Dancing through Life
von Out of Oz
Kurzbeschreibung
Erinnert ihr euch an Glindas Geschenk für Elphaba? Richtig - ein Tanzkurs! Wie wird der wohl laufen? Wie stellen sich die beiden Hexen an? Und wieso bringt ein Wettbewerb ihr Leben ganz schön durcheinander?
GeschichteFreundschaft, Liebesgeschichte / P16 / FemSlash
Elphaba Thropp
Glinda/Galinda Upland of the Upper Uplands
28.11.2016
23.07.2017
31
43.549
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30.04.2017
1.353
Kapitel 20 – Der Einigkeitstag, II.
Die Tage verstrichen für Elphaba in gleichbleibender Monotonie.
Zeitig aufstehen.
Beten.
Karges Frühstück.
Ein wenig Zeit für ihre eigenen Bücher.
Beten.
Beten oder Lesen.
Beten.
Abendessen.
Beten.
Zu Bett gehen.
Ihre Familie schien in diesem Ablauf völlig aufzublühen. Von Tag zu Tag schienen Frexspar und Nessarose mehr Heiligkeit auszustrahlen. Die Diskussionen zu Ehren des Namenlosen Gottes nahmen immer (absurdere) hochtrabendere Ausmaße an, je näher der Einigkeitstag rückte. Frexspar würde in der großen Kirche von Kolkengrund Andachten für die Munchkinländer der Gegend abhalten, bei denen seine Kinder ihn zu unterstützen hatten.
Nessarose würde, komplett in Weiß gekleidet, einem Engel gleich an seiner Seite stehen. Sie konnte zwar keine Arme in den Himmel recken, aber dennoch würde Frexspar seine jüngste Tochter in seine Predigten einbinden und sie als demütiges Geschöpf des Namenlosen Gottes präsentieren.
Niemand aus der Gemeinde wusste, dass ihre Arme nicht vom Namenlosen Gott genommen worden waren. Stattdessen hatte Melena während ihrer zweiten Schwangerschaft Milchblüten gekaut, um zu verhindern, dass ihr Kind mit der gleichen, abstoßenden Hautfarbe zur Welt kam wie Elphaba. Das hatte zu Frexspars Zufriedenheit geklappt, aber dafür hatte das kleine, rosige Wesen von Geburt an keine Ärmchen und Hände.
Fortan war es Ämmchens Aufgabe gewesen, sich um die kleine Nessa zu kümmern. Doch die betagte Dame hatte beide Kinder wie ihre eigenen angenommen und aufgezogen. Sie hatte weder Elphabas sonderbare Haut noch Nessas fehlenden Arme zum Anlass genommen, über sie zu richten oder eine der beiden der anderen vorzuziehen. Es waren für Ämmchen immer nur zwei kleine Mädchen gewesen, für die sie Lurline jeden Abend dankte.
***
Der große Tag war gekommen! Weit vor Sonnenaufgang standen die Bewohner des Kolkengrunds auf. Am höchsten Feiertag des Unionismus wurde nichts dem Zufall überlassen. Frexspar hatte die Garderobe seiner Mädchen selbst ausgesucht.
Nessa trug ein schlichtes, strahlend weißes Kleid. Die Stellen, an denen die Arme gewesen wären, schmückten kleine Rüschen. Der Kragen war hochgeschlossen, der Saum mit Spitze benäht. In ihrem braunen, seidigen Haar waren zwei helle Blüten eingeflochten. Sie war die Verkörperung der Reinheit.
Elphaba hingegen trug ein tiefschwarzes Kleid. Es war simpel geschnitten und stand in starkem Kontrast zu ihrer außergewöhnlichen Pigmentierung. Außer in ihrem Gesicht war keine Haut zu sehen. Ihr Vater hatte ihr dunkle Handschuhe zurechtgelegt, die sie ohne Murren übergezogen hatte. Ihre langen Beine steckten in hohen Lederstiefeln. Bei ihr umspielte keine Spitze die scharfen Kanten ihres Körpers. Sie trug die Haare offen, sodass sie schlicht über ihren Rücken flossen wie dunkler Kaffee.
***
Die Kirche füllte sich trotz der frühen Uhrzeit zusehends, als Elphaba hinter dem Vorhang am Altar hervorspähte. Sie seufzte schwer. Ihr war klar, wie die Predigt ablaufen und welche Rolle sie darin spielen würde. Sie war die verkommene Thropp – dabei war ihr eigener Vater gar nicht der Thronfolger, sondern ihre Mutter!
Apropos Mutter … soeben betrat ihr ehrwürdiger Großvater das Gebäude. Er war ein Mann von hoher Statur, keinesfalls vergleichbar mit einem Munchkin. Er trug einen maßgeschneiderten Anzug, einen Gehstock, auf den er sich zunehmend schwer stütze, dazu Zylinder und weiße Handschuhe. Seine Haare und sein Schnauzbart waren mit den Jahren immer mehr ergraut, aber er trug beides korrekt gestutzt. Die Munchkins, die bereits anwesend waren, verbeugten sich tief vor Romen Skarr. Mit erhobenem Haupt nickte er dem Vorsteher von Kolkengrund zu, bevor er ans Grab seiner verstorbenen Frau Lady Parta Thropp trat (auch er war nur durch Heirat zu Titel und Ruhm gekommen). Umständlich kniete er sich vor den steinernen Sarkophag und legte einen Strauß himmelblauer Vergissmeinnicht nieder. Stumm senkte er den Kopf und die anwesenden Kirchgänger taten es ihm gleich. Der ständige Zustrom an Munchkins verebbte für einen Moment, während alle Anwesenden der rechtmäßigen Thropp gedachten.
Nach wenigen Minuten stiller Andacht erhob sich Elphabas und Nessas Großvater und schritt etwas mühevoll zu seinem Ehrenplatz im Chorraum. In seiner Nähe nahmen wichtige Personen aus Politik und Landwirtschaft Platz, während die gewöhnlichen Bürger im Langhaus der Kirche auf den spärlichen Bänken saßen. Die Munchkinfrauen hockten auf den Emporen.
Langsam erhob sich im Osten die Sonne über dem Horizont und in dem Moment, als sie strahlend durch die bunten Fenster im Chorraum fiel, trat Frexspar vor den Altar und sprach mit fester Stimme: „Wir haben uns hier an diesem Morgen versammelt, um mit dem Aufgang der Sonne dem Namenlosen Gott zu huldigen.“
Mit diesen Worten wurde er von den Strahlen der aufgehenden Sonne erleuchtet und wirkte beinahe entrückt. Der Moment war auf das Ticktock genau geplant und hatte seine erwünschte Wirkung erzielt. Die Menge hielt den Atem an und war gefangen von Frexspar, der Stimme des Namenlosen Gottes.
Er fuhr mit klarer Stimme fort:
„Gerade erst beginnt der hohe Feiertag, der Einigkeitstag
und noch umfangen uns die letzten Schleier der Nacht.
In der Nacht spüren wir die Einsamkeit mehr als in der Hast des Tages.
In der Nacht, wenn alles schläft, verschaffen sich dunkle Gedanken Raum.
Doch mit der aufgehenden Sonne und der Namenlose Gott ruft uns auf:
Wachet auf,
wachet und betet, wachet und betet.“
Bei diesen Worten trat Elphaba aus den Schatten der Sakristei heraus und vor die staunende Menge. Alle Augen waren auf sie gerichtet, als sie erst zaghaft, dann immer selbstbewusster die Lobeshymne zu Ehren des Namenlosen Gottes anstimmte. Ihre Stimme gewann an Kraft und wurde durch das schweigende Kirchenschiff getragen. Außer den Worten der Grünen war nichts zu hören. Die Sonne stieg hinter ihr immer weiter empor und machte aus Elphaba ein fast ätherisches Wesen mit grünen Haut. Ihre dunklen Augen streiften über die Kirchgänger und blieben dabei kurz bei ihrem Großvater hängen, der ihr knapp zunickte. Sie ließ den Blick weiterschweifen und gab sich ganz dem Klang der andächtigen Worte hin, die sie sang. Für nichts Anderes war sie bei der Predigt dabei.
Nessarose war schön, fast engelsgleich in ihrem Antlitz. Doch Elphaba hatte, vollkommen überraschend, ein Talent für Musik und Gesang geerbt. Die Leute blieben stehen, wenn sie sang, und schauten und drängten zu der liebreizenden Stimme, die nicht so recht zu der grünen Haut passen wollte. Sie ließ sich von den Tönen tragen, denn die Worte bedeuteten ihr nichts. Die Melodie nahm sie für einige Augenblicke gefangen, während sie die Silben aneinanderreihte, wie sie es als junges Mädchen gelernt hatte. In den Augen ihres Vaters hatte der Namenlose Gott sie gesegnet und gestraft, mit Stimme und Haut.
Es gab bei dem Gottesdienst keine Instrumente, keine Orgel oder Schlagwerk. Einzig Elphabas Gesang schien für die Huldigung des Namenlosen Gottes würdig zu sein.
Erleichtert nahm sie wieder im Schatten der Sakristei Platz, als die letzten Töne verklungen waren. Zum Glück war alles gut gegangen!
Frexspars Predigt zog sich über weitere zweieinhalb Stunden, bevor die braven Bürger von Munchkinland sich erheben und das Gotteshaus verlassen durften. Einige sahen erleichtert aus, dass sie endlich von den harten Bänken im Kirchenschiff aufstehen konnten. Schnatternd setzten sich die kleinen Leute in Bewegung und gingen hinaus in den sonnigen Tag.
Elphabas Großvater erhob sich mit steifen Knochen und schritt langsam in die Richtung seiner Enkelinnen und seines Schwiegersohnes. Er nickte ihnen zu, als sie alle einen Knicks vor ihm machten.
„Mein lieber Frexspar, die Predigt war“, er zögerte und neigte den Kopf, als müsste er erst nach dem richtigen Wort suchen, „außerordentlich. Nessarose, mein Täubchen, du siehst aus wie ein Engel! Und du, meine Elphaba, singst wie die lieblichste Nachtigall!“
„Vielen Dank, Eure Eminenz“, bedankte sich Nessarose und wandte sich einem der Messdiener zu, der sie etwas fragen wollte.
Elphaba sagte leise: „Danke für deine schmeichelhaften Worte, Großvater! Ich weiß, dass du heute sicher viele Verpflichtungen hast. Aber kann ich dich vor dem Bankett am Abend kurz unter vier Augen sprechen?“
„Selbstverständlich, Elphaba. Du kannst zwischen der zweiten und dritten Stunde nach Mittag zu mir kommen, ich werde in der Bibliothek sein. Was liegt dir auf dem Herzen, mein Kind?“, fragte Romen fürsorglich.
„Das würde ich lieber heut Nachmittag besprechen, Großvater. Nichts, was jetzt schon deinen Geist beschäftigen muss“, gab Elphaba kryptisch zurück.
„Ich verstehe, Elphaba. Dann sehen wir uns nach dem Mittag und du verrätst mir dein kleines Geheimnis“, zwinkerte der Herrscher des Munchkinlandes.
„Das machen wir“, gab Elphaba zurück, während sie spürte, wie Nervosität über sie kam.