Das Märchen der Luftkavallerie
von RamonaXX
Kurzbeschreibung
Das Märchen der Luftkavallerie erklärt, wie aus Pferden Hubschrauber wurden. – Jeder, der jetzt glaubt, dass diese beiden Dinge rein gar nichts miteinander zu tun haben und dass das Militär nicht auch seine witzigen Seiten hat, ist hier goldrichtig! Lasst euch überraschen und euch das unglaubliche Märchen von „King-Louie“ erzählen, einem ehemaligen Schlachtross, dem plötzlich Flügel wuchsen, mit denen er zu nah an die Sonne flog und schließlich als Hubschrauber zurück auf die Erde kehrte…
KurzgeschichteHumor / P12 / Gen
30.09.2016
30.09.2016
1
1.117
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30.09.2016
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Vorbemerkungen:
Nach dem die letzten Gedichte die ich zum Thema „Krieg“ gepostet habe, einen sehr ernsten und traurigen Ton angeschlagen haben, war es mir ein Bedürfnis wieder ins „emotionale Gleichgewicht“ zu kommen. Aus diesem Wunsch heraus ist der folgende Text entstanden, der sich erneut auf eine humorvolle Weise dem Militär annähert. Es handelt sich dabei um kein klassisches Gedicht, sonder um einen „Poerty-Slam“-Text...
Viel Spaß beim Lesen
Eure Ramona
Das Märchen der Luftkavallerie.
Oder: Wie aus Pferden Hubschrauber wurden.
Die Nüstern weit aufgebläht, stand das kräftige Schlachtross, das auf den klassenbewussten Namen „King-Louie“ hörte, am Rand des Schlachtfeldes und scharte angriffslustig mit dem rechten Vorderhuf über den weichen Lehmboden. Der Befehl zum Angriff ertönte und unbeirrt galoppierte King-Louie los. Immer und immer schneller. Dass war das Gefühl, das er liebte. Die Ohren angelegt, den Kopf eingezogen und mit voller Kraft voraus. Soweit die Hufe tragen. Doch was war das?
Auf Louies Rücken breitete sich ein Kribbeln, ja fast schon ein Kitzeln aus. Immer unangenehmer wurde das Gefühl und King-Louie hätte am liebsten angehalten, um sich zu kratzen. Doch seine Hufen trugen ihn weiter. Es gab ein verpuffendes Geräusch, ähnlich einem Federkissen, das explodierte. Und tatsächlich wurde Louie augenblicklich eingehüllt von einem Meer aus hunderte von weißen Daunen und Federn, die um ihn herum stoben. Einer der spitzen Federkiele piekte King-Louie in die weichen Nüstern und er musste heftig schnauben. Durch hektisches Kopfschlagen versuchte er die lästigen Flocken zu vertreiben. Als er sich wieder beruhigt hatte und seinen Blick nach vorne richtete, glaubte Louie plötzlich den Kontakt zum Boden zu verlieren. Er galoppierte weiter, doch seine Hufen fanden keinen Halt mehr. Es war als würde eine unsichtbare Kraft ihn nach oben ziehen. Immer höher und höher. Zwei Meter. Drei Meter. Fünf Meter. Zehn Meter…
Hilflos ruderte Louie mit seinen Vorder- und Hinterläufen durch die Luft, unfähig anhalten zu können. Da riskierte das Pferd einen Blick über seine Schulter und stellte mit Entsetzen fest, dass ihm Flügel gewachsen waren. Louie war zum Pegasus geworden! Der erste Schreck wich einem jauchzenden Wiehern und Louie hob ab. Er nutzte den Auftrieb seiner ausladenden Schwingen und stieg, von Freude und Euphorie gepeitscht immer höher. Fünfundzwanzig Meter. Fünfzig Meter. Einhundert Meter. Zweihundert Meter...
Immer näher der Sonne entgegen. Panisch erinnerte sich Louie an eine Geschichte, die er als junges Fohlen im Sandkasten gehört hatte. Es war die Erzählung des übermütigen Ikarus gewesen, einem stolzen Schlachtross der griechischen Mythologie. Der hochtrabende Ikarus hatte sich mit Kerzenwachs Flügel angeklebt, um damit Fliegen zu können. Tollkühn wie der junge Hengst war, hatte er sich immer höher gewagt und war Richtung Sonne geflogen. Doch die Hitze, der Sonnenstahlen hatte das Wachs zum Schmelzen gebracht. Ikarus hatte seine Federn eine nach der anderen verloren und war wie ein Stein von Himmel gefallen. Blühte King-Louie etwa das gleiche Schicksal? Würde auch er zu nah an die Sonne fliegen, seine Federn verlieren und zurück auf die Erde stürzen?
Seine prachtvollen Schwingen, die ihn bis jetzt anmutig durch die Lüfte getragen hatten, ließen sich mit einem Mal nicht mehr bewegen. Es war als wären die Flügelspitzen über seinem Rücken zusammengewachsen. Angsterfüllt starrte Louie empor und sah wie sich kleine schwarze Partikel an den Ausläufern seiner Schwingen sammelten. Gleißendes Licht blendete das Pferd und Louie kniff schnell die Augen zusammen. Das war das Ende. Sein Ende!
Verkrampft legte der feige Gaul die Ohren an und betete, dass es schnell mit ihm vorbei sein würde. Doch es geschah nichts. Louie zählte bis zehn. Wieder geschah nichts. Er zählte ein zweites Mal bis zehn. Wartete auf den tödlichen Aufprall oder was auch immer sein Schicksal besiegeln würde. Noch immer geschah nichts. Verunsichert darüber, dass sich sein Ableben so lange hinzog, öffnete King-Louie zaghaft das rechte Auge und schielte nach oben. Das unbekannte Etwas hatte sich über seine Flügel fortgepflanzt, wie ein rasch wachsender Schimmelpilz. Angewidert wandte Louie seinen Blick ab und merkte plötzlich wie er an Höhe verlor. Immer schneller kam die Erde ihm wieder näher. Achttausend Meter. Viertausend Meter. Zweitausend Meter. Eintausendfünfhundertdreiundzwanzig Meter…
Louie musste bremsen. Aber wie? Als gäbe es eine göttliche Antwort auf diese Frage, peitschte in diesem Moment ein heller Knall über Louies Kopf hinweg. Es folgte ein zweiter Knall. Dann ein dritter. King-Louie hätte gerne noch mal nach oben geschaut, um zu sehen was über ihm passierte. Doch sein Kopf war längst steif geworden, in die Breite gegangen und hatte eine seltsam glubschige Form angenommen. Der peitschende Laut wiederholte sich, wurde schneller und rhythmischer. Und zu Louies Verblüffung bremste es seinen freien Fall ab.
Doch seine Freude hielt nur kurz. Unerwartet begann sein Schweif zu rotieren. Es war kein leichtes hin und her schlagen, wie er es sonst im Sommer auf saftig-grünen Wiesen getan hatte, um lästige Fliegen zu verscheuchen. Es war ein schnelles, hektisches Wirbeln. Und es waren auch nicht seine galten, geschmeidigen Schweifhaare, die durch die Luft wirbelten. Es war ein scharfkantiger Heckrotor, der sich an seinem Hinterteil drehte. Noch in der gleichen Sekunde überkam Louie das Gefühl, dass sämtliche Luft aus seinen Lungen gedrückt wurde. Er wollte wiehern, um Hilfe schreien. Doch seine Stimmbänder versagten. Das Organ, welches vor kurzem noch den inbrünstigen und tiefen Laut eines jeden Pferdes ermöglicht hatte, gab nun ein turbinenähnliches Kreischen von sich. Aus seinen vier Hufen, wurden zwei längliche Kufen. Und Louies gesamter Körper wurde steif und nahezu unbeweglich. Es kam ihm vor, wie eine unnatürliche Metamorphose. Nur das Klopfen der Rotorblätter über seinem Kopf blieb.
Nicht weniger anmutig als ein Pegasus, flog King-Louie in Form eines waschechten Bell UH-1 Hubschraubers der Erde entgegen. Sein einst glänzendes Fell hatte sich in eine Haut aus matt-schwarzem Stahl gewandelt und das ehemals rote Blut, das durch seine Venen floss, war zu lupenreinem JP-4-Treibstoff geworden. Das schnelle „Fapp-Fapp-Fapp“ seiner zwei Rotorblätter wurde zu einem langsamen „Wob-Wob-Wob“ abgebremst und geschmeidig sank King-Louie in Richtung Boden. Sanft setzten seine Kufen auf dem Gras auf. Louie war glücklich…
Und wenn Du heute – oder morgen – an einer Landezone vorbeigehst. Und Du siehst dort einen Hubschrauber stehen, und Du glaubst, dass er dich für eine Sekunde neckisch angrinst. Dann kannst Du dir sicher sein, in ihm steckt der Geist von King-Louie. Dem einst stolzen Schlachtross, das zu nah an die Sonne flog und als unerschrockener Hubschrauber zurück auf die Erde kehrte. Denn wie heißt es so schön am Ende eines Märchens?
Und die Moral von der Geschicht’?
Hubschrauber fliegen – Pferde nicht!
AN:
Gewidmet meinem Lieblingspiloten, dem fiktiven Charakter Lieutenant Colonel William ‘Bill’ Killgore aus dem Film „Apocalypse Now“.
Und für alle die mal ein Bild von Louie sehen wollen: Bell UH-1D (Foto von Wikipedia)
Nach dem die letzten Gedichte die ich zum Thema „Krieg“ gepostet habe, einen sehr ernsten und traurigen Ton angeschlagen haben, war es mir ein Bedürfnis wieder ins „emotionale Gleichgewicht“ zu kommen. Aus diesem Wunsch heraus ist der folgende Text entstanden, der sich erneut auf eine humorvolle Weise dem Militär annähert. Es handelt sich dabei um kein klassisches Gedicht, sonder um einen „Poerty-Slam“-Text...
Viel Spaß beim Lesen
Eure Ramona
Das Märchen der Luftkavallerie.
Oder: Wie aus Pferden Hubschrauber wurden.
Die Nüstern weit aufgebläht, stand das kräftige Schlachtross, das auf den klassenbewussten Namen „King-Louie“ hörte, am Rand des Schlachtfeldes und scharte angriffslustig mit dem rechten Vorderhuf über den weichen Lehmboden. Der Befehl zum Angriff ertönte und unbeirrt galoppierte King-Louie los. Immer und immer schneller. Dass war das Gefühl, das er liebte. Die Ohren angelegt, den Kopf eingezogen und mit voller Kraft voraus. Soweit die Hufe tragen. Doch was war das?
Auf Louies Rücken breitete sich ein Kribbeln, ja fast schon ein Kitzeln aus. Immer unangenehmer wurde das Gefühl und King-Louie hätte am liebsten angehalten, um sich zu kratzen. Doch seine Hufen trugen ihn weiter. Es gab ein verpuffendes Geräusch, ähnlich einem Federkissen, das explodierte. Und tatsächlich wurde Louie augenblicklich eingehüllt von einem Meer aus hunderte von weißen Daunen und Federn, die um ihn herum stoben. Einer der spitzen Federkiele piekte King-Louie in die weichen Nüstern und er musste heftig schnauben. Durch hektisches Kopfschlagen versuchte er die lästigen Flocken zu vertreiben. Als er sich wieder beruhigt hatte und seinen Blick nach vorne richtete, glaubte Louie plötzlich den Kontakt zum Boden zu verlieren. Er galoppierte weiter, doch seine Hufen fanden keinen Halt mehr. Es war als würde eine unsichtbare Kraft ihn nach oben ziehen. Immer höher und höher. Zwei Meter. Drei Meter. Fünf Meter. Zehn Meter…
Hilflos ruderte Louie mit seinen Vorder- und Hinterläufen durch die Luft, unfähig anhalten zu können. Da riskierte das Pferd einen Blick über seine Schulter und stellte mit Entsetzen fest, dass ihm Flügel gewachsen waren. Louie war zum Pegasus geworden! Der erste Schreck wich einem jauchzenden Wiehern und Louie hob ab. Er nutzte den Auftrieb seiner ausladenden Schwingen und stieg, von Freude und Euphorie gepeitscht immer höher. Fünfundzwanzig Meter. Fünfzig Meter. Einhundert Meter. Zweihundert Meter...
Immer näher der Sonne entgegen. Panisch erinnerte sich Louie an eine Geschichte, die er als junges Fohlen im Sandkasten gehört hatte. Es war die Erzählung des übermütigen Ikarus gewesen, einem stolzen Schlachtross der griechischen Mythologie. Der hochtrabende Ikarus hatte sich mit Kerzenwachs Flügel angeklebt, um damit Fliegen zu können. Tollkühn wie der junge Hengst war, hatte er sich immer höher gewagt und war Richtung Sonne geflogen. Doch die Hitze, der Sonnenstahlen hatte das Wachs zum Schmelzen gebracht. Ikarus hatte seine Federn eine nach der anderen verloren und war wie ein Stein von Himmel gefallen. Blühte King-Louie etwa das gleiche Schicksal? Würde auch er zu nah an die Sonne fliegen, seine Federn verlieren und zurück auf die Erde stürzen?
Seine prachtvollen Schwingen, die ihn bis jetzt anmutig durch die Lüfte getragen hatten, ließen sich mit einem Mal nicht mehr bewegen. Es war als wären die Flügelspitzen über seinem Rücken zusammengewachsen. Angsterfüllt starrte Louie empor und sah wie sich kleine schwarze Partikel an den Ausläufern seiner Schwingen sammelten. Gleißendes Licht blendete das Pferd und Louie kniff schnell die Augen zusammen. Das war das Ende. Sein Ende!
Verkrampft legte der feige Gaul die Ohren an und betete, dass es schnell mit ihm vorbei sein würde. Doch es geschah nichts. Louie zählte bis zehn. Wieder geschah nichts. Er zählte ein zweites Mal bis zehn. Wartete auf den tödlichen Aufprall oder was auch immer sein Schicksal besiegeln würde. Noch immer geschah nichts. Verunsichert darüber, dass sich sein Ableben so lange hinzog, öffnete King-Louie zaghaft das rechte Auge und schielte nach oben. Das unbekannte Etwas hatte sich über seine Flügel fortgepflanzt, wie ein rasch wachsender Schimmelpilz. Angewidert wandte Louie seinen Blick ab und merkte plötzlich wie er an Höhe verlor. Immer schneller kam die Erde ihm wieder näher. Achttausend Meter. Viertausend Meter. Zweitausend Meter. Eintausendfünfhundertdreiundzwanzig Meter…
Louie musste bremsen. Aber wie? Als gäbe es eine göttliche Antwort auf diese Frage, peitschte in diesem Moment ein heller Knall über Louies Kopf hinweg. Es folgte ein zweiter Knall. Dann ein dritter. King-Louie hätte gerne noch mal nach oben geschaut, um zu sehen was über ihm passierte. Doch sein Kopf war längst steif geworden, in die Breite gegangen und hatte eine seltsam glubschige Form angenommen. Der peitschende Laut wiederholte sich, wurde schneller und rhythmischer. Und zu Louies Verblüffung bremste es seinen freien Fall ab.
Doch seine Freude hielt nur kurz. Unerwartet begann sein Schweif zu rotieren. Es war kein leichtes hin und her schlagen, wie er es sonst im Sommer auf saftig-grünen Wiesen getan hatte, um lästige Fliegen zu verscheuchen. Es war ein schnelles, hektisches Wirbeln. Und es waren auch nicht seine galten, geschmeidigen Schweifhaare, die durch die Luft wirbelten. Es war ein scharfkantiger Heckrotor, der sich an seinem Hinterteil drehte. Noch in der gleichen Sekunde überkam Louie das Gefühl, dass sämtliche Luft aus seinen Lungen gedrückt wurde. Er wollte wiehern, um Hilfe schreien. Doch seine Stimmbänder versagten. Das Organ, welches vor kurzem noch den inbrünstigen und tiefen Laut eines jeden Pferdes ermöglicht hatte, gab nun ein turbinenähnliches Kreischen von sich. Aus seinen vier Hufen, wurden zwei längliche Kufen. Und Louies gesamter Körper wurde steif und nahezu unbeweglich. Es kam ihm vor, wie eine unnatürliche Metamorphose. Nur das Klopfen der Rotorblätter über seinem Kopf blieb.
Nicht weniger anmutig als ein Pegasus, flog King-Louie in Form eines waschechten Bell UH-1 Hubschraubers der Erde entgegen. Sein einst glänzendes Fell hatte sich in eine Haut aus matt-schwarzem Stahl gewandelt und das ehemals rote Blut, das durch seine Venen floss, war zu lupenreinem JP-4-Treibstoff geworden. Das schnelle „Fapp-Fapp-Fapp“ seiner zwei Rotorblätter wurde zu einem langsamen „Wob-Wob-Wob“ abgebremst und geschmeidig sank King-Louie in Richtung Boden. Sanft setzten seine Kufen auf dem Gras auf. Louie war glücklich…
Und wenn Du heute – oder morgen – an einer Landezone vorbeigehst. Und Du siehst dort einen Hubschrauber stehen, und Du glaubst, dass er dich für eine Sekunde neckisch angrinst. Dann kannst Du dir sicher sein, in ihm steckt der Geist von King-Louie. Dem einst stolzen Schlachtross, das zu nah an die Sonne flog und als unerschrockener Hubschrauber zurück auf die Erde kehrte. Denn wie heißt es so schön am Ende eines Märchens?
Und die Moral von der Geschicht’?
Hubschrauber fliegen – Pferde nicht!
AN:
Gewidmet meinem Lieblingspiloten, dem fiktiven Charakter Lieutenant Colonel William ‘Bill’ Killgore aus dem Film „Apocalypse Now“.
Und für alle die mal ein Bild von Louie sehen wollen: Bell UH-1D (Foto von Wikipedia)