Dancing through Life
von Out of Oz
Kurzbeschreibung
Erinnert ihr euch an Glindas Geschenk für Elphaba? Richtig - ein Tanzkurs! Wie wird der wohl laufen? Wie stellen sich die beiden Hexen an? Und wieso bringt ein Wettbewerb ihr Leben ganz schön durcheinander?
GeschichteFreundschaft, Liebesgeschichte / P16 / FemSlash
Elphaba Thropp
Glinda/Galinda Upland of the Upper Uplands
28.11.2016
23.07.2017
31
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23.04.2017
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Kapitel 19 – Der Einigkeitstag, I.
Der Kolkengrund war ein stattliches Gebäude, welches am Ende einer langen, staubigen Auffahrt emporragte. Die Fassade war mit Rogenstein verkleidet und passte sich durch ihren hellen, sandigen Ton in die Munckinländer Landschaft ein.
Der Grundriss war nahezu rechteckig, das Gebäude hatte ein Erd- und ein Obergeschoss. Hohe Ziertürme bildeten die Ecken. Eine dunkle, schwere Holztür führte zum Eingang und in die kleine Eingangshalle, wo Gäste ihre Garderobe dem Hausdiener übergeben konnten.
Dahinter lag das Juwel des Hauses, der große Saal. Er war von der Bibliothek, dem Musik- und Esszimmer sowie dem Salon gesäumt. Der große Saal erstreckte sich über beide Geschosse und auf der oberen Etage führte eine Balustrade zu den Schlafgemächern der Herrschaften. Große Fenster an der Decke fluteten den riesigen Raum mit Tageslicht. Der helle Stein bildete einen gefälligen Kontrast zum dunklen Holzfußboden, auf dem ein schwerer Teppich lag. Die Bild der längst verschiedenen Thropps waren an der Wand aufgehangen.
Im Keller des Herrenhauses waren die Küche und die Speisekammer sowie weitere Räume für die Bediensteten, die immer dann aus dem naheliegenden Dorf kamen, wenn der Hausherr anwesend war. Frex und Nessarose legten keinen Wert darauf, dass jemand ihr Bett machte, ihr Essen im Esszimmer auftrug oder sie kleidete (Nessa wurde von Nanny eingekleidet). Ihre religiöse Haltung verbot es ihnen, die Hilfe „niedergestellter“ Personen anzunehmen – sie legten in vollkommener Selbstständigkeit und Hingabe zum Namenlosen Gott. Frexspar missbilligte die Attitüden seines Schwiegervaters Romen Skarr, war aber nicht in der Position, das Urteil des Hausherrn zu kritisieren.
Dementsprechend waren auch jetzt bei Elphabas Besuch keine Dienstmägde und Hausdiener anwesend. Die Familie würde sich um sich selbst kümmern. Es galt in den nächsten Tagen dem Namenlosen Gott zu huldigen, da waren persönliche Befindlichkeiten nebensächlich.
***
Die Sonne war noch nicht aufgegangen, als es streng an Elphabas Tür klopfte. Es musste ihr Vater sein, denn sonst hielt sich niemand im Anwesen auf und ihre Schwester hatte keine Arme, um zu klopfen. Nanny würde ihr sicher gerade beim Ankleiden helfen.
Verschlafen rieb sich die Grüne ihre Augen. Die Reise nach Kolkengrund war lang und beschwerlich gewesen. Es hätte ihr nichts ausgemacht, noch ein paar weitere Stunden zu schlafen und sich zu erholen.
Mürrisch stand sie auf und machte sich für den Tag fertig. Vermutlich gab es Frühstück erst nach der ersten Morgenandacht. Deshalb biss Elphaba herzhaft in einen der grünen Äpfel, die sich in weiser Voraussicht mitgebracht hatte.
Was Glinda wohl gerade macht? Vermutlich schläft sie noch und träumt friedlich …
Elphaba lächelte sanft, als sie an ihre Verlobte dachte. Kolkengrund und Frottica erschienen ihr wie zwei Orte, die nicht einmal im gleichen Land lagen. Im Gillikin, wo ihre zukünftigen Schwiegereltern wohnten, waren die Gedanken frei und man konnte sagen, was man dachte. Dagegen kam ihr das Munckinland engstirnig und kleinsinnig vor, voller Vorurteile und etwas in der Zeit stehen geblieben. Vielleicht lag es aber auch nur an ihrer eigenen Familie, die sich haltsuchend an einen Glauben klammerten, den sie nicht teilte.
Elphaba, jetzt reiß dich zusammen und bereite dich auf den Tag vor!
Die Grüne ermahnte sich selbst, nicht gedanklich abzuschweifen. Der Tag würde lang und beschwerlich werden. Beten mit ihrem Vater hieß schweigend knien und innerlichen Monolog mit dem Namenlosen Gott halten.
Sie ging aus ihrem Zimmer heraus und schritt die dunkle Holztreppe hinab. Ihre Schritte halten laut durch das große, leere Haus und sie vermisste die gemütliche Betriebsamkeit der Universität.
Ihr Vater wartete mit Nessa bereits im großen Saal. Sie trugen beide schwarze, hochgeschlossene Kleidung. Elphaba hatte sich selbst ein schlichtes, dunkles Kleid angezogen. Sie wusste, worauf ihr Vater achtete – er hatte bei ihrer Erziehung alles versucht, um sie zu einer gläubigen Unionistin zu machen. Ihr Hals war bedeckt und ihre grünen Hände steckten in dunklen Seidenhandschuhen. Ihre Haare waren zu einem einfachen, geflochtenen Zopf zusammengebunden. Vermutlich wäre es ihrer Familie am liebsten gewesen, wenn sie auch ihr farbiges Gesicht bedeckt hätte, aber das ging nicht. Elphaba war keine trauernde Witwe, die einen Hut mit Schleier tragen konnte.
„Wir gehen direkt in die Kapelle“, ordnete Frexspar knapp an.
Sie setzten sich in Bewegung und Elphaba wusste, dass ihr vom vielen Beten heute Abend die Gliedmaßen schmerzen würden.
***
Die grüne Studentin sollte recht behalten. Als sie mit ihrer Schwester bei einem kargen Abendessen saß, konnte sie ihre Beine kaum ausstrecken, so sehr schmerzten ihre Knie. Ihrer Schwester schien dies nicht viel auszumachen, denn sie plauderte mit ihrem Kindermädchen.
„Nein, Ämmchen, ich möchte nicht mit Elphaba gehen und die Universität besuchen“, erklärte die Jüngere der Thropp-Schwestern, bevor sie ein Stück hartes Brot abbiss, was ihr gereicht wurde.
„Und warum nicht, mein Liebling?“, fragte Ämmchen keck zurück. Die rüstige alte Dame war nie um ein Wort verlegen und sagte immer frei heraus, was sie dachte. Deshalb konnte sie sich auch nicht zurückhalten und fügte hinzu: „Ein bisschen weniger unionistische Luft und Freiheit würde dir sicher nicht schaden!“
„Ämmchen, es schickt sich nicht, dass du ein derartiges Urteil fällst“, gab Nessa schnippisch zurück.
„Ach Nessa, du weißt doch, dass Ämmchen immer alles ausspricht, was ihr in den Sinn kommt“, mischte Elphaba sich ein.
Nessa wandte sich ihrer Schwester zu und meinte missgestimmt: „Ja, und das hast du von ihr übernommen. Vater ist sicher nicht sehr froh darüber, dass du auch immer sagst, was du denkst … bevor du denkst!“
„Nun, mein Kind, nicht jeder lässt sich seine Gedanken von einem Namenlosen Gott vorsagen!“, gab das Kindermädchen zu bedenken, während sie ihrem Schützling kalten Minztee einschenkte. Dabei lächelte sie Elphaba milde an.
„Wer soll uns leiten, wenn nicht der Namenlose und Allwissende Gott?“, fragte Nessarose, die zunehmend gereizt auf den Verlauf der Unterhaltung reagierte. „Wer hilft uns durch unser Leben auf Erden, wenn nicht die führende und wissende Hand des Namenlosen Gottes?“
Ihre Stimme nahm dabei einen fast schrillen Ton an, so sehr fühlte sie sich von den anderen beiden Frauen in die Enge getrieben.
„Mein Kind, deine eigene Mutter war zu keinem Zeitpunkt ihres Lebens eine glühende Anhängerin des Unionismus … nicht einmal, nachdem sie deinen Vater getroffen und geheiratet hatte“, wandte Ämmchen ein. Sie hatte es gut gemeint, aber gleichzeitig auch einen wunden Punkt bei Nessarose getroffen.
„Und schau, wohin es sie gebracht hat! In ein frühes Grab, ohne Aussicht auf Erlösung für ihre arme, verirrte Seele! Sie hat eine Tochter geboren, deren Haut so giftig grün ist wie ihr Innerstes und eine Tochter, die ihr Leben ohne Arme bestreiten muss. Der Namenlose Gott bestraft alle, die nicht Buße tun!“ Nessa sprang auf und stürmte aus dem Zimmer, in dem sie zusammen ein karges Mahl eingenommen hatten.
Zurück blieben Ämmchen und Elphaba, die beide ziemlich überrascht über den plötzlichen Ausbruch der jüngeren Schwester waren.
„ … sie hat es sicher nicht so gemeint“, versicherte Ämmchen und tätschelte Elphabas Arm.
„Ich bin mir sicher, sie hat jedes Wort so gemeint, wie sie es gesagt hat“, gab die Grüne harsch zurück. So giftig grün wie ihr Innerstes …
Elphaba hatte sich stets um ihre Schwester gekümmert, zusammen mit dem Kindermädchen. Als Nessarose noch klein war und keine Mutter mehr hatte, war es ihre ältere Schwester gewesen, die ihr Gute Nacht-Geschichten vorgelesen und mit ihr gespielt hatte. Ihr Vater hatte nie Zeit für derartig triviale Unterfangen. Doch offenbar war inzwischen genug Zeit vergangen, um die Bitterkeit in seinem Leben auf die einst aufgeweckte Thropp-Schwester zu übertragen und aus ihr eine Fanatikerin zu machen.