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Prince of Stride: Revolution

Kurzbeschreibung
GeschichteFreundschaft / P12 / Gen
01.07.2017
02.09.2018
7
33.934
3
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Dieses Kapitel
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01.07.2017 1.245
 
Prolog:::

Es war schwer durchzuhalten, ihre Füße trommelten im gleichmäßigen Takt auf den harten Asphaltboden. Ihre Gelenke schmerzten und bei jedem Schritt drohte ihr das Herz aus der Brust zu springen, so heftig schlug es gegen ihre Rippen. Jedes Mal, wenn sie verzweifelt versuchte wenigstens einen Fingerhut Sauerstoff in ihre lädierten Jungen zu zwängen, drohten diese zu zerspringen.
Maiko streckte sich, schloss ihre mittlerweile schon geröteten Hände um eine der Stangen, die überall herumstanden, teils um als Hindernis zu dienen, aber auch um Leuten wie ihr den Weg um die Kurven zu erleichtern ohne an Geschwindigkeit zu verlieren. Sie schwang sich um die Abbiegung.
Der Streckenabschnitt, der ihr zugeteilt worden war, war zwar nicht von Bergen und dem ständigen kräfteraubenden auf und ab geprägt, wie es die Abschnitte ihrer Teamkollegen gewesen waren, aber hier hatten sich die Gestalter des Rennens in der Gestaltung und dem Schwierigkeitsgrad, der damit einhergehen würde, sichtlich ins Zeug gelegt.
Es gab gefühlt nicht einen Meter, der nicht von irgendwelchen Hindernissen, sei es eines, das einen dazu brachte auf einer anderen Höhe zu rennen, oder eines, das einen dazu brachte über den Boden zu schlittern, von den verschiedenen Treppen natürlich mal abgesehen, verunstaltet worden war.
Maiko nutzte die erstbeste Chance, die sich ihr bot, um auf ein anderes Höhenniveau zu gelangen, indem sie sich schnell hochhangelte und sofort weiterrannte. Ihr Körper drohte aufzugeben, aber dennoch spornte sie sich weiter an, ausruhen konnte sie sich später auch noch, spätestens wenn sie tot war, was nach diesem Rennen sogar möglich sein würde.
Sie wich nach rechts aus um ihre Mitläuferin daran zu hindern sie zu überholen, nur um sich kurz danach nach links zu wenden, nur weil ihr Relayer es durch das Headset in ihrem Ohr an sie durchgab.
Sie hatte es leicht, wahrscheinlich wusste sie nicht einmal wie hart es sein konnte bei einem solchen Rennen sein Bestes zu geben, wenn man sich eigentlich nur noch zu einer Kugel zusammenrollen und schlafen wollte.
Maiko war kurz davor sich die Stimme in ihrem Kopf aus dem Ohr zu reißen, unterließ es dann aber und ertrug schweigend die nächste Schimpftriade ihres Relayers. Sollte die ,,allwissende" Person dich selbst einmal einen Fuß aus ihrer voll klimatisierten Kontrollstation machen, anstelle die ganze Zeit nur große Töne zu spucken. Sollte sie doch selbst mal erleben, wie es war mit den Anderen durch Hitze oder Regen zu laufen und halb zu kollabieren.
Mit einem lauten Ächten rollte sie sich über ihre Schulter ab und rannte weiter. Jeder ihrer Muskeln schmerzte und protestierte lauthals, zeitweise kam es ihr sogar vor, als würden sie an ihren gesunden Menschenverstand appellieren, nur um festzustellen, dass dieser nicht vorhanden war. Das Adrenalin schoss in so großen Mengen durch ihre Adern, wie sie es nicht für möglich gehalten hatte.
Sie konnte den schnellen Atem ihrer Mitläuferin fast schon im Nacken spüren, als diese erneut zu einem Überholversuch ansetzte, den sie Dank der Stimme ihres Relayers im Ohr, verhindern konnte. Trotz der dauerhaft schlechten und nörgelnden Art dieser, musste Maiko sich eingestehen, dass diese ihren Job sehr gewissenhaft machte und versuchte das Beste aus ihren Läufern herauszuholen.
Langsam rückten die letzten Meter  näher und die Zielgerade war nicht mehr sonderlich fern. Wenn sie durchhalten konnte, würde das ihre Chance dazu sein den Abstand zu vergrößern, oder eben vollkommen zu versagen.
Maiko zapfte die letzten Kraftreserven an, die noch vorhanden waren. Es war nicht viel, aber immerhin vertrieb es die Müdigkeit etwas aus ihren Beinen. Ihrer Meinung nach war das der schwierigste Teil des ganzen Strides, die Zielgerade.
Die Strecke wurde ebener und die Hindernisse, die einem sowohl helfen konnten den Gegner abzuhängen, oder auch möglicherweise zu Fall zu bringen, wurden immer weniger, bis sie vollkommen verschwanden.
Sie spürte die Anspannung und den Druck, der auf ihren Schultern lastete, sodass es ihr vorkam, als würde man sie tatsächlich zu Boden drücken. Maiko schüttelte den Gedanken ab, immerhin war so etwas nur Einbildung und streckte wie um dem entgegen zu wirken, den Rücken durch.
Unbewusst verlängerte sie ihre Schritte, je näher das Ziel rückte.
Das schmale, gummiartige Seil, das in leichten Wind munter auf und ab schwang, zerriss bei der leichtesten Berührung, als sie die Zielgerade überschritt.
Eigentlich hätte sie noch ein Stückchen weiterlaufen und nach und nach die Geschwindigkeit verringern sollen, stattdessen aber ließ sie sich, kaum dass sie sich auf der anderen Seite des Seils befand, immer noch rennend, zu Boden fallen, wo sie sich noch ein paar Mal überschlug, bevor sie ruhig liegen blieb. Ihre Brust, die sich hob und senkte, war die einzige Tatsache, die ihr Bewusstsein beherrschte. Nur dass sie atmete zählte in diesem Moment für sie. Um ihre lädierten und müden Muskeln konnte sie sich auch noch später kümmern.
Nie zuvor war ihr der Boden derart bequem vorgekommen, selbst die größeren Steine, die sich eigentlich unangenehm in ihren Rücken hätten graben müssen, fielen ihr nicht einmal richtig auf.
Als sich die schwarzen und weißen Punkte, die vor ihren Augen Walzer zu tanzen schienen, langsam verzogen, betrachtete sie die wenigen Vögel, die zwischen den einzelnen Hochhäusern Chicagos umherflogen und wünschte sich es ihnen nachzumachen zu können. Einfach einmal die Flügel ausbreiten und abheben. Hörte sich gar nicht einmal so schlecht an, der Wind im Haar und das Gefühl der Freiheit im Herzen, musste bestimmt verlockend sein. Sie würde nie wieder landen wollen, wäre es ihr möglich einfach nach oben zu entschwinden.
Sie hätte noch ewig auf dem Boden liegen und den Vögeln beim Herumgleiten zusehen können, wäre sie nicht von mehreren Händen nach oben gezogen worden, alle ebenso rot wie die ihren. Als wäre der Damm, der alles von ihr abgeschottet hatte, langsam gebrochen, Gefühle, Schmerzen und Geräusche, durch diese Berührungen eingerissen worden, stürzten all diese Empfindungen wieder auf sie ein.
Sie widerstand dem Drang sich die Ohren zuzuhalten gerade so, viel zu laut kamen ihr die ganze Geräuschkulisse vor. Es waren viel zu viele Menschen, die Jubelten, viel zu oft kam die Durchsage über die Zeit und den Sieger.
Am liebsten hätte sie sich einfach wieder irgendwohin verkrochen, wo es ruhig war, ruhig und einsam, aber dennoch wusste sie, dass sie sich nicht einfach wieder auf den Boden legen und den Vögeln zusehen konnte, es wurde anderes von ihr erwartet. Sie sollte lächeln, vor Freude strahlen und mit ihrem Team und dem Pokal in der Hand vor einem der vielen Kameramännern posieren, die Ewigkeiten benötigten um den richtig Lichteinfallswinkel oder sonstige Einstellungen zu finden, nur damit das Bild in den Augen anderer ästhetisch wirkte.
Maikos Wangen fühlten sich an, als ob ein Krampf sie erfasst hätten, so sehr schmerzte es die ganze Zeit durchgehend zu lächeln, während ein Bild nach dem Anderen geschossen wurde. Ihre Arme fingen an zu zittern, als sie den schweren Pokal nach oben hob und darauf wartete, dass auch der letzte Fotograf auf den Auslöser drückte.
Einfach nur nett lächeln und den perfekten Sieger spielen, das war hier das Wichtigste.
Sie spürte, wie sich die anderen Läufer wieder eng um sie scharrten, ihr auf die Schultern klopften und umarmten. So sehr sich Maiko vor einigen Tagen noch herbeigesehnt hatte das Rennen so schnell wie möglich hinter sich zu bringen, so sehr wünschte sie sich nun, dass es noch nicht vorbei wäre, immerhin war dieses ihr letztes mit diesen Mädchen gewesen, die ihrer Freude freien Lauf ließen.
Maiko schloss kurz die Augen, sehnte sich wieder nach dem Gefühl des Windes im Haar und dem heißen Asphalt unter ihren Schuhsohlen. Sie hätte ewig so weiterlaufen können.
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