Sterben für Erestor - oder: Pfusch am Bau
von DeepSilence
Kurzbeschreibung
In der Vorhalle des Todes herrscht gähnende Langeweile. (Mal wieder...!) Wie immer, wenn sich in Mittelerde gerade mal niemand zum Sterben herablässt. Genug Zeit also, um dem Voyeurismus zu frönen, denn wenn man selbst schon nichts zu tun hat, dann kann man immer noch arglosen Elben bei der Arbeit zusehen – das macht sowieso viel mehr Spaß. [Erestor, Elrond, Glorfindel, Lindir, Gildor][Beitrag zum Projekt "Durch das Jahr"]
OneshotHumor, Freundschaft / P16 / Gen
Elrond
Gildor
Glorfindel
20.02.2017
20.02.2017
1
2.652
4
20.02.2017
2.652
Disclaimer: Ich verdiene kein Geld mit dieser Geschichte. Alle bekannten Namen, Figuren, Orte, Ereignisse etc. gehören J.R.R. Tolkien. Die vom Original abweichende Handlung dieser Geschichte und mögliche OCs gehören jedoch mir.
Kurzbeschreibung: In der Vorhalle des Todes herrscht gähnende Langeweile. (Mal wieder...!) Wie immer, wenn sich in Mittelerde gerade mal niemand zum Sterben herablässt. Genug Zeit also, um dem Voyeurismus zu frönen, denn wenn man selbst schon nichts zu tun hat, dann kann man immer noch arglosen Elben bei der Arbeit zusehen – das macht sowieso viel mehr Spaß. [Erestor, Elrond, Glorfindel, Lindir, Gildor]
A/N: Bei allgemeinen Fragen und Nebenwirkungen lesen Sie bitte die Gebrauchsinformation im Profil. Sie finden sie dort unter dem Punkt Homepage.
Und ja, das ist schon wieder ein Projektbeitrag, der sich ohne viel Federlesen in die „Sterben für...“-Reihe eingliedern wollte. Zugegeben, das war so ursprünglich nicht beabsichtigt, aber die drei Maiar haben manchmal einfach zu viel Langeweile, die sie totschlagen müssen...
Ich bin mit diesem Beitrag nicht ganz so zufrieden wie mit den anderen, aber nun ja... es kann ja nicht jeder Beinahe-Tod spektakulär sein.
Beitrag zum Projekt Durch das Jahr
Vorgaben:
Von: Nairalin
Textform: OS oder Drabblegeschichte
Rating: Frei; gerne höher, Slash erwünscht
Fandom: Am liebsten Silmarillion
Wunsch: Amroth soll zum ersten Mal Kontakt mit den Noldor aufbauen, Spaziergang nachts am Sirannon; alternativ: erster Kontakt von Erestor zu Elrond und seine Eingewöhnung in Imladris
Personen und Pairings: Amroth, Celebrimbor, Celeborn, Galadriel (wer mutig ist, als Pairing Celebrimbor/Amroth), Celebrían; alternativ: ZZ/DZ Erestor (auch im Pairing mit Glorfindel)
Handlungsort: Eregion; Imladris oder wo passend
Dinge, die vorkommen sollen: Reue, Unschuld, Feueratem, Splitter √
Inspiration: Herbst oder Winter (gerade bei der Variante mit Amroth, der dann nicht zurück nach Lórien kann oder sowas in der Art)
„Es ist nicht einfach, durch schattenhafte Verschleierungen ein klares Bildnis zu erkennen. Viel schwieriger ist es jedoch, in Licht zu blicken und nicht von hellstrahlendem Schein geblendet zu werden.“ Soll wörtlich im Text vorkommen. √
Monat: Januar: Eiskristall(e), weiß, unüberlegt, Schneide √
Zitat: 7. „Wenn ich die Wahl zwischen zwei Übeln habe, versuche ich immer das zu wählen, welches ich noch nicht ausprobiert hatte.“ – Mae West √
Die Vorhalle des Todes erstrahlte in eintönigem Weiß und sanftem Beige. Nanna unterdrückte nur sehr halbherzig ein herzhaftes Gähnen und bettete den Kopf wieder auf die Unterarme, während sie Verdandi beim Wischen der Halle zusah. Zugegeben, vor etlichen Stunden war es irgendwie noch unterhaltsam gewesen, die Maia dabei zu beobachten, wie sie mit dem Mopp einen Tango hinlegte, der in Valinor für lange Zeit seinesgleichen suchen würde, doch mittlerweile... Vielleicht sollte sie aufstehen und Urd bei ihrem neuen Versuch von Selbstverwirklichung in Form der Eierlikörherstellung beobachten. Wenn sie allein daran dachte, wie herrlich ihre Kollegin über die Schwierigkeiten, genug Alkohol für eine angemessene Portion bei den Noldor einzukaufen, geschimpft hatte... Wie ein Rohrspatz! Und womöglich sprang dabei ja noch das eine oder andere Gläschen Likör für sie heraus... Doch gerade, als sie aufstehen wollte, um diesen Plan in die Tat umzusetzen, schien Verdandi genug vom Tango zu haben und zwang dem Mopp nun einen Cha-Cha-Cha auf. Allerdings – das sollte man wohl nicht unerwähnt lassen – war der Mopp offensichtlich weiblich und Verdandi... Ach egal. Das wollte sie lieber gar nicht weiter vertiefen. Allerdings sollte sie auch das Risiko nicht eingehen, Verdandi ausgerechnet jetzt hier allein zu lassen. Wusste Eru allein, was sie nachher hier erwarten würde, wenn sie das täte! Also blieb sie sitzen, rang sich aber dazu durch, den Bildschirm an ihrem Pult zu aktivieren. Sie hatten erst kürzlich ein neues Programm bekommen, eine Testversion, und sie hatte sie im Grunde genommen ja noch gar nicht richtig auf Herz und Nieren geprüft.
Für eine Weile navigierte sie kreuz und quer über Eriador, dann weiter nach Eregion, verharrte einen Moment in Ost-in-Edhil, ehe sie nach Imladris weiterzog. Der Ort war neu und noch im Bau begriffen – und Baustellen waren immer gut. Baustellen hießen, dass Unfälle beinahe vorprogrammiert waren und je mehr Unfälle es irgendwo gab, desto größer war bekanntermaßen auch die Wahrscheinlichkeit, dass jemand die Radieschen lieber von unten betrachten wollte, wie manche der Menschen so nett zu sagen pflegten.
Menschen waren am Bau allerdings so gut wie gar nicht beteiligt, musste sie feststellen und fand es schade. Menschen starben so viel schneller als Elben, ganz besonders als Noldor, die sich gerne mal als zäh und trotzig erwiesen und darin bisweilen sogar die Zwerge übertrafen. Wenn sie da nur an Maedhros dachte...
Aber der war ja glücklicherweise endlich sicher verwahrt und sie sollte sich nicht den Kopf über ihn zerbrechen, solange das so war. Es würde bei der nächsten Umverteilung* schon wieder schlimm genug werden. Jetzt sollte sie lieber den Anblick der Baustelle genießen. Doch, das stellte sie schnell fest, es war nicht besonders viel los, draußen schon gar nicht und wenn sie bedachte, dass es dort Januar und bitterkalt war, dann war das nicht weiter verwunderlich. Man konnte nicht bauen, solange der Frost in allen Materialien steckte. Das ging nun einmal schief. Nicht, dass ihr das etwas ausmachen würde, aber den Elben schon. Glücklicherweise war in den Schmieden und anderen Werkstätten mehr los. Sie verweilte einige Zeit bei den Schreinern, aber auch dort schienen sich heute keine lebensbedrohlichen Unfälle ereignen zu wollen, sodass sie schließlich weiterzog, um sich noch ein wenig in Imladris umzusehen. Schaden konnte es ja nicht und es würde wohl keinen nennenswerten Unterschied machen, ob sie nun etwas früher oder etwas später einen Blick auf die andere Seite des Nebelgebirges warf. Vielleicht würde sich dann ein Abstecher nach Nordosten zu den Eisenbergen lohnen oder ins Graue Gebirge, um nach Drachen Ausschau zu halten. Drachen waren mit ihrem Feueratem durchaus ein Ereignis.**
Die Flure von Bruchtals Gebäuden allerdings auch, wenn man bedachte, dass wohl noch keiner davon so richtig fertiggestellt war. Die Noldor mochten zwar schnelle Arbeiter sein, wenn es darauf ankam, aber sobald sie einmal Zeit hatten... Und hier hatten sie vermutlich mehr als genug davon, wenn sie bedachte, wie hoch der Schnee abseits dieses Tales lag. Es war zu Fuß weder für Mensch noch Zwerg noch Ork ein Durchkommen. Irgendwann würden sie alle einfach in einer Schneewehe steckenbleiben und jämmerlich erfrieren, immer vorausgesetzt, dass kein Wolfsrudel sie vorher fand. Aber wie dem auch sein mochte, sie sah sich hier ja nicht um, um über andere Völker in Schneewehen nachzugrübeln! Sie war auf der Suche nach potentiellen nächsten Toten! Das war ein himmelweiter Unterschied!
Ihr Blick streifte einige Zeit lang rastlos und unüberlegt durch die Flure, erst die Bibliothek nahm sie genauer in Augenschein. Der große Raum war noch alles andere als fertiggestellt. Am Fensterglas saßen Eiskristalle wie zarte weiße Blumen und schienen nicht zu wissen, dass ihre Existenz auf Messers Schneide stand, denn so, wie sie die Noldor kannte, würden die früher oder später eine Möglichkeit finden, den allzu strengen Frost aus Imladris fernzuhalten. Sie folgte den langen Reihen leer stehender Regale und konnte sich noch gar nicht so recht vorstellen, wie die Noldor gedachten, all diese Bretter je zu füllen. So viele hundert Bücher waren schließlich alles andere als leicht oder gar schnell zu beschaffen, nicht einmal für die Elben und... Leises Gemurmel zog ihre Aufmerksamkeit auf sich und als sie den Blick in die nächste Regalreihe wandern ließ, sah sie ihn. Erestor. Sie kannte ihn, hatte ihn auf der Baustelle Ost-in-Edhils einige Male in Celebrimbors Gefolge gesehen. Er stand dort, ein Buch auf dem Arm und blätterte scheinbar gedankenverloren hindurch.
„Reue...“, murmelte er, „Unschuld... seltsam, seit wann das beides Hand in Hand geht.“ Er seufzte kaum vernehmlich. „Merkwürdige Geschöpfe sind sie, die Zweitgeborenen.“ Vorsichtig schlug er die nächste Seite um, überflog die einzelnen Zeilen und las schließlich sich selbst vor: „Es ist nicht einfach, durch schattenhafte Verschleierungen ein klares Bildnis zu erkennen. Viel schwieriger ist es jedoch, in Licht zu blicken und nicht von hellstrahlendem Schein geblendet zu werden.“
Langsam schloss er das Buch, streckte sich und stellte es auf eines der oberen Regalbretter, ehe er leise zu sich selbst sagte: „Leitern, wir brauchen hier mindestens eine Leiter, sonst...“
Den Rest des Satzes verstand sie nicht, weil sich der Noldo just in diesem Augenblick über eine Holzkiste beugte und unter einigem Rascheln ein weiteres Buch zu Tage förderte. Auch dieses schlug er auf, blätterte hindurch, hielt hier und da kurz inne, überflog ein paar Zeilen und stellte es schließlich ins Regal. So ging es einige Zeit, während derer sein Gemurmel wirklich das einzig unterhaltsame war, wie sie fand, auf jeden Fall unterhaltsamer als Verdandi, die dem Mopp nun scheinbar auch noch Walzer beibringen wollte, wenn sie das richtig gesehen hatte.
Es war das sechste oder siebte Buch, bei dem Erestor augenscheinlich erstaunt innehielt, als er hindurch blätterte, und dann las er erneut vor: „Wenn ich die Wahl zwischen zwei Übeln habe, versuche ich immer das zu wählen, welches ich noch nicht ausprobiert hatte.“ Kopfschüttelnd klappte er das Buch zu. „Das darf Glorfindel niemals in die Finger kriegen, wobei... Wahrscheinlich hat er das selbst geschrieben oder schreiben lassen. Passen würde es allemal zu ihm.“ ***
Sie gluckste dezent amüsiert. Ja, Glorfindel war schon so eine Nummer für sich, das war wahr. Sehr unterhaltsam für einen Noldorfürsten und noch viel unterhaltsamer, wenn Ecthelion auch noch dabei war. Es war wirklich ein Jammer, dass die Valar entschieden hatten, Glorfindel ganz allein nach Mittelerde zurück zu schicken. Ecthelion hätte ihn begleiten sollen, fand sie. Die beiden zusammen hätten alles wunderbar auf den Kopf gestellt! Und Gil-galad hätte es bestimmt auch gut getan.
Für sie völlig unvermittelt setzte Erestor sich in Bewegung, so zielstrebig, dass sie beinahe Mühe hatte, ihm zu folgen. Im Gegensatz zu ihr musste er sich hier schon gewaltig gut auskennen, schlussfolgerte sie. Nicht, dass das in irgendeiner Art und Weise verwunderlich war, er war vermutlich auch sehr viel häufiger hier unterwegs als sie. Drei Regalreihen weiter blieb er schließlich stehen und sah sich um, bis er offenbar entdeckte, wonach er gesucht hatte: ein schon recht gut gefülltes Regalbrett sehr weit oben. Deswegen wollte er also eine Leiter haben, schoss es ihr durch den Kopf, als sie sah, dass ihm diesmal auch alles Strecken und Recken nichts half. Er erreichte das Regalbrett einfach nicht. Dann hielt er inne, sah sich um und schien sich unentdeckt zu wähnen, setzte einen Fuß auf eins der unteren, leeren Regalbretter, nutzte es als Tritt, reckte den Arm mit dem Buch wieder nach oben und...
Es krachte. Holz splitterte. Bücher prasselten zu Boden. Und selbst sie erschreckte sich so sehr, dass sie kurzzeitig die Augen zukniff. Als sie sie wieder öffnete, sah sie Chaos. Mehrere Regale waren umgestürzt, überall lagen Bücher und Holzsplitter, große Splitter und an die vielen kleinen wollte sie lieber gar nicht erst denken.
Eilige Schritte ließen sie den Blick vom Chaos abwenden. Gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie mehrere Elben die Bibliothek betraten, wie schlagartig angewurzelt stehenblieben und nach Luft schnappten. Sie musste kichern. Allein das entschädigte schon irgendwie für die Langeweile und wenn Erestor jetzt noch... Neugierig warf sie einen Blick in die Halle, doch dort fehlte von Erestor jede Spur, also beobachtete sie wieder das Chaos in der werdenden Bibliothek und begann, die Neuankömmlinge zu identifizieren. Elrond erkannte sie sofort, Glorfindel selbstverständlich auch – schon schade, dass er nicht mitbekommen hatte, was Erestor gerade erst über ihn gesagt hatte – und dann war da noch ein dunkelhaariger Elb, den sie so bewusst noch nie gesehen hatte. Vielleicht war er ihr in der Masse dunkler Haarschöpfe bisher einfach nicht aufgefallen. Sie wurde Zeuge, wie Gildor mit einiger Verspätung die Bibliothek betrat und ebenso schockiert stehenblieb, ehe er den anderen half, die Regalüberreste zur Seite zu schaffen, um Erestor... nun, auszugraben war vielleicht nicht ganz das richtige Wort, aber im Großen und Ganzen doch irgendwie passend, wenn man bedachte, dass der Noldo tatsächlich erst nach mehreren kaputten Brettern wieder zum Vorschein kam – und sehr offensichtlich nicht starb.
Sie seufzte mit leisem Bedauern. Es wäre ja auch zu schön gewesen... Aber nein, nein! Sicherheitshalber warf sie erneut einen Blick in die Halle, doch dort sah es gar nicht so aus, als würde Erestor in den nächsten Augenblicken auftauchen. Da war weiterhin nur Verdandi, die erschreckend elegant mit dem Mopp im Arm über den Marmorboden schwebte.
„Was ist passiert?“ Elronds Frage holte sie auch auf den Boden der Bibliothek zurück, gerade noch rechtzeitig, um Erestor verwirrt blinzeln zu sehen und leise antworten zu hören:
„Ich weiß es nicht, Herr Elrond. Irgendetwas muss mit dem Regal nicht richtig gewesen sein.“
Ja, das konnte man schon so umschreiben, wenn man kreativ war. Bücherregale waren eben selbst bei den Noldor nicht dazu gemacht, um erwachsene Elben zu tragen. Doch Elrond schienen keinerlei Zweifel an der Aussage Erestors zu kommen, sondern eher an der Qualität der umgestürzten Regale. Aber gut, wenn man bedachte, in welcher Geschwindigkeit die Noldor Imladris bisher errichtet hatten...
Glorfindel, der einige Schritte entfernt stand, bückte sich und hob ein geborstenes Regalbrett auf, drehte es um und musterte es eingehend.
„Mein Herr Elrond“, bemerkte er an, „Ich fürchte, Erestor hat recht. Wenigstens dieses Brett ist... Nun, ich bin kein Zimmermann, aber ein Brett, an dem schon einmal gesägt worden ist, eignet sich bestimmt nicht mehr, um Bücher zu tragen.
„Zeigt her“, seufzte Elrond und selbst, wenn sie ihn gerade zum ersten Mal gesehen hätte, wäre ihr sofort klar gewesen, dass er ihm allein der Gedanke, hier könnten fehlerhafte Bretter verarbeitet worden sein, schon schwer im Magen lag.
Glorfindel stieg über eine gesplitterte Seitenwand und reichte das Brett an Elrond weiter, der den Einschnitt im Holz mit sorgenvoller Miene musterte.
„Ich fürchte“, sagte er dann, „dass alle Regalböden einzeln auf ihre Tragfähigkeit geprüft werden müssen, wenn wir nicht noch einige böse Überraschungen erleben wollen, und die Regale hier...“ Er ließ den Blick über die Trümmer schweifen. „Sie müssen alle erneuert werden. Gildor, Ihr beaufsichtigt das. So etwas wie das hier darf kein zweites Mal vorkommen. Lindir, Ihr holt die Zimmerleute her. Das Chaos ist bis zum Abend beseitigt.“ Elrond reichte Glorfindel das Brett zurück, der es mit etwas irritierter Miene wieder an sich nahm.
Lindir – so hieß der Noldo also, den sie bisher nicht kannte – verneigte sich kurz und verschwand wortlos aus der Bibliothek. Also ihn würde sie nachher vielleicht noch einmal unter die Lupe nehmen. Schaden konnte es ja nicht.
„Seid Ihr verletzt?“, erkundigte Elrond sich bei Erestor.
Der Elb am Boden brachte ein schwaches Lächeln zustande. „Was heißt verletzt... Es ist nichts, was nicht wieder heilen würde.“
„Ja, man wird ja auch alle Tage mal fast von Regalen erschlagen“, murmelte Glorfindel und lehnte das angesägte Brett an eines der noch stehenden Regale.
Elrond ignorierte Glorfindels Aussage, während Erestor sich vorsichtig aufrappelte und langsam aufstand. Es war ziemlich offensichtlich, fand sie, dass er den linken Arm kaum bewegte und dicht am Körper hielt. Ihr entging auch nicht der Blick, den er mit Elrond tauschte, aber wann konnte ein Noldo schon zugeben, dass ihm etwas wehtat oder er gar verletzt war... Leider war nicht zu erwarten, dass es lebensgefährlich sein würde, in dem Fall hätte Erestor sich wenigstens für einen Moment schon einmal hier in der Vorhalle blicken lassen und Verdandi beim Walzer tanzen gestört.
Nanna seufzte leise. Vielleicht sollte sie gar nicht länger warten, ob sich hier noch etwas tat, sondern sich lieber sofort auf die Suche nach diesem Lindir machen. Der war womöglich ein wenig interessanter und glückloser bei seinen Unfällen als Erestor.
* Wer wissen will, was es mit den Umverteilungen auf sich hat, der findet die Antwort hier: Sterben für Namenlose
Und wer noch etwas mehr zu Maedhros braucht, der sollte sich hier umtun: Sterben für Einhändige
**Ja, Drachen sind in der Tat ein Ereignis, ganz besonders, wenn sie in der Vorhalle des Todes landen. Näheres dazu gibt es in: Sterben für Anfänger
*** Sind wir ehrlich, Glorfindel lernt einfach nicht aus seinen Fehlern: Sterben für Glorfindel – oder: Warum goldblonde Elben immer eine Extrawurst brauchen
Kurzbeschreibung: In der Vorhalle des Todes herrscht gähnende Langeweile. (Mal wieder...!) Wie immer, wenn sich in Mittelerde gerade mal niemand zum Sterben herablässt. Genug Zeit also, um dem Voyeurismus zu frönen, denn wenn man selbst schon nichts zu tun hat, dann kann man immer noch arglosen Elben bei der Arbeit zusehen – das macht sowieso viel mehr Spaß. [Erestor, Elrond, Glorfindel, Lindir, Gildor]
A/N: Bei allgemeinen Fragen und Nebenwirkungen lesen Sie bitte die Gebrauchsinformation im Profil. Sie finden sie dort unter dem Punkt Homepage.
Und ja, das ist schon wieder ein Projektbeitrag, der sich ohne viel Federlesen in die „Sterben für...“-Reihe eingliedern wollte. Zugegeben, das war so ursprünglich nicht beabsichtigt, aber die drei Maiar haben manchmal einfach zu viel Langeweile, die sie totschlagen müssen...
Ich bin mit diesem Beitrag nicht ganz so zufrieden wie mit den anderen, aber nun ja... es kann ja nicht jeder Beinahe-Tod spektakulär sein.
Beitrag zum Projekt Durch das Jahr
Vorgaben:
Von: Nairalin
Textform: OS oder Drabblegeschichte
Rating: Frei; gerne höher, Slash erwünscht
Fandom: Am liebsten Silmarillion
Wunsch: Amroth soll zum ersten Mal Kontakt mit den Noldor aufbauen, Spaziergang nachts am Sirannon; alternativ: erster Kontakt von Erestor zu Elrond und seine Eingewöhnung in Imladris
Personen und Pairings: Amroth, Celebrimbor, Celeborn, Galadriel (wer mutig ist, als Pairing Celebrimbor/Amroth), Celebrían; alternativ: ZZ/DZ Erestor (auch im Pairing mit Glorfindel)
Handlungsort: Eregion; Imladris oder wo passend
Dinge, die vorkommen sollen: Reue, Unschuld, Feueratem, Splitter √
Inspiration: Herbst oder Winter (gerade bei der Variante mit Amroth, der dann nicht zurück nach Lórien kann oder sowas in der Art)
„Es ist nicht einfach, durch schattenhafte Verschleierungen ein klares Bildnis zu erkennen. Viel schwieriger ist es jedoch, in Licht zu blicken und nicht von hellstrahlendem Schein geblendet zu werden.“ Soll wörtlich im Text vorkommen. √
Monat: Januar: Eiskristall(e), weiß, unüberlegt, Schneide √
Zitat: 7. „Wenn ich die Wahl zwischen zwei Übeln habe, versuche ich immer das zu wählen, welches ich noch nicht ausprobiert hatte.“ – Mae West √
Sterben für Erestor oder: Pfusch am Bau
Die Vorhalle des Todes erstrahlte in eintönigem Weiß und sanftem Beige. Nanna unterdrückte nur sehr halbherzig ein herzhaftes Gähnen und bettete den Kopf wieder auf die Unterarme, während sie Verdandi beim Wischen der Halle zusah. Zugegeben, vor etlichen Stunden war es irgendwie noch unterhaltsam gewesen, die Maia dabei zu beobachten, wie sie mit dem Mopp einen Tango hinlegte, der in Valinor für lange Zeit seinesgleichen suchen würde, doch mittlerweile... Vielleicht sollte sie aufstehen und Urd bei ihrem neuen Versuch von Selbstverwirklichung in Form der Eierlikörherstellung beobachten. Wenn sie allein daran dachte, wie herrlich ihre Kollegin über die Schwierigkeiten, genug Alkohol für eine angemessene Portion bei den Noldor einzukaufen, geschimpft hatte... Wie ein Rohrspatz! Und womöglich sprang dabei ja noch das eine oder andere Gläschen Likör für sie heraus... Doch gerade, als sie aufstehen wollte, um diesen Plan in die Tat umzusetzen, schien Verdandi genug vom Tango zu haben und zwang dem Mopp nun einen Cha-Cha-Cha auf. Allerdings – das sollte man wohl nicht unerwähnt lassen – war der Mopp offensichtlich weiblich und Verdandi... Ach egal. Das wollte sie lieber gar nicht weiter vertiefen. Allerdings sollte sie auch das Risiko nicht eingehen, Verdandi ausgerechnet jetzt hier allein zu lassen. Wusste Eru allein, was sie nachher hier erwarten würde, wenn sie das täte! Also blieb sie sitzen, rang sich aber dazu durch, den Bildschirm an ihrem Pult zu aktivieren. Sie hatten erst kürzlich ein neues Programm bekommen, eine Testversion, und sie hatte sie im Grunde genommen ja noch gar nicht richtig auf Herz und Nieren geprüft.
Für eine Weile navigierte sie kreuz und quer über Eriador, dann weiter nach Eregion, verharrte einen Moment in Ost-in-Edhil, ehe sie nach Imladris weiterzog. Der Ort war neu und noch im Bau begriffen – und Baustellen waren immer gut. Baustellen hießen, dass Unfälle beinahe vorprogrammiert waren und je mehr Unfälle es irgendwo gab, desto größer war bekanntermaßen auch die Wahrscheinlichkeit, dass jemand die Radieschen lieber von unten betrachten wollte, wie manche der Menschen so nett zu sagen pflegten.
Menschen waren am Bau allerdings so gut wie gar nicht beteiligt, musste sie feststellen und fand es schade. Menschen starben so viel schneller als Elben, ganz besonders als Noldor, die sich gerne mal als zäh und trotzig erwiesen und darin bisweilen sogar die Zwerge übertrafen. Wenn sie da nur an Maedhros dachte...
Aber der war ja glücklicherweise endlich sicher verwahrt und sie sollte sich nicht den Kopf über ihn zerbrechen, solange das so war. Es würde bei der nächsten Umverteilung* schon wieder schlimm genug werden. Jetzt sollte sie lieber den Anblick der Baustelle genießen. Doch, das stellte sie schnell fest, es war nicht besonders viel los, draußen schon gar nicht und wenn sie bedachte, dass es dort Januar und bitterkalt war, dann war das nicht weiter verwunderlich. Man konnte nicht bauen, solange der Frost in allen Materialien steckte. Das ging nun einmal schief. Nicht, dass ihr das etwas ausmachen würde, aber den Elben schon. Glücklicherweise war in den Schmieden und anderen Werkstätten mehr los. Sie verweilte einige Zeit bei den Schreinern, aber auch dort schienen sich heute keine lebensbedrohlichen Unfälle ereignen zu wollen, sodass sie schließlich weiterzog, um sich noch ein wenig in Imladris umzusehen. Schaden konnte es ja nicht und es würde wohl keinen nennenswerten Unterschied machen, ob sie nun etwas früher oder etwas später einen Blick auf die andere Seite des Nebelgebirges warf. Vielleicht würde sich dann ein Abstecher nach Nordosten zu den Eisenbergen lohnen oder ins Graue Gebirge, um nach Drachen Ausschau zu halten. Drachen waren mit ihrem Feueratem durchaus ein Ereignis.**
Die Flure von Bruchtals Gebäuden allerdings auch, wenn man bedachte, dass wohl noch keiner davon so richtig fertiggestellt war. Die Noldor mochten zwar schnelle Arbeiter sein, wenn es darauf ankam, aber sobald sie einmal Zeit hatten... Und hier hatten sie vermutlich mehr als genug davon, wenn sie bedachte, wie hoch der Schnee abseits dieses Tales lag. Es war zu Fuß weder für Mensch noch Zwerg noch Ork ein Durchkommen. Irgendwann würden sie alle einfach in einer Schneewehe steckenbleiben und jämmerlich erfrieren, immer vorausgesetzt, dass kein Wolfsrudel sie vorher fand. Aber wie dem auch sein mochte, sie sah sich hier ja nicht um, um über andere Völker in Schneewehen nachzugrübeln! Sie war auf der Suche nach potentiellen nächsten Toten! Das war ein himmelweiter Unterschied!
Ihr Blick streifte einige Zeit lang rastlos und unüberlegt durch die Flure, erst die Bibliothek nahm sie genauer in Augenschein. Der große Raum war noch alles andere als fertiggestellt. Am Fensterglas saßen Eiskristalle wie zarte weiße Blumen und schienen nicht zu wissen, dass ihre Existenz auf Messers Schneide stand, denn so, wie sie die Noldor kannte, würden die früher oder später eine Möglichkeit finden, den allzu strengen Frost aus Imladris fernzuhalten. Sie folgte den langen Reihen leer stehender Regale und konnte sich noch gar nicht so recht vorstellen, wie die Noldor gedachten, all diese Bretter je zu füllen. So viele hundert Bücher waren schließlich alles andere als leicht oder gar schnell zu beschaffen, nicht einmal für die Elben und... Leises Gemurmel zog ihre Aufmerksamkeit auf sich und als sie den Blick in die nächste Regalreihe wandern ließ, sah sie ihn. Erestor. Sie kannte ihn, hatte ihn auf der Baustelle Ost-in-Edhils einige Male in Celebrimbors Gefolge gesehen. Er stand dort, ein Buch auf dem Arm und blätterte scheinbar gedankenverloren hindurch.
„Reue...“, murmelte er, „Unschuld... seltsam, seit wann das beides Hand in Hand geht.“ Er seufzte kaum vernehmlich. „Merkwürdige Geschöpfe sind sie, die Zweitgeborenen.“ Vorsichtig schlug er die nächste Seite um, überflog die einzelnen Zeilen und las schließlich sich selbst vor: „Es ist nicht einfach, durch schattenhafte Verschleierungen ein klares Bildnis zu erkennen. Viel schwieriger ist es jedoch, in Licht zu blicken und nicht von hellstrahlendem Schein geblendet zu werden.“
Langsam schloss er das Buch, streckte sich und stellte es auf eines der oberen Regalbretter, ehe er leise zu sich selbst sagte: „Leitern, wir brauchen hier mindestens eine Leiter, sonst...“
Den Rest des Satzes verstand sie nicht, weil sich der Noldo just in diesem Augenblick über eine Holzkiste beugte und unter einigem Rascheln ein weiteres Buch zu Tage förderte. Auch dieses schlug er auf, blätterte hindurch, hielt hier und da kurz inne, überflog ein paar Zeilen und stellte es schließlich ins Regal. So ging es einige Zeit, während derer sein Gemurmel wirklich das einzig unterhaltsame war, wie sie fand, auf jeden Fall unterhaltsamer als Verdandi, die dem Mopp nun scheinbar auch noch Walzer beibringen wollte, wenn sie das richtig gesehen hatte.
Es war das sechste oder siebte Buch, bei dem Erestor augenscheinlich erstaunt innehielt, als er hindurch blätterte, und dann las er erneut vor: „Wenn ich die Wahl zwischen zwei Übeln habe, versuche ich immer das zu wählen, welches ich noch nicht ausprobiert hatte.“ Kopfschüttelnd klappte er das Buch zu. „Das darf Glorfindel niemals in die Finger kriegen, wobei... Wahrscheinlich hat er das selbst geschrieben oder schreiben lassen. Passen würde es allemal zu ihm.“ ***
Sie gluckste dezent amüsiert. Ja, Glorfindel war schon so eine Nummer für sich, das war wahr. Sehr unterhaltsam für einen Noldorfürsten und noch viel unterhaltsamer, wenn Ecthelion auch noch dabei war. Es war wirklich ein Jammer, dass die Valar entschieden hatten, Glorfindel ganz allein nach Mittelerde zurück zu schicken. Ecthelion hätte ihn begleiten sollen, fand sie. Die beiden zusammen hätten alles wunderbar auf den Kopf gestellt! Und Gil-galad hätte es bestimmt auch gut getan.
Für sie völlig unvermittelt setzte Erestor sich in Bewegung, so zielstrebig, dass sie beinahe Mühe hatte, ihm zu folgen. Im Gegensatz zu ihr musste er sich hier schon gewaltig gut auskennen, schlussfolgerte sie. Nicht, dass das in irgendeiner Art und Weise verwunderlich war, er war vermutlich auch sehr viel häufiger hier unterwegs als sie. Drei Regalreihen weiter blieb er schließlich stehen und sah sich um, bis er offenbar entdeckte, wonach er gesucht hatte: ein schon recht gut gefülltes Regalbrett sehr weit oben. Deswegen wollte er also eine Leiter haben, schoss es ihr durch den Kopf, als sie sah, dass ihm diesmal auch alles Strecken und Recken nichts half. Er erreichte das Regalbrett einfach nicht. Dann hielt er inne, sah sich um und schien sich unentdeckt zu wähnen, setzte einen Fuß auf eins der unteren, leeren Regalbretter, nutzte es als Tritt, reckte den Arm mit dem Buch wieder nach oben und...
Es krachte. Holz splitterte. Bücher prasselten zu Boden. Und selbst sie erschreckte sich so sehr, dass sie kurzzeitig die Augen zukniff. Als sie sie wieder öffnete, sah sie Chaos. Mehrere Regale waren umgestürzt, überall lagen Bücher und Holzsplitter, große Splitter und an die vielen kleinen wollte sie lieber gar nicht erst denken.
Eilige Schritte ließen sie den Blick vom Chaos abwenden. Gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie mehrere Elben die Bibliothek betraten, wie schlagartig angewurzelt stehenblieben und nach Luft schnappten. Sie musste kichern. Allein das entschädigte schon irgendwie für die Langeweile und wenn Erestor jetzt noch... Neugierig warf sie einen Blick in die Halle, doch dort fehlte von Erestor jede Spur, also beobachtete sie wieder das Chaos in der werdenden Bibliothek und begann, die Neuankömmlinge zu identifizieren. Elrond erkannte sie sofort, Glorfindel selbstverständlich auch – schon schade, dass er nicht mitbekommen hatte, was Erestor gerade erst über ihn gesagt hatte – und dann war da noch ein dunkelhaariger Elb, den sie so bewusst noch nie gesehen hatte. Vielleicht war er ihr in der Masse dunkler Haarschöpfe bisher einfach nicht aufgefallen. Sie wurde Zeuge, wie Gildor mit einiger Verspätung die Bibliothek betrat und ebenso schockiert stehenblieb, ehe er den anderen half, die Regalüberreste zur Seite zu schaffen, um Erestor... nun, auszugraben war vielleicht nicht ganz das richtige Wort, aber im Großen und Ganzen doch irgendwie passend, wenn man bedachte, dass der Noldo tatsächlich erst nach mehreren kaputten Brettern wieder zum Vorschein kam – und sehr offensichtlich nicht starb.
Sie seufzte mit leisem Bedauern. Es wäre ja auch zu schön gewesen... Aber nein, nein! Sicherheitshalber warf sie erneut einen Blick in die Halle, doch dort sah es gar nicht so aus, als würde Erestor in den nächsten Augenblicken auftauchen. Da war weiterhin nur Verdandi, die erschreckend elegant mit dem Mopp im Arm über den Marmorboden schwebte.
„Was ist passiert?“ Elronds Frage holte sie auch auf den Boden der Bibliothek zurück, gerade noch rechtzeitig, um Erestor verwirrt blinzeln zu sehen und leise antworten zu hören:
„Ich weiß es nicht, Herr Elrond. Irgendetwas muss mit dem Regal nicht richtig gewesen sein.“
Ja, das konnte man schon so umschreiben, wenn man kreativ war. Bücherregale waren eben selbst bei den Noldor nicht dazu gemacht, um erwachsene Elben zu tragen. Doch Elrond schienen keinerlei Zweifel an der Aussage Erestors zu kommen, sondern eher an der Qualität der umgestürzten Regale. Aber gut, wenn man bedachte, in welcher Geschwindigkeit die Noldor Imladris bisher errichtet hatten...
Glorfindel, der einige Schritte entfernt stand, bückte sich und hob ein geborstenes Regalbrett auf, drehte es um und musterte es eingehend.
„Mein Herr Elrond“, bemerkte er an, „Ich fürchte, Erestor hat recht. Wenigstens dieses Brett ist... Nun, ich bin kein Zimmermann, aber ein Brett, an dem schon einmal gesägt worden ist, eignet sich bestimmt nicht mehr, um Bücher zu tragen.
„Zeigt her“, seufzte Elrond und selbst, wenn sie ihn gerade zum ersten Mal gesehen hätte, wäre ihr sofort klar gewesen, dass er ihm allein der Gedanke, hier könnten fehlerhafte Bretter verarbeitet worden sein, schon schwer im Magen lag.
Glorfindel stieg über eine gesplitterte Seitenwand und reichte das Brett an Elrond weiter, der den Einschnitt im Holz mit sorgenvoller Miene musterte.
„Ich fürchte“, sagte er dann, „dass alle Regalböden einzeln auf ihre Tragfähigkeit geprüft werden müssen, wenn wir nicht noch einige böse Überraschungen erleben wollen, und die Regale hier...“ Er ließ den Blick über die Trümmer schweifen. „Sie müssen alle erneuert werden. Gildor, Ihr beaufsichtigt das. So etwas wie das hier darf kein zweites Mal vorkommen. Lindir, Ihr holt die Zimmerleute her. Das Chaos ist bis zum Abend beseitigt.“ Elrond reichte Glorfindel das Brett zurück, der es mit etwas irritierter Miene wieder an sich nahm.
Lindir – so hieß der Noldo also, den sie bisher nicht kannte – verneigte sich kurz und verschwand wortlos aus der Bibliothek. Also ihn würde sie nachher vielleicht noch einmal unter die Lupe nehmen. Schaden konnte es ja nicht.
„Seid Ihr verletzt?“, erkundigte Elrond sich bei Erestor.
Der Elb am Boden brachte ein schwaches Lächeln zustande. „Was heißt verletzt... Es ist nichts, was nicht wieder heilen würde.“
„Ja, man wird ja auch alle Tage mal fast von Regalen erschlagen“, murmelte Glorfindel und lehnte das angesägte Brett an eines der noch stehenden Regale.
Elrond ignorierte Glorfindels Aussage, während Erestor sich vorsichtig aufrappelte und langsam aufstand. Es war ziemlich offensichtlich, fand sie, dass er den linken Arm kaum bewegte und dicht am Körper hielt. Ihr entging auch nicht der Blick, den er mit Elrond tauschte, aber wann konnte ein Noldo schon zugeben, dass ihm etwas wehtat oder er gar verletzt war... Leider war nicht zu erwarten, dass es lebensgefährlich sein würde, in dem Fall hätte Erestor sich wenigstens für einen Moment schon einmal hier in der Vorhalle blicken lassen und Verdandi beim Walzer tanzen gestört.
Nanna seufzte leise. Vielleicht sollte sie gar nicht länger warten, ob sich hier noch etwas tat, sondern sich lieber sofort auf die Suche nach diesem Lindir machen. Der war womöglich ein wenig interessanter und glückloser bei seinen Unfällen als Erestor.
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* Wer wissen will, was es mit den Umverteilungen auf sich hat, der findet die Antwort hier: Sterben für Namenlose
Und wer noch etwas mehr zu Maedhros braucht, der sollte sich hier umtun: Sterben für Einhändige
**Ja, Drachen sind in der Tat ein Ereignis, ganz besonders, wenn sie in der Vorhalle des Todes landen. Näheres dazu gibt es in: Sterben für Anfänger
*** Sind wir ehrlich, Glorfindel lernt einfach nicht aus seinen Fehlern: Sterben für Glorfindel – oder: Warum goldblonde Elben immer eine Extrawurst brauchen