Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast 

Guardian

Kurzbeschreibung
GeschichteDrama, Freundschaft / P12 / Gen
OC (Own Character) Yuuki Tenpouin
24.12.2016
24.12.2016
1
1.470
2
Alle Kapitel
2 Reviews
Dieses Kapitel
2 Reviews
 
 
 
24.12.2016 1.470
 
Für Nayra Isabell. Ich kenne sie zwar nicht persönlich, aber sie ist der Grund warum ich wieder regelmäßig schreibe, nachdem ich eigentlich damals längst aufgehört hatte. Vielen Dank für deine Unterstützung :D



Das schrille Läuten des Weckers reißt mich mitten aus dem Tiefschlaf und nur sehr unwillig quäle ich mich aus dem warmen Bett.
Zurzeit findet kein Unterricht im Internat statt, aber heute habe ich meinen ersten Auftrag.
14 Jahre ist sehr spät für den ersten Befehl und mein Vater versäumt nie mir diese Tatsache unter die Nase zu reiben.
Seit Generationen bereits beschützt meine Familie Menschen mit besonderen Fähigkeiten.
Die meisten können in jungen Jahren noch nicht mit ihren Kräften umgehen und später sind sie in ihrer Lost Form schutzlos jedem Angreifer ausgeliefert.
Deswegen ist es die größte Ehre für meine Familie sie zu schützen, wann immer es nötig ist und mit sämtlichen zur Verfügung stehenden Mitteln, darunter auch unser eigenes Leben.
Dies ist die Bestimmung eines Guardians.
Das hat zumindest mein Vater immer gesagt, aber das war lange bevor sich bei meinem kleinen Bruder auch derart besondere Kräfte manifestiert haben.
Seitdem habe ich kaum noch ein Wort mit den beiden geredet, wobei wenigstens mein Bruder immer noch versucht den Kontakt zu erhalten.

Eine Stunde später warte ich ungeduldig vor dem riesigen, eisernen Tor der städtischen Universität.
Die herausströmenden Menschen nehmen mich entweder kaum wahr, oder ich kassiere einen abschätzigen Blick.
Ich habe eine möglichst unbeteiligte Miene aufgesetzt und versuche mir nicht anmerken zu lassen, wie nervös ich bin und wie verloren ich mich hier fühle.
Zum gefühlten hundertsten Mal ziehe ich mein Smartphone aus der Tasche, überprüfe die Uhrzeit und lese erneut die Einzelheiten des Auftrags.
Yuuki Tenpouin, zwölf Jahre, Fähigkeit den Schall zu manipulieren, höchstbegabt.
Abholzeit: zehn Uhr, Eingang Universität.
Ungeduldig trommle ich mit dem Fuß.
Er ist schon fast zwanzig Minuten zu spät.
Wann sich wohl das kleine, reiche Wunderkind endlich bequemt seinen Hintern hierher zu bewegen?
Dem ist alles in die Wiege gelegt worden und trotzdem schafft er es nicht einmal pünktlich zu sein.
Mein Blick fällt auf meinen kleinen Schlüsselanhänger, den mir mein Bruder vor einigen Tagen geschenkt hat.
Es ist dieses kleine, hässliche Katzentier, das mein Bruder so verehrt.
Nyanmaru oder so ähnlich.
Ich seufze und sehe wieder auf die Uhr.
21 Minuten zu spät.
„Bist du meine neue Beschützerin?“, werde ich plötzlich von einer monotonen Stimme angesprochen.
Ich wirble herum und sehe einen Jungen hinter mir stehen, dessen feuerrote Haare in der Wintersonne glänzen.
„Ja, ich heiße…“
„Interessiert mich nicht.“, schneidet mich der Junge ab.
„Jede Woche habe ich einen neuen Beschützer, also sind die Namen unwichtig.“
Meine Augen weiten sich.
Woher kommt dieser Verschleiß an Guardians?
„Manche sterben, aber die meisten kommen wohl mit mir nicht besonders gut klar.“, antwortet der Kerl, als hätte er meine Gedanken gelesen.
Wer hätte gedacht, dass er mir noch unsympathischer werden könnte, als er es ohnehin schon war?
Das kann ja heiter werden.
„Du musst mich nicht mögen, nur beschützen.“
Ich werfe ihm einen wütenden Blick zu.
„Und könntest du bitte aufhören, meine Gedanken zu lesen? Das ist unhöflich.“, platzt es aus mir heraus, bevor ich begreife wie dumm das klingen muss.
Ein winziges Schmunzeln zuckt über seine Lippen, doch bevor ich mich vergewissern kann, ist es auch schon wieder verschwunden.

Den restlichen Nachmittag wechseln wir kaum ein Wort und ich sitze nur neben ihm und sehe zu wie er ganze Bücher innerhalb kürzester Zeit auswendig lernt.
Ich beneide ihn ein wenig um diese Fähigkeit.
Wenn ich das auch könnte, oder wenigstens eine besondere Begabung hätte, würde mich mein Vater vielleicht wieder wahrnehmen.
„Eifersüchtig zu sein bringt rein gar nichts. Mach lieber selber was aus deinem Leben, statt mich um meines zu beneiden. Du weißt nie, ob das Leben der Menschen, auf das du eifersüchtig bist, wirklich so toll ist.
Bei diesen Worten hebt er den Blick nicht ein einziges Mal von den dichtbedruckten Seiten des großen Wälzers.
Nur seine Augen flitzen nicht mehr hin und her und verraten damit, dass hinter diesen Sätzen mehr steckt, als er vermutlich je zugeben würde.
Ich will schon bissig antworten, als ich zugeben muss, dass er Recht hat.
Eine längere Stille entsteht und die Sonne wirft ihre letzten Strahlen über den Horizont und erwärmt mein Gesicht.
Das riesige Anwesen, in dem Yuuki lebt, ist fast völlig leer.
Ob er sich hier wohl hin und wieder einsam fühlt?
„Ich denke nicht, dass ich dich wirklich beneide. Wenn ich wie du wäre, würde mir mein Vater mehr Respekt entgegenbringen. Doch dann wäre ich so alleine wie du. Und vielleicht liebt mein Bruder mich wirklich um meiner selbst Willen und eigentlich reicht mir das völlig.“
Ein kleines Lächeln breitet sich auf meinen Lippen aus.
In diesem Moment klingelt mein Handy und auf dem Display erscheint eine Nachricht meines Bruders.
Viel Glück bei deinem ersten Auftrag, Schwesterherz. Du wirst das toll machen. Denk immer an Nyanmarus Worte: Jeder trägt eine Last, aber zu zweit lassen sich alle Lasten leichter tragen.
Mein Lächeln wird noch breiter und erst jetzt bemerke ich, dass Yuuki die Augen von seinem Buch gehoben hat und er mich ein wenig verwundert ansieht.
„Yuuki, ich bin zwar nur ein weitere von vielen Guardians die du schon hattest und vielleicht noch haben wirst, aber falls du dich hier einsam fühlst, oder reden willst, bin ich jederzeit für dich da.
Jetzt scheint er vollends verwirrt zu sein.
„Woher dieser plötzliche Sinneswandel? Ich dachte du kannst mich nicht ausstehen.“
Ich zucke mit den Schultern.
„Vielleicht hat dieses kindische Kuscheltier ja Recht und das Leben lässt sich besser bewältigen, wenn man Freundschaften schließt, statt einander zu beneiden.“
„Meinst du etwa Nyanmaru?“, fragt er nach, klingt aber kein bisschen sarkastisch.
Ich nicke.
Es bleibt wieder still und er wendet sich seinen Lernunterlagen erneut zu.
Sind meine Worte überhaupt zu ihm durchgedrungen?

An diesem Abend telefoniere ich seit einer halben Ewigkeit wieder einmal mit meinem Bruder.
Seine Stimme überschlägt sich fast, als er mir von allem erzählt was in letzter Zeit zu Hause passiert ist und ich muss ihm versprechen ihn bald besuchen zu kommen.
Mit einem überglücklichen Grinsen, das von einem Ohr zum anderen reicht, lege ich schließlich auf.
Schließlich will ich mich von Yuuki verabschieden, doch im letzten Moment hält er mich zurück.
Ähm…wäre es in Ordnung für dich, wenn du möglicherweise doch länger bei mir bleibst, als nur eine Woche?“, murmelt er und vermeidet es mir in die Augen zu sehen.
Stattdessen scheint er plötzlich etwas höchst Interessantes auf seinen Füßen entdeckt zu haben.
„Ich würde mich freuen.“, erwidere ich.

Am nächsten Tag hole ich ihn wieder vor der Universität ab, doch heute wirkt das Gebäude nicht mehr so furchterregend und kalt wie gestern.
Auch Yuuki selbst ist nicht mehr derart abweisend.
„Ich habe übrigens ein Willkommensgeschenk für dich gefunden.“, grinse ich und ziehe einen Schlüsselanhänger hervor, der meinem recht ähnlich ist.
Ich bin extra heute Früh für ihn einkaufen gegangen und hoffe jetzt gespannt darauf, ob er sich darüber freut.
Und da ist es wieder.
Dieses kleine Lächeln, nur dieses Mal bleibt es auf seinen Lippen und eine Wärme, wie von Sonnenstrahlen, durchläuft mich.
In diesem Augenblick zerreißt ein ohrenbetäubender Schuss den friedlichen Vormittag.
Blitzschnell sehe ich mich um, doch meine Welt beginnt sich plötzlich zu drehen und ich weiß nicht mehr, wo oben und unten ist, während sich ein heißes Brennen in meinem Bauch ausbreitet.
Ich sehe den Schock in Yuukis Augen, als hart auf den Boden falle.
Die Angreifer feuern noch ein paar Schüsse ab, doch sie schaffen es nicht ihn zu treffen.
Es fällt mir plötzlich schwer zu atmen und es fühlt sich an, als würde ich langsam ertrinken.
Durch meinen leicht verschwommenen Blick sehe ich einen kurzen, brutalen Kampf, in dem Yuuki einen Angreifer nach dem anderen grausam dahinmetzelt.
Schwer atmend steht er inmitten lebloser Körper, während in der Luft ein überwältigender metallischer Geruch liegt.
Er scheint nur langsam wieder zu sich zu kommen, doch dann eilt er auf mich zu und kniet sich neben mich.
Der Schlüsselanhänger den ich ihm geschenkt habe, liegt fest umschlossen in seiner Hand und er hat dunkle Blutflecken abbekommen.
Verzweifelt ringe ich um Luft, die immer weniger zu werden scheint.
„Es… es…es tut mir so leid…Ich…ich…“, keucht er und seine Stimme klingt völlig aussichtslos.
Es scheint schlimm um mich zu stehen.
„Yuuki…?“
„Ja?“
„Ich fürchte ich kann doch nicht…lä…länger bei dir bleiben…“
„Warte…ich…ich…“
Seine Stimme bricht auf einmal weg.
Wie heißt du?“, flüstert er.
„Amira…“, hauche ich und kämpfe gegen die widerspenstige Dunkelheit, die am Rande meines Blickfeldes lauert.
„W…Wäre es in Ordnung, wenn ich dich in Zukunft Nyanmaru nennen würde.
Ich lächle sanft.
Sämtliche Wärme scheint aus meinem Körper zu fließen und die Schatten tanzen vor meinen Augen.
Durch einen Tränenschleier erwidert er ein unendlich trauriges Lächeln.
Natürlich, Yuuki.
Review schreiben
 
 
 Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast