Start in ein neues Leben
von Silka
Kurzbeschreibung
Alex beginnt weit ab ihrer Heimat ein neues Leben. Schnell lernt sie neue Leute kennen, die ihre Freunde werden wollen. Durch Hartnäckigkeit erreichen sie ihr Ziel und Alex lernt das auch sie vertrauen kann. Und das es Dinge gibt die sie eigentlich für unmöglich gehalten hat. Doch wird sich ihr Schicksal wiederholen? Wird sie glücklich werden? Begleitet Sie auf ihrem Weg und erlebt mit ihr Höhen und Tiefen. (Pairing Alex & Hunter; Tori & Blake )
GeschichteFantasy, Liebesgeschichte / P18 / Gen
Blake
Dustin Brooks / Yellow Wind Ranger
Hunter Bradley / Crimson Thunder Ranger
OC (Own Character)
Shane Clarke / Red Wind Ranger
Tori Hanson / Blue Wind Ranger
31.03.2017
25.05.2018
60
213.232
1
Alle Kapitel
60 Reviews
60 Reviews
Dieses Kapitel
1 Review
1 Review
17.11.2017
4.813
So, heute kommt der Höhepunkt des Schreckens. Ich wünsche viel Spaß
__________________________________________________________________
„Es hat ein Erdbeben heute Nacht gegeben und du hast es verschlafen?“ Ungläubig sieht Tori mich an. „Ich hab es nicht nur verschlafen, ich hab sogar ganz wundervoll geträumt“ „Du meine Güte. Dabei haben stundenlang die Fensterscheiben geklirrt und geklappert“ „Na, stundenlang ist etwas übertrieben Tori“ „Warum hast du denn so gut geschlafen? Hast du etwas Besuch gehabt?“ Ich weiß das Dustin das nur aus Spaß sagt, aber er weiß halt nicht wie nah er dran ist. „Ganz recht Dustin“ Ungläubig sieht er mich an. Aber nicht nur er, sondern auch die anderen. Und da kann ich mich vor lachen nicht mehr halten. „War etwa ein Kerl bei dir?“ Ich nicke nur da ich mich immer noch nicht beruhigt habe und ihre Gesichter werden noch entsetzter. So als hätte ich ihre Hoffnung auf irgendetwas zerstört. „Ja, denn der Katzengeist ist ein Kater“, kläre ich das ganze auf. Erleichtert atmen alle auf. Was haben die denn?
„Das war gemein Alex“ Erwachsen, wie ich manchmal bin, strecke ich Dustin die Zunge raus, was ihn wider zum lachen bringt. „Sehr erwachsen Alex“ „Ich weiß Blake“ Lächelnd sehen mich die Fünf an. „Sag mal Hunter. Sind deine Vorfahren eigentlich schottischer Herkunft?“ „Was hat das mit dem Erdbeben zu tun?“ „Eigentlich gar nichts“ „Jetzt erzähl erst mal von deinem Traum“ Tori ist wieder so aufgedreht wie eh und je. „Aber nicht hier. Hier gibt es zu viele neugierige Lauscher“ Zustimmend nicken alle und wir machen uns auf den Weg. Eine halbe Stunde später sitzen wir auf der Lichtung, hier ganz in der Nähe. Als ich meinen Traum erzählt habe, herrscht erst mal schweigen, das dann aber von Shane gebrochen wird.
„Du glaubst, du stehst in einer Verbindung zu dieser Margaret und dieser komische Geisterkater hat zu ihr gehört?“ „Ich denke schon. Nur weiß ich nicht wie diese Verbindung aussehen könnte. Ich weiß nicht viel über meine Familie und das was ich weiß ist ziemlich langweilig. Meine Großmutter kommt aus London, zog aber schon früh nach Australien. Ihre Familie stammt ursprünglich aus Irland, lebte dann aber in Cornwall. Es gab Zinngruben dort und irgendein Ururururgroßvater ist dabei richtig zu Geld gekommen. Das ist aber über die Generationen verloren gegangen. Irgendwo gibt es auch noch ein Haus. Man kann also an fünf Fingern abzählen, wie weit das zurückreicht“ „Dann zeig mal deine hundertsechzig Fingerchen her“ „Sind das bloß hundertsechzig Jahre?“ „Ohne Taschenrechner bist du wohl aufgeschmissen, was? Oma geboren wann?“
„1910“ „Zwei Generationen zurück, circa fünfzig Jahre, na, sagen wir, 1850. Fehlen noch hundert Jahre. In denen kann viel passiert sein. Meinst du nicht?“ Shane scheint das ganze auch langsam Spaß zu machen. Tori muss wohl ansteckend sein. „Natürlich. Das Haus ist sogar noch älter. Aber wie alt genau, weiß ich nicht und ich kann auch niemanden danach fragen“ „Warum hast du vorhin gemeint, Hunter hätte schottische Verwandte?“ „Weil der Mann in meinem Traum eine gewisse Ähnlichkeit mit ihm hat“ „Ernsthaft?“ „Ja mein Lieber“ „Sie hat Margaretes Freund aber als gut aussehend geschildert, Leute. Liegt die Ähnlichkeit in meinem umwerfenden Aussehen?“ Was ein Angeber. „Vielleicht seid ihr zwei einfach vom Schicksal für einander bestimmt“ Tori fängt an uns vor zu schwärmen wie die Beziehung der Beiden ausgesehen haben kann und ist dabei ganz in ihrer Welt, bis Dustin anfängt blöde Witze zu machen. Tori sieht dabei etwas enttäuscht aus, da die anderen sich nicht so wirklich dafür begeistern können. Mein Interesse bei der ganzen Sache liegt aber mehr bei dem armen Geisterkater, der so sehr das Streicheln vermisst und dessen Schnurren das Schloss zum Wackeln gebracht hat. Weil ich Tori aber wirklich mag und sie ziemlich betreten dreinblickt, nicke ich ihr aufmunternd zu und meine, „Schreib es auf. Schreib die Geschichte der beiden auf, so, wie sie hätte passieren können“ Begeistert sieht sie mich an. Tori ist halt eine Romantikerin.
Da es mittlerweile angefangen hat leicht zu regnen, beschließen wir zurück zum Hotel zu gehen.
Zusammen gehen wir auf mein Zimmer, da Shane sich noch unbedingt die Silberdistel in dem Kaminsims ansehen will. „Du scheinst Silberdisteln wirklich magisch an zu ziehen“ Lächelnd sehe ich Ihn an, bis mir etwas einfällt. Anziehen? Da war doch was. Schnell springe ich vom Bett auf, auf das wir anderen uns gesetzt haben und wühle in meinen Klamotten rum. „Alex was hast du?“ „Mir ist gerade was eingefallen. Verflucht wo ist das Ding. Ich weiß das es hier ist“ Das ist doch zum Haare raufen. Gespannt sehen mir die fünf zu. „Ah da ist sie ja“ Triumphierend ziehe ich einen schwarzen Pullover hervor. „Und was ist daran jetzt besonders?“ Ich drehe mich zu den fünf um und halte den Pullover vor mich, so das ihr Blick unweigerlich auf die Brosche fällt. „Eine Silberdistel“ „Ja, es ist mir gerade wieder eingefallen, als du meintest das ich Silberdisteln an ziehen würde“ Vorsichtig berühre ich die Silberdistel und mich durchzuckt es wie ein Stromschlag. Einen Moment lang flimmert die Luft um mich herum, dann sehe ich sie. Das Mädchen mit den langen blonden Zöpfen sitzt im Zimmer. Ein Spinnrad dreht sich und die Spindel hüpft eifrig auf und ab. Neben ihr steht eine ältere Frau mit dunklen Haaren und spricht mir ihr. Verstehen kann ich sie allerdings nicht, doch ich sehe wie sie ihr etwas überreicht. Eine silberne Brosche, geformt wie eine geöffnete Silberdistel in ihren zackigen Blüten.
Dann verschwindet das Bild und Hunter´s fester Griff muss mich stützen. „Du hattest wieder eine Vision, oder?“ „Ja. Es war eine Szene die ich auch schon mal geträumt habe. Aber ich konnte mich an keine Einzelheiten erinnern“ Ich erzähle ihnen was ich gerade gesehen habe. „Dann gibt es wirklich eine Verbindung zwischen dir und diesem Gebäude und seinen früheren Besitzern“ Vorsichtig streiche ich über die Brosche, die ich dieses mal problemlos berühren kann. Es ist ein hübsches Schmuckstück. Eine etwa acht Zentimeter große, runde Silberscheibe, in der Mitte ein Bernstein, der den Blütenkorb darstellt, außen herum die Blütenblätter und die zackigen Distelblätter ausgearbeitet.
„Also müssen wir nur noch herausfinden, wie sie in deine Familie gekommen ist, nicht wahr? Interessiert dich das nicht?“ „Doch, natürlich. Aber ich weiß keinen Anhaltspunkt. Wenn die MacIains wirklich ausgerottet wurden, wie man annehmen kann, dann konnte jeder Plünderer diesen Schmuck an sich genommen haben. Wenn die schon angesengte Spinnräder aus den Ruinen geklaut haben, werden die sicher auch vor Leichenfledderei nicht halt gemacht haben“ „Du bist grässlich ernüchternd Alex“, hält mir Tori vor. „Ich weiß“
Tori´s Interesse für die ganze Sache, hat mich daran erinnert das ich schon vor ein paar Tagen etwas erledigen wollte. „Ich muss noch was erledigen“ „Was denn? Können wir mit?“ „Ich will zu Arthur“ „Wir kommen mit. Aber vorher solltest du noch was essen“ Mit einem Seufzen stimme ich zu, da ich gegen die fünf eh nicht ankomme. Also schlinge ich schnell etwas runter, was die anderen sehr zu amüsieren scheint und dann laufen wir durch den nassen Garten. Der Regen hat zwar etwas nachgelassen, aber es tröpfelt immer noch heftig von den Büschen und Bäumen.
Arthur macht nach einem kurzen Moment die Tür auf und Silver springt von dem Sessel, auf dem Sie gerade noch gelegen hat, humpelt zu mir und streicht um meine Beine. „Na Silver, dir scheint es ja schon wieder richtig gut zu gehen“
Arthur lacht und nimmt das Kätzchen auf seine Arme. „Kommt herein, es ist nass draußen“ In dem kleinen Raum brennt ein Feuer im Kamin und wir setzten uns. „Gemütlich ist es hier. Nicht so wie in der schrecklichen lila Halle“ Braune Wollteppiche liegen auf dem Boden, ein paar schlichte Regal, die so aussehen als ob sie selbst gezimmert sind, ziehen sich an den Wänden entlang, darin Reihen von Büchern, nicht ordentlich ausgerichtet, sondern so als ob sie oft heraus genommen und gelesen werden. In einer Ecke steht die Harfe, auf dem Tisch steht ein Tonkrug mit Becher. „Mögt ihr ein Becher von meinem Holunderwein trinken?“ „Wenn ich davon nicht gleich unter den Tisch sinke“ „Nein, gewiss nicht“ Die anderen nehmen ebenfalls dankend an.
Silver, derweil klagt ihren Platz ein und springt auf meinen Schoß. „Sie liegt gerne am Feuer zum wärmen. Euch stört es doch nicht, wenn sie dort liegt?“ „Nein, überhaupt nicht“ Ganz selbstverständlich fange ich an die Kleine zu streicheln, wobei ich an den Katzengeist denken muss. Ob er sich auch danach sehnt wieder ein Fell zu haben das man kraulen kann? Wenn meine Vermutung stimmt, dann ist der Arme jetzt schon seit zweihundert Jahren pelzlos.
Arthur hat uns gegenüber Platz genommen und schweigt. Es scheint ihn nicht besonders zu überraschend das wir ihn aufgesucht haben. Er fragt nicht was uns hergeführt hat. Ich suche nach einem Anfang um unser, oder vielmehr mein Anliegen vor zu bringen.
„Arthur, Sie….. Sie wissen, ich hab vorgestern an dem Grab etwas gesehen” Er nickt. „Wir haben ein wenig nachgeforscht und eine alte Geschichte herausgefunden und Tori möchte sie aufschreiben und auch etwas in der Genealogie der Clans recherchieren. Dabei hab ich mich an die Ballade erinnert, die Sie letzte Woche drüben in der Halle gesungen haben. Kann sie möglicherweise auf dieses Ereignis anspielen?“ „Daran erinnert Ihr euch? So, so. Welche war es denn? Ich kenne viele Balladen“ Sehe ich da einen Funken Schalk in seinen Augenwinkeln? „Oh, es war die schaurige Geschichte, die immer auf den Namen MacTiger endet. Wer auch immer das war“ „Und Ihr wisst es immer noch nicht, Alexandra?“ Fassungslos sehe ich Ihn an. Das kann doch nicht wahr sein?
„Arthur ….? Ihr kennt den Spuk? Den Kater? Ist er das?“ „Ja, Kind, ich kenne den armen Kater schon lange. Aber wer will heute noch an Geister glauben. Außerdem ist er ein sehr ängstlicher Geist“
„Nicht ängstlicher als jede scheue Katze. Ich … ich glaub, ich hab irgendwie sein Vertrauen gewonnen“ „Erstaunliches Mädchen. Erzählt“ Also erzähle ich zum zweiten mal heute die nächtliche Begebenheit und meine Schlussfolgerung daraus.
„Ja, die alte Ballade erzählt davon. Die Maid war Margaret MacIain, der Junge Alasdair MacLeod of Blair Rath Castel. Auch ich habe in den alten Geschichten nachgeforscht. Doch vorgestern erst fand ich das Grab, den Nachweis, das Margaret wirklich hier lebte“ Damit steht er auf und geht zu dem Regal, aus dem er ein Heft zieht und es Tori gibt. „Es enthält die Ballade und die Geschichte, soweit ich sie kenne. Es ist nicht viel, aber mit Euren Geschichten und der Neugierde eurer Freundin mag die Vergangenheit von Drumnadruid Castle wieder aufleben“ „Viel Dank. Wir werden die Seiten kopieren…“ „Behaltet das Original“ „Aber dann haben Sie doch..“ „Ich habe meinen Kopf und darin sind alle Originale“ „Auswendig?“ „Ihr jungen Leute lernt das nicht mehr, aber dort, wo ich herkomme, werden die alten Geschichten noch mündlich weitergegeben“
Arthur legt ein neues Scheit nach und ein Funkenregen sprüht knisternd im Kamin. Draußen tropft der Regen wieder unablässig auf die Blätter, auf meinem Schoß schnurrt die weiße Katze. Sonst hört man nichts. Ob es doch an dem Wein liegt? Ich fühle mich entspannt, wie schwebend. Meine Gedanken wandern, suchen. Nicht in der fernen Vergangenheit, sondern in den Ereignissen der letzten Tage. Ich sehe diejenigen die mir etwas bedeuten. Ihre Gesichter tanzen vor meinen Augen. Meine Mutter die mich fröhlich und unbeschwert ansieht, meine Tante, fröhlich und voller Lebensfreude, meine sechs Freunde, jeder besonders auf seine Art, aber besonders sticht Hunter heraus, zu dem ich eine tiefe Verbundenheit spüre, MacDuffnet, rotgesichtig, ständig auf seinen Vorteil bedacht, Arthur, von eigenartiger Weisheit geprägt und doch zufrieden lebend als einfacher Gärtner. Und natürlich MacTiger, der ruhelos spukende Kater mit seiner Sehnsucht nach Berührung. Und die silberne Distel in all ihren Formen. Sie sind um mich herum und zwischen ihnen spannen sich leuchtende Fäden. Einige dünn wie Seide, andere dicht und fest. Sie wachsen und verweben sich, bilden ein Netz, lösen sich hier, verbinden sich dort, spinnen mich ein in das Muster der Beziehungen. Und ich fühle mich verbunden mit ihnen allen, durch Liebe, durch Angst, durch Hoffnung, durch Vertrauen und – Gefahr.
Unbeabsichtigt habe ich Silver wohl zu heftig angefasst, sie springt mit einem Maunzen von meinem Schoß, ich bin wieder in Arthur Zimmer. Er sitzt am Kamin und streicht sacht über die Saiten der Harfe. Die Töne scheinen den Raum zu füllen, auch wenn sie kaum hörbar sind.
„Ihr wandert auch Alexandra. Ihr wandert in den Weiten und in den Tiefen. Das ist wichtig und gut, mein Kind. Doch auf den Wanderungen erwarten einen zuzeiten Erschreckendes“ Sehr leise spricht der alte Bade und mir laufen kalte Schauer über den Rücken. „Aber wenn Ihr den Schrecken auf euren Wanderungen durch Eure eigenen Tiefen überwunden habt, werdet Ihr stärker daraus hervorgehen. Ihr werdet dann in der Lage sein, anderen zu helfen“ „Ich hab Angst, Arthur ….. ich habe zweimal das Grauen erlebt“ „Angst kann man überwinden, denn auch wenn Ihr es nicht merkt, wenn ihr es nicht seht, Ihr werdet geführt auf Eurem Weg. Vertraut mir, ich weiß wovon ich spreche. Und glaubt mir, Ihr habt die Kraft für alles das, was Euch zu tun geboten werden wird“
Die Harfe klingt lauter, fast beschwörend. Und mich erfühlt plötzlich ein wundersames Gefühl von Zuversicht.
„Geht nun zurück zum Hotel. Es ist schon Mitternacht vorbei, der Rabe hat sein >Nevermore< gekrächzt und MacTiger hart Eurer auf dem Kaminsims über der silbernen Distel. Geht, Kind, der Regen ist vorüber“
Langsam stehe ich auf und auch die anderen erheben sich. Wir verabschieden uns und gehen zurück. Vor unseren Zimmern trennen sich dann unsere Wege. Und wie Arthur gesagt hat, sehe ich MacTiger auf dem Kaminsims.
„Hallo, MacTiger“ Als ich seinen Namen nenne, sieht er mich erschrocken an und ist im nächsten Moment verschwunden. Es muss schon lange her sein das er seinen Namen gehört hat. Kein Wunder also das er so erschrocken ist. Ich ziehe mich schnell um und lege mich ins Bett und warte ob er zurück kommt.
Und es dauert auch nicht lange bis ich seine Anwesenheit spüre und blinzelnd die Augen öffne.
„Du bist doch MacTiger, nicht wahr?“ Ich spreche nur leise mit Ihm, da ich ihn nicht wieder erschrecken möchte. Er rückt etwas näher zu mir und kratzt sich wie vereinbart am Ohr.
„Fein, alter Freund. Schön, das du wieder da bist. Wie bist du nur zu einem Geist geworden? Aber das kannst du mir sicher nicht erzählen. Wir werden schon herausfinden was dir geschehen ist. Möchtest du wieder gekrault werden?“ Voll Vorfreude beginnt er zu schnurren. Doch schon bald, nach dem ich angefangen habe ich zu streicheln, schlafe ich ein.
Dieser Geisterkater ist offensichtlich sehr angetan davon, mit seinem Namen angesprochen zu werden.
Wieder erfüllen bunte Träume meinen Schlaf.
Ein Mädchen bin ich, barfüßig und in einfache Wollkleider gehüllt. Ich sitze auf dem strohbedeckten Lehmboden der Halle und lausche fasziniert dem Geschichtenerzähler. Bei mir ist natürlich wieder der junge Kater, der sich seit einiger Zeit besonders dicht an mich angeschlossen hat. Begonnen hat es an dem Tag, an dem ich die Wunde behandelt habe, die er sich bei seiner neugierigen Erkundung des Herdfeuers zugezogen hat. Während ich zuhöre, hat er sich wieder zu einer Pelzkugel in meinen Armen zusammen gerollt und schnurrt leise. Der bunt gekleidete Mann schildert fantastische Begebenheiten, die von furchterregenden Tieren aus fremden Ländern handeln. Von riesigen Katzen weiß er zu berichten, gestreift und mit scharfen Reißzähnen. Und plötzlich wendet er sich zu mir und lächelt, „Katzen, wie dieses Tier in Eurem Schoß Jungfer. Doch viel, viel gefährlicher. Man nennt sie Tiger und sie jagen nicht Mäuse und Kaninchen, sondern Wildscheine und manchmal auch Menschen“
Ein wohliges Schaudern ergreift mich und ich sehe in dem Kätzchen in meinen Armen, plötzlich den Nachfolger des gewaltigen Herren der Steppe. In seine gespitzten Ohren flüstere ich, „Sohn des Tigerns, so sollst du heißen. MacTiger will ich dich nennen“
Mit einem Lächeln wache ich auf. So ist der kleine Kater also zu seinem Namen gekommen. Es muss eine schöne Erinnerung für ihn sein, in seinem jetzigen, trostlosen Dasein. Irgendwie muss es mir gelingen ihm zu helfen. Aber erst mal mache ich mich fertig. DAnn finde ich einen Zettel unter meiner Tür. Von wem der wohl ist?
Der Zettel ist von Hunter der mir nur mitteilen will, das er mit den anderen die Gegend unsicher macht und das sie mich haben schlafen lassen, da sie der Meinung waren, das ich das nach dem gestern erlebten brauche und das sie erst am Nachmittag wieder da sein würden. Außerdem bittet er darum dass ich auf mich aufpasse und nichts Unüberlegtes tue. Also gehe ich nach unten und Frühstücke erst mal.
Nach dem Frühstück mache ich mich auf den Weg zu dem Eichenhain. Durch den Regen, der auch in der Nacht wieder angefangen hatte und bis zum Morgen gedauert hat, sind überall große Pfützen, denen ich immer wieder ausweichen muss. Licht und Wolkenschatten wechseln sich in schnellem Rhythmus ab. Die Steinwälle entlang des Weges sind nass und die Wiesen dahinter glänzen vor Feuchtigkeit. Es ist sicher nicht ratsam, auch nur einen Fuß hinein zu setzten. Das schwarze Moor würde ihn sofort mit einem genüsslichen Schmatzen hineinziehen. Ekelige Vorstellung. Als ich die Ruine erreiche bricht die Sonne für einen längere Zeit durch und mir wird richtig warm. Den Weg zum Eichenhain lege ich in leuchtendem Licht zurück und als ich zwischen den Bäumen hindurch trete, flimmert es verwirrend grün durch die Blätter. Die Luft ist voller Feuchtigkeit und Süße. Sie wirkt wie Balsam für meine verletzte Seele. Es fällt mir leicht hier an nichts zu denken. Dann erreiche ich die Lichtung, wo mich die uralten Steine begrüßen.
Und ich fühle mich gedrängt auch sie zu begrüßen. Darum schreite ich langsam um sie herum, berühre jeden der acht Menhire achtungsvoll. Der Henge ist zwar nicht groß, doch er wirkt schon fast vertraut auf mich. Dann lasse ich mich auf einen flachen Felsbrocken sinken, der innerhalb des Kreises liegt. Ich lasse meine Gedanken in der Hoffnung schweifen, das sich mir an dieser Stelle ein Sinn auftun möge. Eine Verbindung zu dem jungen Mädchen und seinem Kater MacTiger. Wie die Silberdistel in meine Familie kam, die Sie von ihrer Mutter Flora MacAlpin erhalten hat. Während ich hier sitze und grüble, bemerke ich nicht wie sich das Licht trübt. Erst als mich ein kalter Hauch des Nebels berührt tauche ich aus meinen Gedanken auf. Wie eine weiße Wand haben sich die Wolken auf die Lichtung gesenkt, die Bäume verschwimmen darin zu schemenhaften Konturen. Mich fröstelt, doch kann ich mich nicht überwinden, auszustehen und zu gehen. So schlinge ich meine Arme um mich und starre in die weißen Schleier. Wie eigenartig sie sich bewegen. Wie sie zu wirbeln beginnen. Sie wirbeln um einen Stein gleich rechts von mir. Wirbeln und formen sich, werden dichter und lösen sich von dem Stein. Ein kleines Mädchen tritt aus dem Schleier. In ein weißes Kleidchen gehüllt tanzt es und läuft von Stein zu Stein. Ihre roten Haare wehen wie eine Lohe um ihren Kopf. Dort, wo sie den Boden berührt, sprießen Veilchen aus dem Gras. In meiner Nähe verweilt sie für einen Augenblick und ich sehe ihr Gesicht. Es ist eigenartig, die unfertigen Züge scheinen mir fremd und doch bekannt. Dann verschwindet sie und die Nebel beruhigen sich.
Nach kurzer Zeit beginnen die Nebel wieder zu wirbeln und ein älteres Mädchen tritt hinter dem nächsten Stein hervor. Wie das erste ist sie in weiß gewandet, doch sie ist goldblond und bekränzt mit Frühlingsblumen. Ich erkenne Margaret in ihr. Ein Mädchen an der Schwelle zur Frau. Sie huscht zwischen den Steinen hindurch und als sie an mir vorbei kommt, liegt ein sehnsuchtsvoller Ausdruck in ihrem Gesicht. Sie umrundet den Steinkreis mit einer seltsamen Grazie, bevor sie lautlos davon tanzt. Ich spüre keine Kälte, keine Angst. Nicht einmal die Feuchtigkeit die meine Haare und Kleidung tränkt.
Dann löst sich eine junge Frau aus dem Nebel, rothaarig und zierlich. Rosen schmücken ihr Kleid. Rosen trägt sie in den Armen. Weiße und rote Rosen. Sie beginnt einen fröhlichen Reigen, doch als sie an mir vorbei kommt, senkt sie traurig die Augen und bewegt sich mit ängstlichen Schritten. Dann hebt sie den Kopf und ich sehe – in mein Gesicht.
Für eine Ewigkeit sitze ich atemlos da, so scheint es mir zumindest. Doch Zeit und Raum haben in dieser unwirklichen Welt jeden Sinn verloren und so sehe ich, wie sich eine weitere Gestalt nähert. Kornähren in der Hand und lachend durch den Steinkreis laufend. Ich kann nicht anders als zu lächeln und die Tränen laufen mir über die Wangen. Denn es ist meine Mutter. So wie ich sie in Erinnerung habe. Aber auch sie verschwindet und eine wundervolle, etwas ältere Frau mit langen schwarzen Haaren in einem dunklen Gewand tritt aus dem Nebel heraus. Würdevoll umrundet sie die Lichtung und bleibt in meiner Nähe stehen. An ihrem Arm trägt sie einen Korb mit Äpfeln und an ihrer Schulter schimmert die Silberdistel. Flora, Margarets Mutter, lächelt mir zu und verschwindet.
Ich blinzle einmal. Die Frau mit den rötlichbraunen Haaren schwebt fern von mir zwischen den Bäumen. Narren mich meine Augen oder der Nebel. Für mich ist sie meine anmutige Tante Clarissa. Sie kommt nicht zu mir, sondern löst sich auf. Ihr folgt eine weitere, vertraute Gestalt. Alt schon, umweht von Herbstlaub, wandelt sie zwischen den Steinen. Sie kommt näher und ich spüre ihren Blick auf mir und weiß das meine Großmutter zu mir gekommen ist.
Die Nebel umschließen sie und mir ist als ob sich eine noch größere Stille auf die Lichtung gesenkt hat. Dann reist der Schleier entzwei und hinter dem Stein, direkt neben mir, tritt eine Uralte hervor. Weiß ist ihr Gesicht und ihr Haar. Ihr Umhang ist schwarz und schwarz sind ihre Augen, dunkel und unergründlich. Sie stützt sich auf einen knorrigen Stab und doch ist sie keine hilflose Greisin. Das ist eine mächtige Weise. Majestätisch umrundet sie den Hengen und verweilt in seinem Zentrum. Zu ihren Füßen glänzt silbern die sternenförmige Distel. Dann breitet sie die Arme aus und umschließt das ganze Rund – das kleine Mädchen, Margaret, mich, Mutter, Flora, Clarissa und Großmutter.
Ich weiß nicht wie viel Zeit vergangen ist. Ewigkeiten? Sekunden? Ich komme erst wieder in die Realität, als mich Arthurs brummige Stimme anspricht. „Gut, das Ihr hier gewartet habt, Alexandra. Die Nebel sind tückisch und führen den Wanderer in die Irre, der ohne Kenntnis der Wege durch das Moor läuft“ „Arthur! Sie scheinen den Weg gut zu kennen“ „Einige, Kind. Nun kommt, Ihr habt lange Zeit im Kalten gesessen. Ich habe Euch eine warme Decke mitgebracht“ Er hat recht. Ich fühle mich wie eine Eisstatue. Kalt und steif. Er hüllt mich in das grobe Wollplaid und hält mich in seinen Armen. Ich empfinde eine wundervolle Geborgenheit und muss gegen die Tränen kämpfen.
„Weint, Kind, wenn ihr müsst. Es ist einsam im Nebel und unheimlich an den Stätten der Alten“ „Nein nicht unheimlich, Arthur. Und nicht einsam. Ich habe viele gesehen, die zu mir gehören“
„So, die habt ihr gesehen? Wollt Ihr mir davon berichten?“ Ich erzähle ihm von den Frauen, die aus den Steinen kamen. „Nur zwei kenne ich nicht. Das rothaarige Kind und die weise Alte“ „Nein? Nun, das rothaarige Kind, das kenne auch ich noch nicht. Doch die Alte, die hat man im Hain schon oft hier gesehen“ „Wer ist sie?“ „Wer weiß?“ „Arthur?” “Kommt, steht auf und bewegt Euch ein wenig. Wir müssen nach Hause“ Wie schon so oft, kommt mir der Gedanke das Arthur Dougal, viel mehr weiß als er erzählen will.
Zusammen wandern wir zurück, dicht nebeneinander, denn der Nebel macht wirklich orientierungslos. Die Eibenhecke taucht auf und Arthur nimmt mir die Decke ab. Ich bedanke mich noch mal bei Ihm, das er sich die Mühe gemacht hat, die verirrte Wanderin aus dem Nebel zu fischen. Er winkt ab und wendet sich seinem Häuschen zu. Als ich die Halle betrete, werde ich von einem blondhaarigen Etwas angesprungen, das ich kurz danach als Tori identifizieren kann. „Alex wo warst du? Wir haben uns Sorgen gemacht?“ „Tut mir leid. Ich war spazieren und hab die Zeit vergessen“ „Und dabei hab ich dich doch extra gebeten auf dich auf zu passen“ Entschuldigend sehe ich Hunter an, der mich darauf besorgt ansieht. Was hat er denn? Auch die anderen sehen mich jetzt besorgt an. „Hast du etwa geweint?“ Tori´s Stimme klingt bestürzt. Oh das hab ich ja ganz vergessen. „Ähm, ja hab ich“ „Was ist passiert?“ „Hat dir jemand was getan?“ „Bist du verletzt?“ Beschwichtigend hebe ich die Hände um sie zu beruhigen. „Lasst uns nach oben gehen dann erzähle ich euch alles“ Also gehen wir in mein Zimmer und ich erzähle ihnen zu erst von meinem Traum. Anschließend von dem, was sich vor kurzen in dem Steinkreis zugetragen hat.
„Oh das hört sich so schön an Alex. Aber geht es dir jetzt auch wirklich gut?“ „Ja Tori, alles bestens“ In dem Moment meldet sich mein Magen und erinnert mich daran, das er heute noch nicht viel zu essen bekommen hat. „Also ich würde sagen, Alex macht sich etwas frisch und dann gehen wir Essen“ Mit diesem Vorschlag einverstanden, gehen die fünf raus und ich springe kurz unter die Dusche und ziehe mich um. Aus Dankbarkeit für das, was ich im Steinkreis erlebt habe, stecke ich mir die Silberdistel an den Pullover. Danach gehe ich aus dem Zimmer und gleich darauf kommen die anderen. Gemeinsam machen wir uns den Weg.
Nach dem Essen beschließen wir, in die Halle zu gehen und uns vor den Kamin zu setzen. Es sind auch einige andere Gäste anwesend, die uns aber nicht weiter beachten. Meine Begleiter unterhalten sich über belanglose Sachen, während ich in die Glut starre und dem Stimmengewirr im Raum lausche. Auf dem Kaminsims stehen zwei dicke, weiße Kerzen und ihr Schein spiegelt sich in dem Breitschwert das darüber aufgehängt ist. Die Luft wird schwer und dumpf und vor meinen Augen flimmert es.
Die Leute um mich rum legen plötzlich höchst unpassende und ungehobelte Manieren an den Tag. Flegeln sich über Tische und Bänke, stopfen sich mit Brot und Braten voll, trinken schlürfend und rülpsend den Whisky, der aus Fässern am Ende des Saals ausgeschenkt wird. Es ist laut, raue Stimmen übertönen den Dudelsack. Aber es ist kein fröhliches Gelage. Ja ich erinnere mich. Wir sind erstaunt gewesen, als Vater die Besucher ankündigt. Liegen wir doch seit Jahren im Streit mit den MacLeods. Aber der Burgfrieden machte einen Nachbarschaftsbesuch möglich, hat Mutter mir gesagt und mir aufgetragen, mein bestes Gewand anzuziehen. Darüber eine Schärpe, die an der Schulter mit einer Brosche befestigt war. Heute hat Mutter mir diese wunderschöne Silberdistel übergeben, die zu ihrem Trousseau gehört hat. Sie selbst hat würdevoll die unerwarteten Gäste begrüßt und die Küche beauftragt, ein reiches Gastmahl zu richten.
Als ich dem alten MacLeod vorgestellt werde, mustert er mich mit seinen harten Augen, die so gar nichts mit den sanften Blicken seines Sohnes Alasdair gemein haben. Mary versteckt sich ungewöhnlich schüchtern hinter meinen Röcken. Und MacTiger hat sich hurtig vor den vielen unachtsamen Füßen in Sicherheit gebracht.
Schon Stunden dauerte das Gelage, doch ich spüre, wie die Höflichkeiten zwischen unserem Gast und meinem Vater immer gezwungener werden. MacLeod trinkt Becher um Becher. Und dann bricht es plötzlich aus Ihm heraus. Er habe gehört das ich, MacIains Tochter, seinen Sohn Alasdair behext habe. Man habe uns zusammen im Eichenhain gesehen, in enger Umarmung. Sprachlos starren meine Eltern den grollenden MacLeod an, leugnen, dass ihre Tochter eine solche Liebelei beginnen würde. Von Hexerei wollen sie schon gar nichts wissen.
Doch ich, ich die ich Alasdair von Herzen lieb habe, ich stehe auf und die Worte kommen wie von selbst über meine Lippen. Ich gestehe meine Liebe. Ewige Liebe haben wir uns geschworen, allen Hindernissen zum Trotz. Liebe bis in den Tod hinein.
MacLeod, trunken und besinnungslos vor Zorn, reist sein Schwert von der Seite und stürzt auf meinen Vater zu. „Bis in den Tod hinein. Das könnt ihr haben“, brüllt er.
Mit Grauen erkenne ich seine Absicht, hebe abwehrend die Hände, doch schreien kann ich nicht. Meine Mutter wirft sich vor meinen Vater und bricht unter dem gewaltigen Hieb zusammen. Mein Vater versucht mit dem Dolch den Rasenden zu treffen, doch der springt, das Schwert in beiden Händen, über den blutenden Leichnam hinweg. Vor Entsetzten starr sehe ich meinen Vater fallen, sehe die Männer MacLeods unsere treuen Bediensteten metzeln, sehe meine Kinderfrau mit Mary unter einem Tisch zusammenbrechen und erwarte mit schreckgeweiteten Augen den Hieb, der mich mitten in die Brust trifft.
Es kracht, es klirrt gewaltig, die Schreie gellen mir in den Ohren.
„Alex. Alex, wach auf. Mein Gott Alex, was ist? Was hast du gesehen? Du bist blass wie der Tod. Du atmest ja kaum noch. Atme wieder, Alex, bitte. Dieses verdammte Schwert. Komm, raus hier!“ Mühsam blinzle ich. Wo bin ich? Warum brüllen die alle so herum?
Dann sehe ich das Schwert. Das Breitschwert liegt vor meinen Füßen, die Klinge geborsten bis zum Griff. Und endlich kann ich schreien.
_______________________________________________________________________________________________________
Teaser:
34. MacTiger greift ein
Online am 24.11.2017
__________________________________________________________________
„Es hat ein Erdbeben heute Nacht gegeben und du hast es verschlafen?“ Ungläubig sieht Tori mich an. „Ich hab es nicht nur verschlafen, ich hab sogar ganz wundervoll geträumt“ „Du meine Güte. Dabei haben stundenlang die Fensterscheiben geklirrt und geklappert“ „Na, stundenlang ist etwas übertrieben Tori“ „Warum hast du denn so gut geschlafen? Hast du etwas Besuch gehabt?“ Ich weiß das Dustin das nur aus Spaß sagt, aber er weiß halt nicht wie nah er dran ist. „Ganz recht Dustin“ Ungläubig sieht er mich an. Aber nicht nur er, sondern auch die anderen. Und da kann ich mich vor lachen nicht mehr halten. „War etwa ein Kerl bei dir?“ Ich nicke nur da ich mich immer noch nicht beruhigt habe und ihre Gesichter werden noch entsetzter. So als hätte ich ihre Hoffnung auf irgendetwas zerstört. „Ja, denn der Katzengeist ist ein Kater“, kläre ich das ganze auf. Erleichtert atmen alle auf. Was haben die denn?
„Das war gemein Alex“ Erwachsen, wie ich manchmal bin, strecke ich Dustin die Zunge raus, was ihn wider zum lachen bringt. „Sehr erwachsen Alex“ „Ich weiß Blake“ Lächelnd sehen mich die Fünf an. „Sag mal Hunter. Sind deine Vorfahren eigentlich schottischer Herkunft?“ „Was hat das mit dem Erdbeben zu tun?“ „Eigentlich gar nichts“ „Jetzt erzähl erst mal von deinem Traum“ Tori ist wieder so aufgedreht wie eh und je. „Aber nicht hier. Hier gibt es zu viele neugierige Lauscher“ Zustimmend nicken alle und wir machen uns auf den Weg. Eine halbe Stunde später sitzen wir auf der Lichtung, hier ganz in der Nähe. Als ich meinen Traum erzählt habe, herrscht erst mal schweigen, das dann aber von Shane gebrochen wird.
„Du glaubst, du stehst in einer Verbindung zu dieser Margaret und dieser komische Geisterkater hat zu ihr gehört?“ „Ich denke schon. Nur weiß ich nicht wie diese Verbindung aussehen könnte. Ich weiß nicht viel über meine Familie und das was ich weiß ist ziemlich langweilig. Meine Großmutter kommt aus London, zog aber schon früh nach Australien. Ihre Familie stammt ursprünglich aus Irland, lebte dann aber in Cornwall. Es gab Zinngruben dort und irgendein Ururururgroßvater ist dabei richtig zu Geld gekommen. Das ist aber über die Generationen verloren gegangen. Irgendwo gibt es auch noch ein Haus. Man kann also an fünf Fingern abzählen, wie weit das zurückreicht“ „Dann zeig mal deine hundertsechzig Fingerchen her“ „Sind das bloß hundertsechzig Jahre?“ „Ohne Taschenrechner bist du wohl aufgeschmissen, was? Oma geboren wann?“
„1910“ „Zwei Generationen zurück, circa fünfzig Jahre, na, sagen wir, 1850. Fehlen noch hundert Jahre. In denen kann viel passiert sein. Meinst du nicht?“ Shane scheint das ganze auch langsam Spaß zu machen. Tori muss wohl ansteckend sein. „Natürlich. Das Haus ist sogar noch älter. Aber wie alt genau, weiß ich nicht und ich kann auch niemanden danach fragen“ „Warum hast du vorhin gemeint, Hunter hätte schottische Verwandte?“ „Weil der Mann in meinem Traum eine gewisse Ähnlichkeit mit ihm hat“ „Ernsthaft?“ „Ja mein Lieber“ „Sie hat Margaretes Freund aber als gut aussehend geschildert, Leute. Liegt die Ähnlichkeit in meinem umwerfenden Aussehen?“ Was ein Angeber. „Vielleicht seid ihr zwei einfach vom Schicksal für einander bestimmt“ Tori fängt an uns vor zu schwärmen wie die Beziehung der Beiden ausgesehen haben kann und ist dabei ganz in ihrer Welt, bis Dustin anfängt blöde Witze zu machen. Tori sieht dabei etwas enttäuscht aus, da die anderen sich nicht so wirklich dafür begeistern können. Mein Interesse bei der ganzen Sache liegt aber mehr bei dem armen Geisterkater, der so sehr das Streicheln vermisst und dessen Schnurren das Schloss zum Wackeln gebracht hat. Weil ich Tori aber wirklich mag und sie ziemlich betreten dreinblickt, nicke ich ihr aufmunternd zu und meine, „Schreib es auf. Schreib die Geschichte der beiden auf, so, wie sie hätte passieren können“ Begeistert sieht sie mich an. Tori ist halt eine Romantikerin.
Da es mittlerweile angefangen hat leicht zu regnen, beschließen wir zurück zum Hotel zu gehen.
Zusammen gehen wir auf mein Zimmer, da Shane sich noch unbedingt die Silberdistel in dem Kaminsims ansehen will. „Du scheinst Silberdisteln wirklich magisch an zu ziehen“ Lächelnd sehe ich Ihn an, bis mir etwas einfällt. Anziehen? Da war doch was. Schnell springe ich vom Bett auf, auf das wir anderen uns gesetzt haben und wühle in meinen Klamotten rum. „Alex was hast du?“ „Mir ist gerade was eingefallen. Verflucht wo ist das Ding. Ich weiß das es hier ist“ Das ist doch zum Haare raufen. Gespannt sehen mir die fünf zu. „Ah da ist sie ja“ Triumphierend ziehe ich einen schwarzen Pullover hervor. „Und was ist daran jetzt besonders?“ Ich drehe mich zu den fünf um und halte den Pullover vor mich, so das ihr Blick unweigerlich auf die Brosche fällt. „Eine Silberdistel“ „Ja, es ist mir gerade wieder eingefallen, als du meintest das ich Silberdisteln an ziehen würde“ Vorsichtig berühre ich die Silberdistel und mich durchzuckt es wie ein Stromschlag. Einen Moment lang flimmert die Luft um mich herum, dann sehe ich sie. Das Mädchen mit den langen blonden Zöpfen sitzt im Zimmer. Ein Spinnrad dreht sich und die Spindel hüpft eifrig auf und ab. Neben ihr steht eine ältere Frau mit dunklen Haaren und spricht mir ihr. Verstehen kann ich sie allerdings nicht, doch ich sehe wie sie ihr etwas überreicht. Eine silberne Brosche, geformt wie eine geöffnete Silberdistel in ihren zackigen Blüten.
Dann verschwindet das Bild und Hunter´s fester Griff muss mich stützen. „Du hattest wieder eine Vision, oder?“ „Ja. Es war eine Szene die ich auch schon mal geträumt habe. Aber ich konnte mich an keine Einzelheiten erinnern“ Ich erzähle ihnen was ich gerade gesehen habe. „Dann gibt es wirklich eine Verbindung zwischen dir und diesem Gebäude und seinen früheren Besitzern“ Vorsichtig streiche ich über die Brosche, die ich dieses mal problemlos berühren kann. Es ist ein hübsches Schmuckstück. Eine etwa acht Zentimeter große, runde Silberscheibe, in der Mitte ein Bernstein, der den Blütenkorb darstellt, außen herum die Blütenblätter und die zackigen Distelblätter ausgearbeitet.
„Also müssen wir nur noch herausfinden, wie sie in deine Familie gekommen ist, nicht wahr? Interessiert dich das nicht?“ „Doch, natürlich. Aber ich weiß keinen Anhaltspunkt. Wenn die MacIains wirklich ausgerottet wurden, wie man annehmen kann, dann konnte jeder Plünderer diesen Schmuck an sich genommen haben. Wenn die schon angesengte Spinnräder aus den Ruinen geklaut haben, werden die sicher auch vor Leichenfledderei nicht halt gemacht haben“ „Du bist grässlich ernüchternd Alex“, hält mir Tori vor. „Ich weiß“
Tori´s Interesse für die ganze Sache, hat mich daran erinnert das ich schon vor ein paar Tagen etwas erledigen wollte. „Ich muss noch was erledigen“ „Was denn? Können wir mit?“ „Ich will zu Arthur“ „Wir kommen mit. Aber vorher solltest du noch was essen“ Mit einem Seufzen stimme ich zu, da ich gegen die fünf eh nicht ankomme. Also schlinge ich schnell etwas runter, was die anderen sehr zu amüsieren scheint und dann laufen wir durch den nassen Garten. Der Regen hat zwar etwas nachgelassen, aber es tröpfelt immer noch heftig von den Büschen und Bäumen.
Arthur macht nach einem kurzen Moment die Tür auf und Silver springt von dem Sessel, auf dem Sie gerade noch gelegen hat, humpelt zu mir und streicht um meine Beine. „Na Silver, dir scheint es ja schon wieder richtig gut zu gehen“
Arthur lacht und nimmt das Kätzchen auf seine Arme. „Kommt herein, es ist nass draußen“ In dem kleinen Raum brennt ein Feuer im Kamin und wir setzten uns. „Gemütlich ist es hier. Nicht so wie in der schrecklichen lila Halle“ Braune Wollteppiche liegen auf dem Boden, ein paar schlichte Regal, die so aussehen als ob sie selbst gezimmert sind, ziehen sich an den Wänden entlang, darin Reihen von Büchern, nicht ordentlich ausgerichtet, sondern so als ob sie oft heraus genommen und gelesen werden. In einer Ecke steht die Harfe, auf dem Tisch steht ein Tonkrug mit Becher. „Mögt ihr ein Becher von meinem Holunderwein trinken?“ „Wenn ich davon nicht gleich unter den Tisch sinke“ „Nein, gewiss nicht“ Die anderen nehmen ebenfalls dankend an.
Silver, derweil klagt ihren Platz ein und springt auf meinen Schoß. „Sie liegt gerne am Feuer zum wärmen. Euch stört es doch nicht, wenn sie dort liegt?“ „Nein, überhaupt nicht“ Ganz selbstverständlich fange ich an die Kleine zu streicheln, wobei ich an den Katzengeist denken muss. Ob er sich auch danach sehnt wieder ein Fell zu haben das man kraulen kann? Wenn meine Vermutung stimmt, dann ist der Arme jetzt schon seit zweihundert Jahren pelzlos.
Arthur hat uns gegenüber Platz genommen und schweigt. Es scheint ihn nicht besonders zu überraschend das wir ihn aufgesucht haben. Er fragt nicht was uns hergeführt hat. Ich suche nach einem Anfang um unser, oder vielmehr mein Anliegen vor zu bringen.
„Arthur, Sie….. Sie wissen, ich hab vorgestern an dem Grab etwas gesehen” Er nickt. „Wir haben ein wenig nachgeforscht und eine alte Geschichte herausgefunden und Tori möchte sie aufschreiben und auch etwas in der Genealogie der Clans recherchieren. Dabei hab ich mich an die Ballade erinnert, die Sie letzte Woche drüben in der Halle gesungen haben. Kann sie möglicherweise auf dieses Ereignis anspielen?“ „Daran erinnert Ihr euch? So, so. Welche war es denn? Ich kenne viele Balladen“ Sehe ich da einen Funken Schalk in seinen Augenwinkeln? „Oh, es war die schaurige Geschichte, die immer auf den Namen MacTiger endet. Wer auch immer das war“ „Und Ihr wisst es immer noch nicht, Alexandra?“ Fassungslos sehe ich Ihn an. Das kann doch nicht wahr sein?
„Arthur ….? Ihr kennt den Spuk? Den Kater? Ist er das?“ „Ja, Kind, ich kenne den armen Kater schon lange. Aber wer will heute noch an Geister glauben. Außerdem ist er ein sehr ängstlicher Geist“
„Nicht ängstlicher als jede scheue Katze. Ich … ich glaub, ich hab irgendwie sein Vertrauen gewonnen“ „Erstaunliches Mädchen. Erzählt“ Also erzähle ich zum zweiten mal heute die nächtliche Begebenheit und meine Schlussfolgerung daraus.
„Ja, die alte Ballade erzählt davon. Die Maid war Margaret MacIain, der Junge Alasdair MacLeod of Blair Rath Castel. Auch ich habe in den alten Geschichten nachgeforscht. Doch vorgestern erst fand ich das Grab, den Nachweis, das Margaret wirklich hier lebte“ Damit steht er auf und geht zu dem Regal, aus dem er ein Heft zieht und es Tori gibt. „Es enthält die Ballade und die Geschichte, soweit ich sie kenne. Es ist nicht viel, aber mit Euren Geschichten und der Neugierde eurer Freundin mag die Vergangenheit von Drumnadruid Castle wieder aufleben“ „Viel Dank. Wir werden die Seiten kopieren…“ „Behaltet das Original“ „Aber dann haben Sie doch..“ „Ich habe meinen Kopf und darin sind alle Originale“ „Auswendig?“ „Ihr jungen Leute lernt das nicht mehr, aber dort, wo ich herkomme, werden die alten Geschichten noch mündlich weitergegeben“
Arthur legt ein neues Scheit nach und ein Funkenregen sprüht knisternd im Kamin. Draußen tropft der Regen wieder unablässig auf die Blätter, auf meinem Schoß schnurrt die weiße Katze. Sonst hört man nichts. Ob es doch an dem Wein liegt? Ich fühle mich entspannt, wie schwebend. Meine Gedanken wandern, suchen. Nicht in der fernen Vergangenheit, sondern in den Ereignissen der letzten Tage. Ich sehe diejenigen die mir etwas bedeuten. Ihre Gesichter tanzen vor meinen Augen. Meine Mutter die mich fröhlich und unbeschwert ansieht, meine Tante, fröhlich und voller Lebensfreude, meine sechs Freunde, jeder besonders auf seine Art, aber besonders sticht Hunter heraus, zu dem ich eine tiefe Verbundenheit spüre, MacDuffnet, rotgesichtig, ständig auf seinen Vorteil bedacht, Arthur, von eigenartiger Weisheit geprägt und doch zufrieden lebend als einfacher Gärtner. Und natürlich MacTiger, der ruhelos spukende Kater mit seiner Sehnsucht nach Berührung. Und die silberne Distel in all ihren Formen. Sie sind um mich herum und zwischen ihnen spannen sich leuchtende Fäden. Einige dünn wie Seide, andere dicht und fest. Sie wachsen und verweben sich, bilden ein Netz, lösen sich hier, verbinden sich dort, spinnen mich ein in das Muster der Beziehungen. Und ich fühle mich verbunden mit ihnen allen, durch Liebe, durch Angst, durch Hoffnung, durch Vertrauen und – Gefahr.
Unbeabsichtigt habe ich Silver wohl zu heftig angefasst, sie springt mit einem Maunzen von meinem Schoß, ich bin wieder in Arthur Zimmer. Er sitzt am Kamin und streicht sacht über die Saiten der Harfe. Die Töne scheinen den Raum zu füllen, auch wenn sie kaum hörbar sind.
„Ihr wandert auch Alexandra. Ihr wandert in den Weiten und in den Tiefen. Das ist wichtig und gut, mein Kind. Doch auf den Wanderungen erwarten einen zuzeiten Erschreckendes“ Sehr leise spricht der alte Bade und mir laufen kalte Schauer über den Rücken. „Aber wenn Ihr den Schrecken auf euren Wanderungen durch Eure eigenen Tiefen überwunden habt, werdet Ihr stärker daraus hervorgehen. Ihr werdet dann in der Lage sein, anderen zu helfen“ „Ich hab Angst, Arthur ….. ich habe zweimal das Grauen erlebt“ „Angst kann man überwinden, denn auch wenn Ihr es nicht merkt, wenn ihr es nicht seht, Ihr werdet geführt auf Eurem Weg. Vertraut mir, ich weiß wovon ich spreche. Und glaubt mir, Ihr habt die Kraft für alles das, was Euch zu tun geboten werden wird“
Die Harfe klingt lauter, fast beschwörend. Und mich erfühlt plötzlich ein wundersames Gefühl von Zuversicht.
„Geht nun zurück zum Hotel. Es ist schon Mitternacht vorbei, der Rabe hat sein >Nevermore< gekrächzt und MacTiger hart Eurer auf dem Kaminsims über der silbernen Distel. Geht, Kind, der Regen ist vorüber“
Langsam stehe ich auf und auch die anderen erheben sich. Wir verabschieden uns und gehen zurück. Vor unseren Zimmern trennen sich dann unsere Wege. Und wie Arthur gesagt hat, sehe ich MacTiger auf dem Kaminsims.
„Hallo, MacTiger“ Als ich seinen Namen nenne, sieht er mich erschrocken an und ist im nächsten Moment verschwunden. Es muss schon lange her sein das er seinen Namen gehört hat. Kein Wunder also das er so erschrocken ist. Ich ziehe mich schnell um und lege mich ins Bett und warte ob er zurück kommt.
Und es dauert auch nicht lange bis ich seine Anwesenheit spüre und blinzelnd die Augen öffne.
„Du bist doch MacTiger, nicht wahr?“ Ich spreche nur leise mit Ihm, da ich ihn nicht wieder erschrecken möchte. Er rückt etwas näher zu mir und kratzt sich wie vereinbart am Ohr.
„Fein, alter Freund. Schön, das du wieder da bist. Wie bist du nur zu einem Geist geworden? Aber das kannst du mir sicher nicht erzählen. Wir werden schon herausfinden was dir geschehen ist. Möchtest du wieder gekrault werden?“ Voll Vorfreude beginnt er zu schnurren. Doch schon bald, nach dem ich angefangen habe ich zu streicheln, schlafe ich ein.
Dieser Geisterkater ist offensichtlich sehr angetan davon, mit seinem Namen angesprochen zu werden.
Wieder erfüllen bunte Träume meinen Schlaf.
Ein Mädchen bin ich, barfüßig und in einfache Wollkleider gehüllt. Ich sitze auf dem strohbedeckten Lehmboden der Halle und lausche fasziniert dem Geschichtenerzähler. Bei mir ist natürlich wieder der junge Kater, der sich seit einiger Zeit besonders dicht an mich angeschlossen hat. Begonnen hat es an dem Tag, an dem ich die Wunde behandelt habe, die er sich bei seiner neugierigen Erkundung des Herdfeuers zugezogen hat. Während ich zuhöre, hat er sich wieder zu einer Pelzkugel in meinen Armen zusammen gerollt und schnurrt leise. Der bunt gekleidete Mann schildert fantastische Begebenheiten, die von furchterregenden Tieren aus fremden Ländern handeln. Von riesigen Katzen weiß er zu berichten, gestreift und mit scharfen Reißzähnen. Und plötzlich wendet er sich zu mir und lächelt, „Katzen, wie dieses Tier in Eurem Schoß Jungfer. Doch viel, viel gefährlicher. Man nennt sie Tiger und sie jagen nicht Mäuse und Kaninchen, sondern Wildscheine und manchmal auch Menschen“
Ein wohliges Schaudern ergreift mich und ich sehe in dem Kätzchen in meinen Armen, plötzlich den Nachfolger des gewaltigen Herren der Steppe. In seine gespitzten Ohren flüstere ich, „Sohn des Tigerns, so sollst du heißen. MacTiger will ich dich nennen“
Mit einem Lächeln wache ich auf. So ist der kleine Kater also zu seinem Namen gekommen. Es muss eine schöne Erinnerung für ihn sein, in seinem jetzigen, trostlosen Dasein. Irgendwie muss es mir gelingen ihm zu helfen. Aber erst mal mache ich mich fertig. DAnn finde ich einen Zettel unter meiner Tür. Von wem der wohl ist?
Der Zettel ist von Hunter der mir nur mitteilen will, das er mit den anderen die Gegend unsicher macht und das sie mich haben schlafen lassen, da sie der Meinung waren, das ich das nach dem gestern erlebten brauche und das sie erst am Nachmittag wieder da sein würden. Außerdem bittet er darum dass ich auf mich aufpasse und nichts Unüberlegtes tue. Also gehe ich nach unten und Frühstücke erst mal.
Nach dem Frühstück mache ich mich auf den Weg zu dem Eichenhain. Durch den Regen, der auch in der Nacht wieder angefangen hatte und bis zum Morgen gedauert hat, sind überall große Pfützen, denen ich immer wieder ausweichen muss. Licht und Wolkenschatten wechseln sich in schnellem Rhythmus ab. Die Steinwälle entlang des Weges sind nass und die Wiesen dahinter glänzen vor Feuchtigkeit. Es ist sicher nicht ratsam, auch nur einen Fuß hinein zu setzten. Das schwarze Moor würde ihn sofort mit einem genüsslichen Schmatzen hineinziehen. Ekelige Vorstellung. Als ich die Ruine erreiche bricht die Sonne für einen längere Zeit durch und mir wird richtig warm. Den Weg zum Eichenhain lege ich in leuchtendem Licht zurück und als ich zwischen den Bäumen hindurch trete, flimmert es verwirrend grün durch die Blätter. Die Luft ist voller Feuchtigkeit und Süße. Sie wirkt wie Balsam für meine verletzte Seele. Es fällt mir leicht hier an nichts zu denken. Dann erreiche ich die Lichtung, wo mich die uralten Steine begrüßen.
Und ich fühle mich gedrängt auch sie zu begrüßen. Darum schreite ich langsam um sie herum, berühre jeden der acht Menhire achtungsvoll. Der Henge ist zwar nicht groß, doch er wirkt schon fast vertraut auf mich. Dann lasse ich mich auf einen flachen Felsbrocken sinken, der innerhalb des Kreises liegt. Ich lasse meine Gedanken in der Hoffnung schweifen, das sich mir an dieser Stelle ein Sinn auftun möge. Eine Verbindung zu dem jungen Mädchen und seinem Kater MacTiger. Wie die Silberdistel in meine Familie kam, die Sie von ihrer Mutter Flora MacAlpin erhalten hat. Während ich hier sitze und grüble, bemerke ich nicht wie sich das Licht trübt. Erst als mich ein kalter Hauch des Nebels berührt tauche ich aus meinen Gedanken auf. Wie eine weiße Wand haben sich die Wolken auf die Lichtung gesenkt, die Bäume verschwimmen darin zu schemenhaften Konturen. Mich fröstelt, doch kann ich mich nicht überwinden, auszustehen und zu gehen. So schlinge ich meine Arme um mich und starre in die weißen Schleier. Wie eigenartig sie sich bewegen. Wie sie zu wirbeln beginnen. Sie wirbeln um einen Stein gleich rechts von mir. Wirbeln und formen sich, werden dichter und lösen sich von dem Stein. Ein kleines Mädchen tritt aus dem Schleier. In ein weißes Kleidchen gehüllt tanzt es und läuft von Stein zu Stein. Ihre roten Haare wehen wie eine Lohe um ihren Kopf. Dort, wo sie den Boden berührt, sprießen Veilchen aus dem Gras. In meiner Nähe verweilt sie für einen Augenblick und ich sehe ihr Gesicht. Es ist eigenartig, die unfertigen Züge scheinen mir fremd und doch bekannt. Dann verschwindet sie und die Nebel beruhigen sich.
Nach kurzer Zeit beginnen die Nebel wieder zu wirbeln und ein älteres Mädchen tritt hinter dem nächsten Stein hervor. Wie das erste ist sie in weiß gewandet, doch sie ist goldblond und bekränzt mit Frühlingsblumen. Ich erkenne Margaret in ihr. Ein Mädchen an der Schwelle zur Frau. Sie huscht zwischen den Steinen hindurch und als sie an mir vorbei kommt, liegt ein sehnsuchtsvoller Ausdruck in ihrem Gesicht. Sie umrundet den Steinkreis mit einer seltsamen Grazie, bevor sie lautlos davon tanzt. Ich spüre keine Kälte, keine Angst. Nicht einmal die Feuchtigkeit die meine Haare und Kleidung tränkt.
Dann löst sich eine junge Frau aus dem Nebel, rothaarig und zierlich. Rosen schmücken ihr Kleid. Rosen trägt sie in den Armen. Weiße und rote Rosen. Sie beginnt einen fröhlichen Reigen, doch als sie an mir vorbei kommt, senkt sie traurig die Augen und bewegt sich mit ängstlichen Schritten. Dann hebt sie den Kopf und ich sehe – in mein Gesicht.
Für eine Ewigkeit sitze ich atemlos da, so scheint es mir zumindest. Doch Zeit und Raum haben in dieser unwirklichen Welt jeden Sinn verloren und so sehe ich, wie sich eine weitere Gestalt nähert. Kornähren in der Hand und lachend durch den Steinkreis laufend. Ich kann nicht anders als zu lächeln und die Tränen laufen mir über die Wangen. Denn es ist meine Mutter. So wie ich sie in Erinnerung habe. Aber auch sie verschwindet und eine wundervolle, etwas ältere Frau mit langen schwarzen Haaren in einem dunklen Gewand tritt aus dem Nebel heraus. Würdevoll umrundet sie die Lichtung und bleibt in meiner Nähe stehen. An ihrem Arm trägt sie einen Korb mit Äpfeln und an ihrer Schulter schimmert die Silberdistel. Flora, Margarets Mutter, lächelt mir zu und verschwindet.
Ich blinzle einmal. Die Frau mit den rötlichbraunen Haaren schwebt fern von mir zwischen den Bäumen. Narren mich meine Augen oder der Nebel. Für mich ist sie meine anmutige Tante Clarissa. Sie kommt nicht zu mir, sondern löst sich auf. Ihr folgt eine weitere, vertraute Gestalt. Alt schon, umweht von Herbstlaub, wandelt sie zwischen den Steinen. Sie kommt näher und ich spüre ihren Blick auf mir und weiß das meine Großmutter zu mir gekommen ist.
Die Nebel umschließen sie und mir ist als ob sich eine noch größere Stille auf die Lichtung gesenkt hat. Dann reist der Schleier entzwei und hinter dem Stein, direkt neben mir, tritt eine Uralte hervor. Weiß ist ihr Gesicht und ihr Haar. Ihr Umhang ist schwarz und schwarz sind ihre Augen, dunkel und unergründlich. Sie stützt sich auf einen knorrigen Stab und doch ist sie keine hilflose Greisin. Das ist eine mächtige Weise. Majestätisch umrundet sie den Hengen und verweilt in seinem Zentrum. Zu ihren Füßen glänzt silbern die sternenförmige Distel. Dann breitet sie die Arme aus und umschließt das ganze Rund – das kleine Mädchen, Margaret, mich, Mutter, Flora, Clarissa und Großmutter.
Ich weiß nicht wie viel Zeit vergangen ist. Ewigkeiten? Sekunden? Ich komme erst wieder in die Realität, als mich Arthurs brummige Stimme anspricht. „Gut, das Ihr hier gewartet habt, Alexandra. Die Nebel sind tückisch und führen den Wanderer in die Irre, der ohne Kenntnis der Wege durch das Moor läuft“ „Arthur! Sie scheinen den Weg gut zu kennen“ „Einige, Kind. Nun kommt, Ihr habt lange Zeit im Kalten gesessen. Ich habe Euch eine warme Decke mitgebracht“ Er hat recht. Ich fühle mich wie eine Eisstatue. Kalt und steif. Er hüllt mich in das grobe Wollplaid und hält mich in seinen Armen. Ich empfinde eine wundervolle Geborgenheit und muss gegen die Tränen kämpfen.
„Weint, Kind, wenn ihr müsst. Es ist einsam im Nebel und unheimlich an den Stätten der Alten“ „Nein nicht unheimlich, Arthur. Und nicht einsam. Ich habe viele gesehen, die zu mir gehören“
„So, die habt ihr gesehen? Wollt Ihr mir davon berichten?“ Ich erzähle ihm von den Frauen, die aus den Steinen kamen. „Nur zwei kenne ich nicht. Das rothaarige Kind und die weise Alte“ „Nein? Nun, das rothaarige Kind, das kenne auch ich noch nicht. Doch die Alte, die hat man im Hain schon oft hier gesehen“ „Wer ist sie?“ „Wer weiß?“ „Arthur?” “Kommt, steht auf und bewegt Euch ein wenig. Wir müssen nach Hause“ Wie schon so oft, kommt mir der Gedanke das Arthur Dougal, viel mehr weiß als er erzählen will.
Zusammen wandern wir zurück, dicht nebeneinander, denn der Nebel macht wirklich orientierungslos. Die Eibenhecke taucht auf und Arthur nimmt mir die Decke ab. Ich bedanke mich noch mal bei Ihm, das er sich die Mühe gemacht hat, die verirrte Wanderin aus dem Nebel zu fischen. Er winkt ab und wendet sich seinem Häuschen zu. Als ich die Halle betrete, werde ich von einem blondhaarigen Etwas angesprungen, das ich kurz danach als Tori identifizieren kann. „Alex wo warst du? Wir haben uns Sorgen gemacht?“ „Tut mir leid. Ich war spazieren und hab die Zeit vergessen“ „Und dabei hab ich dich doch extra gebeten auf dich auf zu passen“ Entschuldigend sehe ich Hunter an, der mich darauf besorgt ansieht. Was hat er denn? Auch die anderen sehen mich jetzt besorgt an. „Hast du etwa geweint?“ Tori´s Stimme klingt bestürzt. Oh das hab ich ja ganz vergessen. „Ähm, ja hab ich“ „Was ist passiert?“ „Hat dir jemand was getan?“ „Bist du verletzt?“ Beschwichtigend hebe ich die Hände um sie zu beruhigen. „Lasst uns nach oben gehen dann erzähle ich euch alles“ Also gehen wir in mein Zimmer und ich erzähle ihnen zu erst von meinem Traum. Anschließend von dem, was sich vor kurzen in dem Steinkreis zugetragen hat.
„Oh das hört sich so schön an Alex. Aber geht es dir jetzt auch wirklich gut?“ „Ja Tori, alles bestens“ In dem Moment meldet sich mein Magen und erinnert mich daran, das er heute noch nicht viel zu essen bekommen hat. „Also ich würde sagen, Alex macht sich etwas frisch und dann gehen wir Essen“ Mit diesem Vorschlag einverstanden, gehen die fünf raus und ich springe kurz unter die Dusche und ziehe mich um. Aus Dankbarkeit für das, was ich im Steinkreis erlebt habe, stecke ich mir die Silberdistel an den Pullover. Danach gehe ich aus dem Zimmer und gleich darauf kommen die anderen. Gemeinsam machen wir uns den Weg.
Nach dem Essen beschließen wir, in die Halle zu gehen und uns vor den Kamin zu setzen. Es sind auch einige andere Gäste anwesend, die uns aber nicht weiter beachten. Meine Begleiter unterhalten sich über belanglose Sachen, während ich in die Glut starre und dem Stimmengewirr im Raum lausche. Auf dem Kaminsims stehen zwei dicke, weiße Kerzen und ihr Schein spiegelt sich in dem Breitschwert das darüber aufgehängt ist. Die Luft wird schwer und dumpf und vor meinen Augen flimmert es.
Die Leute um mich rum legen plötzlich höchst unpassende und ungehobelte Manieren an den Tag. Flegeln sich über Tische und Bänke, stopfen sich mit Brot und Braten voll, trinken schlürfend und rülpsend den Whisky, der aus Fässern am Ende des Saals ausgeschenkt wird. Es ist laut, raue Stimmen übertönen den Dudelsack. Aber es ist kein fröhliches Gelage. Ja ich erinnere mich. Wir sind erstaunt gewesen, als Vater die Besucher ankündigt. Liegen wir doch seit Jahren im Streit mit den MacLeods. Aber der Burgfrieden machte einen Nachbarschaftsbesuch möglich, hat Mutter mir gesagt und mir aufgetragen, mein bestes Gewand anzuziehen. Darüber eine Schärpe, die an der Schulter mit einer Brosche befestigt war. Heute hat Mutter mir diese wunderschöne Silberdistel übergeben, die zu ihrem Trousseau gehört hat. Sie selbst hat würdevoll die unerwarteten Gäste begrüßt und die Küche beauftragt, ein reiches Gastmahl zu richten.
Als ich dem alten MacLeod vorgestellt werde, mustert er mich mit seinen harten Augen, die so gar nichts mit den sanften Blicken seines Sohnes Alasdair gemein haben. Mary versteckt sich ungewöhnlich schüchtern hinter meinen Röcken. Und MacTiger hat sich hurtig vor den vielen unachtsamen Füßen in Sicherheit gebracht.
Schon Stunden dauerte das Gelage, doch ich spüre, wie die Höflichkeiten zwischen unserem Gast und meinem Vater immer gezwungener werden. MacLeod trinkt Becher um Becher. Und dann bricht es plötzlich aus Ihm heraus. Er habe gehört das ich, MacIains Tochter, seinen Sohn Alasdair behext habe. Man habe uns zusammen im Eichenhain gesehen, in enger Umarmung. Sprachlos starren meine Eltern den grollenden MacLeod an, leugnen, dass ihre Tochter eine solche Liebelei beginnen würde. Von Hexerei wollen sie schon gar nichts wissen.
Doch ich, ich die ich Alasdair von Herzen lieb habe, ich stehe auf und die Worte kommen wie von selbst über meine Lippen. Ich gestehe meine Liebe. Ewige Liebe haben wir uns geschworen, allen Hindernissen zum Trotz. Liebe bis in den Tod hinein.
MacLeod, trunken und besinnungslos vor Zorn, reist sein Schwert von der Seite und stürzt auf meinen Vater zu. „Bis in den Tod hinein. Das könnt ihr haben“, brüllt er.
Mit Grauen erkenne ich seine Absicht, hebe abwehrend die Hände, doch schreien kann ich nicht. Meine Mutter wirft sich vor meinen Vater und bricht unter dem gewaltigen Hieb zusammen. Mein Vater versucht mit dem Dolch den Rasenden zu treffen, doch der springt, das Schwert in beiden Händen, über den blutenden Leichnam hinweg. Vor Entsetzten starr sehe ich meinen Vater fallen, sehe die Männer MacLeods unsere treuen Bediensteten metzeln, sehe meine Kinderfrau mit Mary unter einem Tisch zusammenbrechen und erwarte mit schreckgeweiteten Augen den Hieb, der mich mitten in die Brust trifft.
Es kracht, es klirrt gewaltig, die Schreie gellen mir in den Ohren.
„Alex. Alex, wach auf. Mein Gott Alex, was ist? Was hast du gesehen? Du bist blass wie der Tod. Du atmest ja kaum noch. Atme wieder, Alex, bitte. Dieses verdammte Schwert. Komm, raus hier!“ Mühsam blinzle ich. Wo bin ich? Warum brüllen die alle so herum?
Dann sehe ich das Schwert. Das Breitschwert liegt vor meinen Füßen, die Klinge geborsten bis zum Griff. Und endlich kann ich schreien.
_______________________________________________________________________________________________________
Teaser:
34. MacTiger greift ein
Online am 24.11.2017