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[Mein Revier] Nächtliches Warten

von Liliw11
Kurzbeschreibung
OneshotDrama, Schmerz/Trost / P12 / Gen
Kriminalhauptkommissar Peter Faber Kriminalhauptkommissarin Martina Bönisch
21.08.2017
21.08.2017
1
1.397
1
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2 Reviews
Dieses Kapitel
2 Reviews
 
 
 
21.08.2017 1.397
 
Disclaimer: Alle Charaktere des Dortmunder Tatorts gehören mir nicht und sind geistiges Eigentum ihrer Erfinder. Diese Story dient lediglich zur Unterhaltung, und ich beabsichtige nicht, Geld damit zu verdienen. Jegliche Ähnlichkeiten zu lebenden und toten Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Genre: Gedanken einer Kommissarin. Drama

Raiting: FSK 12 (Düstere Gedanken)

Anmerkung: Seit 2012 hatte ich nun keinen Kontakt mehr zu FanFictions, doch seit ich den Dortmunder Tatort entdeckt habe, kribbelt es mich erstmalig wieder in den Fingern. Bönisch und Faber sind zwei sehr detailliert gezeichnete Charaktere, die es mir angetan haben. Mein heutiger ShortCut basiert auf der zweiten Folge „Mein Revier“ und berücksichtig in keiner Weise das, was in den folgenden Folgen noch passieren wird.
Da das meine erste Story seit langer Zeit ist, werde ich mich zunächst an meine Lieblingsperspektive halten. Diese „Du“-Form ist sehr ungewöhnlich und man braucht vermutlich Zeit sich einzulesen. Ich würde mich freuen, wenn ihr nach der ersten Irritation weiter lest und Martina in ihren Gedanken weiter folgt.


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Du wartest. Worauf? Das weißt du schon lange nicht mehr und dennoch ist zu Warten das einzige, wozu du nachts fähig bist. Vielleicht wartest du auf eine gottgegebene Veränderung, obwohl du nicht an Übersinnliches glaubst. Vielleicht wartest du auf das nächste Treffen mit einem deiner Callboys, obwohl du weißt, dass diese einem spontanem Impuls entspringen. Vielleicht wartest du aber auch einfach nur darauf, dass die Sonne wieder aufgeht und du wie jeden Tag ins Büro fährst.

Bei dem Gedanken an die Arbeit schüttelst du unwillkürlich mit dem Kopf und seufzt müde. Manchmal, immer nur für kurze Sequenzen, überdenkst du, ob es die richtige Entscheidung war den dir angebotenen Job nicht anzunehmen. Aber so wie jeden Abend wird dir auch heute wieder bewusst, dass es die einzige Entscheidung war, die du mit deinem Gewissen vereinbaren kannst. Deine Konzentration liegt viel zu oft auf dem, was dich zuhause erwartet und mit deiner Familie, deinen Kindern, passiert. Doch die Leitung der Mordkommission erfordert hundert Prozent. Du weißt selber, dass auch Faber bei weitem keine hundert Prozent leisten kann. Doch du willst nicht diejenige sein, die versagt. Du kannst das nicht. Deine Kräfte reichen kaum, um das Team zusammenzuhalten und den alltäglichen Streit in den Griff zu bekommen.

Und gerade an Tagen wie heute wird dir klar, dass deine Kraft an manchen Tagen eben auch nicht reicht. Dein Sohn nimmt Drogen. Diese Erkenntnis hämmert dir erneut durch den Kopf, sodass du nur die Augen schließen kannst. Die Frage, wann dir die Erziehung so entglitten ist, quält dich genauso wie die, ob du bereits gänzlich versagt hast. Das Schweregefühl zieht sich durch deinen gesamten Tag, dein gesamtes Leben.  Der Schmerz beschränkt sich aber längst nicht nur auf deinen Kopf, sondern vielmehr auf deinen gesamten Körper, der sich anfühlt als würde er aufgrund seines unmenschlichen Gewichts in der unbequemen Matratze versinken. Du fragst dich, mit welchem Recht du das Gewicht deines Lebens nicht mehr zu tragen vermagst. Deine Gedanken wandern zu Faber und deine Frage hat plötzlich etwas Vernichtendes. Etwas was ganz klar zeigt, dass du wirklich versagst. Er hat jedes Recht zu leiden und mit diesem Gedanken zieht sich Reue durch deine Gefühle. Reue, dafür, dass du heute mehr als einmal zu hart warst.

Du verwirfst den Gedanken bewusst und rappelst dich aus deinem Bett auf. Es gibt nur diesen einen Weg, um deinen letzten Halt zu schützen. Wenn Faber sich nicht in den Griff bekommt, dann bist du nicht sicher, was mit deinem, nein, seinem Team passiert. Ohne, dass es dir bewusst ist, schwankt deine Reue wieder in Wut um. Wut darauf, dass er seine Vergangenheit nicht hinter sich lassen kann? Wut, dass er seine Probleme mit in den Dienst schleppt? Nein, wenn du ehrlich zu dir selbst bist, weißt du, dass es vielmehr die Wut auf dich selber, dass du all dies ebenso tust. Dass seine Schwäche, jeder seiner Ausraster dich an dein eigenes Scheitern erinnert, ist vielleicht einer der Gründe, warum du ihn heute aus der Ausnüchterungszelle geholt hast. Das hat natürlich Daniel wenig gefallen, sodass du dich rechtfertigen musstest. Doch auf seine, eigentlich rein rhetorische Frage, warum du Faber zu helfen versuchst, weißt du keine Antwort. Jedenfalls keine, die sowohl die Krimalhauptkommissarin Bönisch, als auch die Privatperson Martina in dir zufrieden stellen kann. Doch für heute Nacht entscheidest du dich für die Antwort, dass er nun einmal der Leiter der Mordkommission ist und er zur Aufklärung des Mordes existenziell ist.

Und bei all dem, was nicht funktioniert, so harmoniert zumindest das Ermitteln zwischen dir und ihm. Bei dem Gedanken an eure Rollenspiele musst du erschreckt schlucken und lässt dich auf deine Couch fallen. Du erträgst es nicht, schon wieder eine Nacht grübelnd im Bett zu verbringen. Was würdest du jetzt für die wenigen Sekunden geben, in denen du und Faber nicht ihr selbst seid? Zu Beginn war dir dieses Spiel fast unheimlich, denn es fühlte sich unnatürlich an. Doch schon nach wenigen Wochen, in denen Faber nun schon in Dortmund ist, genießt du es. Es ist eine so willkommene und gleichzeitig so nötige Chance dem eigenen Leben zu entkommen. Zu gerne würdest du wissen, ob das Ganze für Faber einen rein professionellen Zweck erfüllte, oder ob auch er die Flucht aus der Realität manchmal genießt.

Du weißt, dass er trinkt. Und dieses Wissen hat dir nicht mal ein müdes Schulterzucken entlockt. Vermutlich, weil es dich nicht überrascht und du ihn verstehst. Der Gedanke lässt dich trocken auflachen, weil dir schlagartig wieder bewusst wird, dass du gar nichts weißt und erst recht nichts verstehst. Du verstehst weder Faber noch deinen Sohn. Nein, im Grunde verstehst du nicht mal dich selbst. Jeden Tag überrascht du dich aufs Neue, wie du es schaffst quasi ohne Schlaf pünktlich im Büro zu stehen und trotz der ständigen privaten Anrufe die Mordermittlung voran zu bringen. Manchmal erschreckst du dich vor deinem eignen Spiegelbild auf der Damentoilette des Präsidiums. Während in dir purer Stress und Verzweiflung toben, weiß dein Spiegelbild das nicht. Die Frisur liegt perfekt und selbst ein Lächeln liegt meist auf deinen Lippen.

Doch an Tagen wie heute, an Tagen an denen dich die Anspannung zerreißt, ist die Grenze zu schmal. Die Grenze zwischen dem perfekten Schein und der harten Realität, die in dir tobt. Heute hat der Versuch die innere Leere mit Sex zu füllen noch weniger funktioniert als sonst. Du führst ein mit Rotwein gefülltes Weinglas an deine Lippen und nippst zunächst daran als würdest du testen wollen, ob der Wein noch gut ist. Denn eigentlich steht das Glas dort seit gestern, seit dem Moment als du auch den Versuch die Leere mit Alkohol zu füllen verworfen hast.

So wie gestern fehlt dir auch heute die Kraft, um konstruktiv an deine Probleme heran zu gehen. Vielleicht ist Morgen der Tag, an dem du dich der Frage stellen kannst, warum dein Sohn Drogen nimmt. Aber vielleicht ist morgen auch nur der Tag, an dem dein Widerstand gegen deine inneren Impulse zusammenbricht. In diesem Moment beneidest du Faber schon fast, dass er sich Schwäche erlauben kann. Dass er seinen Schreibtisch kurz und klein schlagen kann, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, ob der äußere Schein gewahrt bleibt. Den Impuls, die ganze innere Anspannung zu katalysieren und einfach um dich zu schlagen, verstehst du nur zu gut.

Manchmal wünschst du dir jemanden, der dein Leid bemerkt und dir die Kraft gibt aus dem Alltagsteufelskreis auszubrechen. Denn du weißt selber, dass dein Leben an dir vorbeizieht, obwohl deine Probleme im Vergleich so unfassbar klein erscheinen. Vielleicht ist morgen der Tag auf du schon so lange wartest. Der Tag, an dem du ausbrichst aus deinem ach so perfekten Teufelskreis.

…Vielleicht ist morgen aber auch einfach das nächste Kreuz auf dem Kalender. Der nächste Grund, um zu warten.




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Gerade nach so langer "Schreibabstinenz" würde ich mich über Reviews sehr freuen.
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