Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast 

Die Heldenfahrt

Kurzbeschreibung
GeschichteAllgemein / P12 / Gen
07.08.2017
28.04.2020
48
321.732
4
Alle Kapitel
10 Reviews
Dieses Kapitel
1 Review
 
 
07.08.2017 1.191
 
Alexander Kaiser: Der Sage erster Vers

Es schien ein sonniger Tag zu werden auf dem Weg des jungen Kriegers, warm aber mild, wobei die Kühle des Waldes, durch den er ritt, für weitere Labsal sorgte. Doch es sollte ein blutiger Tag werden, denn plötzlich drang ein Schrei an seine Ohren, so unmenschlich, wie ihn nur eine arme Seele von sich gab, wenn der Todesgott sie zu sich nahm. Arlic gab seinem Reittier die Sporen. Was immer dort geschah, von wo der Schrei herübergeweht war, es konnte sein, dass sein Arm gebraucht wurde. Und wirklich, als er aus dem Unterholz hervor auf den breiten Waldweg hinaus brach, da sah er die Gräuel. Wie viele Wagen gehörten dem Tross an, der von gut zwanzig Bewaffneten verteidigt wurde? Arlic wusste es nicht. Wohl aber wusste er um die Räuberbande, die jene Reisenden bedrängte und schon mehrere zu Tode gebracht hatte. Ohne zu zögern riss der junge Kämpe den Langbogen von der Schulter und ließ sirrend einen Pfeil von der Sehne, der sein Ziel im rechten Auge eines Wegelagerers fand. Den zweiten jagte er einem finsteren Gesellen in den Rücken, da war er auch schon heran und preschte durch die Reihen der Kämpfenden. Einen, der ihn bedrängen wollte, ließ Arlic seinen Absatz kosten, einem anderen nahm er das Leben mit einem weiteren Pfeil, der dem Unglücklichen durch den Hals fuhr. Arlic zog sein Schwert, eine rasiermesserscharfe einschneidige Klinge, die so schwarz mattiert war, dass man sie bei Arlics Volk nur Seelenräuber nannte, und riss sein Pferd herum, zurück in das dichteste Getümmel. Überall, wo sein Schwert niederfuhr, ging die Saat des Todes auf, und schnell, sehr schnell begannen die Wegelagerer, ihn zu fürchten. Der einzige zu sein, der vom hohen Pferde focht, war gewiss von Vorteil für Arlic, doch nicht der einzige. So waren es nur noch wenige Hiebe seiner furchtbaren Klinge, und der Rest der Diebesbande floh zurück ins Unterholz. Das Gemetzel hatte ein Ende gefunden …

„Du bist ein Elf, Fremder?“ hatte ihn einer der Überlebenden gefragt. Arlic lächelte und sagte: „Etwas Albenblut pocht auch in meinen Adern, gewiss. Doch ist dies wichtiger als die vielen Verwundeten, die es zu versorgen gilt? Ihr habt schwer gelitten, wie ich sehe!“ Sein Gegenüber, ein auch noch junger Mann, der zweifellos ganz und gar ein Mensch zu sein schien, nickte und wandte sich dem nächsten Versehrten zu.
„Verzeih die Frage, Fremder, wo doch mein erster Gedanke dem Dank gelten sollte. Ich dachte nur, der Ohren wegen, die mir spitz zu sein scheinen. Obwohl ich von keinem Elben gehört habe, der es an Kräften mit Ogern aufnehmen könnte!“ „Du brauchst mich nicht Fremder zu rufen“, sagte der Krieger und richtete einen weiteren Versehrten auf, so dass seine Wunde nicht so sehr am Atmen hinderte. „Mein Name ist Arlic. Der Clan der Zan hat mich ziehen lassen, damit ich die Wesen außerhalb meiner Heimat, der Hafnirberge zu verstehen lerne.“ „Arlic! Arlic Zan also!“ „Nun, in der Fremde ist es mir erlaubt, mich mit dem Namen meines Clans zu schmücken. Wenn du magst, nenne mich so!“ „Das werde ich, Arlic Zan! Mein Name ist Taron von der Rabenfeste. Ich bin der Sohn des Herzogs zur Rabenfeste. Wir ziehen dorthin zurück, nach Nordost die alte Waldstraße entlang, um die Hallen der Feste mit den Gütern der Städte der Küste zu füllen. Arlic Zan, ich bin dir zu Dank verpflichtet. Verzeih, wenn ich vertraulich werde, aber dies gilt in unseren Wäldern als Zeichen von Dank und Vertrauen. Magst du mit uns zur Feste kommen? Das Sommerfest steht bevor, und sicher wird mein Vater dir danken wollen. Du und dein Schwert habt vielen meiner Männer das Leben bewahrt.“ „Zwar führte mich mein Weg bisher gen Westen, doch zog ich ohne festes Ziel quer durch die Wälder ... Ich komme mit euch!“ In den Augen des jungen Kriegers loderte die Freude. „Wundervoll! Ich, ich werde einen Läufer senden, der Vater vom Überfall kündet, und von deiner Tapferkeit, Arlic Zan!“ Der junge Taron lief davon, in solch einer Hast, dass Arlic nun erst bemerkte, wie jung der Krieger im Lederharnisch wirklich erst war. Nun, noch ein, zwei dieser Schlachten, und er würde entweder mürrisch oder verbittert werden. Einer der Soldaten, ein alter Truppführer mit ergrauten Schläfen trat zu ihm. „Ich grüße Euch, Sohn der Berge. Ich bin Zoltran. Vergebt dem jungen Prinz. Er ist noch sehr jung und ungestüm. Aber er hat Recht. Ihr habt den Wagenzug gerettet, und wer weiß, wie viele meiner Männer obendrein. So weit nördlich im Herzogtum Carolinsland hatten wir keine Räuberbande in dieser Zahl erwartet. Aber sagt, Herr, ist dies Schwert eine jener Klingen, die man außerhalb Hafnirs fürchtet und innerhalb Seelenräuber nennt?“ Arlic senkte kurz das Haupt zur Bestätigung und zog die Klinge. „Man sagt, dass dies Schwert die Seelen derer, in die es fährt, raubt, wenn deren Seelen matt und schwarz wie diese Klinge sind. Und je mehr Seelen es verschlingt, desto matter und undurchdringlicher wird das Schwarz der Klinge.  Dies Schwert ist der letzte Hort, den diese Seelen haben, bevor sich die Hölle auftut und sie verschlingt. Drum setzen diese all ihre Kraft ein, es nicht zerspringen zu lassen. Meine Familie führt dieses Schwert nun seit sieben Generationen, und nicht einmal ist es geschärft worden, dabei hat es mehr Schlachten gesehen, als es für eines Kriegers Leben reicht.“ Der alte Soldat schüttelte sich. „Das zweite Mal in meinem Leben sehe ich solch eine Klinge, und immer noch ist es, als zehre der Anblick an mir. Welch fürchterliche Waffe!“ Lautlos glitt die Klinge in die Scheide zurück. „Wir schweifen ab, guter Mann! Wie groß sind die Verluste?“ „Drei von dreißig sind tot! Sieben sind verwundet, einer von ihnen so schwer, dass er stirbt, erreicht er nicht bald in einem der Wagen die Burg. Der Rest ist hie und da blessiert, doch zum Kampf bereit.“ „Dann lass uns aufbrechen. Und führe mich zum Schwerverwundeten!“

Der Soldat war blass wie der Tod. Ein stark blutender Verband lag auf seiner linken Brust, knapp am Herzen. Die Augen, himmelblau, sahen unstet umher, so voller Angst waren sie … „Ein Schwertstreich“, flüsterte der alte Soldat. „Brach ihm die Rippe und riss die Lunge auf. Sie füllt sich nun mit Blut. Nur der Hofmagier kann ihn nun noch retten ...!“ Arlic Zan betrachtete den jungen Soldaten eine Weile. Ihr Götter! dachte er, Jünger noch als Taron ist der Knabe. Mit einem Ruck entriss Arlic den Verband dem Griff erstarrenden Blutes. Neues, warmes Blut schoss nach. Der Krieger vergrub die Linke in der Wunde, der Knabe stöhnte voller Angst und Schmerz zugleich. Mit der Rechten zog Arlic ein Amulett unter seinem Hemd hervor. Kurz sah man die Gestalt eines Drachen, sodann verschwand es in einem Ball aus Licht. Alsbald wurde der ganze Wagen in gleißende Helligkeit getaucht. Nur einen Herzschlag darauf erlosch es wieder, und das Amulett schien fort. „Die Wunde!“, rief der Kämpe mit den ergrauenden Haupthaaren verblüfft. „Sie blutet nicht mehr!“ „Und bald schon kann sie sich schließen, wenn ein erfahrener Mediker Hand anlegt. Verlassen wir den Wagen nun. Das DRACOON hat ihn vollends geschwächt.“

Schon bald rollten die Wagen wieder voran, und mit ihnen war Arlic Zan, der Krieger aus den Bergen Hafnirs.
Review schreiben
 
 Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast