Demons
von - gingerhead -
Kurzbeschreibung
Die Geschichte beginnt im Winter 2002: Leona Lecter, Slytherin, wird als Professorin in Hogwarts eingestellt. Der, für ihre Einführung ins Schulwesen verantwortliche Lehrkörper, ist Severus Snape, ihr ehemaliger Hauslehrer, welcher ihr schon zu Schulzeiten allerlei Steine in den Weg gelegt hat. / Im Laufe der Handlung werden Intrigen, Rachegedanken, Flashbacks sowie Alkoholmissbrauch eine Rolle spielen. / Auszug: Ich hasste Severus Snape dafür, dass er nicht vergessen konnte, – und ich hasste mich selbst dafür, nicht über die Schatten springen zu können, die unsere gemeinsame Vergangenheit auf das Hier und Jetzt warf. (PoV Leona)
GeschichteAngst, Liebesgeschichte / P16 / Gen
Lucius Malfoy
Minerva McGonagall
OC (Own Character)
Severus Snape
23.01.2017
08.03.2017
3
6.381
2
23.01.2017
2.239
They say I'm wasting time, they said that I'm no good
Summer of my life, not doing what I should
Call me poison ivy 'cause I'm far from good
Pretty from afar, like a dark star
They think I'm dangerous, they think I'm really bad,
I'm just making up for what I never had
Go out every night whenever I feel sad
Oh, this drive by love got me crazy like a drug
Lana del Rey – Driving in cars with boys
Kapitel 1
Dezember 2oo2
PoV Severus Snape
Grimmig überflog mein Blick die Reihen von mit vollen Mäulern brabbelnden und lachenden Schülern, die mit glänzenden Augen über ihre Pläne für das erste Adventswochenende sprachen. Auch meine Kollegen schienen äußerst gut gelaunt zu sein, immerhin stand der Weihnachtsball kurz bevor und besonders der weibliche Teil des Kollegiums benahm sich mindestens genauso närrisch wie die Schülerschaft in Anbetracht dieses lächerlichen Festes.
Ich blieb bei Miss Lecter, einer ehemaligen Schülerin, hängen, die seit vorgestern zu meiner rechten saß und als Professorin die Fächer Kunst und Geschichte unterrichtete. Missbilligend betrachtete ich ihre rot bemalten Lippen und die geschminkten Augen, welche der Geschmacklosigkeiten mancher 5. Klässlerinnen um nichts nachstanden.
Sie musste Mitte 20 sein und ich tat mir leid, dass Leona Lecter mich Jahre nach ihrem Abschluss erneut heimsuchte. Womit habe ich das verdient? Das Schlimmste; ich war derjenige, der für die 'vorläufige Betreuung und Einführung ins Schulwesen' des Rotschopfes verantwortlich gemacht wurde. Niemand geringeres als McGonagall hatte mir diese leidliche Aufgabe aufgetragen.
Besagter Rotschopf biederte sich gegenwärtig Prof. Faber an; Lehrer für Muggelkunde, frisch geschieden und Anfang 40. Wie ich dieses Mädchen hasse, dachte ich und meine Stimmung sank mit jeder Sekunde, in der ich sie unverhohlen anstarrte.
Sie hatte meinen Blick bemerkt und wandte sich mit dem Ausdruck von Verwirrung auf dem Puppengesicht um. Dass ich derjenige war, der dazu verdammt war, ihre Betreuung von nun an zu übernehmen, wurde mir nochmals schmerzlichst bewusst. Spätestens jetzt war mir der Appetit vollständig vergangen.
Zu ihren Zeiten als Schülerin war sie mir schon verhasst gewesen. Und obwohl sie unter meinem Haus war, hatte ich kaum eine Gelegenheit ausgelassen, sie vor ihren Mitschülern zu demütigen.
Diesem folgte meistens ein miserabler Versuch ihrerseits, sich an dem Monster Severus Snape zu rächen. Als ob der zu hohe Blutdruck nicht Schaden genug gewesen wäre. Aber nein, das war es nie gewesen. Erfüllt von Groll erinnerte ich mich an ihren letzten, großen Coup.
Inzwischen hatte sie sich wieder von mir abgewandt und führte ein Glas an ihre Lippen. Und die dunkelrote Flüssigkeit, die ihre Lippen benetzte, erinnerte mich verdächtig an Elfenwein.
Unerhört., folgerte ich.
„ Severus!“, riss mich Minerva's Stimme aus meinen Gedanken, die zu meiner Schande nur um diesen Lehrerschrecken kreisten. „ Ist Ihnen eine Laus über die Leber gelaufen?“ Allerdings.
„ Im Gegenteil, Schulleiterin.“, erwiderte ich spöttisch und meine Lippen verzogen sich zu einem feinen Lächeln. „ Ich amüsiere mich prächtig.“
Minervas Reaktion war ein genervtes Schnauben. Wahrscheinlich bereute sie es bereits, mich überhaupt angesprochen zu haben. Nicht, dass mich das auf irgendeine Weise stören würde.
„ Ich habe mich gefragt, weshalb Sie Ihrer neuen Schutzbefohlenen weder die Schulregeln erklärt haben, noch begonnen haben, die verschiedenen Punkte der Liste, die ich Ihnen gegeben habe, abzuarbeiten.“, vorwurfsvoll schaute sie mich durch ihre kreisrunde Brille an.
Ich nahm wahr, dass Miss Lecter mit großen Augen in meine Richtung blickte. Sie würde heute noch ihr blaues Wunder erleben, schwor ich mir just in diesem Moment und begegnete ihrem Blick kaltblütig. Eine leichte Röte legte sich auf ihre Wangen und ihre gute Laune schien mit einem Mal von ihrem Gesicht gewischt zu sein. Sehr schön, dieser kleine Sieg hob meine Stimmung ungemein.
„ Ich habe mir gedacht, Miss Lecter und ich könnten uns am Wochenende mit diesen Formalitäten befassen.“, schnarrte ich selbstgefällig und warf meiner ehemaligen Schülerin einen weiteren Blick zu, der meine Gefühle ihr gegenüber nur zu gut offenbarte. Sofort erbleichte sie. Widerspruch war hier sinnlos, doch ich fragte mich, ob sie es tatsächlich dabei belassen konnte, dass sie ihr heißersehntes Wochenende Wohl oder Übel mit mir verbringen sollte.
„ Professor Lecter, Sir.“, beharrte diese rote Pest auch noch. Zweifelnd hob ich meine Augenbraue. „ Haben Sie noch etwas Anderes zu beanstanden? Immerhin muss ich mein wohlverdientes Wochenende mit Ihnen verschwenden.“, entgegnete ich hart. McGonagall seufzte.
Miss Lecter beeilte sich mit ihrem Köpfchen zu schütteln. „ Nein, Sir.“, in ihrem Ton schwang verhaltener Sarkasmus mit.
Da dieses Gespräch offenkundig beendet war, indem ich mich wieder meinem Essen zuwandte, hing die wohl ungeteilte Aufmerksamkeit Poison Ivy's wieder an den Lippen Fabers.
Mein missbilligendes Kopfschütteln bekam sie natürlich nicht mehr mit. „ … scheiße.“, dieses Kraftwort aus dem Mund einer Lehrperson – natürlich aus den rot bemalten Lippen Lecters – ließ mich aufhorchen. „ … aber es ist ja nicht so, als hätte ich etwas anderes erwartet. Reden wir lieber über Sie, Marcel.“
Keine 10 Minuten später hatte ich mich, zu meinem Bedauern, von McGonagall erneut in ein Gespräch verwickeln lassen, als zwei gewisse Personen ihr Essen beendeten und immer noch fröhlich plaudernd die große Halle verließen.
Als ich eine geschlagenen halben Stunde, die ich an McGonagalls Gesprächigkeit, sowie dem neuesten Klatsch aus Hogsmeade verloren hatte, die große Halle verließ, wollte ich nichts lieber als mich in meinen Räumlichkeiten zu betrinken. Diese alte Gryffindor raubte mir noch den letzten Nerv!
Aber sie sollte nicht die Einzigste bleiben; Miss Lecter, diese ebenfalls ein Quartier in meinen Kerkern bezogen hatte – allein der Gedanke brachte mich zur Weißglut – hatte es mit ihrem 'Begleiter' nicht wirklich weit geschafft. Im Gegenteil.
Er übersäte ihr Dekolletee mit heißen Küssen und drückte Lecters Körper schon hart gegen das Gemäuer. Mir wurde übel bei diesem Anblick. „ Lecter!“; schnauzte ich, worauf sich die Liebenden abrupt aus ihrer leidenschaftlichen Umarmung lösten. Ich war fassungslos. „ Und das in meinen Kerkern!“, herrschte ich meine Kollegen an, denen ich gegenwärtig am liebsten die 'Unverzeihlichen' in ihre vor Hitze geröteten Gesichter geschleudert hätte.
Ehe irgendjemand der zwei noch einen Atemzug nehmen konnte, umfasste meine Hand schon Lecters Oberarm und zog sie unsanft mit mir. Faber machte Anstalten, uns zu folgen, doch mein auf ihn gerichteter Zauberstab ließ ihn innehalten. „ Sie können froh sein, wenn Sie morgen noch nicht suspendiert sind! Und jetzt raus aus meinen Kerkern!“, spie ich, ohne meine 'Schutzbefohlene', die sich hilflos versuchte gegen mich zu stemmen, eines Blickes zu würdigen.
„ Was fällt Ihnen ein?“, beschwerte sich Lecter, die, als ich sie endlich ansah, mich mit wild glühenden Augen taxierte, die sich von ihrem, jetzt erst recht vor Wut blassen Teint abhoben. Sie sah so aus, als würde sie mir am liebsten ins Gesicht spucken. Angewidert löste ich meinen Griff um ihren Arm und sie brachte mit einigen Schritten Raum zwischen uns.
„ Sie sind so ein Scheusal!“, giftete der Rotschopf. Wenn sie sich aufregte, war ihre sonst eher sanfte Stimme ein einziges, schrilles Quiken in meinen überstrapazierten Ohren. Reflexartig begann ich, meinen Nasenwurzel zu massieren und zwang mich dazu, den Impuls, sie in eine Motte zu verwandeln, zu unterbinden. Sie macht es mir wirklich schwierig.
Mittlerweile glänzten ihre Augen feucht, wahrscheinlich fühlte sie sich gerade ziemlich gedemütigt und verdammt wütend. Frauen!, dachte ich grimmig. Wie gut, dass ich gegen diese Krokodilstränen immun bin.
„ Das ist nicht fair!“, beschwerte sie sich. Ich konnte diesen infantilen Satz mittlerweile nicht mehr hören. Von allen Seiten, dachte ich eine Spur genervter – wenn das überhaupt möglich war. Das Leben kannte keine Fairness. Wahrscheinlich wäre meine Stimmung gegenwärtig irgendwo zwischen Resignation und Genervtheit, aber Lecter musste es offenbar auf die Spitze treiben.
„ Es ist auch nicht fair, dass ich meinen wohlverdienten Feierabend damit verbringen muss, Sie – wie schon in Schulzeiten – zurecht zu weisen.“, sagte ich mit provozierender Gelassenheit.
„ Geben Sie mir, nach all den Jahren, immer noch die Schuld, dass ich sie damals vor den Kopf gestoßen habe?“, ihre Stimme wurde eine Nuance höher. „ Wissen Sie, was Ihr Problem ist? Weshalb Ihr Leben so verpfuscht - “ Ich spürte, wie sich meine Hände unter dem Umhang zu Fäusten ballten. Wieso musste Sie mich in dieser ohnehin schon lächerlichen Diskussion mit meinem 'verpfuschten Leben' konfrontieren? Woher nahm gerade sie sich das Recht?
Diese Unverschämtheit brachte mein Faß, was sich seit dem Abendessen ohnehin schon erheblich gefüllt hatte, endgültig zum Überlaufen. Am liebsten hätte ich ihr mit der bloßen Handfläche ins Gesicht geschlagen.
PoV Leona Lecter
„ Es reicht mir!“, bellte Snape mir entgegen. Mich hatte seine Emotionslosigkeit, diese Art,wie er mich ansah, als wäre ich nicht seine Wut wert, mehr gedemütigt als alles andere. Jetzt hatte ich seine Weißglut heraufbeschworen und bereute es, noch ehe er so richtig begann, mich verbal niederzustrecken. „ Sie impertinente, dumme Kuh! Das wird Konsequenzen nach sich ziehen, das verspreche ich Ihnen!“
Die pochende Ader auf seiner Stirne schwoll bedenklich an und hob sich bläulich von seinem zornesbleichen Gesicht ab. Der Ausdruck in seinen obsidianschwarzen Augen brannte sich in mein Gedächtnis, - so wutentbrannt und außer sich hatte ich ihn noch nie erlebt. Natürlich war mir von Anfang an bewusst gewesen, dass ich mit meinem ehemaligen Hauslehrer aneinander geraten würde, wenn ich die Stelle als Professorin der Fächer GdZ (Geschichte der Zauberei) und mK (magischer Kunst) an Hogwarts annehmen sollte.
Damit, dass sich besagter Konflikt bereits an meinem dritten Arbeitstag abspielen würde, und letztendlich meine Schuld war, hatte ich allerdings nicht gerechnet.
„ Sind Ihnen die Worte ausgegangen? Sie sind doch sonst so gesprächig, wenn nicht unerträglich geschwätzig.“, Snape richtete sich bedrohlich vor mir auf. Sein hagerer Oberkörper bebte unter seinen Roben, und in diesem Moment strahlte dieser Kerkerbewohner – eine mir bisher unentdeckte – Dynamik und Lebendigkeit aus. Beeindruckend, bemerkte ich, die Angst setzte für den Bruchteil einer Sekunde aus. „ Nun sagen Sie was oder ich verhexe Sie auf der Stelle, Lecter!“, sein dunkler Bariton echochte in dem kalten Gemäuer der Korridore wider, und ich wunderte mich, weshalb bisher noch niemand zu uns gestoßen war, um mich vor dieser Kreatur zu erretten. Denn genau so sah Snape aus; wutentbrannt und nach meinem Blut dürstend.
Gleichzeitig begann ich ernsthaft in Betracht zu ziehen, Marcel – sollte ich diese Unannehmlichkeit hier überleben – zur Rede zu stellen. Viel mehr Gedanken konnte ich allerdings nicht an meinen Flirt verschwenden, schließlich hatte sich der Mann vor mir um keinen Centimeter bewegt und erwartete offenbar eine Erklärung. Doch wie ich ihn bisher kennengelernt hatte, erwartete er noch sehr viel mehr als das. Entschuldigen sollte ich mich. Am liebsten hätte ich entnervt aufgestöhnt, so frustrierend war die gegenwärtige Situation.
„ Ich, als der Verantwortliche für Ihre vorläufige Betreuung muss für solche Eklate gerade stehen. Wussten Sie das? Machen Sie das eigentlich mit Absicht?“, grollte er und hob seine knochige Hand, als ob er sie an meine Kehle legen wollte. Es durchfuhr mich ein jäher, unangenehmer Schauer und ich wisch reflexartig ein paar Schritte vor seiner Gestalt zurück, um Distanz zwischen uns zu schaffen. Erschrocken keuchte ich auf, als ich plötzich unsanft mit meiner Kehrseite gegen das nasskalte Mauerwerk stieß.
„ Aha!“, zischte Snape, wobei ein abartig triumphierendes, fast schon maliziöses Grinsen seine blutleeren Lippen zierte.
„ Sie - haben – Angst.“, sagte er gedehnt, er genoss es richtig, zu beobachten, wie ich immer mehr vor seiner Person zusammenzuschrumpfen schien. Es war demütigend.
Ich muss hier weg!, war der einzig klare Gedanke, den ich in diesem Augenblick fassen konnte.
„ Es wird nicht wieder vorkommen...,Sir.“, antwortete ich tonlos, wissend, dass sich dieser Eklat, wie der Kerkerbewohner den Vorfall bezeichnete, ganz gewiß wiederholen würde. „ Schließlich möchte ich unsere kollegiale Beziehung nicht durch... naja... Sie wissen schon...gefährden. Im Gegenteil.“, fuhr ich fort, und schüttelte innerlich über mein schulmädchenhaftes Verhalten den Kopf. Ich hasste Severus Snape dafür, dass er nicht vergessen konnte, – und ich hasste mich selbst dafür, nicht über die Schatten springen zu können, die unsere gemeinsame Vergangenheit auf das Hier und Jetzt warf. Mein Zorn war längst abgeklungen, einzig das Gefühl einer unendlich schmerzenden Leere fraß sich durch meinen Brustkorb.
Endlich gelang es mir, ihn wieder anzusehen.
Snape, dieser tatsächlich nicht mehr so wirkte, als würde er sich jede Sekunde auf mich stürzen, strich sich eine fettige Strähne aus dem Sichtfeld, bevor er mich eindringlich musterte – jede noch so kleine Zuckung meiner Gesichtsmuskeln hätte mich jetzt verraten können.
„ Als Ihr betreuender Professor habe ich leider die Aufgabe, ein Auge auf Sie zu werfen. Wir wollen ja nicht, dass Sie vom rechten Weg abkommen.“, kommentierte mein Gegenüber und seine Mundwinkel zuckten verächtlich. „ Nicht schon wieder.“
Ich wusste, dass er mich für promiskuitiv hielt. Mit meinen gerade mal 25 Jahren sah ich allerdings nicht ein, meinen bisherigen Lebensstil für Snapes jähen Anflug von Sittlichkeit aufzugeben.
Die Frage, woher auf einmal diese Motivation kam, mir den moralischen Zeigefinger zu zeigen, konnte ich mir beim besten Willen nicht beantworten.
„ Merlin sei Dank, dass Sie sich meinem Seelenheil bemühen.“, entgegnete ich, in einem Anflug von Galgenhumor.
„ Morgen, 8 Uhr, in meinem Büro. Und wagen Sie es nicht, zu spät zu kommen.“, befahl Snape, denn für ihn war das Gespräch hier endgültig beendet. Mit bauschenden Roben drehte er sich auf dem Absatz um; und erst, als er eins mit der Dunkelheit geworden war, wagte ich es, erleichtert auszuatmen. Diesen Kampf hatte er gewonnen. Aber hieß nicht; so nahm ich es mir in jenem Moment vor, dass ich mich von ihm unterkriegen lassen würde. Dafür hatte ich zu viel erlebt, zu viel durchgestanden, als dass ich mich nach einer kleinen Niederlage aufgeben würde. Ich würde meine Wunden lecken, und weitermachen. Als sei nie etwas geschehen. Ich würde Stärke zeigen.
Summer of my life, not doing what I should
Call me poison ivy 'cause I'm far from good
Pretty from afar, like a dark star
They think I'm dangerous, they think I'm really bad,
I'm just making up for what I never had
Go out every night whenever I feel sad
Oh, this drive by love got me crazy like a drug
Lana del Rey – Driving in cars with boys
Kapitel 1
Dezember 2oo2
PoV Severus Snape
Grimmig überflog mein Blick die Reihen von mit vollen Mäulern brabbelnden und lachenden Schülern, die mit glänzenden Augen über ihre Pläne für das erste Adventswochenende sprachen. Auch meine Kollegen schienen äußerst gut gelaunt zu sein, immerhin stand der Weihnachtsball kurz bevor und besonders der weibliche Teil des Kollegiums benahm sich mindestens genauso närrisch wie die Schülerschaft in Anbetracht dieses lächerlichen Festes.
Ich blieb bei Miss Lecter, einer ehemaligen Schülerin, hängen, die seit vorgestern zu meiner rechten saß und als Professorin die Fächer Kunst und Geschichte unterrichtete. Missbilligend betrachtete ich ihre rot bemalten Lippen und die geschminkten Augen, welche der Geschmacklosigkeiten mancher 5. Klässlerinnen um nichts nachstanden.
Sie musste Mitte 20 sein und ich tat mir leid, dass Leona Lecter mich Jahre nach ihrem Abschluss erneut heimsuchte. Womit habe ich das verdient? Das Schlimmste; ich war derjenige, der für die 'vorläufige Betreuung und Einführung ins Schulwesen' des Rotschopfes verantwortlich gemacht wurde. Niemand geringeres als McGonagall hatte mir diese leidliche Aufgabe aufgetragen.
Besagter Rotschopf biederte sich gegenwärtig Prof. Faber an; Lehrer für Muggelkunde, frisch geschieden und Anfang 40. Wie ich dieses Mädchen hasse, dachte ich und meine Stimmung sank mit jeder Sekunde, in der ich sie unverhohlen anstarrte.
Sie hatte meinen Blick bemerkt und wandte sich mit dem Ausdruck von Verwirrung auf dem Puppengesicht um. Dass ich derjenige war, der dazu verdammt war, ihre Betreuung von nun an zu übernehmen, wurde mir nochmals schmerzlichst bewusst. Spätestens jetzt war mir der Appetit vollständig vergangen.
Zu ihren Zeiten als Schülerin war sie mir schon verhasst gewesen. Und obwohl sie unter meinem Haus war, hatte ich kaum eine Gelegenheit ausgelassen, sie vor ihren Mitschülern zu demütigen.
Diesem folgte meistens ein miserabler Versuch ihrerseits, sich an dem Monster Severus Snape zu rächen. Als ob der zu hohe Blutdruck nicht Schaden genug gewesen wäre. Aber nein, das war es nie gewesen. Erfüllt von Groll erinnerte ich mich an ihren letzten, großen Coup.
Inzwischen hatte sie sich wieder von mir abgewandt und führte ein Glas an ihre Lippen. Und die dunkelrote Flüssigkeit, die ihre Lippen benetzte, erinnerte mich verdächtig an Elfenwein.
Unerhört., folgerte ich.
„ Severus!“, riss mich Minerva's Stimme aus meinen Gedanken, die zu meiner Schande nur um diesen Lehrerschrecken kreisten. „ Ist Ihnen eine Laus über die Leber gelaufen?“ Allerdings.
„ Im Gegenteil, Schulleiterin.“, erwiderte ich spöttisch und meine Lippen verzogen sich zu einem feinen Lächeln. „ Ich amüsiere mich prächtig.“
Minervas Reaktion war ein genervtes Schnauben. Wahrscheinlich bereute sie es bereits, mich überhaupt angesprochen zu haben. Nicht, dass mich das auf irgendeine Weise stören würde.
„ Ich habe mich gefragt, weshalb Sie Ihrer neuen Schutzbefohlenen weder die Schulregeln erklärt haben, noch begonnen haben, die verschiedenen Punkte der Liste, die ich Ihnen gegeben habe, abzuarbeiten.“, vorwurfsvoll schaute sie mich durch ihre kreisrunde Brille an.
Ich nahm wahr, dass Miss Lecter mit großen Augen in meine Richtung blickte. Sie würde heute noch ihr blaues Wunder erleben, schwor ich mir just in diesem Moment und begegnete ihrem Blick kaltblütig. Eine leichte Röte legte sich auf ihre Wangen und ihre gute Laune schien mit einem Mal von ihrem Gesicht gewischt zu sein. Sehr schön, dieser kleine Sieg hob meine Stimmung ungemein.
„ Ich habe mir gedacht, Miss Lecter und ich könnten uns am Wochenende mit diesen Formalitäten befassen.“, schnarrte ich selbstgefällig und warf meiner ehemaligen Schülerin einen weiteren Blick zu, der meine Gefühle ihr gegenüber nur zu gut offenbarte. Sofort erbleichte sie. Widerspruch war hier sinnlos, doch ich fragte mich, ob sie es tatsächlich dabei belassen konnte, dass sie ihr heißersehntes Wochenende Wohl oder Übel mit mir verbringen sollte.
„ Professor Lecter, Sir.“, beharrte diese rote Pest auch noch. Zweifelnd hob ich meine Augenbraue. „ Haben Sie noch etwas Anderes zu beanstanden? Immerhin muss ich mein wohlverdientes Wochenende mit Ihnen verschwenden.“, entgegnete ich hart. McGonagall seufzte.
Miss Lecter beeilte sich mit ihrem Köpfchen zu schütteln. „ Nein, Sir.“, in ihrem Ton schwang verhaltener Sarkasmus mit.
Da dieses Gespräch offenkundig beendet war, indem ich mich wieder meinem Essen zuwandte, hing die wohl ungeteilte Aufmerksamkeit Poison Ivy's wieder an den Lippen Fabers.
Mein missbilligendes Kopfschütteln bekam sie natürlich nicht mehr mit. „ … scheiße.“, dieses Kraftwort aus dem Mund einer Lehrperson – natürlich aus den rot bemalten Lippen Lecters – ließ mich aufhorchen. „ … aber es ist ja nicht so, als hätte ich etwas anderes erwartet. Reden wir lieber über Sie, Marcel.“
Keine 10 Minuten später hatte ich mich, zu meinem Bedauern, von McGonagall erneut in ein Gespräch verwickeln lassen, als zwei gewisse Personen ihr Essen beendeten und immer noch fröhlich plaudernd die große Halle verließen.
Als ich eine geschlagenen halben Stunde, die ich an McGonagalls Gesprächigkeit, sowie dem neuesten Klatsch aus Hogsmeade verloren hatte, die große Halle verließ, wollte ich nichts lieber als mich in meinen Räumlichkeiten zu betrinken. Diese alte Gryffindor raubte mir noch den letzten Nerv!
Aber sie sollte nicht die Einzigste bleiben; Miss Lecter, diese ebenfalls ein Quartier in meinen Kerkern bezogen hatte – allein der Gedanke brachte mich zur Weißglut – hatte es mit ihrem 'Begleiter' nicht wirklich weit geschafft. Im Gegenteil.
Er übersäte ihr Dekolletee mit heißen Küssen und drückte Lecters Körper schon hart gegen das Gemäuer. Mir wurde übel bei diesem Anblick. „ Lecter!“; schnauzte ich, worauf sich die Liebenden abrupt aus ihrer leidenschaftlichen Umarmung lösten. Ich war fassungslos. „ Und das in meinen Kerkern!“, herrschte ich meine Kollegen an, denen ich gegenwärtig am liebsten die 'Unverzeihlichen' in ihre vor Hitze geröteten Gesichter geschleudert hätte.
Ehe irgendjemand der zwei noch einen Atemzug nehmen konnte, umfasste meine Hand schon Lecters Oberarm und zog sie unsanft mit mir. Faber machte Anstalten, uns zu folgen, doch mein auf ihn gerichteter Zauberstab ließ ihn innehalten. „ Sie können froh sein, wenn Sie morgen noch nicht suspendiert sind! Und jetzt raus aus meinen Kerkern!“, spie ich, ohne meine 'Schutzbefohlene', die sich hilflos versuchte gegen mich zu stemmen, eines Blickes zu würdigen.
„ Was fällt Ihnen ein?“, beschwerte sich Lecter, die, als ich sie endlich ansah, mich mit wild glühenden Augen taxierte, die sich von ihrem, jetzt erst recht vor Wut blassen Teint abhoben. Sie sah so aus, als würde sie mir am liebsten ins Gesicht spucken. Angewidert löste ich meinen Griff um ihren Arm und sie brachte mit einigen Schritten Raum zwischen uns.
„ Sie sind so ein Scheusal!“, giftete der Rotschopf. Wenn sie sich aufregte, war ihre sonst eher sanfte Stimme ein einziges, schrilles Quiken in meinen überstrapazierten Ohren. Reflexartig begann ich, meinen Nasenwurzel zu massieren und zwang mich dazu, den Impuls, sie in eine Motte zu verwandeln, zu unterbinden. Sie macht es mir wirklich schwierig.
Mittlerweile glänzten ihre Augen feucht, wahrscheinlich fühlte sie sich gerade ziemlich gedemütigt und verdammt wütend. Frauen!, dachte ich grimmig. Wie gut, dass ich gegen diese Krokodilstränen immun bin.
„ Das ist nicht fair!“, beschwerte sie sich. Ich konnte diesen infantilen Satz mittlerweile nicht mehr hören. Von allen Seiten, dachte ich eine Spur genervter – wenn das überhaupt möglich war. Das Leben kannte keine Fairness. Wahrscheinlich wäre meine Stimmung gegenwärtig irgendwo zwischen Resignation und Genervtheit, aber Lecter musste es offenbar auf die Spitze treiben.
„ Es ist auch nicht fair, dass ich meinen wohlverdienten Feierabend damit verbringen muss, Sie – wie schon in Schulzeiten – zurecht zu weisen.“, sagte ich mit provozierender Gelassenheit.
„ Geben Sie mir, nach all den Jahren, immer noch die Schuld, dass ich sie damals vor den Kopf gestoßen habe?“, ihre Stimme wurde eine Nuance höher. „ Wissen Sie, was Ihr Problem ist? Weshalb Ihr Leben so verpfuscht - “ Ich spürte, wie sich meine Hände unter dem Umhang zu Fäusten ballten. Wieso musste Sie mich in dieser ohnehin schon lächerlichen Diskussion mit meinem 'verpfuschten Leben' konfrontieren? Woher nahm gerade sie sich das Recht?
Diese Unverschämtheit brachte mein Faß, was sich seit dem Abendessen ohnehin schon erheblich gefüllt hatte, endgültig zum Überlaufen. Am liebsten hätte ich ihr mit der bloßen Handfläche ins Gesicht geschlagen.
PoV Leona Lecter
„ Es reicht mir!“, bellte Snape mir entgegen. Mich hatte seine Emotionslosigkeit, diese Art,wie er mich ansah, als wäre ich nicht seine Wut wert, mehr gedemütigt als alles andere. Jetzt hatte ich seine Weißglut heraufbeschworen und bereute es, noch ehe er so richtig begann, mich verbal niederzustrecken. „ Sie impertinente, dumme Kuh! Das wird Konsequenzen nach sich ziehen, das verspreche ich Ihnen!“
Die pochende Ader auf seiner Stirne schwoll bedenklich an und hob sich bläulich von seinem zornesbleichen Gesicht ab. Der Ausdruck in seinen obsidianschwarzen Augen brannte sich in mein Gedächtnis, - so wutentbrannt und außer sich hatte ich ihn noch nie erlebt. Natürlich war mir von Anfang an bewusst gewesen, dass ich mit meinem ehemaligen Hauslehrer aneinander geraten würde, wenn ich die Stelle als Professorin der Fächer GdZ (Geschichte der Zauberei) und mK (magischer Kunst) an Hogwarts annehmen sollte.
Damit, dass sich besagter Konflikt bereits an meinem dritten Arbeitstag abspielen würde, und letztendlich meine Schuld war, hatte ich allerdings nicht gerechnet.
„ Sind Ihnen die Worte ausgegangen? Sie sind doch sonst so gesprächig, wenn nicht unerträglich geschwätzig.“, Snape richtete sich bedrohlich vor mir auf. Sein hagerer Oberkörper bebte unter seinen Roben, und in diesem Moment strahlte dieser Kerkerbewohner – eine mir bisher unentdeckte – Dynamik und Lebendigkeit aus. Beeindruckend, bemerkte ich, die Angst setzte für den Bruchteil einer Sekunde aus. „ Nun sagen Sie was oder ich verhexe Sie auf der Stelle, Lecter!“, sein dunkler Bariton echochte in dem kalten Gemäuer der Korridore wider, und ich wunderte mich, weshalb bisher noch niemand zu uns gestoßen war, um mich vor dieser Kreatur zu erretten. Denn genau so sah Snape aus; wutentbrannt und nach meinem Blut dürstend.
Gleichzeitig begann ich ernsthaft in Betracht zu ziehen, Marcel – sollte ich diese Unannehmlichkeit hier überleben – zur Rede zu stellen. Viel mehr Gedanken konnte ich allerdings nicht an meinen Flirt verschwenden, schließlich hatte sich der Mann vor mir um keinen Centimeter bewegt und erwartete offenbar eine Erklärung. Doch wie ich ihn bisher kennengelernt hatte, erwartete er noch sehr viel mehr als das. Entschuldigen sollte ich mich. Am liebsten hätte ich entnervt aufgestöhnt, so frustrierend war die gegenwärtige Situation.
„ Ich, als der Verantwortliche für Ihre vorläufige Betreuung muss für solche Eklate gerade stehen. Wussten Sie das? Machen Sie das eigentlich mit Absicht?“, grollte er und hob seine knochige Hand, als ob er sie an meine Kehle legen wollte. Es durchfuhr mich ein jäher, unangenehmer Schauer und ich wisch reflexartig ein paar Schritte vor seiner Gestalt zurück, um Distanz zwischen uns zu schaffen. Erschrocken keuchte ich auf, als ich plötzich unsanft mit meiner Kehrseite gegen das nasskalte Mauerwerk stieß.
„ Aha!“, zischte Snape, wobei ein abartig triumphierendes, fast schon maliziöses Grinsen seine blutleeren Lippen zierte.
„ Sie - haben – Angst.“, sagte er gedehnt, er genoss es richtig, zu beobachten, wie ich immer mehr vor seiner Person zusammenzuschrumpfen schien. Es war demütigend.
Ich muss hier weg!, war der einzig klare Gedanke, den ich in diesem Augenblick fassen konnte.
„ Es wird nicht wieder vorkommen...,Sir.“, antwortete ich tonlos, wissend, dass sich dieser Eklat, wie der Kerkerbewohner den Vorfall bezeichnete, ganz gewiß wiederholen würde. „ Schließlich möchte ich unsere kollegiale Beziehung nicht durch... naja... Sie wissen schon...gefährden. Im Gegenteil.“, fuhr ich fort, und schüttelte innerlich über mein schulmädchenhaftes Verhalten den Kopf. Ich hasste Severus Snape dafür, dass er nicht vergessen konnte, – und ich hasste mich selbst dafür, nicht über die Schatten springen zu können, die unsere gemeinsame Vergangenheit auf das Hier und Jetzt warf. Mein Zorn war längst abgeklungen, einzig das Gefühl einer unendlich schmerzenden Leere fraß sich durch meinen Brustkorb.
Endlich gelang es mir, ihn wieder anzusehen.
Snape, dieser tatsächlich nicht mehr so wirkte, als würde er sich jede Sekunde auf mich stürzen, strich sich eine fettige Strähne aus dem Sichtfeld, bevor er mich eindringlich musterte – jede noch so kleine Zuckung meiner Gesichtsmuskeln hätte mich jetzt verraten können.
„ Als Ihr betreuender Professor habe ich leider die Aufgabe, ein Auge auf Sie zu werfen. Wir wollen ja nicht, dass Sie vom rechten Weg abkommen.“, kommentierte mein Gegenüber und seine Mundwinkel zuckten verächtlich. „ Nicht schon wieder.“
Ich wusste, dass er mich für promiskuitiv hielt. Mit meinen gerade mal 25 Jahren sah ich allerdings nicht ein, meinen bisherigen Lebensstil für Snapes jähen Anflug von Sittlichkeit aufzugeben.
Die Frage, woher auf einmal diese Motivation kam, mir den moralischen Zeigefinger zu zeigen, konnte ich mir beim besten Willen nicht beantworten.
„ Merlin sei Dank, dass Sie sich meinem Seelenheil bemühen.“, entgegnete ich, in einem Anflug von Galgenhumor.
„ Morgen, 8 Uhr, in meinem Büro. Und wagen Sie es nicht, zu spät zu kommen.“, befahl Snape, denn für ihn war das Gespräch hier endgültig beendet. Mit bauschenden Roben drehte er sich auf dem Absatz um; und erst, als er eins mit der Dunkelheit geworden war, wagte ich es, erleichtert auszuatmen. Diesen Kampf hatte er gewonnen. Aber hieß nicht; so nahm ich es mir in jenem Moment vor, dass ich mich von ihm unterkriegen lassen würde. Dafür hatte ich zu viel erlebt, zu viel durchgestanden, als dass ich mich nach einer kleinen Niederlage aufgeben würde. Ich würde meine Wunden lecken, und weitermachen. Als sei nie etwas geschehen. Ich würde Stärke zeigen.