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Du hast Plan B verschluckt

von ReScripta
Kurzbeschreibung
GeschichteAllgemein / P6 / Gen
Bohne Bürgermeister John Klapperschlangen Jake Rango
22.08.2017
22.08.2017
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So, hier wieder eine kleine Zwischen-Story mit der Kernfrage „Was-wäre-wenn“ und eine kleine Theorie woraus Rangos „Plan B“ bestanden hätte, der im Film nicht sonderlich erklärt wird. Viel Spaß. ;)
Die Rückblick-Szenen könnt ihr im Film mitverfolgen. ^^ Wichtig ist hier besonders was sich im Hintergrund in der jeweiligen Situation abspielt.



Du hast Plan B verschluckt



Nachdenklich ging Rango die Straße runter. Seit das Wasser wieder in der Stadt war, sind mehrere Wochen vergangen. Jetzt erschien es ihm, als wäre er schon immer Sheriff von diesem kleinen Ort gewesen. Jeder kannte ihn. Jeder grüßte ihn wie einen alten, vertrauten Bekannten, als wäre er nie ein Fremder gewesen. Und trotzdem fühlte er sich die meiste Zeit so fremd wie ein Fisch an Land. Er konnte weder dauerhafte Hitze vertragen, noch lange ohne Wasser auskommen. Aber er passte sich an so gut es ging. Das war von Kindesbeinen an seine größte Stärke seiner Art gewesen. Anpassen.
Er hielt inne, als er die Turmuhr der Stadt 9.00 Uhr abends schlagen hörte. Der Himmel war in ein rötliches Licht getaucht und kündigte die Abenddämmerung an.
Nachdenklich blieb das Chamäleon auf dem Bürgersteig stehen, stemmte die Hände in die Hüften und ließ seine unabhängig beweglichen Augen über die Straße wandern. Die Löcher im Boden, die die Wasserfontänen verursacht hatten, waren so gut wie gar nicht mehr zu sehen. Es waren so gut wie alle Wasserschäden behoben worden. Rangos Augen wanderten zu einem bestimmten bekannten Gebäude. Er verließ seinen Beobachtungsposten und schlenderte mit gemächlichen Schritten zur Bank. Er hätte es selber kaum für möglich gehalten, aber sogar das Bankgebäude sah aus, als habe es nie großen Schaden erlitten, obwohl dort noch vor wenigen Wochen der Innenraum vor lauter Wasser praktisch explodiert war. Die Wände, die Fenster, die Türen waren allesamt neu und frisch renoviert.
In diesem Moment öffnete sich die Tür der Bank und Mister Parsons trat heraus. Beim Rausgehen erblickte das Nagetier den Sheriff.
„Oh, guten Abend, Sheriff Rango.“
Das Chamäleon nickte und winkte zum Gruß mit der Hand. „Guten Abend. Feierabend?“
Mister Parsons seufzte. „Ja, zum Glück. Seit Mister Merrimacks Ableben bin ich jetzt genötigt die ganzen Arbeiten zu verrichten.“
Rango seufzte leise. Der Tod des Bankiers wurmte ihn immer noch etwas. Immerhin war es seine Aufgabe gewesen, die Bank zu überwachen. Obwohl Mister Merrimack selber eine Teilschuld hatte, weil er seine Nase zu tief in die Angelegenheiten des Bürgermeisters gesteckt hatte und dabei mit dem Leben bezahlt hatte.
„Lassen Sie ruhig“, sagte der Sheriff. „Ich schließe ab. Ich wollte eh nochmal einen Kontrollblick ins Bankgebäude werfen.“
„Einen Kontrollblick?“, fragte der Bank-Assistent überrascht. „Wozu denn das?“
„Reine Routine.“
Mister Parsons wollte nicht weiter nachfragen. Er übergab Rango die Schlüssel und entfernte sich.
Rango drückte den Metallgegenstand zwischen seine Finger und betrat das Gebäude.
Wie oft hatte er den Raum schon betreten? In der Vergangenheit ziemlich oft. Das letzte Mal, wo der Bürgermeister ihn und Bohne rein gezwungen hatte. Zusammen mit Bill und seiner Bande und auch Jake wollten sie ihn mit seiner Freundin in diesem Gebäude kalt machen.
Er schauderte bei den Gedanken, wenn die ganze Sache nicht gut ausgegangen wäre.
Mit neutralen, untersuchenden Gesten ging er von einem Fenster zu anderen, um sicher zu gehen, dass niemand diese öffnen konnte. Dabei erblickte er auf den Scheiben der Fenster im Spiegelbild den Tresor. Er drehte sich um.
Auch die schwere Tresortür war wieder repariert.
Schweigend ging er auf das mächtige Versiegelungsschloss zu.
Nie würde er vergessen wie er in diesem Tresor mit Bohne eingesperrt worden war.
Wie er verzweifelt an die Tür gehämmert hatte.
„HILFE! Aufmachen!“
Niemand hatte Mitleid mit ihm gehabt. Nicht einmal Jake, den er nicht erschossen hatte. Er hatte keine Miene verzogen. Was war der Schlange in diesem Moment wohl durch den Kopf gegangen? Ob er sein Verhalten lächerlich empfunden hatte? Dass er wie ein Mann sterben sollte?
Er wusste es nicht. Die Augen der Klapperschlange waren für ihn wie ein Buch mit sieben Siegeln. Es war unmöglich etwas Genaues in ihnen zu lesen.
„Okay, Plan B.“
Plan B?
Natürlich. Plan B war die Kugel gewesen, die er aus seinem Revolver entfernt hatte. Aber stattdessen war es ganz anders gelaufen als geplant.
Ob Jake es bemerkt hatte, dass er die Kugel aus seinem Revolver entfernt hatte?
Rango hatte geahnt, dass der Bürgermeister Jake nach dieser Aktion nicht mehr brauchen würde. Sheriffs und Revolverhelden waren ein Teil des Wilden Westens. Und wenn der Bürgermeister diese Zeit absegnen wollte, dann gab es nur eines.
Sie zu beseitigen.
„Was bauen Sie hier draußen?“
„Die Zukunft, Mister Rango, die Zukunft. Nicht mehr lange und all dies hier ist nichts weiter als ein Mythos. Die Westernstadt, der Sheriff, der Revolverheld. Sie alle haben hier einfach keinen Platz mehr. Wir sind jetzt zivilisiert.“

Was wäre passiert, wenn Bohne die Kugel nicht verschluckt hätte und damit nicht das Tresor-Glas aufgebrochen hätte?
Rango schloss die Augen. Was wäre passiert?
Er erinnerte sich. Als sie eingeschlossen waren, hatte er aus dem Blickwinkel gesehen, dass der Bürgermeister seinen Revolver auf Jake gerichtet hielt. Genauso wie Rango es geahnt hatte. Kaum hatte er das gesehen, hatte er die Kugel aus seiner Hosentasche geholt.
Der Bürgermeister wollte Jake erschießen. Und damit kam ihm Rangos Revolver gerade recht.
Dieser feige Hund, dachte Rango.
Jake hatte seine Munition verbraucht. Er hatte keine Kugeln mehr gehabt mit der er sich hätte verteidigen können. Nur sein Gift wäre noch das Letzte gewesen, was er zur Verteidigung hätte einsetzen können. Aber der Bürgermeister hatte den Augenblick der Sicherheit ausgenutzt und Jake überraschend den Revolver auf ihn gerichtet. In dieser Position hätte sogar Jakes mächtiges Gift nichts genützt. Der Bürgermeister hätte sofort abgedrückt, wenn Jake auch nur eine Bewegung gemacht hätte.
Und dann?
Rango überlegte was dann eigentlich hätte passieren sollen, oder zumindest hatte er es so gehofft.
Der Bürgermeister hätte abgedrückt und… natürlich war das Magazin leer gewesen, weil er die Kugel raus genommen hatte. Eine böse Überraschung für den Bürgermeister.
Rango lächelte leicht. Zu gerne hätte er das Gesicht gesehen, aber er war ja mit Bohne beschäftigt gewesen ihr die Kugel rauszudrücken.
Der Bürgermeister war natürlich sprachlos als sich kein Schuss löste. Wie sollte man auch mit einer leeren Waffe jemanden erschießen können?
Was danach noch passierte wusste Rango nicht. Vermutlich hatte Jake danach gelacht. Zumindest nach dem ersten Schock.
Ab diesen Zeitpunkt war das Glas zersprungen und das Wasser hatte alle aus der Bank geschwemmt.
Rango stoppte seine Gedanken und spulte noch einmal zurück, als Bohne ihn so leidenschaftlich geküsst hatte und er die Kugel im Mund gehabt hatte. Aber wie hätte er diesem Kuss widerstehen können? Sie hatte ihre Lippen einfach auf seine gepresst. Noch nie hatte ihn ein Wesen so mit Liebe geküsst. Noch nicht einmal in seinen kühnsten, romantischsten, erotischsten Träumen. Dieser eine Kuss ließ alles in seinem Körper erlahmen. Er hatte die Augen nach hinten gerollt, als sich sogar ihre Zungen leicht berührt hatten. In diesem Moment war ihm sogar das Ertrinken egal gewesen. Es war wie ein Blackout. Bis sie plötzlich erschrocken die Augen aufriss und abrupt ihren engen Kontakt unterbrach.
„Was war das?“
„Kein Grund zur Panik. Ich glaube du hast nur Plan B verschluckt.“
„WAS!?“

Aber was wäre passiert wenn Bohne die Kugel nicht verschluckt hätte? Was wäre passiert, wenn das Glas nicht zerbrochen wäre?
Rango ging nochmal in Gedanken zurück.
Okay. Die Kugel hätte Jake nicht getroffen, weil er sie hatte. Was danach passiert wäre, wäre normalerweise Plan B gewesen.
Jake hätte den Bürgermeister bestimmt tot gebissen oder brutal zugerichtet, wenn nicht sogar getötet. Vielleicht auch Bill und seine Leute. Aber so wie er Bill kannte wäre dieser nur aus der Bank gerannt.
Wenn Jake dann alle rausgejagt oder getötet hätte, hätte er zum Tresor geblickt. Rango wäre an der Tresortür gewesen und hätte ihn flehendlich angesehen oder vielleicht noch besser die Kugel in seiner Hand gezeigt.
Jake wäre bewusst geworden, dass er es Rango zu verdanken hatte, dass er noch lebte.
Den Respekt hatte er sich ohnehin schon von ihm ersteigert.
Hätte Jake die Tresortür aufgemacht?
Rango öffnete die Augen und sah sich im Raum der Bank um.
Sein Blick wanderte zum Tresor, der geschlossen und repariert an der Wand hing. Schweigend legte er seine Hand auf den schweren Metall-Hebel.
Hätte Jake wirklich die Tresortür geöffnet?
War es Pech oder Glück gewesen, dass Bohne die Kugel verschluckt hatte?
Hätte Jake ihn wirklich befreit?
Seufzend holte er die Kugel aus seiner Hosentasche, die damals die Tresortür aufgebrochen hatte. Diese eine Kugel, die auch Jake so fasziniert hatte.
„Nur eine Kugel. Ich ziehe meinen Hut vor dir. Von Legende zu Legende.“
Nachdenklich verließ das Chamäleon die Bank, ließ seinen Blick auf der Straße ruhen, wo sich alles am Schluss abgespielt hatte. Der Ort wirkte friedlich und erweckte nicht den Eindruck als habe dort ein historisches Ereignis stattgefunden.
Der Himmel trug funkelnde Sterne. Es war ein schöner Anblick in der Wüste wo es weit und breit kaum Licht gab. In der Ferne hörte er die Rufe aus dem Saloon.
Er begann zu frösteln und umarmte sich selber. Ihm wurde langsam kalt. Er marschierte zum Gefängnis, öffnete die Tür zum Sheriffbüro und trat ein.
Schweigend zog er sich die Uniform aus und legte sich ins Bett. Auf dem Nachttisch brannte noch die Öllampe.
Eine Weile starrte er noch an die Decke.
Wäre Plan B wirklich so gelaufen, wenn Bohne die Kugel nicht verschluckt hätte?
Eine Frage, die ihm wahrscheinlich für immer unbeantwortet bleiben wird.
Eine Weile hing er noch seinen Gedanken nach. Dann löschte er das Licht.

- Ende -



So, wie gesagt. Es ist nur eine Theorie… Ich hoffe, es hat euch gefallen. :)
Bis zu einer neuen FF. ~ ReScripta ~
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