ℋome is where our story begins
von Ghuleh
Kurzbeschreibung
Auszug: „Es tut gut dich wiederzusehen…“ Die letzten Worte verschluckte er fast, hatte sie zu leise ausgesprochen und glaubte fest, dass Mikleo sie mit Sicherheit nicht mehr vernommen hatte. Doch in dieser Situation war es vielleicht auch besser so, immerhin wusste er nicht wie der hellhaarige auf seine Worte reagieren würde. Die Menschen und die Seraphim, die er getroffen hatte, hatten ihm alle von diesem jungen Mann erzählt, welcher die Finsternis erneut bezwungen hatte – ebenfalls mit Mikleos Hilfe. Jedoch riss ihn schließlich – nur wenige Sekunden später – auch schon ein leichtes Lachen aus den Gedanken. 【Mikleo x Sorey | Spoilerwarnung!】
GeschichteRomance, Freundschaft / P18 / MaleSlash
Alisha Diphda
Lailah
Mikleo
Rose
Sorey
Zaveid
10.11.2016
10.02.2017
4
22.776
13
Alle Kapitel
18 Reviews
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Dieses Kapitel
3 Reviews
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11.01.2017
6.230
A/N: Bitte entschuldigt die Verspätung, habe es gestern leider nicht mehr geschafft hochzuladen. Ich hoffe dennoch, das euch das Kapitel gefällt und hoffe, das ihr alle gut in das neue Jahr übergegangen seid und wünsche euch auch weiterhin viel Spaß beim Lesen!
Liebe Grüße,
eure Shiv! :3
Stunden hatten sich ins Land gezogen und keiner der beiden wusste schließlich noch, wie spät es eigentlich war. Das einzige, was sie wirklich deutlich sagen konnten, war, dass die Sonne inzwischen bereits am Horizont verschwunden war und dies bedeutete, dass es zweifellos schon Abend – wenn nicht sogar später – sein musste. Die beiden hatten sich in der Zwischenzeit natürlich wieder angezogen und sich noch eine Weile in dem großen Ruinenraum umgesehen, denn es gab immerhin noch zu vieles, was auch Sorey noch nicht gesehen hatte, wozu er nicht die Zeit hatte. Selbst wenn ihm das Laufen zu dieser Zeit doch noch recht schwerfiel. Zwar wollte er nicht behaupten, das er schmerzen hatte, doch dieses Gefühl war einfach noch ein wenig ungewohnt. Vor allem, wenn er sich bewegte. Selbst wenn er zugeben musste, dass ihn dieses doch sehr spezielle Gefühl nicht sonderlich störte, immerhin schmerzte es ihn nicht. Zudem war er sich gewiss, dass er sich noch daran gewöhnen würde. Ein leises Lachen verließ seine Kehle und er betrachtete die Zeichnungen, welche in den Stein gehauen waren, sie deuteten darauf hin, dass in dieser Ruine vor längerer Zeit einmal Menschen gelebt haben mussten.
Nur wann?
„Was glaubst du, haben hier einmal Menschen oder andere Wesen gelebt? Ich tippe auf Menschen, die in Stein gehauenen Verzierungen sind ein wenig zu grob für Seraphim.“, nickte Sorey leicht.
Zwar hatten sie in diesem Gebiet somit alles gesehen, doch es gab sicherlich noch andere Stockwerke und diese konnte man am Tag sicherlich auch noch erkunden.
„Ich denke auch, dass es Menschen waren, doch es muss bereits so lang her sein, das nicht einmal Lailah sich daran erinnern dürfte. Vielleicht hätte ich eine Lichtquelle mitnehmen sollen… Langsam wird es wirklich schwierig, etwas zu erkennen. Eigentlich hatte ich nicht einmal geplant, so lang hierzubleiben.“, merkte Mikleo schließlich an und kniff die Augen leicht zusammen.
Selbst dadurch konnte er nicht mehr sonderlich viel erkennen und er war sich sicher, würde Sorey sich noch einige Schritte von ihm entfernen, würde die einsetzende Dunkelheit auch ihn verschlingen. So wie sie es auch schon mit den hintersten Winkeln der Ruine getan hatte. Dieser nickte leicht und drehte sich schließlich zu dem hellhaarigen um. Er wollte eigentlich noch ein wenig an diesem Ort bleiben, doch erlaubte die Sonne – ihre einzige Lichtquelle – dies einfach nicht mehr. Vielleicht konnte ihnen der Mond noch ein wenig Licht spenden, doch dieses dünne Licht war schließlich auch einfach zu wenig. Sie brauchten eine Fackel oder gar eine andere Lichtquelle – wie eine Laterne. Wahrscheinlich hätten sie sich in dieser Dunkelheit nur verirrt und dies konnten sie beim besten Willen nicht gebrauchen, nicht, wenn sie noch etwas Anderes vorhatten, doch dies wusste er immerhin nicht mit vollkommener Sicherheit. Sorey hatte eigentlich nur vor, eventuell endlich einmal wieder etwas zu essen und sich dann noch ein wenig mit seinem besten Freund auszutauschen. Jedoch wusste er auch zur gleichen Zeit nicht, ob Mikleo dies eventuell genauso sah.
„Vielleicht sollten wir uns morgen weiter um die Ruine sorgen. Ich habe Hunger und es wird langsam wirklich ziemlich kalt hier.“, lachte der Wildfang und kratze sich verlegen am Hinterkopf.
Für ihn war dies eine ganz neue Situation, wenn er ehrlich sein sollte dann empfand er noch immer ziemlich menschlich, auch wenn er dies – strenggenommen – nicht mehr war. Gleich nach diesen Worten musste der Seraph auch schon leicht lachen und stemmte die Hände leicht in die Hüfte.
„Ich denke, da muss ich dich wohl berichtigen. Du hast keinen Hunger, sondern bist es gewohnt Hunger zu haben. Das soll allerdings nicht heißen, dass ich etwas dagegen hätte, deinem Vorschlag nachzugehen.“, gab er dem brünetten schließlich auch schon wieder, „Ich wollte dich ohnehin bitten, wieder nach Hause zu kommen – obwohl ich dies wahrscheinlich bereits unzählige Male getan habe. Auch die anderen werden sich sicher freuen, dich wiederzusehen.“
Noch einmal nickte er nach seinen eigenen Worten, wusste in diesem Moment nur nicht genau, wie er ausdrücken sollte, das er wieder mit ihm nach Elysia gehen wollte, und dass er mit ihm noch einmal an den Ort des Versprechens zurückkehren wollte. Denn verheimlichen konnte er es nicht, das die unausgesprochenen Worte noch immer im Raum standen. Für einen Augenblick lachte der Wildfang schließlich jedoch, verschränkte seine Arme vor der Brust und betrachtete den Boden vor sich, während er sich langsam in Bewegung setzte.
„Das bedeutet, dass ich eigentlich nichts mehr essen muss? So wie du, nur das du auch etwas isst… Auch wenn du jetzt keinen Grund mehr dazu hättest, immerhin bin ich ja kein Mensch mehr.“, lächelte der braunhaarige und musterte in diesem Moment den Boden, welchen er kaum mehr sah.
In diesem Moment klangen diese Worte beinahe, als wären sie etwas Schlechtes, doch wollte der Wasserseraph in jenem Moment nicht auf diese Worte eingehen, ahnte beinahe, dass der ehemalige Hirte noch nicht alles gesagt hatte, was er eigentlich sagen wollte. Die Dunkelheit hatte die Ruine schon vollkommen verschlungen, nur der Ausgang zur unteren Ebene war noch deutlich zu erkennen. Allerdings blieb der braunhaarige schließlich doch noch einmal stehen und sah zum Ausgang des großen Raumes.
„Wenn ich immer noch einen Platz unter euch finden kann, so werde ich gerne wieder mit dir gehen. Aber nur, wenn ich dort auch wirklich noch willkommen bin. Immerhin… Ich meine, wegen Opa…“
Für diesen Moment schien er sich selbst die Schuld für das zu geben, was geschehen war, auch wenn er hätte wissen müssen, dass es nicht seine Schuld war. Heldalf hatte seinen Großvater auf dem Gewissen, das versuchte er sich immer wieder aufs Neue vor Augen zu halten – es war deutlich die Wahrheit – doch fiel es ihm trotz alldem unheimlich schwer.
Langsam trat der hellhaarige einen Schritt auf seinen besten Freund zu und legte ihm schließlich die Hand auf die Schulter, versuchte in diesem Moment einfach nur, ihn ein wenig zu beruhigen. Er wusste genau, das sich Sorey damit auch nicht guttat – nicht mit solchen Gedanken. Darauf durfte er sich einfach nicht versteifen.
„Wir haben diese Entscheidung damals gemeinsam getroffen, Sorey, und du hast das richtige getan. Auch wenn es uns beiden wehgetan hat. Ich verstehe, wie du dich fühlst. Mir ging es in dieser Hinsicht nicht anders, aber du weißt genau, dass du diese Bürde nicht allein tragen musst.“, versuchte er ihn noch einmal zu überzeugen, hoffte das der brünette seine Worte annehmen würde.
Natürlich war er im Dorf willkommen. Mikleo sah keinen Grund darin, warum man ihn nicht wieder in das Dorf zurücklassen sollte, immerhin war es doch auch seine Heimat und er wusste, dass ihr Opa wahrscheinlich stolz auf den ehemaligen Hirten war. Dieser hatte somit immerhin getan, um was er ihn gebeten hatte. Der brünette hatte sein Leben gelebt und seinen Traum verwirklicht. Er hatte das erreicht, was er erreichen wollte und das war es immerhin, was Zenrus sich für sie beide gewünscht hatte.
Auf die Worte des hellhaarigen hin, seufzte er und strich sich leicht durch die Haare. Der Seraph hatte natürlich Recht mit seinen Worten. Er selbst hatte immerhin nicht die ganze Last zu tragen. Vielleicht hatte der hellhaarige wirklich, Recht und er trug tatsächlich nicht alle Schuld der Welt auf seinen Schultern. Für den ehemaligen Hirten stand eine Sache fest, er würde es wenigstens versuchen – versuchen, sich nicht immer alles selbst aufzubürden, selbst wenn es ihm nicht gerade leichtfiel. Er würde versuchen sein Leben wieder normal zu leben, zumindest soweit es ihm möglich war, auch wenn er nun vielleicht nicht mehr die normalen Empfindungen eines ganz gewöhnlichen Menschen verspüren konnte, so schlug in seiner Brust immer noch das Herz welches rein und unberührt war. Normal war in Soreys Sinne ohnehin relativ.
„Vielleicht hast du Recht… Damals haben unsere Herzen den gleichen Schmerz empfunden und Opa hat uns immer wieder gesagt, dass wir unser Leben einfach leben sollen. Vielleicht sollte ich es einfach drauf ankommen lassen.“, gab der Wildfang ihm schließlich wieder und deutete mit einem Kopfnicken in Richtung der Treppen.
„Ich denke, das klingt nach einem guten Anfang.“, bestätigte auch Mikleo gleich noch einmal, ging ein paar Schritte in die angedeutete Richtung, bevor er seinem besten Freund noch einmal ein Handzeichen gab, „Ich will dich nicht noch einmal verlieren.“
Die angefügten, letzten Worte sprach er in jenem Moment so leise aus, das die knirschenden Schritte auf dem Boden sie vollkommen übertönten und vielleicht war es auch noch nicht an der Zeit, dass er sie tatsächlich hören sollte. Später… Später wäre es vielleicht an der Zeit dazu, doch in diesem Moment passte es einfach noch nicht in seine Gedanken.
Dennoch tat er es schließlich einfach mit einem Lächeln auf den Lippen ab und ließ die Bedeutung der letzten Worte schließlich durch weitere, andere erlöschen.
„Von hier aus ist es nicht sonderlich weit, bis nach Elysia. Aber ich kann dir nicht versprechen, das wir vor dem Morgengrauen ankommen werden. Wenn wir uns beeilen, schaffen wir es vielleicht, doch wir haben keinen Grund zur Eile und der Wald, welcher vor uns liegt kann ganz schön irreführend sein. Wenn wir uns jedoch nicht verwirren lassen, dann sollten wir anschließend wieder in Marlind ankommen. Dort können wir – wenn du möchtest – Rast machen. Der Tag muss auch dich geschafft haben.“, begann er schließlich zu erzählen, bemerkte nicht einmal, dass er in jenem Augenblick wahrscheinlich ein wenig zu viel redete.
Für einen kurzen Moment schienen die Augen des ehemaligen Hirten ein wenig zu glänzen, wenn er an die Morgenröte dachte, welche er immer gesehen hatte, wenn er nicht mehr schlafen konnte. Leicht nickte der Wildfang und ging einige große Schritte auf die nach unten führende Treppe zu, doch blieb er schließlich noch einmal stehen.
„Ich finde es schön, dass du dich immer noch so gut hier auskennst. Wenn ich ehrlich sein soll, dann erinnere ich mich gar nicht mehr wirklich an Marlind. Ich erinnere mich an Atakk und an das Museum, aber all die anderen Erinnerungen an diese kleine Stadt sind einfach zu verschwommen. Oh, Lucas! Ich erinnere mich auch an Lucas, doch noch weiter reichen meine Erinnerungen leider wirklich nicht zurück.“, lachte er schließlich leise auf, „Aber, Mikleo, seit wann redest du so viel?“
Der braunhaarige war die Stille gewohnt, welche ihn Jahrhundertelang umgeben hatte, nun war er es nicht mehr gewohnt, dass man in seiner Nähe so viel sprach.
Augenblicklich schnappte der Seraph nach Luft, wollte eigentlich noch einmal etwas dazu sagen – vor allem zu den letzten Worten seines besten Freundes, verkniff sich diese Worte jedoch lieber und ging auf den Beginn von den Worten des brünetten ein. In diesem Moment erschien ihm dies wesentlich sinnvoller.
„Natürlich kenne ich mich hier noch immer so gut aus. Ich war immerhin öfter hier unterwegs, habe nach Ruinen gesucht, die ich vielleicht einmal mit dir zusammen hätte ansehen können. Aber… Wenn du dich nicht mehr auskennst, wie konntest du mich überhaupt finden?“, musste er nun einfach wissen.
Diese Frage hätte ihm anderenfalls wohl keine Ruhe gelassen. Immerhin konnten sie sich auch beim Laufen noch unterhalten.
„Also…“, begann Sorey und lachte, während er sich einmal wieder leicht am Hinterkopf kratzte, „Eigentlich war es reines Glück, das ich diese Ruine gefunden habe. Uno sagte mir zwar, dass er dich in der Nähe Marlinds vermutete, doch niemand konnte mir etwas Genaueres sagen. Rohan gab mir schließlich den Tipp, dass es im Wald, hinter Marlind eine Ruine geben sollte, von welcher er wohl mehrfach gehört hatte, also habe ich mir die Mühe gemacht, und habe sie gesucht.“
Nach seinen Worten konnte er sich bereits denken, dass der Seraph wohl einmal wieder den Kopf schütteln würde. Der ehemalige Hirte hatte wohl einfach ein Gespür für Ruinen und wie diese vielleicht gelegen sein könnten, doch vor allem hatte er unheimliches Glück. Dieses Glück hatte ihm schon in vielen Situationen geholfen, vor allem aber, hatte es ihn immer wieder gerettet. Langsam stieg er die ersten Treppenstufen hinunter, bemerkte in diesem Moment, das eine unheimliche Kälte von unten ausging und musste leicht lächeln. Er hatte beinahe vergessen, dass die Nächte in und um Marlind doch ziemlich kalt werden konnten.
Wie er es bereits vermutet hatte, musste Mikleo schließlich einfach dem Drang nachgehen und den Kopf schütteln. Wenn er seinem besten Freund dabei auch folgte und dieser es somit nicht sehen konnte. Dennoch änderte es nichts daran, dass er ohnehin wusste, dass es in jenem Moment geschah. Auch Mikleo selbst konnte es bereits ahnen und möglicherweise war dies auch gar kein Geheimnis mehr.
„Dein Glück, wenn es um das Raten geht, ist wirklich unverschämt.“, merkte der hellhaarige einfach nur an, während er Sorey folgte, schließlich sogar bis nach draußen.
Es war erstaunlich, dass Sorey den Weg nach draußen so schnell wiederfinden konnte, doch wahrscheinlich war auch dies nichts weiter als Glück, so, wie er den brünetten Wildfang kannte. Bei dieser einen Sache musste der Wildfang wohl wirklich einmal an sein Glück appellieren, denn ohne dieses hätte er den Ausgang der Ruine wohl tatsächlich nicht so schnell gefunden, wenn er auch durch diesen erst in dieses baufällige, alte Gemäuer gelangt war. Leicht kratze sich Sorey schließlich an der Schläfe, als sie endlich in dem Wald standen, welcher die Ruine umgab.
„Vielleicht hast du Recht aber… Den Weg, zurück nach Marlind, kann ich beim besten Willen nicht erraten. Dafür müsste ich schon mehr Glück als Verstand haben.“, lachte der braunhaarige und betrachtete Mikleo.
Ihm war bewusst, dass sein Glück tatsächlich ein wenig unverschämt war und dass er von diesem eindeutig zu viel besaß, doch schaden konnte ein wenig Glück immerhin nicht. Für einen Moment sah der hellhaarige sich einfach nur um. In der Dunkelheit wirkte die Atmosphäre des Waldes wirklich auf eine gewisse Weise angespannt, so viel konnte er sagen, doch in dieser Hinsicht war auch er kein Experte. Er konnte nur von dem ausgehen, was er sich dachte und dabei konnte er sich nicht sicher sein, ob er richtiglag.
Für einen solchen Gedankengang hätten sie wohl einen Wind- oder Erdseraph fragen müssen, doch dies war in jenem Moment vollkommen ausgeschlossen. Niemand außer ihnen befand sich zu jenem Zeitpunkt in dieser Gegend. Mikleo wusste genau, dass sie in diesem Augenblick mehr als vorsichtig sein mussten. Er selbst hatte diesen Wald nun auch erst ein einziges Mal betreten und zu jenem Moment war es noch hell. In der Nacht jedoch, schien das, was vor ihnen lag, dennoch ein ganz verschiedener Wald zu sein.
„Dann bedeutet das wohl, dass es ab jetzt keine Alleingänge mehr geben wird. Hier willst du dich mit Sicherheit nicht verlaufen, glaube mir.“, meinte Mikleo schließlich einfach nur und versuchte seine Orientierung mit dem abzugleichen, was er an jenem frühen Morgen gesehen hatte.
Auch wenn dies nicht wirklich funktionierte. Für einen Moment sah der Wildfang seinen besten Freund an und nickte schließlich, er hatte zwar ohnehin nicht vor alleine zu gehen, doch wahrscheinlich war es sicherer dies noch einmal zu erwähnen.
„Du hast Recht, ich habe meine Waffe nicht bei mir. Jedoch glaube ich nicht, dass uns etwas passieren wird. Die Bosheit hat die Welt vorerst verlassen, aber ich weiß, dass es dennoch Wölfe und Bären gibt.“, lächelte der brünette junge Mann und wollte schon einmal einen Schritt vorgehen, doch etwas in ihm sagte ihm, dass er noch warten sollte – dass es aus irgendeinem Grund wohl besser wäre.
Der Wald erschien ihm viel zu dunkel, wenn er auch nicht genau sagen konnte, wieso sich gerade dies so falsch anfühlte, doch etwas in ihm schien ihn zu warnen. Vielleicht waren diese Warnungen, welche sein Unterbewusstsein aussprach auch einfach nur eine Vorsichtsmaßnahme. Doch das auch Mikleo in diesem Moment irgendetwas merkwürdig vorkam, konnte er kaum verheimlichen und wollte es auch gar nicht.
Was hätte es ihm auch genutzt, hätte er versucht, ein Geheimnis daraus zu machen, das irgendetwas nicht stimmte, wenn es vielleicht auch in diesem Sinne keine Domäne war. Es war einfach nur ein komisches Gefühl, welches man bekam, wenn irgendetwas nicht nach Plan lief.
„Um Domänen musst du dir wirklich keine Gedanken mehr machen. Auch wenn ich sagen muss, das ich mir durch die vielen Veränderungen nicht wirklich sicher bin, ob es noch lang so bleiben wird.“, gab der hellhaarige noch einmal zu bedenken und begann seine Schritte schließlich auch schon mit Bedacht zu wählen.
„Domänen gibt es hier also keine? Das ist doch schon einmal etwas Positives, so müssen sich die Leute auch erst einmal keine Gedanken machen!“, lachte der Wildfang leise und folgte dem hellhaarigen.
Sein Blick haftete fast schon an der Dunkelheit, welche sich vor ihnen ausgebreitet hatte – wie ein schwarzer Schleier. Der ehemalige Hirte hatte wirklich keine Angst, nur fühlte er ein leichtes, unbehagliches Ziehen in seiner Magengegend, vielleicht kam dies aber auch durch den Hunger, den er verspürte. Doch sicher war er sich nicht, denn der Wald wirkte durchaus bedrohlich und er hatte kein gutes Gefühl bei der Sache. Nur war dies der einzige Weg um wieder zurückzukehren. Manchmal fragte sich Sorey wirklich wieso Ruinen so unglaublich weit Außerhalb jeglicher Zivilisation standen, doch fand er schnell eine Antwort auf diese stumme Frage. Seine Antwort bestand darin, dass es sonst wohl kaum Spaß machen würde sie zu finden.
Für ihn war es doch immer wieder ein kleiner Triumph, etwas zu entdecken, das zuvor vielleicht nicht viele gefunden hatten oder von dessen Existenz unzählige Menschen nicht einmal wussten und wenn er sich einmal nach dem Himmelsverzeichnis richtete, gab es noch immer unsägliche Ruinen, welche sie noch zu entdecken hätten. Dennoch unterbrach Mikleo seine Gedanken schließlich auch wieder, bevor er noch tiefer darin versinken konnte.
„Das wollte ich damit nicht sagen. Früher oder später werden die Menschen durch ihr Handeln eine neue Domäne schaffen, nur kann ich dir nicht sagen, wie lang es dieses Mal dauern wird, aber die Bosheit ist nun einmal tief im Menschen verankert und daran wird niemand etwas ändern können. Wo Menschen sind, herrscht automatisch auch Gier, Hass und Eifersucht. Damit will ich nicht sagen, dass alle von ihnen so sind, aber viele von ihnen agieren noch immer so. Nicht alle Menschen lernen über die Jahre hinweg.“, gab der Seraph schließlich wieder und begann vorerst dem Weg zu folgen.
Das dies nicht auf ewig funktionieren würde, wusste er nur allzu genau, denn gerade der Weg war in diesem Fall der Faktor, welcher in die Irre führen sollte.
„Vielleicht hast du Recht, Menschen haben nun einmal eine gewisse Veranlagung, die Bosheit anzulocken… Aber es werden neue Hirten kommen und gehen, sie werden die Bosheit vernichten und Frieden bringen. In all den Jahrhunderten haben sich die Menschen aber doch ein wenig zum Positiven gewendet.“, lächelte Sorey nun, welcher seine Arme hinter seinem Kopf verschränkte und versuchte, in den Himmel zu sehen.
Das er dort nur die Baumkronen erkennen konnte, war ihm wohl bewusst. Wie ein Schleier aus schwarzem undurchlässigem Stoff, wirkten die Äste welche den Himmel vor ihren Augen verbargen. Leise seufzte der ehemalige Hirte, ließ seine Arme schließlich wieder sinken und richtete seinen Blick in die Dunkelheit, welche vor ihnen lag.
Wie lang würden sie wohl bis nach Marlind brauchen?
Verliefen sie sich in diesem Augenblick auch wirklich nicht?
Vorsichtig wählte Mikleo jeden einzelnen Schritt und schien sich doch ziemlich konzentrieren zu müssen, weswegen sich seine Antwort schließlich auch ein wenig verzögerte. Die Orientierung in diesem Moment nicht einfach zu verlieren, war in diesem Augenblick schließlich doch das Wichtigste. Denn selbst wenn er am liebsten so viel Zeit wie möglich mit dem brünetten Wildfang verbracht hätte, wollte er es nicht unnötig herauszögern, vor allem nicht, wenn es hätte gefährlich werden können.
„Ein wenig, ja. Doch denke daran, in der Zwischenzeit musste erneut ein Hirte ernannt werden, weil die Bosheit wieder versuchte, die Welt zu vereinnahmen und irgendwann wird es sicher wieder dazu kommen.“, gab der hellhaarige wieder.
Er klang in diesem Augenblick so unglaublich misstrauisch, nicht gegenüber Sorey – eher gegenüber den Menschen. Nicht einmal gegenüber all den Menschen, doch vielen. Es gab wirklich viele Menschen, die noch immer einiges an Bosheit beinhielten, doch wollte der ehemalige Hirte sich nicht unbedingt nur an diesen orientieren. Auch Mikleo sah immerhin noch immer in einigen Menschen das Gute.
„Natürlich, ich möchte die Menschen auch nicht in Schutz nehmen… Auch wenn einige von ihnen noch immer ein gutes Herz haben, aber… Wir sollten uns vielleicht ein anderes Thema überlegen. Ich erinnere mich kaum noch an etwas, das die Menschen anging und für den Moment kenne ich eigentlich keine…“
Seine Stimme wurde zum Ende des Satzes immer leiser. Es fiel ihm schwer darüber nachzudenken, was auf seiner Reise geschehen war, denn er hatte tatsächlich kaum noch Erinnerungen an die Menschen, denen er begegnet war. Die einzigen beiden Menschen, die mittlerweile ihr Leben gegeben hatten, an die er sich erinnerte waren Alisha und Rose und dies schmerzte ihn unglaublich.
Natürlich war es in diesem Moment nicht die Absicht des Seraphs, alte Wunden aufzureißen, doch was nun geschehen war, konnte er auch nicht mehr rückgängig machen. Alles, was er in diesem Augenblick noch tun konnte, war zu verhindern, dass er alles nur noch schlimmer machte, indem er seine nächsten Worte einfach zurückhielt. In der Zwischenzeit musste Sorey sicher verstanden haben, dass die meisten Menschen – wahrscheinlich sogar fast alle – ihn nun nicht mehr sehen konnten. Dennoch bedeutete dies auch noch lang nicht, dass er es ihm nun auch noch unter die Nase reiben musste. Lieber blieb er erst einmal vollkommen stumm und erwiderte nichts darauf, bis ihm etwas Anderes einfiel, das er hätte sagen können.
„Bis Marlind ist es nicht mehr sonderlich weit, aber es wird bedeuten, dass wir uns jetzt vom Weg entfernen müssen.“, begann er schließlich einfach mit einem Themenwechsel und versuchte, die Situation somit retten zu können.
Stumm nickte der ehemalige Hirte und sah zu Boden, ihm war sehr wohl bewusst, dass sein Leben sich nun drastisch änderte, dass Menschen ihn nicht mehr sahen und irgendwie schmerzte ihn der Gedanke, dass er nie wieder mit den Menschen lachen konnte. Zwar hatte er noch immer seinen besten Freund und dies war ihm eigentlich auch das Wichtigste, doch lag ihm dieser Gedanke dennoch ziemlich schwer im Magen.
„Denkst du… Denkst du, es gibt noch immer Menschen, die uns sehen können? Ich meine…“
Er brach seinen Satz lieber ab, er wollte nicht das Mikleo bemerkte das er noch immer unglaublich an diesen Lebewesen hing, welche doch nur Bosheit mit sich brachten – in wirklich vielen der Fälle. Verheimlichen konnte er es vor seinem langjährigen Freund jedoch auch nicht. Dieser kannte seine Aktionen und Gesten einfach viel zu gut, um es nicht zu wissen. Doch sagte er dazu nichts Direktes, versuchte lieber, dem brünetten schließlich ein wenig seiner Hoffnung zurückzugeben, welche dieser anscheinend doch ein wenig eingebüßt hatte – zumindest in dieser einen Hinsicht.
Außerdem störte es den Wasserseraph doch ein wenig, das zwischen ihnen – nach alldem was zwischen ihnen geschehen ist – die Situation nun doch ein wenig kühl und abgeflacht erschien.
Oder bildete er sich all dies einfach nur ein?
Dennoch wollte er nicht, das es auf diese Weise endete, selbst wenn er noch nicht einmal die Bestätigung besaß, dass es überhaupt enden musste. Sicher musste es nicht einfach enden. Sie hatten sich doch erst wiedergefunden, dann konnte noch nicht alles einfach so vorbei sein. Aber vielleicht hatte er es ja doch überstürzt und somit einen doch recht schwerwiegenden Fehler begangen. Erklären konnte er es sich selbst nicht und vielleicht wollte er dies auch gar nicht. Innerlich schüttelte er über die Situation einfach nur den Kopf und versuchte etwas auf die Worte zu antworten – etwas Wahres – das Sorey vielleicht doch wieder ein wenig seiner sonst so übersprudelnden Hoffnung zurückgab, denn auf diese Weise konnte der braunhaarige mit Sicherheit auch nicht sonderlich lang leben.
„Natürlich gibt es diese Menschen noch, aber wahrscheinlich sind sie nach wie vor ziemlich rar. Sollten wir noch einmal eine Reise antreten – nicht um der alten Zeiten Willen, ich dachte dabei eher an eine Art der Erkundungsreise – bin ich mir beinahe schon vollkommen sicher, dass wir welchen begegnen werden.“, lächelte der hellhaarige schließlich.
Eigentlich war es das, was er sich die ganze Zeit gewünscht hatte, in welcher er seinen besten Freund nicht gesehen hatte. Er wollte einfach nur noch einmal mit ihm zusammen sein und wahrscheinlich noch einiges mehr. Ja, mehr klang in diesem Moment wirklich nicht falsch, hätte er es denn schon geschafft, sich all diese Dinge einmal von der Seele zu reden, doch er wollte es immerhin nicht einmal anders. Mikleo selbst hatte sich entschieden, nichts zu sagen, bis sie sich wieder an dem Ort des Versprechens befinden würden.
Dieser Ort war auch dem ehemaligen Hirten noch ein Begriff, doch wusste er nicht einmal, dass der Langhaarige ihn gerade zu diesem Ort führen wollte. Doch in jenem Moment schien es für den Wildfang an Interesse verloren zu haben, wohin sie eigentlich gehen wollten. Die Worte seines besten Freundes hatten die Hoffnung in ihm aufkeimen lassen, hatten ihm tatsächlich neuen Mut gegeben und vielleicht war gerade dies eine der Schwächen des braunhaarigen. Er machte sich die Hoffnung zu einem Begleiter.
„Wirklich? Nur wir beide? Das wird bestimmt spannend! Stell dir nur einmal vor, welche Ruinen wir finden könnten… Es gibt sicher noch viele andere unerforschte Gebiete als zu meiner Zeit als Hirte. Die Welt hat sich immerhin stark verändert. Ich kann es kaum noch erwarten!“, lachte der etwas Größere auf.
Für diesen Moment schien die Situation tatsächlich gerettet zu sein. Sorey war schon immer eine der Personen, die man mit solchen Reisen viel zu schnell locken konnte. Unbekannte Orte, unerforschte Ruinen und vor allem neue wunderschöne Orte konnten entdeckt und erkundet werden. Sein Herz schien in diesem Moment wieder zu schlagen. Mikleo konnte ein leichtes Lächeln schließlich einfach nicht verdrängen. So sehr hatte sich sein bester Freund also doch nicht verändert und er musste wirklich zugeben, dass er dies ziemlich positiv fand. Für einen kurzen Moment blieb der Kleinere stehen und hielt inne, wollte mit seinem besten Freund wieder im Gleichschritt sein, ihn auf gleicher Höhe wissen und sich nicht immer beim Sprechen umdrehen müssen.
„Natürlich – nur wie beide. Genau wie damals, nur, dass wir dieses Mal ein wenig besser Bescheid wissen und zudem auch älter sind.“, lächelte der hellhaarige und nickte sich anschließend selbst zu.
Er konnte nicht verheimlichen, dass er sich selbst ziemlich freute, jedoch blieb dennoch eine Frage offen.
Hatte Sorey somit bestätigt, dass er bleiben wollte?
Eigentlich hatte er beinahe fest damit gerechnet, dass der Wildfang sich erst einmal allein herumtreiben würde, er somit für die ersten Wochen nicht einmal viel von ihm haben würde, während er auf das Dorf aufpasste. Selbst wenn ihn dieser Gedanke doch auf eine gewisse Weise wie eine Hausfrau fühlen ließ – was er bei Weitem nicht sein wollte.
„Dann werden wir also gemeinsam Reisen? Das ist wirklich schön! Erst einmal allerdings, solltest du mir zeigen, wie sich die Welt verändert hat, sicherlich würde ich mich ohne einen Führer nur verlaufen.“, lachte der Wildfang leise.
Dass er somit tatsächlich bestätigte, dass er bei dem hellhaarigen bleiben würde, wusste er in diesem Moment nicht.
Doch wie sollte er dies auch wissen?
Sorey konnte immerhin keine Gedanken lesen und selbst wenn er dies könnte, würde er die Gedanken seines besten Freundes unangetastet lassen. Ihm bedeutete dieser Seraph einfach viel zu viel und Gedanken waren kleine Traumblasen, die tief in den Menschen schlummerten. Wenn man sie also erfuhr, und das ohne das Wissen des anderen, war dies sozusagen Traumraub. Kurz blieb er stehen, als er neben dem etwas Kleineren stand und schloss für einen Moment die Augen. Ein sanfter, kühler Windhauch ließ ihn leicht frösteln, allerdings war dies auch kein Wunder, die Nacht war immerhin immer recht kühl und er trug zu jenem Zeitpunkt nur sein Hemd, welches nicht gerade sonderlich gut wärmte hinzu kam schließlich auch noch seine doch sehr dünne Stoffhose, welche ebenfalls kaum Wärme spendete.
„Das sollte nicht das Problem sein. Aber ich denke, zuvor wirst du sicher Elysia noch einmal sehen wollen.“, gab Mikleo schließlich wieder und atmete noch einmal durch, bevor er schließlich auch schon wieder langsam, aber dennoch stetig zu laufen begann.
Er konnte sich auch in diesem Augenblick ein leichtes Lächeln nicht verkneifen, allein aus dem Grund, dass er nur allzu genau wusste, dass der brünette seine Worte somit bestätigt hatte. Wenigstens fühlte sich in jenem Moment nicht mehr alles zwischen ihnen so kühl und merkwürdig an. Über das, was in den letzten Stunden geschehen war, wollte er in jenem Moment nicht reden, doch auch das Sorey noch nichts dazu gesagt hatte, beunruhigte ihn ein wenig. Selbst wenn er ziemlich schnell gestehen musste, dass er den ehemaligen Hirten noch immer kannte und er sich somit sicher sein konnte, dass dieser mit Sicherheit nicht von sich aus darüber sprach. Der Seraph selbst wollte auch nicht auf den Akt eingehen, sondern eher auf das, mit was all dies verbunden war.
Der Wildfang fühle sich in diesem Moment einfach unglaublich wohl, endlich hatte er seinen besten Freund, seinen Begleiter zurück an seiner Seite und konnte unbeschwert über die Zukunft nachdenken. Auch wenn er wusste, dass die Zukunft wohl keinesfalls einfach werden würde. Selbst wenn er nicht über die Dinge sprach, welche geschehen waren, denn bei dieser Angelegenheit lag sein Kindheitsfreund schon vollkommen richtig – es war ihm einfach zu peinlich. Langsam lief er schließlich neben Mikleo her und betrachtete den Wald, welcher sich vor ihnen erstreckte. Dieser wirkte wie ein Schlund, der die beiden verschlucken wollte.
„Natürlich, immerhin ist dies unsere Heimat. In diesem Dorf bin ich aufgewachsen und ich werde auch immer wieder dorthin zurückkehren.“, lächelte Sorey leicht.
Erneut nickte Mikleo, sah zu dem brünetten herüber und musste lächeln. In diesem Augenblick fühlte sich der Wasserseraph beinahe schon für wenige Sekunden in die Vergangenheit zurückversetzt, musste auch gestehen, dass es sich unheimlich gut anfühlte und dennoch war dem nicht so. Zu diesem Zeitpunkt war dies jedoch keinesfalls eine Schande oder gar schlecht. Jedoch wollte er auch nichts dazu sagen – nicht in diesem Augenblick. Anderenfalls hätte sich der braunhaarige sicher nur wieder Sorgen gemacht oder Schuldgefühle aufgelastet, welche in jenem Moment tatsächlich einfach nur fehl am Platz waren. Zudem war auch der Weg nicht mehr allzu weit, sie hatten sich bisher noch nicht verlaufen und gerade dies war wahrscheinlich vorteilhaft. Somit konnten sie sich doch ein wenig Zeit einsparen, wenn sie auch beide genau wissen mussten, dass sie den Weg von Marlind nach Elysia in dieser Nacht einfach nicht bewältigen konnten. Sie beide waren inzwischen recht müde und das konnte man ihnen wahrscheinlich sogar ansehen.
Die letzten Stücke der Strecke, für welche sie beinahe noch eine ganze, weitere Stunde benötigten, schwiegen sie schließlich, doch auch dies machte die Bindung der beiden aus. Selbst ohne Worte konnten sie sich noch immer auf eine gewisse Weise verstehen. Erst als sie endlich in Marlind ankamen und schließlich die Lichter der Stadt sehen konnten, fiel es ihnen schon ein wenig leichter, endlich wieder aufzuatmen. Wenn Mikleo ehrlich sein sollte, war er in diesem Augenblick einfach nur froh, dass sie diesen ganzen Weg ohne weitere Vorfälle hinter sich bringen konnten – selbstverständlich war dies immerhin bei Weitem nicht. Als der ehemalige Hirte die Lichter der kleinen Stadt sah, erwachten in ihm Erinnerungen und er musste unweigerlich lächeln. Sein Herz schien in diesem Moment erneut ein wenig schneller zu schlagen, auch wenn dies wahrscheinlich nicht einmal möglich war. Die Erinnerungen an diese Stadt waren für ihn unglaublich wertvoll, auch wenn es nicht mehr sonderlich viele waren, welche ihm noch geblieben waren. Sein Gedächtnis hatte unter der Verwandlung, vom Menschen zum Seraph gelitten, dies war ihm bewusst und eben jene Erinnerungen würde er wahrscheinlich auch niemals zurückbekommen. Müde rieb Sorey sich über die Augen und blieb für einen kurzen Moment stehen. Er wollte dieses Gefühl in diesem Moment einfach nur genießen und es am liebsten gar nicht mehr loslassen.
„Sag, Mikleo… Die Menschen sehen uns doch nicht mehr, wie wollen wir eine Nacht im Gasthaus verbringen?“, fragte der brünette nun leise.
Leicht und leise musste der hellhaarige lachen, hielt sich dabei sogar die Hand vor den Mund und wollte nicht allzu laut sein.
„Wer hat denn etwas von einem Gasthaus erwähnt? Das wird natürlich nicht möglich sein. Ich dachte eigentlich, dass wir die Nacht bei Rohan verbringen. Hier ist es wirklich noch sicher und die Nächte sind auch recht mild – zudem ist es dort wirklich bequem. Ich habe selbst schon einige Nächte dort verbracht. Als Decke kann ich dir meine Jacke anbieten.“, gab er schließlich wieder und lächelte dabei noch immer.
Ein wenig peinlich berührt, kratzte sich Sorey am Hinterkopf und betrachtete schließlich den Boden vor seinen Füßen. Diese Situation war ihm nun wirklich ein wenig unangenehm, immerhin hatte er wirklich geglaubt, dass sie in dem Gasthaus übernachten würden – wenn er sich auch nicht erschließen konnte, wie sie dies eigentlich tun sollten.
„Dann wird dir sicherlich kalt. Ich denke, dass ich es auch eine Nacht ohne eine Decke schaffen werde… Du liegst doch neben mir, oder?“, gab er dem Seraph nun wieder.
Seine eigenen Bedürfnisse waren in diesem Moment egal, wichtig war es dem ehemaligen Hirten nur, dass sein bester Freund nicht frieren würde. Auch wenn er sich sicher war, dass Mikleo mit der milden Luft, welche in diesem Dorf zirkulierte besser umzugehen wusste als er selbst. Ihn ließ das Wetter ein wenig frösteln, doch anmerken lassen wollte er sich dies nicht. Kurz nickte ihm der hellhaarige zu, musste aber kurz danach auch schon lächelnd den Kopf schütteln. Dem Wasserseraph selbst war es am wichtigsten, das es Sorey gutging. Wahrscheinlich hätten sie sich über eben jenes Thema den ganzen Tag streiten können, selbst wenn es in diesem Sinne nicht einmal ein richtiger Streit wäre, da sie sich auf eine skurrile Art und Weise doch noch immer einig waren.
„Natürlich – auf die gleiche Weise wie zu der Zeit, als wir beide noch Kinder waren und uns in der Ruine am Mabinogio verlaufen haben. Erinnerst du dich?“, fragte er schließlich.
Immerhin wollte er nicht voraussetzen, dass der brünette Wildfang sich auch an diese Ereignisse erinnern konnte, nachdem sie so unglaublich lang zurücklagen, das selbst er sich nur noch schwach erinnerte. Jahrhunderte lagen inzwischen zwischen diesem Geschehnis und der Zeit, welche sie nun schrieben. Somit hätte er es Sorey nicht einmal übelgenommen, hätte dieser es inzwischen vergessen – vor allem nach der seraphischen Wiedergeburt.
Das Lächeln welches sich über die Lippen des ehemaligen Hirten gezogen hatte, verschwand augenblicklich. An dieses Ereignis konnte er sich tatsächlich nicht erinnern. Er wusste, dass es geschehen war, er wusste auch, das er damals als Kind recht traurig darüber war, dass sie sich verlaufen hatten. Doch… Ihm fehlte die Erinnerung, die Bilder zu diesen Dingen hinterließen Lücken in seinem Gedächtnis. Sorey sah auf den Boden und schloss die Augen.
„Ich… Ich erinnere mich nicht, aber ich weiß, dass es passiert ist.“, gab er schließlich seinem besten Freund wieder.
„Deswegen musst du dir sicher nicht den Kopf zerbrechen. Dieses ganze Ereignis liegt inzwischen mehrere Jahrhunderte zurück und ich kann mich selbst nur Schemenhaft daran erinnern. Aber lass uns nun erst einmal zur Ruhe kommen, wahrscheinlich bist du von dem Tag auch ziemlich ausgelaugt. Vorstellen könnte ich es mir doch ziemlich gut.“, merkte er schließlich an und deutete auf den großen Baum – das Wahrzeichen Marlinds – bevor er sich selbst schon einmal im Schneidersitz sinken ließ und schließlich neben sich klopfte. Leicht nickte Sorey und ließ sich neben dem Seraph nieder, zog seine Beine an seinen Körper und schloss für einen Moment die Augen.
„Es ist eigentlich ziemlich schade, dass ich mich an so viele Dinge nicht mehr erinnern kann, weil sie zu weit zurückliegen.“, murmelte er, „Aber ich muss dir zustimmen. Ich bin schon ein wenig Müde, durch das Ereignis in den Ruinen… Das schien doch ein wenig viel gewesen zu sein.“
Vorsichtig, da er nicht wusste, ob Mikleo damit einverstanden schien, lehnte er sich an den Wasserseraph und atmete tief durch. Sein Leben hatte sich verändert.
Wie lang würde es wohl dauern, bis er sich an dieses Leben gewöhnt hatte?
Wahrscheinlich würde es einige Monate dauern, doch dies sollte für den ehemaligen Hirten keine Hürde darstellen. Vorerst sollte er wahrscheinlich einfach erst einmal versuchen, dieses Leben zu genießen, mit all der Zeit, welche ihnen noch blieb und wenn man es zusammenfassend sah, war dies doch recht viel.
Jedoch sollte dies nicht mehr das springende Thema für diese Nacht sein. Eben jene war inzwischen bereits viel zu weit vorangeschritten und sie beide wollten eigentlich nur noch schlafen. Leicht und vorsichtig rückte Mikleo sich schließlich ein wenig zurecht, wollte das Schlafen dem brünetten Wildfang wenigstens ein bisschen angenehmer gestalten und schien dies schließlich auch zu schaffen. Langsam lehnte Sorey seinen Kopf gegen die Schulter seines besten Freundes und begann bereits in einen leichten Sekundenschlaf abzudriften. Ohne Zweifel hatte der hellhaarige in der Stimme seines Kindheitsfreundes bereits vernehmen können, wie nahe dieser dem Schlaf bereits stand und erwiderte aus diesem Grund auch nicht noch einmal etwas. Immerhin wollte er ihn nicht absichtlich wachhalten, war der Meinung, dass er an diesem Tag sicher bereits genug geschafft haben musste und wollte ihm diese nun verdiente Ruhe auch gönnen. Mikleo selbst wendete seinen Blick schließlich für einen Moment dem Himmel zu. Keine einzige Wolke befand sich zu jenem Zeitpunkt am Himmelszelt. Man konnte die Sterne deutlich sehen, sie regelrecht beobachten, doch dies bedeutete ebenfalls nicht, dass es dem Seraph noch lang möglich war. Denn auch er schlief schließlich schneller ein als er es eigentlich erwartete – wenn er dabei auch nicht träumte, doch es erinnerte ihn an die vergangenen Zeiten, das konnte er nur schlecht leugnen.
Liebe Grüße,
eure Shiv! :3
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Klärende Gespräche
Stunden hatten sich ins Land gezogen und keiner der beiden wusste schließlich noch, wie spät es eigentlich war. Das einzige, was sie wirklich deutlich sagen konnten, war, dass die Sonne inzwischen bereits am Horizont verschwunden war und dies bedeutete, dass es zweifellos schon Abend – wenn nicht sogar später – sein musste. Die beiden hatten sich in der Zwischenzeit natürlich wieder angezogen und sich noch eine Weile in dem großen Ruinenraum umgesehen, denn es gab immerhin noch zu vieles, was auch Sorey noch nicht gesehen hatte, wozu er nicht die Zeit hatte. Selbst wenn ihm das Laufen zu dieser Zeit doch noch recht schwerfiel. Zwar wollte er nicht behaupten, das er schmerzen hatte, doch dieses Gefühl war einfach noch ein wenig ungewohnt. Vor allem, wenn er sich bewegte. Selbst wenn er zugeben musste, dass ihn dieses doch sehr spezielle Gefühl nicht sonderlich störte, immerhin schmerzte es ihn nicht. Zudem war er sich gewiss, dass er sich noch daran gewöhnen würde. Ein leises Lachen verließ seine Kehle und er betrachtete die Zeichnungen, welche in den Stein gehauen waren, sie deuteten darauf hin, dass in dieser Ruine vor längerer Zeit einmal Menschen gelebt haben mussten.
Nur wann?
„Was glaubst du, haben hier einmal Menschen oder andere Wesen gelebt? Ich tippe auf Menschen, die in Stein gehauenen Verzierungen sind ein wenig zu grob für Seraphim.“, nickte Sorey leicht.
Zwar hatten sie in diesem Gebiet somit alles gesehen, doch es gab sicherlich noch andere Stockwerke und diese konnte man am Tag sicherlich auch noch erkunden.
„Ich denke auch, dass es Menschen waren, doch es muss bereits so lang her sein, das nicht einmal Lailah sich daran erinnern dürfte. Vielleicht hätte ich eine Lichtquelle mitnehmen sollen… Langsam wird es wirklich schwierig, etwas zu erkennen. Eigentlich hatte ich nicht einmal geplant, so lang hierzubleiben.“, merkte Mikleo schließlich an und kniff die Augen leicht zusammen.
Selbst dadurch konnte er nicht mehr sonderlich viel erkennen und er war sich sicher, würde Sorey sich noch einige Schritte von ihm entfernen, würde die einsetzende Dunkelheit auch ihn verschlingen. So wie sie es auch schon mit den hintersten Winkeln der Ruine getan hatte. Dieser nickte leicht und drehte sich schließlich zu dem hellhaarigen um. Er wollte eigentlich noch ein wenig an diesem Ort bleiben, doch erlaubte die Sonne – ihre einzige Lichtquelle – dies einfach nicht mehr. Vielleicht konnte ihnen der Mond noch ein wenig Licht spenden, doch dieses dünne Licht war schließlich auch einfach zu wenig. Sie brauchten eine Fackel oder gar eine andere Lichtquelle – wie eine Laterne. Wahrscheinlich hätten sie sich in dieser Dunkelheit nur verirrt und dies konnten sie beim besten Willen nicht gebrauchen, nicht, wenn sie noch etwas Anderes vorhatten, doch dies wusste er immerhin nicht mit vollkommener Sicherheit. Sorey hatte eigentlich nur vor, eventuell endlich einmal wieder etwas zu essen und sich dann noch ein wenig mit seinem besten Freund auszutauschen. Jedoch wusste er auch zur gleichen Zeit nicht, ob Mikleo dies eventuell genauso sah.
„Vielleicht sollten wir uns morgen weiter um die Ruine sorgen. Ich habe Hunger und es wird langsam wirklich ziemlich kalt hier.“, lachte der Wildfang und kratze sich verlegen am Hinterkopf.
Für ihn war dies eine ganz neue Situation, wenn er ehrlich sein sollte dann empfand er noch immer ziemlich menschlich, auch wenn er dies – strenggenommen – nicht mehr war. Gleich nach diesen Worten musste der Seraph auch schon leicht lachen und stemmte die Hände leicht in die Hüfte.
„Ich denke, da muss ich dich wohl berichtigen. Du hast keinen Hunger, sondern bist es gewohnt Hunger zu haben. Das soll allerdings nicht heißen, dass ich etwas dagegen hätte, deinem Vorschlag nachzugehen.“, gab er dem brünetten schließlich auch schon wieder, „Ich wollte dich ohnehin bitten, wieder nach Hause zu kommen – obwohl ich dies wahrscheinlich bereits unzählige Male getan habe. Auch die anderen werden sich sicher freuen, dich wiederzusehen.“
Noch einmal nickte er nach seinen eigenen Worten, wusste in diesem Moment nur nicht genau, wie er ausdrücken sollte, das er wieder mit ihm nach Elysia gehen wollte, und dass er mit ihm noch einmal an den Ort des Versprechens zurückkehren wollte. Denn verheimlichen konnte er es nicht, das die unausgesprochenen Worte noch immer im Raum standen. Für einen Augenblick lachte der Wildfang schließlich jedoch, verschränkte seine Arme vor der Brust und betrachtete den Boden vor sich, während er sich langsam in Bewegung setzte.
„Das bedeutet, dass ich eigentlich nichts mehr essen muss? So wie du, nur das du auch etwas isst… Auch wenn du jetzt keinen Grund mehr dazu hättest, immerhin bin ich ja kein Mensch mehr.“, lächelte der braunhaarige und musterte in diesem Moment den Boden, welchen er kaum mehr sah.
In diesem Moment klangen diese Worte beinahe, als wären sie etwas Schlechtes, doch wollte der Wasserseraph in jenem Moment nicht auf diese Worte eingehen, ahnte beinahe, dass der ehemalige Hirte noch nicht alles gesagt hatte, was er eigentlich sagen wollte. Die Dunkelheit hatte die Ruine schon vollkommen verschlungen, nur der Ausgang zur unteren Ebene war noch deutlich zu erkennen. Allerdings blieb der braunhaarige schließlich doch noch einmal stehen und sah zum Ausgang des großen Raumes.
„Wenn ich immer noch einen Platz unter euch finden kann, so werde ich gerne wieder mit dir gehen. Aber nur, wenn ich dort auch wirklich noch willkommen bin. Immerhin… Ich meine, wegen Opa…“
Für diesen Moment schien er sich selbst die Schuld für das zu geben, was geschehen war, auch wenn er hätte wissen müssen, dass es nicht seine Schuld war. Heldalf hatte seinen Großvater auf dem Gewissen, das versuchte er sich immer wieder aufs Neue vor Augen zu halten – es war deutlich die Wahrheit – doch fiel es ihm trotz alldem unheimlich schwer.
Langsam trat der hellhaarige einen Schritt auf seinen besten Freund zu und legte ihm schließlich die Hand auf die Schulter, versuchte in diesem Moment einfach nur, ihn ein wenig zu beruhigen. Er wusste genau, das sich Sorey damit auch nicht guttat – nicht mit solchen Gedanken. Darauf durfte er sich einfach nicht versteifen.
„Wir haben diese Entscheidung damals gemeinsam getroffen, Sorey, und du hast das richtige getan. Auch wenn es uns beiden wehgetan hat. Ich verstehe, wie du dich fühlst. Mir ging es in dieser Hinsicht nicht anders, aber du weißt genau, dass du diese Bürde nicht allein tragen musst.“, versuchte er ihn noch einmal zu überzeugen, hoffte das der brünette seine Worte annehmen würde.
Natürlich war er im Dorf willkommen. Mikleo sah keinen Grund darin, warum man ihn nicht wieder in das Dorf zurücklassen sollte, immerhin war es doch auch seine Heimat und er wusste, dass ihr Opa wahrscheinlich stolz auf den ehemaligen Hirten war. Dieser hatte somit immerhin getan, um was er ihn gebeten hatte. Der brünette hatte sein Leben gelebt und seinen Traum verwirklicht. Er hatte das erreicht, was er erreichen wollte und das war es immerhin, was Zenrus sich für sie beide gewünscht hatte.
Auf die Worte des hellhaarigen hin, seufzte er und strich sich leicht durch die Haare. Der Seraph hatte natürlich Recht mit seinen Worten. Er selbst hatte immerhin nicht die ganze Last zu tragen. Vielleicht hatte der hellhaarige wirklich, Recht und er trug tatsächlich nicht alle Schuld der Welt auf seinen Schultern. Für den ehemaligen Hirten stand eine Sache fest, er würde es wenigstens versuchen – versuchen, sich nicht immer alles selbst aufzubürden, selbst wenn es ihm nicht gerade leichtfiel. Er würde versuchen sein Leben wieder normal zu leben, zumindest soweit es ihm möglich war, auch wenn er nun vielleicht nicht mehr die normalen Empfindungen eines ganz gewöhnlichen Menschen verspüren konnte, so schlug in seiner Brust immer noch das Herz welches rein und unberührt war. Normal war in Soreys Sinne ohnehin relativ.
„Vielleicht hast du Recht… Damals haben unsere Herzen den gleichen Schmerz empfunden und Opa hat uns immer wieder gesagt, dass wir unser Leben einfach leben sollen. Vielleicht sollte ich es einfach drauf ankommen lassen.“, gab der Wildfang ihm schließlich wieder und deutete mit einem Kopfnicken in Richtung der Treppen.
„Ich denke, das klingt nach einem guten Anfang.“, bestätigte auch Mikleo gleich noch einmal, ging ein paar Schritte in die angedeutete Richtung, bevor er seinem besten Freund noch einmal ein Handzeichen gab, „Ich will dich nicht noch einmal verlieren.“
Die angefügten, letzten Worte sprach er in jenem Moment so leise aus, das die knirschenden Schritte auf dem Boden sie vollkommen übertönten und vielleicht war es auch noch nicht an der Zeit, dass er sie tatsächlich hören sollte. Später… Später wäre es vielleicht an der Zeit dazu, doch in diesem Moment passte es einfach noch nicht in seine Gedanken.
Dennoch tat er es schließlich einfach mit einem Lächeln auf den Lippen ab und ließ die Bedeutung der letzten Worte schließlich durch weitere, andere erlöschen.
„Von hier aus ist es nicht sonderlich weit, bis nach Elysia. Aber ich kann dir nicht versprechen, das wir vor dem Morgengrauen ankommen werden. Wenn wir uns beeilen, schaffen wir es vielleicht, doch wir haben keinen Grund zur Eile und der Wald, welcher vor uns liegt kann ganz schön irreführend sein. Wenn wir uns jedoch nicht verwirren lassen, dann sollten wir anschließend wieder in Marlind ankommen. Dort können wir – wenn du möchtest – Rast machen. Der Tag muss auch dich geschafft haben.“, begann er schließlich zu erzählen, bemerkte nicht einmal, dass er in jenem Augenblick wahrscheinlich ein wenig zu viel redete.
Für einen kurzen Moment schienen die Augen des ehemaligen Hirten ein wenig zu glänzen, wenn er an die Morgenröte dachte, welche er immer gesehen hatte, wenn er nicht mehr schlafen konnte. Leicht nickte der Wildfang und ging einige große Schritte auf die nach unten führende Treppe zu, doch blieb er schließlich noch einmal stehen.
„Ich finde es schön, dass du dich immer noch so gut hier auskennst. Wenn ich ehrlich sein soll, dann erinnere ich mich gar nicht mehr wirklich an Marlind. Ich erinnere mich an Atakk und an das Museum, aber all die anderen Erinnerungen an diese kleine Stadt sind einfach zu verschwommen. Oh, Lucas! Ich erinnere mich auch an Lucas, doch noch weiter reichen meine Erinnerungen leider wirklich nicht zurück.“, lachte er schließlich leise auf, „Aber, Mikleo, seit wann redest du so viel?“
Der braunhaarige war die Stille gewohnt, welche ihn Jahrhundertelang umgeben hatte, nun war er es nicht mehr gewohnt, dass man in seiner Nähe so viel sprach.
Augenblicklich schnappte der Seraph nach Luft, wollte eigentlich noch einmal etwas dazu sagen – vor allem zu den letzten Worten seines besten Freundes, verkniff sich diese Worte jedoch lieber und ging auf den Beginn von den Worten des brünetten ein. In diesem Moment erschien ihm dies wesentlich sinnvoller.
„Natürlich kenne ich mich hier noch immer so gut aus. Ich war immerhin öfter hier unterwegs, habe nach Ruinen gesucht, die ich vielleicht einmal mit dir zusammen hätte ansehen können. Aber… Wenn du dich nicht mehr auskennst, wie konntest du mich überhaupt finden?“, musste er nun einfach wissen.
Diese Frage hätte ihm anderenfalls wohl keine Ruhe gelassen. Immerhin konnten sie sich auch beim Laufen noch unterhalten.
„Also…“, begann Sorey und lachte, während er sich einmal wieder leicht am Hinterkopf kratzte, „Eigentlich war es reines Glück, das ich diese Ruine gefunden habe. Uno sagte mir zwar, dass er dich in der Nähe Marlinds vermutete, doch niemand konnte mir etwas Genaueres sagen. Rohan gab mir schließlich den Tipp, dass es im Wald, hinter Marlind eine Ruine geben sollte, von welcher er wohl mehrfach gehört hatte, also habe ich mir die Mühe gemacht, und habe sie gesucht.“
Nach seinen Worten konnte er sich bereits denken, dass der Seraph wohl einmal wieder den Kopf schütteln würde. Der ehemalige Hirte hatte wohl einfach ein Gespür für Ruinen und wie diese vielleicht gelegen sein könnten, doch vor allem hatte er unheimliches Glück. Dieses Glück hatte ihm schon in vielen Situationen geholfen, vor allem aber, hatte es ihn immer wieder gerettet. Langsam stieg er die ersten Treppenstufen hinunter, bemerkte in diesem Moment, das eine unheimliche Kälte von unten ausging und musste leicht lächeln. Er hatte beinahe vergessen, dass die Nächte in und um Marlind doch ziemlich kalt werden konnten.
Wie er es bereits vermutet hatte, musste Mikleo schließlich einfach dem Drang nachgehen und den Kopf schütteln. Wenn er seinem besten Freund dabei auch folgte und dieser es somit nicht sehen konnte. Dennoch änderte es nichts daran, dass er ohnehin wusste, dass es in jenem Moment geschah. Auch Mikleo selbst konnte es bereits ahnen und möglicherweise war dies auch gar kein Geheimnis mehr.
„Dein Glück, wenn es um das Raten geht, ist wirklich unverschämt.“, merkte der hellhaarige einfach nur an, während er Sorey folgte, schließlich sogar bis nach draußen.
Es war erstaunlich, dass Sorey den Weg nach draußen so schnell wiederfinden konnte, doch wahrscheinlich war auch dies nichts weiter als Glück, so, wie er den brünetten Wildfang kannte. Bei dieser einen Sache musste der Wildfang wohl wirklich einmal an sein Glück appellieren, denn ohne dieses hätte er den Ausgang der Ruine wohl tatsächlich nicht so schnell gefunden, wenn er auch durch diesen erst in dieses baufällige, alte Gemäuer gelangt war. Leicht kratze sich Sorey schließlich an der Schläfe, als sie endlich in dem Wald standen, welcher die Ruine umgab.
„Vielleicht hast du Recht aber… Den Weg, zurück nach Marlind, kann ich beim besten Willen nicht erraten. Dafür müsste ich schon mehr Glück als Verstand haben.“, lachte der braunhaarige und betrachtete Mikleo.
Ihm war bewusst, dass sein Glück tatsächlich ein wenig unverschämt war und dass er von diesem eindeutig zu viel besaß, doch schaden konnte ein wenig Glück immerhin nicht. Für einen Moment sah der hellhaarige sich einfach nur um. In der Dunkelheit wirkte die Atmosphäre des Waldes wirklich auf eine gewisse Weise angespannt, so viel konnte er sagen, doch in dieser Hinsicht war auch er kein Experte. Er konnte nur von dem ausgehen, was er sich dachte und dabei konnte er sich nicht sicher sein, ob er richtiglag.
Für einen solchen Gedankengang hätten sie wohl einen Wind- oder Erdseraph fragen müssen, doch dies war in jenem Moment vollkommen ausgeschlossen. Niemand außer ihnen befand sich zu jenem Zeitpunkt in dieser Gegend. Mikleo wusste genau, dass sie in diesem Augenblick mehr als vorsichtig sein mussten. Er selbst hatte diesen Wald nun auch erst ein einziges Mal betreten und zu jenem Moment war es noch hell. In der Nacht jedoch, schien das, was vor ihnen lag, dennoch ein ganz verschiedener Wald zu sein.
„Dann bedeutet das wohl, dass es ab jetzt keine Alleingänge mehr geben wird. Hier willst du dich mit Sicherheit nicht verlaufen, glaube mir.“, meinte Mikleo schließlich einfach nur und versuchte seine Orientierung mit dem abzugleichen, was er an jenem frühen Morgen gesehen hatte.
Auch wenn dies nicht wirklich funktionierte. Für einen Moment sah der Wildfang seinen besten Freund an und nickte schließlich, er hatte zwar ohnehin nicht vor alleine zu gehen, doch wahrscheinlich war es sicherer dies noch einmal zu erwähnen.
„Du hast Recht, ich habe meine Waffe nicht bei mir. Jedoch glaube ich nicht, dass uns etwas passieren wird. Die Bosheit hat die Welt vorerst verlassen, aber ich weiß, dass es dennoch Wölfe und Bären gibt.“, lächelte der brünette junge Mann und wollte schon einmal einen Schritt vorgehen, doch etwas in ihm sagte ihm, dass er noch warten sollte – dass es aus irgendeinem Grund wohl besser wäre.
Der Wald erschien ihm viel zu dunkel, wenn er auch nicht genau sagen konnte, wieso sich gerade dies so falsch anfühlte, doch etwas in ihm schien ihn zu warnen. Vielleicht waren diese Warnungen, welche sein Unterbewusstsein aussprach auch einfach nur eine Vorsichtsmaßnahme. Doch das auch Mikleo in diesem Moment irgendetwas merkwürdig vorkam, konnte er kaum verheimlichen und wollte es auch gar nicht.
Was hätte es ihm auch genutzt, hätte er versucht, ein Geheimnis daraus zu machen, das irgendetwas nicht stimmte, wenn es vielleicht auch in diesem Sinne keine Domäne war. Es war einfach nur ein komisches Gefühl, welches man bekam, wenn irgendetwas nicht nach Plan lief.
„Um Domänen musst du dir wirklich keine Gedanken mehr machen. Auch wenn ich sagen muss, das ich mir durch die vielen Veränderungen nicht wirklich sicher bin, ob es noch lang so bleiben wird.“, gab der hellhaarige noch einmal zu bedenken und begann seine Schritte schließlich auch schon mit Bedacht zu wählen.
„Domänen gibt es hier also keine? Das ist doch schon einmal etwas Positives, so müssen sich die Leute auch erst einmal keine Gedanken machen!“, lachte der Wildfang leise und folgte dem hellhaarigen.
Sein Blick haftete fast schon an der Dunkelheit, welche sich vor ihnen ausgebreitet hatte – wie ein schwarzer Schleier. Der ehemalige Hirte hatte wirklich keine Angst, nur fühlte er ein leichtes, unbehagliches Ziehen in seiner Magengegend, vielleicht kam dies aber auch durch den Hunger, den er verspürte. Doch sicher war er sich nicht, denn der Wald wirkte durchaus bedrohlich und er hatte kein gutes Gefühl bei der Sache. Nur war dies der einzige Weg um wieder zurückzukehren. Manchmal fragte sich Sorey wirklich wieso Ruinen so unglaublich weit Außerhalb jeglicher Zivilisation standen, doch fand er schnell eine Antwort auf diese stumme Frage. Seine Antwort bestand darin, dass es sonst wohl kaum Spaß machen würde sie zu finden.
Für ihn war es doch immer wieder ein kleiner Triumph, etwas zu entdecken, das zuvor vielleicht nicht viele gefunden hatten oder von dessen Existenz unzählige Menschen nicht einmal wussten und wenn er sich einmal nach dem Himmelsverzeichnis richtete, gab es noch immer unsägliche Ruinen, welche sie noch zu entdecken hätten. Dennoch unterbrach Mikleo seine Gedanken schließlich auch wieder, bevor er noch tiefer darin versinken konnte.
„Das wollte ich damit nicht sagen. Früher oder später werden die Menschen durch ihr Handeln eine neue Domäne schaffen, nur kann ich dir nicht sagen, wie lang es dieses Mal dauern wird, aber die Bosheit ist nun einmal tief im Menschen verankert und daran wird niemand etwas ändern können. Wo Menschen sind, herrscht automatisch auch Gier, Hass und Eifersucht. Damit will ich nicht sagen, dass alle von ihnen so sind, aber viele von ihnen agieren noch immer so. Nicht alle Menschen lernen über die Jahre hinweg.“, gab der Seraph schließlich wieder und begann vorerst dem Weg zu folgen.
Das dies nicht auf ewig funktionieren würde, wusste er nur allzu genau, denn gerade der Weg war in diesem Fall der Faktor, welcher in die Irre führen sollte.
„Vielleicht hast du Recht, Menschen haben nun einmal eine gewisse Veranlagung, die Bosheit anzulocken… Aber es werden neue Hirten kommen und gehen, sie werden die Bosheit vernichten und Frieden bringen. In all den Jahrhunderten haben sich die Menschen aber doch ein wenig zum Positiven gewendet.“, lächelte Sorey nun, welcher seine Arme hinter seinem Kopf verschränkte und versuchte, in den Himmel zu sehen.
Das er dort nur die Baumkronen erkennen konnte, war ihm wohl bewusst. Wie ein Schleier aus schwarzem undurchlässigem Stoff, wirkten die Äste welche den Himmel vor ihren Augen verbargen. Leise seufzte der ehemalige Hirte, ließ seine Arme schließlich wieder sinken und richtete seinen Blick in die Dunkelheit, welche vor ihnen lag.
Wie lang würden sie wohl bis nach Marlind brauchen?
Verliefen sie sich in diesem Augenblick auch wirklich nicht?
Vorsichtig wählte Mikleo jeden einzelnen Schritt und schien sich doch ziemlich konzentrieren zu müssen, weswegen sich seine Antwort schließlich auch ein wenig verzögerte. Die Orientierung in diesem Moment nicht einfach zu verlieren, war in diesem Augenblick schließlich doch das Wichtigste. Denn selbst wenn er am liebsten so viel Zeit wie möglich mit dem brünetten Wildfang verbracht hätte, wollte er es nicht unnötig herauszögern, vor allem nicht, wenn es hätte gefährlich werden können.
„Ein wenig, ja. Doch denke daran, in der Zwischenzeit musste erneut ein Hirte ernannt werden, weil die Bosheit wieder versuchte, die Welt zu vereinnahmen und irgendwann wird es sicher wieder dazu kommen.“, gab der hellhaarige wieder.
Er klang in diesem Augenblick so unglaublich misstrauisch, nicht gegenüber Sorey – eher gegenüber den Menschen. Nicht einmal gegenüber all den Menschen, doch vielen. Es gab wirklich viele Menschen, die noch immer einiges an Bosheit beinhielten, doch wollte der ehemalige Hirte sich nicht unbedingt nur an diesen orientieren. Auch Mikleo sah immerhin noch immer in einigen Menschen das Gute.
„Natürlich, ich möchte die Menschen auch nicht in Schutz nehmen… Auch wenn einige von ihnen noch immer ein gutes Herz haben, aber… Wir sollten uns vielleicht ein anderes Thema überlegen. Ich erinnere mich kaum noch an etwas, das die Menschen anging und für den Moment kenne ich eigentlich keine…“
Seine Stimme wurde zum Ende des Satzes immer leiser. Es fiel ihm schwer darüber nachzudenken, was auf seiner Reise geschehen war, denn er hatte tatsächlich kaum noch Erinnerungen an die Menschen, denen er begegnet war. Die einzigen beiden Menschen, die mittlerweile ihr Leben gegeben hatten, an die er sich erinnerte waren Alisha und Rose und dies schmerzte ihn unglaublich.
Natürlich war es in diesem Moment nicht die Absicht des Seraphs, alte Wunden aufzureißen, doch was nun geschehen war, konnte er auch nicht mehr rückgängig machen. Alles, was er in diesem Augenblick noch tun konnte, war zu verhindern, dass er alles nur noch schlimmer machte, indem er seine nächsten Worte einfach zurückhielt. In der Zwischenzeit musste Sorey sicher verstanden haben, dass die meisten Menschen – wahrscheinlich sogar fast alle – ihn nun nicht mehr sehen konnten. Dennoch bedeutete dies auch noch lang nicht, dass er es ihm nun auch noch unter die Nase reiben musste. Lieber blieb er erst einmal vollkommen stumm und erwiderte nichts darauf, bis ihm etwas Anderes einfiel, das er hätte sagen können.
„Bis Marlind ist es nicht mehr sonderlich weit, aber es wird bedeuten, dass wir uns jetzt vom Weg entfernen müssen.“, begann er schließlich einfach mit einem Themenwechsel und versuchte, die Situation somit retten zu können.
Stumm nickte der ehemalige Hirte und sah zu Boden, ihm war sehr wohl bewusst, dass sein Leben sich nun drastisch änderte, dass Menschen ihn nicht mehr sahen und irgendwie schmerzte ihn der Gedanke, dass er nie wieder mit den Menschen lachen konnte. Zwar hatte er noch immer seinen besten Freund und dies war ihm eigentlich auch das Wichtigste, doch lag ihm dieser Gedanke dennoch ziemlich schwer im Magen.
„Denkst du… Denkst du, es gibt noch immer Menschen, die uns sehen können? Ich meine…“
Er brach seinen Satz lieber ab, er wollte nicht das Mikleo bemerkte das er noch immer unglaublich an diesen Lebewesen hing, welche doch nur Bosheit mit sich brachten – in wirklich vielen der Fälle. Verheimlichen konnte er es vor seinem langjährigen Freund jedoch auch nicht. Dieser kannte seine Aktionen und Gesten einfach viel zu gut, um es nicht zu wissen. Doch sagte er dazu nichts Direktes, versuchte lieber, dem brünetten schließlich ein wenig seiner Hoffnung zurückzugeben, welche dieser anscheinend doch ein wenig eingebüßt hatte – zumindest in dieser einen Hinsicht.
Außerdem störte es den Wasserseraph doch ein wenig, das zwischen ihnen – nach alldem was zwischen ihnen geschehen ist – die Situation nun doch ein wenig kühl und abgeflacht erschien.
Oder bildete er sich all dies einfach nur ein?
Dennoch wollte er nicht, das es auf diese Weise endete, selbst wenn er noch nicht einmal die Bestätigung besaß, dass es überhaupt enden musste. Sicher musste es nicht einfach enden. Sie hatten sich doch erst wiedergefunden, dann konnte noch nicht alles einfach so vorbei sein. Aber vielleicht hatte er es ja doch überstürzt und somit einen doch recht schwerwiegenden Fehler begangen. Erklären konnte er es sich selbst nicht und vielleicht wollte er dies auch gar nicht. Innerlich schüttelte er über die Situation einfach nur den Kopf und versuchte etwas auf die Worte zu antworten – etwas Wahres – das Sorey vielleicht doch wieder ein wenig seiner sonst so übersprudelnden Hoffnung zurückgab, denn auf diese Weise konnte der braunhaarige mit Sicherheit auch nicht sonderlich lang leben.
„Natürlich gibt es diese Menschen noch, aber wahrscheinlich sind sie nach wie vor ziemlich rar. Sollten wir noch einmal eine Reise antreten – nicht um der alten Zeiten Willen, ich dachte dabei eher an eine Art der Erkundungsreise – bin ich mir beinahe schon vollkommen sicher, dass wir welchen begegnen werden.“, lächelte der hellhaarige schließlich.
Eigentlich war es das, was er sich die ganze Zeit gewünscht hatte, in welcher er seinen besten Freund nicht gesehen hatte. Er wollte einfach nur noch einmal mit ihm zusammen sein und wahrscheinlich noch einiges mehr. Ja, mehr klang in diesem Moment wirklich nicht falsch, hätte er es denn schon geschafft, sich all diese Dinge einmal von der Seele zu reden, doch er wollte es immerhin nicht einmal anders. Mikleo selbst hatte sich entschieden, nichts zu sagen, bis sie sich wieder an dem Ort des Versprechens befinden würden.
Dieser Ort war auch dem ehemaligen Hirten noch ein Begriff, doch wusste er nicht einmal, dass der Langhaarige ihn gerade zu diesem Ort führen wollte. Doch in jenem Moment schien es für den Wildfang an Interesse verloren zu haben, wohin sie eigentlich gehen wollten. Die Worte seines besten Freundes hatten die Hoffnung in ihm aufkeimen lassen, hatten ihm tatsächlich neuen Mut gegeben und vielleicht war gerade dies eine der Schwächen des braunhaarigen. Er machte sich die Hoffnung zu einem Begleiter.
„Wirklich? Nur wir beide? Das wird bestimmt spannend! Stell dir nur einmal vor, welche Ruinen wir finden könnten… Es gibt sicher noch viele andere unerforschte Gebiete als zu meiner Zeit als Hirte. Die Welt hat sich immerhin stark verändert. Ich kann es kaum noch erwarten!“, lachte der etwas Größere auf.
Für diesen Moment schien die Situation tatsächlich gerettet zu sein. Sorey war schon immer eine der Personen, die man mit solchen Reisen viel zu schnell locken konnte. Unbekannte Orte, unerforschte Ruinen und vor allem neue wunderschöne Orte konnten entdeckt und erkundet werden. Sein Herz schien in diesem Moment wieder zu schlagen. Mikleo konnte ein leichtes Lächeln schließlich einfach nicht verdrängen. So sehr hatte sich sein bester Freund also doch nicht verändert und er musste wirklich zugeben, dass er dies ziemlich positiv fand. Für einen kurzen Moment blieb der Kleinere stehen und hielt inne, wollte mit seinem besten Freund wieder im Gleichschritt sein, ihn auf gleicher Höhe wissen und sich nicht immer beim Sprechen umdrehen müssen.
„Natürlich – nur wie beide. Genau wie damals, nur, dass wir dieses Mal ein wenig besser Bescheid wissen und zudem auch älter sind.“, lächelte der hellhaarige und nickte sich anschließend selbst zu.
Er konnte nicht verheimlichen, dass er sich selbst ziemlich freute, jedoch blieb dennoch eine Frage offen.
Hatte Sorey somit bestätigt, dass er bleiben wollte?
Eigentlich hatte er beinahe fest damit gerechnet, dass der Wildfang sich erst einmal allein herumtreiben würde, er somit für die ersten Wochen nicht einmal viel von ihm haben würde, während er auf das Dorf aufpasste. Selbst wenn ihn dieser Gedanke doch auf eine gewisse Weise wie eine Hausfrau fühlen ließ – was er bei Weitem nicht sein wollte.
„Dann werden wir also gemeinsam Reisen? Das ist wirklich schön! Erst einmal allerdings, solltest du mir zeigen, wie sich die Welt verändert hat, sicherlich würde ich mich ohne einen Führer nur verlaufen.“, lachte der Wildfang leise.
Dass er somit tatsächlich bestätigte, dass er bei dem hellhaarigen bleiben würde, wusste er in diesem Moment nicht.
Doch wie sollte er dies auch wissen?
Sorey konnte immerhin keine Gedanken lesen und selbst wenn er dies könnte, würde er die Gedanken seines besten Freundes unangetastet lassen. Ihm bedeutete dieser Seraph einfach viel zu viel und Gedanken waren kleine Traumblasen, die tief in den Menschen schlummerten. Wenn man sie also erfuhr, und das ohne das Wissen des anderen, war dies sozusagen Traumraub. Kurz blieb er stehen, als er neben dem etwas Kleineren stand und schloss für einen Moment die Augen. Ein sanfter, kühler Windhauch ließ ihn leicht frösteln, allerdings war dies auch kein Wunder, die Nacht war immerhin immer recht kühl und er trug zu jenem Zeitpunkt nur sein Hemd, welches nicht gerade sonderlich gut wärmte hinzu kam schließlich auch noch seine doch sehr dünne Stoffhose, welche ebenfalls kaum Wärme spendete.
„Das sollte nicht das Problem sein. Aber ich denke, zuvor wirst du sicher Elysia noch einmal sehen wollen.“, gab Mikleo schließlich wieder und atmete noch einmal durch, bevor er schließlich auch schon wieder langsam, aber dennoch stetig zu laufen begann.
Er konnte sich auch in diesem Augenblick ein leichtes Lächeln nicht verkneifen, allein aus dem Grund, dass er nur allzu genau wusste, dass der brünette seine Worte somit bestätigt hatte. Wenigstens fühlte sich in jenem Moment nicht mehr alles zwischen ihnen so kühl und merkwürdig an. Über das, was in den letzten Stunden geschehen war, wollte er in jenem Moment nicht reden, doch auch das Sorey noch nichts dazu gesagt hatte, beunruhigte ihn ein wenig. Selbst wenn er ziemlich schnell gestehen musste, dass er den ehemaligen Hirten noch immer kannte und er sich somit sicher sein konnte, dass dieser mit Sicherheit nicht von sich aus darüber sprach. Der Seraph selbst wollte auch nicht auf den Akt eingehen, sondern eher auf das, mit was all dies verbunden war.
Der Wildfang fühle sich in diesem Moment einfach unglaublich wohl, endlich hatte er seinen besten Freund, seinen Begleiter zurück an seiner Seite und konnte unbeschwert über die Zukunft nachdenken. Auch wenn er wusste, dass die Zukunft wohl keinesfalls einfach werden würde. Selbst wenn er nicht über die Dinge sprach, welche geschehen waren, denn bei dieser Angelegenheit lag sein Kindheitsfreund schon vollkommen richtig – es war ihm einfach zu peinlich. Langsam lief er schließlich neben Mikleo her und betrachtete den Wald, welcher sich vor ihnen erstreckte. Dieser wirkte wie ein Schlund, der die beiden verschlucken wollte.
„Natürlich, immerhin ist dies unsere Heimat. In diesem Dorf bin ich aufgewachsen und ich werde auch immer wieder dorthin zurückkehren.“, lächelte Sorey leicht.
Erneut nickte Mikleo, sah zu dem brünetten herüber und musste lächeln. In diesem Augenblick fühlte sich der Wasserseraph beinahe schon für wenige Sekunden in die Vergangenheit zurückversetzt, musste auch gestehen, dass es sich unheimlich gut anfühlte und dennoch war dem nicht so. Zu diesem Zeitpunkt war dies jedoch keinesfalls eine Schande oder gar schlecht. Jedoch wollte er auch nichts dazu sagen – nicht in diesem Augenblick. Anderenfalls hätte sich der braunhaarige sicher nur wieder Sorgen gemacht oder Schuldgefühle aufgelastet, welche in jenem Moment tatsächlich einfach nur fehl am Platz waren. Zudem war auch der Weg nicht mehr allzu weit, sie hatten sich bisher noch nicht verlaufen und gerade dies war wahrscheinlich vorteilhaft. Somit konnten sie sich doch ein wenig Zeit einsparen, wenn sie auch beide genau wissen mussten, dass sie den Weg von Marlind nach Elysia in dieser Nacht einfach nicht bewältigen konnten. Sie beide waren inzwischen recht müde und das konnte man ihnen wahrscheinlich sogar ansehen.
Die letzten Stücke der Strecke, für welche sie beinahe noch eine ganze, weitere Stunde benötigten, schwiegen sie schließlich, doch auch dies machte die Bindung der beiden aus. Selbst ohne Worte konnten sie sich noch immer auf eine gewisse Weise verstehen. Erst als sie endlich in Marlind ankamen und schließlich die Lichter der Stadt sehen konnten, fiel es ihnen schon ein wenig leichter, endlich wieder aufzuatmen. Wenn Mikleo ehrlich sein sollte, war er in diesem Augenblick einfach nur froh, dass sie diesen ganzen Weg ohne weitere Vorfälle hinter sich bringen konnten – selbstverständlich war dies immerhin bei Weitem nicht. Als der ehemalige Hirte die Lichter der kleinen Stadt sah, erwachten in ihm Erinnerungen und er musste unweigerlich lächeln. Sein Herz schien in diesem Moment erneut ein wenig schneller zu schlagen, auch wenn dies wahrscheinlich nicht einmal möglich war. Die Erinnerungen an diese Stadt waren für ihn unglaublich wertvoll, auch wenn es nicht mehr sonderlich viele waren, welche ihm noch geblieben waren. Sein Gedächtnis hatte unter der Verwandlung, vom Menschen zum Seraph gelitten, dies war ihm bewusst und eben jene Erinnerungen würde er wahrscheinlich auch niemals zurückbekommen. Müde rieb Sorey sich über die Augen und blieb für einen kurzen Moment stehen. Er wollte dieses Gefühl in diesem Moment einfach nur genießen und es am liebsten gar nicht mehr loslassen.
„Sag, Mikleo… Die Menschen sehen uns doch nicht mehr, wie wollen wir eine Nacht im Gasthaus verbringen?“, fragte der brünette nun leise.
Leicht und leise musste der hellhaarige lachen, hielt sich dabei sogar die Hand vor den Mund und wollte nicht allzu laut sein.
„Wer hat denn etwas von einem Gasthaus erwähnt? Das wird natürlich nicht möglich sein. Ich dachte eigentlich, dass wir die Nacht bei Rohan verbringen. Hier ist es wirklich noch sicher und die Nächte sind auch recht mild – zudem ist es dort wirklich bequem. Ich habe selbst schon einige Nächte dort verbracht. Als Decke kann ich dir meine Jacke anbieten.“, gab er schließlich wieder und lächelte dabei noch immer.
Ein wenig peinlich berührt, kratzte sich Sorey am Hinterkopf und betrachtete schließlich den Boden vor seinen Füßen. Diese Situation war ihm nun wirklich ein wenig unangenehm, immerhin hatte er wirklich geglaubt, dass sie in dem Gasthaus übernachten würden – wenn er sich auch nicht erschließen konnte, wie sie dies eigentlich tun sollten.
„Dann wird dir sicherlich kalt. Ich denke, dass ich es auch eine Nacht ohne eine Decke schaffen werde… Du liegst doch neben mir, oder?“, gab er dem Seraph nun wieder.
Seine eigenen Bedürfnisse waren in diesem Moment egal, wichtig war es dem ehemaligen Hirten nur, dass sein bester Freund nicht frieren würde. Auch wenn er sich sicher war, dass Mikleo mit der milden Luft, welche in diesem Dorf zirkulierte besser umzugehen wusste als er selbst. Ihn ließ das Wetter ein wenig frösteln, doch anmerken lassen wollte er sich dies nicht. Kurz nickte ihm der hellhaarige zu, musste aber kurz danach auch schon lächelnd den Kopf schütteln. Dem Wasserseraph selbst war es am wichtigsten, das es Sorey gutging. Wahrscheinlich hätten sie sich über eben jenes Thema den ganzen Tag streiten können, selbst wenn es in diesem Sinne nicht einmal ein richtiger Streit wäre, da sie sich auf eine skurrile Art und Weise doch noch immer einig waren.
„Natürlich – auf die gleiche Weise wie zu der Zeit, als wir beide noch Kinder waren und uns in der Ruine am Mabinogio verlaufen haben. Erinnerst du dich?“, fragte er schließlich.
Immerhin wollte er nicht voraussetzen, dass der brünette Wildfang sich auch an diese Ereignisse erinnern konnte, nachdem sie so unglaublich lang zurücklagen, das selbst er sich nur noch schwach erinnerte. Jahrhunderte lagen inzwischen zwischen diesem Geschehnis und der Zeit, welche sie nun schrieben. Somit hätte er es Sorey nicht einmal übelgenommen, hätte dieser es inzwischen vergessen – vor allem nach der seraphischen Wiedergeburt.
Das Lächeln welches sich über die Lippen des ehemaligen Hirten gezogen hatte, verschwand augenblicklich. An dieses Ereignis konnte er sich tatsächlich nicht erinnern. Er wusste, dass es geschehen war, er wusste auch, das er damals als Kind recht traurig darüber war, dass sie sich verlaufen hatten. Doch… Ihm fehlte die Erinnerung, die Bilder zu diesen Dingen hinterließen Lücken in seinem Gedächtnis. Sorey sah auf den Boden und schloss die Augen.
„Ich… Ich erinnere mich nicht, aber ich weiß, dass es passiert ist.“, gab er schließlich seinem besten Freund wieder.
„Deswegen musst du dir sicher nicht den Kopf zerbrechen. Dieses ganze Ereignis liegt inzwischen mehrere Jahrhunderte zurück und ich kann mich selbst nur Schemenhaft daran erinnern. Aber lass uns nun erst einmal zur Ruhe kommen, wahrscheinlich bist du von dem Tag auch ziemlich ausgelaugt. Vorstellen könnte ich es mir doch ziemlich gut.“, merkte er schließlich an und deutete auf den großen Baum – das Wahrzeichen Marlinds – bevor er sich selbst schon einmal im Schneidersitz sinken ließ und schließlich neben sich klopfte. Leicht nickte Sorey und ließ sich neben dem Seraph nieder, zog seine Beine an seinen Körper und schloss für einen Moment die Augen.
„Es ist eigentlich ziemlich schade, dass ich mich an so viele Dinge nicht mehr erinnern kann, weil sie zu weit zurückliegen.“, murmelte er, „Aber ich muss dir zustimmen. Ich bin schon ein wenig Müde, durch das Ereignis in den Ruinen… Das schien doch ein wenig viel gewesen zu sein.“
Vorsichtig, da er nicht wusste, ob Mikleo damit einverstanden schien, lehnte er sich an den Wasserseraph und atmete tief durch. Sein Leben hatte sich verändert.
Wie lang würde es wohl dauern, bis er sich an dieses Leben gewöhnt hatte?
Wahrscheinlich würde es einige Monate dauern, doch dies sollte für den ehemaligen Hirten keine Hürde darstellen. Vorerst sollte er wahrscheinlich einfach erst einmal versuchen, dieses Leben zu genießen, mit all der Zeit, welche ihnen noch blieb und wenn man es zusammenfassend sah, war dies doch recht viel.
Jedoch sollte dies nicht mehr das springende Thema für diese Nacht sein. Eben jene war inzwischen bereits viel zu weit vorangeschritten und sie beide wollten eigentlich nur noch schlafen. Leicht und vorsichtig rückte Mikleo sich schließlich ein wenig zurecht, wollte das Schlafen dem brünetten Wildfang wenigstens ein bisschen angenehmer gestalten und schien dies schließlich auch zu schaffen. Langsam lehnte Sorey seinen Kopf gegen die Schulter seines besten Freundes und begann bereits in einen leichten Sekundenschlaf abzudriften. Ohne Zweifel hatte der hellhaarige in der Stimme seines Kindheitsfreundes bereits vernehmen können, wie nahe dieser dem Schlaf bereits stand und erwiderte aus diesem Grund auch nicht noch einmal etwas. Immerhin wollte er ihn nicht absichtlich wachhalten, war der Meinung, dass er an diesem Tag sicher bereits genug geschafft haben musste und wollte ihm diese nun verdiente Ruhe auch gönnen. Mikleo selbst wendete seinen Blick schließlich für einen Moment dem Himmel zu. Keine einzige Wolke befand sich zu jenem Zeitpunkt am Himmelszelt. Man konnte die Sterne deutlich sehen, sie regelrecht beobachten, doch dies bedeutete ebenfalls nicht, dass es dem Seraph noch lang möglich war. Denn auch er schlief schließlich schneller ein als er es eigentlich erwartete – wenn er dabei auch nicht träumte, doch es erinnerte ihn an die vergangenen Zeiten, das konnte er nur schlecht leugnen.