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Our Fault?

Kurzbeschreibung
GeschichteDrama, Tragödie / P12 / Gen
10.08.2017
10.08.2017
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„Kommst du nicht mit?“
Ich stand da und sah ihn eine Weile an, bevor ich den Kopf schüttelte. Obwohl ich ihn manchmal auf den Tot nicht leiden konnte, fixierten meine blauen Augen ihn um jede noch so kleine Bewegung mitbekommen zu können. Er seufzte schwer und kam einige Schritte auf mich zu. Ehe ich mich versah packte er mich am Arm um mich zur Seite zu ziehen. Ich konnte nicht ein Mal so schnell protestieren, da waren wir schon in einem der vermoderten Zimmer angelangt.
„Ich weiß, wie du darüber denkst. Und ich weiß auch sehr wohl, dass es dir nicht passt... du hältst das alles noch immer für falsch, hab ich recht?“ Wieder beobachtete ich ihn stumm. Er verstand es nicht, weil er nicht verstehen KONNTE. Er war so von Hass zerfressen, dass er es nicht mehr kontrollieren konnte -wie ein rotes Tuch einen Stier reizte, so reizte ihn die Erinnerung an die vergangenen Jahre...
„Und du tust es nach wie vor nicht, stimmt's?“, hörte ich irgendwann meine Stimme wie durch Watte und verschränkte die Arme vor meiner Brust. Mein Gegenüber legte seine leicht mitleidige Miene mir gegenüber ab sodass ich sah, wie sich seine Augen zu schmalen Schlitzen verengten.

„Du hast rein gar nichts kapiert, oder? Du hast die letzten Jahre genau so wie alle anderen um dein überleben gekämpft und verstehst noch immer nicht den Ernst der Lage!“, fauchte er und trat einen Schritt näher an mich heran. Mich störte es jedoch weniger, ich blieb stehen, beachtete es gar nicht weiter... seufzte einfach nur schwer. Ich hatte rein gar nichts kapiert? An der Wahrheit dieser Aussage zweifelte ich stark -ich hätte ihm so gerne so vieles an den Kopf geworfen doch wusste ich auch, dass es ihn nicht erreichen geschweige denn zu ihm durchdringen würde. Dieser Mann war innerlich zerfressen. Er kannte nichts außer Schmerz, Verlust, Angst und wurde nur noch durch seinen Blinden Hass, sowie der lang ersehnte Rache am Leben erhalten!
„Ich kapiere also nichts? Wo genau ist dein Problem? Wir alle haben viel verloren und die Affen haben nichts damit zu tun gehabt...“ Ich hatte es noch nicht ganz ausgesprochen, da fand ich mich schon an der porösen Wand hinter mir wieder. Mit aller ihm zur Verfügung stehenden Macht drückte er mich dagegen und sah mir dabei tief in die Augen.
„Nichts damit zu tun gehabt sagst du? SIE haben das Virus überhaupt erst weiter verbreitet!“, keifte er aus ganzer Seele und ich ließ ihn. Die Mühe, Kraft, Nerven selbst Luft ihn stoppen zu wollen konnte ich mir sparen, immerhin würde es so wie so nichts einbringen. Als er irgendwann wieder lockerer ließ wagte ich, mich weiter mit ihm zu unterhalten. Die Truppen waren bereits abgerückt -das wusste er sicher auch- aber er blieb hier, ging nicht mit und zog es anscheinend vor, mit mir zu reden. Ob er es selber grade brauchte und deswegen seine Rache hinten an stellte?

„Das ist richtig. Aber wer hat das Virus auf die Welt los gelassen?“
Er hob den Blick und sah mich an. Augenblicklich bemerkte ich, wie sich seine Muskeln entspannten. Seine Atmung war flach, seine Augen matt, glanzlos... und er wirkte genauso schlaff, wie sich die meisten Überlebenden hier fühlten -meine Wenigkeit eingeschlossen.
„Wir Menschen werden früher oder später für unseren eigenen Untergang verantwortlich sein, das habe ich schon damals gesagt. Und genau so ist es auch gekommen. Wir Menschen wollten immer mehr und immer schneller. Wir haben uns mit Dingen angelegt, die wir nicht kontrollieren konnten: Das war auch von Anfang an klar. Wir wollten Gott spielen, haben verloren und müssen jetzt damit leben!“ Ich musterte meinen gegenüber. Er ließ nun ganz von mir ab um sich seufzend neben mir an der Wand hinabsinken zu lassen. Nachdenklich tat ich es ihm gleich und wandte ihm den Kopf zu. Er schien nachzudenken oder in seine eigene kleine Gedankenwelt eingetaucht zu sein.

„Dieses Virus hat uns alles genommen: Unsere Freunde, Familien... und jetzt nimmt es uns das, was uns Menschen aus macht: Unsere Sprache und unser höheres Denken!“ Ungläubig sah ich ihn von der Seite her an kam aber nicht umhin, leicht zu grinsen und dabei den Kopf zu schütteln.
„Ist das wirklich das Einzige, was uns Menschen deiner Meinung nach aus macht? Unsere Fähigkeit zu sprechen haben die Affen schon lange angefangen teilweise aufzugreifen... und unser 'Höheres Denken' -wie du es so schön genannt hast- stelle ich schon lange in Frage. Wenn das wirklich die einzigen beiden Faktoren sind, die uns deiner Auffassung nach von ihnen unterscheiden, ist es schon arm sich selber als 'Höhere Spezies' zu bezeichnen!“ Sein Blick klärte wieder auf, sein Kopf schnappte zu mir herum, seine Augen fixierten mich. Ich konnte nicht deuten, was grade in ihm vor ging, doch würde er es mir bald sicher mitteilen.

„Natürlich sind wir die Höhere Spezies -und wir werden diesen Krieg gewinnen, allein schon um dem Spuk ein für alle Mal ein Ende setzen. Diese Biester verdrängen uns sonst vom Planeten!“
Ich konnte nur müde grinsen, die Augen schließen und legte den Kopf in den Nacken.
„Und deswegen müssen wir SIE als erstes ausrotten und verdrängen, hm?“
Ich musste meine Seelenspiegel nicht öffnen um zu sehen, dass er über meine Worte nachdachte. //Warum muss der Mensch immer alles zuerst ausrotten... hat er so eine Angst selber ausgelöscht und von seiner Machtposition enterbt zu werden?// Doch ich konnte mir meinen Gedanken ganz einfach selber beantworten: Ja. Der Mensch befand sich an der höchsten Stelle der Macht. Und so lange ihm Waffen und Munition zur Verfügung standen, würde er bis zum bitteren Ende gegen die Affen vorgehen... die Humanoide Spezies hatte es schon immer vorgezogen, ihre Probleme mit Waffengewalt anstelle logischen Denkens beiseite zu schaffen. Abknallen und ausrotten: DAS konnten wir schon immer gut.

„Wenn wir es nicht tun, werden wir bald ausgestorben sein...“ Die Tiefe Stimme holte mich zurück in die Wirklichkeit und ich überlegte, während ich mich wieder richtig hinsetzte um ihn ansehen zu können. Seit das Virus ausgebrochen war hatte Collin sich viel um mich gekümmert. Nachdem es uns wortwörtlich zum schweigen brachte und sich seine Tochter sowie seine Frau ebenfalls infiziert hatten, wurde ihm die Wahl gelassen: Er sollte sie töten, oder der Hauptmann hätte es getan. Der Mensch -die Übermacht in Person- fühlte sich so in seiner Existenz bedroht, dass die Zweifel zusammen mit der Menschlichkeit verschwanden, um der Skrupellosigkeit Platz zu machen...
„Jede Rasse findet irgendwann ihr Ende -nur haben wir unseres selber zu verantworten. Wir sind Rücksichtslos mit der Erde umgegangen und die Natur hat sich Stück für Stück die letzten 15 Jahre alles wieder zurück geholt, was wir ihr einst genommen haben. Caesar hat diesen krieg nicht begonnen und war an einer friedlichen Koexistenz interessiert. Er wollte nur die Affen sowie seine Familie schützen, was ich verstehen kann. Coba hat den Anfang von allem eingeleitet, ist längst tot und doch verfolgt er uns alle: Während Caesar unsere Überlebenden jedoch zurück geschickt hat um uns ein Zeichen des Friedens zu setzen, schlachten wir weiterhin seine Freunde ab und versuchen auf Teufel komm raus sie auszurotten -aus Angst, selber auszusterben. Auch vor unseresgleichen machen wir keinen Halt... ist das nicht krank?“

„Nein, es ist der natürliche Überlebensinstinkt“, murmelte er und entlockte mir damit ein heiseres lachen. Das war wieder so typisch. Die Arroganz des Menschen kennt selbst im Angesicht des nahenden Todes kein Ende.
„'Affe nicht tötet Affe'...'Affen gemeinsam stark'... macht es klick? Caesars Worte: Die Worte eines 'dummen' Affen. Sie sind in der Lage, ein friedliches Miteinander zu führen also warum wir als höher entwickelte Spezies nicht? Mensch tötet Mensch noch dazu heißt es bei uns, jeder gegen jeden -nicht alle für einen und das Wort 'gemeinsam' scheinen wir damals so wenig gekannt wie bis heute gelernt zu haben“ Langsam erhob ich mich um das Zimmer zu verlassen. Mein Freund tat es mir anscheinend gleich, denn ich vernahm seine schweren Schritte auf dem mitgenommenen, rampunierten Betonboden unter uns.
„Ich versuche, den Hauptmann zu erreichen und einzuholen“, brummte er. Ich wandte mich um.
„Der Hauptmann ist tot. Er hat sich infiziert und Selbstmord begangen... Caesar sollte ihn umbringen doch er konnte es nicht, also hat er es selbst in die Hand genommen. Anders herum hätte er keine Sekunde gewartet den Anführer der Affen los zu werden -dein größter Feind hat also weit mehr erbarmen und Herz, als dein eigener Anführer es hatte!“ //Ein Affe der Menschlicher ist als jeder Mensch...//, dachte ich augenblicklich und hatte die Türe nun erreicht, warf aber einen Blick über meine Schulter. Collin stand wie angewurzelt da und sah mich an.
„Ich bin zwar nicht wie er...“, sagte er bestimmt, fixierte mich aber auch weiterhin genau mit seinen dunkelbraunen Augen „Aber die Affen müssen bezahlen. Bezahlen für das, was sie uns angetan und genommen haben!“ Ich kicherte leise und seufzte.
„Was haben sie uns denn angetan? Sie wollten von Anfang an nur überleben... und stimmt, du bist nicht wie der Größenwahnsinnige: Aber JETZT hörst du dich wie er an! Tu, was du für richtig hältst, ich werde dich nicht mehr belehren oder aufhalten -du kennst meine Meinung und ich werde sie dir nicht noch länger vorkauen. Wenn du da raus gehst und auf deine persönlichen Feinde schießt, denke bitte an folgendes: SIE versuchen nur, sich zu schützen und haben sie nie freiwillig für diesen Krieg entschieden. Er wurde ihnen von Anfang an von uns aufgezwungen, weil wir als Menschen unsere arrogante Nase immer über allem haben müssen...“

Damit trat ich ganz aus dem Zimmer und suchte mir ein Versteck. Es würde nicht mehr lange dauern, bis auch mich der Untergang einholen würde... aber bis dahin wollte ich vor ihm fliehen und auf das Gute hoffen.

Falls es das überhaupt noch gab.
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