, daß du mir nicht wirklich zugetraut hast, die Hände in den Schoß zu legen.“
„Nein!“ hauchte Lito. „Das war es ja, was mich so aufgewühlt hat.“ Er atmete tief durch und fiel seinem Freund um den Hals, drückte ihn so fest und stürmisch an sich, daß diesem im ersten Moment der Atem wegblieb, und schloß die Augen. „Ich bin so erleichtert! Gott, bin ich froh!“ Einen Augenblick genoß er die unbeschwerte Nähe. Als er sich wieder gefangen hatte, löste er die Umarmung aber ein Stück und fügte grimmig an: „Aber mit Dani werde ich noch ein ernstes Wort sprechen!“
„Kein Wort zu Dani!“ Hernandos Tonfall war unmißverständlich. „Ich habe dir das im Vertrauen gesagt, weil mir klar ist, daß du das für deinen Seelenfrieden wissen mußtest! Aber ich habe dir das Versprechen abgenommen, daß es unter uns bleibt! Also bitte…“ Er sah seinen Freund sanft an. „Laß sie aus dem Spiel.“
Er sah Lito an, daß er nicht ganz zufrieden damit war, doch schließlich bestätigte er. „Okay.“
„Gut.“ Hernando nickte. Dann lächelte er. „Ich hoffe, du weißt, zu was für einer starken Persönlichkeit sie das, was sie da durchgezogen hat, macht. Dani ist eine Frau mit Charakter! Auch wenn wir beide uns einen anderen Ausgang gewünscht haben, solltest du das besser honorieren als anprangern.“
„Du hast - wie immer - Recht, und ich könnte es vermutlich auch, wenn ich nicht wüßte, wie es ihr in der Zwischenzeit ergangen sein muß.“ brachte Lito in einem Atemzug hervor.
„Es war ihre Entscheidung. Weder du, noch ich konnten etwas daran ändern.“ Hernando lächelte ein wenig bitter. „Ein Gutes hatte es zumindest: Du konntest dich bewähren. Den Erfolg hast du dir verdient, du ganz allein!“
Lito versank in Gedanken und sah Wolfgang vor seinem inneren Auge. Nein, nicht ganz allein! Doch er ließ es unkommentiert und erwiderte nur das Lächeln seines Freundes.
Der sah ihn noch ein bißchen besorgt an. „Alles wieder gut?“
Der unwillkürliche Held nickte. „Alles wieder gut?“
Hernando lächelte tiefgründig. „Darf ich dann da weitermachen, wo ich vorhin begonnen habe…?“
Seine Hände wanderten diesmal von der Vorderseite auf den Rücken seines Partners, und diesmal quittierte Lito die Berührung mit einem Lächeln. Er lehnte sich etwas vor. „Nachher vielleicht!“ stellte er ihm leise in Aussicht.
Hernando verstand ohne Worte, und so wandten sich die beiden Männer zum Eingang, und kehrten zurück in den Wohnbereich, wo Daniela gerade das Essen herrichtete.
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Anm. zum Projekt:
Vorgaben waren unter anderem:
Vorgaben waren unter anderem:
- Folgende Worte in der Geschichte unterzubringen: Regen, Essen, berühren/Berührung, Musik
- Sonstige Anmerkungen: Es sollte ein Tier in der Geschichte vorkommen