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Infection

Kurzbeschreibung
GeschichteAbenteuer, Übernatürlich / P16 / MaleSlash
OC (Own Character) Zoey
08.07.2017
24.08.2017
7
28.774
3
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Dieses Kapitel
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08.07.2017 3.464
 
Das Geräusch eines lauten Donnergrollen riss Zoey unsanft aus dem Schlaf.
Verwirrt blickte sie sich in dem halbdunklen Raum um. Sie war allein.
Fröstelnd öffnete sie ihren Schlafsack und stand auf um das nahe Fenster zu schließen. Seufzend ließ sie sich danach wieder in ihren Schlafsack sinken. Sie griff in ihre nahe Tasche und zog ein Foto von ihr und Jolene hervor.
Traurig betrachtete sie das Bild.
Durch ihren Traum hatte sie für einen Moment das Gefühl, als sei alles wie früher gewesen. Oder war es mehr eine Erinnerung? Zu gern erinnerte sie sich an die Nacht mit Jolene zurück. Auch wenn sie damals ziemlich betrunken gewesen war, erinnerte Zoey sich gut an diese Nacht sowie an den darauf folgenden Morgen.
Jolene war so nervös und voller Angst gewesen. Hundert Mal hatte sie sich bei Zoey für ihr Verhalten entschuldigt, bis Zoey sie schließlich zum Schweigen gebracht hatte, indem sie ihre Lippen auf denen von Jolene platziert hatte. Seit diesem Morgen war sie mit Jolene zusammen. Das war jetzt knapp zwei Jahre her. Und dann war es passiert.

Die Apokalypse oder auch Gottes Zorn, wie einige es nannten. Zoey schwelgte in Erinnerungen und dachte an früher. Dabei war früher gerade einmal zweieinhalb Wochen her. Vor genau zwei Wochen und vier Tagen hatte sie Jolene das letzte Mal gesehen.
Sie in den Armen gehalten. Jolene war mit ihrer Mannschaft zu einem wichtigen Play-Off gefahren. Die Frost-Bulls spielten in einer hohen Liga und Jolene war mittlerweile nicht nur die Starspielerin der Mannschaft, sondern auch deren Captain.
Zoey hätte sie gern begleitet, wie immer eigentlich, doch sie hatte wichtige Prüfungen an der Universität nachzuholen, da sie krank gewesen war.
Von dem Play-Off sollte Jolene jedoch nie zurück kehren. Denn vor genau einer Woche und fünf Tagen war der sogenannte Tag des Ausbruchs gewesen und das Flugzeug mit ihrer Mannschaft war etwa hundert Meilen von Bosten entfernt abgestürzt.
Ob es dabei Überlebende gab, hatte Zoey nicht in Erfahrung bringen können, da die Nachrichten nur noch von einer Schlagzeile überschwemmt werden waren: Zombies.

Menschen, die durch eine Infektion zu wandelnden Untoten wurden, die sich in alles verbissen, was aus lebendigem Fleisch und Blut bestand. Keiner kannte den Ursprung der Infektion, doch sie hatte sich innerhalb kürzester Zeit über der gesamten Welt ausgebreitet. Wie die meisten Menschen hatte Zoey sich zuerst an die Anweisungen der Behörden gehalten und war zuhause in dem Wohnheim der Universität geblieben.
Dort hatte sie sich zusammen mit ein paar Freunden verschanzt. Offenbar keine sehr gute Idee, denn auf dem Campus waren viele Leute und somit auch eine große Chance einer Infektion.
Sie hatte den Campus nachdem er von Zombies überrannt worden war verlassen und war auf eine kleine Gruppe von Überlebenden gestoßen. Drei Männer. Ihre Namen waren Louis, Bill und Francis. Louis war ein schmächtiger Büroangestellter, vielleicht dreißig.
Francis ein... Eigentlich hatte Zoey keine Ahnung, was dieser Mann vor der Infektion getan hatte. Er machte auf sie den Eindruck eines Rockers aus einer Bar, vielleicht Mitte dreißig. Dann war da noch Bill, ein Ex-Militär, der vielleicht Anfang sechzig war und die Gruppe mit Waffen versorgt hatte.
Die Männer, vor allem Francis, mochten nach außen hin etwas ungehobelt und ruppig wirken. Allesamt waren sie jedoch gute Menschen, die wahrhaftig zusammenhielten und Zoey konnte froh sein, dass sie ihnen begegnet war. Auch sie hatte von Bill eine Waffe erhalten. Eine automatische Pistole.

Unruhig kuschelte sie sich zurück in ihren Schlafsack und betrachtete erneut das Foto. Plötzlich öffnete jemand leise die Tür und Louis trat in den Raum herein. „Hey Zoey, bist du wach? Es gibt Frühstück.“ „Ja.“ Antwortete Zoey ihm nur knapp, richtete sich auf und wischte einige Tränen von ihren Wangen.
„Ist alles in Ordnung? Hast du geweint?“ Zoey zögerte einen Moment, ehe sie ihm eine Antwort gab. „Ich... Ich habe mich nur an was erinnert.“ „Möchtest du drüber sprechen?“ Schniefend reichte Zoey ihm das Foto. „Das ist meine Freundin Jolene. Sie ist am Tag des Ausbruchs an Bord eines Flugzeugs gewesen, das abgestürzt ist.“
„Oh, das tut mir sehr leid. Wenn du sagst Freundin, meinst du dann so richtig...?“ „Ja. Aber sag es bitte nicht Bill, er ist glaube ich ziemlich konventionell, was solche Dinge angeht.“ „Keine Sorge, ich werde nix sagen.“ „Ich vermisse sie so sehr...“
„War es der Flug 27.3B?“ „Ja, genau der. Woher weißt du das?“ „Ich kenn das Logo auf dem T-Shirt deiner Freundin. Sie war doch sicher auf dem Rückflug von dem großen Spiel in New-York oder? Ist sie ein Fan?“
„Nicht nur ein Fan, sie war der Kopf der Mannschaft.“ „Ach was, ehrlich? Meine Schwester war früher Cheerleader bei den Frost-Bulls.“

„Hey ihr zwei Klatschtanten, macht ihr ein Kaffeekränzchen?“ Tönte mit einem Mal die Stimme von Francis aus der Küche der kleinen drei Zimmer Wohnung, in der sie sich für die Nacht verschanzt hatten. „Ich geh schon mal vor ja?“ „Okay, ich komm gleich nach. Danke Louis.“ Lächelnd nickte er ihr zu.
„Na worüber habt ihr zwei gesprochen?“ „Eishockey.“ Lächelte Louis ihm entgegen und Francis Augen weiteten sich. „Ne Mann, das soll ich dir glauben? Die kleine Schnecke unterhält sich mit Männern über Eishockey?“ „Glaub es ruhig.“
Gähnte Zoey und setzte sich an den Tisch, wo Bill ein paar gebratene Eier bereitgestellt hatte. „Guten Morgen Zoey.“ „Guten Morgen Bill.“ „Gut geschlafen?“ „Naja, besser als letztes Mal.“ „Zoey, was magst du an Eishockey?“
„Meine Zimmergenossin auf dem Campus war der Captain der Frost-Bulls.“ „Na Frauen- Eishockey? War ja klar, dass du darauf stehst Louis!“ Lachte Francis und Bill schüttelte den Kopf. „Lass gut sein Francis. Und mach nicht so einen Krach.“

„Ziehen wir heute wieder weiter? Oder bleiben wir und warten den Sturm ab?“
„Ich bin nicht sicher. Es wäre vermutlich klüger den Sturm abzuwarten, aber wir sollten weiter. Das Haus hier ist nicht besonders sicher. Außerdem ist das ja nur die Vorhut. Der richtige Sturm kommt erst noch. Wenn er da ist, dann sollten wir eine gute Unterkunft gefunden haben.“
„Bill der Wetterfrosch, hehehe.“ Murmelte Francis leise und widmete sich dann seinem Frühstück. Seufzend tat Zoey es ihm gleich. Kurze Zeit später fanden sie sich draußen auf der Straße wieder. Leise schlichen sie an einem Highway entlang Richtung Rhode Island, wo angeblich ein sicheres Lager vom Militär aufgebaut war. Mittlerweile waren sie gute fünfundneunzig Meilen von Bosten entfernt.
Die ganze Strecke hatten sie zu Fuß innerhalb von drei Tagen bewältigt. Immer wieder waren sie dabei auf kleinere Gruppen von Infizierten gestoßen, bei denen sie sich bemühten, sie leise zu umgehen. Denn je mehr sie schossen, desto mehr Infizierte lockten sie mit dem Geräusch an und wenn sie Pech hatten, dann wären da noch wesentlich mehr als die gewöhnlichen Infizierten dabei.

Einige der Zombies mutierten zu gefährlichen Supervarianten ihrer untoten Artgenossen. Einer der häufigsten Vertreter dieser speziellen Zombiearten waren die Smoker, die ihre Opfer mit einer langen Zunge bewegungsunfähig machen konnten.
Sie wurden Smoker genannt, da sie oft nach Rauch und Zigaretten stanken. An ihrem Körper wucherten widerliche Pusteln, die beim platzen Rauch frei gaben und sie husteten beinahe ununterbrochen. Dann gab es noch die Hunter.
Flinke, kräftige Zombies, die über einen extrem guten Geruchssinn verfügten und sehr weit springen sowie gut klettern konnten, von ihrer körperlichen Kraft abgesehen. Wer aus dem Hinterhalt von einer Hunter erwischt wurde, hatte keine Überlebenschance.
Ein Boomer war groß und aufgedunsen. Sie waren schwer zu übersehen, doch wurden ihm Nahkampf sowie Fernkampf nur ungern getötet. Wenn sie starben platzten sie meist, wobei sie ein Sekret frei gaben, dass andere Infizierte anlockte, sofern sie ihre Opfer nicht schon vor dem Tod mit eben diesem Sekret bespuckten.

Dann gab es da noch die sogenannte Witch. Oftmals waren die Witches weibliche Untote. Meistens fand man sie irgendwo in einer dunklen Ecke sitzen und bitterlich weinen. Wenn man sie in Ruhe ließ und vor allem nicht mit Licht bestrahlte, waren sie harmlos.
Erregte ein unglückliches Opfer jedoch ihre Aufmerksamkeit, dann konnten sie selbiges innerhalb von Sekunden in der Luft zerfetzen.
Als letztes kannte Zoey noch den gefährlichsten Vertreter der Supermutationen. Sie und die anderen waren erst ein Mal so einem Wesen begegnet und waren nur knapp mit dem Leben davon gekommen.
Sie hatten das Wesen Tank getauft, da es ähnlich wie ein Panzer unaufhaltsam wütete.
Ein Tank war ziemlich groß und ähnelte vom Verhalten her einer Mischung aus wütendem Gorilla und Rhinozeros.
Mit Leichtigkeit warf ein Tank Autos durch die Luft oder legte ganze Einfamilienhäuser in Schutt und Asche. Bill war der Meinung, dass die Zombies, die mutierten, sich je nachdem, was sie vorher gewesen waren, in diese speziellen Wesen verwandelten.

Seiner Theorie nach lag es zum Beispiel nahe, dass ein Smoker früher ein starker Raucher war und ein Boomer ein eher fettleibiger Mensch. Ein Tank war vielleicht mal ein Bodybuilder gewesen.
Völlig durchnässt schlurfte Zoey wenig später hinter den Anderen her und ließ ihre Gedanken kreisen, als plötzlich ein lautes Kreischen zu hören war. „Was war das?“
„Ich weiß es nicht, vielleicht sind hier einige Hunter unterwegs.“ Entgegnete Bill ihr leise und schirmte seine Augen gegen den Regen ab.
„Wir müssen wachsam bleiben. Da vorn müsste gleich der Fluss sein.“
„Eh, ne Mann oder?“ Tönte Francis von weiter vorn und deutete auf die Überreste einer gewaltigen Brücke. „Da kommen wir wohl nicht mehr rüber Alter.“
„Verdammt. Solch ein Umweg wirft uns mindestens einen Tag zurück.“ „Und bis der Sturm sich gelegt hat dauert es sicher auch ein paar Tage. Bill, wir brauchen dringend Vorräte. Vergiss erst mal Rhode Island, wir müssen uns Essen und einen Unterschlupf suchen!“ „Louis hat recht.“ Grunzte Francis.

Zoey wollte ihm ebenfalls recht geben, doch sie kam nicht mehr dazu. Mit voller Wucht rammte sie plötzlich ein gewaltiges Ungetüm und verschwand kurzerhand mit ihr in dem durch den Regen immer breiter werdenden Fluss. „Scheiße was war das?!?“ Schrie Louis aus vollem Halse und auch Francis trat näher an das Ufer heran. „Zoey!?!“
Hustend und spuckend tauchte Zoey in den Fluten wieder auf. „Francis!“ Nur mit Mühe und Not konnte sie sich in den reißenden Wassermassen oben halten. Immer wieder tauchte sie unter, während sie schnell weiter nach vorn trieb. Einige Minuten später zog sie sich völlig erschöpft an Land.
Keuchend rang sie nach Luft, ehe ihr kurz darauf schwarz vor Augen wurde.


~*~


Still öffnete Zoey ihre Augen einen Spalt breit, schloss sie jedoch gleich wieder.
Durch ihren Schädel zog sich ein dumpfer Schmerz. Ihre Augen brannten und ihr Magen fühlte sich seltsam verdreht an.
Mit geschlossenen Augen wälzte sie sich langsam zur Seite aus ihrem Bett heraus und setzte sich für einen Augenblick auf die Kante. Nach ein paar Sekunden, erhob sie sich schwerfällig und schlurfte schläfrig zu der kleinen Kommode gegenüber von ihrem Bett.
Hier schnappte sie sich als erstes eine Unterhose aus der obersten Schublade und zog dann wie jeden Morgen ein Handtuch heraus, griff nach Zahnbürste sowie Zahnpasta und zog sich ihren an der Kleiderschranktür hängenden Bademantel über.
Dabei warf sie einen Blick zu Jolenes Bett herüber und bemerkte verwundert, dass sie nicht drin lag. Irritiert wanderten ihre Augen weiter zu ihrem eigenen Bett, wo Jolene friedlich unter der Bettdecke schlief.
Die Frage, warum Jolene bei ihr im Bett lag, blieb einige Sekunden lang in ihrem Kopf hängen und suchte nach einer Gedankenverbindung.
Doch dann schüttelte sie sich nur, schloss ihren Bademantel und schlenderte leise aus ihrem Zimmer, um der morgendlichen Routine zu folgen.

Sie lief rüber zum Waschraum, wo sie einer ihrer Kommilitoninnen begegnete.
„Guten Morgen Zoey, hast du deinen Rausch schon ausgeschlafen?“ „Öhm, Rausch?“
„Ja, du warst gestern ganz schön dicht, als ich dich und Jolene unten im Flur getroffen habe. Erinnerst du dich da nicht mal mehr dran?“
„Oh, nicht so wirklich... Erklärt aber den Mord's-Kater den ich habe...“ „Siehst auch echt furchtbar aus.“ „Danke.“ Lachte Zoey leise und schritt in eine der Duschkabinen hinein.
Das warme Wasser, welches in gleichmäßigen Rhythmen auf ihre Kopfhaut prasselte wirkte wie ein wohltuender Balsam. Entspannt ließ sie sich von den sanften Tropfen massieren und dachte nach. Gestern... Gestern war ein Samstag gewesen...
Doch was hatte sie gestern getan? Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal so viel getrunken hatte, dass sie davon einen Blackout bekommen hätte. Nachdenklich seifte sie ihren Körper ein, wobei ihre Finger kräftig über die weiche Haut strichen.
Dabei konzentrierte sie sich auf die Frage, was wohl vor dem Abend passiert war.

Jolene hatte ihr eine heiße Schokolade gemacht. Eine Schokolade mit Marshmallows und Zimt... Ihr Lieblingsgetränk... Warum hatte Jolene das getan? Was war... Sie betrachtete ihr Gesicht in dem beschlagenen Spiegel an der Kabinentür und plötzlich fiel ihr einiges wieder ein. Denn genau dasselbe hatte sie Gestern auch getan.
Stan hatte mit ihr Schluss gemacht und Jolene hatte sie wieder aufgemuntert. Anschließend waren sie offenbar in den nahen Club gegangen und hatten sich die Kante gegeben. Zumindest sie hatte es getan. Das Jolene sich betrunken hatte, das glaubte Zoey eher weniger, immerhin war Jolene ziemlich robust, was Alkohol anging.
Außerdem hatte Jolene sie ja auch zurück nach Hause gebracht. Doch warum lag Jolene in ihrem Bett? Hinzu kam, dass Zoey nicht einen Fetzen Kleidung am Körper getragen hatte, während sie neben Jolene unter der Bettdecke lag. Ihre von Schaum bedeckten Finger erreichten ihre Scham und plötzlich stach es ihr wie ein Messer durch den Verstand. Augenblicklich fiel ihr alles wieder ein, was sie und Jolene letzte Nacht in ihrem Bett getrieben hatten.
Schluckend wand Zoey sich von dem Spiegel ab und zog ihre Hand erschrocken zurück.
Mit einem Schwung Wasser spülte sie den Schaum von ihrem Körper, trocknete sich ab, legte den Bademantel um und putzte sich draußen, an einem der Waschbecken vor den Kabinen die Zähne. Danach lief sie leise zurück in ihr Zimmer.

Jolene schlief noch immer. Kein Wunder, dachte Zoey, es ist ja auch erst acht Uhr morgens und Jolene war eine Langschläferin. Mit gemischten Gefühlen betrachtete Zoey ihre schlafende Freundin. Es war wirklich geschehen.
Sie hatte mit ihrer besten Freundin Sex gehabt. Für einen Augenblick dachte Zoey darüber nach, Jolene zu wecken und zur Rede zu stellen. Doch stattdessen kritzelte sie nur ein paar Worte auf einen Zettel.
Jolene, wenn du wach bist, komm bitte in den Park, wir müssen reden - Zoey.

Geschwind warf Zoey sich ein paar Klamotten über, schnappte sich ihr Handy sowie ein Buch über das menschliche Herz und verließ das Zimmer wieder. Minuten später fand sie sich selbst auf einer Bank in dem großen Park hinter der Universität wieder, wo sie gedankenverloren in ihrem Buch umher blätterte.
Gleichzeitig reflektierte sie das in der Nacht Geschehene noch einmal im Geiste. War Jolene vielleicht doch ebenfalls betrunken gewesen? Oder hatte sie das, was sie mit ihr gemacht hatte wirklich gewollt? Die Erinnerung war etwas verschwommen, doch eines war sich Zoey sicher. Jolene war definitiv nicht betrunken. Hatte sie es aus Spaß getan? War es einer ihrer Scherze gewesen? Oder war es ihr ernst?

Wenn Sie es wirklich ernst gemeint hatte, wenn sie wirklich so viel mehr, als nur Freundschaft für sie empfand. Wie würde es weiter gehen? Still versuchte Zoey sich eine Beziehung mit Jolene vorzustellen. Seit ihrer Kindheit waren sie wie Schwestern miteinander verbunden gewesen. Und das obwohl sie aus so unterschiedlichen Familien stammten.
Zoey stammte aus einer sehr wohlhabenden Familie, während Jolene aus eher durchschnittlichen Verhältnissen kam.
Sie hatte eine glückliche, liebevolle Familie um sich herum, Jolene eine Mutter die trank und einen Vater, der sie schlug. In ihrer Kindheit hatte Jolene ein starkes Stotterproblem.
Ihr Vater, Jaron, hatte sie immer wieder brutal bestraft, wenn sie die Wörter nicht richtig aussprach, was dazu geführt hatte, dass ihr Stottern sich nur verstärkte.

Zoeys Mutter schaltete jedoch das Jugendamt ein. Jaron kam wegen Misshandlung ins Gefängnis, die Mutter in ein Programm vom Sozialamt und Jolene, die zu dem Zeitpunkt gerade einmal fünfzehn war, kam in ein Wohnamt für Jugendliche.
Das Stottern verlor sich im Laufe der Jahre. Mittlerweile stotterte Jolene nur noch extrem selten, wenn sie sehr aufgewühlt oder unkonzentriert war. Als Zoey Jolene das erste Mal traf, war es auf einem Spielplatz in einem Park.
Jolene hatte ein blaues Auge und war allein. Sie hatte Zoey um Hilfe bei ihrer Sandburg gebeten. Seit diesem Tag hatten sie sich immer wieder in dem Park getroffen und waren beste Freundinnen geworden. Das da jemals mehr zwischen ihnen sein könnte, darüber hatte Zoey nie wirklich ernsthaft nachgedacht.
Und Jolene hatte sich auch nie etwas anmerken lassen. Oder hatte Zoey nur nicht gut
genug drauf geachtet?

Jolene war immer für sie da, sie stand immer hinter ihr und gab ihren Ideen und Zielen immer Vorrang. Genau genommen stellte Jolene immer ihre eigenen Bedürfnisse hinter die von Zoey.
Verdammt... strich es ihr nun durch den Kopf. Natürlich war da was.
Sie hatte es nur nie ernst genommen. Irgendwie bereute Zoey es nun doch, Jolene nicht gleich geweckt zu haben.
Sie wollte gerade wieder aufstehen, als sie sich nähernde Schritte bemerkte. Still sah sie auf und erblickte Jolene, die mit geknirschter Miene auf sie zu kam. Vorsichtig blieb sie etwa einen Meter von Zoey entfernt stehen und sah ihr missmutig in die Augen.

„Hey... Ich... Ich habe deinen Zettel gefunden...“ Ohne zu antworten lächelte Zoey gezwungen und rückte ein Stück zur Seite. Gleichzeitig bedeutete sie Jolene mit der rechten Hand, sich zu setzen. Jolene folgte der stummen Anweisung und setzte sich neben Zoey. Ernst blickte Zoey zu ihrer Freundin herüber. Sie öffnete ihre Lippen einen Spalt breit, wusste jedoch nicht, was sie sagen sollte.
Da ergriff mit einem Mal Jolene das Wort, wenn auch zuerst etwas unbeholfen.
„Zoey, gestern, also, nachts, ich mein, gestern Nacht, wo ich, also was ich sagen will ist...“ Tief einatmend blinzelte sie einmal kräftig und sprach dann gefasst weiter.
„Es tut mir leid. Ehrlich. Was ich gemacht habe, deinen Zustand so auszunutzen, das war nicht richtig und das hätte ich nicht tun dürfen. Ich verstehe, wenn du mir das nicht verzeihen kannst und, auch wenn du mich nie wieder sehen willst... Es tut mir echt leid, ich--“

„Warum hast du nie etwas gesagt?“ Unterbrach Zoey sie plötzlich und Jolene hob verwirrt die Augenbrauen. „Wie? Was gesagt?“
Zoey räusperte sich. „Gestern Nacht, da sagtest du, ich träume schon so lange davon. Wie lange?“ „W-wie lange?“ Wiederholte Jolene leicht stotternd und sah zur Seite, ehe sie Zoey eine Antwort gab.
„Ich weiß es nicht mal mehr... Ewig...“ „Ewig.“ Leise murmelnd legte Zoey ihre linke Hand an Jolenes Kinn und drehte ihr Gesicht zu sich. Mit geröteten und tränenden Augen sah Jolene sie an. „Zoey... Bitte verzeih m--“ Sie konnte den Satz nicht mehr beenden, da Zoey nun ihre Lippen auf die von Jolene presste.

Zögerlich öffneten Jolenes Lippen sich und gewährten der Zunge ihrer Freundin Einlass. Ihre Zungen verschmolzen zu einem geschmeidigen Spiel, gleichzeitig kniff Jolene die Augen zusammen. Tränen liefen ihr die Wangen hinunter während Zoey ihre andere Hand dazu nahm.
Mit beiden Händen hielt sie nun den Kopf von Jolene fest und zog sie noch näher an sich heran. Als sie sich wieder voneinander lösten, hatte Zoey ebenfalls Tränen in den Augen. Sie hatte es nun in der Hand.
Jolene saß mit fragendem Gesichtsausdruck vor ihr und nur Zoey konnte ihr jetzt eine Antwort geben. Sie konnte Jolene sagen, dass sie ihre Gefühle erwiderte oder sie zum Teufel jagen. Gestern noch hatte sie sich für einen Augenblick vorgestellt, wie es wohl wäre, wenn sie und Jolene mehr als nur normale beste Freundinnen wären.

Doch war das nur ein flüchtiger Gedanke der Rache, weil Stan mit ihr Schluss gemacht hatte? Oder hatte ihr Unterbewusstsein ihr damit etwas sagen wollen? Dann war es tatsächlich passiert, sie war mit Jolene im Bett gelandet und auch wenn es nicht ganz freiwillig gewesen war, so konnte Zoey sich selbst nicht belügen.
Ihr nächtlicher Akt mit Jolene hatte ihr nicht nur gefallen, sie hatte es genossen. Doch war sie deswegen gleich lesbisch? Immerhin war sie ziemlich lange mit Stan zusammen gewesen, auch wenn es die letzten Monate eher eine Affäre als eine Beziehung gewesen war. Ihre Gefühle spielten in diesem Moment vollkommen verrückt, während ihr Unterbewusstsein immer klarer eine Anweisung formulierte. Tu es.

Wollte sie es aber auch wirklich? Oder wäre eine Beziehung mit Jolene nur die Flucht aus der gescheiterten mit Stan? Sollte sie Jolene als Sprungbrett benutzen? Was, wenn sie nach dem Sprung nicht heil unten an kam?
Wenn eine Beziehung zu ihrer besten Freundin in die Brüche ging und sie sich zerstritten? Ein Leben ohne Jolene, mochte Zoey sich nicht vorstellen.
Doch war es genau dieser Ansatz der ihre Lippen dazu bewegte, Jolene etwas zu zuflüstern.

„Jolene, wenn es dir ernst ist, dann möchte ich gern mit dir zusammen sein.“ Ohne Jolene etwas antworten zu lassen, nahm Zoey sie in den Arm und drückte sie fest an sich. Jolenes Atmung war zittrig und nervös. „Zoey...“ Flüsterte sie leise und erwiderte dann die Umarmung.
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