Die Malec-Chroniken
von -Magnus-Bane-
Kurzbeschreibung
Das Leben beginnt interessant zu werden. Nicht nur, das mit Clary Fray ein wahrer Sturm ins New Yorker Institut einzieht, für Alec Lightwood geht es noch um etwas ganz anderes. Zum ersten Mal in seinem Leben hat er das Gefühl, das auch sein Privatleben nicht mehr zu kurz kommen muss, denn alles fügt sich so gut und sein neuer Schwarm scheint bei weitem nicht nur ein Schwarm zu sein. Aber das Leben eines Schattenjägers ist gefährlich und eine Liebe zu einem Unterweltler kommt einem Affront gleich. Sein Leben beginnt, unbeschreiblich zu werden, sowohl in der einen Richtung, als auch in der anderen. Doch der junge Schattenjäger will nicht aufgeben. Er will alles… alles, was ihn so glücklich macht… selbst wenn er es noch nicht schafft, dazu zu stehen. Und vor allem… will er trotz dem neuen Auftauchen des Kreises und der Bedrohung durch Valentin Morgenstern nicht aufgeben, was er gefunden hat. Und er will es beschützen…. Wenn es sein muss, bis in den Tod….
GeschichteDrama, Liebesgeschichte / P18 / MaleSlash
Alexander "Alec" Gideon Lightwood
Magnus Bane
01.04.2017
23.09.2022
77
178.147
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01.08.2018
3.796
Eigentlich hatte er angenommen, das es sehr viel ruhiger war, wieder zu Hause und in den eigenen vier Wänden zu sein. Doch das war entweder Wunschdenken oder Gutgläubigkeit gewesen, denn seit Liliths kleinem Beschwörungsspektakel auf dem Dach war auch hier nichts mehr, wie es früher war. Seit Wochen hatten sie nach Jace Lightwood gesucht und Magnus hatte jede von Alecs Launen mit der Sorge um seinen Parabatei entschuldigt, auch wenn er immer mehr das Gefühl hatte, das irgendetwas zwischen ihnen geschehen war, seit sie zu Camilles Kerker gerufen worden waren. Ob ihn vielleicht beschäftigte, das die Vampirin jetzt wieder irgendwo da draußen war? Schön und jung und für die Ewigkeit konserviert, so wie er selbst es war. Eine ehemalige Geliebte seines Freundes, die vor ihm da gewesen war und vermutlich auch nach ihm immer noch irgendwo da draußen war, unverändert…. Er seufzte tief und stellte seine Teetasse leise klirrend auf den Unterteller, ohne etwas davon zu trinken. Langsam schüttelte er den Kopf. Warum dachte er ausgerechnet jetzt daran? Sie hatten wirklich genug Probleme, ohne das er in einem depressiven Schub in den Tiefen seiner eigenen privaten Unzulänglichkeiten versank. Er hatte jetzt Wochen über Liliths Ritual gebrütet, ohne wirklich nennenswerte Fortschritte zu machen. Er war unendlich froh gewesen, als Bruder Zaccharias in der Türe gestanden hatte. Wenn seine Neuigkeiten auch wenig erfreulich gewesen waren, sie waren neu und sie waren schlüssig. Das Brüten hatte ein Ende und sie waren nicht zur Tatenlosigkeit verdammt. Morgen früh würde er Jocelyn und Isabelle zur Zitadelle schicken und dort würden sie hoffentlich erfahren, das es eine Waffe gab, die in der Lage war, Sebastian zu töten und Jace damit von ihm zu befreien, ohne das der blonde Schattenjäger dabei selbst auf der Strecke blieb. Im großen und ganzen hätte man also schon beinahe von einem Fortschritt sprechen können, wäre da nicht diese leise Angst gewesen, diese… Befürchtungen, die sich wie ein unangenehmer Virus durch sein Gemüt fraßen.
Du bist nachdenklicher, als es sonst der Fall ist.
Magnus zuckte leicht zusammen und sah zu dem stillen Bruder hinüber, der den Balkon betreten hatte und sich gegen das Geländer lehnte. Mit dem Rücken zu der beeindruckenden Aussicht des nächtlichen New Yorks und mit dem Blick auf den Hexenmeister gerichtet. Er schwieg, doch dann gab er sich einen Ruck, sah an Bruder Zaccharias vorbei in den dunklen Himmel.
„Glaubst du…. das es irgendwo auch eine Liebe gibt, die wirklich ….. völlig frei, tief und….. alles einnehmend ist…. ohne dafür etwas zu verlangen?“
´Ohne dich in den Wahnsinn zu treiben´, hätte er gerne noch dazu gesetzt, doch das ließ er bleiben. Der stille Bruder blieb still, sank aber zu Magnus linker Seite auf den zweiten Stuhl.
Ich bin nicht der richtige Partner für ein solches Gespräch, Magnus, und das weißt du mehr als genau. Wenn es eine solche Liebe gibt, dann habe ich noch nie davon gehört. Jedes tiefe Gefühl, zu dem wir fähig sind, verlangt einen Tribut in irgendeiner Weise.
„Tribut… ja…... Alles im Leben verlangt einen Tribut. Und ein ewiges Leben… verlangt wohl das Leben selbst als Tribut!“
Was ist geschehen, Magnus Bane? Seid ihr beide euch denn nicht in wahrer Liebe zugetan? Ist nicht eben das der steinige Weg? Einen ebenen, einen glatten Weg, gibt es nie.
Magnus sah den anderen an. Er wusste so viel über diesen stillen Bruder, über ihn.. über seine Liebe…. über seinen Parabatei, das es seine Angst nur noch weiter verstärkte, vor dem, was ihnen vielleicht bevorstand.
„Warum gibt es den nicht? Sollte reine Liebe sich nicht über alles hinwegsetzen? Was ist mit den ganzen Filmen, mit den Happy Ends und dem… glücklich sein? Kann ich nicht einfach glücklich sein, weil es denjenigen gibt, dem mein Herz und meine Gedanken gehören, unabhängig davon, was er bisher getan hat, wo oder wie lange er gelebt hat… oder geliebt…...!“
Du musst ihm Zeit geben, Magnus. Du hattest Jahrhunderte, dich daran zu gewöhnen, doch Alec ist noch jung. Für ihn zählen Stunden, Tage, Wochen gewichtiger, denn sein Leben dauert nicht bis in alle Ewigkeit. Er hat nur die Zeit, die ihm hier geschenkt wird und vielleicht….. vielleicht will er einfach sicher sein, das sie auch gut investiert ist.
„Oh Jem… investiert? Können wir keine weniger materielle Bezeichnung dafür finden?“
Magnus verzog das Gesicht und seufzte tief.
„Du denkst also, er braucht einfach Zeit?……. Zeit, bis ihm unweigerlich klar wird, was uns wirklich trennen könnte, wenn wir das zulassen?“
Was ist geschehen? Eine solche Denkweise ist nicht üblich, nicht bei dir.
Magnus presste die Lippen zusammen. Hatte er so etwas wie Sorge aus den stimmlosen Worten herausgehört oder war das einfach nur eine Laune seiner eigenen Wahrnehmung gewesen?
„Er ist nicht wirklich glücklich, Jem.. Ich.. bin mir nicht sicher, ob ich ihn glücklich machen kann...“
Nun… Glück ist ein Begriff, den du besser als jeder andere hier solltest einschätzen können. Glück ist ein Gefühl, das nicht für die Ewigkeit bestimmt ist. Nur weil es so selten ist, ist es etwas Besonderes.
„Ich habe es ihm doch gesagt!“ Magnus fuhr auf und trat an die Brüstung. „Ich habe ihm gesagt, das nach ihm niemand mehr kommen wird. Das…. es niemanden mehr geben wird. Ich habe das nicht nur so daher gesagt, ich habe es auch so gemeint. Ich habe es mir nicht ausgesucht, bereits vor Jahrhunderten geboren zu sein. Ebenso könnte ich ihm vorwerfen, das er erst so spät geboren wurde.“
Ein trauriges Lächeln glitt über seine Lippen, während er sich auf die Brüstung lehnte und in die Tiefe sah.
Gib ihm Zeit. Er wird lernen, damit zurecht zukommen, so wie du es wirst lernen müssen.
Der Hexenmeister schloss die Augen. Doch dann nickte er langsam.
„Es ist nicht wichtig, was vorher war oder nachher sein wird… wichtig ist nur, das wir jetzt zusammen sind, das wir uns jetzt lieben können… egal wie lange es dauert oder wie schwer es ist...“ Er sah auf seine Hände. „Ich habe so lange danach gesucht…… und jetzt… jetzt… ist es so wundervoll… und doch so fragil, das ich immer das Gefühl habe, es zerbricht mir in den Händen. Das ich es nicht aufhalten kann….. das es nicht funktionieren kann…. Weil es ist, wie es ist!“
Die Bewegungen neben ihm lenkten seinen Blick auf das Gesicht des stillen Bruders, der ihn ruhig betrachtete.
Magnus Bane… hast du dich denn vollends an den Engel verloren, der deinem Leben einen Sinn gegeben hat?
Magnus schwieg. Er selbst hatte sich verboten, sich diese eine Frage zu stellen, die alles für ihn verändern würde. Er atmete tief durch, doch dann wandte er sich Bruder Zaccharias zu.
„Danke für deine Hilfe. Nicht nur im Bezug auf den Herondale-Erben.“
Ich tu es gern. Ich hoffe nur… es ist nicht umsonst. Solange wir nicht wissen, was die beiden vorhaben, kann alles passieren. Verliere dich nicht in deinen Ängsten. Sieh, was vor dir steht!
Der Hexenmeister sah zu der offenen Balkontüre hin. Seit Alec auf seine Nachricht hin hergekommen war, war er einsilbig gewesen. Kaum ein privates Wort und er wusste genau, das es nicht nur an dem Besuch lag.
„Das sehe ich, keine Sorge..“
Isabelle hatte sich neben Alec auf die Couch fallen lassen und legte die Füße jetzt auf der Kante des Wohnzimmertisches ab.
„Hey, hol die Schuhe vom Tisch. Wenn Magnus das sieht, kannst du dein Haar ein paar Tage in moosgrün bewundern.“
Die Schattenjägerin schmunzelte leicht, wurde dann aber wieder ernst.
„Entspann dich, Bruderherz. Dein Liebster wird mir den Kopf schon nicht abreißen. Ich wollte mich nur mal erkundigen, was in deinem Kaffee so interessant ist. Nimmst du Stunden? Hat er dir beigebracht aus dem Kaffeesatz zu lesen?“
Alec musterte seine Schwester. Sie war ebenfalls sofort gekommen. Jace Verschwinden hinterließ Spuren bei jedem von ihnen. Und das der Rat die Suche einstellte, machte es nur noch dringender, das sie selbst etwas unternahmen. Wenn er selbst nur etwas konzentrierter gewesen wäre. Sie hatten so vieles zu besprechen gehabt, doch in seinen Gedanken herrschten im Augenblick nur Camilles klare Worte. …….Aber du kannst Magnus seine Unsterblichkeit nehmen…. Sein Blick glitt zum Balkon. Er musterte den Rücken des Hexenmeisters, der dort mit Bruder Zaccharias im Schein der Außenbeleuchtung stand. Isabelle folgte Alecs Blicken und musterte ihren Bruder dann intensiv. Etwas stimmte nicht mit ihm. Etwas beschäftigte ihn, mehr als sonst. Und seinen Blicken nach hatte es nicht einmal etwas mit Jace zu tun.
„Was ist los? Ist irgendetwas passiert? Habt ihr gestritten?“
Alec schüttelte den Kopf und sah zurück zu Izzy.
„Warum ist es so schwer für uns, einen so langen Zeitraum wirklich zu erfassen? Sind wir dafür nicht gemacht? Ist wirklich alles, was uns bleibt, die Reserven unseres Lebens aufzubrauchen? Wie kommt es dann zustande, das Hexenwesen ewig leben? Durch das Dämonenblut? Durch die Magie? Steht er still oder….. regeneriert er sich einfach pausenlos? Er lebt schon so lange, er weiß so viel…. Glaubst du nicht, das es irgendwann einmal genug ist? Das er irgendwann einmal genug erlebt hat? Genug…. Menschen begegnet ist?“
„Genug Beziehungen erlebt hat?“
Isabelle sah das Zucken seiner Hand und seufzte leise.
„Alec…. du wusstest doch von Anfang an, das er kein Kind von Traurigkeit war. Du kanntest doch seinen Steckbrief aus den Institutsunterlagen und es war dir egal. Du liebst ihn doch, oder nicht?“
„In diesem Steckbrief sind nicht einmal annähernd genug Informationen. Nur das wichtigste, nur das, was er preisgeben will. Aber was ist mit dem Rest? Mit dem, was er erlebt hat? Den Menschen, denen er begegnet ist? Den Menschen, die er geliebt hat? Mit denen er….“
Isabelles Brauen hoben sich.
„Hoohoo, Brüderchen, zu viel Information. Das… ist wirklich eure Sache. Aber ich glaube nicht, das es dich stören sollte, mit wem er sich ein Mal durch die Kissen getrollt hat. Ich meine, solange er seine Wünsche und Sehnsüchte jetzt mit dir beantwortet ist doch alles in Ordnung.“
„Also du auch!“
„Also ich auch was?“
„Es ist dir egal, mit wem dein Freund geschlafen hat? Selbst wenn das für die halbe Weltgeschichte zutreffen würde?“
Isabelle räusperte sich und sah alarmiert zu der offenen Balkontüre hin. Hoffentlich hörte der Hexenmeister nicht, über was sie sprachen. Er machte sich Sorgen um Alec, das hatte er mehr als genug bewiesen.
„Alec! Du… glaubst doch nicht selbst, was du da sagst, oder?“
Alecs Gesichtsausdruck war unbewegt, als er vor sich auf den Tisch sah.
„Warum nicht? Was anderes bleibt mir doch nicht. Ich kann mir doch nur… nebenbei Namen anhören, Gesichter anschauen, Initialen auf irgendwelchen Erinnerungsstücken, deren Buchstaben für ein Leben stehen. Ein Leben, das mit Magnus verwoben war, aber von dem ich nichts, aber auch gar nichts weiß. Welchen Stellenwert hat meines dann in seinem Leben? Soll ich mir Initialen in meine Shirts sticken lassen, damit auch von mir irgendwann etwas hier etwas zurückbleibt?“
Isabelle seufzte leise. Sie nahm die Füße jetzt vom Tisch und hakte sich bei ihrem Bruder unter.
„Alec, was willst du?“
Einen Moment war es still, doch dann musterte er seine Schwester lange.
„Ich will…. Ein wichtiger Teil seines Lebens sein. Genauso wichtig, wie er ein Teil MEINES Lebens ist. Ich will, das es ihm genauso wichtig ist, wie es mir ist, Zeit mit ihm zu verbringen. Ich will… nicht irgendwann nur eine Last für ihn sein. Ich will ihm zurückgeben, was er mir gibt. Ich will für ihn ebenso da sein, wie er für mich. Je länger ich lebe… desto größer wird der Abstand zwischen uns werden, aber…. Ich will keinen Abstand. Ich will IHN!“ Er verstummte, atemlos, da die Worte immer schneller über seine Lippen gekommen waren.
„Wenn er nicht unsterblich wäre…. würde er mich vielleicht verstehen….!“
Isabelle atmete tief durch.
„Aber er ist es! Er kann nicht ungeschehen machen, was er ist, Alec, genausowenig wie wir das können. Er ist ein Hexenwesen und er wird immer unsterblich sein. Du musst lernen, damit klarzukommen, wenn ihr Chance haben wollt.“
Alec schwieg. Er nahm einen Schluck aus seiner Tasse und verzog das Gesicht. Jetzt war ihm die Brühe doch wirklich in der Hand kalt geworden und er hatte es nicht einmal gemerkt. Isabelle sah auf, als Magnus zur Türe hereinkam und wortlos auf die andere Seite der Couch sank.
„Danke, Isabelle. Das du so schnell gekommen bist.“
Izzy lächelte leicht.
„Jace ist uns allen wichtig. Und wenn es etwas gibt, was uns helfen kann, müssen wir uns danach lassen. Ich such mir mal einen Schlafplatz und schick Simon dann eine Nachricht.“
Sie erhob sich und sah noch einen Moment zu ihrem Bruder hinüber, der jetzt die Kaffeetasse wegstellte und Magnus stummer Aufforderung folgte, den Kopf in seinen Schoss zu legen. Der Schattenjäger seufzte und schloss fast sofort die Augen. Ein leichtes Lächeln glitt über das Gesicht der Schattenjägerin. Was immer Alec auch beschäftigte, es schien vollkommen unerheblich, sobald er Zeit hatte, die er dem Hexenmeister widmen konnte. Ruhe war eine Gabe und sie hatte ihren Bruder immer darum bewundert, Angst gehabt, wenn sie ihm vollkommen fehlte. Doch hier sah sie alles, was notwendig war. Das Jace nicht auffindbar war, sogar gefesselt an jemanden wie Sebastian hätte ihren Bruder wahnsinnig machen müssen, doch hier bei Magnus war es anders. Hier bekam er genau das, was er brauchte, auch wenn der Hexenmeister das Gefühl hatte, das es nicht ausreichte.
„Ach Alec…. du bist doch ein großer Dummkopf...“
Sie verschwand aus dem Wohnraum und ging hinüber zu den Gästezimmern.
Magnus seufzte leise. Er ließ die Flammen im Kamin auflodern und entzündete einige der Kerzen, die herumstanden, bevor das elektrische Licht verlosch. Er sah nach unten, strich sanft durch die dunklen Haare des Schattenjägers. Das die Gäste sich bereits auf ihre Zimmer zurückgezogen hatten, kam ihm gerade recht. Bruder Zaccharias hatte die Wohnung verlassen. Er hatte getan, was er tun konnte und die jetzt aufkommende Stille schien auch Magnus finstere Gedanken zu beruhigen.
„Denkst du, die eisernen Schwestern kennen eine Waffe, die uns helfen kann?“
Magnus zögerte, doch dann ließ er die Finger über Alecs Schulter gleiten und strich mit der anderen eine widerspenstige Strähne aus dem Gesicht des Schattenjägers.
„Wir können es nur hoffen. Solange er und Jonathan wie siamesische Zwillinge verbunden sind, können wir das Risiko nicht eingehen, sonst gehen beide unweigerlich denselben Weg.“
Alecs Seufzen klang nur um so lauter in den Ohren des Hexenmeisters. Er lehnte sich zurück und sah in die Flammen des Kamins.
„Was… was bedeutet dieses Leben für dich, Magnus? Wieviel bedeutet es dir?“
Magnus Braue hob sich erstaunt. Er runzelte leicht die Stirn und atmete durch.
„Das, was es jedem bedeutet, denke ich. Es ist mein Leben, egal wie es läuft. Man hat schließlich nur das eine.“
„Und wenn es so wäre wie meines? Geboren werden, aufwachsen, älter werden und sterben….. was dann?“
Magnus schwieg einen langen Augenblick. Er hatte schon einmal darüber nachgedacht, doch die Gedanken waren mit den Jahrzehnten wieder verflogen, in denen ihm klar wurde, das er diesen Weg niemals gehen würde. Sicher würde er irgendwann sterben. Entweder von der Hand eines anderen, oder von seiner eigenen, aber er wusste auch genau, das es nicht das war, was Alec meinte.
„Alexander… wenn du annimmst, das mir die Zeit mit dir nicht so wichtig ist wie du sie empfindest, dann lass mich dir sagen, das du da vollkommen falsch liegst. Ich… bin dankbar für jeden Moment, für jede Sekunde, wie wir haben, weil ich weiß, wie schnell es vorbei sein kann. Zeit existiert nicht für mich, wenn ich mit dir zusammen bin. Weil sie dann vollkommen unwichtig ist. Wichtig bist nur du. In genau diesem Moment. Denn dieser eine Moment kommt niemals wieder.“
Alecs Hand glitt über seine, blieb einen langen Moment darauf ruhen und drückte sie dann sanft. Langsam wurde der Druck leichter und die Hand des Schattenjägers glitt wieder herab, als er einschlief. Magnus betrachtete das Gesicht in seinem Schoß. Sie hatten jetzt schon so viel Seite an Seite erlebt. Er konnte froh sein, das in diesem Moment nicht auch noch einer seiner eigenen Jäger auftauchte. Auch sie waren immer noch da draußen, wenn auch beinahe ZU ruhig. Oder sie warteten einfach ab, ob jemand anderer die Arbeit für sie erledigte. Er sah zur Seite, zu einem Tisch auf dem ein kleiner Spiegel stand und nahm ihn auf. Warum seine Augen….. warum waren sie so versessen darauf? Ging es vielleicht gar nicht um ihn selbst? Aber selbst, wenn es um seinen Erzeuger gegangen wäre, es waren immer noch seine eigenen Augen, auch wenn es die seines Vaters waren. Es waren nicht dieselben. Er stellte den Spiegel wieder weg. Er hatte keine Zeit, über seine eigenen Probleme nachzusinnen. Er musste erst Alec helfen, seinen Parabatei wieder zu bekommen. Danach war immer noch Zeit für seine eigenen Nachforschungen.
Vollkommen in Gedanken versunken war er einfach sitzen geblieben und als Simon für einen kurzen Gruß in den Wohnraum sah, warf er einen Blick auf die Uhr. Es war wirklich schon spät geworden und Magnus zögerte einen langen Moment. Vielleicht sollten sie einfach nur hierbleiben. Alec schlief gerade ruhig und das war in den vergangenen Tagen eigentlich schon etwas Besonderes gewesen, doch bevor er nach der Decke greifen konnte, mit der er den Schattenjäger zudecken wollte, spürte er dessen Finger an seinem Nacken. Er senkte den Kopf, küsste ihn sanft und lächelte, als er in Alecs offene Augen sah.
„Lass uns zu Bett gehen. Du… kannst nicht hier sitzen bleiben, du hast in den letzten Wochen ohnehin viel zu wenig Schlaf bekommen.“
Magnus schüttelte leicht den Kopf.
„Das ist nicht so wichtig. Ich kann auch später noch schlafen.“
Alec schien seine Worte nicht hören zu wollen, denn er richtete sich auf und streckte sich leicht, dann griff er resolut nach Magnus Hand und zog ihn zur Schlafzimmertüre. Er drehte sich um, schien den Hexenmeister einen Augenblick zu mustern, dann wandte er sich ihm vollends zu. Im nächsten Augenblick drehte sich leise klickend der Schlüssel im Schloss und Magnus blinzelte überrascht.
„Wir… haben die Wohnung voller Gäste….“
Der Hexenmeister keuchte leise auf, als er die warmen Lippen des Schattenjägers an seinem Hals spürte, die sachte zu seinem Ohr hinaufglitten.
„Das… stört dich sonst doch auch nicht...“
Er schluckte hart, als Alecs Finger über seinen Hemd glitten, es Knopf für Knopf langsam öffnend. Seine Hände griffen instinktiv nach dem Körper vor sich, zogen ihn an sich, liessen die Finger unter das Shirt gleiten. Langsam schob er es nach oben, über Alecs Kopf und ließ es fallen, um die Hände wieder frei zu haben. Behutsam ließ er sie über Alecs Bauch gleiten, seine Seiten, strich über die festen Muskeln zu seinem Rücken und fing die Lippen des Schattenjägers mit einem lauten Aufstöhnen ein, als er die Hand spürte, die seine Hose lediglich geöffnet hatte, bevor sich vorsichtig hineingelitten war.
„Alec…...“
Sie bewegten sich langsam dem Bett entgegen. Magnus Hemd folgte Alecs Shirt auf den Boden. Der Hexenmeister atmete schnell, drückte den Schattenjäger sanft auf das Bett und folgte ihm. Er sah mit dunklen Augen auf das ebene Gesicht hinunter, in die blauen Augen, in denen die Erregung ebenso stand wie in seinen eigenen. Seine Finger glitten über die helle Haut, hinterließen eine Gänsehaut und sanftes Zittern, wann immer sie eine der empfindlichsten Stellen berührten. Geschickt schälte er den Schattenjäger aus seinen Kleidern, schob sie einfach über den Rand des Bettes hinaus, bevor er sich aufrichtete, um seine eigenen abzulegen. Alecs Blick folgte ihm, glitt an seinem Körper hinab und brach erst, als Magnus ihn sanft und streichelnd dirigierte, bis er auf dem Bauch lag. Alec stöhnte auf, als er Magnus Körper über sich fühlte, der sanfte Küsse auf seinem Rücken, seinen Schultern verteilte und sich dann vollends über ihn lehnte, die Finger mit seinen verschränkend.
„Ich liebe dich…. Alexander…...“
Der Schattenjäger stöhnte auf. Seine Sinne waren vollkommen gefangen von der Nähe des anderen, spürten ihn so intensiv wie sonst kaum.
Ich liebe dich, Alexander…..
Er schloss die Augen, presste sich dem Körper des Hexenmeisters entgegen, dessen Atem heiß und schnell über sein Ohr strich. Er liebte die Kraft, die er fühlte, die sich jetzt in genau diesem Moment nur auf ihn konzentrierte. Die nur ihm galt, mit allem, was sie war, was sie tun konnte. Er liebte es, diese Energie zu spüren, ebenso wie er es liebte, sie zu bändigen. Ein Gefühl, das mit keinem in seinem Leben zu vergleichen war und das er nirgendwo anders so sehr spüren würde, dessen war er sich mehr als bewusst. Er grub das Gesicht in das weiche Kissen, biss aufstöhnend in die Seide, als Magnus ihre Körper verband. Seine Hand griff fest nach der des anderen, spürte die gleiche Kraft, das gleiche Drängen in den Fingern, das er selbst verspürte. Sein Herz raste, sein Atem stieß immer wieder leise aufstöhnend in das Bettzeug vor sich. Langsam, er bewegte sich nur ganz langsam, obwohl sein ganzer Körper angespannt nach mehr verlangte. Nichts schien den Hexenmeister dazu bringen zu können, das langsame, intensive Tempo zu steigern, bis er es kaum noch aushielt. Der Schattenjäger bäumte sich auf, keuchte laut und wurde nur Sekunden danach wieder auf das Bett gedrückt. Alecs Nerven waren zum Zerreißen gespannt und er hörte seine eigene, atemlose Stimme….. Magnus Namen, immer und immer wieder…. Alles verschwand in dem grellen Gefühl seines eigenen Höhepunktes. Er hatte die Hände im Bettzeug vergraben, sank erschöpft wieder auf das Laken hinunter. Seine Hände…. schienen überall zu sein. Sie hielten ihn, streichelten ihn, immer genau dort wo er sie brauchte, wo er sie vermutete, wo er….. sich danach sehnte, berührt zu werden. Er wandte sich immer noch leise keuchend um und zog den Hexenmeister in seine Arme.
„Ich liebe dich auch..“
Alecs Blick suchte den des Hexenmeisters, versank für einen langen Augenblick in dem dunklen Gold dieser sonderbaren Augen, die er so sehr liebte. Für einen Moment spürte er kaum etwas von der inneren Unruhe, die ihn ergriffen hatte, doch dann glitt sie wieder kalt und unbarmherzig durch seinen kaum noch vernebelten Verstand. Dieser Blick würde weichen….. er würde nicht immer diese unverhohlene Erregung zeigen, die Sehnsucht nach dem, was er vor sich sah. Er würde anders werden. Er würde kühler werden…. Distanzierter, ohne das Feuer, die Hitze, die sein Herz schneller schlagen ließ. Alecs Sicht würde sich niemals ändern. Sie würde immer die gleiche bleiben… perfekt…. fehlerlos…… eigenständig…
Wie eine Kostbarkeit hinter Glas…. Konserviert….. voller Leben, das darin eingesperrt darauf wartete, freigelassen zu werden. Und unerreichbar für ihn, weil er ihn niemals brauchte, so wie er ihn brauchen würde. Seine Hilfe…. Seine Stärke…… die Sicherheit einer Liebe, die sich auch über das Alter, über die Zeit hinwegsetzte. Niemals würde er seine Liebe in Frage stellen. Er zweifelte keinen Moment daran, das die Liebe blieb, zumindest eine lange Zeit, doch…. das Verlangen….. das Verlangen würde schwinden. Das Drängen nach Nähe, nach diesem einen wunderschönen Moment, in dem nichts anderes existierte. Er würde ihm nicht mehr gerecht werden können….. das konnte er gar nicht.
Ich liebe dich…. Alexander……
Aber du kannst Magnus seine Unsterblichkeit nehmen…...
Du bist nachdenklicher, als es sonst der Fall ist.
Magnus zuckte leicht zusammen und sah zu dem stillen Bruder hinüber, der den Balkon betreten hatte und sich gegen das Geländer lehnte. Mit dem Rücken zu der beeindruckenden Aussicht des nächtlichen New Yorks und mit dem Blick auf den Hexenmeister gerichtet. Er schwieg, doch dann gab er sich einen Ruck, sah an Bruder Zaccharias vorbei in den dunklen Himmel.
„Glaubst du…. das es irgendwo auch eine Liebe gibt, die wirklich ….. völlig frei, tief und….. alles einnehmend ist…. ohne dafür etwas zu verlangen?“
´Ohne dich in den Wahnsinn zu treiben´, hätte er gerne noch dazu gesetzt, doch das ließ er bleiben. Der stille Bruder blieb still, sank aber zu Magnus linker Seite auf den zweiten Stuhl.
Ich bin nicht der richtige Partner für ein solches Gespräch, Magnus, und das weißt du mehr als genau. Wenn es eine solche Liebe gibt, dann habe ich noch nie davon gehört. Jedes tiefe Gefühl, zu dem wir fähig sind, verlangt einen Tribut in irgendeiner Weise.
„Tribut… ja…... Alles im Leben verlangt einen Tribut. Und ein ewiges Leben… verlangt wohl das Leben selbst als Tribut!“
Was ist geschehen, Magnus Bane? Seid ihr beide euch denn nicht in wahrer Liebe zugetan? Ist nicht eben das der steinige Weg? Einen ebenen, einen glatten Weg, gibt es nie.
Magnus sah den anderen an. Er wusste so viel über diesen stillen Bruder, über ihn.. über seine Liebe…. über seinen Parabatei, das es seine Angst nur noch weiter verstärkte, vor dem, was ihnen vielleicht bevorstand.
„Warum gibt es den nicht? Sollte reine Liebe sich nicht über alles hinwegsetzen? Was ist mit den ganzen Filmen, mit den Happy Ends und dem… glücklich sein? Kann ich nicht einfach glücklich sein, weil es denjenigen gibt, dem mein Herz und meine Gedanken gehören, unabhängig davon, was er bisher getan hat, wo oder wie lange er gelebt hat… oder geliebt…...!“
Du musst ihm Zeit geben, Magnus. Du hattest Jahrhunderte, dich daran zu gewöhnen, doch Alec ist noch jung. Für ihn zählen Stunden, Tage, Wochen gewichtiger, denn sein Leben dauert nicht bis in alle Ewigkeit. Er hat nur die Zeit, die ihm hier geschenkt wird und vielleicht….. vielleicht will er einfach sicher sein, das sie auch gut investiert ist.
„Oh Jem… investiert? Können wir keine weniger materielle Bezeichnung dafür finden?“
Magnus verzog das Gesicht und seufzte tief.
„Du denkst also, er braucht einfach Zeit?……. Zeit, bis ihm unweigerlich klar wird, was uns wirklich trennen könnte, wenn wir das zulassen?“
Was ist geschehen? Eine solche Denkweise ist nicht üblich, nicht bei dir.
Magnus presste die Lippen zusammen. Hatte er so etwas wie Sorge aus den stimmlosen Worten herausgehört oder war das einfach nur eine Laune seiner eigenen Wahrnehmung gewesen?
„Er ist nicht wirklich glücklich, Jem.. Ich.. bin mir nicht sicher, ob ich ihn glücklich machen kann...“
Nun… Glück ist ein Begriff, den du besser als jeder andere hier solltest einschätzen können. Glück ist ein Gefühl, das nicht für die Ewigkeit bestimmt ist. Nur weil es so selten ist, ist es etwas Besonderes.
„Ich habe es ihm doch gesagt!“ Magnus fuhr auf und trat an die Brüstung. „Ich habe ihm gesagt, das nach ihm niemand mehr kommen wird. Das…. es niemanden mehr geben wird. Ich habe das nicht nur so daher gesagt, ich habe es auch so gemeint. Ich habe es mir nicht ausgesucht, bereits vor Jahrhunderten geboren zu sein. Ebenso könnte ich ihm vorwerfen, das er erst so spät geboren wurde.“
Ein trauriges Lächeln glitt über seine Lippen, während er sich auf die Brüstung lehnte und in die Tiefe sah.
Gib ihm Zeit. Er wird lernen, damit zurecht zukommen, so wie du es wirst lernen müssen.
Der Hexenmeister schloss die Augen. Doch dann nickte er langsam.
„Es ist nicht wichtig, was vorher war oder nachher sein wird… wichtig ist nur, das wir jetzt zusammen sind, das wir uns jetzt lieben können… egal wie lange es dauert oder wie schwer es ist...“ Er sah auf seine Hände. „Ich habe so lange danach gesucht…… und jetzt… jetzt… ist es so wundervoll… und doch so fragil, das ich immer das Gefühl habe, es zerbricht mir in den Händen. Das ich es nicht aufhalten kann….. das es nicht funktionieren kann…. Weil es ist, wie es ist!“
Die Bewegungen neben ihm lenkten seinen Blick auf das Gesicht des stillen Bruders, der ihn ruhig betrachtete.
Magnus Bane… hast du dich denn vollends an den Engel verloren, der deinem Leben einen Sinn gegeben hat?
Magnus schwieg. Er selbst hatte sich verboten, sich diese eine Frage zu stellen, die alles für ihn verändern würde. Er atmete tief durch, doch dann wandte er sich Bruder Zaccharias zu.
„Danke für deine Hilfe. Nicht nur im Bezug auf den Herondale-Erben.“
Ich tu es gern. Ich hoffe nur… es ist nicht umsonst. Solange wir nicht wissen, was die beiden vorhaben, kann alles passieren. Verliere dich nicht in deinen Ängsten. Sieh, was vor dir steht!
Der Hexenmeister sah zu der offenen Balkontüre hin. Seit Alec auf seine Nachricht hin hergekommen war, war er einsilbig gewesen. Kaum ein privates Wort und er wusste genau, das es nicht nur an dem Besuch lag.
„Das sehe ich, keine Sorge..“
Isabelle hatte sich neben Alec auf die Couch fallen lassen und legte die Füße jetzt auf der Kante des Wohnzimmertisches ab.
„Hey, hol die Schuhe vom Tisch. Wenn Magnus das sieht, kannst du dein Haar ein paar Tage in moosgrün bewundern.“
Die Schattenjägerin schmunzelte leicht, wurde dann aber wieder ernst.
„Entspann dich, Bruderherz. Dein Liebster wird mir den Kopf schon nicht abreißen. Ich wollte mich nur mal erkundigen, was in deinem Kaffee so interessant ist. Nimmst du Stunden? Hat er dir beigebracht aus dem Kaffeesatz zu lesen?“
Alec musterte seine Schwester. Sie war ebenfalls sofort gekommen. Jace Verschwinden hinterließ Spuren bei jedem von ihnen. Und das der Rat die Suche einstellte, machte es nur noch dringender, das sie selbst etwas unternahmen. Wenn er selbst nur etwas konzentrierter gewesen wäre. Sie hatten so vieles zu besprechen gehabt, doch in seinen Gedanken herrschten im Augenblick nur Camilles klare Worte. …….Aber du kannst Magnus seine Unsterblichkeit nehmen…. Sein Blick glitt zum Balkon. Er musterte den Rücken des Hexenmeisters, der dort mit Bruder Zaccharias im Schein der Außenbeleuchtung stand. Isabelle folgte Alecs Blicken und musterte ihren Bruder dann intensiv. Etwas stimmte nicht mit ihm. Etwas beschäftigte ihn, mehr als sonst. Und seinen Blicken nach hatte es nicht einmal etwas mit Jace zu tun.
„Was ist los? Ist irgendetwas passiert? Habt ihr gestritten?“
Alec schüttelte den Kopf und sah zurück zu Izzy.
„Warum ist es so schwer für uns, einen so langen Zeitraum wirklich zu erfassen? Sind wir dafür nicht gemacht? Ist wirklich alles, was uns bleibt, die Reserven unseres Lebens aufzubrauchen? Wie kommt es dann zustande, das Hexenwesen ewig leben? Durch das Dämonenblut? Durch die Magie? Steht er still oder….. regeneriert er sich einfach pausenlos? Er lebt schon so lange, er weiß so viel…. Glaubst du nicht, das es irgendwann einmal genug ist? Das er irgendwann einmal genug erlebt hat? Genug…. Menschen begegnet ist?“
„Genug Beziehungen erlebt hat?“
Isabelle sah das Zucken seiner Hand und seufzte leise.
„Alec…. du wusstest doch von Anfang an, das er kein Kind von Traurigkeit war. Du kanntest doch seinen Steckbrief aus den Institutsunterlagen und es war dir egal. Du liebst ihn doch, oder nicht?“
„In diesem Steckbrief sind nicht einmal annähernd genug Informationen. Nur das wichtigste, nur das, was er preisgeben will. Aber was ist mit dem Rest? Mit dem, was er erlebt hat? Den Menschen, denen er begegnet ist? Den Menschen, die er geliebt hat? Mit denen er….“
Isabelles Brauen hoben sich.
„Hoohoo, Brüderchen, zu viel Information. Das… ist wirklich eure Sache. Aber ich glaube nicht, das es dich stören sollte, mit wem er sich ein Mal durch die Kissen getrollt hat. Ich meine, solange er seine Wünsche und Sehnsüchte jetzt mit dir beantwortet ist doch alles in Ordnung.“
„Also du auch!“
„Also ich auch was?“
„Es ist dir egal, mit wem dein Freund geschlafen hat? Selbst wenn das für die halbe Weltgeschichte zutreffen würde?“
Isabelle räusperte sich und sah alarmiert zu der offenen Balkontüre hin. Hoffentlich hörte der Hexenmeister nicht, über was sie sprachen. Er machte sich Sorgen um Alec, das hatte er mehr als genug bewiesen.
„Alec! Du… glaubst doch nicht selbst, was du da sagst, oder?“
Alecs Gesichtsausdruck war unbewegt, als er vor sich auf den Tisch sah.
„Warum nicht? Was anderes bleibt mir doch nicht. Ich kann mir doch nur… nebenbei Namen anhören, Gesichter anschauen, Initialen auf irgendwelchen Erinnerungsstücken, deren Buchstaben für ein Leben stehen. Ein Leben, das mit Magnus verwoben war, aber von dem ich nichts, aber auch gar nichts weiß. Welchen Stellenwert hat meines dann in seinem Leben? Soll ich mir Initialen in meine Shirts sticken lassen, damit auch von mir irgendwann etwas hier etwas zurückbleibt?“
Isabelle seufzte leise. Sie nahm die Füße jetzt vom Tisch und hakte sich bei ihrem Bruder unter.
„Alec, was willst du?“
Einen Moment war es still, doch dann musterte er seine Schwester lange.
„Ich will…. Ein wichtiger Teil seines Lebens sein. Genauso wichtig, wie er ein Teil MEINES Lebens ist. Ich will, das es ihm genauso wichtig ist, wie es mir ist, Zeit mit ihm zu verbringen. Ich will… nicht irgendwann nur eine Last für ihn sein. Ich will ihm zurückgeben, was er mir gibt. Ich will für ihn ebenso da sein, wie er für mich. Je länger ich lebe… desto größer wird der Abstand zwischen uns werden, aber…. Ich will keinen Abstand. Ich will IHN!“ Er verstummte, atemlos, da die Worte immer schneller über seine Lippen gekommen waren.
„Wenn er nicht unsterblich wäre…. würde er mich vielleicht verstehen….!“
Isabelle atmete tief durch.
„Aber er ist es! Er kann nicht ungeschehen machen, was er ist, Alec, genausowenig wie wir das können. Er ist ein Hexenwesen und er wird immer unsterblich sein. Du musst lernen, damit klarzukommen, wenn ihr Chance haben wollt.“
Alec schwieg. Er nahm einen Schluck aus seiner Tasse und verzog das Gesicht. Jetzt war ihm die Brühe doch wirklich in der Hand kalt geworden und er hatte es nicht einmal gemerkt. Isabelle sah auf, als Magnus zur Türe hereinkam und wortlos auf die andere Seite der Couch sank.
„Danke, Isabelle. Das du so schnell gekommen bist.“
Izzy lächelte leicht.
„Jace ist uns allen wichtig. Und wenn es etwas gibt, was uns helfen kann, müssen wir uns danach lassen. Ich such mir mal einen Schlafplatz und schick Simon dann eine Nachricht.“
Sie erhob sich und sah noch einen Moment zu ihrem Bruder hinüber, der jetzt die Kaffeetasse wegstellte und Magnus stummer Aufforderung folgte, den Kopf in seinen Schoss zu legen. Der Schattenjäger seufzte und schloss fast sofort die Augen. Ein leichtes Lächeln glitt über das Gesicht der Schattenjägerin. Was immer Alec auch beschäftigte, es schien vollkommen unerheblich, sobald er Zeit hatte, die er dem Hexenmeister widmen konnte. Ruhe war eine Gabe und sie hatte ihren Bruder immer darum bewundert, Angst gehabt, wenn sie ihm vollkommen fehlte. Doch hier sah sie alles, was notwendig war. Das Jace nicht auffindbar war, sogar gefesselt an jemanden wie Sebastian hätte ihren Bruder wahnsinnig machen müssen, doch hier bei Magnus war es anders. Hier bekam er genau das, was er brauchte, auch wenn der Hexenmeister das Gefühl hatte, das es nicht ausreichte.
„Ach Alec…. du bist doch ein großer Dummkopf...“
Sie verschwand aus dem Wohnraum und ging hinüber zu den Gästezimmern.
Magnus seufzte leise. Er ließ die Flammen im Kamin auflodern und entzündete einige der Kerzen, die herumstanden, bevor das elektrische Licht verlosch. Er sah nach unten, strich sanft durch die dunklen Haare des Schattenjägers. Das die Gäste sich bereits auf ihre Zimmer zurückgezogen hatten, kam ihm gerade recht. Bruder Zaccharias hatte die Wohnung verlassen. Er hatte getan, was er tun konnte und die jetzt aufkommende Stille schien auch Magnus finstere Gedanken zu beruhigen.
„Denkst du, die eisernen Schwestern kennen eine Waffe, die uns helfen kann?“
Magnus zögerte, doch dann ließ er die Finger über Alecs Schulter gleiten und strich mit der anderen eine widerspenstige Strähne aus dem Gesicht des Schattenjägers.
„Wir können es nur hoffen. Solange er und Jonathan wie siamesische Zwillinge verbunden sind, können wir das Risiko nicht eingehen, sonst gehen beide unweigerlich denselben Weg.“
Alecs Seufzen klang nur um so lauter in den Ohren des Hexenmeisters. Er lehnte sich zurück und sah in die Flammen des Kamins.
„Was… was bedeutet dieses Leben für dich, Magnus? Wieviel bedeutet es dir?“
Magnus Braue hob sich erstaunt. Er runzelte leicht die Stirn und atmete durch.
„Das, was es jedem bedeutet, denke ich. Es ist mein Leben, egal wie es läuft. Man hat schließlich nur das eine.“
„Und wenn es so wäre wie meines? Geboren werden, aufwachsen, älter werden und sterben….. was dann?“
Magnus schwieg einen langen Augenblick. Er hatte schon einmal darüber nachgedacht, doch die Gedanken waren mit den Jahrzehnten wieder verflogen, in denen ihm klar wurde, das er diesen Weg niemals gehen würde. Sicher würde er irgendwann sterben. Entweder von der Hand eines anderen, oder von seiner eigenen, aber er wusste auch genau, das es nicht das war, was Alec meinte.
„Alexander… wenn du annimmst, das mir die Zeit mit dir nicht so wichtig ist wie du sie empfindest, dann lass mich dir sagen, das du da vollkommen falsch liegst. Ich… bin dankbar für jeden Moment, für jede Sekunde, wie wir haben, weil ich weiß, wie schnell es vorbei sein kann. Zeit existiert nicht für mich, wenn ich mit dir zusammen bin. Weil sie dann vollkommen unwichtig ist. Wichtig bist nur du. In genau diesem Moment. Denn dieser eine Moment kommt niemals wieder.“
Alecs Hand glitt über seine, blieb einen langen Moment darauf ruhen und drückte sie dann sanft. Langsam wurde der Druck leichter und die Hand des Schattenjägers glitt wieder herab, als er einschlief. Magnus betrachtete das Gesicht in seinem Schoß. Sie hatten jetzt schon so viel Seite an Seite erlebt. Er konnte froh sein, das in diesem Moment nicht auch noch einer seiner eigenen Jäger auftauchte. Auch sie waren immer noch da draußen, wenn auch beinahe ZU ruhig. Oder sie warteten einfach ab, ob jemand anderer die Arbeit für sie erledigte. Er sah zur Seite, zu einem Tisch auf dem ein kleiner Spiegel stand und nahm ihn auf. Warum seine Augen….. warum waren sie so versessen darauf? Ging es vielleicht gar nicht um ihn selbst? Aber selbst, wenn es um seinen Erzeuger gegangen wäre, es waren immer noch seine eigenen Augen, auch wenn es die seines Vaters waren. Es waren nicht dieselben. Er stellte den Spiegel wieder weg. Er hatte keine Zeit, über seine eigenen Probleme nachzusinnen. Er musste erst Alec helfen, seinen Parabatei wieder zu bekommen. Danach war immer noch Zeit für seine eigenen Nachforschungen.
Vollkommen in Gedanken versunken war er einfach sitzen geblieben und als Simon für einen kurzen Gruß in den Wohnraum sah, warf er einen Blick auf die Uhr. Es war wirklich schon spät geworden und Magnus zögerte einen langen Moment. Vielleicht sollten sie einfach nur hierbleiben. Alec schlief gerade ruhig und das war in den vergangenen Tagen eigentlich schon etwas Besonderes gewesen, doch bevor er nach der Decke greifen konnte, mit der er den Schattenjäger zudecken wollte, spürte er dessen Finger an seinem Nacken. Er senkte den Kopf, küsste ihn sanft und lächelte, als er in Alecs offene Augen sah.
„Lass uns zu Bett gehen. Du… kannst nicht hier sitzen bleiben, du hast in den letzten Wochen ohnehin viel zu wenig Schlaf bekommen.“
Magnus schüttelte leicht den Kopf.
„Das ist nicht so wichtig. Ich kann auch später noch schlafen.“
Alec schien seine Worte nicht hören zu wollen, denn er richtete sich auf und streckte sich leicht, dann griff er resolut nach Magnus Hand und zog ihn zur Schlafzimmertüre. Er drehte sich um, schien den Hexenmeister einen Augenblick zu mustern, dann wandte er sich ihm vollends zu. Im nächsten Augenblick drehte sich leise klickend der Schlüssel im Schloss und Magnus blinzelte überrascht.
„Wir… haben die Wohnung voller Gäste….“
Der Hexenmeister keuchte leise auf, als er die warmen Lippen des Schattenjägers an seinem Hals spürte, die sachte zu seinem Ohr hinaufglitten.
„Das… stört dich sonst doch auch nicht...“
Er schluckte hart, als Alecs Finger über seinen Hemd glitten, es Knopf für Knopf langsam öffnend. Seine Hände griffen instinktiv nach dem Körper vor sich, zogen ihn an sich, liessen die Finger unter das Shirt gleiten. Langsam schob er es nach oben, über Alecs Kopf und ließ es fallen, um die Hände wieder frei zu haben. Behutsam ließ er sie über Alecs Bauch gleiten, seine Seiten, strich über die festen Muskeln zu seinem Rücken und fing die Lippen des Schattenjägers mit einem lauten Aufstöhnen ein, als er die Hand spürte, die seine Hose lediglich geöffnet hatte, bevor sich vorsichtig hineingelitten war.
„Alec…...“
Sie bewegten sich langsam dem Bett entgegen. Magnus Hemd folgte Alecs Shirt auf den Boden. Der Hexenmeister atmete schnell, drückte den Schattenjäger sanft auf das Bett und folgte ihm. Er sah mit dunklen Augen auf das ebene Gesicht hinunter, in die blauen Augen, in denen die Erregung ebenso stand wie in seinen eigenen. Seine Finger glitten über die helle Haut, hinterließen eine Gänsehaut und sanftes Zittern, wann immer sie eine der empfindlichsten Stellen berührten. Geschickt schälte er den Schattenjäger aus seinen Kleidern, schob sie einfach über den Rand des Bettes hinaus, bevor er sich aufrichtete, um seine eigenen abzulegen. Alecs Blick folgte ihm, glitt an seinem Körper hinab und brach erst, als Magnus ihn sanft und streichelnd dirigierte, bis er auf dem Bauch lag. Alec stöhnte auf, als er Magnus Körper über sich fühlte, der sanfte Küsse auf seinem Rücken, seinen Schultern verteilte und sich dann vollends über ihn lehnte, die Finger mit seinen verschränkend.
„Ich liebe dich…. Alexander…...“
Der Schattenjäger stöhnte auf. Seine Sinne waren vollkommen gefangen von der Nähe des anderen, spürten ihn so intensiv wie sonst kaum.
Ich liebe dich, Alexander…..
Er schloss die Augen, presste sich dem Körper des Hexenmeisters entgegen, dessen Atem heiß und schnell über sein Ohr strich. Er liebte die Kraft, die er fühlte, die sich jetzt in genau diesem Moment nur auf ihn konzentrierte. Die nur ihm galt, mit allem, was sie war, was sie tun konnte. Er liebte es, diese Energie zu spüren, ebenso wie er es liebte, sie zu bändigen. Ein Gefühl, das mit keinem in seinem Leben zu vergleichen war und das er nirgendwo anders so sehr spüren würde, dessen war er sich mehr als bewusst. Er grub das Gesicht in das weiche Kissen, biss aufstöhnend in die Seide, als Magnus ihre Körper verband. Seine Hand griff fest nach der des anderen, spürte die gleiche Kraft, das gleiche Drängen in den Fingern, das er selbst verspürte. Sein Herz raste, sein Atem stieß immer wieder leise aufstöhnend in das Bettzeug vor sich. Langsam, er bewegte sich nur ganz langsam, obwohl sein ganzer Körper angespannt nach mehr verlangte. Nichts schien den Hexenmeister dazu bringen zu können, das langsame, intensive Tempo zu steigern, bis er es kaum noch aushielt. Der Schattenjäger bäumte sich auf, keuchte laut und wurde nur Sekunden danach wieder auf das Bett gedrückt. Alecs Nerven waren zum Zerreißen gespannt und er hörte seine eigene, atemlose Stimme….. Magnus Namen, immer und immer wieder…. Alles verschwand in dem grellen Gefühl seines eigenen Höhepunktes. Er hatte die Hände im Bettzeug vergraben, sank erschöpft wieder auf das Laken hinunter. Seine Hände…. schienen überall zu sein. Sie hielten ihn, streichelten ihn, immer genau dort wo er sie brauchte, wo er sie vermutete, wo er….. sich danach sehnte, berührt zu werden. Er wandte sich immer noch leise keuchend um und zog den Hexenmeister in seine Arme.
„Ich liebe dich auch..“
Alecs Blick suchte den des Hexenmeisters, versank für einen langen Augenblick in dem dunklen Gold dieser sonderbaren Augen, die er so sehr liebte. Für einen Moment spürte er kaum etwas von der inneren Unruhe, die ihn ergriffen hatte, doch dann glitt sie wieder kalt und unbarmherzig durch seinen kaum noch vernebelten Verstand. Dieser Blick würde weichen….. er würde nicht immer diese unverhohlene Erregung zeigen, die Sehnsucht nach dem, was er vor sich sah. Er würde anders werden. Er würde kühler werden…. Distanzierter, ohne das Feuer, die Hitze, die sein Herz schneller schlagen ließ. Alecs Sicht würde sich niemals ändern. Sie würde immer die gleiche bleiben… perfekt…. fehlerlos…… eigenständig…
Wie eine Kostbarkeit hinter Glas…. Konserviert….. voller Leben, das darin eingesperrt darauf wartete, freigelassen zu werden. Und unerreichbar für ihn, weil er ihn niemals brauchte, so wie er ihn brauchen würde. Seine Hilfe…. Seine Stärke…… die Sicherheit einer Liebe, die sich auch über das Alter, über die Zeit hinwegsetzte. Niemals würde er seine Liebe in Frage stellen. Er zweifelte keinen Moment daran, das die Liebe blieb, zumindest eine lange Zeit, doch…. das Verlangen….. das Verlangen würde schwinden. Das Drängen nach Nähe, nach diesem einen wunderschönen Moment, in dem nichts anderes existierte. Er würde ihm nicht mehr gerecht werden können….. das konnte er gar nicht.
Ich liebe dich…. Alexander……
Aber du kannst Magnus seine Unsterblichkeit nehmen…...