Maze Runner- Never give up
von Summergirl22
Kurzbeschreibung
Emma kommt als einziges Mädchen unter 50 Jungs auf die Lichtung. Als wäre die Tatsache nicht schon schlimm genug, auf einer Lichtung umgeben von einem Labyrinth eingeschlossen zu sein, misstrauen einige Jungen ihr auch noch, was dem Zusammenhalt der Lichter schadet. Werden sie es trotzdem schaffen, einen Ausgang zu finden? Und was hat es mit Emmas merkwürdigen Träumen auf sich?
GeschichteAbenteuer, Liebesgeschichte / P16 / Het
Alby
Minho
Newt
OC (Own Character)
09.11.2017
05.06.2022
50
96.060
8
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Dieses Kapitel
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22.05.2020
2.318
Als wir am nächsten Tag ins Labyrinth liefen, war ich sehr unkonzentriert. Wir wollten uns heute das äußerste Ende von Sektor 4 vornehmen, der sich heute über Nacht geöffnet hatte. Doch ich war mit meinen Gedanken woanders. Das blieb auch Minho nicht lange verborgen. „Emma? Wo willst du hin?" Verwundert stoppte ich. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich einen Gang zu früh abgebogen war. Ich schlug mir mit der Hand vor die Stirn. „Oh sorry, eigentlich kenne ich den Weg." Ich drehte mich um und begann wieder zu joggen. Minho schloss zu mir auf.
„Was ist los? Du bist ja gar nicht bei der Sache. So kenne ich dich gar nicht!" Ich seufzte und schaute Minho unglücklich an. „Ich mache mir Sorgen um Newt. Er redet nicht mehr mit mir und zieht sich immer mehr zurück. Ich habe inzwischen das Gefühl, dass es irgendwie an mir liegt. Hast du eine Ahnung, was mit ihm los ist?" Minho schürzte die Lippen und schüttelte den Kopf. „Ich habe ihn in letzter Zeit auch kaum gesprochen. Wir sind den ganzen Tag im Labyrinth unterwegs und Newt ist voll beschäftigt auf der Lichtung und das eben auch häufig dann, wenn wir wieder da sind. Momentan bleibt echt nicht viel Zeit für Freundschaften." Er runzelte die Stirn.
Es stimmte, seit das Labyrinth verrücktspielte und wir überraschenderweise zwei Frischlinge auf einmal bekommen hatten, war nichts mehr wie vorher. Gemütliche Abendessen, bei denen wir herumalberten und lachten, gab es nur noch selten und auch zwischendurch die Momente, in denen man mit seinen Freunden einfach reden und von seinen Erlebnissen erzählen konnte, kamen kaum noch vor. Ich vermisste das alles. Und vor allem vermisste ich Newt!
„Ich werde nachher mal versuchen, mit ihm zu reden. Vielleicht spricht er ja mit mir. Und außerdem kann er vor mir eh nichts geheim halten. Das hat noch nie funktioniert", versprach Minho und legte mir eine Hand auf die Schulter. Dankbar lächelte ich ihn an. Ich war nicht die einzige, die sich um Newt sorgte, was mich etwas beruhigte. Zusammen würden wir Newt hoffentlich helfen können. Ich war froh, mit Minho darüber gesprochen zu haben.
Inzwischen hatten wir den äußersten Ring erreicht. Hier standen die Mauern weniger dicht und waren auch dünner. Darum schien auch die Sonne kräftiger auf uns herunter. Ich versuchte die Gedanken an Newt erstmal zur Seite zu schieben und mich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Neugierig sah ich mich um und strich mit der Hand die Mauer entlang. Im Gegensatz zur Mitte des Labyrinths waren sie hier draußen fast komplett kahl. Nur vereinzelt hingen ein paar Efeuranken herab. Als ich aus Versehen an einer von ihnen hängenblieb und sie somit zur Seite schob, stockte ich. Dort an der Wand stand etwas geschrieben. Die Buchstaben waren schon etwas verblasst, trotzdem konnte man sie noch erkennen.
A – N – G – S – T.
Ein Schauer lief mir über den Rücken. Ich wusste nicht, was dieses Wort hier zu suchen hatte, aber es beunruhigte mich. Andererseits spürte ich auch einen Funken Hoffnung in mir aufkeimen. Es war das erste Mal seit langem, dass wir etwas entdeckt hatten.
„Minho“, rief ich aufgeregt und wank ihn zu mir. „Ich habe etwas entdeckt!“ Sofort kam der Läufer angejoggt und sah mich fragend an. Ich deutete auf die Mauer vor mir. „Schau doch, da steht etwas geschrieben.“ Minho kniff die Augen zusammen. „Angst“, las er leise vor.
„Meinst du, das könnte uns irgendwie weiterbringen? Ist es ein Hinweis?“ Minho schüttelte den Kopf. „Ich habe keine Ahnung. Ich habe dieses Wort noch nie gesehen und wüsste gerade auch nicht, was uns das sagen sollte.“ Resigniert senkte ich den Blick. Warum konnte nicht einmal etwas eindeutig sein?
Minho begann, die Wand rund um die Buchstaben abzutasten. Ich lief währenddessen den Gang ein Stückchen weiter und versuchte, etwas Auffälliges zu entdecken. Ich untersuchte die Mauern, ob noch irgendwo Worte versteckt waren, aber ich wurde nicht fündig. Die Wände waren so glatt wie eh und je. Seufzend machte ich mich wieder auf den Weg zu Minho. Fragend sah ich ihn an, doch er schüttelte den Kopf und beantwortete somit meine Frage, ohne dass ich sie gestellt hatte. „Wäre ja auch zu schön gewesen…“ Ich lehnte mich enttäuscht gegen die Mauer. „Aber das heißt ja nicht, dass es uns nicht trotzdem weiterbringen kann. Wir können uns ja nachher auf der Lichtung mit den anderen Gedanken darüber machen“, sagte Minho. „Jetzt sollten wir uns aber erstmal an den Rückweg machen, es ist schon relativ spät. Und ich weiß ja nicht, wie es bei dir aussieht, aber ich kann auf eine Begegnung mit den Griewern verzichten“, meinte Minho. Ich nickte ergeben. Hier konnte ich sonst nichts Auffälliges entdecken und wir hatten noch eine ganz schöne Strecke vor uns. „Also gut, dann auf geht’s!“
Als wir wieder die Lichtung erreichten, war die Sonne schon fast komplett hinter den Mauern verschwunden. Durch die letzten Sonnenstrahlen warfen die Gebäude lange Schatten auf die Wiesen. Heute waren wir sehr knapp wiedergekommen. Ziemlich kaputt strich ich mir die Haare aus dem Gesicht und überlegte, ob ich erst duschen oder erst was essen sollte.
Doch Minho nahm mir die Entscheidung ab. „Komm, wir müssen noch in den Kartenraum. Ich würde gerne die Stelle festhalten, an der wir die Buchstaben entdeckt haben.“ Ich schlug mir innerlich vor die Stirn. Was war denn zurzeit los mit mir? Ich war doch sonst nicht so kopflos! Über mich selbst den Kopf schüttelnd folgte ich Minho.
Wie jedes Mal, wenn ich hier war, faszinierte mich der Kartenraum. Hier lagerte das Wissen von drei Jahren über das Labyrinth. Sämtliche Abschnitte waren auf Blatt Papier genauestens festgehalten worden und lag nun sorgfältig sortiert in Kartons. Und in der Mitte des Raums befand sich das aus Holz nachgestellte Labyrinth in Miniaturformat. Wobei Miniaturformat nicht ganz zu traf. Auch wenn es nur eine Nachstellung des Labyrinths da draußen war, nahm es die Hälfte des Raumes ein und man musste den Tisch umrunden, um alles überblicken zu können. Ich konnte mir kaum vorstellen, wie lange es gedauert hatte, das ganze nachzubauen. Generell interessierte es mich, wie die Lichter bei ihren ersten Ausflügen ins Labyrinth vorgegangen waren, bis sie die Struktur dahinter erkannt hatten. Ich nahm mir vor, Minho bei passender Gelegenheit danach zu fragen.
Dieser näherte sich eben diesem Tisch und ließ seinen Blick zielstrebig zu dem Bereich wandern, in dem wir heute unterwegs gewesen waren. „Hier haben wir die Buchstaben gefunden, oder Emma?“ Er deutete auf die vorletzte Reihe der Mauern. Ich überlegte kurz und nickte dann. „Ja, sie waren unter einer Efeuranke versteckt.“ Minho schnappte sich einen der rumliegenden Stifte und schrieb an der Stelle in kleiner Schrift: ANGST. Während er schließlich schaute, ob er die bisherige Version des Nachbaus noch aktualisieren konnte, fiel mir die Aufgabe des Tagesberichts zu. Jeden Abend, wenn wir aus dem Labyrinth kamen, notierten wir unsere Beobachtungen mit Datum, auch wenn es nichts neues zu entdecken gegeben hatte. Als ich fertig war, zog ich den Karton mit der Nummer 4 heraus und legte die beschrifteten Zettel obendrauf. „Fertig“, verkündigte ich und wischte mir die klebrigen Finger an meiner Hose ab. Minho erhob sich ebenfalls. „Super, dann lass uns Abendessen gehen. Ich verhungere sonst gleich!“ Ich lachte. „Ich glaube nicht, dass das so schnell geht.“ Doch wie als Antwort begann Minhos Magen in genau diesem Moment laut zu knurren. Ich zog die Augenbrauen hoch und konnte mir ein Kichern nicht verkneifen. „Oder vielleicht bildest du doch eine Ausnahme. Das klingt jedenfalls gefährlich.“ Minho strich sich über den Bauch. „Sagte ich doch! Meinst du etwa, ich übertreibe?“ „Du? Natürlich nicht! Du übertreibst nie.“ Die Ironie in meiner Stimme war unüberhörbar.
Mit unseren gefüllten Tellern schauten Minho und ich uns nach einem Platz um. Da entdeckte ich Newt, der ganz alleine an einem Tisch saß. Zügigen Schrittes ging ich auf ihn zu. Ich war froh, ihn beim Essen zu sehen, dort hatte er in den letzten Tagen nämlich immer mit Abwesenheit geglänzt. „Hey Newt“, sagte ich vorsichtig. Erst da hob er den Kopf und schien uns zu bemerken. Zwei Tische weiter entdeckte ich Alec, der die Hand hob und mir anzeigte, dass wir uns zu ihm setzen konnten. Ich wank zurück, ließ mich aber dann auf der Bank gegenüber Newt nieder. Dessen Blick hatte sich verfinstert und er nickte mit dem Kinn in Richtung irgendwas, das sich hinter mir befand. „Da wartet jemand auf dich. Du kannst ruhig zu ihm gehen, ich brauche kein Mitleid. Ich komme bestens alleine klar!“ Ich runzelte die Stirn. „Ich möchte aber bei dir sitzen“, machte ich ihm klar. Newt schnaubte bloß. „Ja klar, tu doch nicht so. Lass mich einfach in Ruhe!“ Bei seinen letzten Worten war er immer lauter geworden. Ich zuckte erschrocken zurück. Seine Worte taten weh, doch ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen. Minho legte seinem besten Freund die Hand auf die Schulter. „Wow, ganz ruhig Mann. Ich weiß nicht, was du heute erlebt hast, aber Emma und ich wollen dir nur Gesellschaft leisten. Wir machen uns Sorgen um dich!“
Plötzlich erschien auch noch Alec bei uns am Tisch. „Was ist denn hier los? Es ist ja in Ordnung, wenn du schlechte Laune hast, aber deshalb musst du Emma doch nicht so anbrüllen. Sie will dir doch nur helfen“, mischte er sich ein und sah Newt in die Augen. Bei diesen Worten schien Newt endgültig den letzten Rest Selbstbeherrschung zu verlieren. Er sprang auf und schlug mit der Hand auf den Tisch. Vor Schreck ließ Alec sein Glas fallen, das auf der Tischkante aufkam und in tausend Scherben zersprang. „Halt du dich da raus! Du kommst hier neu auf die Lichtung und meinst, dich gleich in alles einmischen zu müssen! Du kannst nicht einfach hier auftauchen und alles an dich reißen. Du bist nichts besonderes, also führ dich auch nicht so auf!“ Er machte einen bedrohlichen Schritt auf Alec zu. Schnell sprang ich von der Bank auf und stellte mich zwischen die beiden Jungs. Ich legte meine Hände auf Newts Schultern und sah ihn eindringlich an. Ich war entsetzt über seinen Ausbruch, aber gleichzeitig auch furchtbar traurig, meinen Freund so zu sehen.
„Newt, was ist los mit dir?“, flüsterte ich mit Tränen in den Augen. „Was los ist?“ Newt trat einen Schritt zurück, sodass meine Hände von seinen Schultern rutschten. „Du fragst mich, was los ist? Meinst du etwa ich bin blind?“ „Wovon sprichst du?“ Meine Stimme klang erstickt. Warum hasste mich Newt so? Er stieß ein trockenes, humorloses Lachen aus. „Tu doch nicht so! Denkst du, ich habe keine Augen im Kopf und bemerke nicht, dass zwischen Alec und dir etwas läuft? Für wie dumm hältst du mich?“ Überrascht sah ich ihn an. Er war eifersüchtig auf Alec? „Newt, ich weiß nicht, wie du darauf kommst, aber das stimmt nicht. Alec und ich sind nur Freunde, nicht mehr!“ „Du brauchst mich nicht anzulügen, das macht es nicht besser. Ich komme damit klar, ich will eurem Glück nicht im Weg stehen!“ Ich konnte den Schmerz und die Wut in Newts Augen erkennen, aber dahinter blitzte auch etwas Hoffnung hervor. Hoffnung, dass meine Worte doch wahr waren. Ich musste dringend mit Newt sprechen, über all das was ihn und mich bewegte. Doch das ging nicht hier, vor allen Anwesenden. Erst jetzt fiel mir auf, dass sämtliche Blicke der Lichter auf uns lagen. Kurz entschlossen nahm ich Newt an der Hand und zog ihn fort von den anderen. Er folgte mir nur widerstrebend, aber immerhin folgte er mir.
Als wir am Waldrand angekommen waren, ließ ich zögernd seine Hand los. Ich hatte ein bisschen Sorge, dass er sich direkt wieder umdrehen und gehen würde. Doch er verschränkte bloß die Arme vor der Brust und sah mich mit zusammengepressten Lippen herausfordernd an. Ich schluckte einmal, bevor ich begann. „Newt, ich weiß nicht, was du gesehen hast, dass dich annehmen lässt, zwischen Alec und mir wäre etwas. Aber ich schwöre dir, dass du unrecht hast! Ich liebe nur dich! Es tut mir leid, dass ich nicht früher darauf gekommen bin, was dich beschäftigt. Ich hätte es merken müssen. Es tut mir so leid, wenn ich dir das Gefühl gegeben habe, dass ich Alec dir vorziehe. Ich wollte nie, dass du dich so fühlen musst! Aber du kannst mir glauben, dass du der Einzige für mich bist! Du brauchst nicht eifersüchtig zu sein, auf niemanden. Weil nämlich keiner an dich herankommt! Du bist der freundlichste, lustigste, loyalste und einfühlsamste Junge, den es gibt! Du weißt gar nicht, wie wichtig du mir bist! Ich liebe dich Newt!“
Während ich gesprochen hatte, hatte ich, ohne es zu bemerken, angefangen zu weinen. Unkontrolliert liefen mir die Tränen über die Wangen, doch ich wischte sie nicht fort. Jedes meiner Worte war wahr gewesen und Newt durfte das sehen. Er trat einen Schritt auf mich zu und sah mich eine Weile lang nur stumm an. Dann zog er mich an sich und küsste mich. Es war ein verzweifelter Kuss, bei dem wir beide weinten. Wir klammerten uns aneinander, als hätten wir Angst, der andere würde sonst verschwinden. Schließlich löste Newt sich von mir, aber nur gerade so weit, dass er mir in die Augen schauen konnte.
„Es tut mir leid, dass ich so ein Idiot war! Ich hätte nie an dir zweifeln dürfen. Ich weiß nicht, was bei mir los war. Aber Alec und du, ihr hattet so viel Spaß zusammen und wirktet so vertraut… Ich hatte einfach Angst, dich zu verlieren! Dabei brauche ich dich doch! Es tut mir leid, dass ich so abweisend zu dir war und so fiese Sachen zu dir gesagt habe! Das war nicht gerecht, du hast dir nur Sorgen um mich gemacht, das weiß ich!“ Ich legte ihm einen Finger auf die Lippen, um ihn am Weitersprechen zu hindern. „Es ist alles okay. Ich bin froh, dass wir darüber gesprochen haben!“
Dann überbrückte ich die paar Zentimeter, die uns trennten, und wir versanken erneut in einem Kuss.
„Was ist los? Du bist ja gar nicht bei der Sache. So kenne ich dich gar nicht!" Ich seufzte und schaute Minho unglücklich an. „Ich mache mir Sorgen um Newt. Er redet nicht mehr mit mir und zieht sich immer mehr zurück. Ich habe inzwischen das Gefühl, dass es irgendwie an mir liegt. Hast du eine Ahnung, was mit ihm los ist?" Minho schürzte die Lippen und schüttelte den Kopf. „Ich habe ihn in letzter Zeit auch kaum gesprochen. Wir sind den ganzen Tag im Labyrinth unterwegs und Newt ist voll beschäftigt auf der Lichtung und das eben auch häufig dann, wenn wir wieder da sind. Momentan bleibt echt nicht viel Zeit für Freundschaften." Er runzelte die Stirn.
Es stimmte, seit das Labyrinth verrücktspielte und wir überraschenderweise zwei Frischlinge auf einmal bekommen hatten, war nichts mehr wie vorher. Gemütliche Abendessen, bei denen wir herumalberten und lachten, gab es nur noch selten und auch zwischendurch die Momente, in denen man mit seinen Freunden einfach reden und von seinen Erlebnissen erzählen konnte, kamen kaum noch vor. Ich vermisste das alles. Und vor allem vermisste ich Newt!
„Ich werde nachher mal versuchen, mit ihm zu reden. Vielleicht spricht er ja mit mir. Und außerdem kann er vor mir eh nichts geheim halten. Das hat noch nie funktioniert", versprach Minho und legte mir eine Hand auf die Schulter. Dankbar lächelte ich ihn an. Ich war nicht die einzige, die sich um Newt sorgte, was mich etwas beruhigte. Zusammen würden wir Newt hoffentlich helfen können. Ich war froh, mit Minho darüber gesprochen zu haben.
Inzwischen hatten wir den äußersten Ring erreicht. Hier standen die Mauern weniger dicht und waren auch dünner. Darum schien auch die Sonne kräftiger auf uns herunter. Ich versuchte die Gedanken an Newt erstmal zur Seite zu schieben und mich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Neugierig sah ich mich um und strich mit der Hand die Mauer entlang. Im Gegensatz zur Mitte des Labyrinths waren sie hier draußen fast komplett kahl. Nur vereinzelt hingen ein paar Efeuranken herab. Als ich aus Versehen an einer von ihnen hängenblieb und sie somit zur Seite schob, stockte ich. Dort an der Wand stand etwas geschrieben. Die Buchstaben waren schon etwas verblasst, trotzdem konnte man sie noch erkennen.
A – N – G – S – T.
Ein Schauer lief mir über den Rücken. Ich wusste nicht, was dieses Wort hier zu suchen hatte, aber es beunruhigte mich. Andererseits spürte ich auch einen Funken Hoffnung in mir aufkeimen. Es war das erste Mal seit langem, dass wir etwas entdeckt hatten.
„Minho“, rief ich aufgeregt und wank ihn zu mir. „Ich habe etwas entdeckt!“ Sofort kam der Läufer angejoggt und sah mich fragend an. Ich deutete auf die Mauer vor mir. „Schau doch, da steht etwas geschrieben.“ Minho kniff die Augen zusammen. „Angst“, las er leise vor.
„Meinst du, das könnte uns irgendwie weiterbringen? Ist es ein Hinweis?“ Minho schüttelte den Kopf. „Ich habe keine Ahnung. Ich habe dieses Wort noch nie gesehen und wüsste gerade auch nicht, was uns das sagen sollte.“ Resigniert senkte ich den Blick. Warum konnte nicht einmal etwas eindeutig sein?
Minho begann, die Wand rund um die Buchstaben abzutasten. Ich lief währenddessen den Gang ein Stückchen weiter und versuchte, etwas Auffälliges zu entdecken. Ich untersuchte die Mauern, ob noch irgendwo Worte versteckt waren, aber ich wurde nicht fündig. Die Wände waren so glatt wie eh und je. Seufzend machte ich mich wieder auf den Weg zu Minho. Fragend sah ich ihn an, doch er schüttelte den Kopf und beantwortete somit meine Frage, ohne dass ich sie gestellt hatte. „Wäre ja auch zu schön gewesen…“ Ich lehnte mich enttäuscht gegen die Mauer. „Aber das heißt ja nicht, dass es uns nicht trotzdem weiterbringen kann. Wir können uns ja nachher auf der Lichtung mit den anderen Gedanken darüber machen“, sagte Minho. „Jetzt sollten wir uns aber erstmal an den Rückweg machen, es ist schon relativ spät. Und ich weiß ja nicht, wie es bei dir aussieht, aber ich kann auf eine Begegnung mit den Griewern verzichten“, meinte Minho. Ich nickte ergeben. Hier konnte ich sonst nichts Auffälliges entdecken und wir hatten noch eine ganz schöne Strecke vor uns. „Also gut, dann auf geht’s!“
Als wir wieder die Lichtung erreichten, war die Sonne schon fast komplett hinter den Mauern verschwunden. Durch die letzten Sonnenstrahlen warfen die Gebäude lange Schatten auf die Wiesen. Heute waren wir sehr knapp wiedergekommen. Ziemlich kaputt strich ich mir die Haare aus dem Gesicht und überlegte, ob ich erst duschen oder erst was essen sollte.
Doch Minho nahm mir die Entscheidung ab. „Komm, wir müssen noch in den Kartenraum. Ich würde gerne die Stelle festhalten, an der wir die Buchstaben entdeckt haben.“ Ich schlug mir innerlich vor die Stirn. Was war denn zurzeit los mit mir? Ich war doch sonst nicht so kopflos! Über mich selbst den Kopf schüttelnd folgte ich Minho.
Wie jedes Mal, wenn ich hier war, faszinierte mich der Kartenraum. Hier lagerte das Wissen von drei Jahren über das Labyrinth. Sämtliche Abschnitte waren auf Blatt Papier genauestens festgehalten worden und lag nun sorgfältig sortiert in Kartons. Und in der Mitte des Raums befand sich das aus Holz nachgestellte Labyrinth in Miniaturformat. Wobei Miniaturformat nicht ganz zu traf. Auch wenn es nur eine Nachstellung des Labyrinths da draußen war, nahm es die Hälfte des Raumes ein und man musste den Tisch umrunden, um alles überblicken zu können. Ich konnte mir kaum vorstellen, wie lange es gedauert hatte, das ganze nachzubauen. Generell interessierte es mich, wie die Lichter bei ihren ersten Ausflügen ins Labyrinth vorgegangen waren, bis sie die Struktur dahinter erkannt hatten. Ich nahm mir vor, Minho bei passender Gelegenheit danach zu fragen.
Dieser näherte sich eben diesem Tisch und ließ seinen Blick zielstrebig zu dem Bereich wandern, in dem wir heute unterwegs gewesen waren. „Hier haben wir die Buchstaben gefunden, oder Emma?“ Er deutete auf die vorletzte Reihe der Mauern. Ich überlegte kurz und nickte dann. „Ja, sie waren unter einer Efeuranke versteckt.“ Minho schnappte sich einen der rumliegenden Stifte und schrieb an der Stelle in kleiner Schrift: ANGST. Während er schließlich schaute, ob er die bisherige Version des Nachbaus noch aktualisieren konnte, fiel mir die Aufgabe des Tagesberichts zu. Jeden Abend, wenn wir aus dem Labyrinth kamen, notierten wir unsere Beobachtungen mit Datum, auch wenn es nichts neues zu entdecken gegeben hatte. Als ich fertig war, zog ich den Karton mit der Nummer 4 heraus und legte die beschrifteten Zettel obendrauf. „Fertig“, verkündigte ich und wischte mir die klebrigen Finger an meiner Hose ab. Minho erhob sich ebenfalls. „Super, dann lass uns Abendessen gehen. Ich verhungere sonst gleich!“ Ich lachte. „Ich glaube nicht, dass das so schnell geht.“ Doch wie als Antwort begann Minhos Magen in genau diesem Moment laut zu knurren. Ich zog die Augenbrauen hoch und konnte mir ein Kichern nicht verkneifen. „Oder vielleicht bildest du doch eine Ausnahme. Das klingt jedenfalls gefährlich.“ Minho strich sich über den Bauch. „Sagte ich doch! Meinst du etwa, ich übertreibe?“ „Du? Natürlich nicht! Du übertreibst nie.“ Die Ironie in meiner Stimme war unüberhörbar.
Mit unseren gefüllten Tellern schauten Minho und ich uns nach einem Platz um. Da entdeckte ich Newt, der ganz alleine an einem Tisch saß. Zügigen Schrittes ging ich auf ihn zu. Ich war froh, ihn beim Essen zu sehen, dort hatte er in den letzten Tagen nämlich immer mit Abwesenheit geglänzt. „Hey Newt“, sagte ich vorsichtig. Erst da hob er den Kopf und schien uns zu bemerken. Zwei Tische weiter entdeckte ich Alec, der die Hand hob und mir anzeigte, dass wir uns zu ihm setzen konnten. Ich wank zurück, ließ mich aber dann auf der Bank gegenüber Newt nieder. Dessen Blick hatte sich verfinstert und er nickte mit dem Kinn in Richtung irgendwas, das sich hinter mir befand. „Da wartet jemand auf dich. Du kannst ruhig zu ihm gehen, ich brauche kein Mitleid. Ich komme bestens alleine klar!“ Ich runzelte die Stirn. „Ich möchte aber bei dir sitzen“, machte ich ihm klar. Newt schnaubte bloß. „Ja klar, tu doch nicht so. Lass mich einfach in Ruhe!“ Bei seinen letzten Worten war er immer lauter geworden. Ich zuckte erschrocken zurück. Seine Worte taten weh, doch ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen. Minho legte seinem besten Freund die Hand auf die Schulter. „Wow, ganz ruhig Mann. Ich weiß nicht, was du heute erlebt hast, aber Emma und ich wollen dir nur Gesellschaft leisten. Wir machen uns Sorgen um dich!“
Plötzlich erschien auch noch Alec bei uns am Tisch. „Was ist denn hier los? Es ist ja in Ordnung, wenn du schlechte Laune hast, aber deshalb musst du Emma doch nicht so anbrüllen. Sie will dir doch nur helfen“, mischte er sich ein und sah Newt in die Augen. Bei diesen Worten schien Newt endgültig den letzten Rest Selbstbeherrschung zu verlieren. Er sprang auf und schlug mit der Hand auf den Tisch. Vor Schreck ließ Alec sein Glas fallen, das auf der Tischkante aufkam und in tausend Scherben zersprang. „Halt du dich da raus! Du kommst hier neu auf die Lichtung und meinst, dich gleich in alles einmischen zu müssen! Du kannst nicht einfach hier auftauchen und alles an dich reißen. Du bist nichts besonderes, also führ dich auch nicht so auf!“ Er machte einen bedrohlichen Schritt auf Alec zu. Schnell sprang ich von der Bank auf und stellte mich zwischen die beiden Jungs. Ich legte meine Hände auf Newts Schultern und sah ihn eindringlich an. Ich war entsetzt über seinen Ausbruch, aber gleichzeitig auch furchtbar traurig, meinen Freund so zu sehen.
„Newt, was ist los mit dir?“, flüsterte ich mit Tränen in den Augen. „Was los ist?“ Newt trat einen Schritt zurück, sodass meine Hände von seinen Schultern rutschten. „Du fragst mich, was los ist? Meinst du etwa ich bin blind?“ „Wovon sprichst du?“ Meine Stimme klang erstickt. Warum hasste mich Newt so? Er stieß ein trockenes, humorloses Lachen aus. „Tu doch nicht so! Denkst du, ich habe keine Augen im Kopf und bemerke nicht, dass zwischen Alec und dir etwas läuft? Für wie dumm hältst du mich?“ Überrascht sah ich ihn an. Er war eifersüchtig auf Alec? „Newt, ich weiß nicht, wie du darauf kommst, aber das stimmt nicht. Alec und ich sind nur Freunde, nicht mehr!“ „Du brauchst mich nicht anzulügen, das macht es nicht besser. Ich komme damit klar, ich will eurem Glück nicht im Weg stehen!“ Ich konnte den Schmerz und die Wut in Newts Augen erkennen, aber dahinter blitzte auch etwas Hoffnung hervor. Hoffnung, dass meine Worte doch wahr waren. Ich musste dringend mit Newt sprechen, über all das was ihn und mich bewegte. Doch das ging nicht hier, vor allen Anwesenden. Erst jetzt fiel mir auf, dass sämtliche Blicke der Lichter auf uns lagen. Kurz entschlossen nahm ich Newt an der Hand und zog ihn fort von den anderen. Er folgte mir nur widerstrebend, aber immerhin folgte er mir.
Als wir am Waldrand angekommen waren, ließ ich zögernd seine Hand los. Ich hatte ein bisschen Sorge, dass er sich direkt wieder umdrehen und gehen würde. Doch er verschränkte bloß die Arme vor der Brust und sah mich mit zusammengepressten Lippen herausfordernd an. Ich schluckte einmal, bevor ich begann. „Newt, ich weiß nicht, was du gesehen hast, dass dich annehmen lässt, zwischen Alec und mir wäre etwas. Aber ich schwöre dir, dass du unrecht hast! Ich liebe nur dich! Es tut mir leid, dass ich nicht früher darauf gekommen bin, was dich beschäftigt. Ich hätte es merken müssen. Es tut mir so leid, wenn ich dir das Gefühl gegeben habe, dass ich Alec dir vorziehe. Ich wollte nie, dass du dich so fühlen musst! Aber du kannst mir glauben, dass du der Einzige für mich bist! Du brauchst nicht eifersüchtig zu sein, auf niemanden. Weil nämlich keiner an dich herankommt! Du bist der freundlichste, lustigste, loyalste und einfühlsamste Junge, den es gibt! Du weißt gar nicht, wie wichtig du mir bist! Ich liebe dich Newt!“
Während ich gesprochen hatte, hatte ich, ohne es zu bemerken, angefangen zu weinen. Unkontrolliert liefen mir die Tränen über die Wangen, doch ich wischte sie nicht fort. Jedes meiner Worte war wahr gewesen und Newt durfte das sehen. Er trat einen Schritt auf mich zu und sah mich eine Weile lang nur stumm an. Dann zog er mich an sich und küsste mich. Es war ein verzweifelter Kuss, bei dem wir beide weinten. Wir klammerten uns aneinander, als hätten wir Angst, der andere würde sonst verschwinden. Schließlich löste Newt sich von mir, aber nur gerade so weit, dass er mir in die Augen schauen konnte.
„Es tut mir leid, dass ich so ein Idiot war! Ich hätte nie an dir zweifeln dürfen. Ich weiß nicht, was bei mir los war. Aber Alec und du, ihr hattet so viel Spaß zusammen und wirktet so vertraut… Ich hatte einfach Angst, dich zu verlieren! Dabei brauche ich dich doch! Es tut mir leid, dass ich so abweisend zu dir war und so fiese Sachen zu dir gesagt habe! Das war nicht gerecht, du hast dir nur Sorgen um mich gemacht, das weiß ich!“ Ich legte ihm einen Finger auf die Lippen, um ihn am Weitersprechen zu hindern. „Es ist alles okay. Ich bin froh, dass wir darüber gesprochen haben!“
Dann überbrückte ich die paar Zentimeter, die uns trennten, und wir versanken erneut in einem Kuss.