Mittelerde-Adventskalender 2016 - Tag 19 - "Zuhause"
von E E Healing
Kurzbeschreibung
Ein einfaches Wort, hinter dem so viel Bedeutung verborgen ist. ZuHause ist ... für jeden etwas anderes und doch meist gleich. Wird es auch für den jungen Waldläufer einen neuen Ort geben, der diese Bedeutung für ihn erlangt?
GeschichteFamilie, Liebesgeschichte / P12 / MaleSlash
Faramir
Legolas
19.12.2016
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Zuhause
Disclaimer: Wie immer, mir gehört nur die Fantasie und es ist Teil des Mittelerde-Adventskalender 2016
Ort: Irgendwie, irgendwo in einem Wirtshaus … und im Schneegestöber …
Zeit: Irgendwann nach Elessars Krönung
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Als sich die Tür zum Wirtshaus „Weißer Stein“ in der berühmtesten Stadt Gondors öffnete, um neue Gäste hinein zu lassen, brachten sie auch einen Schauer aus weißen Flocken mit sich, der sich auf die Schuhe und Mäntel jener Gäste legte, die es nicht für nötig befunden hatten, Schutz weiter im Inneren des steinernen Gemäuers zu suchen. Neugierige Augen funkelten in jenem Moment unter einem braunen Umhang heraus und versuchten, zu ergründen, wer wohl aus der Kälte herein trat.
Für einen kurzen Augenblick glaubte der Besitzer des Augenpaares, dort seinen Bruder stehen zu sehen, trübte sich sein Blick durch die Tränen, die aus ihm heraus wollten und er war versucht, aufzuspringen, um Boromir zu herzen und ihm dann eine Kopfnuss zu verpassen über den Schmerz, den sein Verlust ausgelöst hatte. Doch viel zu schnell war das Trugbild vergangen, der Mann als älter und kleiner erkannt.
Schnell senkte Faramir seinen Blick wieder hinab auf seinen Teller, auf dem nur noch etwas kalte Brühe schwamm. Schon lang war der Braten gegessen und das Bier getrunken, doch der frühere Waldläufer war nicht in der Lage, sich zu erheben, bis … ja, bis er die Worte des Neuankömmlings vernahm, der seinen Kumpan ansprach.
„Ich freue mich schon darauf, endlich nach Hause zu kommen. Mira wird sicher erfreut sein, wenn ich vor den Festtagen wieder bei ihr bin und unsere Söhne ebenfalls.“
„Sicher wird sie das“, bestätigte der Reisegefährte.
'Zuhause', überlegte Faramir. 'Einst nannte ich diesen Ort so. Doch nun? Vater ist tot. Um ihn zu trauern wäre Verschwendung von Lebenszeit und Energie. Wer unser Heim zu einem Zuhause machte, das war Boromir. Um ihn weint mein Herz jeden Tag. Doch auch er ist fort und ich habe keinen Platz mehr in Minas Tirith.
Der König ist heimgekehrt. Éowyn, von der ich dachte, sie erwärmt mein Herz, ließ sich nicht davon abbringen, ihres an Elessar zu hängen. Nein, dieser Ort ist keine Heimat mehr für mich', lachte Faramir freudlos auf, bevor er ein paar Münzen auf den Tisch warf, seine Habseligkeiten zusammen suchte und sich wieder auf den Weg, hinaus in den Schneesturm, begab.
Mit seinem treuen Pferd war er auf dem Weg, um sich in seine neue Heimat zu begeben, von der Faramir auch nicht wusste, ob es einem Zuhause nahe kam. Jeder, dem er dort begegnete, hatte feine Gesichtszüge und spitze Ohren. Sie alle sahen Faramir abschätzig an, seit er vor einigen Jahren als Botschafter in diese Lande gekommen war. Für Elessar tat er dies, doch es war kein leichtes Brot, sich jeden Tag den Attitüden des silberhaarigen Königs zu stellen, der ihn jeden Morgen mit misstrauischerem Blick musterte. Ob es daran lag, dass Thranduil wusste, wer sein einziger Lichtblick in diesem Lande war?
Zu Faramirs Schande musste sich der Braunhaarige eingestehen, dass er immer wieder nach blondem Haar Ausschau hielt, unter dessen Strähnen ebenso spitze Ohren hervorlugten. Nachts träumte er von blauen Augen und sanften Lippen, die fein lächelten. Doch war der Körper, der dazu gehörte, nicht von weiblichen Rundungen geformt und die Muskeln durch hartes Training gestählt. Nichts hatte er mit Éowyn gemein, außer dem königlichen Stande … und dem Haar womöglich. Ja, es war Legolas, der Faramirs Herz höher schlagen ließ, der nichts von den Neigungen des Waldläufers aus Ithilien wusste und der sicher niemals sein Bett mit einem Menschen teilen würde.
So tief in Gedanken an den blonden Prinzen versunken, bemerkte Faramir erst zu spät, dass er geradewegs in einen Schneesturm geritten war und nun jegliche Punkte fehlten, um sich orientieren zu können. Ob er schon an den Emyn Muil vorbei war? Vielleicht sogar schon fast vor den Toren des Eryn Lasgalen? Oder war Faramir noch nicht einmal aus den Ausläufern der weißen Berge fort gekommen? Der junge Mensch wusste es nicht zu sagen, viel zu stark wehte der Wind den Schnee in seine Augen und ließ sein Pferd tänzeln. Ihm blieb nur eine Möglichkeit … absitzen und zu Fuß versuchen, einen Unterschlupf zu finden.
Seit Stunden schon saßen Faramir und seine Stute in einer kleinen Höhle fest. Einzig ein kleines Feuer wärmte sie, doch das Holz würde nicht mehr ewig reichen. Immer öfter schloss der frühere Waldläufer seine Augen und seine Gedanken schweiften ab, hin zu Legolas, hin zu dessen Augen. Er erinnerte sich daran, wie sanft der Elb sein konnte, wie wunderschön sein Lachen klang, sollte man in den Genuss kommen, es zu vernehmen. … Dieses Lachen war es, in das sich der Botschafter verliebte, als er das erste mal nach den gemeinsamen Kämpfen auf Legolas traf. Es war damals, im Waldlandreich, als Faramir die Botschaft überbrachte, dass er zur Sicherung des Friedens nun bei den Elben verweilen sollte.
'Es ist vollkommen gleich, wie sehr ich mich nun zu ihm wünsche. Ich werde hier erfrieren, weit weg von jedem Zuhause, das ich je hatte', schnaubte Faramir in sich hinein.
Noch einmal sah er aus der Höhle hinaus in den Sturm, kniff seine Augen zusammen und starrte regelrecht auf einen kleinen Punkt, von dem er sich einbildete, dass er sich nicht mit den anderen Flocken wild hin und her bewegte. Viel mehr erschien es dem jungen Mann so, als würde dieser kleine Fleck von Moment zu Moment etwas dunkler … und auch größer, gerade so, als würde er sich annähern. Doch wie war das möglich? Ihm selbst war es nur mit Mühe und großer Not geglückt, diese kleine Zuflucht zu finden. Sicher konnte niemand so weit sehen, dass er hätte den Eingang durch dieses Treiben erkennen können. Nicht einmal …
„Ein … Elb!“, flüsterte Faramir, als er sicher war, dass ihn keine Erscheinung trog.
In diesem Moment trat eben jener Elb aus dem Schnee hinein in diesen kleine Raum, hockte sich vor den Waldläufer und schob seinen Umhang vom Kopf.
„Nicht ein Elb, dein Elb!“, flüsterte Legolas, legte erst seine Hand an Faramirs Wange und dann seine Stirn an die des Menschen.
„Aber … was?“, fragte der Braunhaarige verwirrt.
„Ich weiß seit einer Weile um deine Gefühle“, gestand der Blonde. „Seit ich es erkannte, sind auch meine Gefühle für dich entfacht. Ich suche schon seit Tagen nach dir, seit du nicht zur rechten Zeit wieder zu Hause warst!“, meinte Legolas, während er Faramir ernst betrachtete.
Der Jüngere, dessen Herz meinte, aus seiner Brust springen zu müssen, war noch immer vollkommen außer Fassung, als er spürte, wie sich ein weiches Paar Lippen auf seine legte und ganz wunderbar an ihn schmiegte. Es war, als würde sich in Faramir alles an den richtigen Platz bewegen, sobald er seinen Mund leicht öffnete, Legolas auf seinen Schoß zog und dann vorsichtig begann, mit seiner Zunge in dessen warme Mundhöhle vorzudringen und dessen Aroma zu erkunden. In einzigartiger Weise löste der Tanz ihrer Zungen ein Glücksgefühl in Faramir aus, das er nicht beschreiben konnte. Nur unwillig löste er sich von dem Älteren, als er nach neuem Atem ringen musste.
„Du schmeckst einmalig!“, keuchte er. „Nach … Mandeln … und nach Zucker … nach …“
„Nach Marzipan“, lachte Legolas und verschloss den Mund seines Liebsten erneut.
Erst nach ungezählten Küssen war Faramir wieder in der Lage, seine Gedanken in Worte zu fassen, die er in der wohligen Wärme von Legolas' Umarmung … und unter dessen Elbenmantel … endlich aussprach.
„Ich wusste lange Zeit nicht mehr, wo ich ein Zuhause haben könnte. Jetzt ist es mir klarer vor Augen, denn je. Zuhause ist dort, wo das Herz ist. Mein Herz gehört dir, ob in einem Schloss oder einer Hütte, das ist vollkommen gleich. Mein Zuhause wird immer dort sein, wo du bist!“
***** Ende *****