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Maya

von Una Mia
Kurzbeschreibung
GeschichteSchmerz/Trost, Liebesgeschichte / P18 / Het
Aya / Amunet Bayek von Siwa OC (Own Character)
01.12.2017
20.03.2018
35
49.008
18
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Dieses Kapitel
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01.12.2017 1.347
 
Maya lief Aron, ihrem älteren Bruder nach, der gerade zu seinem Freund Bayek, dem Sohn des Bürgermeisters, unterwegs war. Aron sah sie aber als lästiges Anhängsel und wollte sie nicht dabeihaben. Er und Bayek hatten sich verabredet um ihre neuen Bögen ausprobieren. Was sollte seine nervige, neunmalkluge Schwester dabei schon zu schaffen haben? Sie würde höchstens die Tiere verscheuchen. Aron überlegte angestrengt, wie er sie wohl am besten loswerden könnte, als ihnen Bayek gerade eben entgegenkam.
Verflucht... jetzt musste ihm schnell ein passendes Argument einfallen.
Er hatte Maya jedoch unterschätzt, die sofort lächelnd auf Bajek zulief und ihn fragte: „Darf ich mitkommen? Ich weiß auch eine Senke in der Nähe , wo sich seit kurzem Gazellen zur Nachtruhe niederlegen. Eine ganze Herde!“
Aron blieb kurz der Mund offen, woher bei allen Göttern wusste sie das? Da hörte er auch schon Bayek sagen: „Wenn du keine Angst hast und vor allem leise sein kannst, gerne.“
Verdammt! Er wollte noch das Ruder herumreißen und mit der Gefährlichkeit und das kleine Mädchen spätestens bei Dämmerung zu Hause sein sollten, argumentieren, als sie ihm auch hier anscheinend einen Schritt voraus war. Sie drehte sich zu ihm um und verkündete: „Ab* hat nichts dagegen, wenn ich bei euch bin. Ich habe ihn gefragt.“
Gewieftes, kleines Luder!  Bayek hatte anscheinend auch nichts dagegen. Aber er wusste auch nicht, dass seine kleine Schwester ihn am liebsten als ihren Schatz an sah. Sie himmelte ihn geradezu an, seit er sie einmal nach Hause getragen hatte, weil sie zu hoch von einer Mauer sprang, mit dem Fuß umknickte und vor Schmerz nicht einmal mehr stehen konnte. Seit diesem Tag war Bayek ihr Held.
Was wollte die kleine Rotznase von ihm? Wie alt war sie nochmal? Gerade sieben, acht oder doch schon neun? Und  Bayek? War mindestens zwölf und interessierte sich für ein gleichaltriges Mädchen.
Nicht für sie!?
Nun ja, er gab sich geschlagen. Und wenn sie wirklich von den Gazellen wusste, war das mehr als er und sein Kumpel vorhatten, denn sie wollten ein paar Geier in einer nahen Ruine als Zielscheibe benutzen. Eine scheue Gazelle zu schießen, war schon etwas anspruchsvoller.

Während sie die zwei Älteren anführte, war Maya unheimlich stolz auf sich.
Sie hatte heute zwei Jäger belauscht. Nicht absichtlich. Sie kaufte bei einem benachbarten Händler seltene Kräuter und Gewürze, die ihr Vater für Tinkturen und Salben benötigte. Als unweit die Jäger ein Gespräch begannen.
Sie hatte einen guten Lehrmeister in ihrem Ab. Er schärfte ihr stets ein, dass eine gute Beobachtungsgabe für einen Mediziner, einen sunu*, wichtig sei.
Aber Maya beobachtete nicht nur gerne, sie hatte schnell festgestellt, das Erwachsene in Gegenwart von Kindern sehr offen über alles Mögliche sprachen, wenn sie dachten, sie seien anderweitig beschäftigt oder mit Spielen abgelenkt.
Maya wurde von ihrem Vater täglich viele Stunden unterwiesen, obwohl sie noch sehr jung war. Er erkannte, dass sie ein gutes Gespür für Menschen hatte, genau wie die Liebe zu Kräutern und Essenzen. Ihr Ab wollte sie zu einer Ärztin machen und sie wusste um die große Ehre, denn nur wenige Frauen waren ausgebildete sunu.

Bayek ging neben ihr, sie hatte ihn oft beobachtet, zum Beispiel wenn er vorbeikam um Aron zu besuchen. Seit kurzem war das Gesprächsthema der beiden oft "die Neue".
Aya. Sie war zu ihrer Tante Herit nach Siwa gezogen, während ihre gelehrten Eltern in Alexandria blieben.
Sie mochte Aya nicht. In Ihrer Gegenwart verhielten sich die Burschen so anders. Sie waren irgendwie ... angespannt und seltsam.
Jetzt aber ging Bayek ganz locker neben ihr, als habe sie eine beruhigende Wirkung auf ihn.
Dennoch wirkte sein Gang erhaben. Nicht so linkisch wie der ihres Bruders.
Bayek bemerkte, dass sie ihn ansah und lächelte ihr zu. Sofort schoss ihr Röte in die Wangen, wie peinlich! Hoffentlich hatte er es nicht bemerkt. Schnell senkte sie ihren Blick.
Aya wäre das sicher nicht passiert...

Nach einem kurzen Marsch, waren sie in der Nähe der Senke angelangt. Die Sonne warf bereits lange Schatten. Hoffentlich kamen sie nicht zu spät und die Tiere waren schon da.
Es wäre ungleich schwieriger sich lautlos zu nähern, als sich vorher gegen die Windrichtung in den Büschen zu verstecken und zu warten.

Bayek deutete ihnen still zu sein. Er schlich sich an den Rand der Senke, dann winkte er ihnen zu. Offenbar war die Herde noch unterwegs. Das hoffte sie zumindest. Denn die scheuen Gazellen wechselten oft ihren Schlafplatz. Nach dem Bayek die Windrichtung geprüft hatte, suchten sie sich eine geeignete Gruppe von Sträuchern.
Jetzt hieß es ausharren.
Das war langweiliger als sie es sich vorgestellt hatte. Doch sie hatte Bayek versprochen leise zu sein. So hielt sie auch noch eine Weile durch, war dann aber offensichtlich doch eingeschlafen.

Beinahe wäre Bayek zusammengezuckt, als sich jemand an ihn lehnte. Dann bemerkte er, dass Maya eingeschlafen und auf seine Seite gekippt war. Ihr Kopf lag auf seiner Schulter, ihre Lippen waren leicht geöffnet. Mit einem sanften Lächeln setzte er sich so, dass sie es bequemer hatte. Sie war wie eine Schwester für ihn, er mochte sie. Im Gegensatz zu Aron fand er sie überhaupt nicht nervig. Sie war überaus klug für ihr Alter und ... sie roch so gut.
Ganz vorsichtig, um sie nicht zu wecken, ließ er sie, nach dem er sie eine Weile gehalten hatte, seitlich ins Gras sinken. Da bemerkte er die ersten Gazellen die sich näherten. Aron hatte sie auch gesehen, denn er legte bereits einen Pfeil auf die Sehne seines Bogen.
Dann ging alles recht schnell, wie ein jahrelang eingespieltes Team hatten sie sich einen jungen Bock ausgesucht der sehr nah bei ihnen stand. Mit einem kurzen Seitenblick und einem kaum merklichen Kopfnicken schossen sie fast zeitgleich ... und trafen.


          * * * * *

Er erinnerte sich später oft an diesen Tag. Er und Aron waren so stolz und glücklich, gelobt von den Eltern. Nur Maya war etwas ärgerlich gewesen, weil sie alles verschlafen hatte.

Auch wenn ihr Bruder es niemals zugegeben hätte, so hatte Maya doch ihren Anteil zum Erfolg der Jagd beigetragen.
Er nahm sich vor, sich bei ihr dafür zu bedanken.

Aus dem Horn der erlegten Gazelle schnitt er ein Stück heraus, polierte die Ränder und bohrte ein Loch, damit sie es als Anhänger tragen konnte.
Er war gerade zu Maya und Aron unterwegs, als ihm die zwei gesattelten Kamele auffielen, die vor dem Haus standen.
Gerade als er das Haus betreten wollte, kam Maya heraus. Ihr zuerst eher fröhliches Gesicht bekam schlagartig, als sie ihn sah, einen düsteren Ausdruck und eine steile Falte bildete sich zwischen ihren Augen. Zuerst dachte Bayek sie wäre immer noch böse auf ihn, weil er sie nicht geweckt hatte. Doch er hatte falsch gelegen. Sie stand einen Augenblick lang da und sah aus als ob sie mit sich ringen würde, fasste dann aber anscheinend Mut und stürmte auf ihn zu. Sie umarmte ihn herzlich mit den Worten: „Ich gehe mit Ab nach Alexandria um zu lernen. Wir werden eine Weile weg sein und ich werde dich sooo vermissen!“

Maya sollte bei einem befreundeten Arzt in Alexandria weiter unterrichtet werden, während Ihr Vater zu irgend einem bedeutenden Römer gerufen wurde. Ihr Vater war ein angesehener sunu welcher nach Schriftrollen praktizierte und über ein umfassendes Wissen seines Faches verfügte.  Sein Spezialgebiet waren die Augen. Er stellte nicht nur die beste Augenschminke, die das Auge vor bakterieller Entzündung schützt, her, sondern war auch in allen anderen Behandlungen, die oft durch Sandstürme oder Insekten notwendig wurden, berühmt.

Bayek war etwas überrumpelt, wusste nicht recht wie er reagieren sollte. Also drückte er sie ebenfalls und sagte: „Ich werde dich auch vermissen! Wenn du zurückkommst, werde ich hier sein.“
Dann erinnerte er sich an den Anhänger den er gemacht hatte. Anstatt sich zu bedanken, wie er es vorgehabt hatte, sagte er: „Hier, damit du mich nicht vergisst!“

Mit diesem Satz goss er unbeabsichtigt Öl ins Feuer. Er meinte es nett und hatte absolut keine Ahnung, welche Wirkung diese unbedarft ausgesprochenen Worte, bei Maya hatten.


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*Ab - arabisch Papa
*ab der 3. Dynastie gab es Menschen, die man annähernd mit unserer modernen Vorstellung von Ärzten verbinden konnte und die als sunu bezeichnet wurden.
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