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Identität und Verleugnung

Kurzbeschreibung
GeschichteAllgemein / P12 / Gen
22.11.2017
24.02.2020
35
39.715
1
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22.11.2017 1.062
 
„Schnell, Tom! Ein Notruf!“ rief DJ aus dem Funkraum der Zentrale der fliegenden Ärzte in Coopers Crossing. Tom, der Funkbereitschaft hatte, eilte zu ihm.
DJ stellte eine Frequenz ein und erklärte: „Jim Healy hat ihn aufgefangen.“
Es rauschte und knackte, dann hörten sie plötzlich eine weibliche Stimme: „...brauche Hilfe. Hört mich jemand?“
DJ ging auf senden: „Hier ist Victor, Charlie, Charlie! Ich empfange Sie. Was ist passiert?“
„Wir hatten einen Unfall. Wir brauchen Hilfe.“ antwortete eine junge Frauenstimme.
„Sie sind mit der Zentrale der fliegenden Ärzte verbunden. Wie heißen Sie?“ fragte DJ. Tom stand aufmerksam wartend an seiner Seite.
„Kelly Nicolson. Bitte helfen Sie mir!“ hörten sie. Tom gab DJ ein Zeichen.
„Ich verbinde mit Dr. Callaghan.“ erklärte DJ und rückte ein Stück, damit Tom besser an das Mikrofon kam.
„Kelly, ich bin Dr. Tom Callaghan. Was genau ist passiert?“ fragte er.
„Wir hatten einen Autounfall. Mein Vater ist bewusstlos.“ erzählte sie aufgeregt.
„Wo ist der Unfall passiert?“ erkundigte sich Tom.
„Ich weiß es nicht. Ich habe geschlafen.“ lautete die Antwort.
Tom und DJ sahen sich an. „Wohin wollten Sie fahren?“
Sie warteten gespannt auf die Antwort: „Nach Mildura, wir wollten nach Mildura.“
DJ hatte seinen Finger schon auf der ausgebreiteten Karte positioniert.
„Gut, Kelly. Wo und wann seid ihr gestartet?“ fragte Tom.
„Broken Hill, um 9.00 Uhr.“ hörten sie.
Tom sah DJ an. Als dieser nickte, forderte er: „Sag Sam Bescheid.“ Dann wandte er sich wieder dem Funkgerät zu. „Ihr Vater bewusstlos. Hat er sonst sichtbare Verletzungen?“
Angespannt wartete er auf die Antwort.
„Am Kopf, überall ist Blut!“ jammerte sie hysterisch.
„Bleiben Sie ruhig! Was mit Ihnen? Sind Sie auch verletzt?“ fragte Tom weiter.
„Mein Bein ist eingeklemmt und ich habe Kopfschmerzen. Aber mein Vater... was soll ich tun?“ schluchzte sie.
„Bleiben Sie ruhig. Wir machen uns jetzt auf den Weg zu Ihnen!“ beschwor Tom sie. Zu DJ gewandt, meinte er: „Rede mit ihr. Lass sie erzählen. Sobald wir in der Nomad sind, höre ich mit.“
DJ nickte. Tom machte sich auf den Weg und DJ rückte wieder näher ans Funkgerät: „Kelly, mein Name ist DJ. Ich bin hier der Funker. Keine Angst, Hilfe ist unterwegs.“

Tom fuhr zum Flugplatz. Am Hangar stand die Nomad abflugbereit. Sam saß schon im Cockpit und bereitete den Start vor. Kate traf zeitgleich mit Tom ein. Kaum waren sie eingestiegen und saßen auf ihren Plätzen, waren sie schon auf dem Rollfeld. Sam stellte die Funkfrequenz ein, die Tom ihm mitgeteilt hatte, damit sie zuhören konnten.

„Kelly, du klingst noch jung. Wie alt bist du?“ hörten sie DJ fragen.
„16, ich bin 16!“ antwortete Kelly weinerlich.
„Und wo lebt ihr?“ erkundigte sich DJ ruhig weiter.
„In Kathrine. Mein Dad wollte mir das Outback zeigen.“ berichtete sie. Dann wurde ihre Stimme wieder panischer: „Kann ich denn gar nichts für ihn tun? Wann kommt denn endlich jemand?“
DJ wollte sie beruhigen: „Dr. Callaghan ist schon unterwegs, Kelly.“
Tom klinkte sich ein: „Kelly, DJ hat recht. Es dauert nicht mehr lange. Hast du eine Möglichkeit, die Blutung zu stoppen?“
Einen Moment herrschte Stille, bis sie sich wieder meldete: „Ich komme nicht an den Verbandskasten.“
„Kannst du etwas improvisieren? Vielleicht ein Shirt oder ähnliches?“ schlug er vor.
Wieder Stille.
„Ich habe ein Handtuch.“ hörten sie dann.
„Versuch einen Druckverband anzulegen. Weißt du, wie das geht?“ fragte er.
Kellys Antwort kam prompt: „Ja, weiß ich.“

Kate sah Tom zweifelnd an: „Glaubst du, sie schafft es?“
Auch Sam sah ihn fragend an.
„Hauptsache, sie ist beschäftigt und beruhigt sich dadurch.“ antwortete Tom kopfschüttelnd.

Nach einer Weile meldete sich Kelly wieder: „Ich bin fertig. Ich weiß nicht, ob es hält. Ich kam nicht gut dran. Mein Bein tut so weh, wenn ich mich bewege.“
Tom warf Kate und Sam einen Blick zu.
„Gut gemacht. Jetzt ruh dich aus. Versuche dich zu entspannen. Wir sind bald da.“ redete er auf sie ein.

DJ übernahm wieder: „Kannst du mir die Umgebung beschreiben? Was siehst du, wenn du aus dem Fenster schaust?“
Er versuchte Kelly so gut es ging, abzulenken und Zeit zu überbrücken.

Plötzlich schrie sie auf: „Dad bekommt keine Luft mehr! Was soll ich tun?“
Tom schaltete sich sofort ein. „Versuche den Mund zu öffnen und kontrolliere, ob die Zunge in den Hals gerutscht ist. Zieh sie mit zwei Fingern vor!“ befahl er ihr.
Sie warteten angespannt.

„Er atmet wieder.“ meldete sich Kelly schließlich weinerlich zurück.
„Kannst du seinen Kopf halten?“ erkundigte sich Tom.
Kelly antwortete zögerlich: „Hm, ja.“
„Gut, Kelly. Dann halte den Kopf möglichst gerade, damit die Zunge nicht wieder in den Rachen rutscht.“ wies er sie an.
Tom blickte zu Sam: „Wie lange noch?“
Sam warf einen Blick auf ihre Position: „5 Minuten, dann müssen wir nur noch der Straße folgen und sie finden.“
Tom versicherte Kelly, dass es nicht mehr lange dauern würde.

Sie entdeckten den Wagen zum Glück schnell und Tom meldete: „Wir sehen die Unfallstelle. Wir landen auf der Straße.“
Sam legte eine tadellose Landung hin. Kaum standen sie, öffnete sich die Luke. Tom und Kate sprangen hinaus und liefen auf das Auto zu. Der Wagen war von der Straße abgekommen unde es war offensichtlich, dass er sich überschlagen haben musste. Jetzt stand er wieder auf den Rädern, aber die Karosserie war verzogen, rundherum waren Blechschäden zu sehen und das Dach war  eingedrückt.

Tom versuchte die Autotür auf der Fahrerseite zu öffnen. Es gelang ihm nicht. Ebensowenig auf der Beifahrerseite. Als Sam mit der Trage zu ihnen stieß, versuchten sie gemeinsam die Tür aufzustemmen.
Kelly saß innen und war völlig aufgelöst. Sie hielt über die Mittelkonsole hinweg den Kopf ihres Vaters. Sie versuchte dem Geschehen außerhalb des Wagens zu folgen.
Schließlich rief Tom ihr zu, dass sie die Heckscheibe einschlagen würden und sie sich vor den Glassplittern schützen sollte so gut es ging.
Kelly senkte den Kopf tief auf die Brust, hielt aber immer weiter den Kopf ihres Vaters.
Dann schlug Sam mit einem Werkzeug die Heckscheibe ein und entfernte die Splitter von Rand. Sie legten eine Decke über die verstreut im Wagen liegenden Splitter, damit Tom hineinklettern konnte.
Kate reichte ihm den Notfallkoffer hinein, als er auf der Hinterbank kniete.

Tom sprach Kelly an: „Du kannst ihn jetzt loslassen.“
Unbeirrt blieben ihre Hände, wo sie waren.
„Kelly, lass ihn los!“ forderte er und löste mit sanfter Gewalt ihre Hände.
Langsam ließ sie die Hände in ihren Schoß sinken und schluchzte: „Helfen Sie ihm bitte!“
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