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Willkommener Neuanfang

Kurzbeschreibung
GeschichteSchmerz/Trost, Liebesgeschichte / P12 / MaleSlash
Dr. John Watson Sherlock Holmes
28.01.2017
20.03.2018
12
39.414
26
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Dieses Kapitel
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28.01.2017 1.000
 
Du lädst nur noch fertige Geschichten hoch Nicole, das habe ich mir Anfang Januar gesagt und eine unfertige Drabblesammlung begonnen hochzuladen. Jetzt aber wirklich, dachte ich kurz danach. Tja Leute, ich kanns nicht lassen. Mich hat es gepackt, Sherlock Holmes als Psychiater. Ich liebe diese Vorstellung. Begleitet die beiden mit mir durch zwölf Monate. (Ja, es gibt nur jeden Monat eins...)

Treffen wir nun Dr. med. John Watson und Dr. med. Sherlock Holmes.
*****


Der Raum ist warm, aber nicht stickig. Die Vorhänge sind weit aufgezogen und lassen ihn in die weiße Weite schauen. John musste etwas herumtelefonieren, sehr viel betteln und ordentlich zu Kreuze kriechen, aber letztlich hat er es geschafft. John Watson hat einen Termin gekriegt in dieser renommierten Praxis. Die Psychiater Mycroft und Sherlock Holmes genießen die höchste fachliche Anerkennung. Während vom Ersteren in bestimmten Kreisen behauptet wird nebenbei für die Geheimdienste tätigzusein, ist von Sherlock Holmes bekannt, dass er regelmäßig von New Scottland Yard zu Befragungen hinzugezogen wird. Unerklärlicherweise lag sein Fokus direkt auf dem Jüngeren der beiden Psychiater und Brüder. So hat John Watson schließlich alles getan, was getan werden musste um nicht auf eine Warteliste zu rutschen.

Zum ersten Mal seit gut drei Monaten ist er wieder richtig aus dem Haus gegangen. Nicht nur zum Supermarkt – drei Minuten, nachdem er geöffnet hat, wenn noch niemand da ist außer der Verkäuferin – oder zu seiner Stammapotheke – die ihm die Medikamente schon liefern. Nein, er ist vor die Tür gegangen und bis zur nächsten Straßenecke gelaufen, um sich ein Taxi zu rufen. Er hat den Fahrer mit einem höflichen Nicken begrüßt und ohne Panik die gewünschte Adresse genannt. John hat bezahlt und ist ausgestiegen, alles ohne die übliche Panik oder dem Wunsch einen Rückzieher zu machen.

Nun steht er hier, in diesem hellen Büro, links steht ein großer Schreibtisch aus Eichenholz, vor einigen Aktenschränken und Bücherregalen – während in den Regalen das Chaos herrscht, ist der Schreibtisch klarstrukturiert, es beruhigt John –, gegenüber vom Schreibtisch steht eine gemütliche Sitzgruppe aus einem Sessel und zwei kleinen Sofas. Dr. Holmes bedeutet John sich einfach, einen Platz auszusuchen, dem folgend lässt sich John in einen der beiden Sessel vor der Fensterfront fallen. Hier kann er dem Mann, der eventuell sein Psychiater werden wird, in die Augen schauen oder die Natur studieren.

Elena hätte, kaum das John platzgenommen hat, gefragt wie es ihm geht, warum er da ist und warum er diesen Platz gewählt hat. Dr. Holmes hingegen, setzt sich einfach in den Sessel, der John gegenüber steht und beobachtet ihn interessiert. Gut fünf Minuten sitzen sie dort schweigend, Dr. Holmes fragt nicht, John antwortet nicht. Schließlich sucht John von sich aus das Gespräch:

»Es kann so einfach nicht weitergehen Dr. Holmes. Seit Mitte Oktober habe ich meine Wohnung kaum noch verlassen, die Gänge zum Supermarkt um Essen oder anderes zu kaufen waren eine Qual. Ich habe noch nicht einmal mehr den Weg zu Elena bewältigen können. Wir haben ein neues Jahr und das will ich nicht mehr so verbringen. Ich möchte endlich wieder arbeiten und aus dieser tristen Wohnung ausziehen können, die ich mir mit meiner Pension nur so gerade leisten kann.«

»Ich werde tun, was ich kann, damit Ihnen das gelingt Dr. Watson, aber es hängt natürlich auch davon ab, wie ehrlich Sie zu mir sind. Werden Sie sich nur auf ihren militärischen Hintergrund versteifen, oder auch auf die Familie eingehen? Ich glaube, dass Sie es schaffen können, wenn Sie nur wollen.«

»Ich bin kein Arzt mehr Dr. Holmes, ich kann ja nicht einmal eine Kaffeetasse länger als eine halbe Minute halten ohne das, meine Hand zittert. Ich bin so wenig Arzt wie Soldat. Nennen Sie mich einfach nur John, das reicht mir völlig.«

»Da muss ich Sie leider enttäuschen. Sie sind Arzt, vielleicht sind Sie gerade körperlich nicht fähig zu operieren, aber wären Sie kein Arzt, hätten Sie nicht die Buchtitel in meinem Bücherregal studiert und innerlich bewertet, Ihr Blick hätte nicht an den wenigen Akten geklebt die dort auf meinem Schreibtisch liegen. Und wären Sie kein Soldat mehr, dann hätten Sie sich einfach auf das Sofa gesetzt, mit dem Rücken zum Fenster. Sie aber sitzen hier in eigentlich meinem Sessel – erwähnte ich nicht gerade, dass Sie noch Arzt sind? –, haben die Tür zu diesem Zimmer genauso im Blick, wie die zum Nebenzimmer und auch was vor dem Fenster passiert. Sie hätten nicht registriert, dass die Tür neben meinem Schreibtisch zu weit weg ist und vermutlich nur in ein Bad führt, Sie hätten nicht bemerkt, dass die Eingangstüre ebenfalls zu weit weg ist und Sie hätten schon gar nicht gedanklich überprüft, ob Sie mit der Stehleuchte hinter Ihnen in der Ecke eines der Fenster einschlagen und dadurch flüchten könnten. Sie hätten nicht im Vorfeld die Beschaffenheit des Geländes studiert auf dem Sie sich befinden, wenn Sie kein Soldat mehr wären.

Sie haben keine Angst vor der Umwelt John, Sie wissen nur nicht mehr, jedes Geräusch zu deuten, und das macht Ihnen Angst. Sie missdeuten einen geplatzten Reifen als Explosion, die Alarmanlage eines Autos als Sirene und von den Krankenwagen und Feuerwehrsirenen will ich nicht anfangen. Sie fürchten große Menschenmengen auch nur, weil Sie sie nicht mehr überblicken können. Ohne Ihre Waffe fühlen Sie sich nackt. Sie sehnen sich in den Krieg zurück und vertrauen diesem Gefühl in der Stadt nicht. Daran können wir arbeiten, aber den wichtigsten Teil müssen Sie machen. Sie dürfen nicht lügen, weder sich noch Ihre Umwelt oder mich belügen. Wenn es Ihnen nicht gut geht, sie zum hundertsten Mal nachts aufwachen und nach der Waffe suchen, oder wenn Sie die Waffe beinahe schon manisch reinigen, muss ich das wissen, nur so kann ich Ihnen helfen John.

Vor allem müssen Sie aufhören sich im Hinblick auf Ihre Identität zu belügen. Sie wissen nur zu gut Captain Watson, dass Sie noch immer ein Doktor sind. Aber wenn Sie sich damit besser fühlen, werde ich Sie weiterhin John nennen, aber bitte nennen Sie mich dann auch Sherlock, das macht man so unter Kollegen.«

TBC


[28.01.2017 // 926 Worte]
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