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Ihr Geschenk, ihr Fluch

von Ashla
Kurzbeschreibung
OneshotHorror, Schmerz/Trost / P12 / Gen
Levana Blackburn Winter Hayle-Blackburn
30.09.2016
30.09.2016
1
2.792
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30.09.2016 2.792
 
»Her Gift, Her Curse« ist eine autorisierte Übersetzung aus dem Englischen.

Autor des Originals: Banana Kisses
Das Original: Bitte hier klicken!
Altersempfelung: P16
Protagonisten: Winter Hayle-Blackburn, Levana Blackburn
Kapitelanzahl: 1
Genre: Schmerz/Trost, Horror
Anmerkung(en): Diese Geschichte ist VOR dem letzten Buch (»Wie Schnee so weiß«) erschienen, demnach ist dies ein AU.

Reviews sind gern gesehen. Falls ihr Verbesserungsvorschläge habt oder einen Rechtschreibfehler, etc. entdeckt, sagt mir Bescheid. :)


Es war ein normaler Tag. Es gab nichts zu tun und nichts, worum man sorgen musste.

Nichts, das im Mindestens ungewöhnlich wäre.

Eine Woche zuvor hatte Prinzessin Winter hatte ihren dreizehnten Geburtstag gefeiert, eine großartige, kleine Party, zu ihren Ehren veranstaltet, mit ihren wenigen Freundinnen, die sich versammelt hatten, um zu lachen, während sie gemeinsam mit Winters bestem Freund, und Jugendliebe, Jacin Clay, Kuchen aßen. Als Geschenk hatte er ihr eine wunderschöne Halskette gegeben und in diesem Moment trug sie sie, eine silberne Kette mit einem Anhänger, der die Form eines Apfels hatte, aus Rubinen und einem einzigen Smaragd für das Blatt an der Spitze, gefertigt. Es war das kostbarste, was sie jemals besessen hatte.

Doch nicht alles lief so glücklich wie sie es sich gewünscht hatte. Die eine Person, von der sie hoffte, dass sie kommen, ihr Liebe schenken und mit ihr feiern würde, hatte sich nicht einmal blicken lassen. Jahrelang hatte Winter sich nach ihrer warmen Berührung und nach ihrer mütterlichen Umarmung gesehnt, als sie noch ein Kind gewesen und bevor ihr Vater getötet worden und alles aus den Fugen geraten war.

Königin Levana, ihre Stiefmutter.

Winter liebte sie von ganzem Herzen, denn sie war die einzige Mutter, die sie je in ihrem Leben gehabt hatte. Es brach ihr das Herz, wenn sie sah, wie mehr und mehr und Tag für Tag in Dunkelheit und Boshaftigkeit versank. Levana lächelte nicht mehr. Sie lachte nie, erzählte niemals eine lustige Geschichte oder einen schlechten Wortwitz, war nie glücklich. Immerzu traurig und deprimiert. Es war ein Jahr her seit Evret Hayle – ihr Vater und Levanas Ehemann – gestorben war, und obwohl Winter törichterweise gehofft hatte, dass es besser werden würde, dass die Zeit alle Wunden heilen lassen würde, wurde Levana kühler und distanzierter, indem sie sich so gut es ging von allen Anderen abkapselte.

Nun sah sie ihre Stiefmutter nur noch beim Essen und selbst dann sprach sie nie, sondern aß nur und ging. Jedes Jahr an Levanas Geburtstag ging sie zur Tür zu Levanas Zimmer, sang ihr ein Lied und hinterließ immer ein Stück Schokoladenkuchen, den Levana am liebsten mochte. Einige Stunden später kam sie wieder und war traurig, wenn sie den Kuchen unberührt vorfand. Jedes Mal, das sie sich sagte, dass Levana Geburtstage vielleicht einfach nicht mochte oder ihn vielleicht sogar vergaß, schien es so, als hätte jeder im Palast vergessen, dass die Königin überhaupt einen hatte.

Die Traurigkeit und das Elend ihrer Stiefmutter gab ihr das Gefühl, böse zu sein, denn während sie so viele Freunde hatte, schien Levana gar keine zu haben. Sie musste so einsam sein. Winter wollte nichts sehnlicher, als die Königin aufzuheitern und ihr Gesellschaft zu leisten, doch es prallte von ihr ab oder sie schmiss sie brüsk hinaus. Es schien fast so, als genoss sie es, alleine zu sein, mit niemand Anderem als sich selbst und ihren eigenen Gedanken als Gesellschaft. Winter frage sich, ob sie das aushalten könnte. Wahrscheinlich würde sie sich jedes ihrer eigenen Haare einzeln ausreißen, wenn sie so lange allein war.

Während sie weiter die Halle entlanglief, summte sie eine leise Melodie vor sich hin, ein Lied, an das sich noch aus frühen Kindheitstagen erinnerte, eines, das ihr Vater ihr vorsang, wann immer sie einen Albtraum hatte. Ihre Schritte hallten leise durch die gewaltigen Hallen, der cremefarbene Rock ihres Kleides raschelte an ihren Beinen, während sie an den riesigen Türen zum ominösen Thronsaal vorbeilief, den Raum, den sie zu meiden bevorzugte. Die Wände waren von Blutflecken bemalt und bei den unheimlichen Gesichtern des lunarischen Hofes verlor sie stets die Nerven.

Die Aura der Ruhe und des Friedens, die sich um sie gelegt hatte, verrauchte plötzlich durch einen ohrenbetäubenden Schrei, der vom Gang widerhallte.

Das lautstarke Geräusch klang wie der Tod, nach Schmerz, nach Qual. Winters Blut gefror und das Herz blieb ihr beinahe stehen, während Furcht in ihr hochkroch wie ein bedrohlicher Schatten, der sie zu erwürgen drohte. Sie begann zu rennen, raste die Halle hinunter, wo das Geräusch herkam und die Schreie wurden nur lauter, während sie sich der Quelle des Geräuschs näherte. Dann kam sie schlitternd vor einer gewöhnlichen Holztür zum Stehen, die im Kontrast zu den restlichen Türen des Palastes aus Gold und Regolith unbedeutend und langweilig aussah.

Sie erschauderte.

Jacin hatte ihr immer gesagt, sie solle niemals hölzerne Türen öffnen. Er sagte, dass du, sobald du einmal drinnen bist, Dinge sehen wirst, die dich für dein ganzes Leben lang zeichnen würden, sodass du deine Erinnerungen niemals wieder loswerden könntest. Er hatte sie dazu gebracht, zu schwören, niemals einer dieser Türen zu nahezukommen.

Aber sie musste wissen, was es mit diesem Schrei auf sich hatte. Sie musste einfach.

Mit einem tiefen Atemzug schob sie langsam die Tür auf und das erste, was ihr auffiel, war der scharfe, metallische Gestank von Blut und der muffige Geruch verrottenden Fleisches führte dazu, dass ihre Augen tränten. Sie konnte spüren, wie ihr das Essen hochkam, und sie musste sich auf die Lippe beißen, um ihren übrigen Mageninhalt nicht auf dem ganzen Boden zu verteilen.

Sie öffnete die Tür und tat ein paar Schritte in den Raum, doch bei dem Anblick, der sich ihr bot, schrie sie laut auf.

Auf dem Boden lag etwas, das wie die Leiche eines Mannes aussah, doch die Person bewegte und schrie, einen Arm hoch erhoben und eine blutdurchtränkte Peitsche in der Hand, zum Schlag bereit. All seine Gliedmaßen zitterten und Winter konnte ihm ein einziges Wort von den aufgeschnittenen Lippen ablesen.

Hilfe.

Dann bemerkte sie eine Frau neben ihm in einem weißen Seidenkleid, die milchig weißen Hände vor ihrem Bauch verschränkt, ihre blutroten Lippen kräuselten sich zu einem grausamen Lächeln. Ihre Augen waren geschlossen, ihre Brauen schienen vor Konzentration fest zusammengezogen und kastanienbraune Locken umrahmten perfekt ihr Gesicht, was ihr eine Aura der Gelassenheit verlieh, als läge gar kein verblutender Mann zu ihren Füßen.

»STIEFMUTTER!«

Levanas onyxfarbene Augen flogen hoch und bei Winters angsterfülltem Schrei riss sie den Kopf herum. Einen Moment lang sah sie beinahe überrascht aus, bevor sie ihre vollen Lippen zu einem breiten Grinsen verzog, was sie verzerrt und dämonisch aussehen ließ. »Sieh mal einer an, Winter, wie schön, dass du dich uns anschließt!«, sagte Levana in verspieltem Tonfall. »Ich habe Thaumaturg Rite hier nur beigebracht, was passiert, wenn du« – ihr Ton wurde plötzlich gefährlich – »deine Arbeit nicht richtig machst.« Sie lächelte höhnisch.

»B-Bitte … Eure M-Majestät, i-ich … flehe Euch an.« Der beinahe tote Thaumaturg brachte die Worte kaum hervor, denn seine Stimme war ein raues kratziges Flüstern, Blut sickerte aus seinem Mund und seiner Nase. Levana sah ihn angeekelt an und die purpurrote Flüssigkeit, die aus seinen Wunden strömte, befleckte den Saum ihres Kleides und sicherlich auch ihre Schuhe mit Blut.

Winter erstarrte, außerstande, sich rühren, bis sie sah, dass der Mann den Arm erneut hob, und Levanas Blick war hart und kalt, ihre Arme waren vor der Brust verschränkt. Er zuckte sein Handgelenk einmal, zweimal, zurück, bevor die Peitsche mit unvorstellbarer Kraft auf seine Brust niedersauste, ein scharfes Knallen so laut, dass Winter hätte schwören können, es sei ein losgehender Pistolenschuss gewesen. Sie erwartete weitere qualerfüllte Schreie vom armen Mann, doch stattdessen stöhnte er nur leise, bevor ihm die Peitsche aus der Hand fiel, und er zuckte noch ein paar Male, ehe er ruhig dalag, sein Körper lag ausgestreckt da und seine Augen wurden glasig, während sie klar wie Glaskugeln an die Decke starrten.

Winter schlug eine Hand vor den Mund, die Tränen rannen ihr ungehindert über die Wangen.

Er war tot.

Sie hatte dabei zugesehen, wie jemand starb. Durch die Hand ihrer eigenen Stiefmutter.

Sie stand kurz vor der Ohnmacht.

Levana blickte auf die verstümmelte Leiche hinab, ein Ausdruck der Ehrfurcht, einen, den man vermutlich aufsetzte, wenn man ein Kunstwerk bewunderte. Einen Moment darauf riss sie ihren Blick von dem toten Thaumarturgen los und brach bei Winters entsetztem Ausdruck in einen mädchenhaften Lachanfall aus, das Geräusch klang wie das Klimpern von Regentropfen, die auf ein Hausdach prasselten, und dennoch ominös und drückend wie der Grabesgesang einer Kirchenorgel. Sie schlenderte zur Prinzessin hinüber, beugte sich hinunter, um mit ihr auf einer Höhe zu sein, und sie starrte ihr direkt in die Augen. Winter schauderte. Die Königin schien wie besessen.

»Wovor fürchtest du dich so sehr, Winter?« Levanas Blick schweifte über das Zimmer hinweg. »Es ist nur ein bisschen Blut.«

»Wie konntest du das nur tun?«, hauchte Winter, ihre großen, karamellbraunen Augen weiteten sich und glänzten immer noch von ihren Tränen.

»Ist das so schlimm? Es ist ja nicht, als wäre er wichtig gewesen oder so.« Die Königin schaute sie mit gerunzelte Stirn an. »Weißt du denn gar nichts von Gerechtigkeit, Stieftochter?«

Winter tat einen Schritt rückwärts, eine plötzliche Woge aus Zorn durchflutete ihre Venen. »Das ist nicht Gerechtigkeit.« Sie sah zu Levana hoch, in ihre kalten, schwarzen Augen und ein neues Gefühl ungebetener Nostalgie ließ sie zittern wie Espenlaub. Das Funkeln des Wahnsinns, der Mordlust in Levanas Augen, all das erinnerte sie an eine einzige Person. Die einzige Frau, bei der Winter, als sie starb, nicht umhin kam, erleichtert zu sein, in der törichten Überzeugung, niemals mehr einer Person wie ihr zu begegnen.

Niemals hätte sie gedacht, dass ausgerechnet ihre eigene Stiefmutter so sehr wie ihre ältere Schwester, die verstorbene Königin Channary, werden würde.

Sie hatte sie schon immer gehasst, seit sie der königlichen Familie zum ersten Mal begegnet war, als ihr Vater um Levana angehalten hatte. Und die ersten vier Jahre, die sie im Palast lebte, war Channary immer diejenige, die sie so gut es ging zu meiden versuchte. Sie hatte gesehen, wie sie jene um sie herum behandelte – einschließlich Levana – und wie sie ihre Schwester quälte, ohne ersichtlichen Grund, und auch, wie sie ihren Vater verführt hatte, was zu der Geburt einer ihrer wenigen Freunde geführt hatte. Sie hatte Prinzessin Selene nahe gestanden, bis zu dem tragischen Unfall, bei dem sie gestorben war.

Als sie dann in Levanas Augen sah, konnte sie nicht anders, als Channarys kalte braune Augen zu sehen, die sie statt ihrer Stiefmutter anstarrten, und sie biss die Zähne zusammen. »Du …« Winter fuhr in angstvoll zurück, ihre Gesichtszüge waren verzerrt vor Furcht und Abscheu. »Du bist genau wie sie

Levana blinzelte. »Entschuldige bitte?«

»Du bist genauso. Wie. Channary.« Winter spuckte ihre Worte hervor, eine Woge der Rebellion verhinderte, dass sie klar denken konnte.

Es war das vermutlich Schlimmste, was sie hatte sagen können.

Levanas Augen leuchteten auf und, völlig aus dem Nichts, streckte sie die Hand vor und griff fest nach Winters Arm, ihre Fingernägel gruben sich tief in ihre Haut. Winter heulte auf, wand sich und kämpfte damit, sich aus ihrem Griff zu befreien, aber Levana zerrte sie aus dem Raum, die Halle hinunter, während die Prinzessin aufschrie, um Hilfe rief und die Königin gleichzeitig anflehte, sie gehen zu lassen.

»Du wagst es …« Levana schäumte, während sie den Korridor hinunterstampfte, die Tür zu Winters Gemächern aufstieß und sie hineinwarf, bevor sie selbst eintrat und die Tür fest hinter sich zuschlug. Winter stieß ein schmerzerfülltes Wimmern aus und durch den Aufprall auf den Marmorboden hatte sie höchstwahrscheinlich einen riesigen blauen Fleck an ihrer Seite. Sie riss sich hoch, stützte ihren Körper mit einem Arm ab und rieb sich mit der anderen die Stirn, während sie den Schmerz zu lindern versuchte.

Levanas Augen loderten noch immer, während sie im übergroßen Schlafzimmer umherfegten, nach einer scharfen Waffe suchten, bis ihr Blick sich auf eine silberne Schere auf dem Schminktisch richtete, die die Zofen dort hatten liegen lassen, nachdem sie Winter an diesem Morgen die Haare geschnitten hatten. Sie lächelte, aber es war eher ein verzerrtes Grinsen, das den Blick auf all ihre Zähne zuließ, ehe sie sich die Schere vom Tisch schnappte und Winters Handgelenk ergriff, sie hochriss, und ihr das spitze Objekt in die Hand drückte. Winter sah sie entsetzt an, während sich ihre Hand zu einer Faust ballte und ihr verräterisches Körperteil sich gegen ihren Willen bewegte und Levana ihre Gehirnströme nach ihrem Wunsch manipulierte.

»St- Stiefmutter …«, stotterte Winter, ihre Stimme hob sich immer weiter, während sie das Wort wie im Mantra sprach, ihre Hand zitterten, während das spitze Ende der Schere auf ihre Wange gerichtet war und dann unter ihrem Auge verweilte, wo sie sich in ihre Haut zu graben begann. »Bitte … nicht …«

Levana hörte nicht zu, sondern legte einfach nur den Kopf schief, ihre kastanienbraunen Locken fielen ihr bis zur Brust, ihr schönes Gesicht war selbstgefällig und ihr Grinsen geriet nicht einmal ins Wanken.

Nein, nein, nein, nein!

Winters Flehen machte keinen Unterschied, denn die Königin manipulierte noch immer ihre Gehirnströme und die scharfe Spitze der Schere grub senkrechte Linien in ihre Haut, während Ströme heißen Bluts ihre Wangen hinunterlief und sich mit ihren Tränen vermischte, die Klinge ihr Gesicht hinunterfuhr und eine grausige Schnittwunde in ihrer Wange hinterließ. Der brennende Schmerz war beinahe blendend, während sie aus voller Lunge schrie und Blut tropfte von seinem Kinn und sammelte sich auf dem Boden. Die Klinge hielt in der Mitte der Wange inne und trat aus der Haut aus, bevor es zur oberen Ende der Wange unter dem Auge ein und schnitt ihr eine neue Wunde ins Fleisch, danach eine weitere und schufen so ein Muster wie immer währende Tränen.

Nach dem dritten Schnitt merkte Winter, dass ihr Griff um die Schere sich lockerte und sie ließ sie zu Boden fallen, noch immer klagend und schluchzend, während sie eine Hand auf ihre Wunden legte und Blut zwischen ihren Fingern hinunterlief.

Levana trat vor und schob Winters Kinn nach oben, während sie sie mit Augen musterte, die sie wie Nadeln durchbohrten, und sie die Zähne zusammengebissen hatte. »Lass das dir eine ständige Lehre sein«, fauchte sie, ehe sie sich umwandte und wie eine Frühlingsbrise aus dem Zimmer schwebte, als seien die Geschehnisse der letzten paar Minuten nichts als ein Traum gewesen.

Winter fiel auf die Knie, ihre Schultern bebten vor unerträglichem Schmerz. Sie fand keine Worte und ihr Kopf war in ihrem absoluten Entsetzen und ihrer Angst angesichts des Geschehenem wie leergefegt. Sie konnte es nicht fassen. Obwohl sie wusste, dass etwas mit Levana nicht stimmte, dass sie verrückt wurde, hätte sie niemals gedacht, dass sie zu so etwas imstande war, dazu, sie mit voller Absicht zu verletzen. Jetzt fing sie nur noch hemmungsloser zu weinen an, während sie an die Erinnerungen zurückdachte, in denen sie jünger war, in denen Levana sie dicht bei sich hielt und ihr nachts Geschichten erzählte, in denen sie mit ihr spielte und ihr die Stirn küsste und ihr sagte, dass sie sie liebte.

Sie vermisste diese Tage schmerzlich und betete, wünschte sich von ganzem Herzen, dass die Dinge wieder wie gewohnt sein würden, zu der Zeit, in der ihr Vater noch lebte und Levana gütig und liebevoll war.

Sie wollte ihre Stiefmutter zurück.

Dann langte sie nach dem Saum ihres Rocks und riss ein Stück des cremefarbenen Rocks ab, faltete es und presste es sich als provisorischen Verband ans Gesicht, der Stoff sog sich sofort mit dem flüssigen Purpurrot voll. Noch immer zitterte sie, noch immer weinte sie, leises Stöhnen des Schmerzes entschlüpfte ihren Lippen und ihre rabenschwarzen Haare flogen überall wild umher.

Doch ihr war es egal, wie sie aussah. Das war eine ihrer geringsten Sorgen.

Ihr Schmerz und ihr Kummer verwandelten sich bald in Wut, Abscheu gegenüber ihrer Kultur, ihrem Volk, ihrer Macht ließ sie zittern vor Zorn. Der Zauber war Schuld. Er hatte Levana in eine blutrünstige, tyrannische Psychopathin verwandelt, und hatte ihr Gesicht gezeichnet, ihr unglaubliche Schmerzen zugefügt. Dieser hatte Luna in ein gieriges und gewalttätiges Land verwandelt, wo Bruder sich gegen Bruder wandte, einzig und allein um des eigenen Strebens willen, mehr zu bekommen, ob Reichtum, Schönheit oder Macht. Man hatte ihr immer gesagt, es sei ein Geschenk, ein Segen, aber sie lagen falsch. Es war keine Gabe.

Es war ein Fluch.

Wie ein scheinbar so gewöhnlicher Tag sich von einem Moment zum nächsten in einen solchen Albtraum verwandeln konnte, war schockierend und dies war ein äußerst wichtiger Wendepunkt in ihrem Leben.

Und als sie da auf ihren Knien saß, konnte Winter nur eines tun. Sie konnte einen stummen Eid ablegen, ein unausgesprochenes Versprechen, an ihren Vater und jedem, der ihr etwas bedeutete.

Sie schwor sich, dass sie niemals wie Channary oder Levana werden würde.

Dass sie niemals in ihrem Leben werden würde wie sie oder irgendeiner der Tyrannen, die auf dem lunarischen Thron gesessen hatten.

Sie würde ihren Zauber nie wieder einsetzen.
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